Die Legende des Nefertim (Teil 3): Die Quelle der Verdammnis - Kevin Michael Schott - E-Book

Die Legende des Nefertim (Teil 3): Die Quelle der Verdammnis E-Book

Kevin Michael Schott

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Beschreibung

Die Zukunft von Umir hängt am seidenen Faden. Der Orden ist geschwächt, aber längst nicht besiegt, und hat in seiner Verzweiflung eine neue, gnadenlose Gruppierung geschaffen. Auf Nero und seine Gefährten sind nun hohe Kopfgelder ausgesetzt, und die Welt versinkt im Chaos. Um den tödlichen Finsterfluch zu besiegen und Umir zu retten, begibt sich Nero auf die Suche nach dem verschollenen Buch Rionn. Seine Reise führt ihn in die sengenden Wüsten, doch die dort entdeckten Geheimnisse treiben ihn tief in die unheimlichen Sümpfe. Dort lauert eine Wahrheit, die alles verändern könnte. Die letzte Schlacht beginnt und das Schicksal von Umir steht auf dem Spiel. Werden Nero und seine Gefährten den drohenden Untergang abwenden können? Oder wird der Finsterfluch die Welt für immer verschlingen?

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Prolog
Überraschung
Gleichgewicht
Maskerade
Kontrollverlust
Zerstreuung
Offenbarung
Wahrheit
Täuschung
Suche
Verfall
Vergeltung
Epilog

 

 

 

 

 

 

Die Legende des Nefertim

 

Kevin Michael Schott

 

Das Buch:

Die Zukunft von Umir hängt am seidenen Faden. Der Orden ist geschwächt, aber längst nicht besiegt, und hat in seiner Verzweiflung eine neue, gnadenlose Gruppierung geschaffen. Auf Nero und seine Gefährten sind nun hohe Kopfgelder ausgesetzt, und die Welt versinkt im Chaos. Um den tödlichen Finsterfluch zu besiegen und Umir zu retten, begibt sich Nero auf die Suche nach dem verschollenen Buch Rionn. Seine Reise führt ihn in die sengenden Wüsten, doch die dort entdeckten Geheimnisse treiben ihn tief in die unheimlichen Sümpfe. Dort lauert eine Wahrheit, die alles verändern könnte. Die letzte Schlacht beginnt und das Schicksal von Umir steht auf dem Spiel. Werden Nero und seine Gefährten den drohenden Untergang abwenden können? Oder wird der Finsterfluch die Welt für immer verschlingen?

 

 

 

 

Die Legende des Nefertim

 

Teil 3: Die Quelle der Verdammnis

 

von

 

Kevin Michael Schott

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Dies ist ein fiktionales Werk. Wenn nicht anders gekennzeichnet, sind alle Namen, Charaktere, Orte und Ereignisse der Fantasie des Autors entsprungen. Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen lebenden oder toten Personen, Orten oder Ereignissen sind rein zufällig.

 

1. Auflage, 2024 © Kevin Michael Schott.

Alle Rechte vorbehalten.

Prolog

Der Himmel war von einem sanften Blau gezeichnet, die Palmen wiegten sich im warmen Wind, und das Wasser glitzerte im Licht der untergehenden Sonne. Penji und Butzi lachten, ihre Stimmen schwebten wie Musik durch die Luft. Es war, als ob die Welt in diesem Moment innehielt, nur um uns diesen Augenblick des Friedens zu schenken.

Doch wie ein Schatten, der von der Kante des Blickfelds kriecht, zog sich plötzlich das Wasser der Oase zurück, und die spiegelglatte Oberfläche verwandelte sich in brodelnde Finsternis. Aus der Tiefe erhoben sich riesige, schuppige Bestien, deren Augen in einem unnatürlichen Grün glühten. Penji und Butzi schrien auf, als die Kreaturen sich auf sie stürzten. Ihre scharfen Zähne durchbrachen das Wasser, rissen die beiden in die Tiefe. Ich brüllte, meine Hände ausgestreckt, wollte sie retten, aber es war zu spät. Der Abgrund verschluckte sie, und die Welt um mich zerbrach.

Im nächsten Moment stand ich allein. Der sanfte Wind war verschwunden, stattdessen peitschte heiße, trockene Luft über mein Gesicht. Vor mir erstreckte sich eine endlose Wüste. Der goldene Sand flimmerte unter der erbarmungslosen Sonne, und der Horizont schien sich mit jeder Bewegung weiter zu entfernen. Kein Schutz, kein Wasser, nur das dumpfe Gefühl der Leere, das in mir wuchs. Stunden vergingen – oder waren es Tage? Meine Lippen waren rissig, die Kehle brannte vor Durst, jeder Schritt wurde schwerer.

Und dann, wie aus einem längst vergessenen Traum, tauchte eine Oase am Rande des Horizonts auf. Ihre Palmen schienen mich zu rufen, das Wasser funkelte verlockend. Hoffnung keimte in mir auf, und ich setzte meine letzten Kräfte ein, um dorthin zu gelangen. Doch als ich näher kam, wurde die Vision klarer, und mein Herz erstarrte. Dort, am Rand des Wassers, lag Moxxi, die rote Katze, völlig betrunken. Ihre Augen waren halb geschlossen, ihre Worte lallend und unverständlich.

„Nero...warum bist du...hier?“ Moxxis Stimme war anders, seltsam verzerrt, als würde sie nicht von ihren Lippen, sondern aus den Tiefen der Luft selbst kommen, wie ein Echo, das von allen Seiten auf mich eindrang. Ihr Tonfall war schleppend und trügerisch sanft, doch die Worte schienen ein bösartiges Flüstern in sich zu tragen, das mir einen Schauer über den Rücken jagte. Es fühlte sich an, als würde die ganze Realität um uns herum mit ihrer Stimme vibrieren, jede Silbe triefend vor Spott und Zorn.

Bevor ich etwas erwidern konnte, hob sie träge ihre Pfote, als ob jede Bewegung ihr Mühe bereitete – und doch geschah es blitzschnell. Ein Flackern in ihren Augen, und plötzlich schoss eine eisige Welle auf mich zu, scharf wie Messer und schneller als der Wind. Die Luft um mich herum erstarrte augenblicklich, Kälte kroch in meine Knochen. Meine Beine fühlten sich an, als würden sie gleich versagen, meine Arme taub von der abrupt aufgekommenen Kälte. Der Frost griff nach mir, zog mich in seine eisige Umklammerung, als wolle er mich vollständig vereinnahmen.

Ich stolperte rückwärts, in einem verzweifelten Versuch, dem tödlichen Eis zu entkommen. Mein Atem ging stoßweise, jeder Zug schien mir den Schmerz der klirrenden Kälte in die Lunge zu treiben. Panik trieb mich an, und ohne es zu merken, floh ich in Richtung des Wassers der Oase. Es schien, als wäre dies meine einzige Rettung. Mit einem verzweifelten Sprung erreichte ich die spiegelnde Oberfläche, doch kaum hatte ich das Wasser berührt, spürte ich, wie der Boden unter mir nachgab.

Das Wasser, das noch im letzten Moment wie eine schützende Decke gewirkt hatte, verwandelte sich augenblicklich in eine trügerische Falle. Der vermeintlich feste Grund verschwand, und ich brach ein, sank in die kalten Tiefen der Oase. Der Schock der Kälte griff nach meiner Haut, schnürte mir die Luft ab, während ich im Wasser nach Halt tastete, doch meine Finger glitten nur durch die Leere. Um mich herum begann das sich Eis auszubreiten, eine gefrorene Kruste, die sich unaufhaltsam schloss und mich von der Oberfläche abschnitt.

Verzweifelt strampelte ich, doch das Wasser wurde immer dichter und schwerer, als ob es mich in seine dunklen Tiefen ziehen wollte. Oberhalb von mir sah ich noch kurz das Licht der Sonne, durch das sich die Eiskristalle zogen, bevor die Dunkelheit mich vollständig umschlang.

Ich kämpfte, strampelte gegen das eisige Wasser an, doch es fühlte sich an, als riss mich eine unsichtbare Hand immer tiefer in die kalten Tiefen hinab. Mein Körper war schwer, das Licht über mir längst verblasst. Alles drehte sich, und für einen Moment verlor ich jedes Zeitgefühl, bis ich auf hartem Fels aufschlug.

Der Aufprall nahm mir den Atem. Benommen und keuchend tastete ich um mich, aber es war nichts zu sehen – nichts außer der alles verschlingenden Schwärze. Der Boden unter mir war kalt und feucht, rau und uneben, als wäre ich in die tiefsten Tiefen einer längst vergessenen Höhle gefallen. Ein dumpfes Echo hallte durch den Raum, als ich mich aufrappelte, und in der Stille hörte ich ein Geräusch. Erst leise, kaum wahrnehmbar, wie ein sanftes Flüstern am Rand meines Gehörs, dann wurde es deutlicher – ein Kratzen, ein beunruhigendes Zischen.

Ich hielt den Atem an. Dann sah ich sie. Aus den Schatten krochen sie, riesig und bedrohlich, ihre Körper in Finsternis gehüllt, doch ihre Augen glühten in einem gespenstischen Violett, das die Dunkelheit durchdrang. Die Spinnen kamen langsam, bedächtig, aber es war klar, dass kein Entkommen möglich war. Ihre langen, haarigen Beine schoben sich mit einem unheilvollen Knistern über den Boden, jeder ihrer Schritte war von einem fauchenden Zischen begleitet, das mir das Blut in den Adern gefrieren ließ. Die Höhle schien zu leben: Sie waren überall, krochen an den Wänden empor, huschten im Dunkeln umher, immer näher kommend.

Panik ergriff mich, und ich sprang auf, stolperte zurück, suchte verzweifelt nach einem Ausweg, doch die Wände der Höhle waren glatt und undurchdringlich. Das Fauchen der Spinnen wurde lauter, durchdrang die Finsternis wie ein uralter Fluch. Ihr Atem war heiß, und ihre violetten Augen leuchteten gierig, als sie sich auf mich stürzten. Ich rannte zwar vor ihnen weg, aber es war zwecklos. Der Raum um mich herum schien sich zu verengen, als ob die Höhle selbst mich gefangen halten wollte.

Die ersten Spinnen erreichten mich, ihre Klauen und Zähne gruben sich in meine Haut. Ein unerträglicher Schmerz durchfuhr mich, als sie begannen, mich in Stücke zu reißen. Ihre Zähne schnitten durch Fleisch und Knochen, als ob ich nur aus Papier bestünde. Ich versuchte zu schreien, aber kein Laut kam über meine Lippen. Mein Körper wurde in tausend Stücke zerrissen, und inmitten dieses endlosen Schmerzes verschwand die Welt erneut in Dunkelheit.

Doch irgendwie lebte ich weiter. Selbst in diesem Moment der völligen Auflösung schien ich weiter zu existieren. Ich schwebte durch die Leere, meinen Körper längst verloren, aber mein Bewusstsein verweilte. Um mich herum tanzten bunte Partikel, schwebten wie Seelen, die im Wind verweht wurden. Ich war im Ätherbogen, der mystischen Barriere, die die Welt von Umir umgab. Es war friedlich. Für einen Moment dachte ich, dies sei mein Ende, und ich würde in dieser bunten Unendlichkeit verweilen, ohne Schmerz, ohne Sorge.

Aber dann spürte ich es – ein Rütteln, als ob eine unsichtbare Hand mich aus dem Schlummer reißen wollte. Eine Stimme drang durch die Stille, erst fern und undeutlich, dann klar. Es war ein Gebet, das durch die Ewigkeit hallte:

Oh Shampotti, du Licht im Dunkel, du, der die Flamme der Hoffnung in allen Herzen entzündet, sende deinen Segen auf diese verlorene Seele herab. Lass das strahlende Licht deines Wesens die Schatten vertreiben, die sie umgeben, und führe sie zurück ins Gleichgewicht, wo das Licht die Dunkelheit durchbricht und die Harmonie wiederherstellt.

Lass deine Wärme alle Wunden heilen, die an Körper und Geist gezeichnet sind. In deiner Gnade mögen alle Schmerzen vergehen, mögen alle Qualen verblassen, und nur Frieden bleiben, wo zuvor die Finsternis regierte. Dein Licht sei ein Leitstern, der den Verirrten den Weg weist, der das Chaos in Einklang bringt.

Shampotti, möge dein leuchtender Pfad den Frieden bringen, den diese Seele sucht, und ihr die Kraft geben, dem Dunkel zu entfliehen, gestärkt durch deine stille, aber unerschütterliche Güte.

Die Worte durchdrangen mich, füllten mich mit einem seltsamen Gefühl von Frieden und Wärme. Langsam wurde das Licht heller, bis es alles um mich herum erfüllte. Ich konnte die Kälte des Finsterfluchs nicht mehr spüren, nur die Wärme des Lebens, das in mich zurückkehrte.

So begann ein weiterer Tag, an dem mich diese Krankheit peinigte. Als ich die Augen aufschlug, lag ich in Kiwis Armen. Ihre Stimme war sanft, sie sprach leise beruhigende Worte, doch der Schmerz auf ihrem Gesicht war unübersehbar. Ich konnte es an ihren Augen sehen, die normalerweise voller Energie funkelten, jetzt aber trüb und erschöpft wirkten. Die weißen Flecken, die sich wie Narben über ihre Hände und ihr Gesicht zogen, erzählten von dem Kampf, den wir auf den Eis-Inseln geführt hatten – ein Kampf, der nun eine Woche zurücklag. Diese Flecken, Überreste der Eisverbrennungen, leuchteten wie Gespenster auf ihrer sonst tiefschwarzen Haut. Ein grausamer Kontrast, doch sie trug diese Zeichen mit Stolz, als wären sie eine Erinnerung daran, was wir überlebt hatten.

„Es ist schon eine Woche her, Nero“, sagte sie leise, als sie meinen Blick bemerkte, der über die Narben auf ihren Händen glitt. Sie versuchte zu lächeln, doch es gelang ihr nur schwach. „Aber ich habe die Zeit genutzt. Ich habe viele alte Bücher durchstöbert – und einiges herausgefunden.“ Ich setzte mich langsam auf. Ihr Blick war nun voller Entschlossenheit. „Wir müssen das verschollene Buch Rionn finden. Es ist vielleicht unsere einzige Hoffnung, eine Heilung gegen den Finsterfluch zu finden.“

„Der Finsterfluch...“, entwich es mir enttäuscht. Es war der Schatten, der seit Monaten auf mir lastete und mich jede Nacht in Albträume stürzte. Ein Fluch, der mich immer tiefer in die Dunkelheit zog. Kiwi hatte sich der Suche nach einem Heilmittel verschrieben, so wie sie sich immer allem mit völliger Hingabe widmete. Und nun, nach Tagen des Studiums, hatte sie neue Hinweise.

„Der Honey-Stream fährt wieder öfter“, fügte sie hinzu, und diesmal klang ihre Stimme ein wenig hoffnungsvoller. „Die Welt erholt sich langsam von all den Ereignissen. Wir können also schon bald abreisen.“

Bevor ich etwas sagen konnte, flog die Tür auf, und Penji, der Mops in seinem eleganten violetten Anzug, stolzierte ins Zimmer. Eine leuchtend rote Rose schmückte eine Seite des Kopfes, geschickt platziert, um das fehlende Ohr zu verbergen – ein Kunstwerk, das er mit seinem Ring des Lebens erschaffen hatte. Mit einem breiten, selbstzufriedenen Grinsen und funkelnden Augen blickte er uns an, bevor er uns mit übertriebener Förmlichkeit begrüßte. „Nero Flynn Dester und Kiwi Golfasin“, begann er, seine Stimme vor gespieltem Ernst triefend. „Es ist meine ehrenvolle Aufgabe, euch zum Frühstück zu geleiten.“

Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen. „Na gut, Sir Penji Meils“, antwortete ich grinsend. „Dann lass uns mal sehen, was für ein königliches Mahl heute auf uns wartet.“

Wir verließen das Zimmer und machten uns auf den Weg in den großen Speisesaal. Als wir die riesigen Türen öffneten, offenbarte sich uns ein atemberaubender Anblick. Der Saal war majestätisch geschmückt, die Decken hoch und mit prächtigen Kronleuchtern behangen, die wie strahlende Sterne funkelten. Lange Tafeln, bedeckt mit weißen Tischtüchern und prunkvollen Schalen, zogen sich durch den gesamten Raum. Ein Meer aus Köstlichkeiten erstreckte sich vor uns – alles anlässlich des 333. Geburtstags der drei Weisen.

Die Tafeln waren ein Fest für die Sinne. Farbenfrohe Früchte türmten sich in kunstvollen Arrangements, goldene Schüsseln mit dampfenden Gerichten standen im Kontrast zu Kristallkaraffen, die glitzernde Säfte und Weine enthielten. Der Duft von frisch gebackenem Brot, süßen Gewürzen und exotischen Speisen lag in der Luft.

Am Buffet trafen wir auf Butzi, den fröhlichen Bären, dessen Augen bereits leuchteten, während er sich Teller über Teller mit honigartigen Gerichten auffüllte. „Nichts geht über ein ordentliches Honig-Frühstück!“, rief er, als er lachend einen Berg aus Honigkuchen balancierte. Neben ihm stand Nekhbet, der Shampotte der Lüfte, wie immer etwas mürrisch. Er musterte das Buffet kritisch, bevor er mit einem leisen Seufzen eine kleine Auswahl an Fleisch wählte.

Wir ließen uns an einem großen runden Tisch nieder, wo bereits die beiden Greifen-Brüder saßen. Hork schlang mit unersättlichem Appetit rohen Lachs in sich hinein. Kaito im Vergleich dazu knabberte gemächlich an einer seltsamen Kombination aus Mango-Hälften und Fleischsalat. Kiwi schnappte sich ein Bananen-Brot mit Chiasamen, ich dagegen entschied mich für einen bunten Burger, der mit so vielen exotischen Zutaten gefüllt war, dass ich nicht entschlüsseln konnte, wonach er überhaupt schmeckte.

„Setz dich zu uns, mein bester Kumpel!“, rief Hork mit vollem Mund und verschluckte sich halb daran. Kaito verdrehte die Augen, aber die Stimmung der anderen wurde wie so oft durch den tollpatschigen Greif erhellt.

Zu meiner Überraschung gesellte sich auch Zephyrion Hagendach, Kiwis neuer Prediger, zu uns. Er sah aus wie bei unserer letzten Begegnung: Ein alter Mann, mit schneeweißem Haar und einem dichten, langen Bart, der bis zu den Falten seines langen weißen Gewandes reichte. Trotz seines hohen Alters und der leisen, fast unscheinbaren Bewegungen, ging von ihm eine unbestreitbare Autorität aus. Es war, als trüge er die Weisheit ganzer Jahrhunderte in sich.

„Die Stimme der Ringe bringt interessante Neuigkeiten“, begann er mit ernstem Tonfall, während er einen Becher Tee in den Händen hielt, dessen Dampf in sanften Schlieren aufstieg. Seine Augen wanderten aufmerksam von einem zum anderen, bevor er fortfuhr. „Basili Wodo’Worott, die Nummer 1 der hohen Tiere des Ordens, hat eine neue Gruppierung ins Leben gerufen – die Hand des Ordens. Neben ihm gehören die rote Katze Moxxi Rufina Du’Mas und ein weiterer Krieger dazu, dessen Namen bald in aller Munde sein wird.“

In dem Moment, als er Moxxis Namen erwähnte, zog sich mein Magen schmerzhaft zusammen. Die Erinnerung an meine letzte Begegnung mit ihr, die eisigen Wellen, die sie auf mich geschleudert hatte, waren immer noch lebendig in meinem Gedächtnis. Es fühlte sich an, als wäre der Frost ihrer Anwesenheit noch in meinem Blut gefangen.

Zephyrion setzte seine Erklärung fort, während er bedächtig einen Schluck Tee nahm: „Die drei Weisen haben hohe Kopfgelder auf diese Mitglieder ausgesetzt. Basili ist 1,5 Millionen Honigsteine wert, und auf Moxxi stehen 1 Million. Sobald der Name des letzten Mitglieds bekannt ist, wird man auch seinen Preis festlegen.“

Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, hörte ich hinter mir eine tiefe, ruhige Stimme, die den Raum erfüllte wie ein kalter Wind, der plötzlich durch eine offene Tür wehte. „Wir befinden uns im Krieg mit dem Orden, und jeder Überrest muss beseitigt werden.“ Die Stimme ließ keinen Widerspruch zu, und als ich mich umdrehte, sah ich Ragorius Kalkar, einen der drei Weisen hinter uns. Der mächtige Affe trug, wie immer, seinen eng sitzenden roten Anzug, der sich straff über seine muskulöse Gestalt spannte, und seine Augen bohrten sich regelrecht in uns. Ein starker Geruch von Metall hing um ihn, und der ernste Ausdruck in seinem Gesicht ließ keinen Zweifel daran, dass die Lage mehr als ernst war.

„Jede neue Gruppierung des Ordens oder jene, die ihnen folgen, wird vernichtet“, fügte er hinzu, seine Worte schwer wie Steine, die in tiefe Wasser fielen. „Nach dem Frühstück erwarte ich euch im Sanctum. Dort werdet ihr mehr erfahren.“

Mit diesen Worten drehte er sich um und verließ den Raum, ohne uns eines weiteren Blickes zu würdigen. Die Stille, die er hinterließ, war bedrückend, und es dauerte einen Moment, bis jemand den Mut fand, sich wieder zu bewegen. Kiwi sah mich an, ihre Augen schimmerten voller Sorge, und ich wusste, dass wir uns auf etwas weit Größeres vorbereiten mussten.

Die restliche Zeit am Tisch verbrachten wir schweigend, jeder in Gedanken versunken. Der Geruch der üppigen Speisen, die fröhlichen Gespräche ringsum, alles verblasste vor der wachsenden Schwere in der Luft. Ein Krieg stand uns bevor, das war klar. Ein Krieg, der uns alle fordern würde.

Als ich schließlich aufstand und die anderen mir folgten, wusste ich, dass das, was uns im Sanctum erwarten würde, nichts Geringeres als die nächste Herausforderung unseres Weges war. Ragorius hatte es deutlich gemacht – der Kampf gegen den Orden war noch längst nicht vorbei.

Überraschung

Als wir tiefer in die Hauptinsel von Umir vordrangen, wurden die Schatten länger und die Luft kühler, fast als ob die Welt den Atem anhielt. Vor uns ragten die Tore des Sanctum, mächtig und von steinerner Ewigkeit. Sie wurden von gewaltigen Wachen flankiert – Löwen, Affen und Rhinozerosse in schweren, schimmernden Rüstungen, ihre Blicke grimmig und entschlossen. Jeder von ihnen trug einen rot leuchtenden Ring der Kraft, der ihre Muskeln pulsieren ließ. Ihre Anwesenheit war einschüchternd, doch sie traten zur Seite, als die Tore mit einem donnernden Knarren aufschwangen.

Drinnen umfing uns sofort die Ehrfurcht dieser uralten Stätte. Die Decken der Hallen waren in reinem Gold gehalten, strahlend und verziert mit filigranen Gravuren, die sich wie Flüsse durch die Kuppeln zogen und die Erhabenheit dieses Ortes nur noch verstärkten. Das Licht, das in den goldenen Oberflächen brach, schuf einen fast heiligen Schimmer, der den Raum erfüllte. Hohe, marmorne Säulen stützten die Wände, die von tiefem Rot und Blau durchzogen waren, als würden die Farben das Blut und die Seele der Vergangenheit in sich tragen.

Diese Hallen waren kein gewöhnlicher Ort des Zusammenkommens. Sie waren das verborgene Herz von Umir, tief in der Erde der Insel verankert, fernab der Blicke der Sterblichen. Hier, wo nur die Mächtigsten Zugang hatten, schien die Zeit stillzustehen. Jeder Schritt hallte wider und mischte sich mit den Echos vergangener Generationen, die hier standen, um Weisheit und Macht zu empfangen.

Vor uns, inmitten der majestätischen Halle, warteten die Weisen. Links erhob sich Liforius, das imposante Pferd, in seinem blauen Anzug, der größte unter den dreien. Sein goldenes Zaumzeug funkelte königlich. In der Mitte stand der Fuchs, deutlich kleiner, aber nicht minder beeindruckend. Seine orangefarbene Mähne leuchtete im violetten Anzug wie ein lebendiges Feuer. Rechts davon Ragorius, der große Affe im roten Anzug, seine Gestalt war kräftig und massiv, doch er überragte den Fuchs ohne die erhabene Größe von Liforius zu erreichen.

Wir versammelten uns, und die Atmosphäre wurde mit jeder Sekunde dichter, als wäre der Raum selbst von uralter Macht erfüllt. Auf dem Boden vor uns waren große Ringe gezeichnet: ein weitläufiger äußerer Ring und ein kleiner innerer Ring, dazwischen unzählige winzige Kreise. Im Zentrum prangte ein dicker weißer Punkt, der die Hauptinsel symbolisierte. Die Weisen standen im inneren Ring um diesen Punkt herum, während wir uns im äußeren Ring aufstellten, genau auf der Linie. Die Weisen nickten uns stumm zu, eine Geste, die bedeutete, sie in tiefer Ehrerbietung zu empfangen. Es war ein stilles Ritual, das die Hierarchie und ihre Weisheit verdeutlichte. In diesem Moment trat Zephyrion Hagendach vor, sein weißes Gewand leuchtete sanft im goldenen Licht, und mit klarer, erhabener Stimme begann er, das heilige Madhuvana zu rezitieren. Ich schloss die Augen für einen Moment, spürte, wie die Worte des Gebets tief in mein Inneres sanken. Es war, als würden meine Zweifel und Ängste langsam verblassen, während Zephyrion sprach:

 

Oh unser liebevoller Ring der Güte

Egal wie düster unsere Tage sein mögen

Durch dich halten wir zusammen

Denn du erleuchtest uns stets mit deiner Großzügigkeit

 

Oh unser weiser Ring des Geistes

Wann immer du unsere Seelen erfüllst

Selbst wenn sie eigentlich schon erschöpft und müde sind

Erinnerst du uns barmherzig, dass wir niemals allein sind

 

Oh unser mächtiger Ring der Kraft

Lass uns an deiner Stärke teilhaben

Damit wir stets für unsere Werte einstehen

Und täglich auf Umir stolz sein können

 

Oh unsere heiligen Weisen

Euer Weg ist unser Kompass

Wir bitten um eure Bereicherung

Wir bitten um Güte, Geist und Kraft

 

Als Zephyrion seine letzten Worte sprach, senkte sich eine tiefe Stille über die Halle. Die Weisen traten nun vor. Der Fuchs sprach, seine Stimme fest und von einer unerbittlichen Weisheit getragen: „Nero Flynn Dester“, begann er. „Es ist Zeit, dich zu befördern.“ Mit einer eleganten Bewegung hob er seine Hand und entsandte den violett schimmernden Ring des Geistes. „Dies ist mein Geschenk an dich. Du musstest wieder sieben Tage ohne Ring aushalten, aber nun wird mein Ring seine wahre Macht vollständig entfalten können.“

Der Ring legte sich von allein um meinen Finger, und seine Energie pulsierte durch meinen gesamten Körper. Gleichzeitig begannen andere violette Ringe, wie flimmernde Lichter, um mich herum zu schweben. Während dies geschah, rasten Tausende von Gedanken wie ein Sturm durch meinen Geist. Es war, als ob mein Bewusstsein sich ausdehnte, über die Grenzen von Zeit und Raum hinaus. Vergangenheit und Zukunft flossen von allen Seiten auf mich zu, doch mit der Zeit begann alles langsamer und klarer zu werden. Die Gedanken ordneten sich, wie Puzzleteile, die sich harmonisch zusammenfügten. Negative und positive Gefühle fanden ihre Balance, wie zwei Seiten einer Waage, die in perfektem Gleichgewicht standen. In diesem Moment erkannte ich eine tiefe Wahrheit: Jedes Ereignis, ob gut oder schlecht, hatte einen Sinn. Ein höheres Ziel, dem wir uns alle beugen mussten. Alles war miteinander verbunden, und diese Erkenntnis durchströmte mich wie ein erfrischender Strom reinen Wassers. Während dieses Gefühl durch meinen Körper pulsierte, spürte ich, wie der Finsterfluch sich langsam von mir zurückzog. Die schwarzen Adern, die sich wie schleichendes Gift über meine Haut gezogen hatten, verschwanden allmählich. Meine Haut wirkte lebendiger, frischer, als hätte sie neues Leben erhalten. Die unerträglichen Kopfschmerzen und das Stechen in meinen Augen, die mich seit einer Woche quälten, ließen endlich wieder nach. Es war, als hätte der Fluch seinen Griff gelockert, zumindest für diesen Moment.

Der Fuchs beobachtete mich mit ernster Miene, bevor er mit fester Stimme sprach: „Ich, Mengorius Kalkar, ernenne dich hiermit zum Glaubensritter.“ Seine Worte hallten wie Donner durch die Luft, während er mich mit einem eindringlichen Blick musterte.

„Als Glaubensritter folgst du direkt den Befehlen der Weisen, ohne Umwege. Du stehst in direktem Kontakt zu uns und trägst die Verantwortung, die hohen Mitglieder des Ordens ohne Zögern zu eliminieren. Dir wird die Erlaubnis erteilt, Audienzen für Inseln zu erhalten, die sonst unzugänglich bleiben. An Orte wie die Quelle der Verdammnis in den Wüsten würdest du niemals ohne diesen Rang hindürfen.“

Ich spürte, wie das Gewicht seiner Worte in mir widerhallte. „Zusätzlich“, fuhr er fort, „erhältst du als Glaubensritter ein höheres Gehalt. Statt deinen 2.000 Honigsteinen als Novize wirst du nun 20.000 Honigsteine monatlich von den Weisen erhalten, zusätzlich zu deinen 10.000 Honigsteinen als Botschafter der Hauptinsel des Honigs Summoria – insgesamt also 30.000 Honigsteine.“

Die Bedeutung seiner Worte ließ mich kurz verstummen. Ich war überwältigt, nicht nur von der Verantwortung, die mir auferlegt wurde, sondern auch von den Möglichkeiten, die sich mir nun eröffneten, ganz abgesehen von dieser Unmenge an Geld, die ich niemals ausgeben könnte. Doch bevor ich antworten konnte, fuhr Mengorius fort, seine Stimme eindringlich:

„Du wirst diese Kraft brauchen, Nero. Unser Ziel ist es nicht nur, Xandorath und somit die geheime Basis des Ordens zu finden, sondern den Orden ein für alle Mal auszulöschen. Außerdem müssen wir den Monolithen bergen, der sich auf der Insel befindet.“

Kaito, der Greif, nickte zustimmend. „Ich glaube, der Orden wurde dort geboren. Vielleicht hat Zig, der ehemalige Kopf, Aufzeichnungen in seinen Gemächern hinterlassen. Wenn wir sie finden, könnten wir endlich die Wahrheit erfahren und dadurch Rionn finden.“

Kaito trat langsam hervor, zog einen kleinen, unscheinbaren Stein unter seinem Mantel hervor und hielt ihn einen Moment in der Hand, bevor er ihn Nekhbet, dem alten Geier, fest in seine knochigen Hände drückte. Es war ein Zeichen des Vertrauens, denn als ehemaliges Mitglied und hohes Tier des Ordens, musste Kaito den Madhuvanern ein Stück weit entgegenkommen, wenn er von ihnen Hilfe erhalten wollte. Der Stein war fast vollständig schwarz, doch hin und wieder flimmerten kleine weiße Punkte über seine Oberfläche, die sichtbarer wurden, je dichter man dem Ziel kam.

„Der Orden hat auch Verbündete in den Wüsten und Sümpfen“, sagte Kaito. „Nachdem wir die Basis zerstört haben, begeben wir uns zuerst zu den Wüsten, zur Quelle der Verdammnis.“

„Der Weg dorthin ist allerdings holprig“, ergänzte Nekhbet. „Wir können nicht einfach dort hinfliegen – wir brauchen eine Erlaubnis der Hauptinsel der Wüsten: Gildorath. Sie wollen nicht, dass dort jemand schnüffelt. Die historischen Ereignisse die dort stattfanden...werden in gewisser Weise bedeckt gehalten.“

Die Schwere seiner Worte hing kurz in der Luft, doch ich wusste, wir hatten keine Zeit zu verlieren. Ich trat einen Schritt vor, spürte die Entschlossenheit in mir aufsteigen, und sagte fest: „Auf nach Xandorath!“

Die Weisen nickten schweigend, und mit diesen letzten Worten verließen wir das Sanctum. Außerhalb waren unerwartet viele Leute, und plötzlich stand die Honeymora direkt vor mir. Es war ein Moment der Erleichterung, sie wiederzusehen. Ihre pechschwarze Haut glänzte im Licht, und ihr prachtvoller Umhang, bestickt mit goldenen Honigwaben, schimmerte leicht. Doni hatte immer diese königliche Ausstrahlung, die sie wie eine unerschütterliche Anführerin wirken ließ, und doch wusste ich, dass sie im Herzen noch dieselbe Freundin war.

„Doni! Was machst du hier?“, fragte ich und umarmte sie fest. Ihre warme Gegenwart schien mir Halt zu geben, als wäre sie eine Brücke zu den Erinnerungen, die wir teilten.

„Ich konnte dich nicht gehen lassen, ohne dich vorher nochmal zu sehen“, antwortete sie mit ihrer sanften, aber entschlossenen Stimme, während sie sich leicht von mir löste. „Deine letzte Mission auf den Eis-Inseln war schon so gefährlich...und jetzt erst Xandorath, dann die Wüsten...“

Ein Schatten legte sich über meine Gedanken, als sie die Eis-Inseln erwähnte und mir Ivy Izzard in den Sinn kam – Donis alte Freundin. Die Trauer darüber, was geschehen war, lastete schwer auf mir. „Es tut mir so leid wegen Ivy“, sagte ich leise und schaute ihr in die Augen. „Ich wünschte, sie wäre noch am Leben.“

Doni drückte meine Hand, ihre schwarzen Augen leuchteten sanft auf, und für einen Moment stand die Welt still. Sie seufzte tief, und ich konnte den Schmerz in ihrer Stimme hören, als sie leise sprach: „Wir haben immer gehofft, Ivy noch einmal zu sehen...aber das blieb uns leider verwehrt.“ Ihre Stimme zitterte leicht, als sie den Blick senkte.

Für einen Moment herrschte Stille zwischen uns, und in ihren Augen lag ein tiefer, stiller Kummer, den Worte nicht fassen konnten. Bevor ich etwas sagen konnte, holte sie ein kleines golden funkelndes Glas hervor und drückte es mir in die Hand.

„Ist das Gelée royale?“, fragte ich.

Doni nickte mir unschuldig grinsend entgegen. „Das wirst du sicherlich auf deiner nächsten Reise gebrauchen können.“

Plötzlich wurden wir von vertrauten Stimmen unterbrochen. Frenn Kuper und Obahogdal, die beiden Journalisten von Die Stimme der Ringe, näherten sich uns. Frenn, immer mit einem wissenden Lächeln auf den Lippen, trat vor und musterte uns mit neugierigen Augen.

„Ich bin froh, dass ihr heil aus den Eisvulkanen zurückgekommen seid“, sagte der Löwe im makellosen Anzug, während er an seiner nach Honig duftenden Zigarre zog. Seine Mähne leuchtete golden im Licht, und seine Augen funkelten vor Neugier.

Neben ihm rückte Obahogdal auf, der große, dicke, aber vor allem gutmütige Mann in seinem schimmernden goldenen Smoking. Mit einem breiten Grinsen paffte er ebenfalls an seiner Zigarre. „Was für ein Abenteuer, nicht wahr?“, fragte er fröhlich und ließ einen Rauchkringel aufsteigen. „Aber keine Sorge, wir behalten euch im Auge. Auf Xandorath, in den Wüsten – wir sind immer dabei!“ Er zwinkerte mir zu, seine lockere Art war ansteckend.

In diesem Moment gesellte sich der Mops zu den beiden. „Na, Penji“, begann Frenn. „Wann fängst du endlich wieder bei uns an?“

Er grinste schelmisch und ließ sich Zeit mit der Antwort. „Vielleicht, wenn diese Mission vorbei ist“, sagte er mit einem kleinen Zwinkern. „Dann könnte die Zeit gekommen sein.“

Nachdem wir noch einige letzte Worte gewechselt hatten, rückten die anderen auf, und wir bereiteten uns auf den Abflug vor. Lifo nutzte seinen Ring der Güte, um eine leuchtende, runde Sonne zu formen, die ihn und Ragorius schwerelos in die Lüfte hob. Sein Aufstieg war majestätisch und mühelos, als ob er die Schwere der Welt abgeworfen hätte. Hork, dessen Federn in einem kräftigen Rot schimmerten, breitete seine mächtigen Flügel aus und begann kraftvoll abzuheben. Ich saß fest auf seinem Rücken, bereit für das bevorstehende Abenteuer. Kiwi, etwas misstrauisch, schwang sich auf Kaito, dessen blaue Federn im Sonnenlicht funkelten und ihm eine fast magische Ausstrahlung verliehen. Penji und Butzi ließen sich auf Nekhbet nieder, der sich ebenfalls für den Flug vorbereitete. Wir begaben uns auf den Weg nach Xandorath, der geheimnisvollen schwebenden Insel, die irgendwo in den unendlichen Weiten nahe der Hauptinsel von Umir verborgen lag.

 

* * *

 

Nekhbet führte den Flug an, den Navigationsstein fest umklammert. Er war unser Führer durch das endlose Wolkenmeer, in dem wir uns seit Stunden verloren glaubten. Der Stein in seinen Krallen flimmerte, während die weißen Punkte unruhig und wahllos über die Oberfläche tanzten. Wir suchten verzweifelt, bis die Wolken sich öffneten und sich unser Ziel offenbarte: eine einsame, gewaltige Insel aus grauem Stein, die wie ein einziges Labyrinth wirkte. Kein Leben regte sich auf dieser toten Masse, kein Laut durchbrach die Stille, außer dem scharfen Pfeifen des Windes, der durch die kahlen Felswände wehte.

Kaito führte uns durch das endlose steinerne Labyrinth. Obwohl er die Insel schon kannte, kämpfte er selbst darum, den richtigen Weg zu finden. Die Gänge wanden sich um uns wie eine lebendige Falle, und es schien, als würde jeder Schritt tiefer uns nur noch weiter von unserem Ziel entfernen. Die düsteren, grauen Wände umschlossen uns, und selbst Lifo, dessen strahlende Sonne den Weg vor uns erhellte, schien gegen die beklemmende Dunkelheit machtlos. Die Luft war schwer, die Stille drückend.

„Ich hasse diesen Ort“, murmelte Kaito. „Ich verstehe nicht, wie das jemals die Basis werden konnte. Jeder Schritt fühlt sich an, als würde er uns in die Irre führen.“ Seine sonst so kühlen, berechnenden Augen wirkten nun gequält, als er uns in eine neue Biegung führte, nur um vor einer weiteren Sackgasse zu stehen. Selbst er, der das Labyrinth kannte, verlor langsam die Orientierung, und das machte uns allen Angst.

Schließlich, nach unzähligen weiteren Schritten durch die kargen Gänge, öffnete sich der Weg vor uns zu einer gewaltigen Höhle. Das erste, was uns auffiel, war das unheimliche Tropfen, das von den Wänden und der Decke hallte. Es war, als ob die Felsen selbst weinten, und der Klang schien sich in der stillen Dunkelheit zu verlieren. Die Finsternis hier war anders – dichter, schwerer, fast greifbar. Kaito blieb stehen und deutete auf die Decke, wo das Gestein glatt und schwarz glänzte, als hätte eine mächtige Präsenz dort gewohnt.

„Das war Zigs Gemach“, sagte er leise, seine Stimme kaum mehr als ein Flüstern, das von den Wänden zurückgeworfen wurde. „Hier lebte er...die Dunkelheit war ein Teil von ihm. Sie erstickt alles.“

Die Atmosphäre war erdrückend und ließ Lifos Licht immer stärker verblassen. Es war, als ob die Dunkelheit selbst gegen uns kämpfte, sich um uns legte und jeden Schritt schwerer machte. Lifo schnaubte, seine Hufe traten unruhig auf dem felsigen Boden, als er spürte, dass das Licht nicht ausreichte. Dann hob er den Kopf, und der Ring der Güte begann heller zu leuchten. Die Sonne, die er erzeugte, wuchs an Größe, schien sich auszubreiten, bis die gewaltige Höhle unter einem flammenden, strahlenden Licht erglänzte.

Doch selbst jetzt, in dieser Helligkeit, fanden wir nichts. Kein einziges Zeichen von Leben, keine Schätze, keine Hinweise auf Zigs einstige Macht. Es war, als hätte diese Finsternis alles verschluckt und nichts übriggelassen.

Gerade als die Enttäuschung über uns hereinbrach, begann Ragos Fruchtstein in seiner Tasche zu vibrieren. Mit einer flinken Bewegung zog er ihn hervor. Seine Augen wurden schmal, als er die Nachricht empfing, und seine Miene verdüsterte sich. Kein Wort war zu hören, doch wir alle spürten die Schwere der Neuigkeiten.

Rago hob den Kopf und sagte nur: „Die Hauptinsel...sie wird belagert. Der Orden hat einen Angriff gestartet.“

Die Schockwelle dieser Worte ließ uns erstarren. Die Luft schien für einen Moment stillzustehen, bevor Panik in uns aufstieg. „Wir müssen sofort los!“, rief ich, und ohne eine weitere Sekunde zu verlieren, flogen wir zur nächsten Öffnung an der Decke nach draußen.

Kaum hatten wir die Freiheit der Lüfte erreicht, erblickte ich in der Ferne ein schattenhaftes Labyrinth, das in seiner düsteren, massiven Präsenz verharrte. Doch inmitten dieses steinernen Wirrwarrs, tief im Zentrum, flackerte ein vertrautes blaues Licht. Es war der erste Monolith, den ich gefunden hatte, und mit seinem pulsierenden Leuchten schrie er förmlich nach uns. Ich zeigte darauf und rief: „Das ist der Monolith!“

Rago nickte entschlossen, und mit einem rasanten Sprung setzte er sich in Bewegung. Geschickt und mit beeindruckender Leichtigkeit sprang er über das steinerne Labyrinth hinweg, als wäre es nichts weiter als ein Hindernisparcours. Sein Körper war in ständiger Bewegung, jede Landung präzise, jeder Sprung kraftvoll, bis er das Herz des Labyrinths erreichte. Dort stand der Monolith, pulsierend in blauem Licht, wie ein Herz, das für diese verfluchte Insel schlug.

Lifo folgte dem Affen mit seiner leuchtenden Sonne. Sein Licht tanzte über die alten, toten Wände des Labyrinths und brachte einen Hauch von Leben in die erstickende Finsternis. Rago griff nach dem Monolithen, als wäre er ein Teil von ihm. Mit erstaunlicher Leichtigkeit hievte er den massiven, blau pulsierenden Stein auf seinen Rücken.

Ohne Zögern sprang er in einem gewaltigen Satz auf das Pferd hinüber. Kaum hatte Rago sich auf Lifo gesetzt, erhoben sich die beiden gemeinsam in die Lüfte. Während wir uns in sicherer Entfernung sammelten, konnten wir nur staunend zusehen. Die Sekunden schienen sich zu dehnen, und jeder von uns hielt den Atem an, als unsere Blicke auf Lifo und Rago gerichtet waren.

Mit einem gewaltigen Schnauben rief Lifo seine Kraft herbei. Der Ring der Güte begann zu glühen, und aus ihm heraus formte sich eine riesige, brennende Sonnenkugel. Sie funkelte wie ein Stern, bevor sie mit einem donnernden Blitz auf die Insel Xandorath niederging. Der Aufprall war überwältigend. Der steinerne Koloss zerbrach in tausend Stücke. Die Überreste wirbelten ziellos, als hätte die Schwerkraft selbst den Ort verlassen, bis sie sich langsam wie feine Asche auflösten und in der Leere verschwanden. Kein Zeichen von Leben, keine Spur von dem einstigen steinernen Labyrinth blieb zurück, als die Insel sich in Nichts verwandelte. Ohne einen weiteren Moment zu verlieren, wandten wir uns ab und flogen mit dem drohenden Sturm des Krieges im Rücken zurück zur Hauptinsel von Umir.

 

* * *

 

Wir glitten durch die tiefhängenden Wolken, die wie ein bleierner Schleier über dem Horizont der Hauptinsel lagen. Wie eine perfekte Scheibe aus Stein erhob sie sich aus dem Wasser, ihr Rand von massiven Felsen eingefasst, die das kreisrunde Eiland begrenzten.

In der Ferne erkannte ich das Chaos, das diese würdevolle Insel umgab. Alles schien in Bewegung, als würde sie von einem Sturm aus Krieg zerrissen. Je näher wir kamen, desto deutlicher wurde das Ausmaß der Schlacht. Überall regte sich Leben und Tod zugleich, ein wogendes Meer aus Feinden und Verteidigern, das sich um die Hauptinsel wand. In der Mitte des Geschehens, über dem heiligen Kalkar-Tempel, spannte sich die magische Barriere wie ein schützender Schild aus bunten Partikeln, doch sie wurde von allen Seiten bedrängt.

Riesige Fledermäuse, monströs in ihrer Größe, trugen mächtige Plattformen auf ihren Rücken, auf denen wilde Bestien wie Wölfe oder Bären standen. Mit brutaler Kraft schleuderten sie Felsbrocken und andere Geschosse gegen die Barriere, doch diese ließ nichts hindurch. Jeder Angriff prallte ab, Funken sprühten und die Luft knisterte vor Energie. Über uns tobte ein wildes Gefecht, als andere Fledermäuse auf Vögel und Eulen trafen, die erbittert um die Vorherrschaft im Himmel kämpften.

Doch auch das Wasser war ein Schlachtfeld. Gigantische Wasserbestien sprangen mit ungeheurer Wucht aus den Tiefen empor, um unsere Feinde zurückzuschlagen. Ihre Schuppen glänzten in der Sonne, während sie die Angreifer mit ihren gewaltigen Körpern zerschmetterten.

Wir landeten an einem der vier Ports des Honey-Streams, die in allen Himmelsrichtungen erreichbar waren, und meine Gruppe zerstreute sich, jeder auf seinem Weg, die Insel zu verteidigen. Ragorius sprang von Liforius herunter und überließ ihm den blauen Monolithen. So konnte der Affe kämpfen und das Pferd den Stein sicher verwahren.

Plötzlich, wie aus dem Nichts, verdunkelte eine riesige Fledermaus den Himmel über mir. Ihre Flügel spannten sich wie ein drohender Schatten, und auf ihrem Rücken thronte Honri, der furchteinflößende Hund, bereit zum Angriff. Ein tiefes Knurren entwich seiner Kehle, und die Bestie raste auf mich zu. Doch bevor sie mich erreichen konnte, brach ein enormer Fisch mit einem donnernden Sprung aus dem Wasserbecken hinter mir hervor. Mit seinem gewaltigen Maul schnappte er die Fledermaus und riss sie samt Honri in die Tiefe. Der Hund stürzte hinab und landete noch auf der Insel, während der Fisch mit seiner Beute über den Rand davonflog.

„Lucius!“, rief Rago hinter mir. Noch letzte Woche hatte er mir stolz erklärt, dass dieser Fisch der älteste Beschützer dieser Insel ist und sie eine tiefe Verbindung zu ihm hätten.

Ohne zu zögern, aktivierte ich intuitiv meinen Ring des Geistes. In diesem Moment spürte ich eine ungeahnte Kraft durch mich hindurchfließen, als hätte der Ring einen verborgenen Schleier der Realität gelüftet. Die Zeit selbst schien langsamer zu werden, beinahe zum Stillstand zu kommen. Jeder Atemzug fühlte sich schwer und bewusst an, als wäre die Luft um mich herum dichter, fast greifbar. Meine Sinne schärften sich in einem Maße, das ich zuvor nicht für möglich gehalten hätte – jedes Detail, jede Bewegung schien plötzlich glasklar, als ob das Chaos der Schlacht für einen Augenblick zur Ruhe gekommen war.

Meine Hand, in der der Ring glühte, fühlte sich schwer an, als ob sie mit der immensen Kraft der Magie beladen war. Doch gleichzeitig war da auch eine Leichtigkeit, eine Verbindung zu etwas Größerem, das ich kaum zu verstehen vermochte. Es war, als ob ich mit bloßem Willen die Wirklichkeit selbst formen konnte. Ich sah den riesigen Fisch vor meinen Augen, und ohne es bewusst zu entscheiden, streckte ich meine Hand aus. Die Bewegung war einfach, fast beiläufig, doch das Gefühl, das mich durchströmte, war mächtig. Es war, als hätten sich unsichtbare Fäden zwischen mir und den Dingen in der Luft gesponnen. Fäden, die ich mit bloßer Konzentration lenken konnte. Ich spürte die Masse des Fisches, den Widerstand der Luft um ihn herum. Mit einer Kraft, die sich beinahe mühelos anfühlte, griff ich nach ihm, nicht mit meinen Händen, sondern mit meinem Geist. Der Ring pulsierte, ein brennender Fokuspunkt meiner Gedanken, und ich konnte förmlich fühlen, wie ich die Kontrolle über das Wesen in der Luft erlangte. Objekte, die sich im Raum bewegten, verloren ihre Unabhängigkeit. Sie waren nicht mehr nur entfernte Dinge, sondern Verlängerungen meines Willens, gebunden an meinen Griff durch den Ring.

Mit all meiner Kraft zog ich den riesigen Fisch samt Fledermaus aus der Luft zurück, und er landete mit einem gewaltigen Platschen im Wasserbecken, das in alle Richtungen überschwappte, während sich das Blut der toten Fledermaus ausbreitete.

Atemlos, aber voller Dankbarkeit salutierte ich dem Fisch, der erst mich, und dann ich ihn gerettet hatte. Er zwinkerte mir zu, und in diesem Augenblick spürte ich, wie eine leise Stimme durch meine Gedanken flüsterte. Sein Name kam mir in den Sinn, als hätte er sich in mein Gedächtnis gegraben, und durch den Ring spürte ich die Verbindung zwischen uns. Es war, als hätte ich die Geschichten der Weisen über diesen mächtigen Beschützer der Wasserwelten wieder lebendig vor mir. Der imposante Fisch, Lucius Esox, verschwand in den Tiefen, und ich wusste, dass er mir seinen Dank und seinen Respekt übermittelt hatte.

Als ich mich wieder auf das Schlachtfeld konzentrierte, erblickte ich Honri. Sein Blick zeugte von einer Mischung aus Erstaunen über meine Kraft und ungebrochener Entschlossenheit, sich erneut auf einen Angriff vorzubereiten. Zuerst konnte ich kaum glauben, was ich sah. Unsere beiden vorherigen Begegnungen hatten ihm schreckliche Wunden zugefügt – seine Ohren waren fort, die Schnauze zertrümmert, und eines seiner Augen fehlte. Seine Erscheinung war nicht zu verwechseln: Seine Muskeln spannten sich unter seinem zerschlissenen Fell, als wäre er aus reinem Stahl gehauen, und seine Präsenz ließ selbst die mächtigsten Bestien in seiner Nähe innehalten. Muskulöser und definierter als jemals zuvor, als hätte er durch seine Qualen nur an Stärke gewonnen.

„Du wirst für den Tod meines Bruders bezahlen“, knurrte Honri, seine Stimme ein raues Echo des Zorns. Der Kampf zwischen uns entbrannte, und ich spürte die ganze Wut und den Hass in seinen Bewegungen. Er war schneller und stärker als je zuvor, jeder Angriff schien von purer Rache geleitet. Ein wütender Wirbel aus Klauen und Zähnen hagelte auf mich ein. Ich wehrte mich mit all meiner Kraft, doch sein Tempo war überwältigend. Meine Sinne waren jedoch durch den Ring des Geistes geschärft, und ich konnte jede seiner Bewegungen im Voraus sehen.

Er sprang auf mich zu, seine scharfen Klauen blitzten gefährlich in der Luft. Ich wich geschickt aus, als er versuchte, mir ins Gesicht zu beißen, und ließ ihn stattdessen in den leeren Raum schnappen. Der Boden unter uns knirschte, als er in einer schnellen Drehung erneut angriff, diesmal mit dem Ziel, mein Bein zu treffen. Doch auch dieses Mal entkam ich ihm, indem ich meinen Fuß zur Seite zog und ihn durch einen Seitensprung entglitt.

Der Kampf schien endlos, seine Angriffe waren präzise und durchdrungen von seiner verzweifelten Wut, doch ich hielt mich unerschütterlich. Schließlich, als er eine Lücke in meiner Verteidigung witterte und auf mich zustürmte, sah ich den entscheidenden Moment vor meinen Augen auftauchen. Mit einem geschickten Ruck drehte ich mich zur Seite und schlug mit flacher Hand gegen seinen Hals. Es war eine Technik, die wie aus dem Nichts kam, und ich wunderte mich, wo ich das gelernt hatte, denn Honri taumelte zurück, seine Augen weit aufgerissen. Er keuchte schwer, sein Atem stockte, als ich seinen Hals verbeulte. Der mächtige Hund sank auf die Knie, die Kraft schwand aus seinem Körper, während er versuchte, seinen schmerzenden Hals zu massieren. Die Wut in seinen Augen wurde von einem gequälten Ausdruck abgelöst.

Ich streckte meinen Arm aus und ließ Tordi, meine kleine gelbe Schlange, aus meinem madhuvanischen Mantel hervorspringen. Er glitt durch die Luft, die Zähne stachen bedrohlich hervor. Honri versuchte auszuweichen, doch Tordi biss in seine Pfote. Das Gift breitete sich schnell aus, und ich beobachtete, wie der Hund sich panisch eine Klinge griff und seine gesamte Pfote abtrennte, um dem Gift zu entkommen.

Der Hund wälzte sich vor Schmerzen auf dem Boden, doch in diesem Augenblick erschien Basili, der Leopard. Sein langer, grüner Umhang wehte hinter ihm, und sein scharfes Zepter glänzte bedrohlich. Auf seiner Tatze funkelte ein dunkelgrüner Ring, der zu leuchten begann.

„Lass uns sehen, wie du dich gegen mich schlägst“, sagte er und kam auf mich zu. Ich konnte seinen Angriff nicht vorhersehen und verstand ein paar Sekunden später auch warum. Eine der Wachen, ein riesiger Löwe in schwerer Rüstung, schwang sein scharfes Schwert auf Kopfhöhe des Leoparden. Doch er reagierte schnell: Mit einem kraftvollen Griff würgte er die Wache, und der Ring begann zu qualmen. Ein schwaches, grünliches Licht breitete sich aus, und die Lebensessenz des Löwen wurde von ihm entzogen, während der Finsterfluch aktiviert wurde. Schwarze Adern schossen im Nullkommanichts über die bereits ergraute Haut, bis die Wache zusammensackte und ihr das Leben entwich.

„Das ist der Ring aus Ivys Brief“, murmelte Rago, der sich nun ebenfalls dem Geschehen näherte.

Kaito, der sich auch in der Nähe befand, stimmte dem zu. „Dieser Ring wird eigentlich nur für das Ritual zum Extrahieren der Seelensteine verwendet...“

Basili drehte sich zum Greif. „Warum wart ihr auf Xandorath?“, fragte er. „Der Orden hat längst eine andere Basis, wir haben die Reste geholt, ihr wart zu langsam.“

„Die eigentliche Frage ist...warum bist du hier?“, hakte Kaito nach.

„Ich wollte auf Nummer sichergehen, ob die Gerüchte wahr sind.“

„Welche Gerüchte?“

„Dass du jetzt mit den Madhuvanern zusammenarbeitest“, antwortete der Leopard.

„Ich gehe meinen eigenen Weg“, erwiderte Kaito entschieden. „Mit dem Orden habe ich nichts mehr abzumachen.“

Ich ballte die Faust, die Wut stieg mir zu Kopf, weswegen ich Schritt für Schritt auf Basili zuging.

„Vorsicht! Dieser Gegner ist zu groß für einen Einzelkampf!“, warnte Kaito. „Er war nicht grundlos die Nummer 1 unter den hohen Tieren!“

Ohne Vorwarnung griff Rago ihn an. Doch der Leopard wehrte jeden Angriff ab, denn sein dunkelgrüner Ring neutralisierte Ragos Attacken mühelos. Der Affe, dessen eiserne Fäuste sonst jeden Rivalen mit Leichtigkeit besiegten, hatte einen natürlichen Feind gefunden. Dieser seltsame grüne Ring, mit dem man das Leben aus seinen Gegnern saugen konnte, ließ die Angriffe des Affen verpuffen, gar als würde man sich im Kampf verausgaben, aber der Ringträger dadurch gestärkt. Rago war sichtlich geschwächt und ging sogar auf die Knie, als würde die Lebensenergie in ihm für einen Moment schwinden.

Urplötzlich kam Kiwi von hinten angelaufen. Mit geschickten Bewegungen schnitt sie ein Stück von Basilis Mantel ab und stahl dadurch einen Navigationsstein. Er hat anscheinend nicht einmal wahrgenommen, dass sie ihn eben bestohlen hatte, und noch bevor er reagieren konnte, formte sie eine leuchtende Kugel um ihre Faust mit Hilfe des Lichts der Güte, und stieß den Leoparden unerwartet um. Aber kein Schaden war sichtbar, nicht einmal einen Kratzer hatte er davongetragen.

Wir drängten die restlichen Krieger des Ordens in kurzer Zeit zurück. Es stellte sich heraus, dass sie nicht so viele Kämpfer hatten, wie wir zunächst befürchtet hatten. Mit koordinierten Angriffen und unserem entschlossenen Einsatz zwangen wir sie zur Flucht. Doch gerade als wir dachten, wir hätten die Situation unter Kontrolle, erschien eine große Fledermaus. Sie schwebte herab und ergriff Basili und Honri mit ihren mächtigen Krallen, während die anderen Krieger zurückgelassen wurden. „Ihr werdet den Orden niemals vernichten!“, rief Basili mit einem finsteren Lachen in der Stimme, bevor die Fledermaus mit den beiden in der Luft verschwand.

Nachdem die Gefahr gebannt war, gruppierten wir uns neu. Nekhbet, der die Situation mit einem prüfenden Blick betrachtete, nahm den Navigationsstein von Kiwi. „Dieser Stein zeigt weder nach Xandorath noch in die Wüsten“, erklärte er. „Er weist zu den Sümpfen.“

„Das könnte bedeuten, dass der Orden dort eine neue Basis hat oder es sich um eine Täuschung handelt“, fügte Kaito hinzu.

Plötzlich trat Mengo, der Weise, mit einer ernsthaften Dringlichkeit hervor und sein Gesicht war von Entschlossenheit gezeichnet. „Wir haben keine Zeit zu verlieren“, sagte er, seine Stimme fest und bestimmt. Als er sprach, verteilte er Fruchtsteine an jeden von uns.

„Der Schaden an der Hauptinsel ist überschaubar. Wir können sie selbst wiederherstellen. Der Orden hat uns mit dieser Attacke nur durcheinanderbringen wollen, um uns von ihrem wahren Ziel abzulenken. Sie waren uns einen Schritt voraus, aber jetzt müssen wir uns auf die Wüsten konzentrieren. Rionn muss gefunden werden, und wir müssen weitere Mitglieder des Ordens auslöschen.“

Seine Worte ließen keinen Raum für Zweifel. Die Dringlichkeit seines Tons war ein unmissverständlicher Aufruf zum Handeln. Mit dem Wissen, dass jede Minute zählte, machten wir uns sofort bereit. Wir hatten keine Zeit zu verlieren, der Druck der Situation ließ kein Zögern zu.

Wir begaben uns zu einem der Ports und stiegen in das nächste Boot des Honey-Streams. Die wenigen Wüsten-Inseln, die an den inneren Ring der Welt von Umir angeschlossen waren, sollten unser Ziel sein. Während wir unsere Plätze einnahmen, setzten sich Nekhbet, Penji und Butzi hinter mich, Kaito dagegen - sein Gesicht von einem ernsten Ausdruck geprägt - ließ sich vor mir nieder. Ich hingegen drängte mich zwischen Kiwi und Hork, der seine wuchtige Gestalt auf dem hölzernen Sitz ausbreitete.

Die Zeit schien stillzustehen, als sich das Boot seinen Weg durch den dickflüssigen Honig bahnte. Die gewaltigen Glasröhren, die sich durch den Himmel schlängelten, reflektierten das Sonnenlicht und tauchten den Ausblick in ein schimmerndes Licht.

Hork schien vor Aufregung zu vibrieren. Seine mächtigen Flügel zuckten vor lauter Ungeduld, und er musste unbedingt einen Flachwitz loswerden. Er drehte sich zu mir und grinste breit. „Wisst ihr, warum der Honig so gerne Geschichten erzählt?“, fragte er und wartete auf unsere neugierigen Blicke. „Weil er immer süßes Zeug zu sagen hat!“ Er lachte über seinen eigenen Witz und schüttelte dabei seine gewaltigen Flügel, als ob er den Humor durch die Luft wedeln wollte. Seine Flachwitze waren so unlustig und stumpf, dass sie irgendwie doch lustig waren und die Stimmung auflockerten. Nur Kaito lachte nie darüber.

„Lies mir was aus der heiligen Shanti vor!“, bat er mich. „Ich habe das Gefühl, dass wir etwas Weisheit gebrauchen könnten, um die Zeit bis zu unserem nächsten Halt zu überbrücken!“

Ich nickte, erstaunt darüber, dass er sich für den Glauben wenigstens ein bisschen interessierte. Dann zog ich das goldene Buch hervor. Das Schimmern ließ es fast lebendig erscheinen, insbesondere als es sich von selbst aufschlug und an die richtige Stelle blätterte, sodass ich direkt daraus vorlesen konnte:

Vor vielen Jahrhunderten gab es zwei mächtige Völker, die in ständiger Fehde miteinander standen. Ihre Konflikte hatten über Generationen hinweg Blutvergießen und Zerstörung gebracht. Die Feindschaft zwischen ihnen war so tief verwurzelt, dass selbst die Legenden ihrer Vorfahren nicht mehr in der Lage waren, sie zu vereinen.

Ihre beiden Anführer, der weise Welo und der stolze Rubio, waren für ihre Stärke und ihren unerschütterlichen Willen bekannt. Ihre Auseinandersetzungen waren so erbost, dass sie die Erde selbst erzittern ließen. Die Schlachten zwischen ihnen waren legendär und schienen endlos.

Eines Tages, nach unzähligen Gefechten und vielen gefallenen Kriegern, trafen sich Welo und Rubio an einem Ort, der weder dem einen noch dem anderen Volk gehörte. Es war ein neutraler Boden, der von einem uralten Baum beschattet wurde. Dieser war so alt, dass seine Äste die Geschichten der Welt zu tragen schienen.

Welo und Rubio standen sich gegenüber, ihre Blicke durchdringend und ihre Körper vom Krieg gezeichnet. Doch anstatt sofort wieder in Streit zu geraten, beschlossen sie, den Rat des alten Baumes einzuholen. Die Stimme des Baumes klang wie das Rauschen des Windes durch die Äste und forderte beide Anführer auf, sich die Geschichte des jeweils anderen anzuhören. „Nur wenn ihr bereit seid, die Perspektive des anderen zu verstehen, könnt ihr eine Lösung finden, die beide Seiten zufriedenstellt“, sprach der Baum.

Zunächst waren Welo und Rubio skeptisch, doch schließlich nahmen sie Platz und hörten einander zu. Durch diese Gespräche erfuhren sie von den Ängsten und Beweggründen der anderen Seite. Langsam begann der Hass in ihren Herzen zu schwinden und machte Platz für Verständnis und Mitgefühl.

Am Ende fanden sie einen Kompromiss, der beiden Gruppen zugutekam. Sie beschlossen, in einem neutralen Gebiet zusammenzuleben und ihre Konflikte durch eine gemeinsame Versammlung zu regeln. Die alte Feindschaft wurde begraben und die beiden Völker begaben sich auf einen neuen Weg des friedlichen Zusammenlebens.

Als ich zu Ende gelesen hatte, schaute ich auf und sah, dass Hork nachdenklich war. Sein Glanz in den Augen verriet mir, dass die alte Weisheit des Buches auch in ihm etwas bewegt hatte. Diese Geschichte hatte uns nicht nur durch die Zeit getragen, sondern uns eine wertvolle Lektion über Verständnis und Kompromiss gegeben, die wir auf unserer Reise noch benötigen würden. Schließlich war Kaito bis vor Kurzem ein hohes Tier des Ordens, und wir mussten lernen, seine Sichtweise und etwaige Ressentiments zu respektieren, auch wenn er bisher überaus kompromissbereit war.

Während das Boot uns sanft über den Honig trug und wir in die Weiten der Wüste aufbrachen, lasteten viele Fragen auf mir. Warum hatte der Orden uns so plötzlich und aggressiv angegriffen? Was hat es mit der Hand des Ordens auf sich, und waren da noch weitere Mitglieder, die sich im Schatten hielten? Der Gedanke an Moxxi, mit der ich noch eine Rechnung begleichen musste, ließ mich nicht los. Ich fragte mich, wann und unter welchen Umständen ich sie wiedersehen würde.

In den Wüsten, die uns nun bevorstanden, ahnte ich, was uns erwarten könnte. Die trockenen Weiten, von staubigen Sanddünen und endlosen Sandflächen geprägt, schienen wie ein Labyrinth aus Schatten und Hitze. Was sich in den kargen, ausgedörrten Landschaften verbarg, konnte nur die Zeit zeigen. Doch eins war sicher: Die Wüste würde uns neue Herausforderungen bringen, und wir mussten bereit sein, ihnen mit allem, was wir hatten, zu begegnen.

Gleichgewicht

Stundenlang glitten wir auf dem Honey-Stream dahin, dem schimmernden, gläsernen Rohr, das uns gemächlich durch Umirs Wolken trug. Der stetige, sanfte Strom des Honigs wiegte uns fast in den Schlaf, und ich konnte sehen, dass meine Gefährten neben mir ebenfalls schwer mit den Augenlidern kämpften. Es dämmerte gerade, die ersten Sonnenstrahlen durchdrangen das dünne Morgengrauen, als sich am Horizont etwas Unerwartetes abzeichnete – eine Insel, oder besser gesagt, zwei schwebende Inseln, die ich so in Umir noch nie gesehen hatte. Ein Naturphänomen, dachte ich. Die eine Insel schwebte links, die andere rechts, beide verbunden durch eine Höhle, die wir alsbald durchqueren würden.

Der Anblick war übernatürlich. Auf beiden Seiten erhoben sich die Landmassen, von der Sonne in warmen Gelbtönen angeleuchtet. Die Inseln schwebten im Nichts, verbunden durch eine tiefe Höhle, durch die der Honey-Stream floss. Ich hielt inne, das Herz voller Ehrfurcht, und wies die anderen darauf hin. „Eine Doppelinsel?! So etwas haben wir nicht alle Tage!“

Als wir in die Höhle einfuhren, verdunkelte sich die Umgebung, und ein angenehmer Duft von Moos empfing uns. Das Wasser ringsum war in seichten, ruhigen Pfützen verteilt. Wir erreichten ein kleines Hafenbecken, einen natürlichen Port tief in der Höhle, an dem der Honey-Stream anhielt. Langsam stiegen wir aus und traten auf den sandigen Boden des Hafens. Dieser fühlte sich überraschend weich an. Die Luft war feucht und schwer, ein wenig stickig, als stünde die Zeit in diesem verborgenen Tunnel still.

Plötzlich waren wir von unzähligen Krabben umgeben. Sie waren beeindruckend, die grünen, blauen, gelben und roten Schalen schimmerten matt im Halbdunkel, und ihre gepanzerten Arme zeigten die Kraft, die in ihren Körpern ruhte. Die bunten Panzer wirkten fast wie eine natürliche Rüstung.

„Die sehen ja lustig aus!“, posaunte Hork heraus.

„Wo...wo genau sind wir hier eigentlich?“, fragte ich schließlich, den Blick durch die Höhle schweifend.

Eine rote Krabbe trat vor. Er war größer als die anderen und verbeugte sich leicht. Er sah mich aus seinen klugen, tiefgrünen Augen an und schien die Frage beinahe mit einem Anflug von Stolz zu beantworten: „Orinthia“, sagte er, seine Stimme ruhig, fast ehrfurchtsvoll. „Eine Insel, die ihre eigene Natur hat, einzigartig in ganz Umir. Viele Inseln in diesem Gebiet sind...besonders.“

Sein Blick glitt über die Höhle, als wollte er die Geschichte des Ortes selbst erzählen lassen. Mir kam eine neue Frage in den Sinn, eine, die ich nicht unterdrücken konnte, seitdem ich diese seltsame Formation aus zwei schwebenden Inseln erblickt hatte. „Warum ist es eine...Doppelinsel?“, fragte ich. „Das habe ich noch nie gesehen.“

Die Krabbe nickte nachdenklich, als hätte sie diese Frage erwartet. „Eine lange Geschichte. Es hat sich so gefügt, dass zwei Völker hier leben – auf der linken Seite wir Krabben, rechts die Wasserbüffel. Gemeinsam pflegten wir das Gleichgewicht, jeder auf seiner Seite der Insel, die über Jahrhunderte im Einklang standen.“ Ein Schatten glitt über seine Augen. „Doch dann kam der Orden. Sie nahmen die linke Seite für sich. Uns Krabben haben sie vor Kurzem gewaltsam vertrieben.“

Meine Wut stieg auf. „Der Orden!“, entwich es mir. „Schon wieder breiten sie ihr Netzwerk aus und infiltrieren Insel um Insel!“

Die Krabbe fügte hinzu: „Seit wir die linke Seite verloren haben, gibt es kaum noch Wasser für uns, in dem wir leben können. Stattdessen müssen wir hier unten in den Pfützen hausen.“

„Könntet ihr nicht vorübergehend bei den Büffeln leben? Gibt es dort kein Wasser?“, fragte ich, noch immer ungläubig angesichts der Kluft zwischen den beiden Seiten der Insel. „Die rechte Seite muss doch genug bieten?“

„Zu wenig“, erwiderte die Krabbe mit einem resignierten und gesenkten Blick. „Das Ökosystem ist gestört. Ohne uns Krabben auf der linken Seite, die das Wasser reinigen und die Algen kontrollieren, wird alles auf der rechten Seite verstopfen.“

Ein stiller Moment breitete sich aus, die feuchte Luft der Höhle schien schwerer zu werden. Doch bevor die Stimmung bedrückend wurde, hob die Krabbe wieder den Blick und schenkte uns ein sanftes Lächeln. „Mein Name ist Majus“, sagte er, und seine Stimme klang nun fester, beinahe feierlich. „Es ist mir eine Ehre, euch auf unserer Insel willkommen zu heißen.“

Majus machte eine einladende Geste und deutete den Weg an. Seine roten Scheren spiegelten das matte Licht der Höhle wider. „Kommt, lasst uns zur rechten Seite gehen. Dort könnt ihr euch ein eigenes Bild von der Lage machen.“

Ich nickte, und gerade als wir uns auf den Weg machen wollten, sagte Kaito plötzlich: „Wenn der Orden tatsächlich hier ist, möchte ich mir das ansehen. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass hier etwas nicht stimmt.“ Er warf seinem Bruder einen bedeutungsvollen Blick zu. „Hork, du kommst mit.“

Dessen Gesicht erhellte sich, seine Augen leuchteten vor freudiger Aufregung. Er nickte hektisch, fast vibrierend vor Spannung. „Natürlich! Das klingt spannend!“, rief er und wirkte dabei beinahe kindlich vor Freude.

„Seid ihr euch sicher?“, fragte Majus eindringlich. „Der Orden hat uns verjagt, als wären wir nichts weiter als Ungeziefer. Glaubt ihr wirklich, sie lassen euch einfach so passieren? Das ist unmöglich!“

Kaito winkte ab und lächelte selbstsicher. „Bis vor Kurzem war ich noch ein hohes Tier bei ihnen. Ich kenne ihre Pläne – ich kann mir nicht vorstellen, dass der Orden tatsächlich hier ist.“

Majus öffnete den Mund, um noch einmal etwas zu sagen, doch Hork kam ihm zuvor und legte ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter. „Vertrau meinem Bruder“, sagte er zu Majus mit einem leisen Lächeln. Die Krabbe zögerte, doch schließlich trat er einen Schritt zurück und gab den Weg frei.

„In Ordnung“, murmelte er leise und beobachtete, wie die beiden auf die linke Seite verschwanden.

Danach führte Majus uns durch die kühle, schattige Höhle zur anderen Seite. Die Wände der Grotte waren mit feinem Moos bewachsen, das in einem matten Grün leuchtete. Hier und da tropfte Wasser von der Decke in kleine, kristallklare Pfützen. Wir gingen auf einem leicht ansteigenden Pfad, der uns in sanften Kurven höher führte. Bald bemerkte ich weitere Krabben, die hier in der Dunkelheit ihrer Arbeit nachgingen – sie trugen Pflanzenreste oder reinigten das Wasser, ihre Schalen leuchteten in kräftigen Farben, die sich in den Schatten der Höhle verloren.

Schließlich gelangten wir zu einer Felsöffnung, die uns nach oben führte, und traten ins Licht hinaus. Ein blendendes Weiß und die sengende Hitze empfingen uns, im Kontrast zu der stillen, feuchten Frische der Höhle, die wir hinter uns gelassen hatten. Die Sonne stand bereits hoch am Himmel, und über uns wölbte sich ein strahlendes Blau, durchzogen von wenigen, rosa getönten Wolken, die sich über den Horizont erstreckten. Vor uns breitete sich ein großer See aus. Sein Wasser spiegelte das himmelblaue Licht und die zarten Rosatöne der Morgendämmerung.

Die rechte Seite der Insel war nicht groß, ihre sanften Hügel und flachen Ebenen überschaubar und in einem friedlichen Grün getaucht. Um den See herum dehnten sich saftige Wiesen und dicht bewachsene Uferstreifen, die im Licht fast wie ein glitzernder Teppich schimmerten. Einige Wasserbüffel standen im flachen Wasser am Ufer, ihre mächtigen, geschwungenen Hörner ragten stolz in die Luft. Sie wirkten völlig gelassen, fast als würde die Insel selbst sie in eine Art stilles Gleichgewicht wiegen.