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Ob aufgebrochener Opferstock, ein verschwundenes Erstkommunionkreuz, eine Brandstiftung in der Kirche, ein Überfall während des Gottesdienstes oder ein Einbruch im Pfarrhaus, kein Fall ist für die fünf Ministrantendetektive um die Zwillinge Ingo und Ina zu banal, zu schwierig oder zu gefährlich. Insbesondere Ingo und sein bester Freund Manuel stürzen sich mit Feuereifer und teilweise aberwitzigen Theorien in jeden Fall. Ingos Lieblingssatz lautet denn auch: Wäre das nicht ein Fall für die MiNiS, wie sich die fünfköpfige Detektiv-Truppe nennt, denn in diesem Namen sind nicht nur die Anfangsbuchstaben ihrer Vornamen enthalten, sondern sie bezeichnen auch das, was sie sind, Minis, also Ministranten. Da Ingo und Manuel manchmal reichlich unüberlegt an die Sache herangehen, ist es gut, dass es da auch noch die wesentlich rationaler denkenden drei Mädchen gibt, allen voran Ina, die energische Zwillingsschwester von Ingo, die nur selten ein gutes Haar an ihrem Bruder lässt und allzu schnell bereit ist, ein hohes Risiko einzugehen, wenn es um die Lösung eines Falls geht. Zusammen mit ihren Freundinnen, der eigentlich ängstlichen, aber bei Gefahr doch löwenherzigen Natascha und der ruhigen und überlegten Sandra, Tochter des Messmers, ergeben sie die perfekte Ergänzung für die beiden Jungen. Oft verbirgt sich hinter einem scheinbar banalen Vorkommnis ein durchaus komplizierter Fall, und es braucht viel Kombinationsgabe, um die Täter zu finden und zu überführen. Doch Vorsicht, manche der Täter sind alles andere als harmlos, und mitunter bekommen es die fünf Kinder auch mit echten Schwerverbrechern zu tun. Da kann es schnell mal richtig gefährlich werden, wenn die Jugendlichen mal wieder allzu wagemutig sind.
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Seitenzahl: 471
Veröffentlichungsjahr: 2021
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Für die ehemaligen Ministrantinnen und Ministranten von Obfelden,
ohne die diese Geschichten niemals entstanden wären.
Fall 1: Das aufgebrochene Opferkässchen
Erstveröffentlichung 2012
Fall 2: Das verschwundene Kreuz
Erstveröffentlichung 2012
Fall 3: Die verschwundene Madonna
Erstveröffentlichung 2012
Fall 4: Einbruch im Pfarrhaus
Erstveröffentlichung 2012
Fall 5: Raub beim Gottesdienst
Erstveröffentlichung 2013
Fall 6: Der verschwundene Schlüsselbund
Erstveröffentlichung 2014
Fall 7: Der Feuerteufel
Erstveröffentlichung 2013
Fall 8: (K)Eine schöne Bescherung
Erstveröffentlichung 2013
Fall 9: Die doppelten Sternsinger
Bisher unveröffentlicht
Fall 10: Verschwunden!
Erstveröffentlichung 2014
Fall 11: Taschendiebe beim Ritterturnier
Erstveröffentlichung 2014
Fall 12: Stups ist weg!
Bisher unveröffentlicht
Bonus-Geschichte:
Die MiNiS – Girls Only
Fall 1: Das Geisterhaus
Bisher unveröffentlicht
Die MiNiS – Girls Only
ist ein Ableger der
MiNiS-Reihe
: Die Geschichten drehen sich um Ina und Natascha von den MiNiS sowie Inas kleine Schwester Ilona. Hinzu kommen Inas und Nataschas Mitschülerin Manon und deren jüngere Cousine Sylvie.
Das Geisterhaus
ist zeitlich zwischen
Fall 11: Taschendiebe beim Ritterturnier
und
Fall 12: Stups ist weg
einzuordnen.
Anhang
Mit Worterklärungen
Die MiNiS, das sind die fünf Ministranten und Ministrantinnen Manuel, Ingo, Natascha, Ina und Sandra.
Der praktisch veranlagte Manuel ist ständig hin und her gerissen zwischen seiner Freundin Ina und seinem besten Freund Ingo. Ingo unterstützt er bei dessen Ideen, so abwegig sie auch sein mögen. Seine Eltern sind geschieden. Er hat einen kleinen Bruder mit Namen Andreas.
Ingo ist der Anführer der Gruppe. Sobald irgendetwas geschieht, das nur im Ansatz mysteriös zu sein scheint, wittert er einen neuen Fall, womit er den anderen manchmal ganz schön auf die Nerven geht. Verliebt ist er in die ein Jahr ältere Sandra, die seinen Avancen allerdings ablehnend gegenübersteht. Er hat zwei Schwestern, Ina und Ilona.
Natascha, die beste Freundin von Ina, ist ein zierliches Mädchen, sehr schüchtern und still, ein wenig ängstlich und vorsichtig. Sie stammt ursprünglich aus Russland. Ihre Mutter ist vor einigen Jahren verstorben. Natascha verfügt über eine gute Beobachtungsgabe, womit sie wertvolle Beiträge zur Klärung von Fällen leistet. Im Ernstfall kann sie zur wahren Löwin werden.
Ina, Ingos Zwillingsschwester, ist der eigentliche Kopf der Gruppe. Sie lässt nur selten ein gutes Haar an ihrem Bruder, ist sportlich, ein wenig draufgängerisch und klug. Häufig ist sie es, die den Tätern auf die Spur kommt. Mit ihrer Art und ihrer großen Klappe bringt sie sich immer wieder in Gefahr.
Sandra, die Tochter des Sakristans, ist die Vernünftige im Quintett. Sie ist nicht nur ein Jahr älter, sondern wirkt auch sonst erwachsener als ihre vier Freundinnen und Freunde. Von Haus aus fleißig ist sie durchaus in der Lage, im Bedarfsfall den Haushalt alleine zu stemmen.
Die Fälle spielen meist in Waldfelden, dem Wohnort der Kinder mit seiner Filialkirche, oder in Kaffalterbach, dem Hauptort der Pfarrei.
Bei ihren Fällen haben sie es mal mit Kindern und Jugendlichen, mal mit echten Verbrechern zu tun.
„Mann, seht euch an, wie das schneit! Da kommst du ohne Stiefel gar nicht mehr durch!“, rief Manuel, während er mit großen Augen zum Fenster hinausschaute.
„Oh nein, und ich habe meine besten Sneakers an“, stöhnte Ina, „die werden ja völlig durchweicht.“
„Selber schuld“, beschied sie ihr Zwillingsbruder Ingo mitleidlos. „Mama hat ausdrücklich gesagt, du sollst dir Stiefel anziehen, aber du wolltest ja nicht hören.“
Natascha sagte kein Wort, sondern sah sie nur mitfühlend an.
„Dann musst du sie halt zu Hause gleich ausstopfen“, meinte der praktisch veranlagte Manuel. „Das macht meine Mutter auch immer, wenn meine Schuhe nass werden.“
„Vielleicht taut der Schnee ja, ehe wir wieder nach Hause dürfen. Schließlich ist doch schon fast April und bald ist Ostern“, wollte Ina die Hoffnung, um nasse Schuhe herumzukommen, nicht ganz aufgeben.
Die fünfte Untiklasse hatte einen Religionstag im Pfarreizentrum in Waldfelden, um den Palmsonntag vorzubereiten. Seit dem frühen Morgen waren sie nun bereits da und bastelten zunächst mit ihren Religionslehrerinnen Palmsträuße und Palmbäume für den morgigen Gottesdienst. Im Anschluss an die Mittagspause hatten sie ein Palmsonntagsspiel einstudiert. Manuel freute sich besonders darauf. Er durfte den Jesus spielen und sogar auf einem Esel reiten. Zwischendurch hatte es Spaghetti zum Mittagessen gegeben und mittlerweile näherte sich die Zvieri-Pause ihrem Ende. Zu seinem Leidwesen hatten sie wegen des Schnees drinnen bleiben müssen, damit die Böden des Zentrums nicht versaut wurden.
Da trat plötzlich die Pastoralassistentin Frau Pfyffer zu ihnen. „Ina, Ingo, Natascha, Manuel! Könnt ihr kurz in die Kirche rübergehen und Sandra helfen? Bei der Marienstatue hat Herr Chilelli, unser Sakristan, in mehreren Kartons kleine Osterkerzen bereitgestellt, die wir selbst verzieren können.“
„Aber gerne, Frau Pfyffer“, antwortete Ina, ohne zu überlegen, denn sie mochte die Pastoralassistentin, die auch für die Ministrantinnen und Ministranten verantwortlich war.
Frau Pfyffer dankte ihr und begab sich umgehend zu einigen Mitschülern, um einen Streit zu schlichten.
„Aber gerne, Frau Pfyffer“, äffte Ingo seine Zwillingsschwester nach. „Wie war das mit deinen Schuhen?“
Inas Gesicht wurde lang und länger. Daran hatte sie nicht gedacht. Aber jetzt vor Frau Pfyffer einen Rückzieher machen wollte sie auch nicht. Wie sah das denn aus?
Die vier brachen auf. Am Haupteingang wurden sie von Sandra, der Tochter des Sakristans, erwartet. Diese war ein Jahr älter als sie und ging bereits in die 6. Klasse.
„Aber dass ihr mir ja keine Schneeballschlacht macht oder im Schnee herumtobt. Ihr geht rüber, holt die Kartons mit den Kerzen und kommt sofort wieder zurück“, rief ihnen Frau Pfyffer hinterher.
Nun zogen sich auch die Gesichter von Manuel und Ingo in die Länge, dass man hätte meinen können, jemand habe sie an Stirn und Kinn gepackt und den Kopf auseinandergezogen. Hatten sie doch genau das vorgehabt.
„So ein Mist!“, schimpfte Ingo.
„Du sagst es, Mann!“, brummte Manuel hinterher.
Natascha äußerte sich immer noch nicht.
So zogen sie also ihre Jacken über und stapften hinaus in den Schnee. Es war unglaublich, was für Schneemassen an diesem letzten Märztag herunterkamen. Der Schnee ging ihnen bereits bis über die Knöchel. Inas Schuhe, Strümpfe und Hosenbeine waren im Handumdrehen völlig durchnässt, was ihr ein paar wüste Schimpfworte entlockte. Manuel sah sie mit großen Augen an. So kannte er seine Freundin gar nicht.
Ingo blickte vielsagend zu ihm. „Du solltest sie mal zu Hause hören. Was die mir schon alles an den Kopf geworfen hat, da wird selbst ein Bierkutscher rot im Gesicht.“ Nach Meinung von Ingo kannten nämlich Bierkutscher die schlimmsten Schimpfwörter auf der ganzen Welt. Zumindest hatte er das mal gelesen.
„Sie wird schon wissen, warum“, mischte sich Natascha ein.
Ingo warf ihr einen strafenden Blick zu.
Endlich kamen sie an der Kirche an und gingen hinein.
„Klopft erst mal eure Schuhe ab!“, hielt Sandra sie auf, als sie einfach nach vorne marschieren wollten. „Ihr macht ja sonst alles dreckig.“
„Weiber!“, knurrte Ingo zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, gehorchte aber ebenso wie die anderen.
Dann trotteten sie nach vorne zur Marienstatue, die auf der rechten Seite seitlich vom Altarraum stand. Kein einziges Lichtlein brannte davor. Die Schneemassen hielten die älteren Leute, Mütter und ihre Kinder und all die anderen ab, die sonst während des Tages kamen, um eine Kerze vor der Maria anzuzünden und ein oder mehrere Gebete zu sprechen.
Sandra, Ingo, Manuel und Ina gingen schnurstracks zur Wand daneben, vor der einige Kartons standen. Auf einem Zettel, der daran geklebt war, stand 5.-Klass-Unti.
Seit ihre Mutter vor vier Jahren verstorben war, zündete Natascha immer, wenn sie in die Kirche kam, ein Opferlichtlein vor der Maria an und sprach ein Gebet. Als sie nun deshalb vor die Marienstatue trat, um einen Franken in das Opferkässchen zu werfen, stutzte sie. „Was ist denn mit der Kerzenkasse los? Die ist ja offen!“
„Vielleicht hat Herr Chilelli vergessen, sie abzuschließen“, meinte Ingo achselzuckend und nahm die erste Kiste mit Kerzen auf.
„Nee, bestimmt nicht. Mein Vater ist da ganz genau“, widersprach ihm Sandra.
„Hat er sicher nicht“, stimmte ihr Natascha zu. „Die wurde aufgebrochen. Seht doch, das Schloss ist kaputt!“
„Was?“, erstaunt trat Sandra neben sie.
Zum Beweis klappte Natascha die Kasse auf. Deutlich waren an dem verbogenen und verbeulten Türchen die Spuren von Gewalt zu erkennen.
„Geld ist auch keines mehr drin“, fügte Natascha hinzu. „Dabei habe ich erst gestern einen Franken hineingeworfen. Oder hat sie dein Vater seitdem geleert?“
Sandra schüttelte den Kopf. „Nein, das macht er jeden Sonntagabend, wenn er die Kirche abschließt.“
„Ist ja voll krass!“ Manuel hatte sich neben die Mädchen gestellt. Auch Ina und Ingo kamen nun herüber. Stumm sahen sich die Kinder die Bescherung an.
„Wir müssen die Polizei rufen!“, rief Ina aufgebracht.
„Ich weiß nicht, das wäre doch ein toller Fall für die MiNiS“, wandte ihr Zwillingsbruder ein.
„Spinnst du?“, beschied ihn seine Schwester.
„Wir müssen nach Spuren suchen“, erklärte Ingo, ohne Inas Einwurf zu beachten.
„Wie stellst du dir das denn vor?“, fragte Sandra. „Fingerabdrücke nehmen oder DNA-Tests machen können wir nicht. Und selbst wenn, womit sollten wir sie denn vergleichen?“
„Aber vielleicht gibt es ja auch noch andere Spuren?“, stand Manuel seinem Freund bei.
„Ich denke, ich habe auch schon welche gefunden“, erklärte Natascha und deutete nach unten.
Die anderen folgten ihrem Zeigefinger mit den Augen und sahen fragend auf den Boden.
„Was denn? Was meinst du?“, brach Ina schließlich das Schweigen.
„Mann, seid ihr blind? Da!“ Noch immer deutete Nataschas Finger nach unten.
Verständnislos sahen die anderen auf dem Steinboden umher. Außer einigen dunklen kleinen Schmutzlachen konnten sie nichts entdecken. Diese bildeten sich auch bereits an ihren Füßen, denn trotz allen Abklopfens tropfte geschmolzener Schnee von ihren Schuhen.
„Da ist doch nichts“, wagte Sandra einzuwenden.
„Was heißt hier nichts? Seht ihr denn nicht diese Schmutzlache? Die ist nicht von uns, die muss der Täter hinterlassen haben“, führte Natascha ungeduldig aus.
„Ja und? Selbst wenn, was nützt uns das?“ Manuel verstand nicht, was Natascha meinte.
Aber Ingo ging plötzlich ein Licht auf. „Mann, Tascha, du bist ein Genie. Das heißt, als der Täter gekommen ist, hat es bereits jede Menge Schnee gehabt, sonst wäre die Lache nicht so groß. Und dann können wir …“
„Draußen seine Spuren finden und im Schnee verfolgen“, vervollständigte Ina den Satz ihres Bruders.
„Dann sollten wir uns aber beeilen. So stark wie das schneit, ist da vielleicht jetzt schon nichts mehr zu sehen.“
Manuels Aufforderung war das Stichwort. Ohne sich weiter um die Kerzen, die sie holen sollten, zu kümmern, eilten sie in Richtung Ausgang, rissen die Kirchentür auf und sahen sich vor der Tür um.
Ingo frohlockte. „Habe ich es nicht gesagt? Das ist ein Fall für uns.“
Vor einiger Zeit hatten die fünf einen eigenen Detektivklub gegründet. Sie hatten sich auch einen Namen gegeben: die MiNiS. Einerseits waren dies die Anfangsbuchstaben ihrer Vornamen, anderseits aber waren sie das auch: Minis – als Abkürzung für Ministranten und Ministrantinnen. Bisher hatten sie allerdings nur nach verloren gegangenen Gegenständen gesucht oder aber nach verschwundenen Haustieren. Aber nun sah Ingo ihre große Stunde gekommen.
„Die sind nicht von dir, Sandra, oder?“, vergewisserte sich Ina vorsichtshalber.
Sandra schüttelte den Kopf. „Ich war vorher nicht in der Kirche.“
Ingo ging in die Hocke und besah sich den Schnee. „Jedenfalls ist eines ganz klar. Der Dieb muss zu unserer Klasse gehören. Die einzigen Fußspuren außer den unsrigen, die hier im Schnee zu sehen sind, führen vom Pfarreizentrum hierher und wieder zurück.“
„Wir sollten irgendwie Abdrücke von den Spuren nehmen“, überlegte Manuel, während er sich neben Ingo niederhockte.
„Das kannst du vergessen. Die Spuren sind schon halb zugeschneit. Wahrscheinlich sind sie bereits während der Mittagspause oder irgendwann danach, als jemand auf der Toilette war, entstanden“, wandte Natascha ein.
„Vielleicht können wir die Größe der Schuhe noch bestimmen“, überlegte Sandra.
„Selbst wenn, das wird uns kaum weiterbringen. Wir haben doch fast alle etwa die gleiche Schuhgröße“, gab Ina zu bedenken.
„Gehen wir erst mal rüber und berichten, was geschehen ist. Möglicherweise kommen wir dann weiter“, schlug Manuel vor.
Als Ingo und Sandra wenig später von dem Raub berichteten, schauten sich Ina, Natascha und Manuel ihre Mitschülerinnen und Mitschüler genau an. Konnten sie so Hinweise entdecken, wer es gewesen war? Reagierte jemand besonders aufgeregt oder gar ängstlich, oder gab sich jemand betont lässig? Etwas wirklich Auffälliges konnten sie allerdings nicht feststellen. Erst als Sandra von ihrer Schlussfolgerung berichtete, dass der Täter innerhalb der 5. Untiklasse zu finden sein musste, gab es heftige Reaktionen. Eine ganze Reihe der Schülerinnen und Schülern reagierte aufgeregt. Mirko wurde sogar richtig aggressiv, sprang von seinem Stuhl auf und wollte um den Tisch herumlaufen, an dem er saß.
„Das ist doch Sch…, was ihr da redet! Ihr wollt es nur wieder mir in die Schuhe schieben, weil ich schon mal geklaut habe. Aber ich war das nicht, und wer was anderes sagt, der …“
„Keine Gewalt, Mirko! Beruhige dich! Niemand beschuldigt dich! Und nun setz dich wieder!“, versuchte Frau Pfyffer, ihn zu beschwichtigen.
Ingos Blick sagte allerdings etwas ganz anderes aus. Aber Ingo war auch befangen. Mirko hatte ihn schon mehr als einmal heftig verdroschen und so wünschte sich Ingo beinahe, dass es sein alter Feind gewesen war.
Anna allerdings hatte einen ganz anderen Verdacht. „Bestimmt war es Majkell, der ist doch ein Ju…“
„Anna, ich will so etwas nicht hören!“, unterbrach sie Frau Pfyffer verärgert.
Aber die Diskussion war bereits ausgebrochen, die abenteuerlichsten Spekulationen wurden ausgesprochen. Jeder beschuldigte denjenigen oder diejenige, den oder die er oder sie am wenigsten leiden konnte. Sarah Anna, weil sie Joel mochte, der aber Anna gerne hatte. Joel Peter, weil dieser ihm einmal Tusche über sein Briefmarkenalbum gekippt hatte. Eric Manon, einfach nur, weil sie als Afroeuropäerin schwarz war und so weiter. Frau Pfyffer und die anderen Lehrkräfte waren völlig verzweifelt.
Da wurde es Natascha zu dumm. Sie holte tief Atem und brüllte los: „Ruuuuheeeee!!!!!“
Erschrocken verstummten alle und sahen sie erstaunt an. Noch nie hatte jemand die stille Natascha schreien hören und nun das!
„Seid endlich still!“, fügte sie ruhiger hinzu.
„Vielleicht war es ja auch Sandra“, zeigte sich einzig Anna unbeeindruckt. „Sie ist doch aus Italien. Oder Natascha, die ist doch Russin.“
Peter schlug sich an den Kopf. „Natürlich. So muss es sein. Ich sag nur, Mafia.“
„Jetzt ist es wirklich genug! Hört mit euren dummen und ausländerfeindlichen Beschuldigungen auf!“, mischte sich Frau Pfyffer wieder ein.
„Die haben doch angefangen!“, maulte Peter. „Wer ist denn gekommen und hat behauptet, es sei einer von uns gewesen?“
„Und das können wir auch beweisen!“, sagte Ina mit schneidender Stimme und hielt ihren Blick auf einen Schüler gerichtet. Genauer gesagt nicht auf den Schüler direkt. Sie schaute vielmehr auf seine Füße, die unter dem Tisch hervorsahen, an dem er saß.
„Oh ja“, stimmte ihr Sandra ernst zu.
Ingo und Manuel bauten sich vor ihm auf und sahen ihn grimmig an.
Natascha aber meinte leise: „Peter, ich versteh dich wirklich nicht. Warum? Ich meine, ihr habt doch Geld. Du kriegst doch mehr Taschengeld als jeder andere von uns.“
Erschrocken sah Peter sie an: „Wo…, woher wisst ihr …?“, stammelte er entsetzt.
„Ganz einfach. Den Spuren nach war nur eine einzige Person außer uns draußen, seit es so schneit. Und du hast eine wahrhaft eindeutige Spur hinterlassen“, antwortete ihm Ina lächelnd.
Zufrieden sahen sich die MiNiS an. Sie hatten ihren ersten Kriminalfall mit Bravour gelöst.
Wodurch konnten die MiNiS Peter als Täter überführen?
Zu Füßen von Peter hatte sich eine Schmutzlache gebildet, die zeigte, dass er draußen gewesen war.
„Das Kreuz ist weg!“, rief Manuel in einer Mischung aus Wut und Verzweiflung, als er aufgeregt aus dem Chilehuus in Waldfelden herauskam und sich zu seinen Kolleginnen und Kollegen gesellte, die sich mal wieder um den Dreieckstisch zwischen Kirche und Pfarreizentrum versammelt hatten. Eigentlich war der Tisch ja fünfeckig, doch da zwei Seiten lediglich ganz kurz waren, wurde der Tisch von den Kindern nur Dreieckstisch genannt.
„Was, das Kreuz in unserer Kirche über dem Altar? Oh mein Gott, das muss ich sofort meinem Vater sagen!“, rief Sandra, die Tochter des Sakristans, entsetzt.
„Quatsch! Doch nicht das Kreuz in der Kirche! So ein Blödsinn! Das kann man doch nicht so einfach mitnehmen. Nein, das Erstkommunionkreuz für meinen Bruder Andi ist weg. Gerade eben hat es mir Frau Brandner, die Leiterin der Erstkommunionvorbereitung, gesagt.“
„Das aus Ton zum Umhängen, das die Väter für die Erstkommunionkinder gemacht haben?“, erkundigte sich Ina.
„Genau, nur dass es nicht mein Vater gemacht hat, sondern ich. Mein Vater wohnt ja schon lange nicht mehr hier.“
Manuels Eltern hatten sich vor drei Jahren scheiden lassen und Manuels Vater hatte zudem noch einen Arbeitsplatz in der Ostschweiz angenommen und lebte jetzt dort. Die Kinder sahen ihn kaum noch. Selbst das monatliche Wochenende, das sie eigentlich bei ihm verbringen sollten, sagte er meistens ab, da er nie Zeit hatte.
„Oh, du Armer!“ Ina legte ihm die Hand auf die Schulter.
„Das kann doch nicht einfach weg sein“, mischte sich Natascha ein. „Bestimmt ist es nur verlegt worden.“
Manuel schüttelte den Kopf. „Frau Brandner hat die Kreuze gestern im Untizimmer zurechtgelegt und als sie heute Morgen alle noch mal für den morgigen Erstkommuniontag überprüft hat, war das für meinen Bruder nicht mehr da. Dabei habe ich mir solche Mühe gegeben, es besonders schön zu machen. Ich habe sogar einen Traubenstock darauf angebracht und Andi eingeritzt. Fast zwei Stunden habe ich für das Kreuz benötigt.“
„Und was machst du jetzt?“, fragte Ina mitfühlend. „Dein Bruder wird enttäuscht sein, wenn er als einziger kein Kreuz bekommt.“
„Ich weiß es nicht“, antwortete Manuel. „Ich würde ja noch mal eines machen, aber bis morgen wird das nicht mehr fertig. Man muss es ja auch noch brennen.“
„Was sagt denn Frau Brandner?“, erkundigte sich Natascha.
„Sie hat gemeint, Andi könne das Ansichtskreuz haben. Aber das ist einfach nicht dasselbe. Da steht ja nicht mal der Name drauf und, ach, dann ist es einfach nur irgendein Kreuz und nicht etwas Besonderes, was es ja eigentlich sein soll.“
Ina nickte. Sie konnte Manuel gut verstehen. Das Kreuz, das ihr Vater für sie zur Erstkommunion gemacht hatte, war für sie auch etwas ganz Besonderes.
„Dann gibts nur eines“, mischte sich Ingo ein, der das Leuchten in seinen Augen trotz des Ernstes der Lage kaum mehr verbergen konnte. „Das Kreuz muss wieder her. Wäre das nicht ein Fall für die MiNiS?“
Eine rein rhetorische Frage. Ingo hatte längst beschlossen, diesen Fall zu übernehmen. Die anderen sahen sich an.
„Probieren können wir es zumindest“, meinte Ina.
Sandra nickte. „Aber das wird schwer werden. Das Problem, ich sehe einfach kein Motiv.“
Ingo hielt sich nicht lange mit solchen Überlegungen auf, sondern war längst Feuer und Flamme. „Zunächst mal müssen wir herausbekommen, wer überhaupt die Möglichkeit hatte, das Kreuz zu stehlen. Wer hatte Zugang zu ihm?“
Manuel kratzte sich am Kopf. „Keine Ahnung! Fragen wir am besten Frau Brandner.“
„Die ist gerade gegangen“, warf Ina ein und deutete auf die Parkplätze, wo soeben ihr Auto ausparkte.
„Dann eben meinen Vater“, hatte Sandra eine andere Lösung parat. „Der hat einen Plan, wer wann wo drin war im Pfarreizentrum.“
„Dann los!“, forderte Ingo und rannte zum separaten Seiteneingang des Chilehuuses, der zum Sekretariat und zur Wohnung des Sakristans führte. Manuel und Sandra folgten unverzüglich. Nur Natascha und Ina blieben zurück und sahen sich an.
Natascha brach zuerst das Schweigen: „Ich versteh das nicht. Warum sollte jemand ein einfaches Tonkreuz stehlen? Und dann auch noch das von Manuel. Ich meine, auch wenn er sich Mühe gegeben hat, wir kennen ihn doch. Besonders schön sah das sicher nicht aus.“
„Es gab tatsächlich viel schönere Kreuze. Ich habe sie gesehen, als Frau Brandner sie gestern hergerichtet hat. Meine kleine Schwester hat doch morgen auch Erstkommunion“, erzählte Ina.
„Stellt sich erst recht die Frage: Warum ausgerechnet seins?“, wiederholte Natascha.
Ina wusste keine Antwort. Sie schaute auf ihre Füße. „Ich fürchte, es ist gar nicht gestohlen worden, sondern nur heruntergefallen und zerbrochen, vielleicht durch ein Versehen“, meinte sie nach einer kleinen Pause. „Und dann hat derjenige, dem es passiert ist, die Scherben einfach weggeworfen.“
Natascha nickte. Auch ihr erschien das als das wahrscheinlichste Szenario. Plötzlich schaute Ina wie elektrisiert: „Mann, äh, ich meine Frau! Das können wir vielleicht herausfinden.“
„Wie meinst du das?“, fragte Natascha erstaunt.
„Wir brauchen doch nur die Abfalleimer im Zentrum zu kontrollieren. Zu allererst den im Untizimmer. Aber vorsichtshalber auch die anderen.“
Natascha nickte eifrig. „Und unbedingt den großen Müll-Container. Gut möglich, dass der Betreffende die Scherben direkt dorthin entsorgt hat, damit man es nicht merkt.“
Die beiden machten sich umgehend ans Werk. Da die Eingangstür zum Chilehuus abgeschlossen war, fingen sie mit den Abfalleimern rund um das Kirchenzentrum an. Eine wenig appetitliche Angelegenheit. „Ih“ und „Igitt“ waren nur zwei der zahlreichen Ausdrücke, mit denen die beiden Mädchen ihr Unbehagen äußerten. Sie fanden zwar allerlei, was sie lieber nicht gefunden und schon gar nicht angefasst hätten, aber von dem Tonkreuz oder auch nur seinen Scherben fehlte jede Spur.
Während sie sich gerade am Letzten zu schaffen machten, kamen die anderen drei aufgeregt zurück. Sie stutzten, als sie Ina sahen, die sich gegen den Mülleimer gelehnt hatte und den Arm tief hineinsteckte, um den Müll daraus herauszufingern, den Natascha dann inspizierte.
„Was macht ihr denn da?“, fragte Ingo erstaunt.
„Nach was sieht’s denn aus?“, entgegnete seine Zwillingsschwester genervt.
„Du ..., du stierst im Müll!“
„Ach nee, wirklich?“, war der einzige weitere Kommentar dazu, den Ina sich entlocken ließ.
Als die drei anderen daraufhin völlig verwirrt herumstanden, erbarmte sich ihrer Natascha und erklärte ihnen ihre Suche.
Ingo nickte. „Okay, macht ruhig weiter damit. Wir gehen inzwischen die Verdächtigen verhören.“
Ina zog ihren Arm aus dem Mülleimer, betrachtete ihn angewidert und fragte: „Und wer sind die Verdächtigen?“
„Mein Vater sagt, nach Frau Brandner war gestern Abend nur Frau Pfyffer da, zusammen mit den Erstoberstüflern“, berichtete Sandra. „Frau Brandner hat bereits mit ihr gesprochen. Sie hat nichts bemerkt.“
„Aber wir haben die Namen derjenigen, die gestern anwesend waren. Es sind insgesamt neun Stück“, berichtete Manuel.
„Ihr könnt hier mit den Mülleimern weitermachen, während wir losziehen und sie verhören“, meinte Ingo großzügig. „Bei den meisten ist mir bekannt, wo sie wohnen.“
„Und bei den restlichen beiden weiß ich es“, ergänzte Sandra. „Wenn ihr drinnen in den Papierkörben nachsehen wollt, fragt einfach meinen Vater. Der ist heute den ganzen Tag hier und wird euch die Räume aufschließen.“
Nach diesen Worten machten sich die drei auf den Weg.
Ina und Natascha sahen sich an.
„Es hilft alles nichts. Die drei werden wohl kaum Erfolg haben. Machen wir also weiter!“, seufzte Ina.
Gesagt, getan. Mithilfe von Sandras Vater, der ihnen kurzerhand einen Schlüssel mitgab, mit dem sie die verschlossenen Räumlichkeiten aufsperren konnten, hatten die beiden bald auch alle Abfalleimer im Pfarreizentrum inspiziert. Das war lange nicht so unangenehm wie bei den überdachten und nur schwer zugänglichen Mülleimer draußen, aber genauso vergeblich. Nirgendwo war auch nur die kleinste Tonscherbe zu entdecken. Enttäuscht sahen sich die Mädchen an.
„Wenn der oder die Schuldige die Scherben nicht mitgenommen hat, gibt es nur noch einen einzigen Ort, wo sie sein können“, meinte Ina.
„Du sagst es, im großen Müll-Container“, hatte Natascha die gleiche Vermutung.
Die beiden rannten hinaus vor das Zentrum und begaben sich zu ihm. Er war höher als sie selbst. Ina konnte zwar mit viel Mühe den Deckel anheben, aber nicht hineinsehen. Mit großer Anstrengung gelang es ihr, dem Deckel so viel Schwung mitzugeben, dass er nach hinten kippte. Kurzerhand zog sie sich darauf am Rand des Containers mit den Armen hinauf und schaute hinein.
„Es sind sechs volle Säcke darin. Halt mich mal!“ Sie stöhnte angestrengt, während sie an dem Müllcontainer hing.
Natascha stützte sie von unten, während Ina vergeblich versuchte, nach einem der Säcke zu greifen.
„Sie sind zu tief. Ich komme nicht heran.“
„Dann gibts nur eines. Wenn die Säcke nicht zu uns kommen, müssen wir zu den Säcken.“ Natascha wirkte nicht wirklich begeistert.
„Uns bleibt auch nichts erspart“, seufzte Ina.
„Hilfst du mir?“, fragte Natascha ihre beste Freundin.
Ina sprang herab, trat hinter sie und während sie von unten schob, zog sich Natascha am Müllcontainer hoch und über den Rand, wo sie sich kurzerhand hineinfallen ließ und auf den Müllsäcken landete.
„Ih!“, tönte es von drinnen.
Ina nahm ein paar Schritte Anlauf, sprang, zog sich vollends hinauf und wälzte sich über den Rand, wo ihre Freundin sie vorsichtig in Empfang nahm. Zunächst einmal verschafften sie sich ein wenig Platz und verfrachteten alle Säcke auf eine Seite. Dann kauerten sie sich eng nebeneinander, schnürten jede einen Müllsack auf und untersuchten naserümpfend den alles andere als appetitlichen Inhalt. Jetzt wurde es besonders eklig, denn zum Teil befanden sich in den Säcken Lebensmittelreste von einer Feier vom letzten Wochenende. Diese Woche war dummerweise die Müllabfuhr ausgefallen.
Währenddessen langten die anderen drei bereits beim Zuhause des zweiten Verdächtigen an. Die erste Verdächtige hatten sie nicht zu Hause angetroffen. Adrian wohnte in einem Wohnblock in der Bodenackerstrasse. Sie brauchten nicht bei ihm zu klingeln. Er lungerte mit einer Schar Jugendlicher, darunter mit Sebastian und Zeljko sowie Aniko, Anita und Seraina fünf weiteren der gesuchten Schülerinnen und Schüler der 1. Oberstufe, vor dem Haus herum.
Mutig ging Manuel auf sie zu. „Hallo Leute, wir hätten da eine Frage an euch.“ Acht Augenpaare wandten sich ihm eher gelangweilt zu.
„He, Kleiner, siehst du nicht, dass wir beschäftigt sind?“, brummte Sebastian.
Danach sah es eigentlich nicht aus.
„Ist ganz schnell vorüber. Gestern ist im Chilehuus etwas weggekommen“, erklärte Ingo.
Keine Reaktion.
„Eines der Kreuze für die Erstkommunion, das für meinen Bruder, ist verschwunden“, ergänzte Manuel.
„Ja und? Was hat das mit uns zu tun?“, fragte Aniko.
„Ihr wart doch gestern im Untizimmer, in dem sie waren. Habt ihr viel…?“
Weiter kam Ingo nicht. Drohend baute sich Adrian vor ihm auf und packte ihn am Kragen. „Junge, pass auf, was du sagst!“ Und er hielt ihm die Faust vor die Nase.
Manuel wollte ihm zu Hilfe kommen, wurde aber von Sebastian und Zeljko daran gehindert, die rasch aufsprangen und ihm den Weg versperrten.
Da mischte sich Sandra ein, die sich bisher zurückgehalten hatte. Sie stellte sich mutig vor Adrian und sagte: „Regt euch ab, wir wollen euch doch nur fragen, ob ihr was mitbekommen habt? Vielleicht habt ihr ja was gesehen?“
Adrian musterte die hübsche, großgewachsene Sechstklässlerin mit ihrem langen, dunklen lockigen Haar. Noch immer sehr aggressiv fuhr er sie an: „Wir haben damit nichts zu tun! Und wer was anderes sagt, dem hau ich die Zähne ein, dass das klar ist!“
Ingo schluckte. Adrians Faust befand sich immer noch dicht vor seinem Gesicht. Sandra wandte sich an die anderen: „Und ihr, habt ihr vielleicht was gesehen?“
Einen Augenblick herrschte Schweigen. Irgendwie unangenehm berührt schauten die Jugendlichen zur Seite.
Dann raffte sich Aniko mit einem vorsichtigen Blick auf Adrian zu einer Antwort auf: „Wir wissen nichts. Wir haben nichts mitbekommen.“
Sandra hatte das Gefühl, dass sie log. Aber das brachte sie im Augenblick nicht weiter. Jetzt galt es erst mal, hier heil wieder wegzukommen. Sie bedankte sich für die große Hilfe, die sie von ihnen erhalten hätten, was Adrian zögernd veranlasste, Ingo loszulassen. Darauf machten die drei, dass sie möglichst viel Land zwischen sich und die Jugendlichen brachten.
„Was meint ihr, wars einer von ihnen?“, fragte Ingo gespannt.
„Bestimmt Adrian, so wie der auf dich los ist“, war Manuel überzeugt.
Sandra zuckte mit den Achseln. „Ich weiß nicht. Geklaut hat er das Kreuz bestimmt nicht. Was sollte er damit?“
„Ich bin trotzdem sicher, dass er’s war“, beharrte Manuel.
„Selbst wenn, von dem kriegen wir’s sicher nicht wieder. Denn ich werde es ganz bestimmt nicht zurückfordern“, meinte Ingo.
Sandra schüttelte den Kopf: „Ob es einer von ihnen wirklich war, kann ich nicht sagen. Aber auf alle Fälle verbergen sie was vor uns.“
Nach einigem Hin und Her beschlossen sie, den nächsten Verdächtigen auf ihrer Liste aufzusuchen.
„Fehlanzeige.“
Enttäuscht sah Ina ihre Freundin an. Sie waren umsonst in den Müllcontainer geklettert. Auch in den Müllsäcken fand sich keine Spur von dem Tonkreuz.
„Dass ich das erleben darf“, meinte da eine Stimme. „Ina und Natascha haben endlich ihr ideales Zuhause gefunden. Bildet ihr da drin jetzt eine WG?“
Lautes Gelächter antwortete auf Ingos spottende Einlassung. Er hatte sich auf den Rand des Müllcontainers gezogen und sah auf die beiden Mädchen herunter.
Ärgerlich fuhr seine Zwillingsschwester Ina ihn an: „Halt die Klappe und hol uns lieber hier raus!“
Unter weiteren dummen Bemerkungen hievten Manuel und Ingo die beiden Mädchen aus dem Container. Wenig später saßen die fünf an dem Dreieckstisch neben der Kirche, wobei Ingo, Manuel und Sandra einen gehörigen Abstand zu den beiden Mädchen hielten.
„Ihr beide stinkt absolut bestialisch!“, hatte ihnen Sandra naserümpfend verkündet.
Leider mussten Ina und Natascha ihr recht geben.
Die Jungen berichteten von ihrem Erlebnis mit Adrian und seinen Freundinnen und Freunden. Ina hielt ihr Verhalten ebenfalls für sehr verdächtig.
„Und was ist bei den anderen drei herausgekommen?“, erkundigte sich Natascha.
„Nichts“, beschied sie Sandra. „Nathalie und Francesca waren nicht zu Hause und Miro wohnt nicht mehr dort. Da war doch neulich dieser Brand in dem Wohnblock in der Dorfstrasse. Das war bei ihm.“
„Aber das ist dennoch kein Problem. Wir werden sie noch heute alle drei sprechen.“ Manuel lächelte sie wissend an.
„Wieso bist du dir da so sicher?“, fragte Natascha erstaunt.
Ina ging gerade ein Licht auf. „Die Probe, natürlich. Heute Nachmittag ist doch Erstkommunionprobe.“
„Und was hat die Probe mit ihnen zu tun? Von denen hat bestimmt keiner Erstkommunion“, verwirrt sah Natascha der Reihe nach ihre Kolleginnen und Kollegen an.
Manuel grinste breit: „Das nicht, aber die drei sind alle wie wir selbst Ministranten. Und wie es der Zufall so will, sind sie alle für morgen eingetragen. Und das bedeutet …“
„Sie kommen heute zur Erstkommunionprobe“, ergänzte Ingo.
„Mann, die Probe! Die hätte ich fast vergessen. Da muss ich ja auch hin!“, rief Natascha erschrocken und schlug sich gegen die Stirn.
„Wir alle“, bestätigte Ingo.
Insgesamt hatte Pater Gregor neun Ministrantinnen und Ministranten für diesen feierlichen Anlass aufgeboten. Darunter nicht nur die drei Verdächtigen, sondern auch die fünf MiNiS.
„Vorher solltet ihr aber noch unbedingt duschen“, erinnerte sie Sandra. „Ihr wisst ja, ihr beide stinkt …“
„Bestialisch. Ja, ja, wissen wir“, unterbrach sie Ina genervt.
Wenig später machten sie sich auf den Heimweg.
Zwei Stunden später waren sie alle wieder zurück. Die Aula des Pfarreizentrums war gut gefüllt. Die fünf MiNiS, vier weitere Minis, etwa dreißig Kommunionkinder, Frau Brandner, einige weitere Katechetinnen und Pater Gregor. Während die Katechetinnen die Erstkommunionkinder sich in Zweierreihen aufstellen ließen, erklärte ihnen Pater Gregor, welche Dienste zu vergeben waren. Viel gab es dieses Mal für keinen zu tun, dazu waren sie zu viele. Fünf der Ministrierenden sollten vor den Erstkommunionkindern laufen, vier dahinter. Sandra und Ina wollten miteinander das Geld bei der Kollekte einsammeln.
Natascha fragte: „Machen wir zusammen die Kerzli, Miri?“
„Kannst du vergessen. Ich muss das Kreuz tragen“, entgegnete Miro.
„Ich meine doch nicht dich, sondern Miranda.“
Kopfschüttelnd sah Natascha an dem großen Jungen hinauf. Das war doch wohl logisch, dass sie nicht ihn gemeint hatte, sondern ihre Klassenkameradin Miranda.
„Musst du zu meiner Schwester immer Miri sagen?“, fuhr sie darauf Miro an. „Das tut sonst niemand. Genau deshalb, damit nicht ich mich angesprochen fühle, blöde Zicke!“
Natascha streckte ihm als Antwort die Zunge heraus.
„Du darfst es ihm nicht übel nehmen“, sagte Miranda leise zu ihr. „Seit dem Brand ist er ziemlich mies drauf. Wir haben wirklich gar nichts mehr. Alles ist verbrannt, unsere Kleider, unsere Spielsachen, unsere Möbel, Fotos, einfach alles, sogar mein Schmuck ist geschmolzen.“
Bei diesen Worten traten Miranda die Tränen in die Augen. Sie tat Natascha unendlich leid. Das musste furchtbar sein.
„Und wo wohnt ihr jetzt?“, fragte Ina.
„Vorübergehend bei meiner Tante Susi“, antwortete Miranda.
Manuel und Ingo verschoben die Befragung von Miro angesichts dessen schlechter Laune lieber auf später. Die Reaktion von Adrian war ihnen noch allzu sehr in Erinnerung. So wandten sie sich stattdessen an Nathalie.
„Du, Nathalie, ihr habt doch gestern Unti gehabt. Ist dir da etwas aufgefallen?“, fragte Ingo.
Nathalie sah ihn befremdet an: „Was soll mir denn aufgefallen sein? Es war wie immer, wie halt Unti so ist.“
„Hast du vielleicht bemerkt, ob jemand an den Kreuzen war?“, präzisierte Manuel. „Es ist nämlich eines weggekommen.“
Nathalie zögerte einen Augenblick. „Bei den Kreuzen? … Nee! … Nicht dass ich wüsste“, kam die Antwort ein wenig stockend und gedehnt.
Misstrauisch geworden blickten die fünf MiNiS sie an.
„Was starrt ihr so blöd? Ich weiß nichts! Und jetzt lasst mich in Ruhe!“, beschied sie Nathalie daraufhin ein wenig genervt.
So wandte sich Sandra an Francesca: „Hast du vielleicht etwas mitbekommen?“
„Nicht direkt“, antwortete Francesca ausweichend.
„Was meinst du mit nicht direkt?“, bohrte Sandra nach.
Francesca gab sich einen Ruck. „Also gut. Adrian und Konsorten haben sich eine Verfolgungsjagd geliefert, eine ziemlich wilde, quer durch den Raum. Dabei hat Adrian Nathalie voll gegen das Regal geknallt, auf dem auch die Kreuze lagen. Mann, das hat vielleicht gescheppert.“
„Und ist da vielleicht ein Kreuz runtergefallen und zu Bruch gegangen?“, schaltete sich Ina ein.
Francesca zuckte mit den Achseln: „Es hat schon Scherben gegeben, aber aus Glas. Eine Blumenvase ist runtergefallen und zerbrochen, aber von einem zerbrochenen Kreuz habe ich nichts bemerkt.“
„Bist du dir sicher?“, vergewisserte sich Sandra.
„Was heißt sicher? Jedenfalls habe ich keine Tonscherben gesehen.“
„Aber ich bin mir sicher“, mischte sich Miro ein. „Ich habe nämlich die Scherben weggeräumt, damit Frau Pfyffer nichts merkt. Da war nur Glas. Adrian hat extra noch im Regal nachgesehen, ob sonst noch etwas kaputt gegangen ist.“
Ein Klingelton zerriss die Stille. Augenblicke später ging Nathalie ran. „Andreas, du? Wie schön, dass du anrufst. Du willst mit mir ins Kino gehen, heute Abend? In einen Gruselfilm? Ob ich mich fürchte? Wenn du dabei bist und mich beschützt, dann nicht!“
Die anderen Ministrantinnen und Ministranten grinsten.
Francesca flüsterte: „Ihre neue Flamme. Andreas aus der 3. Oberstufe.“
„Oh, du bist ja so süß. Natürlich trage ich dein Kettchen“, sprach Nathalie ins Telefon.
Es folgte noch mehr Süßholzgeraspel. Mindestens zehn Mal bezeichnete Nathalie ihren Freund als süß. Nach fünf Minuten kam sie zum Ende: „Du, ich muss Schluss machen, wir haben jetzt Probe. Bis heute Abend. Kisses!“ Und sie spitzte tatsächlich die Lippen zum Kuss und küsste beinahe das Smartphone. Dann seufzte sie wohlig.
Ingo veräppelte sie postwendend. Er nahm demonstrativ sein Handy aus der Tasche und stöhnte: „Oh, du Süßer, oh, gib’s mir, oh, Kisses!“ Und er küsste sein Handy.
Mit feuerrotem Gesicht kehrte Nathalie ihm den Rücken zu und schimpfte: „Idiot!“
Die anderen Ministrierenden bogen sich vor Lachen.
Sandra beendete die peinliche Situation für Nathalie, indem sie mit einem Blick auf die Kommunionkinder, von denen die meisten immer noch wild durcheinander standen, sagte: „Ich glaub, das gibt was Längeres. Schauen wir uns doch die Kreuze der Erstkommunionkinder an.“
Sie ging in das offenstehende Untizimmer hinein, die anderen folgten ihr. Die Kreuze lagen nun den Erstkommuniongruppen nach in Körben und standen auf einem Tisch bereit.
„Wow, ist das schön“, sagte Francesca und deutete auf ein Kreuz, auf dem bis ins kleinste Detail ein Weinstock mit zwei vollen Trauben abgebildet war.
Die anderen gaben ihr Recht und Miranda sagte mit belegter Stimme: „Früher hatte ich auch ein schönes Kreuz, aber jetzt …“ Sie seufzte.
Pater Gregor rief sie heraus. Die Erstkommunionkinder standen nun alle zwei und zwei hintereinander. Manuel, Ingo, Nathalie und Francesca begaben sich nach hinten, während die anderen fünf sich vorne aufstellten. Ganz vorne bei den Erstkommunionkindern stand Inas kleine Schwester Ilona und schaute mit glänzenden Augen zu Ina hoch. Das Schlusslicht bildete Manuels Bruder Andi. Dieser schaute ganz betrübt. Frau Brandner, die ihn soeben verließ und zu Natascha, Sandra und Ina nach vorne kam, beobachtete, wie Manuel den Arm um seinen kleinen Bruder legte und wohl tröstend auf ihn einsprach.
„Gut, dass Manuel sich um ihn kümmert“, murmelte Frau Brandner. „Ich habe ihm gerade eröffnet, dass sein Kreuz leider verschwunden ist und er morgen keines bekommen kann.“
Natascha wunderte sich. Hatte ihm das Manuel nicht erzählt?
Ina schien zu wissen, was Natascha dachte, denn sie flüsterte: „Er hat es einfach nicht übers Herz gebracht, ihm das zu sagen. Außerdem hat Frau Brandner gemeint, das wolle sie selbst tun.“
„Sei nicht traurig, Andi“, sagte Miro leise. „Bald bekommst du auch eines, ganz bestimmt.“
Dann fing endlich die Probe an. Zuerst übten sie den Einzug. Dann folgte der weitere Gottesdienst. Die Ministrantinnen und Ministranten langweilten sich bald. Die Probe dauerte endlos. Sie hatten während dieser nicht viel zu tun.
„Mann, warum müssen wir heute eigentlich dabei sein?“, flüsterte Ina ihren Freundinnen zu. „Das hätte doch gereicht, wenn wir morgen etwas früher gekommen wären. Der größte Teil betrifft uns doch gar nicht.“
Sandra gab ihr völlig recht.
Natascha sagte nichts. Sie ging im Geist noch einmal den heutigen Tag durch. Irgendetwas hatte sie heute gesehen oder gehört, was sehr wichtig für den Fall mit dem verschwundenen Kreuz war. Da war sie sich ganz sicher. Sie kam nur im Moment einfach nicht darauf.
Endlich endete die Probe. Ingo, Ina und Manuel wollten ihre kleinen Geschwister nach Hause begleiten.
Da fuhr Natascha plötzlich wie elektrisiert zusammen. „Ich Idiotin! Natürlich.“
Sie rannte hinter Francesca her, die noch in der Nähe stand und hielt sie auf. Dann sprachen sie kurz miteinander. Francesca nickte dazu. Grinsend kam Natascha Augenblicke später zurück.
Erstaunt sah Ina sie an. „Was ist denn?“
„Später!“, vertröstete sie Natascha. „Bringt erst einmal eure Geschwister heim und kommt dann wieder her. Ich habe da etwas ganz Wichtiges.“
„Hast du …?“, fragte Manuel erregt.
Aber Natascha deutete auf Andi und schüttelte den Kopf. Manuel verstand. Offenbar hatte Natascha eine Idee, war sich aber nicht sicher. Deshalb wollte sie Manuels kleinem Bruder keine womöglich falschen Hoffnungen machen.
Die Kinder verabschiedeten sich voneinander. Nur Sandra blieb mit Natascha zurück. Während sie warteten, versuchte Sandra aus Natascha herauszuholen, was sie entdeckt hatte. Aber Natascha ließ sich kein Wort entlocken, sondern vertröstete sie immer wieder auf später.
Endlich war es soweit. Zuerst kam Manuel und wenig später langten auch Ina und Ingo bei ihnen an.
„Also, was gibts? Was hast du herausgefunden?“, fragte Ingo ein wenig atemlos. Er und seine Schwester waren den ganzen Weg zurückgerannt.
„Ich glaube, ich weiß, wer das Kreuz verschwinden ließ.“
Gespannt sahen alle sie an. Da nannte Natascha ihnen den Namen und sie führte auch die Gründe an, die sie von der Schuld der betreffenden Person überzeugt hatten.
Am Ende nickte Ina. „Ich glaube, du hast recht. So muss es gewesen sein.“
Die anderen stimmten zu.
„Und was machen wir jetzt?“, fragte Sandra.
„Jetzt? Jetzt gehen wir gemeinsam hin und konfrontieren unseren Verdächtigen mit den Beweisen. Was denn sonst?“, entgegnete Manuel grimmig.
„Meinst du nicht, das könnte gefährlich sein?“, fragte Natascha vorsichtig.
„He, Leute, immer mit der Ruhe. Wir sind zu fünft. Das schaffen wir schon“, beruhigte sie Manuel. „Im Bedarfsfall können wir ja immer noch Frau Pfyffer holen.“
Minuten später klingelten sie an einer Tür, die gleich darauf geöffnet wurde.
Überrascht rief eine Stimme: „Was wollt ihr denn hier?“
Manuel fuhr ihn grimmig und geradezu überfallartig an: „Wir wissen, dass du es warst! Du hast das Erstkommunion-Kreuz meines Bruders geklaut! Rück es gefälligst wieder raus!“
„Was …, was redet du denn da? Seid ihr verrückt geworden?“
„Leugnen ist zwecklos!“, rief Ingo. „Wir haben erdrückende Beweise.“
Natascha verdrehte die Augen. Erdrückend waren ihre Beweise nicht gerade. Es handelte sich eher um eine begründete Ahnung.
Bevor der Verdächtige etwas entgegnen konnte, mischte sich eine weitere Stimme von hinten ein: „Ist das wahr? Hast du wirklich das Kreuz von Manuels kleinem Bruder geklaut?“
„Das hat er“, bestätigte Natascha. „Ich glaube, er möchte es dir schenken, weil du so traurig bist. Es steht doch Andi darauf.“
„Wenn das wahr ist, dann gib es sofort zurück! Ich will es nicht! Wie kannst du einem kleinen Kind sein Erstkommunionkreuz wegnehmen? Glaubst du wirklich, du kannst mir eine Freude damit machen, wenn du einen kleinen Jungen dafür todunglücklich machst?“
Streng schaute Miranda ihren großen Bruder an.
Miro blickte betreten zu Boden. „Also gut“, sagte er dann. „Wartet, ich hol es!“
Nicht einmal eine Minute später kam Miro wieder zurück. „Es tut mir leid. Meine Schwester war so traurig, weil wir doch alles verloren haben. Besonders hat sie ihr Erstkommunionkreuz vermisst. Und als ich da gestern das Kreuz mit dem Namen Andi darauf gesehen habe, da hats bei mir einfach ausgesetzt. Da habe ich nur noch gedacht, mit dem Kreuz kann ich Miranda wieder froh machen.“
„Aber Miro, das Kreuz war doch nichts Besonderes für mich, weil Andi darauf stand, sondern weil Papa es für mich gemacht hat, bevor er letztes Jahr gestorben ist. Dieses Kreuz wäre niemals dasselbe gewesen.“ Miranda kullerten die Tränen über die Wangen, als sie das sagte.
Miro nickte: „Ich weiß, es war eine dumme Idee.“
Er gab es Manuel zurück. Dieser sah es glücklich an.
Miro hatte allerdings noch eine Frage: „Wie seid ihr auf mich gekommen? Es hat mich doch niemand gesehen, als ich es genommen habe.“
Natascha grinste. „Es waren vier Dinge, die mich darauf gebracht haben. Eigentlich habe ich ja zuerst gedacht, es sei Adrian gewesen. Ich dachte, es sei zerbrochen, als er Nathalie gegen das Regal geschubst hat. Insbesondere als du erzählt hast, er habe im Regal nachgesehen, ob sonst etwas kaputt sei. Aber obwohl wir sämtliche Mülleimer durchsucht hatten, hatten Ina und ich keine Scherben gefunden. Und ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass Adrian die Scherben mitgenommen hätte. Also musste es doch jemand gestohlen haben. Und da habe ich mich gefragt, wer ein Motiv haben könnte. Einen Augenblick habe ich an Nathalie gedacht, weil doch ihr neuer Freund auch Andreas heißt. Aber der hätte so was nie gewollt. Als wir dann aber die Kreuze angesehen haben, war Miranda ganz traurig, weil ihres bei dem Brand zerstört worden war. Trotzdem wäre ich niemals auf dich gekommen, wenn du nicht, als wir uns aufgestellt haben, gesagt hättest, Andi würde ganz bestimmt auch eines bekommen. Zuerst habe ich mir nichts dabei gedacht. Ich dachte, du hättest das zu Manuels Bruder Andi gesagt. Doch dann ist mir plötzlich aufgegangen, dass das gar nicht sein konnte. Andi stand ja viel zu weit weg und konnte dich gar nicht hören, so leise wie du gesprochen hast. Du musstest also jemand anderes gemeint haben. Und dann ist mir plötzlich eingefallen, wie du dich aufgeregt hast, als ich deine Schwester Miri genannt habe. Was, wenn du deine Schwester nicht mit Miri abkürzt, sondern mit Andi? Das war zwar nicht gerade naheliegend, aber möglich. Da habe ich Francesca gefragt, ob du deine Schwester Andi nennen würdest. Sie hat es bestätigt. Damit war alles klar.“
Eine Woche später sollte Miranda doch noch ein Tonkreuz mit dem Namen Andi bekommen. Miro hatte es selbst angefertigt.
„Mann, seht euch das an!“, rief Manuel mit aufgeregter Stimme und deutete auf die aufgeschlagene Zeitung, die vor ihm auf dem großen Tisch lag.
„Was ist denn?“, fragte seine neben ihm sitzende Freundin Ina und beugte sich zu ihm, während ihr Zwillingsbruder Ingo sich von der anderen Seite auf den Tisch legte.
„Da hat jemand aus dem Kunsthaus, in dem wir vorgestern mit der Schule waren, einige wertvolle Bilder gestohlen.“
„Und deswegen machst du so einen Aufstand?“, fragte Ina gelangweilt, schloss die Augen und lehnte sich wieder gegen Sandra, die hinter ihr stand und erneut begann, ihr Schultern und Nacken zu massieren.
„Ach, das sind ja diese komischen Bilder, diese hässlichen Teile. Wie doof muss man sein, um so was zu klauen?“, wunderte sich Ingo lachend.
Sandra, die ebenfalls einen Blick auf die Zeitungsseite geworfen hatte, auf der zwei der gestohlenen Bilder abgebildet waren, blitzte ihn wütend an. „Was redest du da für einen Stuss? Das eine Bild ist von Salvador Dali und das andere von Kandinsky, das sind wahre Meister der Klassischen Moderne.“
„Mann, hast du gute Augen“, staunte Manuel. „Auf die Entfernung könnte ich die Namen in dem kleinen Zeitungstext nicht lesen.“
„Die brauche ich nicht zu lesen. Diese Bilder kenn ich auch so.“
„Muss man die kennen, ich meine die Maler?“, fragte Ingo.
„Nee, sicher nicht“, befand Ina.
„Doch, muss man! Das sind ganz berühmte Künstler. Diese Bilder sind ungeheuer viel wert, wahrscheinlich sogar mehrere Millionen.“
„Mehrere Millionen? Für diesen Schrott?“, fragte Manuel fassungslos.
„Ich glaub, ich bring denen mal Zeichnungen von mir vorbei, darauf erkennst du mehr“, meinte Ina. „Vielleicht bekomm ich dann auch ein paar Millionen?“
Verärgert griff Sandra fester zu, sodass Ina ein Schrei entfuhr und sie sich aus Sandras schmerzhaftem Griff entwand. „Aua, nicht so stark!“
Sandra aber schimpfte: „Schrott? Deine Zeichnungen? Sagt mal, habt ihr sie noch alle? Was seid ihr nur für Banausen!“
„Wir sind keine Bananen!“, protestierte Ingo empört.
„Bananen nicht, dazu seid ihr nicht gelb und krumm genug, aber Banausen“, antwortete ihm Sandra, dann musste sie grinsen. Sechs große Kinderaugen richteten sich auf die ein Jahr ältere Sechstklässlerin.
„Und was sind Banausen?“, stellte schließlich Ina die unvermeidliche Frage.
„Genauer gesagt seid ihr Kunstbanausen und das bedeutet: Ihr habt keinerlei Ahnung von und Verständnis für Kunst“, erklärte Sandra mit Nachdruck.
Manuel zuckte mit den Schultern. „Von mir aus, von so ´einem Blödsinn will ich gar keine Ahnung haben.“
Ingo und Ina nickten zustimmend.
Sandra seufzte tief und murmelte leise: „Ich sag’s ja, Banausen.“
„Wo bleibt denn nur Natascha so lange?“, wechselte Ina das Thema.
„Ich habe sie gerade die Treppe zur Kirche hinaufgehen sehen“, berichtete Sandra, während sie wieder begann Inas Schultern zu massieren. Wohlig lehnte sich Ina zurück.
Die vier hatten sich um den großen, an ein Dreieck erinnernden, fünfeckigen Tisch versammelt, der auf dem gemütlichen kleinen Platz zwischen Kirche und Chilehuus in Waldfelden stand, und warteten nun schon geraume Zeit auf die gemeinsame Kollegin. Wieso sie nun trotzdem noch nicht erschien, fragte keiner. Sie alle wussten, dass Natascha einen Abstecher in die Kirche machte, um vor der Marienstatue ein Opferlichtlein anzuzünden, wie sie es stets tat, seit ihre Mutter vor einigen Jahren verstorben war.
Überraschend schnell erschien dann allerdings das Mädchen an der Ecke und rief völlig entsetzt: „Sie ist weg!“
„Wer ist weg?“, erkundigte sich Manuel nur mäßig interessiert, während er den Bericht über die verschwundenen Bilder zu Ende las. Die Zeitung musste jemand am Morgen auf dem Tisch vergessen haben.
„Die Maria!“
„Welche Maria denn?“, fragte Ingo verständnislos, während sich Ina noch weiter zurücklehnte.
„Na die Madonna, die Marienstatue! Sie steht nicht mehr auf ihrem Sockel, sie ist spurlos verschwunden!“
„Was?“, rief Sandra erschrocken und Ina kippte mit einem Aufschrei nach hinten und fiel von der Bank. Wie von der Tarantel gestochen, stürmte ihre Rückenlehne Sandra, die Tochter des Sakristans, um den Tisch herum und war bereits an Natascha vorbei, als sie hinzufügte: „Sie kann nicht weg sein!“
„Ist sie aber!“, behauptete Natascha und eilte ihr hinterher.
Ingo wälzte sich vom Tisch herunter und folgte, während Manuel seiner maulenden Freundin wieder auf die Beine half. Wenig später hatten sich die vier neben der fassungslosen Sandra vor der Marienstatue versammelt, beziehungsweise eben nicht, denn der Sockel an der vorgezogenen Seitenwand des Altarraums, hinter dem sich die Sakristei befand, war leer. Die Statue war tatsächlich verschwunden.
„Wir müssen deinem Vater Bescheid geben“, meinte Ina zögerlich. Sandra schüttelte den Kopf. „Der ist heute den ganzen Tag mit meiner Mutter unterwegs, die kommen erst heute Abend zurück.“
„Schon mal was von Handy gehört?“, fragte Manuel ein wenig von oben herab.
„Wird leider nicht funktionieren, die liegen beide auf dem Küchentisch. Die haben sie mal wieder vergessen.“
„Und was machen wir jetzt?“, fragte Natascha.
„Ich denke, wir müssen die Polizei rufen“, überlegte Ina und schaute zu ihrem Zwillingsbruder, wohl wissend, was jetzt gleich kommen würde.
„Ich weiß nicht, das wäre doch ein toller Fall für die MiNiS“, führte er auch schon aus.
Sandra verdrehte die Augen. „Oh nee, nicht schon wieder! Das zehnte Mal in dieser Woche, mindestens. Ingo, wach auf! Wir sind keine richtigen Detektive. Und überhaupt, diese Sache ist entschieden zu groß für uns.“
„Aber wenn dein Vater doch sowieso nicht da ist …“, sprang Manuel seinem Freund vorsichtig bei.
Und Ina fügte hinzu: „Ich hätte da einen Vorschlag.“ Ihre Augen glänzten, als sie die anderen vier der Reihe nach ansah. „Wir versuchen erst mal, selbst zu ermitteln. Falls wir bis heute Abend, wenn deine Eltern zurückkommen, noch nicht weitergekommen sind, dann informieren wir sie.“
Sandra sah von einer zum anderen. „Ist das wirklich euer Ernst?“
„Ja!“, bestätigten Ingo, Ina und Manuel mit leuchtenden Augen und selbst die stille Natascha nickte dazu.
Sandra seufzte. „Also gut. Aber ich hoffe wirklich, ich werde das nicht bereuen.“
Wenig später waren die fünf Kinder mit Feuereifer an der Arbeit.
„Zunächst müssen wir rausbekommen, wann die Statue überhaupt weggekommen ist“, erklärte Ina.
Sandra erinnerte sich: „Heute Morgen haben meine Eltern die Kirche geputzt. Da muss die Statue noch da gewesen sein. Das wäre ihnen ja sonst sofort aufgefallen.“
„Wann waren sie denn damit fertig?“, erkundigte sich Ingo.
„So kurz vor zwölf“, entgegnete Sandra.
„Jetzt ist es kurz nach zwei Uhr. Wir sind seit etwa halb zwei hier. Wenn da jemand die Marienstatue weggeschafft hätte, hätten wir das bestimmt bemerkt. Das bedeutet, die Statue muss irgendwann zwischen kurz vor zwölf und etwa halb zwei Uhr weggekommen sein“, überlegte Manuel laut.
„Super, damit können wir den Tatzeitpunkt auf nur eineinhalb Stunden eingrenzen“, freute sich Ingo.
„Jeden Tag um 13.00 Uhr kommt die alte Frau Spinelli und betet vor der Maria. Bestimmt war sie auch heute hier. Wir könnten sie fragen, ob die Statue da noch da war. Dann können wir den Zeitpunkt des Diebstahls noch weiter eingrenzen“, erklärte Sandra, die nun ebenfalls allmählich Feuer fing.
„Nicht nur das, ich denke, wir haben unsere erste Verdächtige.“ Beifall heischend sah Ingo in die Runde.
„Die alte Frau Spinelli? Spinnst du komplett?“ Ina machte ihrem Bruder den Scheibenwischer.
„Nun, sie scheint doch sehr an der Maria zu hängen. Und sie ist doch schon alt. Vielleicht wollte sie nicht mehr jeden Tag hierherkommen und hat deshalb die Statue gestohlen?“, stellte Ingo eine äußerst gewagte These auf, weniger aus Überzeugung als vielmehr, um seiner Zwillingsschwester zu widersprechen.
Nicht nur diese sah ihn daraufhin an, als habe sie einen komplett Irren vor sich.
„Wie auch immer, wir müssen los und sie fragen.“ Manuel wandte sich zum Gehen.
„Moment mal! Wir können da nicht alle fünf auf einmal bei ihr aufkreuzen“, wandte Sandra ein. „Dann lässt sie uns bestimmt nicht rein. Sie ist sehr ängstlich. Besser, ich gehe alleine zu ihr. Mich kennt sie sehr gut.“
Damit waren Manuel und Ingo gar nicht einverstanden. Aber Sandra ließ sich nicht erweichen und verwarf alle ihre Einwände, insbesondere den, sie könnten Sandra nicht alleine gehen lassen, da man ja nicht wisse, ob Frau Spinelli nicht eine gefährliche Verbrecherin sei.
„Frau Spinelli ist über achtzig, viel kleiner als ich und geht am Stock, ihr Hirnis!“, fuhr ihnen Sandra gereizt über den Mund.
„Außerdem hat sie kein Auto, und die Statue ist viel zu groß und schwer, als dass man sie ohne Auto einfach so mitnehmen könnte“, fügte die scheue Natascha hinzu.
Als Sandra weg war, kam Ingo eine weitere, dieses Mal halbwegs plausible Idee. „Und wenn es Jugendliche waren, ich meine Nils und seine Kollegen? Die hängen doch ständig hier ab und haben schon öfter Mist gebaut.“
„Was sollen die denn mit der Marienstatue wollen?“ Ina sah ihren Bruder verständnislos an.
„Vielleicht war es ja ein Racheakt? Momentan haben die hier doch sogar Aufenthaltsverbot, weil Sandras Vater sie beim Kiffen in der Kirche erwischt hat. Er hat ihnen gedroht, wenn er sie noch einmal hier anträfe, hole er die Polizei“, stand Manuel seinem Freund bei.
„Ich weiß nicht. Kiffen okay, aber dann gleich ´ne Marienstatue klauen? Das trau ich denen dann doch nicht zu“, zweifelte Natascha.
„Täusch dich da bloß nicht. Denen ist alles zuzutrauen, wenn sie mal wieder umnebelt sind“, widersprach ihr Ingo. „Manuel und ich gehen los und fühlen den Kerlen mal auf den Zahn. Ihr bleibt hier. Für Mädchen ist das zu gefährlich.“
Einen Augenblick lang war Ina versucht, zu widersprechen, unterließ es dann aber. Wenn sie ehrlich war, hatte sie absolut kein Bedürfnis, Nils und seinen Freunden zu begegnen. Die hatten sie bereits häufiger dumm angemacht. So blieben die beiden Mädchen allein zurück.
Die Zeit verstrich. Zehn Minuten, zwanzig Minuten. Unruhig ging Ina auf und ab, während Natascha still in sich gekehrt auf der Bank saß und vor sich hinstarrte.
„Wo bleibt Sandra denn nur? So weit wohnt die alte Spinelli doch gar nicht weg.“
Quasi als Antwort ertönte der Klingelton von Inas Handy. Ina riss es förmlich aus ihrer Jackentasche. „Sandra!“, sagte sie nach einem kurzen Blick darauf und Augenblicke später drang Sandras Stimme an ihr Ohr. Das Gespräch dauerte nur wenige Sekunden.
„Sandra sagt, die Spinelli sei heute sogar schon um halb eins in der Kirche gewesen“, teilte sie ihrer besten Freundin aufgeregt mit. „Und da sei die Maria bereits weg gewesen. Sie war ganz traurig darüber.“
Kopfschüttelnd sah Natascha Ina an. „Aber das würde ja bedeuten, dass die Madonna, gleich nachdem Sandras Eltern die Kirche verlassen haben, weggekommen ist.“
Ina kam ein neuer Gedanke in den Sinn. „Wie viel ist denn so eine Marienstatue eigentlich wert?“
„Das hängt davon ab. Wenn sie künstlerisch wertvoll oder sehr alt ist, kann die richtig viel wert sein, aber es gibt auch ganz billige“, antwortete Natascha.
„Und wie sieht das bei unserer Madonna aus?“
Natascha hob die Schultern und Arme: „Woher soll denn ich das wissen? Ich habe nicht die geringste Ahnung.“
„Und wenn es Kunsträuber waren? In Zürich haben doch auch Kunstdiebe einige wertvolle Gemälde aus dem Kunsthaus gestohlen.“
„Das könnte schon sein“, meinte Natascha zögerlich.
Ina tigerte erregt hin und her. „Ich Riesenrindvieh! Wir sind heute Morgen gegen elf Uhr hier vorbeigefahren. Da stand ein Kastenwagen auf dem Parkplatz vor der Kirche. Wahrscheinlich waren das die Diebe, die darauf gewartet haben, dass Sandras Eltern abziehen.“
„Konntest du dir die Autonummer merken oder so etwas?“, fragte Natascha gespannt.
Ina grinste. „Die Autonummer nicht, aber was Besseres. Ich weiß, wem der Lieferwagen gehört. Der Spenglerei Birchler. Ich konnte ihr Firmenlogo erkennen.“
„Echt? Mann oh Mann. Hoffentlich kommen die anderen bald zurück.“
„Solange können wir nicht warten. Die könnten sonst wohin mit der Madonna verschwinden. Wir müssen sofort los und sie beobachten. Warte, ich rufe Ingo an, damit die Jungs gleich hinkommen.“
Schon hielt Ina das Handy in der Hand, um gleich darauf empört zu schimpfen: „Das glaub ich doch nicht! Der hat mich einfach weggedrückt! Na, der kann was erleben, wenn er heute nach Hause kommt!“
Natascha musste kichern. „Weißt du, wie du dich anhörst? Wie eine erzürnte Mutter oder Ehefrau.“
„Gott bewahre, mir reicht schon, dass er mein Zwillingsbruder ist. Ich probier’s mal bei Manuel.“
Augenblicke später brummte sie erneut. „Na toll! Combox. Ach, ich spreche ihm einfach drauf: Manuel, ihr müsst sofort herkommen! Wir haben eine Spur. Die Spenglerei Birchler, die in der Fabrikstrasse. Wir gehen schon mal vor. Beeilt euch!“ Und zur Sicherheit sendete sie ihm und ihrem Bruder noch eine Textnachricht.
Anschließend rief sie Sandra an. Diese ging zwar ans Telefon, war allerdings im Moment unabkömmlich, weil sie Frau Spinelli im Haushalt helfen musste.
„Die Sandra hat schon Nerven. Da wird ihre Madonna aus der Kirche gestohlen und sie putzt in aller Ruhe bei der Frau Spinelli das Treppenhaus.“
„Na, ihre Madonna ist es nun auch nicht gerade“, wagte Natascha einzuwenden.
„Oh, entschuldige, es ist natürlich deine, ich vergaß.“
„Blödiane“, freundschaftlich boxte Natascha Ina in die Seite, dann stiegen die beiden Mädchen auf ihre Räder und ab ging die Post.
Die Fahrt dauerte nur wenige Minuten. Auf der anderen Straßenseite gegenüber der Spenglerei stoppten sie und warfen einen vorsichtigen Blick auf den Hof des Geschäftes.
„Schau mal, da ist der Lieferwagen.“ Ina deutete auf ein weißes Fahrzeug, das vor der Garage des Firmengebäudes stand.
Vorsichtig eilten die beiden Mädchen über die Straße und spähten durch den Zaun. Weit und breit war kein Mensch zu sehen. Unruhig blickte Ina hin und her.
„Du bleibst hier und wartest auf die anderen. Ich geh rein und schau, ob ich irgendwo die Madonna sehen kann.“
„Bist du verrückt? Was ist, wenn sie dich erwischen?“, wagte Natascha einzuwenden.
„Mich doch nicht! Keine Sorge!“
Schon stand sie beim offenen Tor des Firmengeländes, sah sich noch einmal um, ob die Luft auch wirklich rein war, und rannte dann geradewegs auf das Hauptgebäude zu.
Natascha hielt den Atem an. Von ihrem Lauerposten aus konnte sie beobachten, wie die Freundin unbeschadet und unentdeckt das Haus erreichte und sich an die Mauer schmiegte. Dann schlich sie sich an der Hauswand entlang, kletterte auf eine Holzkiste, die daran lehnte und schaute durch ein Fenster.