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Spike ist der Loser seiner Klasse. Seine einzigen Freunde sind ein schokoladebrauner Labrador Retriever und eine dreifärbige Katze. Eines Tages sitzt Spike neben der Katze, ein kalter Schauer läuft ihm den Rücken hinunter und er spürt ein seltsames Kribbeln bis in seine Fingerspitzen. Die Augen der Katze leuchten plötzlich gleißend hell und blenden ihn. Spike kneift seine Lider zusammen. Als er sie wieder öffnet, ist seine Freundin, die Katze, verschwunden. Er weiß, dass er sie nie mehr wieder sehen wird. Spikes Leben ändert sich schlagartig, als er sich nun in der Welt der Schatten wiederfindet. Als Student der Mitternachtsuniversität findet er Freunde: Vampire, Werwölfe, Hexen, Drachen und eine Ratte. Gemeinsam erleben sie spannende Abenteuer und müssen gefährliche Prüfungen bestehen. Bei der hundertjährigen Friedenskonferenz zwischen der Welt der Menschen und der Welt der Schatten dringt unerwartet ein menschlicher Jäger ein, der die Schattenwelt zerstören will. Es droht ein Krieg zwischen den beiden Welten. Gelingt es Spike und seinen Freunden, ihre Welt zu retten und den Frieden wieder herzustellen? "Faszinierend, spannend und humorvoll! Ein außergewöhnliches Lesevergnügen!"
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Seitenzahl: 777
Veröffentlichungsjahr: 2016
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Saskia V. Burmeister
Die Mitternachtsuniversität
Vorsicht, bissig!
Fantasy Roman
Impressum
© 2016 Saskia V. Burmeister
Copyright Bildmaterial Cover: © Saskia V. Burmeister
Autor: Saskia V. Burmeister
Covergestaltung: Gaby Hylla
Edition Eisphönix, Eigentümer Klaus Burmeister,
Siegener Str.29, 13583 Berlin,
email: [email protected]
Druck und Verlag: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de
ISBN 978-3-7418-6200-7
Printed in Germany
www.saskia-v-burmeister.de
Zur Autorin:
Saskia V. Burmeister wurde im Mai 1986 in Berlin geboren. Schon in der Grundschule entdeckte sie ihre Neigung fürs Schreiben von Geschichten. Mit Kurzgeschichten über Tiere und Fabelwesen fing alles an. Später kamen Märchen und fantastische Geschichten dazu und bald wurden aus den Werken lange Romane. Mit 16 veröffentlichte sie zum ersten Mal einen Roman. Seither sind einige publizierte Werke in kleinen Verlagen dazu gekommen: vor allem im Bereich der Fantasy, der Science Fiction und des Mystery-Genres fühlt sich Saskia V. Burmeister heimisch.
Die Mitternachtsuniversität möchte ich allen Mysterien widmen, die noch verborgen liegen im Schatten - und meinen Unterstützern.
Inhalt
1. Eine seltsame Begegnung
2. Der Jäger
3. Die Universität
4. Hexenmeister wider Willen
5. Morgengrauen
6. Die ersten Lehrstunden
7. Ungleiches Duell
8. Neue Welten
9. Magie für Anfänger
10. Geständnisse
11. Neuer Tag, neues Spiel
12. Der Tierhelfer
13. Die Parade der tausend Dämonen
14. Lektionen der Magie
15. Wellenrauschen
16. Kellergewölbe
17. Waidmannsheil
18. Meuterei
19. Zwischenprüfung der Vampire
20. Die Auffangstation
21. Sich in Wolken wiegen
22. Die Kaiserin der Vampire
23. Einbruch der Normalität
24. Der Blutmond
25. Rätsel der Vergangenheit
26. Erfüllung aller Wünsche
27. Schmetterlinge im Bauch
28. Die Friedens-Konferenz
29. Unverhofft
30. Der Mittsommernachtsball
Je höher der Baum,desto neidischer der Wind.
Japanische Weisheit
»Loser!«, tönte es weithin hörbar über die Straße.
Mit hängenden Schultern schob der Junge, dem das galt, sein Fahrrad ein Stück jenen Hügel hinauf, den die Mauern seiner Heimatstadt umschlossen.
»Und, ’nen schönen Ausflug gehabt, Whity?«, unkten die drei Spaßvögel, die ihn zuvor zum anderen Ende der Stadt bestellt, aber dort natürlich nicht auf ihn gewartet hatten.
Niedergeschlagen schaute er zu Boden. Wieder einmal hatte er sich von den drei vorführen lassen. Das nagte wie üblich an seinem Selbstvertrauen und seiner Hoffnung, sie würden eines Tages wirklich seine Kumpel sein. Mit ersterem war es darüber hinaus auch nicht besonders weit her. Zwar hatte der Junge wenige Tage zuvor sein Abschlusszeugnis der zehnten Klasse erhalten und war schon fast sechzehn Jahre alt, dennoch schätzten ihn Fremde immer Jahre jünger ein. Darüber hinaus war er ziemlich unscheinbar, mit seiner dunkel umrandeten Brille auf der Nase, deren Gläser seine unspektakulären graubraungrünen Augen auch noch betonten. Das alles zusammen bescherte ihm nur ein Minimum an Selbstvertrauen.
Dass Whity kein Trendsetter war, erkannte man aber nicht nur an seiner Brille. Passend zu jenem unmodischen Utensil trug er ein ausgewaschenes weißes Hemd, eine zerschlissene Jeans und einen Pullunder, der aber auch nicht verbergen konnte, dass er zu leichter Pummeligkeit neigte. Allein seine wahrlich blasse Haut, die nicht einmal ein heißer Sommer wie dieser mit all seinem Sonnenschein vertreiben konnte, stach schon von weitem sichtbar hervor. Dazu hatte ihn die Natur auch noch mit rotblonden Naturlocken auf seinem Kopf schikaniert, wobei man seine Frisur zu seinem Verdruss nur allzu oft mit der eines Putten-Engelchens verglich.
»Hey, Whity! Wie kann man nur so blöd sein?«, schallte es aus dem Mund von einem der so genannten Freunde hinter dem Jungen her. »Es ist viel zu leicht, dich zu verarschen!«
Missmutig schob der Junge die Unterlippe vor, schaute aber nicht zurück. Stattdessen schob er sein Fahrrad so schnell als möglich um die nächste Kurve der gewundenen Straße. Leise murmelte er dabei nur etwas zu sich selbst.
»Mein Name ist nicht Whity, sondern Spike, ihr Pappnasen! Spike Abendrot!«
Wie zur Bestätigung kläffte es dicht neben ihm. Ein leichter Schreck durchfuhr den Jungen, der ganz in Gedanken war. Schwanzwedelnd stand ein schokoladenbrauner Labrador Retriever hinter der Straßenbiegung. Das Maul halb geöffnet, ließ der Hund die lange Zunge herabbaumeln.
»Oh, du bist es nur«, Spike atmete auf und begann den Vierbeiner hinter den Ohren zu kraulen, der vor Freude Bocksprünge vollführte. Dessen freudige Aufregung legte sich dadurch wieder, mit der sich verjüngenden Otterrute wedelte er aber immer noch unaufhörlich. Beruhigend klopfte Spike dem Hund gegen die Flanke. Dieser himmelte ihn mit seinen hellgrauen Augen an. Für einen Labrador Retriever, mit dessen eher kompaktem Rassestandard, war er ungewöhnlich schlank und feingliedrig gebaut. Dazu war dieser Hund auch noch wesentlich größer gewachsen als ein gewöhnlicher Labrador Retriever und kam von der Länge einer Deutschen Dogge schon recht nahe.
»Wie kommt es nur, dass du immer dort auftauchst, wo ich gerade bin?«, fragte sich Spike halblaut und schob sein Fahrrad auf den Bürgersteig, da gerade ein Auto nahte. Der Hund folgte ihm dabei auf dem Fuße und hockte sich dann auf seine Hinterläufe. Er legte den Kopf leicht schief und machte eine Unschuldsmiene. Ein Halsband oder ein ähnliches offensichtliches Identifikationsmerkmal besaß der schokoladenbraune Vierbeiner leider nicht.
»Du bist wie ein Phantom. Tauchst auf und verschwindest wieder und nirgends gibt es einen Hinweis darauf, dass man dich vermisst. Keine Aushänge an Straßenlaternen und auch keine Anzeige in der Wochenendzeitung. Das macht mir wirklich Kopfzerbrechen. So ein braver Hund muss doch irgendwo vermisst werden? Habe ich nicht recht, Fangzahn?«
Wie zur Entschuldigung für die Umstände hielt ihm der Hund daraufhin die Kehle hin und ließ sich daran kraulen. Wie er die Schnauze so hoch reckte, wurden seine extrem langen oberen Eckzähne sichtbar, die auch bei geschlossenem Maul unter den Lefzen hervor lugten und ihm den Spitznamen ,Fangzahn‘ bei Spike eingebracht hatten.
»Na, hast du dir eine Freundin angelacht?«, es nahte die Dreierbande der Spitzbuben, angeführt vom Chef, dem größten der Kohorte. Die anderen beiden Jungs lachten dämlich, hörten damit aber auf, als sich der schokoladenbraune Hund ruckartig umdrehte und sich erhob. Seine Schulterhöhe lag bei bald neunzig Zentimetern. Das machte augenblicklich Eindruck bei den drei Dummschwätzern.
»Ist das ne‘ Dogge?«, fragte einer der Jungs.
»Oder doch eine Kuh?«, blödelte der Dritte im Bunde.
Nun machte Spike ein wirklich sauertöpfisches Gesicht. Es reichte doch völlig, wenn sie ihn andauernd aufzogen, als Brillenschlange oder Klops bezeichneten. Warum mussten sie nun auch noch zu dem Hund gemein sein?
»Lasst ihn in Ruhe«, murmelte Spike so entschlossen, wie er es konnte. Dennoch klang es eher wie das Piepsen einer Maus.
»Hast du was gesagt, Kurzer?«, sprang der Boss gleich darauf an. »Oder hat nur ein Floh genießt?«
»Vielleicht hat auch nur der blöde Köter gehustet, was Whity?«
»Wenn du schon was zu sagen hast, dann sag es uns ins Gesicht!«, verlangte der dritte Bengel. Leise vor sich hin brummend schaute der Hund von ihm zu Spike und wieder zurück. Letzterer war inzwischen so angesäuert, dass er glatt seine sonstige Zurückhaltung vergaß und sich nicht länger seinen kühlen Kopf bewahrte.
»Idioten seid ihr, das wollte ich euch schon lange sagen!«, platzte es aus Spike heraus. Wie zur Bestätigung gab der Labrador Retriever ein Schnauben von sich.
»Wie war das?«, wutentbrannt ballte der Chef die Faust, auch seine Kameraden wollten das so einfach nicht auf sich sitzen lassen. Etwas von einer fetten Brillenschlange im Karopullunder murmelnd kamen sie einen Schritt auf Spike zu, dem die Knie längst ganz fürchterlich schlotterten. Schon bereute er es, einmal seine Ruhe vergessen und nicht alles tonlos in sich hinein gefressen zu haben. Das Brummen in der Kehle des Hundes wuchs sich unterdessen zu einem Grollen und Knurren aus, dann fletschte der Labrador die sagenhaft langen und scharfen Zähne. Augenblicklich verharrten die drei Jungs, machten dann gar einen Schritt rückwärts. Ruckartig sprang der Labrador vor und bellte wie ein dreiköpfiger Zerberus. Schreiend wie kleine Mädchen suchte die Bande das Weite. Vier Bocksprünge setzte der Hund ihnen nach.
»Halt uns diese Mutation vom Hals!«, jaulte der Anführer, der den Atem des Hundes schon im Nacken spürte.
»Wir ärgern dich auch nie wieder!«, fielen die anderen zwei ein. Das entlockte Spike ein Grinsen und er klatschte kurz in die Hände. Sofort hielt der Hund inne, machte kehrt, setzte ein Grinsen auf und holte sich schwanzwedelnd seine nächste Portion an Streicheleinheiten.
»Das hast du aber fein gemacht!«, lobte Spike den haarigen Kumpel überschwänglich. Dieser kläffte leise, sprang kurz hoch und leckte dem Jungen über die Wange. Das fand Spike nun nicht so wundervoll und schüttelte sich: »Igitt, giftige Hundebazillen!«
Sofort ließ der Hund von ihm ab, setzte ein reichlich verdutztes Gesicht auf, hockte sich auf die Hinterbeine und legte den Kopf schief. Ein Fiepen entwich ihm. Dabei ließ er auch die ohnehin schon langen Schlappohren noch weiter hängen.
Mit seinem linken Ärmel wischte sich der Junge gerade das besabberte Gesicht trocken, hielt dann aber inne. Ein Anflug von Traurigkeit lag im Blick des Vierbeiners. Als hätte dieser jedes Wort verstanden.
»Habe ich dich etwa beleidigt?«, murmelte Spike in leicht-geistiger Abwesenheit. »Kein Wunder dass ich keine Freunde habe, ... da rettest du mich vor diesen Blödmännern und so danke ich es dir.«
Da horchte der Vierbeiner nun wieder auf und zog die Lefzen zu einem Grinsen hoch. Die Rute, die einen kurzen Augenblick still gestanden hatte, wedelte gleich wieder los wie der überspannte Zeiger eines Pendels. Kläffend sprang er auf alle vier Pfoten und wetzte zur anderen Seite der Straße. Dort ragte steil die Wand des steinernen Hügels auf. In einer Nische hatte der Hund vorhin gehockt, als Spike ihm unerwartet begegnete. Kurz steckte der Labrador Retriever seinen Kopf in die Spalte im Stein, zog etwas heraus und kam zurück über die Straße, welche zu dieser Tageszeit wenig befahren war.
Verwundert schaute sich Spike an, was sein vierbeiniger Kumpel da anschleppte: ein geflochtenes Seil. Langsam, aber sicher wurde der Junge nicht mehr schlau aus dem schokoladenbraunen Hund. Seit einigen Wochen begegnete er diesem immer wieder. Wohin er auch ging, war der Vierbeiner nicht weit. Manchmal hatte er sogar vor der Schule gewartet und seit die Sommerferien begannen, war der Vierbeiner ein ums andere Mal auch um das Haus herumgeschlichen, in dem Spike mit seiner Stiefmutter wohnte. Sein Vater, ein Archäologe, war zurzeit wieder auf einer mehrmonatigen Forschungsreise.
»Was soll ich denn damit machen, Fangzahn?«, fragte sich Spike, der sich eigentlich auf sein Fahrrad schwingen und weiter radeln wollte. Nicht, dass er etwas Wichtiges vorgehabt hätte. Ihm war nur mulmig bei dem Gedanken, dass das Trio vielleicht zurückkehren und auf eine Revanche sinnen könnte.
Leicht legte der große schlanke Hund wieder den Kopf schief, dann schien ihm ein Licht aufzugehen und er wetzte drei Mal um das Fahrrad herum, schnell wie der Blitz. Sodann hielt er Spike wieder das eine Ende des Seils hin. Dieser nahm es seinem Kumpel aus der Schnauze.
»Soll ich es etwa an meinem Fahrrad fest machen?«, fragte sich der Junge und erntete ein bejahendes Kläffen. Also kam er dem nach. »Und was jetzt?« Ein schelmischer Ausdruck breitete sich über das Hundegesicht aus und als das Seil am Lenker befestigt war, nahm der Kläffer das andere Ende in die Schnauze. Spike, der schon auf dem Fahrradsitz hockte, hatte nicht lange Gelegenheit sich zu wundern, denn schon sauste der Vierbeiner los, das Seil spannte sich und das Fahrrad setzte sich in Bewegung.
In wildem Galopp ging es um die nächste Biegung der gewundenen Straße, dann ein Stück den Berg hinauf und anschließend fast wie in einer Achterbahn wieder bergab. Was Spike übrig blieb, war nichts weiter, als sich schreiend am Lenker festzuklammern. Immer schneller wurde das Fahrrad. Zwei Passantinnen mussten zur Seite springen, um nicht mitgenommen zu werden. Wie die Rohrspatzen brüllten sie dem Gespann etwas von Chaoten und Rowdies nach.
Die Möglichkeit zu bremsen, war in jenem Moment nicht gegeben, da es steil bergab ging. Der Hund lief zu dieser Zeit neben dem Fahrrad her, gab aber keine Anzeichen, schlapp zu machen. So schnell hatte Spike noch nicht einmal einen Windhund im Fernsehen galoppieren sehen. Ein sehr mulmiges Gefühl machte sich in dem Jungen breit, doch da hatten die zwei schon den Fuß des Hügels erreicht. Nun führte die Straße schnurgeradeaus und der Labrador Retriever nahm wieder seine Position als »Schlittenhund« ein und zerrte das Fahrrad mit enormer Geschwindigkeit weiter.
»Nun halt doch mal an, wo willst du überhaupt hin?«, brüllte Spike, musste dann aber abbrechen und sich aufs Festhalten konzentrieren. Nach einer kurzen geraden Strecke wetzte der Hund nach rechts und verließ den Bürgersteig. Schleppend überwand das Fahrrad die Bordsteinkannte und Spike wurde reichlich durchgeschüttelt. Von rechts nahte hupend ein Auto, Spike verfiel in lautes Geschrei, doch der Hund stoppte nicht, sondern beschleunigte sogar noch mehr. Er schnitt das Auto mit dem schimpfenden Fahrer, der die Bremsen quietschen ließ und bog in eine kleinere Straße ein, die geradewegs in eine Wendeschleifen-Sackgasse führte.
»Jetzt halt doch mal an!«, brüllte der Junge und tatsächlich tat der Hund ihm endlich den Gefallen. Er ließ das Seil los, Spike bremste und kam in der Wendeschleife zum Stehen. Vor ihm lag die Uferpromenade, an welcher die Straße endete. Nach rechts und links erstreckte sich die geflieste Promenade bis zum Horizont. Dahinter gab es einen kurzen, mit schwarzen Steinen gespickten Uferstreifen und wiederum dahinter lag das weite, unendlich wirkende Meer. Starker salziger Wind wehte, große Wellen brandeten an die Felsen und die Gischt wirbelte umher. Weit draußen vor der Küste ragte eine kleine Felseninsel aus den Wogen und zur Linken von Spike mündete ein Flusslauf ins Meer. Eine Brücke führte ganz in der Nähe über das Fließgewässer hinweg.
Keuchend schnappte der Junge nach Luft, zerrte das Fahrrad auf den Gehsteig und ließ es scheppernd fallen. Leises Winseln kam von dem Labrador und Spike sah ihn vorwurfsvoll an.
»Wolltest du mich vielleicht umbringen, mein Freund?«
Der braune Hund gab ein schnaubendes Geräusch von sich, schüttelte sich heftig und stieß den Kopf dann dem Jungen leicht in die Seite; jener stolperte einen Schritt nach hinten. Leises Brummen kam vom Labrador, dann warf er wieder den Kopf herum, als sei er innerlich angespannt und ruhelos. Einmal jagte der Hund im Kreis herum, hinter seiner Rute her, brach dann diese kreisende Bewegung ab und wetzte in Richtung der Brücke zur Linken davon. Aus dem Blickfeld des Jungen verschwand er, als er hinter eines der in der Sackgasse geparkten Autos hetzte.
Verwirrt fasste sich Spike an den Kopf. Was war hier nur los? Von rechts nahte eine große, breitschultrige Männergestalt im Trenchcoat. Die braune Schiebermütze tief ins Gesicht gezogen. Schnell entfernte sich der Mann in Richtung der Flussmündung. Vor Schreck über das plötzliche Auftauchen der düsteren Gestalt, machte der Junge einen Ausfallschritt nach hinten und stieß mit der hüfthohen Mauer zusammen, welche die Promenade vom steinigen Strand abschirmte.
»Brrr«, der Junge schüttelte sich leicht um wieder zur Besinnung zu kommen. Hinter ihm färbte sich der Horizont schon orangerot mit der untergehenden Sonne. Ein leises Zischen holte ihn gänzlich ins Jetzt zurück. Sein Blick fiel zu seiner Rechten, wo auf der Mauer eine alte Bekannte hockte: eine in die Jahre gekommene dreifarbige Katze mit strahlend bernsteinfarbenen Augen. Spike kannte sie schon sein Leben lang.
»Dich habe ich ja ewig nicht mehr gesehen«, fiel es Spike ein und er hockte sich auch auf die Mauer. Es war unterdessen ziemlich frisch durch den brausenden Wind geworden. Weit und breit ging niemand an der Promenade spazieren. Leicht legte die weiße Katze mit den schwarzen und braunen Flecken den Kopf schief und ließ sich geduldig hinter einem Ohr kraulen.
»Was für ein verrückter Tag«, klagte Spike ihr sein Leid und ein leises Schnurren kam aus ihrer Kehle. Sie blieb auch entspannt, als er von dem scheinbar übergeschnappten Hund erzählte und von der tollkühnen Fahrt, die ihn hierher brachte. Sie blieb so gelassen wie eh und je, denn bevor der Labrador Retriever hier aufgetaucht war, hatte sie schon ein ums andere Mal als Kummerkasten hergehalten und sich stets mit einer Engelsgeduld angehört, was Spike auf der Seele lag: Waren es nun Klassenkameraden, die ihn wegen seiner Brille oder seinem leichten Übergewicht foppten oder Sportlehrer, die ihn wegen seiner zwei linken Füße verlachten. Spike hatte es nie in seinem Leben besonders leicht gehabt. Sein Vater war meistens auf Reisen und mit seiner Stiefmutter kam er auch nicht besonders gut zurecht. Meist tat er einfach, was sie in Punkto Hausarbeit von ihm verlangte und ging ihr ansonsten aus dem Wege oder schwieg sie an.
Dass Spike ansonsten auch eher durchschnittlich war, hatte er der Katze längst anvertraut. Er war in vielen Fächern eher schlecht, vor allem was die Sprachen betraf. Nur in den Naturwissenschaften und der Mathematik brillierte er. Sein einziges Hobby waren Videospiele. Dafür schloss er sich oft stundenlang in sein Zimmer im Dachgeschoss ein - wenn er nicht gerade von falschen Freunden ans andere Ende der Kleinstadt bestellt wurde.
Wie Spike so ins Schwafeln kam, hob die Katze ein wenig ihren Kopf. In ihrem Blick lag eine gewisse Schläfrigkeit. Schon hielt der Junge inne. Er hatte sich gefreut, an einem so turbulenten Tag wenigstens einem Lebewesen zu begegnen, das so normal war wie immer. Doch langsam schwante ihm, dass mit der Katze heute etwas nicht stimmte. Überaus schwerfällig setzte sie sich aus ihrer liegenden Position auf. Sie hob den Blick noch weiter, bis er sich mit dem des Jungen traf. Ein kalter Schauer lief ihm augenblicklich den Rücken entlang. Doch er war nicht in der Lage seinen Blick von dem der Katze zu lösen. Ja, nicht einmal die Hand, die er ihr auf den Rücken gelegt hatte, vermochte er in diesem Moment wegzuziehen.
Das Rauschen des Meeres im Hintergrund verstummte für einen flüchtigen Augenblick. Das Rot der untergehenden Sonne flackerte noch einmal kurz am Horizont, bevor die Nacht endgültig hereinbrach. Da durchzuckte es Spike wie ein kleiner Blitzschlag. Heftiges Kribbeln spürte er in den Fingerspitzen, die das Fell der Dreifarbenkatze berührten. Wie elektrisiert stellte sich ihr Haarkleid auf und der Junge fühlte, wie auch seine rotblonden Locken sich aufrichteten. Das Kribbeln kroch ihm unterdessen weiter den Arm hinauf und die bernsteinfarbenen Augen der Katze, in die er noch immer starrte, wurden gleißend hell. Noch einmal durchzuckte es ihn, dann konnte er sich endlich rühren, drehte sich zur Seite und schloss die geblendeten Augen.
Wild rauschte das Meer im Hintergrund. Die Nacht war da und ein Kläffen ertönte von der Brücke her. Jemand brüllte aus vollem Hals und das Bellen ging in ein Jaulen über. Entsetzt fuhr Spike zusammen. Seine rotblonden Locken hatten sich wieder gelegt. Das seltsame Kribbeln war verschwunden. Verdattert schaute er auf den leeren Platz neben sich. Leicht erschrak er und schaute sowohl vor die Mauer als auch dahinter und dann die Promenade entlang. Doch seine alte Katzenfreundin war nicht herab gestürzt oder hatte sich entfernt, sondern war wie vom Erdboden verschluckt. Ein bleiernes Gefühl verspürte Spike dennoch im Magen, eine Gewissheit, dass seine treue Zuhörerin von dieser Welt gegangen war.
Ein Rascheln kam von hinten und Spike fuhr herum. Am Strand nahte, in Richtung der Flussmündung, ein anderthalb Kilo schweres, gedrungenes, rattenähnliches Tier: ein Bisam. Dieses hob den breiten Kopf mit der kurzen Schnauze und schaute dem Jungen frontal ins Angesicht. Die Ohren von Spike vernahmen darauf hin hohe fiepende Töne aus dem Maul der Bisamratte, die in seinem Kopf aber unnatürlicherweise die Form von Wörtern annahmen.
»Hey, ist was?«, hallte das Quieken des Bisam in Spikes Kopf und das war noch längst nicht alles. Zu dieser akustischen Halluzination kam nun auch noch eine optische. Die gedrungene Gestalt des Bisam verzerrte sich und wurde ähnlich zu jener eines kahlen Miniatur-Gorillas, gekleidet in einen graubraunen Fell-Wams. Der Kopf blieb groß und plump, bekam aber menschliche Gesichtszüge. Aus dem Unterkiefer ragten zwei abgebrochene Hauer heraus und an Hals und Kopf trug das Wesen eine ungepflegte Mähne. Wäre es nicht so abwegig gewesen, hätte Spike geschworen, es wäre ein Brücken-Troll aus seinen Videospielen.
»Hier riecht es nach Ärger. Schönen Tag dann noch, Lockenkopf.« Damit verschwand die Halluzination auch wieder. Zumindest hielt der Junge es für eine solche und rieb sich die Augen. Das konnte schließlich nicht wahr sein.
Unter der Brücke erklang nun abermals ein Jaulen und Brüllen. Schon wollte Spike auf die Füße springen, doch er zögerte. Ein Flügelschlagen nahte und eine grauschwarze Krähe landete dicht bei ihm auf der Mauer.
»Dich kenne ich doch!«, krächzte der Vogel, dessen eben noch gewöhnlich aussehender Kopf in Spikes Augen zu jenem einer jungen, schwarzhaarigen Frau wurde. Auch als er kurz die Augen schloss und sie dann wieder auftat, blieb die mutmaßliche Sinnestäuschung bestehen.
»Andauernd hockst du hier herum und bläst Trübsal! Was bist du nur für eine trübe Tasse? Heul nicht rum, sondern tu was!« Dabei plusterte sich der Vogel auf und dem Jungen wurde angst und bange.
»Haben dich wieder irgendwelche Spatzenhirne aufgemischt?«, quakte die Krähe mit dem Frauenkopf in einem fort. »Dann geh doch endlich zum Kampfsporttraining und mach sie selber platt, statt dich bei streunenden Katzen auszuheulen!«
Die Märchengestalt reckte dabei den Hals und sperrte den Mund auf, um erneut loszuwettern. Zutiefst schockiert sprang Spike von der Mauer, da erklang schon wieder Geschrei, von der Brücke her. Nun standen der frauenköpfigen Krähe augenblicklich alle Federn zu Berge.
»Der Jäger!«, kreischte sie in hohem Ton, spannte die Flügel auseinander und startete in den Nachthimmel. »Rette sich wer kann!«
»Sind denn alle verrückt geworden?«, beschwerte sich Spike halblaut, während er zur Brücke eilte. »Die Menschen haben ja eh alle irgendwo einen Sockenschuss, aber nun ist der Wahnsinn auch noch auf die Tiere übergegangen!« Ein wenig verzweifelt raufte er sich die Haare, als erneut wildes Geschrei zu hören war. Die ohrenbetäubende tiefe Stimme eines Mannes wetterte etwas von Ungeheuern, Ausmerzen und Pflöcken.
Endlich kam der Junge bei der Brücke an. Unter dieser, am Ufer des Flusses, stand der Kerl in dem Trenchcoat, den er vorhin gesehen hatte. Doch dieser Typ war nicht allein. Er beugte sich zu einem jungen Mann herab, der in die Knie gegangen war. Gerade rang der grobe Kerl mit diesem noch, den er bei den Handgelenken gefasst hielt, nun aber packte er den hageren Jungen beim Hals und begann ihn zu würgen - unaufhörlich dabei Flüche ausstoßend.
Wie ein Blitz durchfuhr der Schreck Spikes Glieder und er hielt inne. Es war dunkel, und kaum etwas zu erkennen. Nur eine einzelne Laterne in der Nähe spendete diffuses Licht. Für einen Moment wusste Spike nicht, was er tun sollte, die Furcht drohte ihn zu lähmen. Sollte er eingreifen oder doch besser abhauen? Wie er noch zauderte, trat er auf einen trockenen Ast, der geräuschvoll unter seinem Schuh zerbrach.
»Wer da?«, wie von der Hornisse gestochen fuhr der Kerl im Mantel herum. Seine Schiebermütze war noch immer tief ins Gesicht gezogen.
»Ein Feind?«, fluchte der Typ mit den breiten Schultern und der junge Mann, den er würgte, keuchte in einem fort. Hinter Spike raschelte es, als die dicke Bisamratte vorbeihuschte. Abermals veränderte sich ihre Gestalt zu der eines Trolls, dann verschwand sie auch schon in einem nahen Gebüsch. Ihr unerwartetes Auftauchen hatte aber dazu geführt, dass Spike noch ein paar Schritte näher zur Brücke gestolpert war.
»Nicht weiter!«, fauchte ihn der hoch gewachsene Kerl an und augenblicklich erstarrte Spike zu einer Salzsäule. Er stand nun fast unter der Laterne und war für den Fremden gut sichtbar. »Was, nur ein Knabe?« Der Mann schien enttäuscht und Spike ging die Muffe wie nie zuvor in seinem Leben.
Ein Keuchen von dem Geschundenen lenkte Spikes Aufmerksamkeit auf jenen. Der Gewürgte bekam offenkundig immer weniger Luft. Verzweifelt versuchte er sich frei zu winden, doch erfolglos. Der Trenchcoatträger war einfach zu stark. Jener gab ein widerwilliges Murmeln von sich und wandte sich dann an Spike: »Hör gut zu Junge: Hau ab, solange du noch kannst!«
Sofort verspürte Spike den unwiderstehlichen Drang danach, sich zu verkrümeln. Doch seine Füße waren wie Blei. Das Herz schlug ihm bis zum Hals und er glaubte ohnmächtig zu werden. Da flackerte mit einem Mal ein ganz eigenartiges Gefühl in ihm auf. Warm und beruhigend breitete sich dieses in seinem Bauch aus. So recht wusste er es nicht zu deuten, da er Derartiges nie verspürte. Doch das Gefühl wurde immer stärker und Spike beschlich ein Verdacht: Das musste der Mut sein, von dem all seine Helden in den Videospielen beschwingt wurden, der sie über sich hinaus wachsen ließ und ihnen gar Flügel verlieh.
Offenbar verwirrte es den großen Kerl mit der Mütze sehr, dass Spike nicht davon lief wie ein Hase. Hektisch sah er sich um und lockerte dabei ein wenig seinen Griff. Der Gefangene wand sich mit aller Kraft, kam aber immer noch nicht los. Mit dem Mut der Verzweiflung versuchte er nun seinerseits seinen Peiniger beim Hals zu packen, bekam aber nur dessen große Nase zu fassen. Ein wildes Ringen entstand und für einen Augenblick drehten sich die beiden Kontrahenten aus dem Schatten der Brücke in das helle Mondlicht. Nun erst wurde Spike auf die dunkle Haut des Geplagten aufmerksam. Noch stärker loderte das warme Gefühl in ihm auf und er machte einen Schritt nach vorne.
»Sie rassistischer Schweinehund! Lassen sie den Mann in Frieden!«, von einem unglaublichen Anfall von Mut gestärkt, rannte Spike los und stieß mit dem Kerl zusammen. Der Trenchcoatträger brüllte Verwünschungen aus, nahm die rechte Hand von der Kehle des Gefangenen und bohrte Spike seinen Ellenbogen in die Rippen. Für einen Augenblick bekam der Junge keine Luft, wurde zudem von den Füßen gerissen und landete sehr hart am Boden. Ein drohendes Grollen kam von dem Hünen. Dieser fasste noch immer mit der Linken den Schwarzen am Hals und hielt ihn in Schach.
»Ein schwerer Fehler, sich einzumischen!«, wetterte der Kerl mit dem Trenchcoat. Doch dem galt in dieser Sekunde nicht Spikes Aufmerksamkeit, sondern dem Opfer. Der Schwarze fauchte gerade wie eine Katze und riss dabei den Mund auf, wobei sich lange weiße Fangzähne entblößten.
»Siehst du das?«, der Mann mit der Schiebermütze verstärkte seinen Würgegriff und wehrte die Attacken des Gegners ab, der mit den Händen nach ihm schlug. Er fand dabei sogar Gelegenheit in seine Jackentasche zu greifen und ein Holzstück herauszuziehen, das an dem oberen Ende zugespitzt war.
»Der ist das Monster!«, brüllte der Fremde mit der Jacke und hob bedrohlich den Arm mit dem Pflock. Fauchen kam erneut von dem Gewürgten und dieser hatte nun alle Hände voll damit zu tun, den bewaffneten Arm des Mannes von sich wegzudrücken.
Zu diesem Zeitpunkt wusste Spike längst nicht mehr, was er noch glauben oder denken sollte. Alles kam ihm surreal vor. Vielleicht hatte er sich irgendwann den Kopf angeschlagen und halluzinierte gerade. Oder er war eingeschlafen und es hatte ihn in ein Traumland verschlagen, in dem seine Videospiele real waren. Irgendwas stimmte hier jedenfalls ganz und gar nicht. Im Moment war er sich nicht einmal mehr schlüssig darüber, wer der Angreifer und wer das Opfer war.
Hilfe suchend sah Spike erst zu dem Kerl mit dem Pflock. Bei all dem Ringen war dessen Schiebermütze verrutscht. Für einen Moment kreuzte sich dessen eiskalter Blick mit dem von Spike. Leichter Schüttelfrost erfasste den Jungen dabei. Dann wandte er den Kopf und sah sich nun im Blickkontakt mit dem dunkelhäutigen jungen Mann. In dessen grauen Augen lag Anstrengung und Furcht. So bang wie gerade eben wurde Spike bei dessen Anblick aber nicht dabei. Im Gegenteil, das warme Gefühl in seinem Magen loderte wieder auf.
»Lassen Sie ihn los, Sie Verrückter!«, Spike sprang endlich auf die Beine, kam heran, bekam den rechten Arm des bewaffneten Mannes zu fassen und zerrte daran.
»Lass du los!«, wetterte der Mantelträger. »Ich bin hier der Gute! Dieses Biest wird heute Nacht erlegt, der Pflock muss in sein Herz!«
»Was?«, Spike ließ den offenkundig Verrückten los und endlich kam ihm ein vernünftiger Gedanke. »Ich habe ein Mobiltelefon! Ich rufe die Polizei!« Kaum hatte er damit gedroht, ließ der Mann den Pflock fallen und packte statt dessen Spike mit der nun freien rechten Hand am Kragen. Den Schwarzen hielt er dabei noch immer gleichzeitig in Schach.
»Das wirst du schön lassen und ... ähm ... ja, du wirst brav nach Hause gehen und keinem davon erzählen!«
»Das denken Sie sich! Aber ich werde trotzdem die Polizei rufen!«, brüllte Spike dagegen und brachte den Gegner damit kurzzeitig aus dem Konzept. Dessen Griff lockerte sich ein wenig und der Dunkelhäutige kam frei. Keuchend rang er nach Luft, robbte zur Seite und fletschte die langen Zähne. Der breitschultrige Mann fuhr zusammen und ließ Spike zu Boden fallen. Hektisch wühlte er in einer seiner vielen Taschen und zog ein Fläschchen hervor. Unterdessen schnaufte Spike und schielte zur Seite. Ein Zischen wie von einer Schlange kam aus der Kehle des dunkelhäutigen Mannes. Langsam richtete sich jener gerade auf und dabei versagte Spike fast schon wieder der Atem. Bisher hatte er den hageren Fremden niemals auf die mindestens zwei Meter geschätzt, zu denen sich jener nun aufrichtete. Jetzt überragte er gar den Trenchcoat-Träger. Angstschweiß glänzte in dessen Gesicht auf den speckigen Wangen. Einige Schweißperlen rannen ihm gar über seinen Walross-Schnurrbart. Hektisch fingerte der Typ mit der Mütze am Verschluss des Flacons, bekam ihn endlich auf und schüttete seinem Gegenüber den Inhalt ins Gesicht.
Ein greller Schrei entwich dem hochgewachsenen schwarzen Mann daraufhin und der Kerl im Mantel begann schwer zu atmen, offenbar ging ihm nun auch die Muffe. Sein Schnauzer bebte regelrecht vor Anspannung. Während sich Spike noch fragte, was hier gespielt wurde und mit welcher Säure gerade hantiert worden war, stieg ihm ein eigentümlicher Geruch in die Nase. Es war aber nicht der von Gift und Galle, sondern jener des beliebtesten Gewürzes seiner Stiefmutter: Knoblauch.
Ein Husten kam von dem Übergossenen, sein Gegner machte einen Schritt rückwärts und auch Spike rutschte ein Stück davon. Er war jedoch weder im Stande davon zu rennen, noch um einen klaren Gedanken zu fassen oder gar mit dem Telefon Hilfe zu rufen. Völlig perplex schauteSpike sich an, was da vor seiner Nase geschah. Es war alles für ihn völlig unrealistisch, als würde er gar nicht dabei sein, sondern einen Film anschauen.
Ein Husten kam von dem Großen, der sich schüttelte wie ein nasser Hund: »Hey, Meister! Knoblauch-Öl ist echt okay. Nimm aber nächstes Mal Dill-Essig - den kann ich nicht ausstehen.«
»Wie bitte?«, der Mann mit Trenchcoat und Walrossbart ballte die kräftigen Fäuste und zog einen neuen Gegenstand aus der Manteltasche: ein Kreuz, welches er gleich von sich schleuderte. Frontal traf es den dunkelhäutigen Mann an der Stirn, welcher in hohen Tönen kreischte: »Was soll denn der Mist schon wieder? Verdammt, das tut doch weh! Aus was ist das Ding, aus Eisen?«
»Aus geweihtem Eisen, du Ignorant!«, beschwerte sich der Bärtige. »Zerfalle endlich zu Staub und kehre in das Fegefeuer zurück, aus dem du gekrochen kamst!«
Nun wurde Spike alles klar. Das war ein Traum. Die Realität konnte es ja wohl kaum sein. Denn offenkundig handelte es sich hier um einen Disput des Guten gegen das Böse. Einer der beiden war der Jäger, der andere der Gehetzte - ganz so wie in den Vampir-Videospielen. Doch es wurde noch besser.
»Wie war das?«, der Große rieb sich die Stirn. »Kannst du das wiederholen, das ging mir echt zu schnell. Ich glaub ich hab 'ne Gehirnmauke von der ganzen Würgerei.«
»Dir werd ich es zeigen, Dämon!«, schon sprang der Mann mit Schnauzer vor, packte das Kreuz und hieb damit um sich. Mehr als einmal traf er auch, was der Andere mit Wehgeschrei beantwortete. »Na bitte, so kann man das heilige Kreuz auch einsetzen!« Während er noch faselte, traf er den Schwarzen am Hinterkopf, der sich daraufhin auf dem Boden lang streckte und nur noch ein Stöhnen von sich gab. Irgendetwas tropfte von dem metallenen Gegenstand und endlich fand Spike wieder zu sich.
»Hilfe, Polizei!«, brüllte der Junge aus Leibeskräften und wollte stiften gehen, doch da kam der Kerl im Mantel auch schon ihm nach und packte ihn am Schlafittchen.
»Du gehst nirgendwo hin!«
Voller Entsetzten drehte Spike ihm den Kopf zu. Ihm dünkte, dass nun sein letztes Stündlein geschlagen hatte. Der kalte Blick des Fremden streifte ihn.
»Ich meine ... du solltest nicht gehen bevor du die Wahrheit kennst.« Dabei ließ er Spike zu Boden fallen. Da sie nun nahe der Lampe waren, konnte Spike das grobschlächtige Gesicht des Mannes erkennen, dessen feiste Wangen, die blitzend hellblauen Augen und die Glatze, von der er sich gerade den Schweiß mit dem Hemdsärmel abwischte, nachdem er die Schiebermütze abgesetzt hatte.
»Hier gibt es nichts, weswegen man die Polizei rufen muss. Ich bin ein Jäger und der da ... ist ein Vampir und es ist das Gesetz der Welt, dass die Guten - also ich - Typen wie den aus dem Weg schaffen, damit sie nicht arme hilflose Passanten des Nachts überfallen, schlafende Mädchen aussaugen ... na du weißt schon, was ich meine.«
Wie ein verschrecktes Kaninchen schaute Spike von unten zu dem Mann auf. Eines war ihm bewusst: der Kerl musste völlig wahnsinnig sein. Dieser bemerkte Spikes ungläubiges Gesicht und strich sich über den wilden schwarzen Bart. Ein Seufzen entwich ihm und übertönte das Stöhnen des Gefallenen, der sich im Hintergrund aber schon langsam wieder aufrichtete.
»Was ich wirklich sagen will, ist Folgendes, Junge.«
Zwar hatte Spike die Hoffnung, der Kerl wäre abgelenkt, als er soeben sein Mobiltelefon aus der Hosentasche gefischt hatte. Doch nun musste er feststellen, dass der so genannte Jäger Augen wie ein Luchs besaß. Schon schnellte dessen Hand vor, er packte das Handy und warf es über die Schulter davon. Ein Klatschen verriet, dass es im Fluss versenkt war.
»Wo war ich? Ach ja ... Folgendes: Mach dir keine Sorgen. Du brauchst niemanden zu beunruhigen, schon gar nicht die Polizei!« Dabei richtete sich sein durchdringender Blick auf Spike, der den Kopf zwischen die Schultern zog. »Das hier ist nichts weiter als ein Rollenspiel - du weißt schon, diese halb Verrückten, die sich als Elfen, Trolle und wer weiß was verkleiden und schreiend durch den Wald rennen oder so. In unserem Fall bin ich der Jäger und der da ist Graf Dracula.«
Kurz hielt der Bärtige in seiner Rede inne, da fauchend von hinten der dunkelhäutige junge Mann nahte. Routinemäßig schielte der Kerl im Trenchcoat nach hinten, ballte die Faust und knallte sie dem anderen mitten ins Gesicht, als dieser nahe genug war. Jaulend wich jener gleich wieder zurück, sich die Nase haltend. Etwas Flüssiges tropfte zu Boden.
»Alles nur gestellt«, behauptete der Schmierenkomödiant und rückte seine Schiebermütze wieder auf der Glatze zurecht, »der hat nicht wirklich Schmerzen. Ist alles nur Show - wie im Film.«
Langsam und vorsichtig rutschte Spike noch weiter über den Boden zurück. Der breitschultrige Mann wähnte ihn wohl schon auf der Flucht, als er sich umdrehte und den fauchenden Mann hinter sich abermals am Hals packte. Wieder klopfte Spike das Herz bis zur Kehle. Doch diesmal bewahrte er sich einen kühlen Kopf. Er glaubte kein Wort davon, dass alles nur Show war und schon gar nicht nahm er dem Mantelträger ab, dass dieser der Gute sein sollte. Erneut flackerte der Mut in Spike auf, als er sich gegen den Boden stemmte, um aufzustehen. Ein Kribbeln erfüllte in dieser Sekunde seine Fingerspitzen und ein leichtes Erdbeben schüttelte die Kontrahenten durch. Postwendend fuhr der Schnauzbärtige herum und ließ von seinem Opfer ab, das keuchend in die Knie ging. Der frostige Blick haftete nun wieder auf Spike, als könne dieser etwas für die Naturgewalten.
»Was bist du?«, knurrte der Mann mit der speckigen Jacke, machte einen Schritt nach vorne und abermals kribbelte es Spike in den Fingern. Heulend erfasste eine Sturmböe den Fremden und drängte ihn in Richtung des Flusses, aus dem sich zeitgleich eine Welle erhob, deren Wasser sodann dem Mann um die Ohren klatschte. Ein Teil davon gefror augenblicklich. Hut und Bart waren mit einer dicken Reifschicht bedeckt. Der eisige Blick des Kerls wurde leicht konfus, als er auf dem Absatz herum fuhr und das Weite suchte, etwas von schwarzer Magie brüllend.
Entgeistert starrte Spike ihm nach. Noch immer wusste er nicht, ob er träumte oder wachte. Langsam erhob er sich, doch kaum, dass er stand, sah er sich frontal dem Riesen mit der dunklen Haut gegenüber. Mit seinen gerade mal einen Meter fünfundsechzig fühlte sich Spike eh immer zu kurz geraten. In Gegenwart des Zweimeter-Giganten aber meinte er für einen Moment ein Gnom zu sein. Mit beklommenem Gefühl schaute Spike zu ihm auf. Die grauen Augen des Fremden leuchteten auf mysteriöse Art und Weise. Sein Mund war etwas geöffnet und entblößte die spitzen oberen Eckzähne. Für Spike wirkten sie ganz und gar nicht künstlich, wie etwa sein eigenes Vampirgebiss beim letzten Halloween. Im Gegenteil, sie schienen außerordentlich echt zu sein, genau wie die zugespitzten Ohren, die aus dem krausen Haar des Schwarzen hervor lugten. Wieder wurde Spike ganz flau zu Mute.
»Bitte, friss mich nicht ...«, brachte der Junge mit Mühe hervor. Der Fremde hielt inne, der schon die Hände mit den wohlgefeilten, aber spitzen Fingernägeln nach ihm ausgestreckt hatte.
»Meinen Retter verspeisen? Das wäre außerordentlich unhöflich, oder nicht?«
Spike schluckte trocken. Die Situation wurde immer beklemmender und das warme Gefühl in seinem Magen war vollkommen verpufft. Dafür spürte er nun wieder die bleierne Lähmung und sein wild pochendes Herz.
»Ich will dich nicht fressen. Im Gegenteil, ich danke dir!«, ruckartig schnellte der Fremde vor, schlang die Arme um Spike und drückte ihn an sich. Das kam so unerwartet und heftig, dass der Junge vor Schreck aufschrie und ihm schlagartig schwarz vor Augen wurde.
Wilde Träume von Trollen, die unter Brücken hausten und von kreischenden Vögeln mit Frauenköpfen plagten Spike, bis er aus ihnen aufschreckte. Im ersten Augenblick glaubte er auch die vorhergehenden Ereignisse seien nur eine Illusion gewesen. Dann aber klärte sich sein verschleierter Blick auf und sofort saß er kerzengerade. Er befand sich nicht in seinem Zimmer oder an einem anderen bekannten Ort. Stattdessen hatte man ihn in einem wildfremden Raum mit schwarz angemalten Wänden auf blutroten Samt gebettet. Dieser spannte sich aber nicht als Bettlaken über eine Matratze, sondern bedeckte das Unterfutter, mit dem ein geräumiger Kasten ausstaffiert war. Für einen Moment stockte Spike der Atem, denn jener Kasten hatte ganz ohne Zweifel die unverkennbare Form eines Sarges. Immerhin lehnte der Deckel dazu an der Wand. Daneben standen auf einem Nachttisch weiße Rosen in einer Vase und viele Kerzen auf altertümlichen Kommoden und einem Biedermeier-Schreibtisch tauchten alles in schummriges, unruhiges Licht.
Abermals an diesem Tage hatte der Junge das Gefühl, sein Herz wollte vor Angst zerspringen, dann aber rang er sich dazu durch, Ruhe zu bewahren. Die Realität konnte das hier ja wohl kaum darstellen. Viel mehr kam es ihm vor wie das Szenario aus einem seiner geliebten Videospiele.
»Was hatte doch gleich der breitschultrige Kerl gesagt?«, fragte sich Spike. »Der hat sich als Rollenspieler ausgegeben. Wenn er denn tatsächlich einer war, dann muss der dunkelhäutige Typ mit den scharfen Zähnen auch einer sein ... ja, klar doch. Was auch sonst? Man sehe sich nur diese Detailbesessenheit an!« Spike fasste sich an den Lockenkopf und der Schweiß trat ihm auf die Stirn.
»Ich meine, was soll der Schwarze denn sonst darstellen, als einen überdrehten Rollenspieler? Vielleicht einen echten Vampir?«, führte Spike sein Selbstgespräch fort und setzte dabei ein dümmliches Grinsen auf, um sich selbst zu beruhigen. »Wohl kaum ... so etwas gibt es schließlich gar nicht.«
Tief holte er Luft und schielte nach rechts und links. Alle Möbel waren aus dunklem Teakholz oder etwas Ähnlichem. Ein mottenstichiger Teppich hing an der Wand, der einen Ritter im Kampf mit einem Drachen zeigte. Zwar steckte dem Reptil schon die Lanze des Edelmanns in der Brust, dafür biss er diesem aber soeben den Kopf von den Schultern.
»Tja«, Spike zwang sich weiterhin zu einem Lächeln, »und ich dachte immer, ich sei schräg drauf, weil ich als Kind mal dachte, meine Lieblings-Raumschiffserie sei ein echter Dokumentarfilm, den es durch einen Zeittunnel in unser Jahrhundert verschlagen hatte. Doch das ist noch gar nichts gegen den Kerl hier ... Mann-o-Mann. Das ist schon richtig schaurig.«
Spikes Blick haftete an einem Totenschädel, der oben auf einer Kommode lag, dicht daneben ein Plakat von einer Aufführung von Shakespeares Hamlet, samt dem berühmten Zitat »Sein, oder nicht sein, das ist hier die Frage«.
»Das passt ja wie die Faust aufs Auge«, dachte sich der Junge an dieser Stelle, »der Kerl, der hier wohnt, lebt tatsächlich seine Rollenspiel-Fantasie. Ein Sarg als Bett, das ist ja wohl oberkitschig.« Dann aber kamen ihm wieder Bedenken. »Und was, wenn es doch echt ist?« Der kalte Schweiß rann Spike den Rücken herab und neben ihm ertönte ein Rascheln.
Zwischen Kerzen und einer Blumenvase erschien eine weiße Farbratte mit dunkelbraunem Kopf und einem großen, sattelartigen Fleck auf dem Rücken. Mit geweiteten Augen starrte Spike sie an, während sie Männchen machte und die Schnauze öffnete. Zum Vorschein kamen aber nicht nur die üblichen frontalen Nagezähne. Nein, diese Ratte hatte nebst den Schneidezähnen - an einer Stelle, wo Ratten eigentlich gar keine Zähne aufwiesen - auch noch jeweils im Ober- und Unterkiefer zwei spitze Eckzähne.
»Na, alles klar? Endlich genug geratzt, Dornröschen?«, kam es keck und eindeutigerweise aus der Schnauze der Farbratte. Spike fuhr zusammen und warf seinen Oberkörper ruckartig ein Stück zur Seite, woraufhin der Sarg zu schwanken begann.
»Immer sachte!«, mit einem Wahnsinnsprung hüpfte das Nagetier zielgenau dem Jungen an die Brust und krallte sich in dessen grünem Pullunder fest. »Vielleicht sollte ich mich erst einmal vorstellen ...« Dazu kam die sprechende Ratte aber nicht mehr, da ein mittelschwerer hysterischer Anfall Spike packte. Schreiend warf er sich herum, der Sarg kippte zur Seite, er rollte sich seitlich heraus, setzte sich dann auf und streifte so schnell als möglich den Pullunder ab. Samt der Ratte schleuderte er das Kleidungsstück in die nächstbeste Ecke. Ein entrüstetes Quieken bekam er postwendend zu hören. Schwer atmend kam Spike auf die Füße und sah sich hektisch nach einer Tür um. Die fand er auch tatsächlich an der gegenüberliegenden Seite des Raumes. Schon wollte er darauf zustürzen, als sich etwas Neues tat. Ein eiskalter Hauch fegte ihm ins Gesicht und aus der Wand zu seiner Rechten schälte sich zu seinem Entsetzen eine Hand heraus, scheinbar gefertigt aus rauchigem Glas mit einem leichten Blauschimmer. Der Hand folgte eine zweite, dann die dazu gehörigen Arme und schließlich der Oberkörper und Kopf eines jungen Mädchens mit zwei Pferdeschwänzen. Die zweifelsfreie Geistererscheinung schwebte direkt neben Spike in der Luft, hob die Arme und gab ein schauriges Heulen von sich, das gefolgt wurde von den Worten: »Memento Mori - Du musst sterben!«
Da gab es für Spike kein Halten mehr, brüllend stürzte er zur Tür, vorbei an einem mit schweren schwarzen Gardinen verhangenen Fenster, unter dem Töpfe voller Orchideen, fleischfressender Pflanzen und Kakteen standen. Um ein Haar wäre Spike über die weißen Plüschpantoffeln mit dem niedlichen Häschengesicht gestolpert.
Fast hatte Spike die Tür schon erreicht, da schwang diese auf. Eine dunkle Gestalt durchtrat den Türrahmen und Spike stoppte mitten in der Bewegung. Zu über zwei Metern Höhe baute sich der Fremde nun vor ihm auf. Es bestand kein Zweifel darin, dass es der schwarze Mann von vorhin war. Auf dessen Kopf gediehen prächtig viele krause Locken, die sich, nach allen Seiten abstehend, zu einem voluminösen Afrolook vereinigten. Gekleidet war der junge Herr in eine dunkle Hose und ein rüschenbesetztes Hemd, zu dem er einen schwarzen Umhang mit innseitig silbernem Futter trug.
»Na, alles klar? Danke für die Rettung. Fast hätte mir der Jäger alle Rippen gebrochen - ach was rede ich da, das hat er doch getan!«
Mit geweiteten Augen starrte Spike zu ihm auf. Er wusste schon lange nicht mehr, was er von all dem halten sollte. Für einen Streich eines übergeschnappten Rollenspielers fühlte es sich alles definitiv zu real an.
In der Hand hielt der Farbige ein stilvolles, antikes Kristallglas, das angefüllt war mit einer schimmernd roten Flüssigkeit. Unweigerlich begann Spike zu schlottern. Etwas erstaunt schaute der Fremde aus seinen grauen Augen und hielt dem Jungen dann das Glas unter die Nase: »Ach 'nen Schluck? Ist lauwarm.«
»Iiihhh!!!« Erneut gab es für Spike kein Halten mehr, schreiend fuchtelte er mit den Armen, um den Riesen von sich fort zu drängen, mit dem Erfolg, dass sich die rote Flüssigkeit über sein weißes Hemd ergoss. Dadurch wurde Spikes hysterischer Anfall nur noch schlimmer. Wild mit den Händen rudernd bahnte er sich seinen Weg an dem Großen vorbei und aus dem Zimmer heraus in den Gang. Ohne lange zu zögern, schlug Spike nach links ein und sauste schreiend davon, so schnell ihn seine Beine trugen.
»Och nö...«, maulte der hochgewachsene junge Mann und stierte ihm nach, »wieder alles verbockt ...« Dabei machte er ein sehr deprimiertes Gesicht, riss sich dann aber zusammen und stürzte hinterher. »Warte doch! Ich muss dir noch was Wichtiges sagen! Egal, wem oder was du hier auch begegnest, es hat mindestens genauso viel Angst vor dir wie du vor ihm! Naja, meistens jedenfalls.«
Doch Spike hörte das schon nicht mehr, da er längst um die nächste Biegung des Ganges gebogen war, welchen nur spärlich die wenigen Kerzen in Haltern an den Wänden erhellten.
Eine Gestalt erspähte Spike am Ende des Korridors. Hoffnung keimte in ihm auf, endlich auf einen normalen Menschen zu treffen. Mit den Armen rudernd rannte er direkt auf die Gestalt zu, die er für einen Mann im grauen Anzug hielt: »Sir, zu Hilfe! Ein Monster will mich fressen!«
»Was, ein Monster, wo denn?«, kam es von Spikes Verfolger und dieser verharrte just vor einem großen Spiegel, der an der Wand hing. Hektisch sah sich der Schwarze um, erblickte dann das Spiegelbild und zuckte erst leicht zusammen, bevor er aufatmete. »Ach so.«
Derweil war Spike bei seinem vermeintlichen Retter angelangt und das kalte Grauen packte ihn abermals. Zwar handelte es sich tatsächlich um einen Mann im Anzug, doch hatte dieser keinen Kopf! Zumindest saß der nicht zwischen den Schultern, wie weit verbreitet. Stattdessen hatte sich der Mann den Schädel unter den Arm geklemmt.
Nach links bog der Gang an dieser Stelle ab und wie vom Teufel geritten stürzte Spike weiter, hinfort von der kopflosen Gestalt. Sein Verfolger heftete sich wieder an seine Fersen.
»Hilfe!«, brüllte Spike aus voller Kehle und eine Tür öffnete sich an der linken Seite des Korridors. Ein runzliger alter Herr streckte den Kopf auf dem langen, dürren Hals heraus. Er trug einen schwarzen Männer-Kimono, besaß einen geflochtenen Zopf, krumme Krallen an den Fingern und eine leichenblasse Haut, die mit einem zarten grünen Haarflaum überzogen war.
Für einen kurzen Augenblick stoppte Spike und starrte dem Fremden ins schauderhafte Angesicht. Jener schaute ihn mit ebensolchem Interesse von oben bis unten an, wobei er die spitzen Zähne bleckte, die schon einem Vergleich mit dem Gebiss eines Hais standhalten konnten. Leicht begannen die übertrieben langen Augenbrauenhaare des alten Mannes zu beben, als auch der dunkelhäutige Riese keuchend anlangte.
»Hulk!«, schnauzte der alte Kimonoträger den Farbigen an. »Es ist verboten, Appetithappen mit in die Universität zu bringen! Sieh sich einer diese Schweinerei an! Von oben bis unten mit Blut verschmiert!«
Schreiend wie ein kleines Mädchen raste der besudelte Spike daraufhin weiter. Sich eifrig entschuldigend folgte ihm der Lange, als würde er dem Jungen am Hacken kleben. Unterdessen wetterte der Alte mit dem schauderhaften Aussehen noch weiter: »Du wirst es nie lernen, Hulk! Wie oft muss ich dir das noch vorbeten? Es gibt doch nur sechs einfache Regelsätze der Jagd: 1. Im Dunkeln lauern. 2. Geeigneten Blutspender auswählen. 3. Hypnotisieren. 4. In Maßen genießen. 5. Erinnerungen löschen und 6. Das Opfer an einen Ort bringen, wo es schnell gefunden wird und Hilfe rufen, damit der Blutspender versorgt wird. Da ist keine Rede von Blutbädern, wilden Verfolgungsjagden oder dergleichen!«
»Natürlich, Sir!«, brüllte der Farbige über die Schulter und stoppte vor einem weiteren Wandspiegel. Ohne sich umzuschauen, rannte Spike unterdessen weiter. Die Flure schienen gar kein Ende nehmen zu wollen. Immer wieder gab es neue Biegungen und abzweigende Korridore.
»Er hat einfach Angst vor mir«, murmelte der Lange vor dem Spiegel zu sich selbst, »aber ich weiß schon, wem der Junge vertrauen würde.«
Keuchend musste Spike zwei Gänge weiter anhalten und nach Luft schnappen. Er war es nicht gewohnt, so lange und ausdauernd zu rennen. Hinter sich hörte er keine Schritte mehr, so als hätte er den Verfolger abgeschüttelt. Auf leisen Sohlen weiter schleichend, bog er um die nächste dunkle Ecke und stieß prompt mit etwas sehr flauschigem zusammen. Zunächst hielt er es für einen Schäferhund, doch der Haarberg entpuppte sich nur allzu schnell als Wolf mit blütenweißem Fell, der sich zur Größe eines Reitponys auf seinen vier Pfoten aufstellte. Ein bedrohliches Knurren kam aus der Kehle des edlen Tieres, dem der Junge direkt in die Pupillen starrte. Das linke Auge des Wolfes leuchtete in einem frühlingshaften Grün während das andere eindeutig haselnussbraunwar.
Wieder kam ein Brummen aus der Kehle des Wolfes und flach drückte sich der Junge an die Wand. Ein Kläffen war in dem Teil des Ganges zu hören, den Spike gerade verlassen hatte. Mit lang heraushängender Zunge nahte ein schokoladenbrauner Labrador. Ein Schnauben entwich dem riesigen Wolf und dieser trabte davon und verschwand im Dunkel eines abzweigenden Ganges.
»Du, hier?«, keuchte Spike atemlos und umarmte den wohl bekannten doggengroßen Hund. Dieser wedelte unaufhörlich mit der Otterrute.
»Bitte bring mich hier so schnell es geht heraus! Hier scheinen alle verrückt geworden zu sein ... oder vielleicht habe auch ich den Verstand verloren! Stell dir nur vor, ich habe Trolle, Vampire und Monster gesehen!«
Leicht legte der Labrador Retriever den Kopf schief. Im Blick seiner grauen Augen lag etwas Mitleidiges.
»Kannst du mich aus diesem Labyrinth heraus führen?«
Wie zur Bestätigung gab der Hund ein Kläffen von sich, doch da überschlugen sich die Ereignisse abermals. Mit Quietschen öffnete sich eine weitere der vielen Türen, die sich an der linken Wand des Ganges befanden. Während Spikes Herz kurz aussetzte, da er sich schon ausmalte, was für eine Schreckensgestalt nun auf den Plan treten würde, erschien schon fast zu seinem Bedauern nur ein schlankes Mädchen in der Tür, deren blondes Haar ihr den ganzen Rücken hinunter floss. Etwas erstaunt schaute sie auf den Jungen und den Hund herab.
»Wirst du auch hier gefangen gehalten?«, keuchte Spike und kam endlich wieder auf die Füße. »Schnell, wir müssen fliehen. Jetzt oder nie.« Schon griff er nach der Hand des Mädchens, welche sie aber zurückzog.
»Wie bitte? Ich bin keine Gefangene, sondern eine Austauschschülerin. Mein Name ist Cinderella. Ich brauche keine Hilfe ... sehe ich etwa so aus? Was für eine Frechheit!«
Hinter dem blonden Backfisch schnaubte es und aus dem Zimmer trat eine eigenartige Kreatur heraus, garantiert zweieinhalb Meter hoch. Mit breiten Schultern, bekleidet nur mit einem Lendenschurz. Schiefe Zähne saßen im Mund des Wesens, das leise knurrte und auch wenn es ansonsten recht menschlich wirkte, so hatte es doch nur ein einziges Auge im Gesicht, das direkt über der Nasenwurzel saß. Ungläubig stierte Spike den Unhold an. Zweifelsohne glich er den Zyklopen aus einem seiner Lieblingsspiele.
Dies konnte nicht die Realität sein, oder vielleicht doch?
»Du bist wohl neu hier«, kam es reichlich hochnäsig von dem blonden Mädchen mit den spitzen Ohren, dann fiel deren Blick auf den braunen Hund. Verzückt rang sie die grazilen Hände. »Oh! Da ist das süße Schoki-Hundi wieder!«
Hinter ihr schnaufte der einäugige Riese und trat ruckartig einen Schritt vor. Schon drückte sich Spike wieder gegen die Wand, rutschte langsam an ihr entlang und von dem Scheusal weg. Hin und her gerissen schaute der Labrador Retriever zu ihm und dann wieder zu dem blonden Mädchen, das mit Engelsstimme versuchte ihn anzulocken. Leises, schon leicht verzweifelt klingendes Winseln kam aus der Kehle des Hundes.
»So ein braver Junge«, raspelte das Mädchen Süßholz, »am liebsten würde ich dich knuddeln!« Leicht legte der Labrador den Kopf schief, hechelte und guckte etwas verträumt, doch statt der Hände des Mädchens schnellten nun die haarigen Arme des Zyklopen vor, packten den Hund und drückten ihn gegen die kräftige Brust.
»Hündchen!«, brüllte der Riese aus voller Kehle und freute sich wie ein Kleinkind unter dem Weihnachtsbaum. Glockenhelles Lachen kam von dem Mädchen und Spike schüttelte die Panik, er fuhr herum und rannte laut schreiend weiter den Gang entlang. An die Rettung seines Hunde-Kumpels konnte er in diesem Moment überhaupt nicht denken, stattdessen sah er endlich ein Licht am Ende des »Tunnels« und stürzte darauf zu. Wie sich heraus stellte, befand sich dort eine Glastür, die sich auch ohne Widerstand zu leisten, mit dem herunterdrücken der Türklinke und etwas Schieben öffnen ließ.
Immer noch aus voller Kehle brüllend stürzte Spike hinaus ins gleißende Tageslicht, das ihn einen Moment lang blendete. Er raste weiter über den ebenen gekacheltenBoden, bis ihn eine brusthohe Balustrade stoppte. Da erst wurde er gewahr, dass er sich nicht ebenerdig, sondern auf einer Terrasse befand. Mindestens vier Stockwerke ging es in die Tiefe. Viele Lichter hier oben und unten am Boden machten die Nacht fast zum Tage.
Beim Anblick des Abgrunds versagte Spike die Stimme und zu seiner Bekümmerung war er auch nicht allein. Ein halbes Dutzend Mädchen standen auf dem Balkon und guckten ihn teilweise entsetzt, teilweise geringschätzig an. Drei Grazien mit schwarzem Haar und vornehmer Blässe kicherten albern hinter vorgehaltener Hand. Ein anderes Mädchen im schwarzen Gothic-Lolita-Look mit bauschigem Petticoat Rock kaute lustlos auf einem Kaugummi. Ihrem Rücken entsprangen zweifelsohne zwei orangeschwarze Monarchsfalterflügel von mindestens zwei Metern Spannweite.
Die letzten zwei jungen Damen waren mit Umhängen, Röcken und Blusen aus dunklem Stoff angetan und trugen einen spitzen Hexenhut auf dem Kopf, genau wie die ältere Dame mit dem grauen Haar, die soeben strammen Schrittes heran trat.
»Wer bist denn du?«, kam es mit viel Schneid von der resoluten grauhaarigen Dame und diese rückte ihre Brille zurecht. »Ein neuer Schüler vielleicht? Hat mich die Direktion schon wieder nicht informiert?« Sie gab einen abwertenden Zischlaut von sich und schüttelte das Haupt mit der Hakennase. Die Mädchen im Hintergrund giggelten noch lauter.
»Sei es drum! Dir werd ich das Besenfliegen auch noch beibringen. Nur wer wagt, der gewinnt. Also bitteschön, wollen mal sehen, was du anderswo schon gelernt hast.«
Ohne weitere Vorrede drückte die Frau Spike auch tatsächlich einen Besen in die Hand, während der sich noch fragte, ob er richtig gehört hatte. Ziemlich perplex schaute er das Kehrgerät an, an dessen vorderem Ende sich eigentümlicherweise die Lenker eines Fahrrades befanden. Etwas weiter hinten war dann ein passender Fahrradsattel montiert. All die herum stehenden Mädchen hatten im Übrigen auch solch ein verbessertes Kehrgerät zur Hand.
»Na was ist denn nun?«, wurde die Dame mit dem spitzen Hut recht ungeduldig. »Wird das heute noch was oder brauchst du einen Vorturner? Pandora, wenn ich bitten darf!«
Leises Maulen kam von der Dreierclique, während sich das Gothic-Mädchen mit den Flügeln lässig auf den Sattel schwang, das Wort ,Athelio‘ brüllte und sogleich mit dem Besen in den Himmel hinein startete. Mit offenem Mund schaute Spike ihr nach.
»Na bitte, meine beste Schülerin ist schon gestartet. Worauf warten denn alle anderen? Braucht ihr noch Extraeinladungen, Mädchen? Und was ist mir dir, Dings ... neuer Schüler?« Mit mehr oder minder größerer Begeisterung starteten auch die anderen Mädchen durch. Nur Spike blieb zurück und spielte kurz mit dem Gedanken der verrückten Alten das Kehrgerät vor die Füße zu werfen. Dann aber zögerte er. Es war alles viel zu fantastisch, um wahr zu sein. War er vielleicht vorhin auf dem Nachhauseweg angefahren worden und lag jetzt im Koma und träumte daher solche Dinge? Wenn es tatsächlich nicht real war, warum sollte er dann nicht auch fliegen können? Also nahm er die Lenkergriffe in die Hand, schwang sich auf den Sattel und überlegte dann doch noch einmal. Auch wenn alles hier so irreal anmutete, so fühlte es sich doch wahrhaft gefährlich an. Doch was blieb ihm schon übrig? Wenn er zurück ins Haus ging, würde er sich nur wieder in den labyrinthhaften Fluren verlaufen. Wer konnte schon sagen, was dort noch für Schreckgestalten auf ihn lauerten?
»Ja wird das denn heute nichts mehr?«, erregte sich die grauhaarige Dame. »Komm endlich in die Puschen, Kleiner!«
»Dies ist meine Chance zu flüchten«, versuchte sich Spike einzureden. »So kann ich entkommen, egal ob es nun Einbildung oder doch real ist...«
Bei letztem Gedanken schauderte es ihn dann aber doch. Wenn es doch die Wirklichkeit war, dann konnte sonst etwas passieren, er würde sich den Hals brechen beispielsweise. Schon begann der Zweifel in ihm seinen Triumphzug und er wollte schon wieder absteigen, als die Frau ihm die Entscheidung abnahm.
»Du hast wohl deine Zunge verschluckt, was? Na macht nichts. Dann sag ich es eben für dich, falls du dich kurzzeitig nicht mehr daran erinnern kannst: Athelio!«
»Nein!«, kreischte Spike, doch da hob der Besen auch schon ab und startete senkrecht in die Höhe.
»Ja, nur weiter so!«, drang es von unten an sein Ohr. »Lenken aber nicht vergessen!«
Mit aller Kraft klammerte sich Spike an den Lenker des Besens und starrte hinab zum Balkon, von dem er sich immer weiter entfernte.
»He, du fliegst mir im Weg!« Eines der schwarzhaarigen blassen Mädchen zischte dicht an ihm vorbei, vor Schreck verriss Spike das Lenkrad und der Besen sauste erst schräg nach rechts, dann steil hinunter. Die hinteren Borsten streiften die Balkon-Balustrade. Mit fliegender Zunge langte an jener gerade der Labrador an, bäumte sich auf und bellte ihm hinterher.
»Hilf mir!«, schrie Spike ihm zu, während er sich immer weiter von dem treuen Gefährten entfernte. Die Kontrolle über seinen Besen hatte Spike längst eingebüßt und näherte sich in Sturzflug dem Erdboden. Endlich schaltete sich sein Gehirn wieder ein und er riss den Lenker nach oben. Damit wehrte er den Crash ab, doch nun gebärdete sich der Besen mit einem Mal wie ein Wildpferd, er ruckelte und buckelte und sauste dabei dicht über den mit Gras bewachsenen Boden hinweg, um dann mit einem Mal wieder in die Höhe zu sausen.
»Lass mich leben!«, brüllte Spike gegen den Zugwind an, doch der Besen hatte offenbar anderes vor. Angekommen in einiger Höhe, scherte er nach hinten aus und überschlug sich dabei. Schon hielt sich Spike nur noch mit den Händen am Lenker fest und hing dabei herab. Im Zickzackkurs ging es weiter, ein Stück herab und wieder hinauf. Lange würde er sich nicht mehr halten können.
Heulen und Kläffen kam vom Balkon her, wo sich der Labrador Retriever vor lauter Verzweiflung im Kreis drehte. Die Dame mit dem spitzen Hut war schon zur Balustrade geeilt und all ihre Schülerinnen hatten längst zur Landung angesetzt.
»Was macht er da nur?«, fragte sich die alte Frau und schaute durch ihre Sehhilfe, die sich an einem kunstvollen Stab befand, gleich einer Lorgnette. »Will der sich umbringen? Das sieht so aus, als wäre er noch nie geflogen.«
»Ist er auch nicht!«, keuchte es neben ihr, wo plötzlich der hochgewachsene Farbige mit den spitzen Eckzähnen stand. Er rang die Hände. »Bitte retten Sie den Jungen!«
Die alte Dame rollte mit den Augen, »Es ist doch immer dasselbe mit euch jungen Leuten. Wann lernt ihr es endlich? Übermut tut selten gut!«
Sie machte eine energische Bewegung mit der linken Hand wie eine Dirigentin und zeitgleich hörte der Besen auf zu buckeln, an dem sich Spike fast nicht mehr klammern konnte. Sanft schwebte das Kehrgerät sodann Richtung Erdboden und näherte sich dabei einem neuen unvorhersehbaren Ereignis.
Im breitbeinigen festen Stand und mit angewinkelten Armen verharrte eine Person mit Glatze auf der Wiese, welcher sich der schwebende Junge nun näherte. In Spikes Augen handelte es sich dabei um einen jungen Mann, vielleicht gerade einmal in seinem eigenen Alter. Spike, dem die Stimme inzwischen versagt hatte, musste ungläubig mit ansehen, wie sich ein Löwe ohne Mähne fauchend dem Jungen näherte. Weit hatte das Tier den Rachen aufgerissen, nun blieb es stehen und hob drohend eine der Krallentatzen. Ganz nah war es dabei seinem offenkundig hilflosen kahlköpfigen Opfer und Spike näherte sich auf direktem Kurs jener Raubkatze. Schon schwebte er kaum einen Meter direkt über dem Rücken des Biestes. Ein Kloß saß ihm im Hals, doch zeitgleich verspürte Spike dasselbe warme Gefühl in seinem Bauch, wie es heute schon einmal aufgetreten war. Ohne lange zu zögern, ließ er den Besenstiel los und landete der verdutzten Großkatze mitten im Nacken. Unter seinem Gewicht ging jene fauchend in die Knie und der Junge ohne Haare guckte reichlich erstaunt aus seinem weit geschnittenen Sweatshirt.
»Was soll denn das werden, wenn es fertig ist?«, raunte der Kahle, da buckelte der Löwe auch schon heftig, Spike wurde durch die Luft katapultiert und war selbst am erstauntesten, dass er eine Sekunde später keine unsanfte Begegnung mit dem harten Boden machte, stattdessen fing ihn der Typ mit der Glatze auf. Einen Moment sahen sich beide gleichermaßen verwirrt ins Angesicht. Dabei entging Spike nicht, dass sein Gegenüber zwei verschiedenfarbige Augen besaß.