Die natürliche Heilkraft der Bäume - Heiko Gärtner - E-Book

Die natürliche Heilkraft der Bäume E-Book

Heiko Gärtner

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Beschreibung

Wälder waren über Jahrtausende natürlicher Lebensraum und Quelle großer Energie für die Menschen. Durch das Leben in der Zivilisation sind sie uns mittlerweile jedoch fremd geworden. Doch nach wie vor verfügen sie über vielseitige und faszinierende Kräfte, die den Menschen nutzen können. Heiko Gärtner und Tobias Krüger lehren in diesem innovativen Ratgeber Techniken, mit denen der Leser die Kraft und Energie der Bäume zur Selbstheilung nutzen kann. Dieses Buch ist ein Wegweiser, wie man die Natur wieder als Mentor, Lehrmeister und Heiler annehmen und so das Prinzip von Gesundheit, Krankheit und Heilung neu verstehen kann. Es enthält u.a. praktische Übungen zum Trainieren der Wahrnehmung und der Fähigkeit, in die geistige Welt der Bäume einzutauchen sowie Anleitungen für Meditationen, Hypnosen und Trancereisen um in intensiven Kontakt mit der Natur zu treten. Ebenso werden die individuellen Heilkräfte der einzelnen Bäume erklärt.

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Seitenzahl: 413

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen:

[email protected]

1. Auflage 2017

© 2017 by mvg Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH,

Nymphenburger Straße 86

D-80636 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Redaktion: Petra Holzmann

Umschlaggestaltung: Isabella Dorsch

Umschlagabbildung: © tomertu/Shutterstock

Satz: inpunkt[w]o, Haiger, (www.inpunktwo.de)

ISBN Print 978-3-86882-699-9

ISBN E-Book (PDF) 978-3-86415-974-9

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-86415-975-6

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.mvg-verlag.de

Inhalt

Der Weg zum Heiler-Sein

Teil 1: Die Heilkraft der Natur

Sind wir als Gesellschaftsmenschen glücklich?

Sind wir wirklich getrennte Wesen?

Wer verursacht unser Leid und warum?

Die Welt als Spiegel der Seele

Wie der Wald uns automatisch heilt

Heile, um geheilt zu werden

Teil 2: Der Spiegelplatz der Seele als Heiler und Mentor

Wie finde ich meinen Spiegelplatz der Seele?

Wie begrüße ich den Spiegelplatz der Seele?

Was gibt es am Spiegelplatz zu tun?

Wann, wie oft und wie lange besuche ich meinen Spiegelplatz?

Spiegelplatzübungen

Teil 3: Wie werde ich zum Heilungsschüler der Natur?

Wie werde ich vom Fremdkörper zum Einheimischen in der Natur?

Vom Blindfisch zum aufmerksamen Beobachter aller Welten werden

Die physische Welt wahrnehmen

Die energetische Welt wahrnehmen

Teil 4: In Kontakt mit dem Wald treten

Begegnung mit Kraft- und Heilungsplätzen

Healing-Touch – Heilen durch Handauflegen 211

Teil 5: Baummeditationen und Baumhypnosen

Wie kann ich mich selbst in einen hypnotischen Zustand versetzen?

Der innere Medizinort

Der Medizinkörper

Der innere Medizinmann

Kontakt mit der Heilkraft der Bäume aufnehmen

Abschluss und Ausblick

Dank

Quellen

»Die Ursache für so viel Schmerz und Krankheit liegt im Nicht-verbunden-Sein mit unseren Körpern, Herzen, Familien, unserem Essen und dem Sinn für unsere Zugehörigkeit. Naturvölker überall auf der Welt haben seit jeher gewusst, dass Heilung durch Gemeinschaft entsteht. Mit Gemeinschaft ist hierbei ein wundervolles, komplexes, lebendes System gemeint, in dem die Menschen ein kleiner Teil des Ganzen sind. Heilung geschieht dann, wenn wir uns (wieder-)verbinden können, mit Natur, Familie, Spirit, unserem eigenen Selbst. Durch starke Beziehungen erhalten wir die Ressourcen und die Medizin, die wir in diesen turbulenten Zeiten brauchen. Wir sind ein Teil der Natur. Natur kann uns heilen, wenn wir uns mit ihr verbinden. Und Natur kann durch uns heilen. Es ist an der Zeit, aufzuwachen und die Verbindung zur Natur-Gemeinschaft wieder aufzubauen, nach der unsere Seelen, Geister und Körper so sehr hungern.«

DarrelCombs, Medizinmann aus Oklahoma

Der Weg zumHeiler-Sein

Als ich vor vielen Jahren durch Thailand reiste, wurde ich, Heiko Gärtner, am Strand auf einen Jungen aufmerksam, der wunderschöne Bilder in den Sand malte und gleich wieder zerstörte. Neugierig und zugleich bestürzt über die Zerstörung der kleinen Kunstwerke fragte ich den Jungen, was er da mache? »Ich will lernen, was es heißt loszulassen, um ins Urvertrauen zu kommen!«

Er war gerade dabei, eine wichtige Ausbildung zu machen. Nicht an einer Schule, wie man sie sich in unserer Gesellschaft vorstellt, sondern eine Ausbildung des Lebens selbst. Viele Stunden verbrachte er damit, still an einem Baum zu sitzen und den Wald zu beobachten. Dann wieder streifte er mit seinem Mentor umher, folgte Tierspuren, schlich wie ein Fuchs oder imitierte die Bäume und den Wind. Vieles kam mir damals sonderbar vor und ich wusste nicht recht, was ich davon halten sollte. Doch ich spürte etwas, was ich zuvor noch nie bei einem Jungen in diesem Alter gespürt hatte: eine tiefe Verbundenheit, eine starke Präsenz und eine ehrliche Begeisterung für alles, was er tat oder sagte. Alles, was der Junge lernte, lernte er, weil es sein Weg war und weil er es aus vollem Herzen wollte.

Einige Jahre später machten wir, Tobias Krüger und ich, uns selbst auf, um mehr über die Magie der Natur zu erfahren. Nun wurden auch wir zu Schülern, und das Leben schenkte uns die ungewöhnlichsten Mentoren, die man sich nur vorstellen kann. Wir lernten von einem Heiler der Sinti und Roma, von einem alten kanadischen Häuptling, von einem Clan der Maori und schließlich von einem Medizinmann aus Oklahoma. Doch all diese Menschen waren stets nur Weggefährten, die uns hinaus in den Wald begleiteten, wo wir von den wahren Mentoren lernen durften. Erst jetzt erkannten wir, dass wir als Erwachsene den gleichen Weg gingen, auf den sich auch der thailändische Junge damals gemacht hatte. Es spielt keine Rolle, ob man 4 Jahre alt ist, 24 oder 64. Ein Weg beginnt immer mit dem ersten Schritt. So fanden auch wir uns dabei wieder, wie wir stundenlang reglos an einem Baum saßen, Rehe beim Grasen und Käfer beim Krabbeln beobachteten, Fährten lasen und auf eine Art und Weise mit Bäumen kommunizierten, wie wir es zuvor noch für verrückt gehalten hätten. Als Kinder war der Wald ein Abenteuerspielplatz für uns, später wurde er zu einem Erholungs- und Rückzugsort. Nun aber erkannten wir, dass er weit mehr ist als das. Er ist unser wahres Zuhause, unsere Heimat, unser Lehrmeister und Heiler. Je mehr wir über die Gesetze der Natur erfuhren, desto mehr erkannten wir auch über uns selbst. Zum ersten Mal wurde uns bewusst, wer wir wirklich sind und wohin unser Lebensweg gehen sollte. Die Fährtensuche im Wald führte uns automatisch auch zur Fährtensuche in der Seele und wir erkannten immer neue Zusammenhänge und Ursachen von Krankheiten. Uns wurde bewusst, dass nichts im Leben grundlos geschieht, sondern alles ein Spiegel unserer eigenen Seele ist. Je mehr wir in den Naturkreislauf eintauchten, desto mehr spürten wir, dass die Natur uns heilte und dass jede Krankheit ein Hinweisschild ist, um uns näher zu unserem wahren Sein und zu einem Leben in Glückseligkeit zu führen.

Auf dem Selbstheilungsweg befinden wir uns noch immer. Inspiriert durch den Apachenscout Stalking Wolf, der 62 Jahre lang durch Nordamerika wanderte, um das Wissen aller Naturvölker zusammenzutragen, machten auch wir uns auf, um als wandernde Forscher und Heiler die Welt zu umrunden. Seit zweieinhalb Jahren sind wir nun unterwegs, haben rund 16 000 Kilometer zu Fuß zurückgelegt und leben ebenso ohne Geld wie die Bäume, Rehe und Eichhörnchen. Das Wandern und Wirken in der Natur ist dabei zu unserem Leben geworden, und nun, da wir diese Zeilen hier schreiben, sitzen wir in einem Wald an einen Baum gelehnt, während uns ein Fuchs aus vorsichtiger Distanz beim Tippen zuschaut.

Diese Art des »Medizingangs« hat in allen Naturvölkern eine lange Tradition, und obwohl wir bereits als Kinder von dieser Idee begeistert waren, begriffen wir die Kraft, die in einer solchen Erwachungsreise wohnt, erst unterwegs. Erst dann, als wir den Schutzkokon der Gesellschaft abgelegt hatten und darauf vertrauen mussten, dass alles zu uns kommt, was wir benötigen, begriffen wir, was es bedeutet, wirklich im Urvertrauen zu leben. So wie sich ein Fuchs keine Sorgen darüber macht, ob er genügend Mäuse fängt, um satt zu werden, fiel auch von uns die Existenzangst ab und wir bekamen die Gewissheit, dass uns das Leben stets mit allem beschenkt, was wir benötigen. Mit der Zeit wurde uns klar, dass dies kein Zufall war. Wir begriffen, dass es die Begrenztheit, an die wir in der Gesellschaft glauben, nicht gibt und dass die Schöpfung stattdessen voll von unendlicher Fülle ist. Zum ersten Mal begriffen wir wirklich, wie sehr wir Menschen zu Erdzerstörern geworden waren und was es bedeutete, ein wahrer Erdheiler zu sein. Je weiter wir reisten und je tiefer wir dabei in den Naturkreislauf eintauchten, desto klarer wurde uns, dass es keine Trennung zwischen uns und der Außenwelt gibt, sondern dass in Wirklichkeit alles eins ist. Ein uralter indianischer Satz, den wir oft zu hören bekamen, lautete: »Heile, um geheilt zu werden, schenke, um beschenkt zu werden!« Was zuvor nur ein philosophischer Gedanke war, wurde nun eine Gewissheit, die wir täglich neu erleben und erfahren durften. Die Welt ist ein Spiegel unserer selbst. Alles, was wir in anderen Wesen erkennen, ist letztlich das Spiegelbild unserer eigenen, am tiefsten geglaubten Gedanken. Wann immer wir einen anderen beschenken, beschenken wir in Wirklichkeit uns selbst, und wann immer wir einen anderen heilen, heilen wir uns. Warum? Weil die Natur nach klaren Gesetzmäßigkeiten funktioniert, die sich in jedem Detail ebenso erkennen lassen wie im ganzen Universum. Wenn wir diese Gesetzmäßigkeiten begreifen und verinnerlichen, können wir die Grenzen unseres beschränkten Verstandes sprengen und zu Weltenwandlern werden, um uns selbst das Paradies zu erschaffen. Wir alle sind ein Teil der Schöpfung und in uns steckt die gleiche Schöpferkraft wie in der göttlichen Liebe selbst. Wir haben vergessen, dass wir selbst dieser Schöpfer sind. Und auch wenn uns das Leben oft komplex und verwirrend vorkommt, geht es letztlich immer nur um ein einziges Ziel: aufzuwachen und zu erkennen, wer wir wirklich sind, um so die bedingungslose Liebe des Universums auszudehnen.

Mithilfe dieses Buches möchten wir auch andere Menschen inspirieren, den Weg zum Erwachen und zum wahren Sein zu gehen, um so vom Erdzerstörer zum Erdheiler zu werden. Es richtet sich an alle, die nicht länger einzelnen Glücks- und Befriedigungsmomenten nachjagen, sondern in die Glückseligkeit eintauchen und ein ekstatisches Leben in vollkommener Gesundheit und Zufriedenheit leben wollen. An all jene, denen es ein Herzensanliegen ist, wahrhaft hilfreich zu sein und heilend bzw. energetisierend anstatt energieraubend zu wirken.

Beim Aufbau des Buches haben wir uns von den Schritten leiten lassen, die auch wir bislang auf unserem Erwachensweg gegangen sind und die in ähnlicher Form jedes Kind in einem Naturvolk durchläuft.

Mein, also Heikos, erster Schritt hin zum Erwachen war dabei jene Schlüsselbegegnung in Thailand, die mein Leben für immer verändern sollte. Durch einen Achsbruch bei einem Offroad-Trip durch den Dschungel fand ich mich plötzlich mitten in der Wildnis wieder. Wie aus dem Nichts stand damals unvermittelt ein orange gewandeter Mann vor mir und schaute mich an, als hätte er mich bereits erwartet. Er war ein Mönch, der hier in einem versteckten Kloster im Wald lebte, und ehe ich mich versah, war ich dabei, ihn zu begleiten und mit ihm gemeinsam die alten Heiligenstätten seines Ordens und die Gräber der Heiler zu besichtigen, die einst hier im Kloster gelebt hatten.

Am meisten aber faszinierten mich die Mentoren unter den Mönchen, die ich hier antraf. Sie strahlten eine Zufriedenheit, Leichtigkeit und Freude aus, wie ich sie noch nie erlebt hatte. Nichts an ihnen war gestellt oder nicht authentisch. Man spürte sofort, dass sie genau wussten, wer sie waren, und dass sie dieses wahre Sein auch zu 100 Prozent lebten. Gleichzeitig strahlten sie eine unglaubliche Vitalität und Gesundheit aus und man erkannte sofort, dass sie vollkommen in ihrer Kraft und in ihrer Mitte standen. Jeder von ihnen hatte Fähigkeiten, die ich mir zuvor nicht einmal im Traum hatte vorstellen können. Sie kommunizierten mit Tieren und Pflanzen genau wie mit einem Menschen, besaßen eine Aufmerksamkeit und Präsenz, die mir wie Magie vorkam, und konnten bereits 20 Minuten im Voraus sagen, was als Nächstes passieren würde. Ihre Sinneswahrnehmung beschränkte sich nicht nur auf den Bereich unserer fünf Wahrnehmungskanäle, sondern reichte bis in eine Ebene, die man bei uns als übersinnlich bezeichnen würde. Im ersten Moment glaubte ich, dass es sich bei all diesen Fähigkeiten um besondere Gaben handelte, die nur wenige Menschen besaßen. Dann aber traf ich den kleinen Jungen, der ganz am Anfang seiner Ausbildung stand, und mir wurde klar, dass jeder diese Fähigkeiten lernen und diese Präsenz annehmen konnte, wenn er nur dazu bereit war. Noch nie zuvor war ich von etwas so sehr begeistert und angetickt worden wie von diesen Menschen. In der kurzen Zeit, die ich im Kloster verbrachte, erfuhr ich nicht nur Dinge, die mein Weltbild für immer auf den Kopf stellten, sondern in mir wurde ein immenser Hunger nach Wissen und Entwicklung geweckt. Dieser zog mich von da an wie ein Magnet nach vorne. An diesem Schlüsselerlebnis wollen wir Sie im ersten Teil des Buches teilhaben lassen, sodass Sie die Erkenntnisse des Mentors in dessen eigenen Worten erfahren dürfen.

Nach diesem Erlebnis musste man mich fast in den Flieger hineinprügeln, denn ich wollte nie wieder zurück in mein altes Leben, das von Stress, Hektik und vielen Krankheiten geprägt war. Ich wollte tiefer in die Magie des Lebens eintauchen und glaubte damals, dass das thailändische Kloster der einzige Ort war, an dem ich dies tun konnte. Wochen- und monatelang machte ich mich nun auf die Suche nach einem Mentor, der mir den Weg ins Erwachen zeigen sollte. Jedoch ohne Erfolg. Erst später begriff ich, dass man einen Mentor nicht auswählen kann, sondern stets von ihm auserwählt wird, wenn man dafür bereit ist. Erst als ich losließ und meine verkrampfte Ego-Suche aufgab, traten die ersten Mentoren wie durch ein Wunder in mein Leben. In der Annahme, dass sie meinen Wissenshunger stillen und meine Fragen beantworten würden, hatte ich mich jedoch getäuscht. Stattdessen bekam ich Gegenfragen, Geschichten und Aufgaben, durch die ich selbst auf die entsprechenden Erkenntnisse kommen sollte. Um beispielsweise die Spiegelgesetze des Lebens zu erkennen, bestand meine erste Lernaufgabe darin, mehr als 3000 Stunden still an einem Baum im Wald zu sitzen und meine Umgebung wie auch mich selbst wahrzunehmen.

Am Anfang war ich von dieser Aufgabe am Spiegelplatz nicht sehr begeistert und viele Stunden lang langweilte ich mich fast zu Tode. Dann aber spürte ich immer mehr, wie die Spiegelgesetze des Lebens von bloßen Verstandestheorien zur inneren Gewissheit wurden. Plötzlich begann ich, die Zusammenhänge zu fühlen, und mit einem Mal kamen auch lang verschüttete Gefühle der Wut, der Trauer, der Verzweiflung und der Angst in mir auf. Alles, was ich in meinem Leben verdrängt hatte, brach nun wieder an die Oberfläche, und ich erkannte, dass ich mein wahres Selbst unter einer dicken Schicht von Masken der Angst verborgen hatte, die ich mir nun Stück für Stück vom Gesicht riss. So waren meine Spiegelplatzbesuche immer wieder mit einer Menge Leid und Schmerz verbunden, doch ich erlebte trotz alledem auch die schönsten Stunden meines Lebens, hatte die grandiosesten Begegnungen und spürte das erste Mal ein Gefühl von Heimat. Der Spiegelplatz wurde so für mich zu einem der wichtigsten »Orte« auf dem Lernweg des Erwachens, und diese Erkenntnis möchten wir nun auch Ihnen in Teil 2 an die Hand geben.

Je tiefer ich auf diese Weise in die Geheimnisse des Lebens eintauchte, desto verstärkt traten neue Mentoren in mein Leben. Diese eröffneten mir nun zusätzlich den Weg zur Selbstheilung und zum Heiler-Sein. Mir wurde klar, dass man nur dann ein echter Heiler sein konnte, wenn man ein Seher, also ein Fährtenleser der Seele war, der die göttliche Sinnhaftigkeit der Krankheit erkannte. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich geglaubt, dass meine Sinne einwandfrei funktionierten. Als ich dann jedoch mit meinem Mentor durch die Wälder streifte, wurde mir klar, dass ich kaum zwei Prozent dessen wahrnahm, was es wahrzunehmen gab. Auf jedes Tier, das ich entdeckte, kamen 1000 weitere, von denen mein Mentor berichtete, die mir selbst jedoch verborgen blieben. Wie aber wollte ich von der Natur lernen, wenn ich sie nicht einmal wahrnehmen konnte? In der kommenden Zeit bekam ich Aufgaben, die mich fast in den Wahnsinn trieben. Um meinen Geschmackssinn zu reaktivieren, aß ich blind und sollte erkennen, welche Nahrung mich wirklich nährt und welche nicht. Ich weiß nicht, wie viel verschimmeltes Brot und fauliges Obst ich in dieser Zeit gegessen habe, bis meine Zunge feinfühlig genug war, um diese Dinge auszusortieren. Je länger ich jedoch mit den unterschiedlichen Sinnen trainierte, desto mehr spürte ich, wie die Welt eine vollkommen neue Präsenz und Intensität bekam. Zum ersten Mal konnte ich Zusammenhänge wahrnehmen und schließlich gelang es mir sogar, hinter die physische Fassade der Welt zu blicken und auch die geistigen bzw. energetischen Ebenen der Wirklichkeit wahrzunehmen. Diesen Weg der Sinneseröffnung, durch den Sie selbst zu einem Seher und damit auch zu einem Schüler der Natur werden können, beschreiben wir im dritten Teil des Buches. Verzweifeln Sie nicht, auch wir sind noch immer am Anfang des Weges.

Mit neu geöffneten Sinnen reiste ich nun um die ganze Welt, um von rund 40 verschiedenen Kulturen das Fährtenlesen in der Seele zu erlernen, um die Ursachen der Krankheiten wahrnehmen zu können. Wieder einmal verbrachte ich gut 1000 Stunden damit, still an einem Platz zu sitzen und zu beobachten. Dieses Mal jedoch auf der Straße, um bei jedem Passanten wahrzunehmen, welche Krankheiten er hatte und warum sie da waren. All diese Erkenntnisse flossen in unser erstes Buch »Krankheiten auf einen Blick erkennen«.

Wahrzunehmen, welche Bereiche eines Menschen noch nicht im Licht der Liebe sind und daher Heilung benötigen, weckte sofort den nächsten unstillbaren Hunger in mir. Die Frage, wie man das Licht in den Körper zurückbringen könnte, sodass Heilung stattfinden kann, hämmerte mir durch den Kopf. Meine Absicht war klar: »Ich will den Schatten der Angst, also der Nicht-Liebe, bzw. die Abwesenheit von Licht mit der Heilungsformel des Lichts durchfluten, sodass sich das Misstrauen, ergo die Angst, in Urvertrauen, in das göttliche Sein verwandeln kann.« Mit diesem magnetischen Gedankenfokus zog ich Mentoren in mein Leben, von denen ich die uralten Heilmethoden des »Healing-Touch« von Stalking Wolf erlernen durfte. Meine Sinne waren durch die Übungen meines Mentors so weit eröffnet, dass ich bereits die unterschiedlichsten Präsenzen der Naturgeschöpfe wahrnehmen konnte. Durch den Healing-Touch konnte ich jetzt auch in einen direkten Austausch mit ihnen gehen und so immer stärker und intensiver von ihnen lernen. Nicht ohne Grund wurden die Bäume dabei zu meinen besten Lernpartnern. Sie gehören zu den geduldigsten und gelassensten Wesen, die es auf unserem Planeten gibt. Auch wenn es fast alle anderen Naturgeschöpfe aufgrund unserer Lernresistenz längst aufgegeben haben, uns als Mentoren zur Seite zu stehen, sind die Bäume noch immer bereit, uns ins Licht zu führen. Je mehr ich mich auf sie einließ, desto mehr war ich in der Lage, die universelle Sprache der Liebe direkt zu begreifen, auch ohne dass sie ein menschlicher Mentor für mich übersetzte. Stück für Stück wurde Mutter Erde wieder zu meinem Mentor und langsam begann die Natur, auf mich direkt zu reagieren. Es waren kleine, oftmals unauffällige Zeichen wie ein aufkommender Wind oder eine besondere Begegnung mit einem Tier, doch ich spürte, dass mich die Natur nun wieder als Schüler anerkannt hatte. Um diesen direkten Austausch mit den Bäumen und der Natur an sich, um Heilung für sich selbst und für andere erfahren zu können, darum geht es im vierten und fünften Teil des Buches.

Mit diesen Lernerkenntnissen war ich natürlich noch kein Medizinmann. Ich befand mich nicht am Ende eines Ausbildungsweges, sondern am Anfang und hatte nun etwa den Stand eines sechsjährigen Indianerjungen. Wie intensiv die Interaktion mit der Natur sein konnte, wenn man sich wirklich in deren göttlicher Kraft befand, begriff ich erst, als ich mein Initiationsritual zur Eröffnung meines Medizinkörpers erhielt. In einem Kreis von 40 ausgewählten Medizinleuten tauchte ich in eine tiefe Meditation ein, während der Mentor auf einer uralten Donnertrommel der Blackfoot-Eagle-Indianer spielte, die seit drei Jahrhunderten nicht mehr angeschlagen worden war. Als der Stamm der Blackfoot-Eagle durch die weißen Siedler fast vollkommen ausgelöscht wurde, entschied der letzte Häuptling, dass diese Trommel erst dann wieder benutzt werden dürfe, wenn mit ihrer Hilfe das alte Wissen über die Heilkraft der Natur wieder an Menschen weitergegeben werden könne, die dazu bereit waren. So sollten überall auf der Welt Akupunkturpunkte des Erwachens gesetzt werden, die sich dann immer weiter ausbreiten sollten, sodass sich das Wissen der Naturgesetze der Liebe wieder verbreitete. Und genau dieses Initiationsritual war das erste von ihnen.

Innerhalb von Sekunden zog sich der wolkenlose Himmel zu einer schwarzen Gewitterfront zusammen, und während des gesamten Rituals schlugen in einem Umkreis von 100 Metern die Blitze um uns ein. Anschließend lösten sich die Wolken wieder auf, als wäre nichts gewesen. Als wir ins Freie traten, trauten wir unseren Augen nicht. Über uns kreisten Hunderte von Krähen, die sich auf eine Weise verhielten, wie ich es noch nie erlebt hatte. Sie flogen nicht einfach nur über den Himmel, sie spielten miteinander, machten Sturzflüge, jagten sich gegenseitig und hielten sich teilweise sogar an den Füßen fest. Erst jetzt begriff ich, dass der Weg zum Erdheiler ein Lebensweg und keine Kurzzeitausbildung war. Ich hatte nun vielleicht ein Prozent von dem erkannt, was es zu erkennen galt.

Durch das Ritual mit der Donnertrommel im Kreis der Medizinleute war nun auch ich zu einem Akupunkturpunkt geworden, der den Auftrag im Herzen erhalten hatte, das alte Heilwissen über die Welt zu verbreiten. Um diesen Auftrag zu erfüllen, machten wir uns zu unserem Medizingang auf, bei dem wir mit jedem Schritt tiefer in unser Heilerbewusstsein eintauchten. Wir waren nun wie kleine Kinder, die von allen Kulturen und Traditionen ein bisschen etwas im Herzen trugen, das mehr und mehr zu reifen begann. In uns brannte nun das Feuer der Shaolin-Mönche, der Medizinleute Nordamerikas, der Maya, der Maori, der Sinti und Roma und natürlich auch unserer eigenen europäischen Wurzeln. Wohin uns diese bunte Mischung eines Tages führen und was daraus entstehen wird, liegt noch in den Sternen. Wir wissen nur, dass wir einen Auftrag haben und dass wir diesem auf allen erdenklichen Wegen nachgehen werden. Unser Weg zum Erwachen ist dabei der gleiche, den einst auch Stalking Wolf im Herzen trug. Es ist der Weg eines Nomaden, der die Spiegelgesetze des Lebens erkennt, indem er um die ganze Welt reist. Stalking Wolf wanderte damals 62 Jahre lang durch Nordamerika und war mit über 80 Jahren noch immer in der Lage, seinen jugendlichen Schüler im Wettklettern auf Bäume zu besiegen. Etwas über zwei Jahre sind wir nun als www.Lebensabenteurer.de unterwegs. Mal sehen, ob wir in 60 Jahren die gleiche Vitalität erlangt haben.

Der andere Weg, um an das gleiche Ziel zu gelangen, ist der, die Ganzheit der Welt an einem einzigen Ort zu erkennen. Welcher der beiden Wege der Ihre ist, spüren Sie vielleicht schon immer in Ihrem Herzen. Vielleicht erkennen Sie es aber auch erst dann, wenn Sie die ersten Schritte als Schüler der Natur gegangen sind.

Fassen wir noch einmal zusammen:

1.Der Weg beginnt mit der Inspiration, die den Hunger in uns weckt, unser wahres Sein zu erkennen und leben zu wollen. Jedes Tier und jede Pflanze ist erleuchtet, und erleuchtet zu sein, ist auch unser natürlicher Seinszustand. Wenn wir das erkannt haben, können wir uns aus vollem Herzen dem Weg zur Erleuchtung verschreiben.

2.Der Spiegelplatz ist einer der wichtigsten Orte und die Übungen dort sind die wichtigsten Mittel, um vom Verstand ins Fühlen zu kommen, aber auch um zu erkennen, welche Masken wir tragen und wie wir diese wieder abstreifen können, sodass unser wahres Sein zum Vorschein kommt.

3.Um ins Erwachen zu kommen und wahrhaft heilen zu können, dürfen wir zu einem Seher werden und all unsere Sinne und Übersinne vollkommen öffnen und reaktivieren. Erst dann sind wir auch in der Lage, die Masken der anderen zu erkennen und hinter die Fassade des Offensichtlichen zu blicken.

4.Durch den direkten Austausch mit den Heilungsmentoren in Form der Bäume können wir unser Heilerbewusstsein erwecken und die Masken aufweichen und entfernen, sodass Heilung eintritt und das wahre Sein zum Vorschein kommt.

Um Ihnen den Weg zum Erwachen zu erleichtern, haben wir in unserem Text immer die zentralen Kernschlüsselthemen in Form der »Naturgesetze der Liebe« herausgearbeitet, die beim Erschaffen helfen und einen neuen Hunger wecken, um noch tiefer in den Erwachensprozess einzutauchen.

Teil 1:

Sind wir als Gesellschaftsmenschen glücklich?

Nach meiner ersten Begegnung mit dem thailändischen Jungen ließ mich eine Frage nicht mehr los: Wie kam es, dass ein so kleiner Junge von seinen Eltern ins Shaolinkloster geschickt wurde? Er war vielleicht gerade einmal sechs Jahre alt. Was also hatte seine Eltern dazu bewogen, ihn einfach wegzugeben und in einem Kloster mitten im Urwald aufwachsen zu lassen? Am Abend bekam ich die Gelegenheit, dem Jungen diese Frage zu stellen, denn er hatte mich eingeladen, bei einem Initiationsritual dabei zu sein. Eine Stunde vor Beginn des Rituals traf ich am Kloster ein und wir setzten uns gemeinsam an ein Lagerfeuer, wo ich das Gespräch begann und ihn befragte.

»Heiko«, erwiderte der Junge, »ich will dir nicht einfach eine Antwort geben, sondern dir so antworten, wie es bei uns hier üblich ist, und zwar mit einer Geschichte, in der du deine Antwort selbst finden kannst.

Vor vielen Monden lebte hier draußen im Wald einmal ein Mäusevolk, das alles besaß, was es zum Leben brauchte. Der Wald war voll von Nahrung, überall sprudelten frische Quellen und es gab die schönsten Höhlen, in denen die Mäuse wohnen konnten. Doch das Leben im Wald war nicht ungefährlich, denn hier gab es Wildkatzen und viele andere Tiere, die nichts lieber fraßen als die kleinen Mäuse, sodass diese stets aufmerksam und wachsam sein mussten. Eines Tages kamen die Mäuse daher auf die Idee, dass ihr Leben bestimmt viel einfacher und angenehmer wäre, wenn man die Fressfeinde auslöschen würde. Die Propaganda, dass die Fressfeinde schuld an allen Problemen wären, verbreitete sich rasend schnell, und mit der Zeit bekamen die Mäuse eine Heidenangst vor den gefährlichen Monstern. Schließlich kam es zu einer Volksabstimmung und die Mäuse beschlossen einstimmig, dass von nun an alle Fressfeinde getötet werden müssten. Es folgte ein harter und erbitterter Krieg, der letzten Endes mit der totalen Ausrottung aller Fressfeinde in der Region endete. Zunächst jubelten die Mäuse, doch schon bald wurde ihnen klar, was sie da angerichtet hatten. Denn all diese Tiere waren ein wichtiger Bestandteil des Naturkreislaufs. Ohne sie konnten sich die Mäuse nun ungehemmt vermehren, und da es auch keine Gefahr mehr für sie gab, mussten sie auch nicht mehr aufmerksam sein. Ihre einst geschärften Sinne waren nicht länger von Bedeutung und die Mäuse wurden so unachtsam, dass sie sich nur noch in den reinen Mäusegebieten bewegen konnten. Um das auszugleichen, erschufen sie Sklaven, bauten sich Mauspaläste und errichteten sich eine eigene Welt nur für Mäuse, die mit ihrem ursprünglichen Lebensraum nichts mehr zu tun hatte. Bald schon bemerkten sie, dass ihr Volk so viele Anhänger hatte, dass sie auf natürliche Weise unmöglich genügend Nahrung und Rohstoffe gewinnen konnten. Doch auch dies hinderte die Mäuse nicht daran, sich immer weiter zu vermehren, bis ihre Zahl schließlich auf das Millionenfache angestiegen war. Nun sahen sie sich selbst als die Spitze der Nahrungskette und als die intelligenteste Spezies an, die es je gegeben hatte. Sie ernannten sich selbst zum Herrscher der Welt und glaubten, dass sie durch nichts mehr aufgehalten werden konnten, da ja ihre natürlichen Feinde verschwunden waren.

Plötzlich aber kam eine besonders kluge Maus und fragte: ›Haben wir ohne die Katzen wirklich ein besseres Leben? Solange wir in unserer natürlichen Umgebung mit unseren Fressfeinden gelebt haben, haben wir uns von 4800 verschiedenen Wildpflanzen ernährt, die wir an unterschiedlichen Standorten gesammelt haben. Heute nutzen wir gerade einmal 34 Kulturpflanzen, die wir alle auf riesigen Feldern anbauen, in deren Erde sich kaum noch Nährstoffe befinden. Durch die Züchtung haben wir es geschafft, dass die Früchte in immer weniger Zeit immer größer werden, ohne dabei aber mehr Mineralien oder Sonnenlicht zu erhalten. Wundert ihr euch da wirklich, dass diese Kulturpflanzen im Schnitt 286 Prozent weniger Energie enthalten als unsere frühere Wildnahrung? Die Tiere, die wir zuvor in den Wäldern gejagt haben und die ein freies und gesundes Leben führen konnten, leben nun zu Zehntausenden aufeinandergedrängt in riesigen Masthallen, können sich kaum mehr bewegen, bekommen keine Sonne mehr, müssen ungesundes Kraftfutter fressen und werden mit chemischen Medikamenten vollgepumpt, die sich dann im Fleisch anreichern. Ist es da wirklich verwunderlich, dass plötzlich Krankheiten und sogar Seuchen entstehen? Aber sind wir deswegen satter? Nein, 30 Prozent aller Mäuse hungern und gleichzeitig werfen wir 70 Prozent unserer Nahrung weg, ohne dass sie verwendet wird. Damit wir Stadtmäuse unser Luxusleben führen können, benötigt jede Maus im Schnitt 34 Sklavenmäuse, die sich mit ihrer nicht artgerechten Arbeit oft zu Tode schuften. Als Wildmäuse lebten wir in harmonischer Gemeinschaft zusammen, doch heute sind wir selbst zu unserem größten Feind geworden. Wir bauen Waffen, führen Kriege, verletzen und vergewaltigen uns gegenseitig und leben in ständiger Angst vor Anschlägen oder Überfällen. Aber auch alle anderen Wesen leiden unter unserer Lebensweise. Innerhalb kürzester Zeit haben wir mehr als die Hälfte der weltweiten Waldfläche gerodet und jedes Jahr fällen wir weitere elf Milliarden Bäume. Dadurch zerstörten wir den Lebensraum unzähliger Tiere, sodass jährlich 5800 Tierarten aussterben. Allein durch unsere Gier nach Fisch haben wir mit unseren industriellen Fangmethoden in nur 60 Jahren 90 Prozent aller Fischbestände ausgerottet. Das Schlimmste dabei ist jedoch, dass wir für jeden Fisch, den wir essen, 53 Meerestiere wieder tot ins Meer zurückwerfen, ohne sie zu nutzen. Der Zwang, ständig immer etwas Neues haben zu wollen, führt dazu, dass wir Unmengen an Müll produzieren, der einfach in der Welt zurückbleibt. In jedem Quadratkilometer Meer schwimmen bereits rund 46 000 Plastikteile, die zu Müllinseln zusammengetragen werden, die teilweise größer als Europa sind. 93 Prozent aller Eissturmvögel haben Kunststoffteile im Magen, weil sie diese mit ihrer Nahrung verwechselten. Den Schildkröten, Fischen und Muscheln geht es nicht besser. Für unsere Medikamente und Schönheitsprodukte quälen wir Ratten, Meerschweinchen und andere Versuchsobjekte, setzen sie unter Drogen, verstümmeln sie und reiben ihnen ätzende Substanzen in die Augen. Warum? Damit wir jährlich 1,2 Millionen neue Chemikalien entwickeln können, über deren Wirkung wir uns dann aber trotzdem nicht sicher sind und die sich überall in unseren Kleidern, Pflegeprodukten und Haushaltswaren befinden. Doch damit nicht genug! Um uns das Leben leichter zu gestalten, haben wir ständig neue Maschinen erfunden, die immer lauter und lauter wurden. Wir sind umgeben von Autos, Flugzeugen, Motorsägen und vielem mehr, sodass es kaum noch einen Ort gibt, an dem man nicht von Lärm umgeben ist. Wundert es da, dass 50 Prozent aller Mäuse einen Hörschaden haben? Trotz all der Erfindungen ist unser Leben aber kein bisschen entspannter geworden. Als Waldmäuse brauchten wir gerade einmal drei Stunden pro Tag, um uns mit allem zu versorgen, was wir benötigten. Heute müssen wir im Schnitt zwischen acht und zwölf Stunden täglich arbeiten, und selbst wenn wir nach Hause kommen, können die meisten von uns nicht abschalten, sondern nehmen den Stress mit ins Bett. Dass all der Lärm, der Stress, das Gift und die Mangelernährung nicht ohne Folgen bleiben, braucht niemanden zu wundern. 22 Prozent aller Mäuse haben heute zeitweiligen Tinnitus und 5 Prozent hören das schrille Klingeln permanent. 23 Prozent der Mäuse haben Bluthochdruck, 43 Prozent haben Herz-Kreislauf-Erkrankungen, jede vierte Maus hat Krebs, 50 Prozent der Mäuse sind übergewichtig, 31 Prozent haben Allergien, 25 Prozent haben Rheuma, 18 Prozent haben chronische Rückenschmerzen, 11 Prozent leiden unter Depressionen, 8 Prozent haben Diabetes, 8 Prozent leiden unter Migräne, 7 Prozent haben Atemwegserkrankungen, 1,3 Prozent sind dement, 90 Prozent haben Karies und 63 Prozent haben so schlechte Augen, dass sie eine Brille benötigen. Fast 50 Prozent aller Mäuse leiden unter psychischen Problemen, weil die moderne Mauswelt so abstrakt geworden ist, dass sie nicht mehr damit zurechtkommen. 45 Prozent von uns schaffen es nicht einmal bis zur Mausrente, sondern brechen zuvor an Stresssymptomen zusammen, werden arbeitsunfähig oder sterben. Und das alles, obwohl wir glauben, dass unser Gesundheitssystem das modernste und fortschrittlichste aller Zeiten ist.‹ Noch einmal fragte die kluge Maus: ›Sind wir wirklich gesünder und zufriedener als zu der Zeit, als unsere Fressfeinde noch lebten und wir ein Teil der Natur waren?‹«

Der kleine Junge machte eine Pause und schaute mich an. Dann sagte er: »Diese Geschichte hat mir mein Vater vor drei Jahren erzählt und mich anschließend gefragt, was für eine Maus ich sein wolle, eine Stadtmaus oder lieber eine Waldmaus, die lernt, in einer Welt mit Katzen zu leben. Hätte ich mich dafür entschieden, eine Stadtmaus zu werden, dann würde ich nun auf eine gewöhnliche Schule gehen. Doch ich wollte eine Waldmaus sein und habe mich dafür entschieden, im Kloster zu leben. Natürlich ist es nicht immer leicht für mich, ohne meine Eltern zu leben, aber hier kann ich lernen, wirklich ich selbst zu sein. Denn genau das ist es, was wir in der Gesellschaft vergessen haben. Wir wissen nicht mehr, wer wir sind, und aus diesem Grund zerstören wir uns selbst und auch die Erde.«

Mein Kopf dröhnte. Ich hatte schon lange gespürt, dass sich der Weg, den wir als Gesellschaft eingeschlagen hatten, einfach nicht richtig anfühlte. Nach dem Feuerwerk der geballten Fakten wusste ich kaum noch, wie mir zumute war. Es kam mir vor, als wäre unsere Gesellschaft ein Schnellzug, der auf eine Betonwand zuraste und der dabei ganz bewusst immer schneller wurde. Was konnte ich dagegen tun? Wie konnte ich aussteigen? Ich wusste keine Antwort und merkte, wie sich mir dadurch die Kehle zuschnürte.

Sind wir wirklich getrennte Wesen?

Plötzlich tauchte ein alter Mann im Schein des Feuers auf und setzte sich zu uns. Ich brauchte nur einen einzigen Blick, um zu erkennen, dass er der Mentor des kleinen Jungen war. Als der Alte mein trübsinniges Gesicht erblickte, begann er zu lächeln und sagte: »Heiko, ich sehe, du nimmst die Welt gerade als einen Ort mit sehr viel Schmerz und Leid wahr, was dir ungerecht und sinnlos vorkommt. Aber kannst du dir wirklich zu 100 Prozent sicher sein, dass die Welt so aufgebaut ist, wie du es glaubst? Kannst du dir wirklich sicher sein, dass alles genau so ist, wie es auf den ersten Blick aussieht?«

Ich war baff, denn mit so einer Frage hatte ich nicht gerechnet. Ich überlegte einen Moment, doch bevor ich wirklich antworten konnte, begann der Mentor wieder zu sprechen. Und was ich nun hörte, sollte mein Leben für immer verändern.

»In nahezu allen heiligen Schriften dieser Erde taucht immer wieder ein und derselbe Satz auf: ›Alles ist eins!‹ Wenn die Welt aus lauter einzelnen Wesen besteht, die alle unabhängig voneinander agieren und sich gegenseitig Leid zufügen, warum schreiben die Gelehrten aller Kulturen dann immer wieder diesen Satz? Können sie sich wirklich alle irren oder steckt vielleicht doch etwas hinter den Worten? Spannenderweise sind die Quantenphysiker mit ihren Forschungen über den Grundaufbau des Universums auf genau das gleiche Ergebnis gekommen. Sie haben erkannt, dass sich die ganze Welt aus winzig kleinen Atomen zusammensetzt. Diese bestehen ihrerseits wiederum aus einem winzigen Atomkern, um den in gewaltigem Abstand einige noch kleinere Elektronen kreisen. Würde man ein Atom in die Mitte eines Fußballfeldes legen und so aufblasen, dass sein Kern die Größe eines Stecknadelkopfes hätte, dann würden die Elektronen noch weit hinter den Zuschauertribünen kreisen. Der komplette übrige Raum wäre leer. Das bedeutet im Klartext: Alles was wir für feste Materie halten, besteht in Wirklichkeit zu weit mehr als 99,9 Prozent aus nichts. Doch das ist noch nicht alles. Wenn man die Atombausteine noch einmal in ihre Bestandteile zerlegt, dann stellt sich heraus, dass sie in Wahrheit nicht aus Teilchen, sondern aus Energie bestehen. Egal, welches Element man dabei untersucht, alles besteht immer aus genau der gleichen einen Urenergie, die man auch All-Energie nennen kann, weil sie ja schließlich das alles ist, was existiert. Im normalen Leben nehmen wir diese Energie in unzähligen Formen als Materie, Ton, Licht, Wärme oder auch als lebende Wesen wahr. In sehr tiefen Meditationen und Hypnosen, aber auch bei Nahtoderlebnissen können wir jedoch hinter diese Gedankenfassade blicken und die Urenergie in ihrer Reinform betrachten. Jeder, der diese Erfahrung gemacht hat, beschreibt sie als ein helles, weißes, liebendes Licht oder auch als reine, bedingungslose Liebe. Das gesamte Universum, mit allem, was sich darin befindet, besteht also aus nichts anderem als dem Licht reiner Liebe, und diese Liebe ist alles, was es in Wahrheit gibt.

Nun fragst du dich sicher, warum unsere Welt dann so unglaublich vielseitig und facettenreich wirkt, wenn doch am Ende alles nur weißes, liebendes Licht ist? Auf irgendeine Weise muss sich die Urenergie also formen und wandeln können. Aber wie macht sie das? Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass dies ein Zufall ist. Irgendwann einmal entstand unser Universum aus einem gigantischen Knall, durch den sich die Energie im Raum verteilte und dabei zufällig Sterne und Planeten bildete. Später entstand dann genauso zufällig auf mindestens einem dieser Planeten Leben, das immer komplexere Formen entwickelte. Aber kann das wirklich so passiert sein? Wenn du einen LKW voller Steine nimmst und ihn unendliche Male auf dem Boden ausleerst, entsteht dann irgendwann zufällig ein Haus?«

»Nein!«, sagte ich.

»Genau, denn um ein Haus zu bauen, brauchst du einen Plan, nach dem du die Steine anordnest, und dafür wiederum benötigst du ein intelligentes und kreatives Bewusstsein. Wie sollte also ein ganzes Universum mit unzähligen Sonnensystemen und vielfältigem Leben einfach durch einen Zufall entstanden sein, wenn dies nicht einmal bei einem Haus möglich ist? Die einzig logische Erklärung für die Entstehung unseres Universums ist also, dass es von einem kreativen, intelligenten Bewusstsein erschaffen wurde. Wenn es aber nichts anderes gibt als das liebende Licht der Urenergie, dann muss es diese Liebesenergie selbst sein, die das Bewusstsein besitzt. Und wenn alles eins ist, dann gibt es auch nur dieses eine Bewusstsein und sonst nichts.

Ein weiterer Satz, der in fast allen heiligen Schriften auftaucht, lautet ›Ich bin, der Ich bin!‹ Was bedeutet das? Das Bewusstsein, das unsere Welt erschaffen hat, sagt über sich selbst aus, dass es das ›Sein‹ an sich ist. Würde es eine Vielzahl an Bewusstseinen geben, dann wäre dieser Satz vollkommen unpräzise und müsste genauer erklärt werden. Doch er kann genau so stehen bleiben. Ich bin das Sein. Ich bin, der ›Ich bin‹, weil es nur mich gibt. Ich bin alles, was existiert, und somit ist mein Bewusstsein ein Allbewusstsein, das man auch Gottbewusstsein nennen könnte. Denn wenn alles eins ist, kann es unmöglich etwas Zweites geben. Jedes Geschöpf im Universum ist also in Wirklichkeit ein Gottpartikel des gleichen göttlichen Allbewusstseins bzw. ein Anteil von Gott. Wie die Zellen eines Körpers sind wir alle ein und dasselbe Wesen und somit muss alles, was uns ein Gefühl von Getrenntheit und Vielfältigkeit vermittelt, eine Illusion sein. Jede andere Person, jeder Baum, jedes Objekt und sogar wir selbst sind nichts anderes als Illusionen, die von dem Bewusstsein eines einzigen, formlosen und zeitlosen Seins erzeugt werden.

Stell dir nun einmal vor, du wärst dieses göttliche Allbewusstsein. Du bist es sogar. Du bist also pures, formloses, unendliches Sein und du bist alles, was existiert. Es gibt nichts außer dir selbst. Wie also kannst du nun erkennen, dass es dich überhaupt gibt? Du könntest ja zeitgleich sowohl alles als auch nichts sein. Das einzige Mittel, das du hast, um zu erkennen, dass du existierst, ist deine Fantasie. Mit ihrer Hilfe kannst du alles erschaffen, was du willst, genau so, wie wir es in unseren eigenen Gedanken tun können. Alles, was wir für eine reale Welt halten, ist also in Wahrheit nichts anderes als eine Geschichte, die das Allbewusstsein mithilfe seiner Fantasie erzeugt hat. Unser Leben ähnelt daher einem Traum. Wenn wir träumen, erschaffen wir mithilfe unseres Bewusstseins Bilder und Geschichten, in denen eine Vielzahl von Personen und anderen Wesen vorkommen kann. Solange wir träumen, halten wir die Traumgeschichte für real und wir glauben, dass die Wesen, denen wir im Traum begegnen, tatsächlich andere Personen sind. Von außen betrachtet ist jedoch alles nur eine Projektion unseres Unterbewusstseins. Jede Person, die uns im Traum begegnet, sind wir selbst, denn es ist unser Geist, der den Traum und damit auch seine Charaktere erschafft. Genauso verhält es sich mit der wachen Welt und dem Gottbewusstsein. Solange wir uns in diesem Lebenstraum befinden, halten wir ihn für real und fühlen daher jede Situation so, als würde sie wirklich passieren. Betrachten wir das Ganze jedoch von außen, stellen wir fest, dass wir nur ein Teil des Gottbewusstseins sind, das sich selbst in einer fantasievollen Geschichte erfährt. Ich frage also noch einmal: Kannst du dir zu 100 Prozent sicher sein, dass all das Leid, all die Ungerechtigkeit, die Zerstörung, die Verwirrung und der Schmerz wirklich existieren? Wenn doch alles eins und ein Traum ist, können wir dann jemals von einem anderen verletzt werden? Können wir je einen anderen verletzen? Kann es überhaupt einen anderen geben?«

»Nein, eigentlich nicht«, sagte ich gedankenverloren.

Wer verursacht unser Leid und warum?

»Du fragst dich nun sicher«, sagte der Alte nach einem wissenden Blick auf meine Gesichtszüge, »wie es sein kann, dass sich alles so verdammt real anfühlt, obwohl es in Wirklichkeit nur eine Illusion ist. Wenn es doch nur ein einziges liebendes Bewusstsein gibt, warum fühlen wir dann Schmerz, Leid und Trauer und haben so eine Angst davor, ein Leben zu verlieren, das ja nicht einmal existiert? Um das zu verstehen, müssen wir erkennen, dass all unsere Traumgeschichten einen Sinn haben. Sie geschehen nicht einfach aus blanker Willkür, weil dem Gottbewusstsein in seinem formlosen Sein langweilig ist. Es verfolgt damit eine spezielle Absicht, und aus diesem Grund sind alle Geschichten auf ein ganz bestimmtes Ziel hin ausgerichtet.«

»Welches Ziel ist das?«, fragte ich gespannt.

»Um das zu erkennen, müssen wir uns anschauen, worum es in den Fantasiegeschichten des Universums geht, denn es gibt eine Sache, die alle miteinander gemeinsam haben. Diese Gemeinsamkeit ist Wachstum. Die Geschichte des Universums ist eine Geschichte über einen unendlich großen Raum voller Sterne, der sich immer weiter ausdehnt. Jede Lebensgeschichte ist die Geschichte eines Wesens, das von einem kleinen Baby oder Samenkorn zu einem ausgewachsenen Geschöpf heranwächst und sich dabei permanent auf verschiedene Arten weiterentwickelt. Wenn der zentrale Inhalt aller Geschichten in der Fantasie des Allbewusstseins also Entwicklung und Ausdehnung ist, dann will sich auch das Allbewusstsein selbst immer weiter ausdehnen. Und da es aus nichts anderem besteht als dem Licht der Liebe, dehnt sich folglich auch die Liebe immer weiter aus, sodass ein immer noch größeres Paradies entsteht. Wie aber kann das Allbewusstsein diese Ausdehnung erreichen? Da das göttliche Allbewusstsein alles ist, was existiert, hat es dafür nur seine eigene Fantasie zur Verfügung, mit der es die Geschichten erfindet, die wir als unser Leben wahrnehmen. In jeder dieser Geschichten erfährt es sich also selbst, weil ja jedes Wesen im Universum ein Teil von ihm ist. Stell dir das Allbewusstsein am besten wie einen großen Körper vor, bei dem jedes Wesen eine Körperzelle ist. Alle Zellen gehören zum gleichen Organismus, doch jede nimmt ihn aus einer anderen Perspektive wahr, sodass sich das Allbewusstsein auf unendlich viele Arten erleben kann. Wenn du selbst in die Nervenzellen deiner großen Zehe hineinspürst, erfährst du deinen Körper ja auch auf eine ganz andere Weise, als wenn du deinen Fokus auf deine Herzzellen legst. Für den Anfang ist diese Art des Erlebens nicht schlecht, doch wenn du dir vorstellst, bis in alle Ewigkeit nur in deine unterschiedlichen Zellen zu spüren, dann wird das mit der Zeit recht langweilig werden. Alle Zellen wissen, dass sie zum gleichen Organismus gehören, und arbeiten so immer in perfekter Harmonie zusammen. Es gibt also einen vollkommenen Gleichklang, eine absolute Balance, von der es keine Abweichungen gibt. Durch so eine Balance kann jedoch keine Entwicklung eintreten, denn sie bedeutet auch absoluten Stillstand. Es ist, als würde man sich einen Film ansehen, der gleich mit einem Happy End beginnt und in dem sich bis zum Schluss niemals etwas ändert. Wie sollte sich hierbei die Liebe ausdehnen?

Eine Entwicklung und damit auch eine Ausdehnung kann nur dann stattfinden, wenn es einige gewisse Spannungen und eine Unvorhersehbarkeit gibt. Um Energie zu erzeugen, benötigt man Reibung. Um diese entstehen zu lassen, braucht es einen Gegenspieler, also jemanden, der die Harmonie durcheinanderbringt, sodass sie anschließend wiederhergestellt werden kann. Es ist wie in jeder guten Geschichte. Jeder Held braucht einen Schurken, der ihn herausfordert und ihn zu neuen Höchstleistungen anspornt, sodass er stetig über sich hinauswachsen kann. Da es jedoch außer dem Allbewusstsein nichts gibt, erschuf es diesen Gegenspieler selbst und kreierte dabei ein Monster, das ganz bewusst Zweifel und Zwietracht sät, verunsichert und manipuliert, unsere Sinne vernebelt und dafür sorgt, dass wir schließlich vollkommen vergessen, dass wir ein Teil des Gottbewusstseins sind.

Dieser Gegenspieler ist unser Verstand. Während unser Herz noch immer mit dem Gottbewusstsein, also mit der All-Liebe, verbunden ist, spielt uns unser Verstand eine Welt voller Nichtliebe vor, in der wir allein und von allem getrennt sind, in der nicht länger alles gut und sinnhaft ist und in der wir willkürlichen Schicksalsschlägen, Unfällen und Gewalttaten ausgesetzt sind. Er redet uns ein, dass wir als einzelnes Wesen stets dafür sorgen müssen, dass wir genügend Liebe und Lebensenergie bekommen, um nicht sterben zu müssen. Er glaubt nicht daran, dass alles im Überfluss vorhanden ist, und überzeugt uns so davon, dass wir habsüchtig und geizig werden müssen, weil uns jeder die begrenzten Ressourcen streitig machen will. Er gaukelt uns vor, dass wir niemandem trauen können, am wenigsten unseren eigenen Instinkten, und dass wir daher in ständiger Furcht vor dem Tod, vor Krankheiten, vor Verlust oder anderen Schicksalsschlägen leben müssen. Für unseren Verstand ist das Leben selbst ein Risiko und so muss er stets abwägen, worauf man sich einlassen kann und worauf nicht.«

»Aber wie kann so ein Gegenspieler dazu beitragen, dass sich die Liebe ausdehnt?«, fragte ich skeptisch.

»Es ist ganz einfach, Heiko. Wenn du gleich von Anfang an weißt, dass du ein Teil des Allbewusstseins bist und dass dein Leben nur eine Illusion ist, dann kann keine Entwicklung stattfinden. Hast du dieses Wissen durch den Verstandesgegenspieler jedoch verloren und kommst nun als Mensch auf die Welt, ohne eine Idee davon zu haben, wer du in Wahrheit bist, sodass du dich erst wieder daran erinnern musst, entsteht plötzlich ein Weg, der sich langsam entwickelt. Es ist wie bei einem Krimi. Wenn du gleich von der ersten Sekunde an weißt, wer der Täter ist, ist der Film langweilig. Gibt es jedoch eine Spurensuche, bei der der Mörder Stück für Stück entlarvt wird, sich aber immer wieder geschickt aus der Affäre zieht, kommt es am Ende zu einem großen Aha-Erlebnis, das sich wie ein Erwachen anfühlt. Je geschickter und genialer der Mörder dabei vorgeht und je öfter er den Detektiv austrickst, desto großartiger ist am Ende der Auflösungsmoment.

Genauso ist es auch mit den Lebensgeschichten des Allbewusstseins. Als Kinder kommen wir auf die Welt und spüren zwei Stimmen in uns. Die Stimme unseres Herzens, die uns zum Gottbewusstsein führen will, und die unseres Verstandesgegenspielers, der dem Herzen im Wege steht. Je mehr sich diese beiden Stimmen reiben, desto größer wird die Spannung, und am Ende kommt es zu einer geballten Entladung, wenn wir schließlich begreifen, dass wir Gott sind. Das Allbewusstsein ist unfehlbar, und das bedeutet, dass sein Plan am Ende immer aufgehen muss. Wie in jedem guten Krimi steht auch in unseren Lebensgeschichten von Anfang an fest, dass wir irgendwann zum Erwachen kommen. Die Spannung besteht jedoch darin, wann und wie das passieren wird. Der Grundleitfaden der Geschichte, der etwa 80 Prozent unseres Lebens ausmacht, ist also direkt vom Gottbewusstsein geschrieben worden. Mit den letzten 20 Prozent hat der Verstandesgegenspieler die Möglichkeit, Hürden und Umwege einzubauen, die eine Spannung erzeugen. Dafür nutzt er alle Tricks und Kniffe, um uns immer wieder auf eine falsche Fährte zu locken. Vom Herzen her spüren wir, dass das Gottbewusstsein Glückseligkeit, Ekstase, Gesundheit und bedingungslose Liebe ist und dass es unsere Aufgabe ist, uns vertrauensvoll in diesen Zustand zurückfallen zu lassen. Unser Verstandesgegenspieler meint hingegen, dass man den Zustand der Glückseligkeit, der Ekstase, der vollkommenen Gesundheit sowie des Sich-geliebt-Fühlens nur dann erreichen kann, wenn man hart arbeitet und alles erzwingt.

Genau aus diesem Grund versuchen wir – um dem Allbewusstsein gleich zu werden –, so viele Glücksmomente aneinanderzureihen, wie wir nur können. Wir sind zu Orgasmen- und Highlightjägern geworden. Permanent sorgen wir uns um unseren Gesundheitszustand. Jeder Gedanke ist darauf ausgerichtet, dass wir so viel Liebe und Anerkennung von außen bekommen wie nur möglich. Selbst wenn uns bewusst geworden ist, dass es in unserem Leben nicht um Habsucht, Ablenkung und Anerkennung, sondern um das Erwachen geht, überzeugt uns der Gegenspieler davon, dass wir uns dieses Erwachen mit harter Arbeit erkämpfen müssen. Natürlich kann es auf diese Weise nicht funktionieren und logisch erschaffen wir uns statt des Erwachens ein Leben voller Höhen und Tiefen, erleben Freude und Leid, Tragik und Komik, Verlust, Schmerz, Angst, Trauer und Wut. Solange wir uns innerhalb des Lebenstraums befinden und unserem Gegenspieler Glauben schenken, nehmen wir all dies sehr intensiv wahr, sodass sich das Allbewusstsein in allen Facetten und Farben der Gefühlspalette erleben lässt.

Genau das macht den Spannungsbogen unserer Lebensgeschichten aus, und je weiter er durch den Gegenspieler gespannt wird, desto größer ist die energetische Entladung in Form der Liebesausdehnung am Ende beziehungsweise wenn wir erwachen. Aus diesem Grund ist der Gegenspieler immer genau so stark und trickreich, dass wir es gerade so eben schaffen können, ihn zu durchschauen, sodass zum einen die Liebe maximal ausgedehnt wird und wir zum anderen unser eigenes Potenzial als Heiler und Erschaffer optimal ausbauen können. Denn je mehr der Gegner kaputt macht und ins Ungleichgewicht bringt, desto mehr können wir heilen, ergo die Liebe ausdehnen. Als guter Gegenspieler ist es somit die Aufgabe des Verstandes, uns so stark es nur geht zu verwirren und von unserem eigentlichen Weg des Herzbewusstseins abzulenken. Er redet uns daher immer wieder ein, dass das Leben eine Vielzahl von Aufgaben, Herausforderungen und Prüfungen für uns bereithält, dass wir uns ständig zwischen verschiedenen Möglichkeiten entscheiden müssen und dass es wichtig ist, keine Fehler zu machen. In Wahrheit gibt es aber nur einen einzigen Weg, den wir gehen können, und unsere einzige Aufgabe in unserer Lebensgeschichte besteht darin zu erkennen, wer wir wirklich sind.