Die Netzwerk-Orange - Thomas Raab - E-Book

Die Netzwerk-Orange E-Book

Thomas Raab

3,7

Beschreibung

Wir befinden uns in der Hauptstadt eines Unionsstaats im Jahr 2025. Die Gesellschaft funktioniert, der Einzelne fühlt sich einzeln. Doch kleine Verbesserungen tun immer Not. Der ehemalige Psychologieprofessor Franzer, nun mehr Ministeriumsbeamter, versucht seine Lieblingsstudentin zu überzeugen, an seinem Projekt eines automatischen Netzwerk-Therapeuten, dem Cyberpeuten, der Hilfesuchende mit Lehrfabeln versorgt, mitzuarbeiten. Dazu durchwandern sie wie in einem Tableau vivant eine in soziale Segmente gesplittete Welt - Die Netzwerk-Orange. Doch eine Gruppe Studierender ist unzufrieden. Jack, Caren und Cathy ahnen, dass hinter der perfekten Fassade der Union geheime Mächte Angebot und Nachfrage steuern. Utopie oder Dystopie? Oder schon Realität? Die Netzwerk-Orange stellt die Frage, was in der "Verhaltensbox" Welt vom Einzelnen bleibt, wenn man die stabilisierenden Einflüsse des Netzes abzieht. In nüchtern-bürokratischem Stil und mit viel Ironie schreibt sich Thomas Raab auf die literarische Bühne zurück und versucht, die Aufgabe der Gesellschaftsbeschreibung von Soziologie und Ökonomie für die Literatur zurückzuerobern.

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°luftschacht

© Luftschacht Verlag – WienAlle Rechte vorbehalten

1. Auflage 2015

www.luftschacht.com

Umschlaggestaltung: Martin Heraut – www.heraut.atSatz: LuftschachtISBN: 978-3-902844-52-1eISBN: 978-3-903081-01-7

Thomas Raab

Die Netzwerk-Orange

Roman

Luftschacht Verlag

Γνθι σεαυτόν.

Das Problem ist nicht, die Menschen dazu zu bringen, daß sie tugendhaft sind; es geht um das rechte Verhalten.

Burrhus F. Skinner, Jenseits von Freiheit und Würde

Die Auswirkungen sind kollektiv, die Einzelentscheidungen aber höchst individuell. (…) Sicher meine ich nicht, dass all diesen Verhaltensweisen ein einziger Mechanismus zugrunde liegt. Die einen resultieren aus Konformismus, die anderen aus Nonkonformismus.

Thomas C. Schelling, Micromotives and Macrobehavior

Meine Lieder haben nur einen Akkord, nichts von dem geschraubten Zeug, das man heute so hört – mit vielen Akkorden. Wenn ein neuer Akkord kommt, heb ich ihn mir fürs nächste Lied auf.

Junior Kimbrough

Ministerium für Kunst und Kultur an Ministerium für Allgemeines Lernen und Lehrentwicklung

Betreff: Unruhen vom Oktober d.J.

Bericht A, Version 1.3.0 beta

Umfang: 12 Abschnitte

Soziographie: Sinus Sociovision; Sachbearbeiter Raab

Eingang 27. November 2025

Erledigt! Ablage C.

1

Mittwoch

Der BrandungsbrecherScleractinia spp.

Schräg ins Schelfmeer einfallend durchfluten diffuse Sonnenstrahlen das blaugrüne Wasser. Korallenpolypen wiegen langsam hin und her. Sie leuchten violett, grün, rot, blau, orange. Zwischen ihnen schwänzeln bunt gemusterte Fischchen und Fische. Gleichsam liebevoll streichen sie über die geschwungene Silhouette des Riffs, das in der Ferne in erhabenem Graugrün versinkt.

Die Brandung wogt sanft über das Riff. Natürlich kann sie bisweilen mächtig werden, je nach Wetterlage. Augenblicklich aber greifen die Wellen in die Tiefe aus und streicheln über den Saum der stummen Landschaft. Ein Rotfeuerfisch mit seinen langen Flossenstrahlen schwebt über einem gelblich schimmernden Ensemble aus Feuerkorallen. Da – ein kecker Zackenbarsch richtet seine stierenden Augen auf den Staunenden. Seine weißen Pünktchen schimmern, als wären sie kleine Brillanten.

Majestätisch gleitet im Hintergrund ein Requiemhai durch eine riesige Schule von Großaugenschnappern, die ihm, einem einzelnen Organismus gleich, ruhig und scheinbar koordiniert den Weg freigeben. Scheinbar ziellos, einzig getrieben von Milieugradienten schlängelt der Hai den Riffabhang hinab und verschwindet langsam in Richtung der Lagune, die eine ausgedehnte Unterwasserwüste ist. Schräg unter ihm zeichnet sich, etwas trübe, aber dennoch rot leuchtend, ein fünfzackiger Seestern ab.

Zwei Süßlippen schwänzeln hinter einem kleinen Wäldchen Geweihkorallen hervor. Lustig schieben sie sich an einem Schwarm von Fledermausfischen vorbei. Ein archaisch wirkender Angler verzieht sich zügig zwischen zwei fein verästelten Tischkorallen, unter denen – ist’s wahr? – der Kopf der scheuen Muräne hervorlugt.

Am Rand des Riffs leuchten vereinzelt ein paar grellweiße Gehirnkorallen, deren Fissuren und Sulci geometrisch markant ins Auge fallen. Die Muräne schnellt erst zurück, als die Schaumkrone eines größeren Brechers sanft über die zum Ozean hin offene Riffseite Richtung Lagune ausfährt.

Darwin stellte sich die Frage, warum im nährstoffarmen Milieu der Lagune so viele Arten in ihrer Pracht gedeihen können. Die Frage ist als ökologisches Riffparadox bekannt. Niemand hat sie bis heute gelöst. Wie eine Oase erhebt sich das Riff in der Nährstoffwüste. Das fragile Gleichgewicht von Nährstoffkonsum und Nährstoffproduktion darf nicht durch äußere Einflüsse gestört werden.

Über das Äon hin wird auch dieses Riff fossiler Riffkalkstein werden.

Franzer legte das Blatt bedächtig auf den Schreibtisch und blickte Buresch sanft an. Sie befanden sich in Franzers Büro.

„Jede Überzeugung, die über die unmittelbarsten Lebensbelange eines Menschen wie Essen, Schlafen und Sexualität hinausgeht, gibt diesem zwar innerlich Orientierung, kann ihm aber äußerlich große Schwierigkeiten bereiten“, sagte Franzer.

Skrupulös streifte er die Asche, die sich am Ende seines Zigarillos Marke El Credito gebildet hatte, zu einem rot und gelb glühenden Kegel ab. Der silberne Ministeriumsascher stand auf einem Beistelltischchen etwa zwei Meter rechts neben der Büroeingangstür.

Buresch und Franzer hatten Hände geschüttelt und befanden sich noch in Türnähe. Zigarillos von El Credito waren nicht teuer, gaben aber wohl Mut und rundeten die Persönlichkeit ab. Man schrieb das Jahr 2025. Man ist offenbar leicht zu überzeugen, wenn man nicht zu sehr damit beschäftigt wird nachzudenken, wovon man überzeugt wird.

„Ja, aber“, antwortete Buresch. „Ja, aber es sind doch alle zu Recht überzeugt, wenigstens echte Menschen zu sein!“

„Natürlich“, fuhr Franzer fort, „deswegen gibt es doch letztlich keine wirklichen Ausreißer mehr. Endlich haben sich alle auf die Utopie Mensch geeinigt!“

Er zog an seinem El Credito und wirkte sichtlich befriedigt. Schon als Student war er nicht nur auffallend begabt, sondern auch bereits Raucher gewesen.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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