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„Sie werden eine neue Niere brauchen!“ Diese niederschmetternde Nachricht übermittelte uns der Arzt der Radboud Universitätsklinik in Nimwegen, Niederlande, am Heiligen Abend des Jahres 1996. Wie es dazu kam, wie es bis heute weiter ging, welche Erlebnisse uns bis dahin ereilten, welche Menschen uns begegneten und halfen oder auch nicht, sollen Gegenstand dieses Tatsachenberichtes sein. Er ist geschrieben in der Ich-Form und soll aus meiner subjektiven Sicht die Dinge für den Leser nachempfindbar machen. Meine Frau, die ich in diesen Aufzeichnungen „Püppi“ nenne, war und ist die betroffene Person und half mir mit Ihren eigenen Empfindungen und Erinnerungen auch aus Ihrer Sicht der Dinge alles so authentisch wie möglich zu berichten. Dieses Buch soll ebenfalls Betroffenen eine Hilfe und Anregung – vielleicht auch eine kleine Ermahnung in einigen Dingen – sein, um mit einem solchen Schicksal umzugehen und trotz allem ein einigermaßen normales Leben zu führen. Es soll dabei helfen, sich nicht in sein Schicksal zu fügen, sondern vernünftig und realistisch damit umzugehen. Der medizinische Fortschritt ist unaufhaltsam und verbessert die Chancen in allen Bereichen weiter – so ist zu hoffen - zum Positiven. Vielleicht hilft dieses Buch auch, die Bereitschaft zur Organspende zu forcieren, was sicherlich ein enormer Erfolg wäre. Aber selbst wenn es nur dazu dient, eine einzige Spende möglich zu machen und damit ein Leben zu retten, hat es seinen Sinn bereits vollends erfüllt.
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Veröffentlichungsjahr: 2015
Jürgen Reintjes DIE NIERENSPENDE Eine wahre Geschichte
„Sie werden eine neue Niere brauchen!“ Diese niederschmetternde Nachricht übermittelte uns der Arzt der Radboud Universitätsklinik in Nimwegen, Niederlande, am Heiligen Abend des Jahres 1996.
Wie es dazu kam, wie es bis heute weiter ging, welche Erlebnisse uns bis dahin ereilten, welche Menschen uns begegneten und halfen oder auch nicht, sollen Gegenstand dieses Tatsachenberichtes sein.
Er ist geschrieben in der Ich-Form und soll aus meiner subjektiven Sicht die Dinge für den Leser nach empfindbar machen.
Meine Frau, die ich in diesen Aufzeichnungen „Püppi“ nenne, war und ist die betroffene Person und half mir mit Ihren eigenen Empfindungen und Erinnerungen auch aus Ihrer Sicht der Dinge alles so authentisch wie möglich zu berichten.
Dieses Buch soll ebenfalls Betroffenen eine Hilfe und Anregung – vielleicht auch eine kleine Ermahnung in einigen Dingen – sein, um mit einem solchen Schicksal umzugehen und trotz allem ein einigermaßen normales Leben zu führen.
Es soll dabei helfen, sich nicht in sein Schicksal zu fügen, sondern vernünftig und realistisch damit umzugehen.
Der medizinische Fortschritt ist unaufhaltsam und verbessert die Chancen in allen Bereichen weiter – so ist zu hoffen - zum Positiven.
Vielleicht hilft dieses Buch auch, die Bereitschaft zur Organspende zu forcieren, was sicherlich ein enormer Erfolg wäre. Aber selbst wenn es nur dazu dient, eine einzige Spende möglich zu machen und damit ein Leben zu retten, hat es seinen Sinn bereits vollends erfüllt.
Auch habe ich versucht, dem Ganzen eine Portion Humor beizumischen, da dies in vielen Fällen sehr hilfreich sein kann, diverse Dinge einfacher zu akzeptieren.
Jürgen Reintjes
EINLEITUNG
KAPITEL 1 – START IN EIN NEUES LEBEN
KAPITEL 2 – ERSTE ANZEICHEN
KAPITEL 3 – NUR KEINE DIALYSE!
KAPITEL 4 – WARTEN AUF DIE TRANSPLANTATION
KAPITEL 5 – DIE NIERENTRANSPLANTATION
KAPITEL 6 – LEBEN NACH DER TRANSPLANTATION
KAPITEL 7 – ERSTE KOMPLIKATIONEN
KAPITEL 8 – LEBEN MIT EINER TRANSPLANTIERTEN NIERE
KAPITEL 9 – RATSCHLÄGE FÜR BETROFFENE
WEITERE BÜCHER VON JÜRGEN REINTJES
„Ich liebe Dich!“
Diese wohl berühmtesten drei Worte der Welt werden von einem sehr großen Teil der Menschen achtlos dahin geworfen und bedeuten ihnen nicht viel. Obwohl sie eines der tiefsten Gefühle ausdrücken sollen, zu denen die Menschen fähig sind, werden sie meistens weder mit dem nötigen Respekt, noch mit der Achtung desjenigen, dem sie gelten, ausgesprochen.
„Ich liebe Dich!“
Seit Püppi und ich zusammen leben ist noch nicht ein Tag vergangen, an dem sie mir diese Worte nicht mehrmals– je nach Stimmung und Empfindung – mal einfach nur gesagt, mal zärtlich hingehaucht mit all ihren Gefühlen übermittelt hat.
„Ich liebe Dich!“
Das sind die drei Worte, die für die meisten Männer fast ein Tabu darstellen. Sie kommen ihnen so gut wie nie aus echten Gefühlen über die Lippen. Auch mir fiel es anfangs nicht leicht, Püppis Gefühle in dieser Art zu erwidern. Das eigentlich immer fällige: „Ich Dich auch!“ erscheint meist als Pflicht und kommt fast schon routinemäßig als – so meint ein Mann – erwartete Antwort.
„Ich liebe Dich!“
Heute ist es mehr als einfach nur eine Floskel für mich, denn heute kenne ich den wahren Inhalt und alles, was dahinter steckt, wenn eine liebende Frau ihrem Mann diese Botschaft versucht mitzuteilen. Und ich empfinde immer große innere Freude, wenn ich jeden Morgen aufwache und Püppi lächelt mich an, drückt mir einen zärtlichen Kuss auf die Lippen und flüstert mir ihr ehrliches Gefühl ins Ohr.
„Ich liebe Dich!“ – und „Ich liebe Dich auch!“ Die Antwort fällt heute nicht mehr schwer, da sie ernst gemeint ist und sich nicht zu verstecken braucht.
Seit nun mehr als zwanzig Jahren sind wir ein Ehepaar und haben wie jedes andere auch unsere Höhen und Tiefen erlebt. Es heißt ja schnell dahergeredet: „In guten wie in schlechten Tagen.“
Wir haben uns immer gemeinsam bemüht, aus den schlechten Tagen das Gute herauszufiltern, war es auch noch so klein und manchmal auch versteckt. Es ist uns gottlob immer gelungen.
Daher fällt es heute auch leichter, von einem Schicksalsschlag zu erzählen, der uns im Jahre 1996 ereilte und der unser tägliches Leben gehörig durcheinander brachte. Plötzlich war nichts mehr so, wie es vorher war und eine Zeit der Umstellung, Sorgen und Hoffnungen zog in unser bis dahin eigentlich beschauliches und zufriedenes Leben.
„Schach!!“
Mit diesem ernüchternden Ausruf holte mich Walter aus meiner verträumten Lethargie, in dem er die schwarze Dame auf C5 platzierte und nachdrücklich betonte, dass ich in drei Zügen matt sei.
Ich hatte nicht vor, ihm zu widersprechen. Nein, eigentlich war ich recht zufrieden mit dem schnellen Ausgang des Spiels. Trotz meines unbändigen Ehrgeizes, den Wirt meiner Stammkneipe in seiner Paradedisziplin zu besiegen.
Ich saß an der hinteren Biegung der länglich ovalen Theke und haftete meinen Blick mit voller Aufmerksamkeit auf eine junge Dame, die in Begleitung einer weiteren Frau und zweier Männer vor einigen Augenblicken die Gastwirtschaft betreten hatte und sich an das entgegengesetzte Ende des Tresens nieder ließ.
Von diesem Moment an konnte ich mich auf absolut nichts anderes mehr konzentrieren.
Ich hatte sie schon einige Male vorher gesehen, als sie an ihrem Arbeitsplatz im Kaufhaus Woolworth ihrer Tätigkeit als Substitutin nachging und jedes Mal faszinierte mich ihr Anblick derart, dass meine Aufmerksamkeit sehr darunter litt und ich die Dinge um mich herum nur noch am Rande wahr nahm.
Doch jetzt, hier in der Kneipe, versteckt hinter einem Bier und so nah wie noch nie zuvor, konnte ich ihr in aller Ruhe endlich meine gesamte Konzentration widmen.
„Wieso bekommen eigentlich immer die Anderen die tollen Frauen?“ kam mir als Gedanke und ich verfluchte dieses Selbstmitleid im gleichen Augenblick.
Ich war gerade von meiner Damaligen getrennt und suchte nicht zwingend gleich wieder etwas Neues, denn die Erfahrungen in der Ehe gehörten nicht zu den besten Erlebnissen meines Lebens bis dahin.
Hier und jetzt fand aber etwas Besonderes statt, das war mir sofort klar.
Ihr Profil mit dem geraden Nasenrücken, die wallenden blonden Haare, die locker über die Schulter fielen, Ihre gepflegten Hände mit denen sie ungemein elegant eine Zigarette in ihrer Rechten hielt, das geschmackvolle Outfit und die umwerfende Figur ließen mich eigentlich nur noch staunend „gaffen“.
Ich konnte mir vorstellen, dass ich in diesem Augenblick wie ein Idiot da saß und hatte ihre schmalen exotischen grau-grünen Augen noch nicht einmal in voller Pracht bewundern können.
Es war genau dieser Augenblick, in dem ich mich in dieses bezaubernde Wesen unsterblich verliebte und noch nie mit ihr auch nur ein Wort gewechselt hatte.
Sie nahm mich ja nicht mal am Rande wahr und unterhielt sich ausnahmslos angeregt mit ihren Begleitern, die ich als Kollegen ausmachte.
Trotzdem spürte ich, dass von ihr eine unbeschreibliche Magie ausging, die mich nicht mehr los lassen sollte, die mich dazu antrieb, diese wundervolle Frau kennen zu lernen.
Doch wie konnte man das anstellen?
Ich gehörte nicht zu den Draufgängern, die mal eben im Vorbeigehen die Frauen abschleppen. Auch konnte ich eine Dame nicht einfach grundlos ansprechen, dazu war ich wohl zu gut erzogen worden.
Wie aber nun etwas unternehmen, dass die „Angebetete“ überhaupt Kenntnis von einem nimmt? Ich hatte nicht eine gute Idee. Aber gut Ding will ja bekanntermaßen Weile haben und so fügte ich mich in Geduld und redete mir ein, dass der Moment kommen würde.
Von diesem Zeitpunkt an ging ich wesentlich öfter bei Woolworth einkaufen, eigentlich selbst dann, wenn ich überhaupt nichts brauchte.
Es waren diese Schmetterlinge im Bauch, die mich immer wieder dorthin trieben, nur um sie einmal zu sehen. Weiterhin nahm sie keine Notiz von mir. Sie nahm mich nicht mal wahr und gönnte mir nicht einen einzigen
winzigen kleinen Blick, der ihr vielleicht signalisiert hätte:
„ Hallo, ich würde Dich so gerne kennen lernen.“
Zwischenzeitlich hatte der Bruder von Walter eine Gastwirtschaft eröffnet und ich gründete mit seinem Vater Theo und meinem Freund Rainer einen Skat-Club.
Wir trafen uns regelmäßig mittwochs, um dem Kartenspiel zu frönen.
An einem dieser Abende erschien meine Angebetete mit ihrem Begleiter und setzte sich an den Nachbartisch. Sie trug einen kurzen schwarzen Rock sowie schwarze Seidenstrümpfe mit Naht, die ihre Traum-Beine noch erotischer zur Geltung brachten. Die hochhackigen Pumps versprühten zusätzlich einen Reiz, dass es mich fast um den Verstand brachte.
Wie selbstverständlich verlor ich nicht nur meine Konzentration sondern auch jedes Spiel, was meine Spielpartner die Hände reiben ließ. Im Aufschwang meiner Gefühle wendete ich mich an Rainer und fragte ihn: „Siehst Du diese tolle Frau am Nebentisch?“ – „Klar, die kenne ich.“
Und dann sprach ich einen Satz, der für einige Aufregung sorgte: „Das ist die Frau, die ich einmal heiraten werde!“
Rainer und auch Theo konnten sich das Lachen nicht verkneifen und Rainer fragte mich interessiert: „Weiß das auch schon ihr Mann, der neben ihr sitzt?“
Ich hatte das Gefühl, mir schlägt einer frontal mit dem Hammer auf die Stirn. Ich spürte nur noch Fassungslosigkeit. Meine Traumfrau war verheiratet. Mit einem Kollegen. Er war auch augenscheinlich viel älter als sie. Aber was spielte das jetzt für eine Rolle? Ich war einfach nur konsterniert und musste zunächst wieder in der Lage sein, einen normalen Gedanken zu fassen.
Was nun? Ich war nicht darauf vorbereitet, obwohl das ziemlich blauäugig von mir war. Aber die Logik, die Normalität und rationales Denken gehen bei Verliebtheit wohl komplett verloren. Ich suchte auch nicht mehr danach. Es verschlug mir einfach nur schlichtweg die Sprache.
Es widerstrebte meinem ganzen Inneren, hier möglicherweise eine funktionierende Ehe zu zerstören. Allerdings sah ich darin die einzige Option. War denn die Ehe so intakt, wie es den Anschein hatte?
Mein Gefühl sagte mir, dass Sie zumindest Notiz von mir genommen hatte, aber sicher war ich mir dabei eigentlich nicht. Da war wohl eher der Wunsch Vater des Gedankens.
Als sie mit ihrem Mann das Lokal wieder verließ, blieb mir nichts anderes, als ihr sehnsuchtsvoll hinterher zu starren und weiter zu träumen.
Mein Vorhaben, sie näher kennen zu lernen, musste noch einige Wochen warten, ohne dass ich die Hoffnung aufgab.
Mein Kumpel Rainer hatte die aus meiner Sicht für einen erwachsenen Mann kuriose Anwandlung, in der Vorweihnachtszeit immer als Nikolaus durch die Gegend zu stapfen, um den Kindern Vorhaltungen zu machen, was für sie im dahin scheidenden Jahr wieder alles schief gelaufen war.
In diesem Jahr – wir schrieben Ende 1988 – fehlte ihm aber der dazu gehörige schwarze Mann, oder Knecht Ruprecht, wie man ihn hierzulande nennt.
Den benötigte er natürlich, um selbst immer als der gute Mensch dazustehen und den kleinen eingeschüchterten Rackern ihre Geschenke zu überreichen, bevor sie vor Angst weg gelaufen waren.
Nur widerwillig nahm ich diesen undankbaren Job an und steckte meine ganze Hoffnung in das komplett schwarz geschminkte Gesicht, hinter dem man mich wohl nicht erkennen konnte bzw. sollte und das somit ein ideales Versteck in der Öffentlichkeit bot.
Unsere Aufgaben bestanden nicht nur darin, die gebuchten Familien aufzusuchen, sondern auch beim Bäcker Plätzchen an die Passanten zu verteilen, um sie zum Kauf von Backwaren zu animieren oder auch in Gaststätten und Kneipen Weckmänner unter die Stammgäste zu bringen, was weitaus stimmungsvoller war.
So kamen wir fast automatisch auch in unsere eigene Stammkneipe und ich hatte den bildhübschen Blondschopf schon von draußen ausgemacht, nach dem ich mich so sehr verzehrte.
Wir betraten das Rauch geschwängerte Lokal und ich nahm gleich meinen ganzen Mut zusammen, stürmte auf sie zu, drückte ihr einen kohlrabenschwarzen Kuss auf die Wange und verdrückte mich eilends in eine Ecke, um einem eventuellen Handwischer aus dem Wege zu gehen.
Ihr herzhaftes Lachen offenbarte spontan alles das, wonach ich mich so sehr sehnte und ich hatte – fast schon einer Routine gleich – nur noch Augen für sie.
Ihre Kollegin scherzte und gab ihr zu verstehen, dass man den Kuss eines Knechtes Ruprecht nicht abwaschen solle, da er doch Glück bringt.
Später offenbarte sie mir, dass sie sich tatsächlich daran gehalten hatte.
Aber noch war es ein langer Weg zum Ziel, doch ein winziger fast unmerklicher Schritt war aus meiner Sicht getan.
Ich hatte sie berührt, hatte den Duft ihrer Haut in mich aufgesogen und hatte ihr einen ungestraften Kuss auf die Wange gedrückt, wobei sich unsere Augen zum ersten Mal ein wenig intensiver trafen.
Diese Episode hatte auf alle Fälle dazu geführt, dass sie mich jetzt wahrnahm, wenn wir uns in der Gaststätte begegneten.
Da sie nie alleine kam, sondern selbstredend von ihrem Mann begleitet wurde, war eine Annäherung nach meinen Vorstellungen nicht möglich und ich beschränkte meine Aktivitäten auf Smalltalk und schmachtende Blicke.
In einem dieser Gespräche wurde darüber diskutiert, was ich als Single am Silvesterabend zu unternehmen gedachte.