Die Nordseeschwestern - Hannah Hope - E-Book

Die Nordseeschwestern E-Book

Hannah Hope

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Beschreibung

Als Sarah auf Norderney einen verwilderten Garten neu gestalten soll, spürt sie sofort den Zauber des Ortes. Das Grundstück gehörte einst einer Frau namens Frieda, die für ihr Wissen über Heilkräuter bekannt war. Bei ihrer Arbeit stößt Sarah auf ein Notizbuch voller geheimer Kräuterrezepte, das sie immer mehr in Friedas Leben eintauchen lässt. Obwohl Sarah die Frau nie kennengelernt hat, spürt sie eine unerklärliche Seelenverwandtschaft. Doch je mehr sie herausfindet, desto deutlicher wird, dass vieles im Dunkeln liegt – besonders Friedas verschwundene Schwester Nele und die Vergangenheit ihres Vaters. Friedas Sohn reagiert auf Sarahs Fragen zunehmend abweisend, als gäbe es Dinge, die besser im Verborgenen bleiben. Während die Vergangenheit Sarah immer stärker in ihren Bann zieht, muss sie feststellen, dass sie nicht nur dem Zauber der Insel verfallen ist, sondern auch Gefühlen, die sie längst verloren glaubte.

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Hannah Hope

Die Nordseeschwestern

Die Nordseeschwestern von Hannah Hope Ein spannender Nordseeroman

Impressum

Text Copyright © Hannah Hope

1. Korrektorat: Anja Jungnickel | www.lektorat-buchauszeit.de

2. Korrektorat: Anja Karl

Coverdesign by A&K Buchcover | https://www.akbuchcover.de/

Verwendete Grafiken/Fotos:

Shutterstock AI, pngtree, 

Janny2@deposiptphotos,

[email protected]

Alle Rechte vorbehalten

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher

Genehmigung der Autorin. Personen, Handlungen und Orte

sind frei erfunden, etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden

Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

Teil 1

Das Vermächtnis

Schwestern sind wie Wellen – immer verbunden, auch wenn sie sich verlieren.

– Marion C. Garretty

Zum Inhalt:

Als Sarah auf Norderney einen verwilderten Garten neu gestalten soll, spürt sie sofort den Zauber des Ortes. Das Grundstück gehörte einst einer Frau namens Frieda, die für ihr Wissen über Heilkräuter bekannt war. Bei ihrer Arbeit stößt Sarah auf ein Notizbuch voller Erinnerungen und geheimer Kräuterrezepte, das sie immer mehr in Friedas Leben eintauchen lässt.

Obwohl Sarah die Frau nie kennengelernt hat, spürt sie eine unerklärliche Seelenverwandtschaft. Leider reagiert Friedas Sohn zunehmend ungehalten auf ihre Fragen, als hätte er etwas zu verbergen – doch das hält sie nicht davon ab, weiter zu recherchieren. Sie ahnt, dass das Haus einige Geheimnisse birgt, die bisher niemand zu lüften gewagt hat.

Während Friedas Geschichte Sarah immer stärker in ihren Bann zieht, muss sie feststellen, dass sie nicht nur dem Zauber der Insel verfallen ist, sondern auch Gefühlen, die sie längst verloren glaubte.

Prolog

Es dämmerte bereits, als sie sich auf den Weg machte. Der Himmel war grau, und es wehte ein eisiger Wind, den sie sogar durch ihren dicken Wollmantel und den Schal spürte. Bei sich trug sie ihre Tochter, fest vor den Bauch gebunden. Die Kleine ahnte nichts von dem, was ihre Mutter vorhatte. Das Mädchen schlief friedlich an ihrer Brust, während sich ihre winzigen Finger an einem der groben Knöpfe ihres Mantels festhielten, den sie ein Stück weit offen lassen musste, damit ihr Kind darunter Platz fand.

Am nächsten Tag war der zweite Geburtstag ihrer Tochter, doch diesen würden sie nicht in dem einfachen Reetdachhaus auf Norderney feiern, das bisher ihr Zuhause gewesen war – so war zumindest der Plan.

Sie hoffte, dass ihr Vorhaben gelingen würde und sie den nächsten Tag in Sicherheit verbringen konnten. Zwar hatte sie alles genauestens geplant, doch ein bisschen Glück gehörte auch dazu.

Der beschwerliche Weg über die unbefestigte Straße bereitete ihr Rückenschmerzen, da die fast Zweijährige längst kein Leichtgewicht mehr war.

Die Anlegestelle war bereits in Sicht. In der einen Hand trug sie den kleinen Koffer, dessen Leder an den Ecken schon abgewetzt war, in der anderen einen Regenschirm, denn mittlerweile war es nicht mehr nur Nieselregen, sondern es schüttete geradezu. Mitte November war nicht die beste Zeit, um eine Reise über das Meer zu unternehmen, doch auch dessen war sie sich bewusst.

Der Regen verstärkte sich zusehends, und der Schirm schien dem Wind und den Wassermassen kaum noch standzuhalten. Jeder Schritt war schwerer als der vorherige, und der schmerzende Rücken erinnerte sie daran, dass sie sich beeilen sollte, bevor sie die letzte Kraft verlor.

Ängstlich blickte sie noch einmal zurück und war erleichtert, kein Licht in dem kleinen Haus zu sehen, das bis vor wenigen Minuten noch ihr Zuhause gewesen war. Noch war ihr Ehemann nicht zurückgekehrt. Vermutlich würde er erst morgen merken, dass sie nicht mehr da waren. Wenn sie daran dachte, dass es einer anderen Person früher auffallen würde, versetzte ihr das einen Stich ins Herz. Doch sie konnte nicht anders. Sie musste so handeln.

Mit jedem Schritt, der sie dem Hafen näher brachte, schien die Dunkelheit dichter zu werden. Vom Meer erkannte sie im fahlen Licht der beginnenden Nacht nur die weißen Schaumkronen, was auf einen zunehmenden Wellengang hindeutete. Sie kannte die Nordsee und ihre Gefahren und wusste, dass heute kein guter Abend war, um mit dem Schiff hinauszufahren.

Das Tosen der Brandung mischte sich mit den gedämpften Geräuschen der wenigen Fischer, die um diese Stunde noch am Kai zugegen waren. Lediglich die schwache Glut einer Petroleumlampe am Ende des Stegs wies ihr den Weg, da Elektrizität vielerorts noch ein Luxus war.

Sie hielt inne und ließ ihren Blick über die wenigen Boote schweifen, die dort vor Anker lagen. Als sie ihn entdeckte, atmete sie erleichtert auf.

Am Pier wartete der Fischer – ein wortkarger Mann mit wettergegerbter Haut, der eine abgetragene Jacke trug. Dazu hatte er eine Wollmütze tief ins Gesicht gezogen, um sich vor der Kälte zu schützen, und eine Zigarettenkippe im Mundwinkel, die bereits erloschen war. Ohne ein Wort oder die geringste Gefühlsregung nahm er ihr Geld entgegen, steckte es in die Manteltasche und bedeutete ihr mit einem knappen Nicken, ins Boot zu steigen.

Das Boot war winzig im Vergleich zu den Wellen, die immer heftiger gegen die Kaimauer schlugen, als sie den schützenden Hafen verließen. Der Motor knatterte laut und unregelmäßig, während die Metallverkleidung des Bootes unter dem Wellengang erzitterte. Sie presste ihr Kind fest an die Brust und klammerte sich an die Sitzbank, ihr Herz raste vor Angst und Hoffnung zugleich.

Noch einmal blickte sie sich um und sah zu ihrem Haus, das in der Dunkelheit kaum zu erkennen war. In dem Moment flackerte das Petroleumlicht in einem Fenster auf, und sie zog scharf die Luft ein. Er war zurück!

Doch sie hatte es geschafft, und konnte nun nicht mehr zurückkehren. Sie war auf dem Weg in ein neues Leben. Die Flucht war ihr geglückt.

Kapitel 1 – Neuanfang

„Das hätte ich niemals für möglich gehalten“, flüsterte Sarah, als sie den Zeitungsartikel zum dritten Mal las. In den letzten Jahren hatte sie auf ihren Traum hingearbeitet, und dieser Beitrag bewies, dass sie es geschafft hatte.

Sie spürte, wie ein wenig Stolz in ihr aufstieg, ein Gefühl, das sie sich selbst kaum zugestand. Doch da stand es – schwarz auf weiß. Ein ganzseitiger Artikel nur über sie und ihre Arbeit.

Der Text in der Hamburger Morgenpost beschrieb in lebendigen Details, wie sie die verwilderte Gartenanlage eines historischen Bauernhofs im Alten Land wieder zum Leben erweckt hatte. Zwischen den Zeilen schimmerte die Bewunderung des Autors für ihre Kreativität und Liebe zur Natur durch.

Gleich nach dem Aufstehen war sie zu dem kleinen Zeitungsstand um die Ecke gelaufen. Der Himmel war wolkenverhangen, und feiner Nieselregen lag in der Luft. Doch die kühle Feuchtigkeit störte sie nicht. Anfang April hatte sich das frühlingshafte Wetter wieder verabschiedet, und es fühlte sich fast an, wie ein Rückfall in den Winter.

Die freundliche Verkäuferin, mit der sie sich öfter unterhielt, hatte ihr die Ausgabe mit einem Lächeln gereicht und gesagt: „Das ist ja heute dein großer Tag. Ich habe den Artikel gelesen. Herzlichen Glückwunsch!“

„Das geht aufs Haus!“, hatte sie dann bemerkt, als Sarah ihr Geld geben wollte, und ihr noch zwei weitere Exemplare in die Hand gedrückt. Damit hatte sie nicht gerechnet, denn die Verkäuferin war zwar immer höflich, aber eher reserviert. Nachdem sie sich mehrmals bedankt hatte, war sie schnell in ihre warme Wohnung zurückgekehrt, um es sich im Wohnzimmer bequem zu machen. Nun, da sie zu Hause auf ihrem gemütlichen Sofa saß, eine dampfende Tasse Tee neben sich, konnte sie nicht aufhören, den Bericht zu lesen.

Es war ein Herzensprojekt gewesen, das Sarah allerdings auch viele schlaflose Nächte bereitet hatte. Doch es zeigte ihr auch, was sie erreichen konnte, wenn sie ihrer Leidenschaft nachging: Die alten Obstbäume, die sie mit viel Geduld und Fingerspitzengefühl vor dem Fällen bewahrt und mit gezielten Schnittmaßnahmen wieder zum Blühen gebracht hatte. Ebenso die Blumenbeete, die sie sorgsam nach historischen Vorlagen gestaltet hatte, mit heimischen Pflanzen, die früher auf Bauernhöfen üblich waren. Nicht zu vergessen die Kräuter, die traditionell nicht nur in der Küche, sondern auch in der Hausapotheke eine wichtige Rolle spielten. Und die Wege, die einst von Moos und Unkraut überwuchert waren, hatte sie mit viel Mühe wieder freigelegt und in ihrer ursprünglichen Form wiederhergestellt. All das wurde in dem Artikel ausführlich beschrieben.

„Ein historischer Hof, der nun eine neue Geschichte erzählt“, hieß es im Text. Sarah strich mit den Fingern über die Worte, als könnte sie sie dadurch noch greifbarer machen. Ihr Blick blieb an einem Foto hängen, das den Hof in seiner heutigen Pracht zeigte: die roten Backsteinwände, von wildem Wein umrankt, die farbenfrohen Beete und das kleine Café, das Wanderern und Fahrradfahrern einen einladenden Platz zum Ausruhen bot.

Der Autor hatte sogar erwähnt, wie sie vergessene Kräuterbeete entdeckt und mit seltenen Pflanzen ergänzt hatte. Dieser Artikel war mehr als nur eine Anerkennung. Er war der Beweis dafür, dass die letzten Jahre voller Zweifel und harter Arbeit nicht umsonst gewesen waren.

Manchmal konnte sie selbst kaum glauben, wie weit sie inzwischen gekommen war, nachdem sie eine komplette Veränderung in ihrem Leben vorgenommen hatte.

Davor hatte sie lange in einer großen Anwaltskanzlei gearbeitet, sich in einer reinen Männerwelt durchgesetzt und mit Ende dreißig endlich den Status als Partnerin erreicht. Es war ein steiniger Weg gewesen, aber sie hatte ihren Platz gefunden – zumindest glaubte sie das damals.

Doch dann kam Corona, und alles änderte sich. Sarah wurde schwerkrank, landete auf der Intensivstation, und als sie sich mühsam zurück ins Leben kämpfte, war nichts mehr wie vorher.

Nach dieser Erfahrung fühlte sich der Gedanke, wieder an den Schreibtisch zurückzukehren, um unzählige Akten durchzuarbeiten und sich in der Männerwelt zu behaupten, einfach falsch an. Es kam ihr vor wie eine Rückkehr in ein Leben, das sie nicht mehr führen wollte. Sie hatte es satt, sich als Anwältin für Familienrecht ständig mit unschönen Fällen wie Scheidungen oder dem Sorgerecht für Kinder auseinanderzusetzen, die dabei nur litten.

Sarah spürte, dass nun der Moment gekommen war, sich dem zu widmen, was ihr wirklich Freude bereitete.

Daher kündigte sie – sehr zur Verwunderung der anderen Partner und Geschäftsführer, die reagierten, als wäre ihre Entscheidung eine persönliche Beleidigung. Doch Sarah wollte raus aus den stickigen Büroräumen. Sie sehnte sich danach, kreativ zu sein und etwas Schönes zu erschaffen – etwas Greifbares, das Bestand hatte. Und vor allem zog es sie hinaus in die Natur.

So entschied sie sich für ein berufsbegleitendes Studium in Landschaftsarchitektur, das sie innerhalb von drei Jahren abschloss. Während dieser Zeit arbeitete sie halbtags in einer Gärtnerei, um praktische Erfahrung zu sammeln und sich finanziell abzusichern. Zwar hatte sie etwas Geld zur Seite gelegt, das sie aber nicht für ihren alltäglichen Lebensunterhalt nutzen wollte.

Die Restaurierung des Bauernhofs war ihr erster Auftrag gewesen, und sie war mächtig stolz auf das Ergebnis. Ihre beste Freundin Lea hatte ihr bei der Vermittlung geholfen – schließlich gehörte der verfallene Gutshof ihrer Tante. Augenblicklich hatte sie gespürt, wie viel Spaß ihr ihre Arbeit machte. Wochenlang hatte sie alte Pläne studiert, historische Materialien recherchiert und mit viel Geduld und Herzblut jedes Detail wieder zum Leben erweckt. Nun war das Projekt nicht nur abgeschlossen, sondern hatte auch große Anerkennung gefunden, inklusive einer ausführlichen und lobenden Berichterstattung in der Presse.

Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, während sie auf das Foto in dem Artikel blickte, das sie unter einem uralten Apfelbaum zeigte. Es war ein Moment, der ihre harte Arbeit und die Erfüllung eines Traums festhielt. Die Bilder für den Zeitungsartikel hatte ihre Freundin Lea gemacht, die als Fotografin arbeitete. Es hatte einfach alles perfekt zusammengepasst.

Doch gleichzeitig zog ein leichter Stich durch ihr Herz. Dieses Projekt war für sie mehr als nur ein beruflicher Erfolg – es markierte das Ende eines Kapitels ihres Lebens.

Sarah hatte nicht nur ihren früheren Job hinter sich gelassen, sondern auch ihre langjährige Beziehung beendet und sich dazu entschlossen, ihre Heimatstadt Heidelberg zu verlassen. All diese Entscheidungen waren schmerzhaft, aber notwendig gewesen, um endlich ihren eigenen Weg zu gehen. Selten hatte sie sich so frei gefühlt, als könne sie alles erreichen, was sie sich vorgenommen hatte. Und doch schwang eine leise Unsicherheit mit, ein nagender Zweifel, ob nach diesem Projekt überhaupt etwas folgen würde – sei es beruflich oder privat. Es war dieser Gedanke, der ihr Lächeln für einen Moment gefrieren ließ.

Sarah ermahnte sich, nicht ständig alles schlechtzureden. Stattdessen sollte sie sich bewusst darauf freuen, was als Nächstes kam. Ihren Blick immer noch auf den Zeitungsartikel gerichtet, beschloss sie, ein Exemplar an ihre Eltern zu schicken. Vor allem ihrer Mutter wollte sie damit beweisen, dass ihr neuer Lebensweg keine unüberlegte Entscheidung gewesen war – auch wenn diese ihn immer wieder kritisch hinterfragte.

Noch nie hatte ihre Mutter etwas Positives über ihren neuen Berufsweg gesagt. Daher hatte Sarah den Kontakt zu ihr in den letzten drei Jahren auf ein Minimum reduziert. Zu oft hatte sie Sarahs Entscheidung, die prestigeträchtige Karriere in der Kanzlei aufzugeben, als einen beispiellosen Fehler dargestellt. Immer kamen Bemerkungen wie: „Du hattest ein perfektes Leben – und hast es einfach weggeschmissen!“ Dabei ließ sie es nie aus, Sarah daran zu erinnern, dass sie mit Anfang vierzig wieder Single und kinderlos war. Eine Tatsache, die Sarah selbst durchaus bewusst war und die sie nicht ständig aufs Brot geschmiert haben wollte.

Ihre Mutter hatte schon immer ein Talent dafür gehabt, alte Wunden aufzureißen und noch etwas Öl ins Feuer zu gießen. Jedes Gespräch, das nicht von Kritik an ihrer „Öko-Karriere“ geprägt war, wurde mittlerweile zur Ausnahme. Auf Sarahs Wohlbefinden oder die offensichtlichen Anzeichen, dass sie einst unter etwas Ähnlichem wie einem Burn-out gelitten hatte, ging sie kaum ein. Stattdessen wurden diese Themen konsequent unter den Teppich gekehrt. Die Gespräche endeten meist abrupt – oft mit einem besserwisserischen: „Du hättest es ja auch anders haben können!“

Trotzdem wollte Sarah den Artikel schicken – nicht wegen ihrer Mutter, sondern für ihren Vater. Sie wusste, dass er sich insgeheim dafür interessierte, was sie machte, auch wenn er das nie offen zeigte. Er hatte schlicht nicht den Mut, der Meinung seiner Frau zu widersprechen.

Ein leiser Hoffnungsschimmer keimte in Sarah auf, dass er beim Lesen des Artikels vielleicht doch ein wenig Stolz auf sie empfinden könnte – auch wenn er es vermutlich für sich behalten würde.

„Nach diesem Zeitungsartikel wirst du Aufträge ohne Ende bekommen“, hatte Lea ihr prophezeit, die auch das angeleiert hatte, um sowohl für Sarah als auch ihre Tante die Werbetrommel zu rühren. Der Bauernhof konnte Touristen gut gebrauchen, die dort Rast machten und am besten noch ein paar Dinge kauften, wie selbst gekochte Marmelade, duftende Kräutermischungen oder handgemachte Seifen und Kerzen. Auch vermietete ihre Tante seit Neuestem zwei Zimmer, was sie so publik machen konnte.

Für Sarah war der Artikel eine Chance, sich als Expertin für Kräuter und Pflanzen zu präsentieren und vielleicht sogar neue Aufträge für eine Gartengestaltung zu gewinnen.

„Das glaube ich zwar nicht“, hatte Sarah lachend geantwortet, aber möglicherweise hatte ihre Freundin ja wie so oft recht.

Obwohl Sarah wusste, dass sich das etwas dramatisch anhörte, hatte sie manchmal das Gefühl, dass die Pflanzen und Kräuter sie gerettet hatten. Erst rückblickend bemerkte sie, was für ein festgefahrenes und langweiliges Leben sie damals geführt hatte.

Gerade als sie die Zeitung wieder zusammenlegte, klingelte ihr Mobiltelefon. Eine unbekannte Nummer leuchtete auf dem Display. Ihr Herzschlag beschleunigte sich. War das etwa schon die erste Rückmeldung? Mit klopfendem Herzen nahm sie den Anruf entgegen.

Kapitel 2 – Ruf gen Norden

„Frau Messner?“, vernahm sie eine ihr unbekannte Stimme.

„Am Apparat!“, antwortete sie so förmlich, als würde sie dabei salutieren.

„Mein Name ist Lasse Sanders, und ich habe gerade einen Artikel über Sie gelesen.“ Seine Stimme klang ruhig und dennoch auf seltsame Weise fordernd.

Ich auch!, wäre es Sarah beinahe herausgerutscht, doch sie biss sich rechtzeitig auf die Zunge. Stattdessen drückte sie ihr Handy fester ans Ohr und wartete ab. Zumindest, so stellte sie fest, hatte dieser Herr Sanders eine angenehme Stimme – wenngleich sie ein wenig zu ernst wirkte.

„Ich möchte gleich zur Sache kommen“, fuhr der Mann fort, ohne sich auf höfliche Vorreden einzulassen. „Ich hätte ein ähnliches Projekt wie den Bauernhof, der in dem Artikel in der Hamburger Morgenpost beschrieben ist. Es geht um einen recht verwilderten Garten, der einmal etwas ganz Besonderes war. Was mir an dem Beitrag gefallen hat, war die Erwähnung Ihrer Expertise im Bereich Kräuter. Auf meinem Grundstück gibt es weitläufige Flächen, die früher ausschließlich Heilpflanzen galten.“

Sarah horchte auf. Sie konnte nicht anders, als von seinen Worten entzückt zu sein.

„Das hört sich interessant an. Ist der Garten in Hamburg?“, fragte sie, bemüht, ihre Neugierde im Zaum zu halten.

„Nee, da komm ich zwar wech“, antwortete Herr Sanders, und sie hörte zum ersten Mal ein winziges Lächeln in seiner Stimme, „aber dat Projekt is op Norderney. Wäre das ein Problem für Sie?“

Es war offensichtlich, dass er absichtlich in breitem Hamburger Dialekt sprach, vermutlich, um das Gespräch ein wenig aufzulockern. Sarah musste schmunzeln. Sie liebte diese Mundart, die selbst in den ernstesten Unterhaltungen etwas Bodenständiges und Warmes mit sich brachte.

Doch Norderney? Sie zögerte. Sie hatte sich bisher keine Gedanken darüber gemacht, wie weit sie für ihre Projekte reisen wollte.

„Äh … eigentlich nicht, es ist nur …“, begann sie unsicher, ohne eine Antwort parat zu haben.

Das war erst ihr zweiter Auftrag, und sie hatte damit gerechnet, in Hamburg und der Umgebung Projekte anzunehmen. Norderney war definitiv etwas anderes – spannend, keine Frage, aber auch mit einer Menge Unbekanntem verbunden. Aber warum eigentlich nicht?

„Und was meinen Sie?“, hakte Herr Sanders nach. Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie in ihren Gedanken völlig abgedriftet war und noch gar nicht geantwortet hatte.

„Das klingt nach einem sehr interessanten Projekt“, sagte sie schließlich mit gefasster Stimme. Norderney hörte sich wunderbar an, obwohl sie dort noch nie gewesen war. Ein Garten mit vielen Kräutern noch besser. Daher musste sie gar nicht lange überlegen. Es würde schon irgendwie passen.

Herr Sanders schwieg einen Moment, bevor er antwortete. „Wunderbar. Ich schlage vor, wir besprechen die Details bei einem persönlichen Treffen vor Ort. Wann hätten Sie Zeit, nach Norderney zu kommen?“

Es war offensichtlich, dass er oft verhandelte – ganz im Gegensatz zu Sarah, die sich in dieser Welt noch völlig unerfahren fühlte. Zwar hatte sie früher als Anwältin erfolgreiche Verhandlungen geführt, doch das schien eine Ewigkeit her zu sein. Außerdem war es damals nie um ihr eigenes Unternehmen gegangen, das sie nun überzeugend präsentieren wollte.

„Morgen!“, entschied sie etwas zu voreilig, korrigierte sich dann aber schnell: „Oder … ich meine, irgendwann diese Woche.“

Sie hatte das Gefühl, dass Lasse Sanders am anderen Ende der Leitung schmunzelte. Diese Vorstellung brachte sie aus dem Konzept. Vielleicht lag es daran, dass sie sich in dem Moment so unsicher fühlte. Sie wünschte, sie könnte sich selbst als souveräne Businessfrau wahrnehmen, die mühelos eine Firma führte und ihre Projekte präsentierte, als hätte sie nie etwas anderes getan. Aber das war sie nicht – zumindest noch nicht.

Sie war immer noch dabei, sich an den Gedanken zu gewöhnen, selbstständig zu sein. Der erste Auftrag war ihr quasi in den Schoß gefallen, und wie es aussah, würde es mit dem zweiten ähnlich sein. Sie hatte noch nicht einmal einen offiziellen Namen für ihr Unternehmen. Ihre neue Tätigkeit, die ihr so viele Freiheiten bot, fühlte sich oft auch nach zu viel Verantwortung an.

„Wann können Sie es sich am besten einrichten?“, fragte ihr erster Auftraggeber, und Sarah spürte, dass er langsam ungeduldig wurde.

Für einen Moment schoss ihr der Gedanke durch den Kopf, ihm zu sagen, dass ihre Sekretärin sich um die Terminvereinbarung kümmern würde. Natürlich müsste das dann Lea übernehmen. Aber wie absurd. Warum sollte sie sich verstellen und vorgeben, schon ein Unternehmen mit Angestellten zu sein?

„Moment, Herr Sanders. Einen Augenblick bitte“, antwortete sie, während sie nach ihrem Kalender griff. „Wie wäre es übermorgen, am Donnerstag?“

„Perfekt“, kam die prompte Antwort. „Es freut mich, dass Sie so schnell Zeit finden, Frau Messner. Ich hatte eigentlich gedacht, dass Sie nach dem Artikel schon vollständig ausgebucht sind.“

„Sie sind der erste Anrufer“, gab Sarah in ihrer naiven Ehrlichkeit von sich und schlug sich gleichzeitig mit der Hand auf die Stirn. Sie war wirklich keine gute Geschäftsfrau und würde vermutlich auch nie eine werden.

„Prima. Sollen wir uns am frühen Nachmittag auf der Insel treffen? Wenn Sie mir sagen, welche Fähre Sie nehmen, hole ich Sie am Hafen ab.“

Mit einem Mal schossen Sarah unendlich viele Fragen durch den Kopf. Sollte sie mit dem Auto fahren? Wie lange würde sie überhaupt auf Norderney bleiben? Musste sie ein Hotel buchen oder gab es andere Möglichkeiten?

„Das klingt gut“, erwiderte sie zügig, um ihn nicht weiter warten zu lassen, auch wenn noch einige Fragen offen waren. Sie nahm sich vor, die Details später zu klären und sich gegebenenfalls Leas Unterstützung zu holen, die sich in der Gegend gut auskannte – schließlich konnte es nicht allzu kompliziert sein, nach Norderney zu gelangen. In den letzten Jahren hatte sie sich an so viel Neues gewöhnt, da war ein Projekt auf einer schönen Nordseeinsel doch ein Klacks dagegen.

„Ich habe ja Ihre Handynummer“, sagte Lasse Sanders, „und werde Ihnen alle Details zukommen lassen. Dann haben Sie auch meine Nummer und können mir schreiben, wann Sie ankommen.“

„Gut. So machen wir es“, antwortete Sarah mit möglichst fester Stimme. „Bis Donnerstag.“

„Bis dann“, verabschiedete sich Herr Sanders und fügte hinzu: „Und vielen Dank, dass Sie sich Zeit für mich nehmen.“

„Gerne“, stammelte Sarah und legte auf. Irgendetwas an der Stimme ihres Auftraggebers blieb bei ihr hängen. Sie war tief und voll, mit einem Hamburger Dialekt, der sie irgendwie fesselte. Seine Stimme hatte eine besondere Wirkung – sie konnte einen gleichzeitig fesseln und auf Distanz halten, und Sarah hatte eine Vorahnung, dass er genau das war: unnahbar und doch anziehend.

Noch immer hielt sie das Telefon in der Hand und starrte auf das Display, als würde sie erst jetzt begreifen, was gerade passiert war. Ihr erster richtiger Auftrag. Der Moment, den sie sich in den letzten Jahren so oft ausgemalt hatte – der Anfang von etwas, das sie ganz allein auf die Beine gestellt hatte.

Kaum hatte sie das Gespräch mit Herrn Sanders beendet, meldete sich ihr Handy erneut. Sie triumphierte innerlich, als weitere Anfragen kamen. Offenbar war Herr Sanders nicht der Einzige, der sich für ihre Arbeit interessierte. Der Artikel hatte wohl mehr Menschen erreicht, als sie gedacht hatte – ein unerwarteter, aber willkommener Erfolg.

Leider gingen viele Anrufer fälschlicherweise davon aus, dass sie Architektin sei – obwohl das in dem Artikel gar nicht stand. Diese Gespräche verliefen meist kurz und wenig ergiebig, da Sarah immer wieder erklären musste, dass ihr Schwerpunkt auf Landschaftsrestaurierung lag.

Aber es gab auch andere, die echtes Interesse an ihrer Arbeit zeigten. Menschen mit konkreten Anliegen, die spannende Möglichkeiten versprachen. Diese musste sie jedoch erst einmal vertrösten, denn noch wusste sie selbst nicht genau, was sie auf Norderney erwartete.

Am Nachmittag hatte sie schließlich eine Liste mit zehn Namen und Telefonnummern vor sich liegen. Zehn potenzielle Aufträge, die sie am Freitag zurückrufen wollte, um Termine zu vereinbaren.

Sarah konnte ihr Glück kaum fassen. Es war der Anfang von etwas, das sie sich immer gewünscht hatte und das ganz allein ihr Verdienst war. Ihr Herz schlug schneller bei dem Gedanken, wie sich alles entwickeln könnte. Sie hatte das Gefühl, einen Meilenstein erreicht zu haben, der sie nun auf einen völlig neuen Weg führte.

Kapitel 3 – Ankommen

Zwei Tage später machte sich Sarah mit leichtem Gepäck auf den Weg nach Norderney. Lea hatte ihr geraten, eine Unterkunft auf der Festlandseite in der Nähe des Hafens zu nehmen – eine unkomplizierte Lösung, da Lea die Besitzerin der kleinen Pension kannte, die Sarah sofort ein schönes Zimmer mit Meerblick reservierte. Sie hatte vor, am Abend mit der Fähre zurückzukehren.

„Du brauchst dort bestimmt nicht länger als ein paar Stunden, um alles mit dem Auftraggeber zu besprechen“, hatte Lea gemutmaßt. Und genau so hatte Sarah es sich vorgestellt: hinfahren, klären und wieder zurück. Ganz pragmatisch. Schließlich konnte sie mit ihrer Arbeit nicht sofort beginnen, sondern musste erst einmal alles planen und organisieren. Sicherlich würde Lasse Sanders einen Kostenvoranschlag haben wollen. Außerdem würde sie einiges an Material besorgen müssen und hatte bereits nachgesehen, ob es auf Norderney einen größeren Baumarkt gab, bei dem sie auch Pflanzen kaufen konnte, so, wie sie es aus Hamburg gewohnt war. Zwar gab es auf der Insel tatsächlich einen Baumarkt, doch die Website ließ darauf schließen, dass das Angebot eher begrenzt war. Für ein Gartencenter mit einem ordentlichen Sortiment müsste sie aufs Festland fahren. Ein Grund mehr, nicht auf Norderney zu übernachten.

Die Zugfahrt verlief überraschend entspannt, auch wenn Sarah immer wieder ihre Notizen durchging. Hatte sie an alles gedacht? Die Adresse, den Fährfahrplan, ihre Fragen an Lasse Sanders?

Ja, ich bin gut vorbereitet, sagte sie sich immer wieder, während sie aus dem Zugfenster blickte. Die vorbeiziehenden Felder und kleinen Dörfer wirkten beruhigend auf sie, und doch spürte sie ein leichtes Kribbeln in der Magengegend. Es war nicht unangenehm, eher wie eine aufgeregte Erwartung, die sie immer dann überkam, wenn etwas Neues bevorstand.

Mit jedem Kilometer Richtung Norderney wuchs ihre Aufregung – und die leise Vorfreude darauf, bald die Insel zu sehen, die sie bisher nur von Bildern kannte. Es fühlte sich an wie der Beginn eines Kapitels, das sie selbst gestalten konnte. Keine Vorgaben, keine fremden Entscheidungen – nur sie und ihre Arbeit.

Der Zug rollte schließlich in den Bahnhof von Norden ein, wo die Fahrt endete. Sarah zog ihren Mantel enger, als sie auf den Bahnsteig trat. Der Himmel war von schweren Aprilwolken bedeckt, die Luft frisch und kühl – eine Kälte, die direkt von der Nordsee herüberzog.

Der salzige Duft der nahen Küste lag in der Luft, und sie vernahm das Rufen der Möwen, die hoch über ihr in Richtung des Meeres flogen.

Von hier aus war es nicht mehr weit bis nach Norddeich Mole, wo die Fähre ablegen würde. Obwohl sie das Meer noch nicht sah, konnte sie die nahe Nordsee spüren und wusste, dass ihr Abenteuer jetzt begann.

Vor dem Bahnhof Norden stieg Sarah in ein Taxi, das sie direkt zu der kleinen Pension von Leas Freundin brachte. Der Fahrer, ein älterer Herr mit einem freundlichen Gesicht, plauderte während der kurzen Fahrt über das wechselhafte Aprilwetter. „Heute ist es ja noch halbwegs ruhig“, bemerkte er, „aber wenn der Wind dreht, wird’s schnell ungemütlich.“

Die Pension war ein charmantes Backsteinhaus mit weiß gestrichenen Fensterläden, das sich hinter einer Hecke aus knorrigen Strandrosen versteckte. Es lag nur wenige Minuten vom Hafen Norddeich Mole entfernt – strategisch perfekt für die Weiterreise zur Insel. Sarah konnte bereits einen Hauch von Meer und frischem Seetang riechen, als sie den Koffer über den schmalen Kiesweg zog.

„Du wirst Fenja mögen“, hatte Lea ihr vor der Abreise versichert. „Sie kennt Norderney und die Umgebung wie ihre Westentasche und hat immer einen guten Tipp parat.“

Sarah trat gut gelaunt an den Empfangstresen, wo eine junge Frau mit leuchtend roten Haaren stand. Das musste Fenja sein.

Mit einem herzlichen Lächeln begrüßte sie Sarah. „Du bist vermutlich die Freundin von Lea. Willkommen in meiner kleinen Pension.“ Ihre Stimme hatte diesen typischen norddeutschen Singsang, der Sarah sofort ein Gefühl von Vertrautheit gab. Nach einem kurzen Gespräch und dem Austausch einiger Höflichkeiten übergab Fenja ihr den Zimmerschlüssel.

„Fährst du heute noch rüber nach Norderney?“, fragte sie, während sie auf den Fährplan deutete, der unter der Glasplatte auf dem Tresen lag.

„Ja, ich will alles Wichtige klären und dann wieder zurückkommen“, antwortete Sarah.

Fenja zog die Schultern leicht hoch und lachte. „Dann zieh dich warm an. Der Wind da draußen ist heute tückisch – gerade am Abend wird es meist eisig. Aber es lohnt sich. Der Sonnenuntergang ist bei diesem Wetter besonders schön.“

Mit einem Gefühl der Vorfreude verabschiedete sich Sarah, brachte schnell ihre Sachen aufs Zimmer und machte sich sofort auf den Weg zum Hafen, wo die Fähre, die sie nach Norderney bringen sollte, gerade anlegte.

Perfektes Timing, dachte sie zufrieden, während sie ihr Ticket einem freundlichen Matrosen reichte. Der junge Mann nickte ihr kurz zu und deutete auf die Gangway. Ohne zu zögern, ging Sarah an Bord und machte sich auf den Weg zum oberen Deck.

Da der Regen eine Pause eingelegt hatte, wollte sie die Überfahrt unbedingt draußen genießen. Auf dem Deck suchte sie sich eine windgeschützte Ecke, doch der Aprilwind fand dennoch seinen Weg durch ihren Mantel. Sie spürte die kühle Feuchtigkeit in der Luft und sah, wie die dunklen Wolken über den Himmel jagten. Immer wieder brach die Sonne durch die Wolkendecke und tauchte das Meer in ein wechselndes Lichtspiel aus Blau und Grau. Es war, als würde der Himmel eine Botschaft senden, deren Bedeutung ihr noch nicht klar war.

Sarah schloss ihre Finger fest um die Reling und zog die salzige Luft tief ein, während sie das Naturschauspiel beobachtete. Doch je länger sie dort stand, desto mehr spürte sie die Kälte am ganzen Körper. Schließlich entschied sie sich, nach drinnen zu gehen.

Noch einmal ließ sie den Blick über die Weite des Meeres gleiten, bevor sie die Tür zum Inneren der Fähre öffnete. Dort empfingen sie warme Luft und der angenehme Duft von Kaffee, der von einem kleinen Verkaufsstand ausging.

Sarah suchte sich einen Platz am Fenster und lehnte sich zurück, während die Motoren gleichmäßig unter ihr brummten. Die sanfte Bewegung des Schiffs war beruhigend, und vor ihr nahm Norderney langsam Gestalt an.

Während Sarah einen Kaffee trank, wurden die Umrisse der Insel immer klarer. Dünengras schien wie ein Teppich die Hügel zu überziehen, und der markante Leuchtturm aus Ziegelstein, das Wahrzeichen der Insel, ragte stolz in den Himmel. Gerade hatte die Sonne ihren Kampf gegen die dicke Wolkendecke gewonnen und warf ein goldenes Licht auf die Wellen, was eine ganz besondere Atmosphäre schuf. Sarah war ganz hingerissen von dem Anblick und freute sich, die Insel bald näher erkunden zu können.

Als die Fähre sich dem Steg näherte, blieben ihre Augen an einer Gestalt hängen: ein Mann, der die Hände tief in die Taschen seines Mantels vergraben und den Kragen gegen den Wind hochgeschlagen hatte. Besonders auffallend war der rote Schal, den er trug. Regungslos stand er da und blickte in ihre Richtung.

Sarah spürte, wie ihr Herz einen Moment lang schneller schlug. Vermutlich war es das Gefühl, dass sie sich einem neuen Abschnitt näherte. Sie nahm einen tiefen Atemzug und stellte sich darauf ein, ihrem Auftraggeber bald gegenüberzustehen. Denn das musste Lasse Sanders sein!

Kapitel 4 – Reethaus

Als Sarah über die Anlegebrücke ging, fühlten sich ihre Beine an wie Wackelpudding. Der Seegang steckte ihr noch in den Knochen, wie es oft nach einer Bootsfahrt der Fall war. Kurz hielt sie inne, um sich zu sammeln und den Boden wieder richtig unter den Füßen zu spüren.

Der Mann, von dem sie annahm, dass es Herr Sanders war, stand weiterhin regungslos am Ende des Steges und blickte ihr entgegen. Offenbar ging er davon aus, dass sie ihn erkannte, denn er machte keinerlei Anstalten, sich bemerkbar zu machen. Andererseits, warum sollte er ihr zuwinken, ihren Namen rufen oder gar ein Schild mit „Sarah Messner“ hochhalten? Die Anzahl der Menschen, die die Fähre verließ, war überschaubar – ebenso die der Wartenden. Da war er nämlich der Einzige.

Doch ein bisschen regen könnte er sich schon, fand Sarah. Er stand da wie eine unbewegliche Statue, während der Wind um ihn wehte. Er lächelte nicht einmal, als sie näher kam.

„Sind Sie Lasse Sanders?“, fragte sie schließlich, als sie vor ihm stand.

„Genau der bin ich“, antwortete er ruhig und streckte ihr die Hand entgegen. Bei ihrem Handschlag spürte Sarah die Kälte, die von ihm ausging. Er musste länger hier gestanden und auf die Fähre gewartet haben.

Während er sie fragte, ob alles gut geklappt hatte, betrachtete sie ihn genauer. Trotz des Vollbartes, der seine Gesichtszüge teilweise verbarg, strahlte er eine angenehme Ruhe aus, die ihr in diesem Moment so etwas wie Vertrauen einflößte. Zumindest fühlte sie sich willkommen, obwohl er alles andere als herzlich war.

Als sie ihm antwortete, blieben ihre Augen unwillkürlich an seinen hängen. Er hatte eine tiefe, fast unergründliche Augenfarbe, die in einem intensiven Blau schimmerte, als ob das Meer sich darin spiegelte. Sarah musste den Blick abwenden, weil sie das Gefühl hatte, in ihnen zu versinken.

Als sie ihn wieder ansah, fielen ihr die feinen Linien um die Augenwinkel auf, die verrieten, dass er gerne lachte. Doch die Falten auf seiner Stirn zeigten, dass er auch ein Mann war, der viel nachdachte und sich oft Sorgen machte. Sarah ertappte sich bei dem Gedanken, dass sie gerne mehr über ihn erfahren würde, obwohl sie sich nicht erklären konnte, warum. Sie schätzte ihn etwas älter als sich selbst, vielleicht Mitte vierzig.

Sarah war überrascht, was ihr in der kurzen Zeit alles auffiel, und wie genau sie ihn zu deuten versuchte. Dabei war er lediglich ihr Auftraggeber. Es sollte sie gar nicht interessieren, ob er humorvoll war oder Sorgen hatte.

„Sollen wir los? Haben Sie noch Gepäck?“, fragte Lasse Sanders und warf einen kurzen Blick über ihre Schulter, als würde er dort ein Gepäckstück erwarten.

„Nein. Das habe ich in der Pension auf dem Festland gelassen“, antwortete sie.

„Verstehe“, murmelte er knapp, drehte sich um und ging voran. Sarah folgte ihm und ärgerte sich darüber, dass sie sich nicht warm genug angezogen hatte. Obwohl sie einen Schal um den Hals geschlungen hatte, spürte sie die kalte Brise, die vom Meer herüberwehte.

Der Hafen war überraschend ruhig: Ein paar Fischerboote wankten sanft im Wasser, und das Fährschiff war bereits wieder dabei, abzulegen. Ein paar Passanten hasteten an ihnen vorbei, die Hände tief in die Jacken vergraben, um sich vor der Kälte zu schützen.

Während sie Lasse folgte, der stur geradeaus blickte und keine Lust auf Small Talk zu haben schien, betrachtete Sarah die Umgebung. Der Weg führte sie vom Hafen auf eine schmale Straße, die sich am Rand des Ortes entlangzog. Ihr fiel auf, dass die meisten Gebäude liebevoll gepflegt waren, die Stadt aber insgesamt ein wenig verschlafen wirkte.

Sie ließ ihren Blick über die Häuser gleiten, die entlang der Straße standen. Viele waren in hellen Creme- und Weißtönen gestrichen. Einige hatten Fensterläden in zartem Blau oder Grün, die vom rauen Wetter gezeichnet waren. Manche Dächer bedeckte das für diese Küstenlandschaft typische Reet, während andere Häuser schiefergraue Ziegel trugen.

Die Vorgärten waren klein und einladend. In den Beeten sprossen die ersten Frühjahrsblüher – Krokusse und Narzissen – und Sträucher säumten die Wege. In manchen Gärten standen Holzbänke, auf denen die Bewohner an wärmeren Tagen vermutlich gerne saßen. Der Wind spielte mit den Blättern, doch alles wirkte ruhig, fast ein wenig zu still für ihren Geschmack. Es war offensichtlich, dass gerade kaum Touristen auf der Insel waren.

Die vereinzelten Menschen, die sie noch am Hafen gesehen hatte, waren längst in ihre Häuser zurückgekehrt, um sich vor der Kälte zu schützen – vielleicht mit einer Tasse Tee oder einem Buch am Kamin sitzend.

Nach etwa zwanzig Minuten erreichten sie eine kleine Straße, in die Lasse einbog. Der Weg war sanft ansteigend. Nach wenigen Schritten tauchte ein Haus vor ihnen auf, das etwas abseits stand, fast so, als wolle es in Ruhe gelassen werden. Ein großzügiger, verwilderter Garten umgab es. Im Moment konnte Sarah nur den vorderen Teil sehen, der von wilden Pflanzen überwuchert schien. Sie bemerkte sogleich, dass er einst mit viel Liebe und Pflege angelegt worden war, sich aber über die Jahre die Gewächse verselbstständigt hatten.

Der Weg zum Haus führte durch einen Bogen aus verwilderten Rosenstöcken, deren dornige Zweige in alle Richtungen zeigten. Das Reetdach war von der Zeit gezeichnet, die Halme hatten sich verfärbt und begannen, sich an manchen Stellen zu lösen. Auch an den einst leuchtend blauen Fensterläden war die Farbe abgeblättert. Es tat ihr in der Seele weh, dass das hübsche Häuschen in den letzten Jahren kaum Zuwendung erfahren hatte.

Obwohl Lasse bereits vor der Eingangstür stand, blieb Sarah wie angewurzelt in dem Rosenbogen stehen. Sie betrachtete das Haus mit leisem Staunen. Trotz der verblassten Fassade und der schmutzigen Fenster spürte sie den Charme. Fast wirkte es, als würde es nur darauf warten, wieder zum Leben erweckt zu werden.

Sarah konnte sich lebhaft vorstellen, wie das Haus in neuem Glanz erstrahlte: Die alten Glasfenster, die das Sonnenlicht in den Raum ließen, wären von Staub befreit, die Fensterläden in frischem Blau gestrichen, und aus dem kleinen Schornstein stieg eine dünne Rauchsäule in den Himmel. Der Garten, der ihr Projekt werden sollte, würde in farbenfroher Blütenpracht erstrahlen. Sarah war klar, wie einzigartig das Grundstück einmal gewesen sein musste und hoffte, dass es bald in annähernder Schönheit wieder erblühen würde.

Sarah konnte nichts dagegen tun. Sie fühlte sich sofort zu diesem Ort hingezogen. Trotz des Verfalls, des Staubes und den Spuren der Zeit – sie verliebte sich auf der Stelle.

Ein komisches Gefühl beschlich sie. Es war, als ob das Haus auf sie gewartet hätte.

Kapitel 5 – Sonnentau

„Ich bin auch heute erst angekommen“, erklärte Lasse entschuldigend, als sie das Haus betraten. Im Inneren herrschte eine feuchte Kühle, und der Raum wirkte auf den ersten Blick nicht besonders einladend. Der Duft von altem Holz und Staub lag in der Luft, während schwaches Licht durch die schmutzigen Fenster fiel. Es war, als ob das Haus noch nicht ganz bereit war, sich in neuem Glanz zu zeigen.

Trotz des ersten, eher kühlen Eindrucks, den der Raum ausstrahlte, spürte Sarah eine seltsame Anziehung, die von dem Haus ausging. Vielleicht lag es an der stillen Gemütlichkeit, die sich in den niedrigeren Decken und den mächtigen Holzbalken verbarg. Das Haus hatte eine zeitlose Aura, als ob es von längst vergangenen Geschichten erzählte.

Ihr Blick wanderte weiter und blieb an der offenen Küche hängen, die an das Wohnzimmer angrenzte. Eine alte, rustikale Arbeitsplatte zog sich entlang der Wand, darüber ein kleines Fenster mit geblümten Vorhängen, das den Blick in den hinteren Garten freigab. Auf einem Regal standen bunte Tassen, als würden sie darauf warten, endlich wieder benutzt zu werden.

Sarah hatte genug Fantasie, um sich vorzustellen, wie heimelig es hier einmal gewesen war, und vermutlich auch wieder werden würde, sobald man etwas Arbeit hineingesteckt hatte. Zugegeben viel Arbeit.

Das Wohnzimmer war geschmackvoll eingerichtet. Zumindest das, was sie sehen konnte, denn die meisten Möbel waren abgedeckt, um sie vor Staub und Ungeziefer zu schützen. Obwohl sie das nicht laut aussprechen würde, spürte sie, dass dieses Grundstück nur auf sie gewartet hatte.

„Ich finde es wunderschön!“, platzte sie heraus, was angesichts der Unordnung fast ironisch wirkte.

Lasse Sanders, der gerade eine Abdeckung von einem Sessel nahm, hielt inne und blickte sie an. Zum ersten Mal zeichnete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht ab. Offenbar zeigte ihr Gefühlsausbruch Wirkung.

„Meinen Sie das ernst?“, fragte er mit hochgezogener Augenbraue.

„Natürlich!“ Sarah nickte energisch. „Man sieht es dem Garten und dem Haus an, wie viel Liebe hier einmal hineingeflossen ist. Es steckt so viel Arbeit darin. Im Vorgarten habe ich an den akkurat angelegten Beeten erkannt, dass jemand sich hier wirklich Mühe gegeben hat. Die Wege sind einwandfrei mit Steinen eingefasst, und selbst der Rosenbogen, so verwildert er jetzt auch wirkt, war einmal perfekt zugeschnitten.“

Lasse wandte den Blick ab und schwieg. Doch bevor er das tat, bemerkte Sarah etwas in seinen Augen – eine Art Traurigkeit. Es war, als würde ihn die Geschichte des Hauses und seiner Bewohner mehr belasten, als er zugeben wollte.

Bereits jetzt war Sarah neugierig darauf, welche Geheimnisse dieses Haus barg. Doch es war klar, dass Lasse Sanders nicht der Typ war, der solche Dinge leichtfertig erzählte.

„Gehört das Haus Ihnen?“, tastete sie sich vor, da sie fand, dass diese Frage durchaus gerechtfertigt war. Schließlich hatte er sie damit beauftragt, den Garten neu zu gestalten.

„Wollen wir uns den Außenbereich ansehen?“, stellte Lasse eine Gegenfrage, als habe er ihre nicht gehört. Offenbar wollte er nicht antworten und sie hatte das Gefühl, dass sie erst einmal keine weiteren Fragen zum Haus stellen sollte.

Schweigend folgte sie ihm durch den Raum zu einer schmalen Hintertür, die nach außen führte. Vorsichtig trat sie hinaus und war sofort gefangen von dem Anblick, der sich ihr bot. Der Garten war weitläufig und noch verwilderter als der Vorgarten – ein vergessenes Stück Natur, das sich seinen eigenen Weg gebahnt hatte. Überall wuchsen Blumen und Kräuter, denen man ansah, dass sie länger nicht zurückgeschnitten wurden und die sich nun entfalteten. Sarah konnte die Überreste von Blumenbeeten erkennen, die einst mit viel Liebe und Mühe angelegt und gepflegt worden waren.

Der Ausblick war atemberaubend. Man konnte weit über das Land blicken, und die sanften Hügel, auf denen sich das Dünengras im Wind bog, reichten bis zum Horizont. In der Ferne erblickte sie den Leuchtturm, das Wahrzeichen der Insel, der sich klar vor den dunklen Wolken abzeichnete. Das Wetter war stürmisch, doch es bereitete ihr noch keine Sorgen.

„Es ist wunderschön hier“, murmelte Sarah, mehr zu sich selbst als zu Herrn Sanders. Sie gingen weiter durch den verwilderten Garten, wobei Lasse Sanders immer ein paar Schritte vorausging. Der Wind heulte so laut, dass sie hätte brüllen müssen, um ihm Fragen zu stellen. Daher ließ sie es sein und betrachtete nur die Umgebung.

Je mehr sie das Gelände erkundete, desto mehr spürte sie, dass sie hier am richtigen Ort war. Der kühle Wind wehte ihr durch die Haare, und sie atmete die salzige Luft der Nordsee ein. Sie lief durch die Beete, bog mal links oder rechts ab, um Pflanzen genauer zu betrachten, ohne Rücksicht darauf zu nehmen, welchem Weg Herr Sanders folgte. Die meisten Blumen waren noch nicht zum Leben erwacht, doch erste Frühblüher kämpften sich tapfer durch den Boden, während das Grün der Kräuter vielversprechend aus der Erde lugte. Zwischen den Beeten entdeckte Sarah immer wieder kleine Zeichen des Widerstands gegen die Kälte. Krokusse und Schneeglöckchen blühten trotzig, als wollten sie beweisen, dass auch inmitten der rauen Jahreszeit Schönheit möglich war. Sie lächelte bei diesem Gedanken und folgte dem Weg, der leicht bergauf führte.

Plötzlich blieb sie stehen. Ihr Blick fiel auf eine unscheinbare Pflanze, die zwischen den Steinen eines verfallenen Kräuterbeets wuchs. Sie kniete nieder, um sie genauer zu betrachten. Die kleinen, runden Blätter schimmerten feucht, und winzige, klebrige Tropfen glitzerten darauf wie Tautropfen.

„Sonnentau“, flüsterte Sarah, erstaunt über diesen Fund. Diese fleischfressende Pflanze war in Europa selten und hatte sie schon immer fasziniert.

Mit vorsichtigen Fingerspitzen strich sie über die glänzenden Tröpfchen, die an den Blättern wie winzige Perlen klebten. Der Sonnentau war nicht nur eine Meisterin der Anpassung, sondern hatte auch eine lange Geschichte. Früher, so erinnerte sich Sarah, wurde er zur Herstellung von Hustensaft verwendet und galt als „magische“ Pflanze.

Eine Heilerin und Überlebenskünstlerin zugleich, dachte sie bewundernd.

Der Sonnentau war für sie ein Symbol der Widerstandskraft. Sie gedieh an Orten, die für andere Pflanzen unfruchtbar waren, und fand ihre Nahrung dort, wo man es am wenigsten erwarten würde.

Manchmal muss man wie der Sonnentau sein, dachte sie, sich nicht auf die äußeren Umstände verlassen, sondern einen Weg finden, auch unter schwierigen Bedingungen zu wachsen.

Ein auffrischender Windstoß riss sie aus ihren Gedanken. Sie erhob sich, wischte sich die Erde von den Händen und erblickte Herrn Sanders unter einem Apfelbaum, wo er sich suchend nach ihr umblickte. Kurz winkte sie ihm zu und lief in seine Richtung. Bereits jetzt war ihr klar, dass dieser Garten einst ein Ort des Neuanfangs und der Heilung gewesen war. Jemand mit außergewöhnlich fundiertem Wissen musste ihn angelegt haben. Da Lasse Sanders auf ihre Fragen bisher äußerst komisch reagiert hatte, beschloss sie, selbst herauszufinden, wer es war.

Mit jedem Schritt, den sie weiter durch den Garten lief, wuchs in ihr das Gefühl, dass sich hieraus wieder etwas ganz Besonderes machen ließ. Hier draußen fühlte sie sich frei, ganz sie selbst.

„Was haben Sie sich genau mit dem Garten vorgestellt? Was soll ich damit machen?“, fragte Sarah ihren Auftraggeber, als sie unter dem Apfelbaum angekommen war.

„Das überlasse ich ganz Ihnen“, antwortete er knapp. „Es soll nur gut aussehen, damit ich das Haus verkaufen kann.“ Dann wandte er wieder den Blick ab.

Sarah konnte ihr Gegenüber schwer deuten. Einerseits wirkte er, als wolle er das Haus und das Grundstück möglichst schnell loswerden, andererseits schien er irgendwie daran zu hängen. Zumindest weckte es Gefühle in ihm, die er nicht zeigen wollte.

Gemeinsam gingen sie weiter, bis sie das Ende des Gartens erreicht hatten. Ein niedriger weißer Zaun, den man einfach übersteigen konnte, trennte ihn von der Dünenlandschaft. Ein wenig wirkte es, als gehörte die ganze Landschaft bis zum Horizont zu dem Haus.

„Es ist eines der ältesten Häuser auf Norderney“, erklärte Herr Sanders, während er in die Ferne blickte.

„Und das wollen Sie wirklich verkaufen?“, rutschte es Sarah heraus, obwohl sie sich vorgenommen hatte, nichts in dieser Richtung zu fragen.

„Das lassen Sie mal meine Sorge sein“, antwortete er ruppig, wie Sarah es erwartet hatte.

„Entschuldigen Sie. Das geht mich natürlich nichts an“, fügte sie hastig hinzu, um keinen Ärger zu riskieren. Sie wollte dieses Projekt unbedingt umsetzen. In ihrer Vorstellung sah sie sich schon mit den ersten Schritten der Umgestaltung beschäftigt, den Garten neu zu ordnen und die verwilderte Schönheit zu bändigen. Denn das war ihr klar – es würde eine Weile dauern, vermutlich sogar Wochen. Das Grundstück hatte so viel Potenzial und sie wollte jedes Detail und jede Ecke in ihre Hände nehmen.

Der Wind blies mittlerweile kräftig über das Gelände, und sie mussten sich anstrengen, um gegen die Böen anzukommen. Doch die Kälte war nebensächlich. Innerlich war Sarah bereits Feuer und Flamme und spürte eine tiefe Verbundenheit mit dem besonderen Ort. Sie wusste, dass sie hier genau richtig war.

Sie liefen weiter durch den Garten und erreichten den höchsten Punkt des Grundstücks. Hier blieben sie stehen und blickten noch einmal über die Landschaft. Sarah betrachtete die Weite, die sie umgab, als wolle sie sich alles einprägen. Dann ließ sie ihren Blick zur Anlegestelle schweifen, wo in diesem Moment ein rotes Licht aufleuchtete und in regelmäßigen Abständen blinkte. Auch Lasse Sanders schien es bemerkt zu haben, denn er schaute in dieselbe Richtung.

„Was bedeutet das?“, fragte sie, ihren Blick noch immer auf das blinkende Signal gerichtet.

Lasse drehte sich langsam zu ihr, und für einen Moment hatte er einen unergründlichen Ausdruck in den Augen. Dann erklärte er mit bedächtigem Ton: „Es ist das Warnsignal für die Schiffe.“

Sarah nickte, doch in dem Moment, in dem sie zu ihm aufschaute, bemerkte sie die Veränderung in seiner Miene. Er holte tief Luft, dann sagte er ruhig, aber bestimmt: „Heute wird keine Fähre mehr diesen Hafen verlassen.“

Kapitel 6 – Frischer Wind

Es dauerte ein paar Sekunden, bis seine Worte einen Sinn ergaben und Sarah klar wurde, was das bedeutete: Sie würde heute nicht mehr zum Festland kommen, sondern musste hier auf der Insel bleiben. Das musste sie erst mal sacken lassen.

„Gehen wir zurück ins Haus“, schlug Lasse Sanders vor, wobei seine Stimme einen Hauch von Überforderung verriet. Auch er schien nicht darauf eingestellt zu sein, den Abend und die Nacht auf Norderney zu verbringen.

Mit eiligen Schritten kämpften sie sich gegen den immer stärker werdenden Wind voran, der unbarmherzig über das Gelände fegte. Der Frühling zeigte an diesem Tag seine wilde, ungezähmte Seite. Als sie die Hintertür des Hauses erreichten, drängte Sarah sich hastig ins Innere, froh, dem tobenden Sturm zu entkommen. Doch ihre Erleichterung hielt nur kurz an – drinnen schlug ihr die gleiche klamme Kälte entgegen, die sie bereits bei ihrer Ankunft empfunden hatte, und die leeren Räume wirkten so ungemütlich wie zuvor.

Im Wohnzimmer standen sie eine Weile wortlos nebeneinander. Sarah überlegte, wie sie das Schweigen überbrücken könnte, war aber selbst sprachlos. Es war die typische Situation, die bei ihr zu einem unangebrachten Kichern führte. Irgendwie war es befreiend, in solch absurden Momenten zu lachen.

Lasse Sanders, der sie zunächst irritiert anblickte, konnte sich schließlich auch ein Lächeln nicht verkneifen. „Was machen wir denn jetzt?“, murmelte er und kratzte sich am Kinn. Er schien ebenfalls überfordert mit der Situation zu sein.

Sarah riss sich wieder zusammen. „Einen Schlafplatz finden, nehme ich an“, schlug sie nüchtern vor. Doch erst als sie die Worte ausgesprochen hatte, wurde ihr klar, was das bedeutete: Sie würde in einem fremden Haus, mit einem ihr unbekannten Mann, ohne Gepäck und nur mit dem, was sie am Leib trug, die Nacht verbringen.

Das kann ja heiter werden, dachte sie, während ihre Vernunft die aufkommende Nervosität beiseiteschob.

„Wie sehen denn die Räume oben aus?“, fragte sie an den Hausbesitzer gewandt, der sich nicht rührte.

„Oben sind zwei Schlafzimmer“, antwortete er und runzelte die Stirn, „aber fragen Sie mich bitte nicht, in welchem Zustand die sind.“ Dann deutete er in Richtung Treppe und ging voran.

Die Stufen knarrten laut, als sie gemeinsam nach oben gingen. Der Flur, der sie empfing, war mit einer dicken Staubschicht bedeckt. Drei Türen führten zu den Räumen – zwei Schlafzimmern und einem Badezimmer.

Gespannt betrat Sarah das zu ihrer Linken, das zur Vorderseite des Hauses lag, und war angenehm überrascht von dem, was sie sah. Ein Himmelbett, das von einem antiken Kleiderschrank flankiert wurde, verlieh dem Raum einen gemütlichen Charme – zumindest, wenn man über den Staub und die Kälte hinweg sah.

Vor dem Fenster, das zum Hafen zeigte, stand ein Schreibtisch aus dunklem Kirschholz, der hübsch anzusehen war. Von hier aus konnte Sarah immer noch das rote Blinklicht sehen, das ihren unfreiwilligen Aufenthalt eindringlich bestätigte.

Lasse hatte sich derweil das zweite Schlafzimmer angesehen, zu dem sie nun hinüberging. Dieses Zimmer war schlichter eingerichtet.

Sarah trat durch die Tür und sah, wie er vor einigen gerahmten Bildern an der Wand stand und sie betrachtete. Sein Gesichtsausdruck war dabei schwer zu deuten – vielleicht eine Mischung aus Melancholie und Nachdenklichkeit. Als er sich schließlich zu ihr umdrehte, wirkte er fast ertappt.

„Ich … ich gehe mal in den Keller und schaue, ob die Heizung funktioniert“, sagte er mit etwas belegter Stimme und wies auf einen kleinen Ofen in der Ecke, „falls nicht, können wir den anfeuern.“

Ohne auf eine Antwort zu warten, war er schon wieder in Richtung Treppe unterwegs. „Vielleicht könnten Sie im Kabuff nach Bettwäsche suchen“, rief er noch über die Schulter und deutete auf eine Tür neben dem Badezimmer, die ihr bisher noch nicht aufgefallen war.

„Natürlich“, antwortete Sarah steif, denn sie fand die Situation mehr als unangenehm. Der Gedanke, dass sie nun mit ihrem vorübergehenden Arbeitgeber die Nacht verbringen musste, war ihr mehr als unbehaglich.

Allein wie sich das anhörte: „Ich habe die Nacht mit meinem Arbeitgeber verbracht.“ Schon wieder hätte sie über die Situation lachen können.

„Herr Sanders!“ Ihre Stimme hielt ihn auf halber Treppe zurück. „Da wir nun gemeinsam hier festsitzen, wäre es doch einfacher, wenn wir uns beim Vornamen anreden. Ich bin Sarah.“

Er drehte sich um, und seine ungewöhnlich blauen Augen musterten sie kurz. „Von mir aus. Lasse“, sagte er schließlich ohne große Begeisterung, bevor er sich wieder umdrehte und weiterging.

Sarah schüttelte den Kopf. Nun musste sie doch kichern!

Kapitel 7 – Flüchtiger Blick

Wäre Lasse Sanders nicht ein wildfremder Mann gewesen, hätte sich Sarah die Situation durchaus schönreden können. Es gab Schlimmeres, als eine Nacht auf Norderney zu verbringen – allerdings nicht unter diesen Umständen.

Während aus dem Keller lautes Poltern und gelegentliches Fluchen zu hören war, was unmissverständlich darauf hindeutete, dass die Heizung sich nicht so leicht überreden ließ, wieder ihren Dienst aufzunehmen, ließ Sarah ihren Blick durch die kleine Kammer schweifen.

Der Raum, eine Mischung aus begehbarem Kleiderschrank und Abstellkammer, war überraschend ordentlich. Die Regale waren akkurat gefüllt, Kisten sorgfältig gestapelt und sauber beschriftet.

Sarah konnte nicht anders, als innerlich zu schmunzeln – diese Akribie hätte sie Lasse Sanders auf den ersten Blick gar nicht zugetraut. Oder wer war es gewesen, der diesen Schrank eingeräumt und überhaupt das ganze Haus eingerichtet hatte?

Trotz der Ordnung erwartete sie, dass die gefundenen Laken und Bezüge den typischen, muffigen Geruch von langer Lagerung hatten. Mit einer leichten Skepsis zog sie zwei hübsche Sets aus der oberen Reihe heraus und warf einen prüfenden Blick darauf. Wenigstens gab es keine sichtbaren Spuren von Motten – das war ja schon mal etwas. Der Geruch war auch annehmbar.

Sarah nahm das Bettzeug und legte eines davon auf das Bett in dem hinteren Zimmer, um dann in das vordere zu gehen, das sie für sich auserkoren hatte. Mittlerweile war es stockdunkel, und nur der schwache Lichtschein aus dem Flur drang durch die geöffnete Tür. Er warf lange, flackernde Schatten an die Wände, die den Raum auf eine seltsame Weise unheimlich wirken ließen. Die Kombination aus der Stille im Haus und dem gedämpften Licht ließ Sarah kurz innehalten, als sie über die Schwelle trat. Ein leichter Schauer lief ihr über den Rücken, doch sie verdrängte das mulmige Gefühl schnell und konzentrierte sich darauf, das Zimmer wohnlicher zu machen.

Einen Moment lang blickte sie sich um und dachte darüber nach, was in diesem Raum wohl alles geschehen war. Hatten hier Menschen voller Freude gelebt, gemeinsam gelacht und geträumt? Oder gab es auch hitzige Streitigkeiten und leise Versöhnungen?

Es war, als hielten die Wände all die Geschichten, die sie einst erlebt hatten, tief in sich verschlossen. Geheimnisse, die sie nie wieder preisgeben würden.

Ein erneutes Fluchen von Lasse erinnerte Sarah daran, was sie eigentlich vorhatte. Sie gab sich einen Ruck und schaltete die Lampe an, die auf dem kleinen Nachttisch stand. Dann schüttelte sie vorsichtig das Laken aus, sodass einige Staubkörner im Lichtschein tanzten.

Ihr Augenmaß sagte ihr, dass die Bettwäsche perfekt auf das Himmelbett passte. Mit einem entschlossenen Schritt trat sie näher und schlug den Überwurf zurück, um die Bettdecke und das Kopfkissen zu betrachten, die sie beziehen wollte. Beides war in gutem Zustand, und ehrlich gesagt war sie mittlerweile so erschöpft, dass sie sich einfach in das Bett hätte legen können und vermutlich sofort eingeschlafen wäre.

Neugierig ließ sie sich auf die Matratze sinken, die durch ihre alten Sprungfedern ein lautes, metallisches Quietschen von sich gab. Erschrocken hielt Sarah inne, doch zu ihrer Überraschung war sie erstaunlich bequem. Für einen Moment blieb sie liegen und atmete tief durch. Erst jetzt spürte sie, wie müde sie von der langen Reise und der Aufregung war.

„Eine Nacht werde ich es hier schon aushalten“, murmelte Sarah zu sich selbst, mehr aus Trotz als aus Überzeugung. Sie griff nach dem Kopfkissen, schüttelte es kräftig auf und bezog es mit dem hübschen, geblümten Bettbezug. Darauf folgte die Decke, gefüllt mit Daunen, die sie sicher gut wärmen würde in dieser kalten Nacht, sollte Lasse die Heizung nicht in Gang bekommen.

Gerade als sie fertig war und überlegte, ob sie sich kurz auf dem Bett ausstrecken sollte, hörte sie Lasse aus dem unteren Stockwerk: „Alles in Ordnung da oben?“

„Ich komme zurecht …“, rief sie zurück, wobei es ihr eher so schien, als ob er Hilfe benötigte. Mit einem leisen Seufzer erhob sie sich von dem Bett und ging nach unten, um zu sehen, ob sie ihm helfen konnte.

Lasse stand im Wohnzimmer vor der Tür, die in den Keller führte und bot einen lustigen Anblick. Er war überall mit dunklem Öl verschmiert – an den Armen, auf dem Hemd und sogar sein Hals und das Gesicht waren befleckt. Er hatte offensichtlich kein Werkzeug gefunden und nur seine Hände benutzt.

„Die verdammte Heizung springt einfach nicht an“, erklärte er genervt, als er Sarah auf der Treppe sah. „Ich habe wirklich alles versucht, aber das alte Ding weigert sich hartnäckig.“

Sarah betrachtete ihn und konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Lasse sah doch zu komisch aus.

„Lass es gut sein, Lasse“, meinte sie, wobei ihr erst im Nachhinein das Wortspiel auffiel. Auch Lasse huschte bei ihren Worten ein Lächeln über das Gesicht, was ihm außerordentlich gut stand. Warum war er sonst nur immer so ernst?

„Es ist in Ordnung ohne Heizung. Ich komme oben schon klar. Auf dem Bett liegt eine warme Daunendecke. Da wird es mir nicht zu kalt werden“, erklärte sie zuversichtlich, auch wenn sie die Vorstellung, die Nacht in dem kalten Haus zu verbringen, alles andere als angenehm fand.

„Gut. Ich kümmere mich morgen um den Elektriker“, entschied er. „Du wirst ja vermutlich einige Tage hierbleiben – oder möchtest du immer hin- und herfahren?“

Das hatte sich Sarah ehrlich gesagt noch gar nicht überlegt.

Sie musste zugeben, dass sie sich trotz der Umstände durchaus vorstellen konnte, es sich hier gemütlich zu machen. Das Haus hatte einen gewissen Charme, und wenn sie ehrlich war, empfand sie die Aussicht, ein paar Tage in dieser abgeschiedenen Ruhe zu verbringen, gar nicht so unangenehm. Natürlich verriet sie das Lasse nicht, denn über die geschäftlichen Details hatten sie noch kein Wort gewechselt – kein Vertrag, keine klare Absprache, nichts. Sie sollte sich nicht zu begeistert zeigen und sich nicht unter Preis verkaufen.

„Das habe ich mir noch gar nicht überlegt“, erklärte sie wahrheitsgemäß. „Aber wenn die Fähre öfter ausfällt, so wie heute, sollte ich wohl lieber hierbleiben.“

„Sollen wir uns hinsetzen und die Details besprechen?“, schlug Lasse vor, wieder ganz in seiner Auftraggeberrolle.

„Gerne“, antwortete Sarah zögernd, da sie nicht wusste, ob sie das, was sie dachte, aussprechen sollte: „Möchtest du nicht erst mal duschen? Du bist ziemlich mit Öl verschmiert.“

„Da hast du recht. Und das warme Wasser geht immerhin“, sagte er lachend und blickte auf seine ölverschmierten Arme.

„Dann mach das doch, und ich schaue mich in der Küche nach etwas Essbarem um.“

„Prima. Ich bin gleich wieder da“, meinte Lasse und war bereits auf dem Weg zur Treppe. Die Aussicht auf eine Dusche schien ihn zu beflügeln, so wie er die Stufen hinaufhechtete, ohne sich noch einmal umzusehen.

Sarah stand in der Küche und ließ ihren Blick über die Regale und Schränke schweifen. Das Haus, so charmant es von außen wirkte, bot innen nur eine karge, beinahe verlassene Atmosphäre. Sie öffnete die Türen der Küchenschränke und hoffte, etwas zu finden, das sie zubereiten konnte – vielleicht ein Paket Nudeln und eine Dose Tomaten. Doch die Schränke waren nahezu leer. Sie fand nur ein paar Konserven, deren Verfallsdatum lange überschritten war und eine halb leere Packung Zucker. Fast hätte sie die Suche aufgeben, als ihr Blick auf ein kleines Regal fiel, in dem eine noch verschlossene, in Plastik eingeschweißte Packung Kamillentee stand.

„Immerhin etwas“, sagte sie halblaut zu sich selbst und befüllte den Wasserkocher, der sich auf dem Küchentresen befand.

Daraufhin öffnete sie neugierig den Kühlschrank und runzelte die Stirn. Es überraschte sie, dass das Gerät überhaupt eingeschaltet war, angesichts des ansonsten so verlassen wirkenden Hauses. Doch ihre Erwartungen wurden schnell gedämpft. Der Inhalt war so dürftig wie in den Schränken: ein paar vergessene Karotten, die bereits ganz schrumpelig aussahen und ein halb volles Glas Marmelade mit einem Etikett, das kaum noch lesbar war. Außerdem befanden sich ein paar Flaschen Bier darin und eine geöffnete Packung Backpulver – das übliche Hausmittel gegen unangenehme Gerüche.

Sarah stieß einen leisen Seufzer aus, schloss die Kühlschranktür und wandte sich wieder dem Tee zu. Sie goss das heiße Wasser in eine Tasse, die ihr besonders gut gefiel. Auf ihr waren verschiedene Kräutersorten zu sehen. Kurz zögerte sie, doch dann machte sie eine zweite Tasse fertig. Auch für Lasse fand sie ein Exemplar, das sie schmunzeln ließ. Es war eine Tasse, auf der ein lustiger Bär mit dem Wort Morgenmuffel abgebildet war – wie passend.

Vielleicht würde ihn ja der Duft von Kamille etwas entspannen, weil er bislang recht verkrampft auf sie wirkte.

Während der Tee zog und sich ein angenehmer Duft verbreitete, öffnete Sarah ein paar Schubladen, obwohl sie die Suche nach etwas Essbarem bereits aufgegeben hatte. Schließlich entdeckte sie eine Wärmflasche, die überraschend gut erhalten war. Sie nahm sie heraus, prüfte sie kurz und beschloss, sich damit ihr Bett ein wenig vorzuwärmen.

---ENDE DER LESEPROBE---