Die Perfekte Verfassung - Reinhard Stransfeld - E-Book

Die Perfekte Verfassung E-Book

Reinhard Stransfeld

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Beschreibung

In der Entwicklung der Kultur stellt das Bekenntnis zur Menschenwürde einen großen Schritt zu einer umfassenden praktischen Ethik dar. Durch die einhergehende Ausweitung technisch-materieller Potenz ist unserer Spezies nichtsdestoweniger eine reale Gefahr erwachsen: Der Mensch könnte sich selbst vernichten. Wie immer er sich als Gemeinschaftswesen organisiert hat - es ist ihm nicht gelungen, eine Ordnung zu schaffen, die eine solche Entwicklung bedenkt und ihr entgegenwirkt. Eine neue Orientierung in einer erweiterten Ordnung, die dem dramatisch veränderten Sachstand Rechnung trägt, ist unabdingbar. Bisher ausgeblendet, müssen darin Kernfragen zur Gemeinschaft als Basis materieller Existenz des Menschen beantwortet werden. Darüber hinaus gilt es, einen Aspekt neu zu diskutieren, der im Zuge der Humanisierung geächtet wurde: notwendige Konsequenzen zu Abwendung von existenziellen Bedrohungen der Gesellschaft durch Elemente ihrer selbst.

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In der Entwicklung der Kultur stellt das Bekenntnis zur Menschenwürde einen großen Schritt zu einer umfassenden praktischen Ethik dar. Durch die einhergehende Ausweitung technisch-materieller Potenz ist unserer Spezies nichtsdestoweniger eine reale Gefahr erwachsen: Der Mensch könnte sich selbst vernichten. Wie immer er sich als Gemeinschaftswesen organisiert hat – es ist ihm nicht gelungen, eine Ordnung zu schaffen, die eine solche Entwicklung nicht nur bedenkt, sondern ihr auch wirksam entgegentritt.

Eine neue Orientierung in einer erweiterten Ordnung, die dem dramatisch veränderten Sachstand Rechnung trägt, ist unabdingbar. Bisher ausgeblendet, müssen darin Kernfragen zur Gemeinschaft als Basis materieller Existenz des Menschen und deren Einbettung in die Umwelt beachtet werden. Darüber hinaus gilt es, Aspekte neu zu diskutieren, die nicht zuletzt im Zuge der Humanisierung weitgehend ausgeblendet worden sind: notwendige Konsequenzen zu Abwendung von existenziellen Bedrohungen der Gesellschaft durch Elemente ihrer selbst zu ziehen.

Inhalt

Warum?

Prolog

1 In schlechter Verfassung

2 Herkunft der Ordnung

3 Zum Wesen der „Wesen“

4 Weg zur und Status der Verfassung

Eigentum und Freiheit

Entfaltung der Persönlichkeit

5 Zu tiefst menschlich

„Des Pudels Kern“

6 Die „Perfekte Verfassung“

6.1 Sozialdynamische Rückkopplung: KTP

6.2 Wertschöpfung

6.3 Systemrelevanz: Die Existenzialprobe

6.4 Strukturelle Durchsetzung der Grundrechte

6.5 Leitbild-Präambel

6.6. Diskussion

7 Weitere Elemente

7.1 Transparenz

7.2 Eigentumsgrenze

7.3 Sinn der Gesetze und GFA

7.4 Grund und Boden

7.5 Elementarbedarf

7.6 Wer aber bewacht den Wächter?

7.7 Innen und Außen

8 Die Irrealität der Perfektion

9 Facetten der Zukunft

9.1 Am Rand

9.2 Systeme

9.3 Demokratie

9.4 Bevölkerungswachstum

9.5 Überkomplexität

9.6 Klimakatastrophe

9.7 Weltraumfahrt

9.8 Der Punkt OMEGA

10 FAZIT

Anhang: Die vierte Sphäre

Literatur

Endnoten

Warum?

Die Menschheit steht in mehrfacher Hinsicht vor dem Abgrund. Die zu erwartende Klimakatastrophe stellt die akut größte Bedrohung dar und sie ist bereits für sich genommen möglicherweise eine ultimative Gefahr: Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird sie den erreichten kulturellen Stand zerstören. Mehr noch, sie könnte sogar der bloßen physischen Existenz unserer Gattung den Garaus machen. Hinzutreten mannigfaltige Probleme, die mit dem „zivilisatorischen Wuchern“ einhergehen: die Übernutzung von Ressourcen, die Verschmutzung von Gewässern, die vielfältige Strapazierung der Böden… Alles das ist nicht zuletzt einer ungehemmten Vermehrung unserer Spezies entwachsen – acht Milliarden Köpfe, wo doch allenfalls zwei Milliarden noch verträglich wären.

Wohl sind wir uns dessen bewusst geworden. Es gelingt jedoch nicht, notwendige Verzichts- und Umstrukturierungsleistungen zu erbringen, die den unheilvollen Dynamiken effektiv entgegenwirken könnten. Im Kern liegt das Problem in der Basis menschlicher Existenz. Unsere (kulturell-rechtlichen) Ordnungen sind nicht entsprechend ausgestattet, um eine Selbstvernichtung zu vermeiden. Wären sie es, würde der Mensch sich heute nicht in einer äußerst bedrohlichen, vielleicht aussichtslosen Lage befinden. Die vorliegende Schrift stellt sich der fundamentalen Herausforderung, eine Ordnung zu skizzieren, die diesem Anspruch gerecht werden könnte.

Prolog

Ein Mensch steht in einem abgedunkelten Raum. Er/Sie spricht die rituelle Formel:

In Demut beuge ich mein Haupt. Richtet, ob ich zu hoch strebe.

Daraufhin legt der/ die Evaluationskandidat/ in den Kopf in eine Guillotine. Im Hintergrund sitzen in getrennten Kabinen sechzehn Männer oder Frauen, genannt „Exekutoren“. Vor jedem befindet sich ein Pult mit einem roten und einem grünen Knopf. Innerhalb von dreißig Sekunden werden sie einen der Knöpfe drücken. Entscheiden sich 12 Exekutoren für den roten Knopf, wird die Guillotine ausgelöst.

Dies ist der Blick in eine Zukunft, in der es dem Menschen gelungen ist, dank umfassenden Verstehens des eigenen Wesens mittels der „Existenzialprobe“ Verantwortung auf höchstem ethischem Niveau wahrzunehmen.

2. Herkunft der Ordnung

„Survival of the fittest“, lautet die allegorische Aussage Charles Darwins zum Wesen der Evolution, von Herbert Spencer später als „Kampf ums Dasein“ missdeutet. Zuvor dominierte zum Wesen des frühen Menschen das Bild einer einsamen Kreatur, sich unablässig gegen feindliche Andere behauptend (Thomas Hobbes 17.Jh.; John Locke, 18. Jh.). Noch in 20. Jhd. wurde zuweilen die Vorstellung vom einsamen Individuum propagiert.9 Heute wird insbesondere im neoliberalen Gedankengut die Fiktion des Einzelkämpfers gepflegt.

Was ist Wolfsrudeln, Bienenvölkern und Fischschwärmen gemein? Den Begriffen ist es zu entnehmen: Es handelt sich um Gemeinschaften. Sie verfügen über Ordnungen, die das Verhalten untereinander und gegenüber einer nicht selten widrigen oder feindlichen Außenwelt reguliert bzw. anleitet. Dies im Sinne einer wirksamen Antwort. Vieles ist genetisch vorgegeben, anderes wird im Zuge der Erfahrungsweitergabe und Selbsterfahrung erworben. Die jeweiligen Ordnungen sind entscheidende Voraussetzungen für das Überleben und den Fortbestand des Kollektivs und letztlich der Spezies.

Vergleichsweise wenig bekannt ist über das Verhalten von Fischschwärmen. So kreiste einige Zeit die Idee eines Superorganismus, der etwa die koordinierte Ausweichbewegung bei der Begegnung mit Fressfeinden steuert. Heute weiß man immerhin, dass es sich um blitzschnelle Anpassungen an das Verhalten der Schwarmnachbarn handelt, welches sich im Nu durch den gesamten Schwarm ausbreitet. Aktivität ist nicht koordiniertes Handeln dank übergeordneter Reflexion, sondern Reflex auf das Verhalten anderer.

Das Bienenvolk ist gekennzeichnet durch die Sonderrolle der Königin. Als „Gebärorgan“ des gesamten Volkes gewährleistet sie als einzige dessen Fortexistenz. Im Übrigen herrscht offenbar Gleichheit unter den Arbeitsbienen. Sie