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Spannendes Abenteuer- und Fantasybuch 1.Abenteuer, 2.Teil ACHTUNG: Dieses Buch ist 2017 bereits unter dem Titel"Die Scherben des Schicksals" erschienen. Mit Veröffentlichung des 3. Teils wurde die Buchreihe umbenannt und die Cover geändert. Nach den dramatischen Ereignissen am Pass der Angst können George, Charlie, Fatma, Madu und Sying am Acaraho glücklich ihr Wiedersehen feiern. Während die entführten Ehawee und Fred einen Plan ersinnen, um aus Brelors Gefängnis auszubrechen, sind die fünf nun auf sich allein gestellt. Dabei werden die Hindernisse immer größer und unüberwindbarer. Was bedeuten Madus Träume? Und wo sollen sie ein Volk finden, das seit tausenden Jahren von niemanden mehr gesehen wurde? Oder eine Stadt, die es nur in Geschichten zu geben scheint? Als plötzlich auch noch die Pergamentrolle verschwindet, bevor die Kinder das letzte Rätsel lesen können, scheint alles verloren. Doch Aufgeben kommt für die Freunde nicht in Frage. Dabei steht ihnen der größte Kampf noch bevor: Sie müssen Brelor in seinem eigenem Reich schlagen!
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Seitenzahl: 281
Veröffentlichungsjahr: 2021
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Auf der Suche nach der dritten Scherbe müssen George, Charlie, Fatma, Madu und Sying in die Tiefen des Acaraho Vulkans hinabsteigen. Was zuerst nach einer einfachen Aufgabe aussieht, entwickelt sich zu einem schwierigen Unterfangen. Trolle sind ihnen gefolgt und versuchen ebenfalls an die Scherbe zu gelangen. Währenddessen will der Hüter des Vulkans um jeden Preis verhindern, dass etwas, was dem Berg gehört, den Berg verlässt.
Ehawee und Fred sind in der Zwischenzeit in Brelors Gefängnis gelandet, in dem eine erstaunliche Entdeckung in der Nachbarzelle sie zwingt, ihre Pläne zu ändern. Statt aus Neghroc zu fliehen, versuchen sie nun an Brelors Stern zu gelangen. Fast am Ziel erwartet sie eine unliebsame Überraschung...
Alena N. Beek, geb. 1974, lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern in Mönchengladbach-Wickrath. Ursprünglich wollte sie die spannende Abenteuer- und Fantasygeschichte nur für ihre Kinder schreiben. Erst später kam der Gedanke an eine Veröffentlichung.
Für meine Eltern Danke, dass ihr immer für uns da seid!
1. Die Scherben von Nirma/Die Suche
2. Die Scherben von Nirma/Die Entscheidung
3. Die Scherben von Nirma/Eine neue Welt
Die Bände »Die Suche« und »Die Entscheidung« sind zuerst im Jahr 2017 unter den Titeln »Die Scherben des Schicksals/Die Suche« und »Die Scherben des Schicksals/Die Entscheidung« mit anderen Covern erschienen. Mit der Veröffentlichung des dritten Bandes wurden sie umbenannt.
Demnächst:
Die Scherben von Nirma/Die Spiele von Zanano
Was bisher geschah ...
Befreiungsaktion
Der Acaraho
Eingesperrt
Visionen
Der verrückte Emo
Erkundungstour
Die Auraha-Wüste
Aria
Ein furchtbarer Moment
Unerwartet
Raspe
Die Usahs
Ausbruch
Die verschwundene Stadt
Brelor und Raspe
Eine wuselige Begegnung
Der Sumpf
Erwischt
Rettung in letzter Sekunde
Levia
Eine schaurige Geschichte
Das letzte Rätsel
Hexenjagd
Ausweglos
Die Sumpfhexe
Dunkle Kreaturen
Schattenland
Eine geniale Idee
Überrumpelt
Verbündete
Neghroc
Einbruch
Kampf um Nirma
Das große Sternenfest
Acht Monate früher
Epilog
Die wichtigsten Personen
Zu guter Letzt...
Der fünfzehnjährige George aus England, die dreizehnjährigen Mädchen Charlie und Fatma aus Amerika und dem Mittleren Osten sowie die elfjährigen Jungen Madu und Sying aus Afrika und China müssen in ihren Ländern auf der Erde mit den unterschiedlichsten Schwierigkeiten zurechtkommen.
George kämpft gegen Mobbing und leidet darunter, keine Freunde zu haben. Während Charlie nach dem Tod ihrer Eltern obdachlos geworden ist und auf der Straße lebt, musste Fatma als Flüchtling ihr Zuhause verlassen und in einem Lager unterkommen. Madu lebt in einem Kinderdorf und dem Zirkusjungen Sying droht aufgrund einer Erkrankung die Erblindung.
Als jeder von ihnen eine ungewöhnliche Scherbe findet, ändert sich ihr Leben schlagartig. Sie finden sich auf der fantastischen Welt Nirma wieder, auf der sich ihre fünf Scherben zu einem Stern verbinden.
Die Geschicke von Nirma liegen in den Händen des Weisen Gerzin und dreier Hüter. Diese waren zuletzt Brelor, Klebet und Aria. Jeder Hüter ist Träger eines Sterns, der aus fünf Scherben besteht und dem jeweiligen Träger magische Fähigkeiten verleiht.
Die Besonderheit der Welt Nirma besteht darin, dass ihre sich im Laufe der Zeit abschwächende Energie durch ein Ritual der Hüter mithilfe der Sterne regelmäßig erneuert werden muss.
Von dem Weisen Gerzin erfahren die fünf, dass diese Energieerneuerung das letzte Mal nicht stattgefunden hat. Bei dieser Zusammenkunft hat Brelor versucht, in den Besitz aller Sterne zu gelangen, um die alleinige Macht auf Nirma an sich zu reißen. Dabei hat er Klebet getötet, auch um sich dadurch eines vermeintlichen Rivalen um die Gunst Arias zu entledigen.
Aria war von dieser Tat entsetzt und konnte im letzten Augenblick verhindern, dass Klebets und ihr eigener Stern in Brelors Hände fielen. Während sie die Scherben ihres Sterns auf ganz Nirma versteckte und ein Papier mit Hinweisen auf diese Verstecke hinterließ, übergab sie Klebets Stern an Gerzin. Dieser sandte in höchster Not die einzelnen Scherben durch ein Portal zur Erde, auf der sie von den fünf Kindern gefunden wurden.
Dadurch wurden diese auserwählt, die sterbende Welt Nirma zu retten. Denn durch Brelor breiten sich die Dunkelheit und das Böse auf Nirma immer weiter aus. Um ihn zu stoppen und die Energie von Nirma zu erneuern, müssen die Kinder auch in den Besitz der zwei anderen Sterne gelangen. Mithilfe verschiedener Rätsel, die Arias Pergamentrolle nach und nach preisgibt, versuchen sie, die Verstecke von Arias Scherben ausfindig zu machen. Dabei erhalten sie Hilfe von der Nirmanerin Ehawee und dem Pilz Fred.
Trotz vieler Schwierigkeiten gelingt es den fünf, mutig und erfindungsreich die erste Scherbe im Mystixwald und die zweite im Nirmanischen Meer zu finden. Das dritte Rätsel gibt ihnen Hinweise auf den Acaraho-Vulkan. Unglücklicherweise werden auf dem Weg dorthin Ehawee und Fred vom Vogel Roch entführt und zu Brelor gebracht. Obwohl die Kinder Hilfe von den Bergbewohnern, den Yetiden, erhalten, können diese nicht verhindern, dass George, Fatma und Madu durch einen Erdrutsch von Charlie und Sying getrennt werden und Charlie verschüttet wird. Nachdem es Sying gelungen ist, Charlie zu retten, verirren die zwei sich in einem Höhlenlabyrinth, das sie nur mithilfe des Zwerges Grompf wieder verlassen können. Dafür versprechen sie ihm, seine Familie aus den Händen der Trolle zu befreien.
Unterdessen wagen George, Fatma und Madu einen gefährlichen Weg: Sie überqueren den Pass der Angst, um wieder zu ihren Freunden zu gelangen. Dort durchleben sie eine innere Reise, von der sie verändert, aber gestärkt zurückkehren.
Voller Zuversicht befinden sie sich nun auf dem Weg zum Vulkan, um dort hoffentlich auf Charlie und Sying zu treffen und die nächste Scherbe zu finden.
Schneller als gedacht, führte Grompf Charlie und Sying aus dem Höhlenlabyrinth auf die andere Seite des Berges. Sie folgten den Spuren und entdeckten nicht weit entfernt das Lager der Trolle.
Im Moment saßen die Entführer um ein Lagerfeuer herum, über das sie einen großen Fleischspieß drehten. Charlie zählte sieben Trolle. Die Gefangenen saßen in einem Käfig, der in der Luft schwebend an einem der wenigen Bäume in der Gegend hing. Neben Grampf und seiner Mutter Ada befanden sich noch drei weitere Gefangene in dem Käfig: Zwei Yetiden und eine Nirmanerin, bei der es sich vermutlich um eine Arborianerin handelte.
»Was haben die nur mit ihnen vor?« Charlie merkte erst, dass sie ihre Gedanken laut ausgesprochen hatte, als Grompf ihr antwortete.
»Sie brauchen Arbeitskräfte für Brelors Reich. Schon seit Längerem wurde immer wieder über Entführungen durch Trolle gemunkelt, aber bisher waren sie noch nicht bis in diese Gegend vorgedrungen. Das scheint sich geändert zu haben. Wahrscheinlich haben sie in der Nähe von Brelors Reich schon alle Bewohner versklavt oder getötet, so dass sie sich jetzt in entfernteren Gebieten umschauen müssen.«
Wir brauchen einen Plan! Wir müssen die Trolle ablenken und irgendwie die Gefangenen aus dem Käfig befreien, überlegte Charlie.
Sie sah sich die Befestigung des Käfigs genauer an. Dieser war an ein dickes Seil geknotet, das zuerst über einen höheren Ast lief und von dort aus etwas tiefer mehrfach um den Stamm geschlungen und dann verknotet worden war. Leider war selbst der unterste Rand noch zu hoch für sie, um ihn vom Boden aus zu erreichen.
»Sying, würdest du es schaffen, an dem glatten Baumstamm hochzuklettern und das Seil durchzuschneiden, während wir die Trolle anderweitig beschäftigen?«
»Das dürfte kein Problem sein. Allerdings brauche ich zum Schneiden eine freie Hand, was bedeutet, dass ich bis zum Ast klettern muss, um von dort das Seil zu durchtrennen. Da es auch relativ dick ist, wird es einige Zeit dauern. Außerdem können sich die Gefangenen verletzen, wenn sie auf einmal herabstürzen.«
»Das Risiko müssen wir eingehen. Der Käfig hängt nicht viel höher als zwei Meter, da sollte nicht allzu viel passieren.« Charlie sah Grompf an. »Wenn der Käfig herunterfällt, muss es schnell gehen. Kannst du die Gefangenen von hier wegbringen, ohne dass die Trolle euch folgen können, oder gibt es hier in der Nähe ein gutes Versteck für euch?«
Grompf kratzte sich am Kopf. »Ein Stückchen weiter schlängelt sich ein Gebirgspfad den Berg hinab, der so eng ist, dass diese Gestalten mit ihren breiten Oberkörpern nicht durchpassen werden oder sich nur äußerst langsam und beschwerlich dadurch quetschen können.«
»Das ist perfekt.«
»Aber wie willst du die Trolle ablenken?«
Genau das war der Knackpunkt. Charlie wusste es noch nicht und kaute nachdenklich auf ihrer Unterlippe herum. Sie beobachtete die Gruppe. Dort rauften gerade zwei Schergen Brelors zur allgemeinen Belustigung der anderen miteinander. Es schien, als würden sie nur ungern eine Gelegenheit zu kämpfen auslassen. Weitere versuchten gerade herauszufinden, wer von ihnen der Bessere in dem Spiel »Wer trifft mit seinen Steinen die meisten Gefangenen durch die Käfigstäbe?« war.
Als Grompf dies sah, konnten Charlie und Sying ihn nur mit Mühe davon abhalten, sich auf die Trolle zu stürzen. Mit vereinten Kräften schafften sie es aber, den tobenden Zwerg wieder unter Kontrolle zu bringen.
Charlie keuchte angestrengt. »Grompf, beruhige dich. So hilfst du deiner Familie nicht. Außerdem weiß ich jetzt, wie wir es machen.«
Sofort war Grompf still und hörte auf, gegen die zwei anzukämpfen.
Charlie erläuterte ihren Plan, während die beiden anderen ihr aufmerksam zuhörten.
Bevor sie danach ihre Positionen einnahmen, reichte Grompf ihr eine kleine Karte. Er wirkte dabei etwas verlegen.
»Das ist nur für den Fall, dass nachher keine Zeit mehr bleibt. Dort habe ich die ersten beiden Abzweigungen aufgeschrieben, die ihr nehmen müsst, um zum Vulkan zu gelangen. Danach könnt ihr ihn nicht mehr verfehlen.«
»Vielen Dank.« Spontan drückte Charlie Grompf einen Kuss auf die Wange, der ihn bis zu seiner Mütze rot anlaufen ließ.
Auf dem Weg zu ihren verabredeten Plätzen sammelte jeder einige kleine Steine. Während Grompf und Charlie sich an gegenüberliegenden Seiten des Lagers positionierten, hielt Sying sich in der Nähe des Baumes auf.
Charlie hatte sich hinter einen ziemlich dicken Troll aus der Gruppe geschlichen und warf aus seiner Richtung einen Stein gegen einen anderen, der selbst für einen Troll einen unglaublich dämlichen Gesichtsausdruck hatte, in genau dem Moment, als beide gerade nicht hinschauten. Charlie nannte ihr Pärchen heimlich Dick und Doof. Letzterer wurde schmerzhaft von dem Stein an der Wange getroffen und blickte sich auf der Suche nach dem Verursacher um. Dabei sah er auch zu dem Troll herüber, hinter dem sich Charlie versteckte. Da dieser sich aber nicht verdächtig verhielt, ließ Doof die Sache auf sich beruhen.
Charlie warf einen weiteren Stein, den Doof offenbar im letzten Moment aus dem Augenwinkel kommen sah. Wutschnaubend stürzte er sich auf Dick, der gar nicht wusste, wie ihm geschah. Nur Sekunden später befanden sich Dick und Doof in einer wilden Schlägerei.
Auf der gegenüberliegenden Seite war Grompf offenbar mit der gleichen Taktik erfolgreich gewesen, denn auch dort wurde munter gekämpft. Die eigentlich unbeteiligten Trolle wollten nicht nur dumm danebenstehen und machten beherzt bei der Keilerei mit.
Sobald alle in Kämpfe verwickelt waren, kletterte Sying an dem Baumstamm zum Ast hoch und säbelte mit seinem Messer das Seil durch.
»Wir holen euch hier heraus«, flüsterte Sying beruhigend den Gefangenen zu, die ihn ängstlich beobachteten.
Er hatte erst die Hälfte des Seils durchgeschnitten, da stürzte der Käfig schon laut krachend zu Boden und brach auseinander. Überall lagen zersplitterte Holzstücke. Schnell kletterte Sying den Baum herunter, um nach den Gefangenen zu schauen.
Gut, dass die Trolle so ein Getöse machen und hiervon nichts mitbekommen haben, dachte er noch auf dem Weg nach unten.
Grompf kam angelaufen und half Sying, die Gefangenen aus den Trümmern zu befreien. Ein Yetide war von einem größeren Holzsplitter getroffen worden und hielt sich den verletzten und blutenden linken Arm. Alle anderen hatten den Aufprall relativ unversehrt überstanden. Als alle neben den Käfigtrümmern standen, hatte auch Charlie sie erreicht. Es hatte bei ihr etwas länger gedauert, da sie darauf warten musste, dass sich zwei miteinander kämpfende Trolle wieder aus dem Weg wälzten.
Grompf wollte gar nicht damit aufhören, seine Familie zu umarmen, bis Charlie ihn energisch daran erinnerte, dass sie noch nicht außer Gefahr waren. Wie wahr diese Einschätzung war, zeigte sich schon kurz darauf, als sie den Beginn ihres Fluchtweges erreicht hatten.
Ein ohrenbetäubendes Schreien drang an ihr Ohr, als ein Troll in einem klaren Moment die Käfigreste und die damit verbundene Flucht ihrer Gefangenen bemerkte. Sofort vergaßen die Trolle ihre Streitereien und nahmen die Verfolgung auf. So schnell wie möglich rannten Charlie, Sying und der Rest ihrer Gruppe den Weg entlang. Nach mehreren Metern bog Grompf mit den Befreiten rechts in den engen Pfad ein, von dem er zuvor gesprochen hatte.
Weil ihnen für eine längere Verabschiedung keine Zeit blieb, wünschten sie sich nur kurz gegenseitig »viel Glück«. Danach hasteten Sying und Charlie weiter bergauf, ihrem nächsten Ziel entgegen.
Ihre neue Route führte sie steil nach oben. Von dieser höheren Position hatten sie einen guten Überblick. Sie konnten keine Trolle mehr sehen. Wahrscheinlich wollten diese ihre Beute zurückhaben und hatten sich für deren Verfolgung entschieden.
»Hoffentlich gelingt Grompf und den anderen die Flucht«, meinte Sying.
»Bestimmt. Er kennt sich in dieser Gegend viel besser aus und wird den Trollen entkommen.« Charlie klang zuversichtlich.
Da sie nicht mehr verfolgt wurden, konnten sie jetzt vergleichsweise entspannt ihren Weg zum Vulkan fortsetzen. Diesmal gab es keine weiteren Geister oder Attacken anderer Art, selbst der Aufstieg war keine wirkliche Herausforderung. Nur wurde es merklich kühler, bis schließlich sogar einige Zentimeter Schnee auf dem Boden lagen.
Als die Steigung abnahm, blickten Charlie und Sying auf. Sie hatten den oberen Rand des Acaraho erreicht.
Überglücklich hatten sie endlich ihr Ziel erreicht, als sie drei wohlvertraute Gestalten in der Sonne sitzen sahen. Die fünf Freunde fielen sich jubelnd in die Arme. Alle plapperten nun aufgeregt durcheinander. Jeder wollte als Erster von seinem Abenteuer erzählen.
Im Gegensatz zu Charlies und Syings Erzählungen, die ganz detailliert waren, blieben die von George, Fatma und Madu schwammig. Sie hatten eine innere Reise gemacht, und die war zum einen sehr privater Natur und zum anderen auch schwer den anderen verständlich zu machen.
So nahmen Charlie und Sying schließlich hin, dass ihre Freunde einfach etwas Unglaubliches erlebt hatten, ohne weitere Fragen zu stellen. Man musste nicht immer alles wissen.
Auf einmal stutzte Sying und stellte überrascht fest: »Fatma, du trägst ja gar keinen Tschador mehr.«
Augenblicklich verstummten alle und sahen Fatma aufmerksam an.
Sying hat Recht. Dass ich das noch nicht realisiert habe, wunderte sich Charlie. Wie hat mir das entgehen können? Ich habe ja noch nie besonders auf Kleidung geachtet. Einfach weil es mir nicht wichtig ist, was jemand trägt. Aber trotzdem …
Fatma grinste sie an: »Sagen wir einfach, ich habe auf dem Weg hierhin festgestellt, dass er nicht mehr zu mir passt und ihn daher nicht mehr brauche.«
»Deine neue Kleidung steht dir gut«, meinte Charlie und damit war das Thema erledigt.
Entschlossen machten sie sich auf den Weg in den Vulkan. Der erste Teil war sehr einfach, da sie nur einem tiefer gehenden Pfad am inneren Rand des Berges folgen mussten.
Von dort hatten sie einen guten Einblick in den Vulkan, der sich doch ein wenig von denen auf der Erde unterschied. So war die Lava, die sie in der Tiefe erkennen konnten, nicht rot, sondern grün. Insgesamt wurde es zwar, je weiter sie in den Acaraho vordrangen, immer wärmer, aber bei Weitem nicht so heiß wie bei einem irdischen Vulkan.
Fatma erklärte den anderen, was sie aus den Büchern der Marianer über die Vulkane wusste: »Der wichtigste Unterschied zu den Vulkanen auf der Erde ist, dass es hier keine lebensgefährlichen Gase gibt. Ein Gas soll aber eine äußerst lustige Wirkung haben.«
Neugierig sahen ihre Freunde sie an. »Was macht das Gas denn? Wieso lustig?«, bohrte Madu nach.
»Abwarten«, antwortete Fatma geheimnisvoll.
Nach einer Weile wurde ihr Pfad immer schmaler und hörte schließlich ganz auf. Ein Stück kamen sie noch unter Syings Führung durch Klettern weiter, doch dann wurde es zu steil und zu gefährlich dafür. Den restlichen Weg konnten sie nur durch Abseilen überwinden. Die dazu notwendige Ausrüstung hatten ihnen die Yetiden zur Verfügung gestellt.
Trotzdem hatten sie ein mulmiges Gefühl. Abgesehen von Sying hatte niemand größere Erfahrungen mit Klettern und Seilen. Daher knotete Sying das Seil an einem Felsvorsprung fest. Anschließend machte er den Anfang und zeigte den anderen, wie man mit leicht hüpfenden Bewegungen, während man das Seil zwischen den Händen durchgleiten ließ, an der steilen Wand am besten nach unten kam. Dabei verhinderten die Handschuhe, die sie ebenfalls von den Yetiden bekommen hatten, dass er sich die Hände an dem Seil aufschürfte oder verbrannte. Ohne Probleme landete er auf dem Boden des Vulkans.
Bei Sying sah das alles ganz einfach aus, stellte Madu, der als nächster folgte, fest. Doch leicht aussehen und leicht sein sind eindeutig zwei verschiedene Dinge.
Er schwankte relativ unkontrolliert hin und her und drehte sich sogar, sodass er mit seinem Rücken gegen die Felswand prallte. Erst als Sying von unten das Seil stabilisierte, konnte er die Tipps besser umsetzen und war bald neben ihm.
Die anderen schafften dies, nur mit kleineren Problemen kämpfend, auch. Als sie unten waren, zogen sie sich zunächst die Handschuhe und die warmen Sachen aus, da hier wüstenähnliche Temperaturen herrschten. Dann sahen sie sich um.
Sie standen auf felsigem Untergrund, der von mehreren Flüssen grüner Lava durchzogen war. Einige Flüsse waren sehr schmal und konnten einfach mit einem großen Schritt überquert werden, während andere durch größere Felsen unterbrochen waren, auf denen man auf die andere Seite gelangen konnte.
Bei ihren Erkundungen ließen sie äußerste Vorsicht walten, denn auch wenn die Temperaturen nicht bei mehreren tausend Grad lagen, reichten hundert bis dreihundert Grad für schlimme oder sogar tödliche Verletzungen völlig aus.
»Wo kann die Scherbe nur sein?«, fragte Charlie laut.
»Ein Schild mit der Aufschrift ›hier: Scherbe‹ wäre zur Abwechslung mal nett gewesen«, murmelte George.
Es dauerte einige Zeit, bis sie den unteren Kraterbereich vollständig angesehen hatten.
Das Einzige, was zumindest ihrem Verständnis nach nicht nach normalem, nirmanischem Vulkan aussah, war eine Steinpyramide, die auf einer felsigen Insel inmitten der Lava errichtet worden war und über mehrere kleinere Steinplatten erreichbar war. Die Pyramide war nicht höher als ein Meter und bestand aus mehreren übereinandergelegten flachen Steinen und einem eiförmigen Stein als Spitze.
»Wüs münt ühr, künntü düs ütwüs büdütün?«, fragte Charlie in die Runde. Erschreckt schlug Charlie sich mit der Hand vor den Mund. Was hatte sie da gesagt?
Bis auf Fatma starrten sie alle entgeistert an. Diese erklärte den anderen lachend und mit einer sehr tiefen Stimme: »Genau das meinte ich eben mit ›lustiger Wirkung‹. Hier unten gibt es ein Gas, das unsere Stimmen verändert. Aber es ist vollkommen ungefährlich.«
Jetzt wollten natürlich auch die anderen wissen, wie ihre Stimmen klangen.
»Na los, Sying, vielleicht kannst du ja plötzlich ein R sprechen«, frotzelte George. Als George mit einer extrem piepsigen Stimme sprach, war es endgültig um ihre Beherrschung geschehen. Alle brüllten vor Lachen.
Sying grinste und sagte dann mit schönstem bairischem Dialekt: »Dann woin mia hofffa, dass mia boid de Scherbe finden«, wodurch erneute Lachsalven ausgelöst wurden.
»Das, hicks, sehe ich, hicks, genauso, hicks«, versuchte Madu zu sagen.
Schade, ich habe nur einen doofen Schluckauf. Die anderen haben viel coolere Stimmveränderungen, dachte Madu ärgerlich.
Sie probierten noch weitere Sätze aus, wobei jeder immer gleich komisch sprach. Nur mühsam konnten sie sich beruhigen.
Fatma versuchte, ihre Überlegungen von zuvor wieder aufzugreifen: »Um auf Charlies Frage zu antworten ... Die Steinpyramide ist das Einzige hier unten, was keinen natürlichen Ursprung hat. Ich glaube nicht, dass jemand diese nur aus Spaß errichtet hat. Wir sollten uns die Steine zumindest aus der Nähe ansehen.«
Obwohl alle wieder leise kichern mussten, versuchten sie sich dennoch zu konzentrieren.
George hatte einen Einwand. »Okay, allerdings sollten wir nicht alle gehen. Sying sollte auf jeden Fall dabei sein, vielleicht gibt uns sein Stern einen Hinweis. Und ich würde ihn gerne begleiten.«
Da niemand etwas gegen seinen Vorschlag hatte, gingen George und Sying über die Steine zur Insel, die sie problemlos erreichten.
Die erste Betrachtung der Pyramide brachte ihnen keine neuen Erkenntnisse. Als aber Sying seinen Stern über den Steinen kreisen ließ, fing sowohl der Stern als auch der oberste Stein an rötlich zu leuchten.
»Die Scherbe ist im Stein. Wir bringen ihn mit«, rief er aufgeregt wieder mit bairischem Dialekt.
Er wollte gerade den Stein ergreifen, als ein Tumult von der anderen Seite ihn davon ablenkte. Irritiert hielt er inne.
Mit Entsetzen sahen George und Sying, dass ihnen drei Trolle in den Krater gefolgt waren und nun Charlie, Madu und Fatma bedrohten. Während einer die drei weiterhin in Schach hielt, kamen die zwei anderen auf George und Sying zu, die langsam zurückwichen. Offenbar hatten die Trolle das Leuchten des Steins gesehen oder Syings Worte gehört, denn der Erste, der die Insel erreichte, nahm sofort den Stein an sich.
Plötzlich ertönte ein lautes Donnern und grüne Lavaklumpen, die der See um sie herum ausspuckte, platschten ihnen vor die Füße. Glücklicherweise wurden sie von keinem getroffen. Gleichzeitig wurde Asche aus einigen Ritzen im Gestein herausgepustet, wirbelte umher und bedeckte sie mit einer schwarzen Schicht.
Was ihre Aufmerksamkeit aber noch mehr fesselte, war der Umstand, dass sich im Lavasee Lava an einer Stelle zusammenzog und sich immer mehr zu einer Gestalt verdichtete, die im See stehend von grünen Flammen umgeben wurde. Die Gestalt ähnelte genau wie die Berggeister, denen Charlie und Sying schon begegnet waren, einem Bergmann. Im Gegensatz zu diesen hatte dieses Wesen aber wilde funkelnde Augen, einen sehr langgestreckten Hals und stieß bei jedem Atemzug grüne nebelartige Schwaden aus.
Auf einmal hallte die Stimme der schaurigen Gestalt durch den Krater. »Wie kannst du es wagen! Leg sofort den Stein zurück! Nichts, was dem Berg gehört, darf den Berg verlassen.«
Auweia, der Typ scheint wirklich mächtig sauer zu sein, dachte George. Das wird nicht gut enden.
Der Dieb trat jedoch unbeirrt und unbeeindruckt mit seiner Beute den Rückweg an. Da hatte er die Rechnung ohne den wütenden Berggeist gemacht, der in seinem See verschwand und nur einen Bruchteil später vor dem Troll wieder auftauchte. Er hauchte ihn an, woraufhin dieser sofort umfiel und mit einem klatschenden Geräusch in der Lava landete und in ihr verschwand. Den Stein hatte der Geist zuvor schnell an sich genommen. Offenbar konnte der Geist selbst entscheiden, wann seine Substanz fest wurde und wann nicht.
Die anderen Trolle reagierten weniger auf das Schicksal ihres Kumpans als darauf, dass sich der Stein nicht mehr in ihrem Besitz befand, und versuchten nun mit vereinten Kräften ihn zurückzuerobern. Die Kugeln, die sie gegen den Berggeist warfen, gingen jedoch ohne Schäden anzurichten einfach durch ihn hindurch.
Einer Kugel, die George beinahe aus Versehen getroffen hätte, konnte er gerade noch ausweichen. Sicherheitshalber ging er mit Sying hinter der Pyramide in Deckung. Von dort beobachteten sie den Kampf. Auch ihre drei Freunde suchten auf der anderen Seite Schutz hinter einem Felsen.
Der Berggeist formte derweil in seinen Händen Feuerkugeln und schleuderte sie auf die Trolle. Diese konnten zwar einigen entgehen, aber einzelne Kugeln trafen doch ihr Ziel. Teilweise fing ihre Kleidung an zu brennen und sie wälzten sich über den Boden, um das Feuer zu ersticken.
Ein Troll, der gerade verzweifelt damit beschäftigt war, seinen brennenden Hintern zu löschen, sprang so unkontrolliert hin und her, dass er gar nicht bemerkte, dass er einem Lavastrom immer näherkam. Als er über den Rand rutschte, versuchte er noch seinen wuchtigen Körper zurückzuwerfen, doch es war zu spät. Mit einem satten Geräusch fiel er hinein.
Mit einem Schaudern wandten die Kinder sich ab. Der letzte Troll wollte wohl verhindern, das gleiche Schicksal zu erleiden, und flüchtete. Unbeholfen kletterte er an dem Seil hoch und rutschte dabei immer wieder ab. Es dauerte sehr lange, bis er oben angelangt war. Sofort rannte er weiter, bis sie ihn nicht mehr sahen.
»Anfänger«, zischte der Berggeist und stellte den Stein an seinen ursprünglichen Platz zurück. Die Kinder blickten ihn verdattert an.
»Ähm … Entschuldigung.« Fatma ging mit erhobenen Händen langsam auf den Geist zu und sagte mit tiefster Stimme: »Wir glauben, dass sich in dem Stein eine Scherbe befindet, die sehr wichtig für uns ist. Können wir uns den Stein vielleicht ausleihen?«
Umgehend schienen bei dem Geist wieder die Augen hervorzuquellen und der ihn umgebende Flammenkranz intensiver und gefährlicher zu werden.
»Ich bin Truculus, Schatzhüter des Vulkans. Nichts, was dem Berg gehört, darf den Berg verlassen.« Neue Asche regnete über sie. Etwas versöhnlicher fügte Truculus hinzu: »Da die Scherbe eigentlich nicht hierhergehört, dürft ihr sie mitnehmen, aber nur sie.« Erwartungsvoll blickte er die Gruppe an.
»Und wie sollen wir das anstellen?«
»Oh, der Stein öffnet sich von alleine, wenn man weiß wie.« Man konnte dem Schatzhüter ansehen, wie sehr er diese Situation genoss und sie nur zu gerne ärgerte.
»Ja und weißt du, wie man ihn öffnet?«
»Natürlich, aber es euch einfach so zu sagen, wo bliebe da der Spaß? Da fällt mir doch etwas viel Besseres ein. Ich werde euch einen Tipp geben. Mal überlegen, was könnte ich euch denn sagen?« Während er offensichtlich nachdachte, schwebte er über dem Lavasee hin und her. »Ah ja, ich glaube, jetzt habe ich es. Wie wäre es hiermit?
Ich ändere Form und auch Beschaffenheit, für Glück oder Unglück sei bereit, bist du weit entfernt, ist alles gut, doch aus der Nähe sei auf der Hut. Denn zu nah ist schnell alles fort, verwandelt sich und geht an einen anderen Ort. Und manchmal ist auch plötzlich da, was vor allen Blicken verborgen war!«
Sie stöhnten. Echt jetzt? Was war nur mit dieser Welt los? Sie waren ja mittlerweile dankbar, wenn überhaupt noch normal mit ihnen ohne Rätsel und Reime gesprochen wurde. Langsam verging ihnen wirklich die Lust daran.
Rastlos wanderten sie umher. Madu, der solche Rätsel gar nicht mochte, gab sofort auf. Er setzte sich hin und spielte ein wenig mit einem langen Stock, dessen Spitze er immer wieder in die Nähe der Lavaoberfläche brachte. Dabei versuchte er vorher den Zeitpunkt zu erraten, wann der Stock bedingt durch die Hitze anfing zu qualmen.
George beobachtete gedankenverloren Madus Spielereien, als der Stock plötzlich Feuer fing und schnell verbrannte.
»Na, jetzt da er weg ist, hast du vielleicht wieder die Güte, dich mit uns auf das Rätsel zu konzentrieren, Madu«, kommentierte George piepsig den Verlust des Stockes.
Madu stand schuldbewusst auf. Schade, wie schnell das Feuer seinen Stock in Rauch verwandelt hatte, gerade war er noch da und im nächsten Augenblick fort. Er stutzte und grinste wenig später.
»Hey, George, hicks, ich an deiner Stelle, hicks, würde es mal mit Feuer, hicks, versuchen.« George starrte Madu einen Augenblick fragend an, bis er den Sinn seiner Worte verstand.
»Feuer ist gemeint. Zündet etwas an und haltet das Feuer an den Stein.«
Suchend sahen sich alle um, aber sie umgab nur Stein und Lava. Nichts, was sich zum Anzünden eignete. Mit Madus Stock war tatsächlich das letzte Stück Holz im Inneren des Vulkans verbrannt.
Schließlich zückte Sying ein Messer, schnitt sich ein Stück Stoff aus der Kleidung. An der Steinpyramide hielt er den Stoff so dicht an die Lava, dass dieser Feuer fing. Schnell legte er ihn auf den eiförmigen Stein, bevor er sich verbrannte.
Der Stein wurde transparent und leuchtete wieder rot. Im Inneren konnten sie deutlich eine Scherbe erkennen. Doch was sollten sie jetzt tun? Wie konnten sie die Scherbe herausholen?
Vorsichtig näherte sich jetzt George dem Stein und streckte langsam seine Hand nach der Scherbe aus.
»Achtung, du wirst dich verbrennen«, warnte Sying ihn auf Bairisch.
Doch George ließ sich nicht beirren. Er konnte den Stein fast berühren. »Ich spüre keine Hitze.« Er schob seine Hand weiter vor, bereit, sie jederzeit zurückzuziehen.
Eigentlich hätte er die Oberfläche des Steins jetzt berühren müssen, stattdessen konnte er seine Hand weiter ins Innere hineinschieben. Er umfasste die Scherbe und zog sie zusammen mit seiner Hand wieder heraus.
»Jaahh!!!« George reckte triumphierend die Faust mit der roten Scherbe in die Höhe.
Der Schatzhüter kicherte und klatschte in die Hände. »Seht ihr, so hat es doch viel mehr Spaß gemacht, als wenn ich es euch direkt gesagt hätte.« Mit diesen Worten floss er wieder in den Lavasee zurück.
Sying und George verließen die Insel und wurden auf der anderen Seite begeistert empfangen.
»Nun nichts wie raus hier«, sagte Sying.
Die Wächter hielten Ehawee an beiden Armen fest und zogen sie mit sich.
Ich fühle mich, als würde ich mich in einem Schraubstock befinden. An Flucht brauche ich im Moment jedenfalls nicht zu denken.
Sie wurde nicht durch das große Tor gebracht, durch das Brelor gekommen und auch wieder gegangen war. Stattdessen wurde sie einen langen Gang entlanggeführt. Die wenigen hohen Fenster hatten verschmutzte Scheiben und in den Ecken hingen zahlreiche Spinnweben.
Wie unheimlich die Skulpturen aussehen, gruselte Ehawee sich. Alle zeigen schaurige Dämonen oder andere Ungeheuer. Ganz schlimm finde ich ihre Gesichter, die alle einen tückischen und bösartigen Gesichtsausdruck haben.
Flackerndes Feuer, das in größeren metallenen Schalen brannte, warf zusätzlich gespenstische Schatten auf die Skulpturen und an die Wände des Korridors.
Hatte Ehawee gedacht, dass dies schon ein beängstigender Ort sei, wurde sie bald schon eines Besseren belehrt. Am Ende des bestimmt achtzig Meter langen Flügels öffnete einer der Wächter mit einem großen rostigen Schlüssel die Tür. Das Drehen des Schlüssels erzeugte dabei ein knirschendes Geräusch. Ehawee konnte dahinter eine Treppe erkennen, die steil und schmal nach unten führte.
Sie musste zwischen den Wächtern die Treppe hinabgehen, wobei sie in dem kaum vorhandenen Licht arge Schwierigkeiten hatte, die Kanten der Stufen zu sehen. Nach einiger Zeit standen sie in einem Gang, von dem mehrere Türen abgingen. Zwischen zwei Türen saß ein Troll auf einem Stuhl und kratzte sich den Bauch. Als er sie sah, sprang er auf und öffnete eine hölzerne Tür, in der eine kleine Öffnung mit eisernen Gitterstäben als Sichtfenster eingelassen war.
Ehawee wurde schmerzhaft in die Zelle hineingestoßen und die Tür mehrfach hinter ihr abgeschlossen.
Sie lauschte noch einen Moment den Stimmen und den sich entfernenden Schritten der Wächter, bevor sie sich in ihrer Zelle umsah. Viel gab es allerdings nicht zu sehen. Ihre Zelle maß ungefähr drei mal drei Meter und war fensterlos. Der steinerne Boden war teilweise mit Stroh bedeckt, das einen muffigen Geruch verströmte. In einer Ecke stand eine Art Nachttopf, über den sie im Augenblick lieber nicht näher nachdenken wollte.
In ihrer Tasche verspürte sie heftige Bewegungen, sie wurde auch leicht in die Seite gekniffen. Fred! Den hatte sie ja völlig vergessen. Vorsichtig holte sie ihn aus der Tasche und setzte ihn vor sich ab.
»Auweia, vielleicht geh ich doch besser wieder in die Tasche zurück«, meinte er nach einem kurzen Blick auf ihre neue Unterkunft.
Ehawee wollte ihm erzählen, was sich alles ereignet hatte, während er die Zeit in ihrer Tasche verbracht hatte. Doch Fred winkte ab.
»Ich konnte jedes Wort verstehen und den Rest konnte ich mir zusammenreimen. Die Frage, die sich nun stellt, ist: Was machen wir jetzt?« Erwartungsvoll blickte der Pilz Ehawee an, denn ihm selbst fiel im Augenblick keine Lösung für ihre Situation ein.
»Ich weiß es nicht. Das heißt noch nicht. Aber unser großer Vorteil ist, dass sie hier nicht wissen, dass es dich gibt, und ich denke, das sollte auch noch so lange wie möglich so bleiben. Im Moment habe ich noch keine Idee, wie wir diesen Umstand für uns nutzen können, aber ich werde mir etwas überlegen.«
Sying dachte laut nach, während sie immer weiter vom Gipfel des Vulkans herunterwanderten: »Also, damit hätten wir jetzt die dritte Scherbe gefunden. Aber wie sollen wir nur die nächste finden? Die Geschichte von Ehawee sagt uns zwar, dass wir ein verschwundenes Volk finden müssen, gibt uns aber keinen richtigen Anhaltspunkt.«
»Das stimmt nicht«, korrigierte Fatma ihn.
Es ist wirklich erstaunlich, wie sie sich verändert hat, dachte Charlie. Und das nicht nur äußerlich. Sie wirkt selbstbewusster und lacht viel mehr. Und weiterhin hat sie ausgezeichnete Ideen.
Daher hörten jetzt auch alle gespannt zu, als Fatma fortfuhr: »Ich habe lange über diese Geschichte nachgedacht und meines Erachtens sagt sie uns schon, wo wir mit der Suche anfangen sollten. Es wird von einem Nomadenvolk berichtet und von Sand, der die ganze Stadt bedeckt. So eine Kombination findet man normalerweise nur …«
»… in der Wüste«, vollendete George ihren Satz.
Fatma nickte. Genau dies war ihr Gedanke gewesen. »In der Wüste gibt es Sandstürme, die so gewaltig sind, dass sie innerhalb kürzester Zeit die gesamte Wüstenlandschaft umbilden können. Ich denke, wir müssen genau dort anfangen mit der Suche. Wir müssen in die Wüste.«
»Gibt es denn eine Wüste auf Nirma?«, fragte Madu.
»Keine Ahnung«, sagte Charlie bedauernd. »Aber das Gebirge müssen wir auf jeden Fall hinter uns lassen. Bestimmt treffen wir unterwegs einen Nirmaner, den wir fragen können.«
Je weiter sie vom Berg herabstiegen, desto wärmer wurde es wieder. Nach und nach zogen sie ihre Mützen, Handschuhe und dicken Felljacken aus und verstauten sie in ihren Rucksäcken. Nach einer letzten Übernachtung in den Bergen konnten sie das Gebirge nach einer weiteren mehrstündigen Wanderung schließlich verlassen.
Sie gingen auf einem breiten Weg weiter, an dessen Rand ein kleiner Bach plätscherte. Am Wegesrand standen einige kleinere Häuser, an deren Türen sie klopften. Während bei den ersten beiden offensichtlich niemand zuhause war, hatten sie beim dritten Mal Glück. Ein Mann mittleren Alters öffnete die Tür und sah sie überrascht an.
Charlie setzte ihr freundlichstes Lächeln auf. »Guten Tag, wir sind …«
»Ich weiß, wer ihr seid«, unterbrach sie der Nirmaner vor ihnen. »Eure Ankunft hat sich genauso herumgesprochen wie auch eure seltsame Hautfarbe. Ihr kommt besser rein, denn nicht jeder ist euch in diesen Tagen wohlgesonnen.«
Kurz darauf saßen sie alle bei Saft und grünen Keksen an einem großen Tisch. Erwartungsvoll sah der Mann sie an.
George räusperte sich und fragte: »Wir brauchen dringend deine Hilfe. Gibt es auf Nirma eine Wüste?«
»Ja, die Auraha-Wüste. Sie befindet sich gar nicht so weit entfernt von hier. Müsst ihr dahin?«