Die Schlacht von Terria - Sabine Gräfin von Rothenfels - E-Book

Die Schlacht von Terria E-Book

Sabine Gräfin von Rothenfels

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Beschreibung

Im Abenteuer-Roman "Die Schlacht von Terria" begegnen wir einer bisher unbekannten Welt mit bisher unbekannten Völkern. Menschen die um ihre Freiheit kämpfen, einem Kind das von den Göttern auserwählt wurde, guten und bösen Kräften, die um die Vorherrschaft ringen. Wir erleben die Geburt eines wahren Helden, sind Zeuge einer Schlacht zwischen Gut und Böse und begleiten eine liebenswerte Familie auf ihrem Lebensweg. Das Königreich Wendorra ist in höchster Not. Die Darker, ein wildes kriegerisches Volk stehen bereits an den Landesgrenzen und drohen die Wendorrianer zu überrennen und vollständig zu vernichten. Um die Übermacht abzuwehren sucht Wendorra Verbündete, das kleine Reich Almach hört den Hilferuf und setzt sein Heer in Bewegung um den Freunden in der Not beizustehen. Die Reise ist lang und gefährlich und voller Überraschungen. Lilly ist ein etwa 10jähriges Mädchen vom Naturvolk der Almachen. Im Laufe der Geschichte wird die Geschichte ihrer Herkunft offenbar, Nichts ist so wie es zu sein scheint. Sie ist die Auserwählte der Götter und hat die Aufgabe die große Schlacht zwischen Gut und Böse zu entscheiden. Das Schicksal der Menschheit hängt allein von ihrer Stärke ab. Wir begleiten Lilly auf ihrer großen Reise zu sich selbst, erleben die Entwicklung vom unbedarften Kind zur größten Kraft in den beiden Königreichen. Der Almachen-Hauptmann Elmar vom Wiesengrund ist ein liebevoller Vater und Ehemann, doch er verbirgt eine Geheimnis vor seiner Familie. Ein Geheimnis das ihrer aller Leben verändern wird. Als furchtloser Krieger wird er in die Geschichtsbücher seiner Welt eingehen und eine Ehrung erfahren, von der er nie zu träumen gewagt hätte. Prinz Hendrik, der Thronfolger von Wendorra ist ein junger gutaussehender Mann mit einer glänzenden Zukunft in einem Land voller Schönheit. Auf der Reise und in der großen Schlacht muss er jedoch seine Stärken finden und sein Schicksal erfüllen. Auch er wird reifen und viele neue Erfahrungen machen, gute wie schlechte.

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Sabine Gräfin von Rothenfels

Die Schlacht von Terria

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Prolog

Ein Prinz aus der Fremde

Schatten über Almach

Wendorra entgegen

Die dunkle Bedrohung

Ein verlorener Freund

Der Gefangene

Die Falle

Ein Wunder

Das gelobte Land

Keine Nachricht

Die Schlacht

Held Wamba

Siegen oder Sterben

Die Heimkehr

Personen

Impressum neobooks

Prolog

Das Schicksal geht manchmal seltsame Wege. Ein Unglück trifft uns Menschen selten vorbereitet. Wir wissen nie, was uns erwartet. Wissen nie, was die Götter für uns vorsehen.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Als Olan in dieser Neumondnacht auf dem taufeuchten Gras kniete und die Götter um Erleuchtung anflehte, hätte er es sicher vorgezogen ein deutlicheres Orakel zu erhalten.Dann hätten sie Maßnahmen für den großen Kampf, der ihnen allen bevorstand, treffen können.

Doch die Götter hatten keine Lust eine eindeutige Sprache zu sprechen. Vielleicht wollten sie sich auch nicht festlegen, wie der Lauf des Schicksals sein würde.

Der alte Mann empfing Bilder von Schatten, die übers Land jagten und die Sonne verdunkelten. Er spürte Verzweiflung. Er sah ein Kind, aus dessen Händen Lichtstrahlen in die Dunkelheit schossen. Er sah jedoch nicht, ob es Wirkung zeigte. Dann verließ ihn die Kraft und alles verschwand im Dunkeln.

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Mit einem tiefen Seufzer sank Olan zur Seite. Er war schon zu schwach um allmonatlich die Reise zu machen.

Obwohl die Nacht lau war, fröstelte ihn. Es war, als ob der kalte Hauch des Todes ihn berührt hätte. Er schüttelte sich unwillig und kam ächzend auf die Beine.Es kam bedrohliches auf sie zu - das konnte Olan spüren. Die Obelisken rings um lagen stumm in der Dunkelheit. Selbst die Tiere der Nacht waren still. Nicht einmal der Wind regte sich. Olan sah auf zum Firmament. Der letzte schmale Glanz des Mondes war versteckt von dicken Wolken. Es würde Regen geben.

Er dachte über seine Vision nach. So unklar war die Zukunft bisher noch nie gewesen. Gewöhnlich waren die Geister und Götter mitteilungsfreudiger.

Gewöhnlich war er auch nicht von solcher Unruhe - ja Angst erfüllt.

Die Zukunft war nicht zu deuten. Der Weise starrte noch einmal zum Himmel auf, als könnte er von dort die Antwort auf alle Fragen erhalten. Doch es blieb still und dunkel.

Schließlich zuckte er unschlüssig die Schultern und verließ den heiligen Ort. Zu jedem Neumond zog er sich hierher zurück, um den Göttern ihre Geheimnisse zu entreißen.

Er warf noch einmal einen Blick auf die Steinriesen mit den uralten Zeichen. Doch auch sie gaben in dieser Nacht keine weiteren Auskünfte.

Ein Prinz aus der Fremde

Sein Herz pumpte den Lebenssaft schnell und kräftig durch den Körper. Das Blut rauschte in seinen Ohren. Die ganze Aufmerksamkeit des jungen Mannes lag darin sein Pferd zu beherrschen. Er musste so schnell wie möglich vorankommen. Strauchelte sein Reittier und verletzte sich gar, war die Mission in höchstem Maße gefährdet. Alles hing davon ab, rechtzeitig die dringend benötigte Hilfe zu erhalten. Die Hufe des kräftigen schnellen Schimmels hämmerten gleichmäßig im Takt mit seinem Herzschlag auf den Boden. Meter um Meter brachten ihn näher ans Ziel. Das Tier zeigte noch keine Erschöpfung. Dabei hatte sein junger Reiter es nicht geschont. Kaum, dass er sich des Nachts zur Ruhe gelegt hatte. Nur selten war er an den steilen Berghängen abgestiegen und hatte den edlen Hengst geführt. Das Ziel des eiligen Reiters war ein fast vergessener Landstrich hinter den blauen Bergen - das kleine Reich Almach.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Das Volk der Almachen zählt nur wenige tausend Seelen. Es war ein friedliches Leben am Fuße der großen Anhöhen. Abgeschieden vom Rest der Welt. Die meisten Bewohner leben in Andria - der einzigen Stadt in dem kleinen Königreich, nord-westlich vom großen Tannenwald gelegen.

Ansonsten gibt es noch ein paar kleine weiße Häuser am See. Dort hatten sich einst diejenigen angesiedelt, denen selbst das geruhsame Dasein in Andria noch zu hektisch war.

Die Geschicke des Landes mit dem kleinen Volk bestimmt der König. Marken der I. sitzt schon über vierzig Jahre ohne große Ereignisse auf dem Thron. Er lebt in dem einzigen größeren Gebäude von Andria. Der Palast ist bescheiden, nur zwanzig Räume. Doch immerhin groß genug, um auch Reisende aus anderen, größeren Reichen zu empfangen. Die Almachen sind nämlich sehr gastfreundlich. Froh eine spannende Geschichte oder auch nur banalen Klatsch aus anderen Gegenden zu hören.

Unter der Herrschaft von König Marken blühte das Reich auf. Alle Kinder besuchen jetzt eine Schule wo sie lesen, schreiben und rechnen lernen. Freilich, viele Bücher gibt es nicht. In Almach leben nur wenige Gebildete und Schreiber. Doch wer Wissen zu vermitteln hat, gibt dieses gerne weiter.

Die jungen Männer werden im Militärdienst ausgebildet. Alle Maiden lernen zu spinnen, weben und nähen. So dass die Gesellschaft wachse und jeder etwas in die Gemeinschaft einbringe. Jedem Mädchen oder Jungen ist erlaubt, ein Handwerk oder eine Fertigkeit zu erlernen. Auf dass ein jeder Bürger Almachs seinen Lebensunterhalt verdienen kann und seinen Beitrag für die Allgemeinheit leistet. Manche sind auch als Diener im Haushalt des Königs beschäftigt. Einige befassen sich mit Verwaltung, öffentlicher Ordnung oder Bildung. Dies sind die Edlen im Reich. Alle achten die Edlen. Darum versorgt jeder Bürger diese Familien mit Nahrungsmitteln oder anderen Diensten. Gold oder andere Zahlungsmittel gibt es nur sehr wenig. So werden Arbeiten für das Reich in Naturalien und Dienstleistungen entlohnt. Jahrzehnte zurück gab es oft Überfälle auf Andria. Wilde Horden fielen in die kleine Siedlung ein, um den Menschen das Wenige, dass sie hatten, zu rauben. Doch die Almachen wehrten sich immer erbittert und blieben siegreich. Es waren gute Leute und die Götter wachten über sie.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Elmar vom Wiesengrund ist ein drahtiger Mann, dessen braunes Haar schon von grauen Strähnen durchsetzt ist. Er bewohnt das dritte Haus auf der rechten Seite der Atowarstraße. Benannt ist die Straße nach dem ersten König und siegreichen Feldherrn Atowar. Die Zeiten der großen Kriege und Abenteuer sind jedoch schon lange vergangen. Die Almachen leben jetzt in Frieden und Eintracht mit ihren Nachbarländern. Sonjis Häuschen ist genau gegenüber, auf der linken Seite der Straße, vorausgesetzt man geht Richtung Marktplatz. Dort wo sich nicht nur der Tauschmarkt, sondern auch das Schloss befindet. Elmar und Sonji streiten miteinander so lange sie denken können. Schon als Dreikäsehoche rauften sie ständig miteinander. In der Schule und auch später beim Militär, waren sie ewige Konkurrenten. Jetzt, als gesetzte Herren mittleren Alters, giften sie sich erst recht ständig an. Trotzdem sind sie so etwas wie Freunde, alte Weggefährten. Elmar und Sonji gehören beide zu den vier edlen Familien in Almach. Die Familien, die mit dem Königshaus verwandt sind. Die zwei Hauptmänner des Heeres stammen von den Nachfahren König Atowars ab.

Dem großen König war damals eine einzige Tochter geboren worden. Der jüngere Bruder des Herrschers jedoch, hatte vier Söhne. So beschloss Atowar die Macht in Almach aufzuteilen. Die Königstochter wurde zur Nachfolgerin auf dem Thron. Die vier Neffen des Königs führten die ruhmreiche Armee Almachs an. So war es über die Jahre und Jahrzehnte Sitte. Immer gab es in einer der Familien dieser vier Königsneffen, einen männlichen Nachfahren, der die Tradition fortsetzte. Hauptmann in Almachs Armee wurde, oder eine tragende Aufgabe in der Verwaltung des Reiches übernahm.

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Hauptmann Elmar vom Wiesengrund hat Familie. Da sind seine Frau Missa und drei Töchter: Marga, Jossi und die kleine Lilly. Drei Mädchen, die von den Eltern geliebt und gehegt werden und ihnen große Freude bereiten.

Sonji dagegen ist Junggeselle. Ein typischer Eigenbrötler. Sein mittlerweile grauer Bart ist struppig, so dass er einem Kater ähnelt, dem sich das Fell sträubt. Er ist älter geworden in den letzten zwanzig Jahren. Vom schmucken Offizier, der er einst war, ist nicht mehr viel zu sehen. Ein Meister am Bogen ist er jedoch immer noch. Als solcher, steht er den Bogenschützen Almachs als Hauptmann vor.

So wenig Sonji sich mit seinem Vetter dritten oder vierten Grades vertragen kann, Elmars Familie liebt er abgöttisch und sie ihn ebenso. Missa bringt oft einen Topf vom Abendessen für ihn hinüber. Während Sonji aß, hielten die beiden ein Schwätzchen über die Ereignisse des Tages. Die Kinder tollen gewöhnlich mehr in Sonjis Garten herum als in ihrem eigenen. Marga und Jossi haben, wie ihre Mutter, beide flammend rotes Haar und sind sehr stolz darauf. Sie schmücken sich gern mit den Haarspangen und Halsketten, die Sonji so kunstvoll für die Mädchen schnitzt. Lilly, die weder Elmar noch Missa recht gleicht, ist meist still und bescheiden. Mit ihrem dunklen Teint und den schwarzen Locken, ist sie ihm die Liebste. Lilly schaukelt begeistert auf seinem Schoß, wenn ihr „Onkel” Sonji Geschichten von wilden Tieren und fremden Völkern erzählt.

Jeder, der ihn mit den Kindern erlebt, kann nicht begreifen, wieso Sonji noch immer allein in seinem kleinen Haus lebt. Warum er nicht längst eine eigene Familie gegründet hat. Die Wahrheit ist wohl, dass eine Frau, die man nur gelegentlich trifft, angenehmer ist. Und Kinder, die man nicht ständig um sich haben muss, viel liebenswerter scheinen. Außerdem will Sonji sich partout nicht an Haus und Hof binden. Er ist eben ein Eigenbrötler wie er im Buche steht. Manchmal verschwindet er eine ganz Zeit lang einfach und zieht sich in die Berge zurück. Oder er geht tagelang auf die Jagd im großen, dunklen Tannenwald. Meist ist er ganz allein unterwegs. Ab und an begleitet Elmar ihn. Auch wenn sie selten einer Meinung sind - im Grunde betrachten sie sich doch als alte Freunde. Sie sind sogar Verwandte, die sich schließlich schon ein Leben lang kennen.

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Eines Tages waren Sonji und Elmar wieder unterwegs. Auf dem Rückweg von einem Jagdausflug trugen sie, an zwei Stangen gebunden, eine riesige Wildsau nach Hause. Obwohl sie fast eine Tagesreise von Andria entfernt waren, nahmen sie diese Last auf sich. In der näheren Umgebung von Andria waren keine Wildschweine mehr zu finden. Gleichzeitig galten dieselben aber als größte Delikatesse bei den Almachen. Die Menschen in Andria ernähren sich hauptsächlich vom Fleisch der Wildtiere, die das Tal bewohnen. In den grasreichen Ebenen tummeln sich Hase, Rebhuhn und Fasan. Wer im Tannenwald auf die Jagd geht, findet Wildschweine und Hirschen, sollte dabei jedoch den zahlreichen Bären und Wölfen nicht ins Gehege kommen. In den gebirgigen Teilen Almachs leben wilde Ziegen. Struppig und zäh, und daher kaum bejagt. Fische aus dem See, dunkel gefleckt und füllig wie Karpfen, erweitern den Speiseplan.

Die Almachen kennen keine Viehhaltung. Sie leben von und mit der Natur im Einklang. Auch findet man in Andrias Hütten keine Haustiere. Es widerspricht den Geboten der Götter, Tiere einzufangen und sie ihrer Freiheit zu berauben. Ackerbau ist meist auf den eigenen Bedarf beschränkt. Lediglich Gemüse und Korn wird in den kleinen Gärten der einstöckigen Behausungen angebaut. Gerade so viel, um die Mahlzeiten mit etwas dunklem Brot und Wurzelgewächsen anzureichern.

Es sind stolze, ehrliche Menschen, die dort leben. Eher gedrungen als hochgewachsen. Braungebrannt vom Leben im Freien. Sie sind zufrieden mit sich selbst und ihrer Umwelt. So wie die Natur ihnen den größten Teil ihrer Nahrung gibt, so gibt sie ihnen auch Kleidung. Die Felle der erlegten Tiere werden von den Jungen und Männern gegerbt und zu Stiefeln und warmen Jacken verarbeitet. Die Frauen weben aus Flachs, der in einer weiten Ebene am Waldrand wächst, einfache braune und beige Gewänder. Hin und wieder färben sie die Kleider auch rot oder blau, mit Beerensäften.

Im Laufe der Jahrhunderte haben viele Almachen sich auf etwas spezialisiert, das sie besonders gut beherrschen. Sie sind Schmiede oder Zimmerer, Jäger, Fischer, Bauern und Schneider. Heute tauschen sie ihre Erzeugnisse untereinander und treiben Handel mit Durchreisenden. Niemand muss hungern, die Almachen leben in bescheidenem Wohlstand.

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Elmar fühlte sich glücklich. Seit Monaten war er nicht mehr mit seinem alten Weggefährten auf die Jagd gegangen. Wenn er mit Sonji unterwegs war, fühlte er sich wieder jung. So wie damals, als sie tatsächlich noch jugendlich und wagemutig gewesen waren und er nicht verheiratet. „Meine geliebte Missa“. Elmar dachte voller Zärtlichkeit an die Frau, die ihm nun schon beinahe 20 Jahre eine treue Gefährtin war und ihm drei Kinder geboren hatte. Seine Töchter bereiteten ihm nur Freude. Die Älteste konnte schon bald daran denken, selbst zu heiraten. Marga war die Vernünftige. Sie schneiderte gern und war sehr geschickt im Umgang mit der Nadel. Ein bisschen eifersüchtig war er schon. Ihm als fürsorglichen Vater, war keiner der jungen Burschen gut genug für seine Marga. Hoffentlich würde er nicht so bald das „Vergnügen“ haben, seine älteste Tochter in den eigenen Haushalt zu entlassen. Elmar knirschte grimmig mit den Zähnen bei dem Gedanken an die möglichen Bewerber. Freche Aufschneider, die sein Mädchen umgarnten und zu beeindrucken versuchten. So viel er auch schimpfte, immer wieder trieb sich einer oder sogar mehrere, der jungen Männer in der Nähe seines Hauses herum und suchte die Blicke Margas auf sich zu ziehen. Sie war ja auch ein hübsches Mädchen, kam ganz nach ihrer Mutter.

Seine Jossi hatte ja zum Glück noch kein Interesse an Jungs. Das hätte ihm auch noch gefehlt. Gleich zwei Mädchen von den Burschen fernzuhalten, war wie einen Sack Flöhe hüten, unmöglich. Die zweitgeborene Tochter mochte zwar schon lange nicht mehr auf seinem Schoß sitzen, aber er war immer noch der einzige, der ihr das herrliche rote Haar bürsten durfte, bevor sie zur Schule ging. Es war die einzige Gelegenheit mit Jossi allein Zeit zu verbringen. Nachdem die Familie gemeinsam gefrühstückt hatte und bevor die beiden jüngeren zum Unterricht gingen. Normalerweise verließ auch er zu dieser Zeit das Haus, um seinen Dienst am Vaterland zu verrichten. Als Hauptmann der Schwertkämpfer war es seine Aufgabe Streife zu gehen und die allgemeine Ordnung aufrecht zu erhalten. Sich umzusehen, ob es Anzeichen auf Räuber oder eine sonstige Bedrohung gab.

Lilly war die jüngste Tochter. Obwohl meist sehr still und in sich gekehrt, war sie aber gleichzeitig auch die abenteuerlustigste. Die Kleine wäre mit Freuden mit auf den Jagdausflug gekommen. Hätte ohne zu klagen auf der Erde geschlafen und bestimmt auch angesichts des riesigen Wildschweines keine Angst gezeigt. Lilly war ein rechter Wildfang und Elmar liebte sie abgöttisch. Nur die Sorge, es könnte ihr etwas zustoßen und die Einwände von Missa, hatten ihn davon abgehalten, die Kleine mitzunehmen. Missa hatte natürlich Recht gehabt - eine Jagd war kein Ort für kleine Mädchen. Nicht mal für so perfekte wie Lilly.

Elmar grinste glücklich vor sich hin. Er hatte ein so gutes Leben. Sonji tat ihm fast leid. Der nannte sich zwar immer stolz einen „freien Mann“, aber Elmar wusste sehr gut, wie sehr Sonji seine Missa verehrte. Auch Elmars Töchter liebte Sonji, als ob sie seine eigenen Kinder wären. Seine Frau war nicht nur schön sondern auch gescheit. Der Hauptmann Almachs war immer noch dankbar, dass sie damals, unter allen Bewerbern, ihn als Ehemann gewählt hatte.

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Elmars Gedanken kamen wieder zurück in die Gegenwart. Sie waren wirklich sehr erfolgreich gewesen. Die Wildschweinrotte, die sie aufgestöbert hatten, war in wilder Panik in verschiedene Richtungen davongestürzt. Sonji hatte so eine einzelne große Sau mit Pfeil und Bogen niederstrecken können. Elmar hatte dem Tier mit dem Speer den Rest gegeben. Es machte nichts, dass sie das schwere Schwein jetzt mühsam zurück nach Andria schleppen mussten. Das Fleisch würde für die Bewohner der ganzen Straße reichen. Oder Missa würde einen großen Teil der Wildsau einfach pökeln und sie würden viele male davon essen können.

„Hmmm“, Elmar lief bei dem Gedanken an den köstlichen Wildschweinbraten schon das Wasser im Munde zusammen. Sein Magen knurrte wie zur Bestätigung leise und er kam etwas aus dem Takt. ”Bitte geh doch im Gleichschritt mit mir, das Vieh schlenkert ja wie ein Hirschschwanz”, moserte Sonji. ”Geh du doch gleich mit mir. Hast wohl vergessen, wie man richtig marschiert”, konterte Elmar bissig.

”Mein Gedächtnis funktioniert einwandfrei! Im Gegensatz zu dir, sturer Hund”. Der Hauptmann der Bogenschützen warf einen giftigen Blick zurück über seine Schulter.

”Weichling”, entgegnete Elmar ungerührt. Ehe sich aber ein Streit anbahnte, wurde die Aufmerksamkeit beider auf einen Reiter gelenkt. Ein eher seltener Anblick in Almach, der die beiden Männer sofort alarmierte.

Geduckt kauerte der Unbekannte im Sattel. Er galoppierte auf den Tannenwald zu und sein schwarzer Umhang blähte sich drohend im Wind. Sonji hatte unwillkürlich die Tragestange von der Schulter gleiten lassen und stattdessen seinen Bogen ergriffen. Sein Freund packte den Jagdspeer fester und war ebenso bereit, sich dem Fremden entgegenzustellen. Einige Meter vor den beiden, zügelte er sein Reittier ungestüm. Das Tier stieg auf und schlug wild mit den Hufen nach ihnen. Elmar und Sonji warfen sich zur Seite um nicht getroffen zu werden. Der Pfeil auf Sonjis Sehne war bereits gespannt, als der unbekannte Reiter begütigend eine Hand hob. Sein Pferd endgültig zur Ruhe brachte und eine wohl tönende Stimme erklingen ließ. ”Holla Freunde! Sagt, ist das der Weg nach Andria?” Der Akzent des Fremden klang melodiös und weich, der Klang des fernen Südens.

”Wer will das Wissen?” Elmar hatte wieder den Speer erhoben. Er starrte böse auf den schnaubenden Schimmel. Alle Muskeln gespannt, bereit zum Angriff.

Der junge Mann deutete im Sattel eine Verbeugung an. ”Ich bin Prinz Hendrik von den Auen. Verzeiht meine Eile, doch in bin auf dem Weg zum König von Almach und darf nicht säumen. Sagt mir bitte - ist das der richtige Weg?”

Elmar und Sonji tauschten einen Blick. Der junge, elegante Mann sah nicht gerade aus wie ein Lump. Auch waren beide dem König als Hauptleute der Armee verpflichtet. Wortlos verständigten sich die beiden Männer mit einem Augenzwinkern, dem Fremden Auskunft zu geben.

”Der kurze Weg ist schwer zu finden. Ihr müsst zuerst diesem Pfad folgen, bis er sich gabelt, dann...” Sonji brach ab. ”Es hat keinen Sinn, es wird bald dunkel und Ihr würdet euch hoffnungslos verirren. In diesem Wald sind schon viele umgekommen, es wimmelt vor wilden Tieren und es sollen auch böse Geister umgehen.”

Elmar pflichtete ihm bei. ”Er hat recht. Ihr könnt nicht allein weiter. Wir werden euch führen.” Der Prinz lachte: ”Böse Geister, so ein Unsinn. Es dauert zu lange, wenn ihr beide mit dieser Last vor mir her marschiert. Bitte sagt mir einfach den Weg.”

Elmar dachte nach. ”Es gibt noch eine Möglichkeit”, er sah Sonji an, „Olan”.

Der Angesprochene kratzte sich am Kopf. ”Ja, das könnte er vor Einbruch der Nacht schaffen.”

Der Reiter wurde ungeduldig. ”Ich verstehe kein Wort”. Sonji lachte. ”Verzeiht, Ihr habt es eilig und wir halten Euch mit unserem Geschwätz auf. Also, Ihr folgt dem Pfad, bis er sich gabelt. Dann nehmt ihr den Weg zu Eurer Rechten. Er ist schmal und fast zugewachsen, doch ihr dürft keinen Fuß davon abweichen. Der Wald ist dort so dicht, Ihr würdet nie wieder herausfinden! Es dauert dann etwa eine Stunde. Na ja, mit diesem Tier vielleicht etwas weniger… ” er deutete auf das Pferd. ”Dann kommt ihr auf eine kleine Lichtung, mit drei großen Steinen. Sie sind doppelt so hoch wie ein Mann, Achtet darauf, dass ihr sie nicht überseht! Auf der Rückseite der Felsen - dem Pfad abgewandt, steht eine kleine Hütte. Dort lebt Olan der Weise, jedenfalls im Augenblick. Dort werdet ihr für die Nacht Unterkunft finden. Den weiteren Weg kann er Euch bei Tage weisen.”

Der Prinz hob die Hand zum Gruß. ”Ich danke euch für die Auskunft; lebt wohl!” Schon gab er seinem Pferd die Sporen und preschte davon, tief hinein in den Wald.

„Viel Glück”, murmelte Elmar. Seufzend hob er die Tragestange mit der Sau wieder an. „Lass uns weitergehen”. Auch Sonji hatte Pfeil und Bogen wieder verstaut und nahm die Last wieder auf. ”Hoffentlich schafft er es bis zu Olan.”

Die beiden wanderten noch eine Stunde, bis zum Anbruch der Dunkelheit. Dann entzündeten sie am Rande des Tannenwalds ein kleines Lagerfeuer. Elmar und Sonji unterhielten sich noch etwas über den fremden Reiter. „Ob er wohl wirklich ein echter Prinz ist?“ Der Meister des Bogens zweifelte. „Der König von Wendorra würde doch wohl nicht seinen einzigen Sohn und noch dazu, ganz allein, aussenden. Vielleicht ist er nur ein entfernter Verwandter. Ein Heißsporn, der sich hervortun will. Mich würde interessieren, was er mit unserem König zu besprechen hat, und warum er es so eilig hat.“ Die beiden Männer teilten sich etwas Dörrfleisch aus Sonjis Vorratsbeutel und legten sich schließlich zur Ruhe nieder. Sie mieden den Wald bei Nacht. Lieber nahmen sie den weiten Umweg in Kauf, als im Dunkeln von Gespenstern heimgesucht zu werden, oder als Abendessen eines Wolfsrudels zu enden.

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Nur wenig später war auch der fremde Reiter am Ziel angelangt. Es war bereits stockdunkel im Tannenwald. Es machte große Mühe, den schmalen Pfad zu erkennen, der scheinbar ziellos durchs dichte Gehölz führte. Doch schließlich erreichte er die beschriebene Lichtung. Er konnte gerade noch die großen Steine erkennen, hinter der die angepriesene Hütte liegen sollte. Hendrik war jetzt doch froh, einen Unterschlupf für die Nacht zu haben. In diesem finsteren Wald war es selbst ihm nicht geheuer.

Er war abgestiegen und näherte sich dem Häuschen, aus dessen Kamin anheimelnder Rauch aufstieg. Ein warmes Licht schien durch die kleinen Fenster. Er band sein Ross an den tiefhängenden Zweig einer knorrigen Waldeiche, wo der Hengst grasen konnte und nahm ihm den Sattel ab. Dann klopfte er an die Tür. Ein alter Mann öffnete ihm. Sein weißer Bart war ehrfurchtsgebietend und seine unzähligen Falten erzählten eine lange Lebensgeschichte. Er war klein und gebeugt, und recht erstaunt den Fremden zu sehen. ”Oh, willkommen. Was führt dich denn hier her, junger Freund?” Hendrik machte eine kleine Verbeugung. ”Ihr seid wohl Olan der Weise? Zwei Jäger nannten mir Euren Namen. Sie meinten, Ihr würdet mir für die Nacht Obdach gewähren. Und mir morgen den weiteren Weg nach Andria weisen.” Olan kratzte sich den Bart. ”Ja, das will ich wohl. Komm doch bitte herein. Es wird allerdings etwas eng werden, ich habe noch andere Gäste.” Er winkte den jungen Mann ins Haus.

Am Kamin saßen zwei Männer, die etwa zehn Jahre älter, als er selbst, sein mochten. Die beiden erhoben sich bei seinem Eintritt zur Begrüßung. ”Das sind Wig und Wamba, alte Freunde von mir”, stellte der Alte die beiden vor. ”Es freut mich! Ich bin Hendrik von den Auen. Bitte verzeiht, dass ich hier so einfach eindringe.” Olan winkte ab. ”Ihr seid uns herzlich willkommen. Wollt Ihr etwas mit uns essen?” Hendrik nahm dankend einen Teller köstlich riechender Suppe an. ”Was führt Euch nach Andria, Hendrik von den Auen?” Der Alte war neugierig. Fremde kamen selten in diese abgelegene Gegend. Auch spürte Olan die Unruhe des jungen Mannes. Was mochte den edlen Burschen in solche Eile versetzt haben?

”Ich komme aus Wendorra. Die Darker stehen an unseren Grenzen, um unser Land zu überfallen. Ich bin nach Andria unterwegs, um den König, meinen Verwandten, um Hilfe zu bitten.”

Die drei Männer starrten ihn ungläubig an. War das tatsächlich der Thronfolger aus dem reichen Land des schönen Volkes? Konnte es angehen, dass ein wahrer Prinz ihnen diese unglaubliche Nachricht brachte? ”Darker? Wir dachten, es würde gar keine mehr geben”, der größte von den Dreien, Wig, hatte schließlich das Wort ergriffen.

”Oh doch, glaubt mir, es gibt welche! Und es sind Unmengen, die drohen, unser Land zu vernichten.” Hendrik machte eine große Geste.

Auch der massige Wamba schaltete sich ins Gespräch ein. ”Habt Ihr schon mal einen Darker gesehen?” Hendrik lachte. ”Nein. Die wenigsten, die einen gesehen haben, konnten davon erzählen. Mein Vater erzählte mir, sie seien ganz schrecklich. Riesig. Schwarz mit gelben Augen und Krallen, mit denen sie sich durchs Erdreich wühlen.”

Olan nickte. ”Das stimmt so weit, ja. Allerdings nicht wirklich sehr groß, ungefähr so wie wir auch. Aber sie sind wild und angriffslustig.” Wamba schauderte: ”und gegen die sollen wir kämpfen?” Hendrik gab keine Antwort, nickte nur ernst. Er hatte ja keine Ahnung, dass er hier Edelleuten gegenüber saß. Die Männer trugen einfache, strapazierfähige Kleider und gingen ganz ungezwungen miteinander um.

”Nun Prinz, wenn es so ist, wie Ihr sagt, müssen wir kämpfen. Die Darker sind wie Heuschrecken. Sie plündern und morden ohne Rücksicht und sie ziehen von einem Land ins andere. Bald wären sie auch hier, in Almach“. Olan rieb sich nachdenklich die Stirn. „Euer Erscheinen lässt mich an die Geschichte vom Schwert des Lichts denken. Sicher könnten wir dieses jetzt gut gebrauchen.” Wig unterbrach Olan. ”Du meinst die Legende?” Olan bejahte. ”Genau. Du weiß doch wie das Orakel ging?

„Ein Prinz von den Auen wird kommen und er wird tragen das Schwert des Lichts, das alle Hoffnung in sich vereint und mit seinem gleißenden Lichtstrahl die dunklen Schatten vertreiben wird.”

Hendrik sah den Weisen fragend an. ”Ich hörte nie von einer solchen Legende. Was ist das Schwert des Lichts?” Olan zuckte die Schultern: ”Niemand weiß es genau. Es ist eine Geschichte, die seit vielen hundert Jahren in unserem Land erzählt wird. Es heißt, ein unbekanntes Volk hinter den großen Bergen schmiedete einst ein Schwert, das große Zauberkräfte besaß. Es konnte die Nacht zum Tage machen, wenn ein wahrer Held die Mächte der Finsternis bekämpfte. Man erzählt auch, dass gerade die Darker es waren, die dieses Schwert raubten. Und dass es jetzt tief verborgen in einer ihrer Höhlen liegt. Leider”, schloss Olan „nützt es uns also nichts, selbst wenn es existiert.”

Hendrik hatte genug gehört. Ihm als junger Prinz und gut ausgebildeter Krieger stand wenig der Sinn nach Märchen und Legenden.

Es war das Abenteuer das ihn lockte. Die Gefahr, das Unberechenbare. Der Krieg, der ihnen bevorstand. Das war etwas reales, etwas Gefährliches. Endlich würde er sich beweisen können! Sein Vater sah immer nur den Thronfolger in ihm. Ständig wies er alle Gefährten und Diener an, auf Hendrik aufzupassen, damit ihm nur ja nichts zustieß. Wie lange hatte er betteln müssen, damit sein Vater erlaubte, dass er allein aufbrach um die Almachen zu alarmieren. Er seufzte leise. Er würde seine Aufgabe gut erfüllen. Hendrik entschuldigte sich bei den drei Männern, dass er müde vom langen Ritt sei. Er rollte sich, in seinen Umhang gewickelt, in der Nähe des Kamins zusammen, um bald darauf in einen unruhigen Schlaf zu verfallen. Hendrik träumte von Darkern und Kriegen. Er war so begierig darauf seinen Mut im Kampf zu beweisen. Von Kindesbeinen an, hatte er gelernt mit Schwert, Bogen und Axt zu kämpfen. Doch da Wendorra bisher immer im Frieden gelegen hatte, gab es keine Gelegenheit, Abenteuer oder gar Schlachten zu bestehen. Allenfalls eine Jagdgesellschaft bot ab und an Abwechslung. Aber auch dabei gab es keine großen Herausforderungen. Die Wildhüter achteten schon darauf, dass der junge Prinz sich nicht unnötig in Gefahr brachte. Sein Vater hatte ihm auch angetragen, sich baldigst zu verheiraten. Der König wünschte die Dynastie zu sichern. Doch heiraten war etwas, wozu Hendrik gar keine Lust verspürte. Die Mädchen, die sein Vater an den Hof geholt hatte, waren allesamt hübsch und gebildet. Den ganzen Tag sangen, tanzten und musizierten sie für ihn, wenn er sich bei den jungen Frauen sehen ließ. Hendrik jedoch fand, sie wären allesamt alberne Gänse, die nur darauf aus waren, eines Tages Königin von Wendorra zu werden. Er hoffte, auf den Reisen, die er nach diesem Krieg noch begehen wollte, eine exotische, aufregende Schönheit an einem anderen Königshof zu finden. Mit dem Gedanken an seine Traumprinzessin und an die vielen Abenteuer, die er erleben würde, schlief er endlich fest ein. Auch Wamba nickte auf seinem Stuhl ein und schnarchte laut.

Wig und Olan saßen etwas abseits am Tisch und unterhielten sich noch. ”Das ist eine ernste Geschichte. Wig. Vielleicht müssen wir das erste Mal seit hundert Jahren in den Krieg ziehen.” Der angesprochene war auch davon überzeugt. ”Wenn es sein muss, werden wir bereit sein! Die Almachen waren immer große Kämpfer”.

”Ja, aber”, warf Olan zweifelnd ein: ”Kein Almache ist seit fast hundert Jahren mehr in die Schlacht gezogen. Stimmt das nicht? Das ärgste, was ihr hier in den letzten Jahrzehnten erlebt habt, waren ein paar Räuberbanden und Lumpengesindel. Damit ist die freiwillige Armee immer gut fertig geworden. Aber ein Kriegszug? Das ist doch etwas ganz anderes. Du musst morgen mit dem Prinzen gehen.

Möglicherweise wird der König sofort ein Heer aufstellen lassen. Außerdem ist der Weg aus dem Tannenwald nicht ungefährlich, ich will nicht, dass ihm etwas zustößt.”

Wig nickte. Obwohl ihn so schnell nichts in Unruhe versetzte, war Wig beunruhigt. Olan hatte Recht, ein Kriegszug war etwas völlig anderes. Es bedurfte viel Disziplin und Vorbereitung. Als Hauptmann in der Armee kannte er seine Pflicht. ”Natürlich. Wir werden den Prinzen auf dem schnellsten Weg zu König Marken bringen.”

So geschah es. Schon bei Tagesanbruch machten sich Hendrik, Wamba und Wig auf. Wamba beschwerte sich, dass es kein ausgiebiges Frühstück gab. Doch Hendrik wollte unverzüglich aufbrechen. Er war schon wütend darüber, dass er nicht allein voran reiten sollte. Schließlich war er auf einer Mission, die keinen Aufschub duldete. Doch Wig setzte sich durch. ”Der Weg wird noch schmaler und gefährlicher, als der, den Ihr bereits hinter Euch habt. Ihr könnt nicht reiten. Dein Pferd würde straucheln und Ihr würdet an den tiefen Ästen hängen bleiben. Es ist nicht weit, wir schaffen es in ein paar Stunden. Also führt Euch Ross und folgt mir.”

Sie durchwanderten den Wald und Hendrik sah schließlich ein, wie recht Wig gehabt hatte. Dieser Weg war wahrlich nicht zum Reiten gedacht. Durch die dicht an dicht stehenden Bäume, konnten sie nur einer hinter dem anderen gehen. Ständig drohten sie über Wurzeln zu stolpern. Wie sicher Wig sich in diesem Gestrüpp zurechtfand, war bewundernswert. Wambas Klagelaute, der sich damit unablässig über die schnelle Gangart beschwerte, waren zudem nicht gerade ermutigend.

Der dicke Mann war kein Krieger, er war gewohnt sich mit Schriftstücken und der Verwaltung des Reiches zu beschäftigen. Auch er war beunruhigt ob der Nachricht über das Darkerheer, doch grübelte er selten über den folgenden Tag. Er lebte im jetzt und hier. Und jetzt gerade war das einzige was er dachte, dass er den fremden Prinzen zum Palast geleiten sollte und dass er dort ein ordentliches Mahl genießen wollte.

Als sie schließlich den Wald hinter sich gelassen hatten, waren alle drei erleichtert. Sie hatten es geschafft, Andria lag direkt vor ihnen.

Als sie die ersten niedrigen, weißen Häuser erreichten, starrten die Menschen neugierig aus den Fenstern. Kinder stoben davon, um zu berichten.

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Die Ankunft des Fremden auf dem weißen Ross, sprach sich herum wie ein Lauffeuer. Es gab nicht viele Pferde im Tal. Die wenigen Tiere standen allesamt im Stall des Königs. Sie waren die letzten Nachkommen derer, die einst König Atowar und seine Krieger in die Schlacht getragen hatten. Der jetzige Herrscher war zu alt um noch auszureiten. Da die Tiere daran gewöhnt waren gefüttert zu werden, machten sie aber keine Anstalten in freier Wildbahn zu leben. Die meisten Almachen hatten jedoch eine Heidenangst vor den langbeinigen Tieren. So standen die Almachenpferde die meiste Zeit nur träge im Stall oder grasten mal ein Stündchen, sich selbst überlassen auf den königlichen Weiden. Die Gäule blieben meist für sich. Sie wurden versorgt und gepflegt und lebten ansonsten wie Wildtiere. Kaum ein Bewohner des kleinen Städtchens hatte sie überhaupt schon mal zu Gesicht bekommen. Jetzt jedoch ritt dieser junge Mann mit dem prächtigen Tier, mitten auf der Hauptstraße von Andria und eine immer größer werdende Menge Menschen folgte ihm.

Voran schritten Wig und Wamba, immer darauf bedacht genügend Abstand zu den Hufen zu halten. Wig schwenkte seinen Hut und rief fortwährend: ”Weg da, macht Platz” - obwohl die Leute ohnehin respektvoll zurückwichen und eher hintendrein, als vorneweg mitliefen.

Der fremde Mann war nicht nur wegen seines Reittieres bemerkenswert. Auch er selbst schien höchst interessant. Er war jung, vielleicht etwas über zwanzig Winter. Gut gebaut und hochgewachsen. Er hatte sehr helle Haut und edle Gesichtszüge. Seine Kleidung war ebenso fremdartig. Die blaue Tunika, die in der Taille von einem goldbeschlagenen Gürtel zusammengehalten wurde. Die hohen schwarzen Stiefel aus weichstem Leder. Die Schuhe trugen ebenso die goldenen Zeichen, wie der Gürtel, in dem lässig ein langer gekrümmter Dolch steckte. Die zurückgeschlagene Kapuze des schwarzen Umhangs gab kurz geschnittenes braunes Haar frei. Nur an der linken Seite hatte er eine lange Strähne, die zu einem kunstvollen Zopf geflochten war. Die Frauen und Mädchen Andrias betrachteten den hübschen, jungen Mann mit Wohlgefallen. Die Männer dagegen, bewunderten das fein gearbeitete Zaumzeug des Pferdes und das auffällige Schwert, das am Sattelknauf festgebunden war.