Die Schnackerlbahn Bande: Umweltsheriffs in Aktion - Klaudia Lehner - E-Book
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Die Schnackerlbahn Bande: Umweltsheriffs in Aktion E-Book

Klaudia Lehner

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Beschreibung

Ausgezeichnet mit dem Oö. Landespreis 2024 für Umwelt und Nachhaltigkeit: Es ist Mitte Oktober, längst hat der Schulalltag die sieben Kinder der S-Bande und der Falken fest im Griff. Ihr Bandenleben ist fast zum Erliegen gekommen. Aktion muss her! Die gewieften 10- bis 13-Jährigen beschließen, als Umweltsheriffs Müllsünder zu jagen. Dabei bedienen sie sich abenteuerlicher Methoden. Ohne es zu ahnen, heften sie sich an die Fersen eines gefährlichen Verbrechers. Der spannungsgeladene Kinderkrimi spielt im oberösterreichischen Aschach an der Steyr, in Sierning, in der Stadt Steyr und im weltbekannten Christkindl. Ein spannungsgeladenes Abenteuerbuch für Groß und Klein!

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhaltsverzeichnis

Die Umweltsheriffs

Der Schneestangenverschlag

Der Umweltpakt

Der grobe Hans

Am Pranger

Die Wildkamera

Nächtliche Feuerpfeile

Am Kirchenplatz

In der Falle

Die Befreiung

Die Belohnung

Über die Autorin

Über die Illustratorin

Impressum

Klaudia Lehner · Die Schnackerlbahnbande

Klaudia Lehner

Die Schnackerlbahn- bande

Umweltsheriffs in Aktion

ENNSTHALER VERLAG STEYR

ISBN 9798340426215

Klaudia Lehner · Die Schnackerlbahnbande: Umweltsheriffs in Aktion

Alle Rechte vorbehalten

Copyright © 2024 by Klaudia Lehner Aschach an der Steyr, Austria

Satz und Umschlaggestaltung: Ronald Gabeck Umschlagbild und Illustrationen: Mag. art. Edith Platzl Druck und Bindung: -

Gewidmet meiner lieben Nichte Sophie Geliebt. Für immer in unseren Herzen!

Die Umweltsheriffs

Es ist Mitte Oktober, längst hat der Schulalltag die Kinder der S-Bande wieder fest im Griff. Unter der Woche gibt es kein Bandenleben am Sonnenhang. Selbst die Falken sitzen jeden Nachmittag brav über ihren Büchern, schreiben ihre Hausaufgaben, büffeln für einen anstehenden Test oder eine Schularbeit.

Ab Freitagmittag und am Wochenende dürfen sich die Kinder treffen. Meist verabreden sie sich beim Falkenhorst. Schließlich verfügen die Jungs über einen kleinen, selbst gebastelten Miniofen, der den Jägerhochstand in wenigen Minuten erwärmt.

Im Falkenhorst ist es zu siebt zwar furchtbar eng, fast zu eng, doch die angenehm warmen Tage werden immer rarer und so rutschen die Kinder gern etwas zusammen. Außerdem steht das Quartier der S-Bande, ein alter Güterwaggon der Steyrtalbahn, weit weg vom Aschacher Ortszentrum und bei Temperaturen um die 15 Grad Celsius weht den Kindern jedes Mal ein frischer Wind um die Ohren, wenn sie auf dem Weg zum Geheimquartier auf ihren Rädern sitzen und kräftig in die Pedale treten.

Heute ist Samstag und die Schwestern Anna und Sophie liegen um acht Uhr morgens noch verträumt in ihren Betten.

»Anna, Sophie, steht auf! Frühstück ist fertig!«, ruft die Mutter aus der Küche im Parterre nach oben. Augenblicklich munter hüpft die zwölfjährige Sophie aus dem kuscheligen Bett. Ihr Magen knurrt und sie freut sich auf einen reichhaltig gedeckten Frühstückstisch. Auf dem Weg ins Badezimmer kommt sie bei Annas Zimmer vorbei. Obwohl die Schlafzimmertür nur angelehnt ist, dringt aus dem Inneren kein einziger Mucks, Anna schlummert noch immer wie ein Murmeltier. Die Kleine träumt besonders in den Morgenstunden die schönsten, realsten Träume, diese will sie auskosten.

Eben ist sie auf einer Südseeinsel. Sie sitzt am weißen Strand und schaut über das blaue Meer. Ihr blondes Haar glänzt im Sonnenschein. Immer wieder fährt sie mit ihren gespreizten Fingern durch den warmen Sand. Plötzlich spürt sie das Wasser, wie es durch ihre Finger gleitet. Es ist ziemlich kalt, viel zu kalt für den sonnigen Tag am Strand.

»So eisig«, flüstert das Mädchen fast unhörbar leise.

Plötzlich schreckt Anna in ihrem Bett hoch und reißt die rechte Hand in die Höhe. Sie ist bis zum Pyjamaärmel pitschnass. Erst jetzt bemerkt sie ihre Schwester Sophie neben sich. Diese stellt kichernd blitzschnell eine mit eiskaltem Wasser gefüllte Plastikschüssel auf den Schlafzimmerteppich.

»Ha, ha«, lacht Sophie lautstark los, »jetzt bist du munter!«

»Spinnst du völlig? Was machst du in meinem Zimmer?«, schreit Anna und registriert schön langsam, was passiert ist. Ihre ältere Schwester hat ihr einen furchtbar gemeinen, hinterlistigen Streich gespielt.

Während sie im Träumeland weilte, schlich sich Sophie mit der Waschschüssel ins Zimmer und hielt Annas rechte Hand ins eiskalte Wasser.

»Du hast ganz schön lange gebraucht, um aufzuwachen«, meint Sophie verschmitzt, »wahrscheinlich hast du eben von Sebastian geträumt.« Das war nun wirklich zu viel an Bosheit für Anna so früh am Morgen.

In den letzten Wochen hat sich das Mädchen oft von Paulina und Sophie so manche Gemeinheit gefallen lassen müssen. Leider hat sie den beiden in einem schwachen Moment anvertraut, dass sie den technikbegeisterten Jungen aus der Falkenbande derzeit am liebsten mochte.

Sofort reißt die Kleine ihre Tuchent beiseite und schwingt ihre dünnen Beinchen aus dem Bett. Gerade noch rechtzeitig entkommt Sophie ihrer fuchsteufelswilden Schwester mit einem Hechtsprung aus dem Kinderzimmer. Leider hat Anna komplett die Schüssel übersehen. Mit ihrem rechten Fuß steigt sie direkt hinein, das Wasser schwappt auf den Teppich.

»Das wirst du mir büßen!«, schreit sie außer sich vor Wut und blickt hinunter auf die nasse Sauerei. Aus der Küche dringen dumpfe, mahnende Worte der Mutter nach oben.

Nach einer halben Stunde sitzt die Familie vereint rund um den Küchentisch. Vater, Mutter und die Töchter genießen den Samstagsbrunch. Noch immer sichtlich sauer greift Anna nach dem Orangensaft.

Sophie hilft sogleich der Schwester und schiebt ihr den randvollen Glaskrug etwas näher. Mit ihrer netten Geste möchte sie die Versöhnung einleiten. Anna füllt ihr Saftglas bis zum Rand.

»Wenn ihr möchtet, könnt ihr dann mit zu Oma und Opa fahren, sie sind heute am Vormittag in der Au in Pichlern. Euer Großvater schneidet ein paar Käferbäume um. Ihr könnt Oma beim Holzschlichten im Wald helfen. Sie freut sich bestimmt, wenn ihr beide mit anpackt. Ich werde mich dann auf den Weg nach Sierning begeben, ich muss ein paar Besorgungen machen. Zu Mittag hole ich euch wieder ab«, meint die Mutter. Da sie beide eben den Mund voll haben, stimmen die Mädchen nickend dem Vorschlag zu. Ihnen gefällt es in Opas Wald sehr. Schon so manches Abenteuer haben die Kinder dort in der Pichlerner Au in den vergangenen Jahren in der Nähe des glasklaren Steyrflusses erlebt.

Nach dem Brunch geht es endlich los. Mit der Mutter einkaufen wären sie bestimmt nicht gefahren. Jedes Mal dauert es eine halbe Ewigkeit, bis sie alle Einkäufe erledigt hat. Dabei rennt sie in einem Höllentempo durch die Gänge der Geschäfte, sodass Anna und Sophie kaum hinterherkommen. Wie ein geölter Blitz saust die Mutter von einem Regal zum nächsten und greift in Windeseile nach dem Notwendigen, als wäre jemand hinter ihr her. Außer sie trifft eine alte Bekannte, dann quatscht sie so lange, dass ihren Töchtern die Ohren surren. Paulina, die ein Einzelkind ist, darf sich bei jedem Einkauf etwas um zehn Euro aussuchen, die Schwestern natürlich nicht. Schließlich muss die Familie jetzt schon für das bestimmt in Zukunft teure Studium der Töchter sparen, und somit ist Holzarbeit die bessere Alternative für die Mädels.

Kurz nach dem Kraftwerk biegt die Mutter links in die Sackgasse zum Haus der Großeltern ab. Vor dem Aussteigen mahnt sie die beiden:

»Seid folgsam und bleibt weit genug weg, wenn Opa die Motorsäge startet!« »Ja, Mama«, geben die Kinder im Chor von sich und hüpfen bei der Autotür hinaus. Niemals würden sich die Schwestern einer laufenden Säge nähern, denn beim Geräusch der Holzverarbeitungsmaschine haben sie sofort Opas Schauergeschichte im Kopf. Er hat ihnen mehrmals erzählt, dass sich einst sein Waldnachbar selbst mit dem Gerät einen tiefen Schnitt in den Hals zugefügt hatte und daran fast qualvoll verblutet wäre.

Zu Fuß machen sie sich auf den Weg in die Au. Nach einem kurzen Anstieg tauchen sie in den Mischwald ein. Kaum zu glauben, dass sie nun auf der ehemaligen Hauptstraße nach Grünburg unterwegs sind. Von zahlreichen Baumkronen gedämpft hört man den Verkehrslärm von der Bundesstraße herunter. Lastwagen donnern vorüber und Motorräder heulen auf, weil sie auf der langen Gera- den über ihnen Vollgas geben. Die geschotterte Straße ist ziemlich schlecht beisammen. Anna und Sophie reichen sich die Hände und springen über tiefe, große Wasserpfützen. Das ist ein Spaß!

»Pass auf!«, ruft Sophie und reißt heftig an Annas Hand. Die Kleine hätte den weiten Satz über eine besonders große Wasserlache fast nicht geschafft. Gut gelaunt dringen sie immer weiter in den Wald ein. Da dem Großvati mehrere kleinere Waldabschnitte gehören, wissen die Schwestern nicht, wo er gerade mit Oma arbeitet. Bis jetzt hören sie keine Motorsäge.

»Sieh einmal, Anna«, ruft Sophie, »hier hängen im alten Befestigungsgeländer der Straße immer noch die Zinnlametta aus dem Zweiten Weltkrieg!«

Obwohl Anna keine Ahnung hat, wovon Sophie spricht, kommt das Mädchen interessiert näher. Anna besucht erst die vierte Klasse Volksschule in Aschach, und vom Zweiten Weltkrieg hat sie bis jetzt im Sachunterricht noch nichts gelernt. Sophie besucht mittlerweile die zweite Klasse Gymnasium in Steyr und hat seit zwei Jahren Geschichte. Ihr alter Professor redet am liebsten über die Weltkriege, als wäre er höchstpersönlich dabei gewesen, obwohl sie laut Lehrplan erst über Erfindungen und Entdeckungen der Neuzeit lernen sollten. Ein paar gewiefte Jungs aus Sophies Klasse nutzen das berechnend aus, sie fragen in den Geschichtestunden interessiert Details zu den Weltkriegen nach. Sie wissen natürlich, dass der Professor sofort vom eigentlichen Thema abdriftet

und ausführlich auf die Fragen eingeht. Ausschweifend beantwortet der Professor jede Frage, und so kommt es, dass nach vier Schulwochen das Geschichteheft noch immer fast leer ist, aber die Klasse schon viel über die Welkriege weiß.

»Was ist das?«, fragt die Kleine neugierig und streift mit ihren Fingern die grauen Metallstreifen, die wirr im verrosteten Geländer hängen.

»Weißt du, die Engländer haben damals während des Krieges das Radar erfunden, damit haben sie feindliche Flugzeuge orten können. Die Deutschen sind auch nicht dumm gewesen und haben zum Schutz Täuschkörper in Form dieser Metalllametta abgeworfen, damit waren die Flugzeuge auf den Radarschirmen nur schwer zu erkennen. Du musst dir vorstellen, die hängen hier seit über achtzig Jahren herum«, erklärt Sophie gekonnt.

Anna lauscht aufmerksam und hat eine tolle Idee, die sie sogleich erzählen muss:

»Weißt du was, Sophie? Die Falken würden uns die Metallstreifen bestimmt teuer abkaufen, Lukas ist ja völlig verrückt nach dem Kriegskram. Auch sein Vater sammelt alles Alte und teilweise auch Verbotene am Dachboden des Bauernhofs. Er hat laut Luks stolzen Erzählungen sogar Teile eines amerikanischen Flugzeugs zu Hause, das in den 1940er-Jahren im Lettenwald abgestürzt ist. Opa hat uns davon schon einmal erzählt.«

»Stimmt. Komm, lass uns ein paar Streifen einsammeln«, meint Sophie. Da das alte Eisengeländer halb um- gefallen ist, verlassen die Kinder die Schotterstraße und klettern über den Zaun. Wenige Schritte dahinter fällt das Gelände steil ab. Überall liegt feuchtes Laub und die Schwestern müssen aufpassen, dass sie nicht auf nassen Ästchen ausrutschen und in die Tiefe stürzen.

Ganz vertieft in ihre Tätigkeit bemerken die Mädchen erst spät, dass sich ein schwarzes Auto nähert. Selten verirrt sich ein Wagen auf die alte, einspurige, von Schlaglöchern übersäte Schotterstraße. Meistens fahren nur die Waldbesitzer hier entlang.

Langsam manövriert der schwarze Kombi im Schritttempo und Zickzackkurs an den Mädchen vorüber. Die Stoßdämpfer des Pkw haben ordentlich zu arbeiten. Reflexartig ducken sich die Schwestern etwas nieder und legen sich der Länge nach auf den weichen Waldboden. Sophie ist für ihr Alter schon recht groß, ihre Füße baumeln über dem Abgrund. Um besseren Halt zu haben, klammert sie sich mit aller Kraft mit beiden Händen an das alte Eisengeländer. Dabei verdrängt sie die unzähligen Waldbodenkrabbler, die sich ganz bestimmt unter und neben ihr tummeln. Sie hasst diese Viecher!

Keinen Mucks geben die zwei von sich und beobachten das folgende Geschehen. Plötzlich bleibt der Wagen stehen und nach wenigen Sekunden fliegt die Fahrertür ruckartig auf. Ein komplett dunkel gekleideter Mann

steigt aus und geht schnurstracks zum Kofferraum. Gebannt starren Sophie und Anna hinüber zum Wagen. Maximal zwanzig Meter trennen sie von dem Unbekannten. Unheimlich ist ihnen zumute. Der schlaksige Kerl trägt tief ins Gesicht gezogen eine schwarze Kappe, die sein Antlitz unkenntlich macht. Anna kann dennoch wahrnehmen, dass der Mann einen Ohrring in Ankerform sein Eigen nennt. Außerdem trägt er eine auffällige Tätowierung am Kopf, ein Gecko schlängelt sich den Hals hinauf. Angewidert starrt die Kleine zum Fremden hinüber, Schuppenkriechtiere sind nicht gerade ihre Lieblingskuscheltierchen.

Nacheinander lädt der etwa einen Meter neunzig große Mann riesige schwarze Müllsäcke aus und stellt sie gleich neben die Straße auf den Waldboden. Zu neugierig schiebt Anna ihren Kopf über das Befestigungsgeländer, sie möchte das Autokennzeichen erkennen. Sanft zieht Sophie ihre kleine Schwester wieder hinunter, sie will nicht erkannt werden. Viel zu verdächtig ist ihr der Mann.

Jedes Kind weiß, dass man keine Müllsäcke im Wald abladen darf. Nicht auszudenken, was dieser Umweltverschmutzer mit ihnen tun würde, wenn er sie entdeckt. Angstschauer laufen Sophie über den Rücken, und vor lauter Schauen vergisst das Mädchen zu blinzeln. Kalten Schweiß treibt es ihr aus den Poren. Das bange Warten kommt der Großen wie eine Ewigkeit vor. Auch Annas Puls schnellt immer mehr in die Höhe, zig Fragen jagen ihr durch den Kopf:

»Was ist in den Säcken? Sieht so ein Verbrecher aus? Beseitigt er gar Leichenteile im Wald?« Beide Mädchen lesen in der Freizeit am liebsten Krimis und deshalb kommen ihnen die wildesten Fantasien in den Sinn.

Gespannt blicken sie hinüber zum Wagen. Nun lädt der Mann vorsichtig den letzten Müllsack aus dem Auto. Unter sichtlicher Anstrengung hebt er den größten Sack aus dem Kofferraum und postiert ihn gleich neben dem Auto bei den anderen drei Säcken.

Dann geht es schnell. Er geht vor zur Fahrertür, steigt ein und fährt im Schritttempo wieder über die unzähligen Schlaglöcher davon. Als das Motorengeräusch nicht mehr zu hören ist, krabbeln die Schwestern, erleichtert, nicht entdeckt worden zu sein, aus ihrem Versteck.

»Puh, wir haben Glück gehabt!«, seufzt Sophie. Sie betrachtet ihre Hände, ihre vorderen Fingerglieder sind ganz weiß vom festen Anklammern.

»Iiih!«, stößt sie plötzlich aus und hüpft wie ein wild gewordener Pavian auf dem Waldboden herum. Dabei fährt sie sich immer wieder hastig unter das T-Shirt. Gewiss waren ihr ein paar Krabbler etwas zu nahe gekommen, die muss sie nun schleunigst wieder loswerden.

»Bist du fertig? Stell dir vor, ich habe einen Teil des Autokennzeichens erkennen können. Auf jeden Fall ist da 133 XY gestanden. Leider habe ich die vorderen Buchstaben nicht erkennen können«, gibt Anna von sich.

»Dann fehlen uns bloß die Buchstaben für den Bezirk, SE oder SR zum Beispiel. Wir müssen uns eine Eselsbrücke ausdenken, damit wir uns die Ziffern und Buchstaben merken«, meint Sophie und denkt sogleich nach.

Doch ihre kleine Schwester kommt ihr zuvor. »133 ist einfach zu merken, das ist die Nummer der Polizei. Für XY fällt mir auch gleich etwas ein. Warte kurz … ist das vielleicht unheimlich. Natürlich merken wir uns die Buchstaben! Sophie, du kennst doch die Fernsehsendung

›Aktenzeichen XY‹, die wir uns von Papa aus nie ansehen dürfen. Hier werden reale Kriminalfälle nachgespielt und die Bevölkerung wird um Mithilfe gebeten. Wirklich sehr merkwürdig alles! Dieses Kennzeichen vergessen wir bestimmt nicht mehr.«

Plötzlich hören die Mädchen in der Ferne das Geräusch einer Motorsäge. »Opa und Oma! Sie arbeiten unten am Steyrufer!«, ruft Sophie freudig. Sie möchte nur weg von hier. Sogleich greift sie nach Annas Jacke und will ihre Schwester mit sich fortziehen.

»Warte kurz. Ich möchte nachsehen, was in den Säcken ist«, sagt die Kleine forsch. »Lass das, komm weiter! Das ist viel zu gefährlich«, meint Sophie ängstlich.

Widerwillig gibt Anna klein bei und folgt der Älteren nach. Natürlich möchte sie später an den Ort des Geschehens zurückkehren und die schwarzen Säcke ungestört genauer unter die Lupe nehmen. Vielleicht kommt Max mit, der ist mutiger als ihre Schwester.

Nach circa fünf Minuten Fußmarsch können sie Omi auf einer kleinen Waldlichtung erkennen. Sie ist damit beschäftigt, Äste auf einen Haufen zu stapeln. Seit ihrer Knieoperation im letzten Sommer merkt man Großmutter an, dass sie bei starker Belastung Probleme mit ihrem linken Fuß hat. Mühevoll zieht sie die Äste hinter sich her, ihr Gesicht wirkt nicht gerade fröhlich dabei. Leider ist sie auch schon etwas schwerhörig. Obwohl ihr die Enkelinnen schreiend entgegenlaufen, bemerkt sie diese erst im letzten Moment. Sofort blickt sie erfreut auf.

»Was macht ihr denn hier, Sophie und Anna?«, fragt sie verwundert. Schnell erklären ihr die Mädels den Grund ihres Waldbesuchs.

»Wo ist denn Opa?«, will Anna wissen. Sie hört nun keine Motorsäge mehr, sondern ein dumpfes Klopfgeräusch. Großvater entastet den eben gefällten Baum mit einer Axt. Da fällt Anna sofort die Geschichte mit ihrer Mama ein. Sie kichert vor sich hin.

»Was gibt es da zu lachen, wenn sich euer Opa so plagen muss?«, wird sie von der Großmutter getadelt. »Ach, nichts, Oma, ich habe nur daran denken müssen, wie ungeschickt sich unsere Mama bei der Holzarbeit als Jugendliche angestellt hat. Sie hat sich doch beim Entasten im Aschacher Wald, der nun unseren Eltern gehört, einmal mit der Hacke selbst auf den Kopf geschlagen.«

Jetzt muss auch die Oma grinsen und meint:

»Gut, dass damals nicht mehr passiert ist. Eure Mutter kann dafür andere Dinge sehr gut. Wisst ihr, Kinder, euer Opa hat eine dürre Esche auf der Böschung hinunter zur Steyr gefällt. Wir haben ein richtiges Eschensterben in Österreich, es ist ein Jammer. Ein Baum nach dem anderen stirbt ab. Wartet hier bei mir, Opa wird gleich heraufkommen. Dann machen wir eine kurze Pause und er erklärt euch, wie ihr uns helfen könnt.«

Fleißig packen die Schwestern bei der Waldarbeit mit an. Unzählige Male stapfen sie die steile Böschung hinauf, unter den beiden Armen haben Anna und Sophie jedes Mal Äste eingeklemmt, die sie hinter sich herziehen. Mühlselig gestaltet sich die Holzarbeit, da sich die zu ziehenden Äste immer wieder an Bäumen und Stauden verhängen.

Stetig wächst der Holzhaufen auf der Ebene an. Opa möchte die gesammelten Äste später zu Hackschnitzel verarbeiten lassen. Immerhin verschlingen die Tischlerei von Onkel Franz und Opas Wohnhaus daneben 120 Kubikmeter Heizmaterial jedes Jahr.

Gegen Mittag kehren die Mädchen ziemlich geschafft mit ihren Großeltern aus dem Wald zurück. Natürlich haben sie ihnen das Erlebnis mit dem unbekannten Umweltverschmutzer verschwiegen. Opa würde sich sonst tagelang furchtbar über den Mann aufregen und Oma würde den Mädchen zum x-ten Mal die Geschichte mit den abgerupften Schneerosen erzählen. Jedes Frühjahr bleiben Leute mit ihren Autos in der Au entlang der Bundesstraße stehen und reißen büschelweise Schneerosen und Veilchen in Opas Wald ab. Anscheinend verkaufen diese Menschen die unter Naturschutz stehenden Blumen auf den Märkten in Steyr und Linz. Unzählige Male hat Großvater die Unholde schon zur Rede gestellt, doch vergeblich, jedes Jahr wiederholt sich in der Au dasselbe Szenario und strapaziert die Nerven der Großeltern.

Pünktlich um zwölf Uhr holt die Mutter Anna und Sophie beim Haus der Großeltern im Sierninger Ortsteil Pichlern ab. Müde und hungrig von der Waldarbeit freuen sie sich aufs Mittagessen. Ihr lieber Großvater steckt den Mädchen vor der Abfahrt noch etwas Geld als Dank zu.

Gleich nach dem Essen nimmt Anna Kontakt mit Max auf. In einer kurzen Whatsapp-Nachricht teilt sie ihm mit, dass sie ihn beim Waggon am alten Bahnhof treffen möchte. Ihre Schwester verabredet sich am Nachmittag mit Paulina, sie wollen gemeinsam Mathe lernen.

Die Kleine kann nicht wissen, dass Max in den vergangenen Wochen ziemlich viel Zeit mit den Jungs der Falken verbrachte. Lukas, Sebastian und Tobias haben sich heute nach dem Mittagessen mit Max zum Fußballspielen beim Löberbauern getroffen. Auf der Wiese hinter dem Falkenhorst steht ein Fußballtor. Früher gehörte Max zu den Falken und hing täglich mit den Burschen ab und spielte den Mädels böse Streiche. Erst nach seinem Rauswurf aus der Bubenclique vor rund einem Jahr wechselte er zur S-Bande.

Leider reagiert Max auf die Mitteilung nicht. Der Junge steht im Tor und wehrt Weitschüsse vom Anführer Luk ab. In einer Trinkpause sieht der klein gewachsene Max dann doch einmal auf sein Handy. Mittlerweile sind drei Mitteilungen von Anna eingegangen. In der letzten steht knapp:

»15 Uhr Treffpunkt Geheimquartier. Codename: Umweltsheriffs! Anna.«

Max blickt auf seine Uhr, es ist bereits Viertel vor drei.

»Jungs, habt ihr Lust, mit zum Waggon zu fahren? Anscheinend werden wir als Umweltsheriffs gebraucht. Anna hat mir eine geheimnisvolle Mitteilung geschickt.«

Max denkt sich nichts dabei, die Burschen aus der Gegenbande mit zum Treffpunkt zu nehmen. Schließlich haben sie sich in den letzten Wochen seit der gemeinsamen Ergreifung des Feuerteufels von Aschach an der Steyr super verstanden. Zwei Stunden aufs Tor zu schießen war auch allen genug, und so nehmen sie allesamt gern die Einladung an.

»Aber der grobe Hans gehört uns! Den werden sich die Falken vornehmen!«, schreit Luk beim Aufsteigen auf sein Fahrrad.

Im Zuge der Brandermittlungen nach den vielen Bränden in Aschach ist der kräftig gewachsene Hans, der in der Nähe der Wehranlage wie ein Schwein haust, lange ihr Hauptverdächtiger gewesen. Sein Grundstück ist übersät von Unrat, und der Anführer der Falken nimmt jetzt an, dass Anna es auf ihn abgesehen hat. Lukas hat der Kleinen von Hans berichtet. Schließlich liegt der Waggon der S-Bande nur ein paar Minuten vom zugemüllten Haus des Einzelgängers entfernt.

»Anna hat bestimmt etwas anderes vor«, gibt Max zurück. Mit hoher Trittfrequenz entfernen sich die Jungs vom Anwesen des Löberbauern. Bald werden sie das Areal des alten Bahnhofs der Steyrtalbahn erreichen.

Der Schneestangenverschlag

Seit ungefähr einer halben Stunde sitzt Anna bereits im Waggon und wartet auf das Erscheinen von Max. Nach einem erneuten, ungeduldigen Blick auf die Uhr ertönt endlich das Mitteilungssignal.

»Komme gleich«, steht auf Annas Handydisplay.

»Wird aber auch Zeit«, seufzt sie und hüpft vom Bretterboden hoch. Die Zehnjährige schiebt die Holzschiebewand auf und klettert aus dem alten Güterwaggon. Auf dem Bahnhofsareal ist niemand zu sehen. Von Ende September bis Anfang Dezember fährt die Museumsbahn nicht regelmäßig, die Bahngesellschaft führt notwendige Wartungsarbeiten durch, damit die alte Bahn fit für die beliebten Adventwochenenden ist. Hunderte Gäste nutzen in der Vorweihnachtszeit das Angebot und machen sich mit der schnaufenden, geschichtsträchtigen Steyrtalbahn auf den romantischen Weg von der Eisenstadt Steyr bis zum Lokschuppen in Grünburg.

Fünf Minuten später sieht Anna in der Ferne vier Buben den Bahnberg hinunterrasen. Sebastian erreicht als Erster den Waggon und grüßt Anna freundlich:

»Servus, Anna. Ich hoffe, es stört dich nicht, dass wir mitgekommen sind. Uns ist furchtbar langweilig gewesen.«

»Hallo, Jungs. Super, dass ihr endlich da seid, ich muss euch Unglaubliches erzählen und zeigen«, begrüßt das

Mädchen die Buben. Nacheinander lehnen sie ihre Drahtesel an den Waggon der Schnackerlbahn und klettern danach ins Innere zu einer kurzen Besprechung. Drinnen lässt sich Anna auf einem Fleckerlteppich nieder und rückt sich einen Kuschelpolster als Lehne zurecht. Gleich neben ihr lassen sich die Buben in einem Halbkreis nieder und warten im Schneidersitz gespannt auf ihre Erzählungen.

»Hört zu, es wartet eine neue Aufgabe auf die S-Bande und die Falken. Die Jagd nach dem Feuerteufel ist bereits Wochen her und wir brauchen etwas Neues. Paulina und Sophie vergraben sich nur mehr hinter ihren Schulbüchern. Max sehe ich auch kaum noch. So kann es nicht mehr weitergehen! Wo bleibt die Aktion am Sonnenhang? Papa hat heute beim Mittagessen erzählt, dass die Gemeinde Aschach den Oktober als Monat der Müllsammlung erklärt hat. Was haltet ihr davon, wenn wir uns als Umweltsheriffs daran beteiligen?« Fragend blickt das Kind in die Runde.

»Umweltsheriffs? Klingt nicht gerade nach Aktion, Anna«, meint Luk etwas enttäuscht.

Ein neuer Kriminalfall so wie das letzte Mal hätte ihm Spaß gemacht, aber Müll sammeln für die Gemeinde klingt mehr als öde. Zu Hause im Kuhstall kann sich Lukas auch die Finger schmutzig machen, da muss er nicht durch die Gegend ziehen und den Dreck anderer Leute unentgeltlich auflesen. Der Bub möchte keine Zeit mehr am Samstag vergeuden und bedeutet seinen Freunden aufzustehen.

»Wartet doch, ich bin noch nicht fertig. Jetzt wird es gleich spannend«, verspricht das Mädchen und fährt schnell fort, »Sophie und ich waren heute in der Pichlerner Au. Stellt euch vor, wir haben einen Verbrecher beobachtet. Er war völlig schwarz gekleidet und hat vier vollgestopfte Müllsäcke eilig in der Au zurückgelassen. Wie ein typischer Schwerverbrecher hat er ausgesehen, inklusive auffälligem Ohrring und ausgefallenem Tattoo am Hals. Ich habe mir auch sein Autokennzeichen gemerkt. Zu gern würde ich wissen, was sich in den mysteriösen Müllsäcken befindet.«

Nun hat das Mädchen die Neugier der anderen geweckt. Schließlich klingt das schon eher nach spannender Verbrecherjagd.

»Müllsäcke, sagtest du?«, fragt Max nach.

»Ja, sie waren alle prall gefüllt und ziemlich rund. Nicht so, als würde sich Hausmüll darin befinden. Vielleicht wollte er Leichenteile loswerden. Ich habe sogar gesehen, wie aus einem Sack rotbraune, zähe Flüssigkeit getropft ist«, streut Anna ein.

Diese Beobachtung hat sie heute am Vormittag ihrer Schwester Sophie vorenthalten, diese war so schon total fertig mit den Nerven gewesen.

»Dann müsste er aber mindestens zwei Leute auf dem Gewissen haben, denn vier Säcke sind für einen Leichnam zu viele. Außerdem müsste er die Körper zerstückelt haben«, überlegt Lukas laut. Der Gedanke lässt Max innerlich erschaudern. Angewidert schüttelt er sich.

»Wisst ihr was, wir fahren einfach zu der Stelle hin. Es sind nur ein paar hundert Meter bis zur Au. Kommt, folgt mir nach!«, ruft Anna aufgeregt.

Hurtig verlassen die vier den Waggon. Max, der als Letzter das Quartier der S-Bande verlässt, zieht die Holzschiebewand zu und verschließt den Waggon mit dem wuchtigen Vorhängeschloss der S-Bande.

Ihr Weg führt die Kinder über die Steyrbrücke, die die Orte Sierning und Aschach verbindet. Im Vorbeiradeln zählt Anna die schwimmenden Schwäne im Staubereich des Flusses unterhalb der Brücke. Sie kann sieben ausmachen, dann schweift ihr Blick hinüber zum Kraftwerk. Nach einem kurzen Anstieg biegen die Kinder in den Auweg ein und fahren in Windeseile zur Au hinauf. Im Wald angekommen, müssen sie aufpassen und den tiefen Schlaglöchern ausweichen. Max fährt ein paar Mal bewusst in eine Pfütze, um die neben und hinter ihm fahrenden Jungs anzuspritzen.

»Lass das, du Spinner!«, schreit Tobias, den ein Dreckspritzer quer über die Lippen erwischt hat. Angeekelt reibt er sich das Gesicht mit seinem Ärmel trocken.

»Stoppt, wir sind da!«, ruft Anna von hinten nach vorn,

sie ist die Letzte in der Gruppe. Mit dem Höllentempo der Burschen kann die Jüngste mit ihren dünnen Beinchen nicht mithalten. Lukas schleift zusammen und kommt direkt neben den schwarzen Säcken zu stehen. Sogleich meckert er:

»Das sind ganz normale 240-Liter-Säcke, die haben wir auf unserem Bauernhof zuhauf. Möchte wissen, was du an denen verdächtig findest, Anna. Mal sehen, was sich darin befindet.«

Bevor der Junge dazu kommt, einen Sack genauer anzusehen, hören sie ein Auto langsam näher kommen.

»Los, auf die Räder! Wir tun so, als würden wir durch den Wald fahren!«, gibt der Anführer der Falken eine kurze Instruktion. Sogleich schwingen sich die Kinder auf ihre Fahrräder. Äußerst langsam überholt sie ein alter Golf III. Im Inneren können die Kinder im Vorbeifahren ein junges Pärchen erkennen. »Ich glaube, die wollen bloß ein bisschen in den Wald fahren und knutschen«, meint Tobias ausgelassen. Luk biegt sich vor Lachen auf seinem Rad und wendet.

»Na, das haben wir ihnen versaut«, meint Max trocken. Wenig später stehen sie erneut bei den verdächtigen Kunststoffsäcken.

»Eins, zwei, drei, vier und fünf. Du hast doch gesagt, dass es nur vier sind«, meint Tobias. »Stimmt, es sind auch nur vier gewesen. Er muss noch einmal im Wald gewesen sein. Ich habe mir sogar sein Autokennzeichen gemerkt: 133 XY. Was fällt euch dazu ein?«, gibt Anna zur Antwort. Stille. In den Köpfen der Jungs ist nicht gleich eine Eselsbrücke zur Nummer gespeichert, deshalb fährt Anna fort: »133 ist die Rufnummer der Polizei. Jungs, ich sage euch, wir müssen den Fahrer anzeigen. Den Wald verschmutzen geht gar nicht. Ganz egal, was sich in den Säcken befindet, man darf keinen Müll in der Au abladen. Und jetzt komme ich zu den Buchstaben XY, die sind wirklich leicht zu merken. Ihr kennt doch alle die Sendung ›Aktenzeichen XY‹. Findet ihr diese Parallelen nicht sonderbar? Es muss sich hier einfach um ein Verbrechen handeln.«

»Na ja, Anna. Etwas weit hergeholt sind deine Annahmen schon. Aber zu ›Aktenzeichen XY‹ fällt mir gerade ein Fall ein, er liegt schon länger zurück und hat sich in Deutschland ereignet. Stellt euch vor, ein böser Mann entführt ein zehnjähriges, unschuldiges Mädchen und vergräbt es lebendig in einer Holzkiste in einem abgelegenen Waldstück. Die Kleine heißt Anna, sie hat keine Chance und erleidet einen qualvollen …« Weiter kommt Lukas nicht, denn Anna fährt ihm fuchtig ins Wort: »Hör mit deinen Schauermärchen auf, du willst mich nur sekkieren, damit ich mich in Zukunft im Wald fürchte!«

»Okay, wenn du das Ende der Geschichte nicht hören willst, dann schaue ich jetzt nach, was sich in den Säcken befindet«, meint Luk böse lächelnd. Mit einem Haselnussstecken in der Hand nähert er sich vorsichtig dem größten Sack. Kräftig sticht er in die schwarze Folie und reißt sie etwas auseinander. Sein Freund Sebastian hält neugierig die Nase zu nahe hin und fährt angewidert zurück.

»Uff, das stinkt!«, entfährt es ihm.

»Musst du deine Rotznase überall hineinstecken?«, schimpft Luk und stochert mit dem Stock im Schlitz herum. Beißend fauliger Geruch breitet sich in der Luft aus.

»Es ist ziemlich weich, ich würde sagen, das ist bloß alter Grasschnitt, der faulig geworden ist. Von wegen Blutlache, Anna, sieh nur, es läuft der vergammelte Grassaft aus dem Inneren heraus.«

Erst jetzt getraut sich die Zehnjährige näher an den geöffneten Müllsack heran. Den Anblick einer zerstückelten Leiche wollte sich das Mädchen auf jeden Fall ersparen. Nacheinander reißt Lukas jetzt die fünf Säcke auf und in jedem befindet sich das Gleiche, halb verfaultes Grünzeug.

»Warum schmeißt jemand seinen Grasschnitt samt Kunststofffolie in den Wald?«, will Max wissen.

»Wahrscheinlich ist er ihm faulig geworden. Um eine Straftat handelt es sich hier sicher nicht. Wisst ihr was, wir leeren die stinkende Brühe die Böschung hinunter und entsorgen dann die leeren Plastikfolien beim Feuerwehrdepot in Pichlern. Schließlich ist der Monat der Müllsammlung«, meint Tobias ziemlich vernünftig.

Nach getaner Arbeit klemmen die Buben die leeren Hüllen unter Annas Paketträger. Nur das Mädchen besitzt einen solchen auf seinem Rad.

»Eh klar, ich kann die scheußlich riechenden Fetzen transportieren«, faucht die Kleine, der es so gar nicht passt, dass sie die stinkende, tropfende Fuhr befördern muss.

»Sag, Anna, wo führt eigentlich die alte Straße hin?«, will Lukas wissen, er sieht dabei in die Weite.

»Hundert Meter weiter führt eine Rechtskurve hinauf zur Straße. Du weißt schon, sie endet oben bei der Kreuzung zum Kubawirt. Wenn man weiterfährt, wird die Straße immer schmaler und endet schließlich im Wald. Man gelangt dann nur mehr zu Fuß weiter, der Weg wird noch schmaler und verwachsener. Wenn ihr wollt, zeige ich euch das Ende der alten Straße. Wir befinden uns genau unterhalb der Bundesstraße. Sophie und ich haben heute Opa und Oma dort hinten im Wald bei der Holzarbeit geholfen. Das Grundstück führt sogar hinunter zur Steyr. Los kommt, es wird euch gefallen!«

Anna hält nun nichts mehr hier, sie radelt den Buben voraus. Ein bisschen ist die Kleine schon enttäuscht, dass sich in den vielversprechenden Müllsäcken nur fauliger Grasschnitt befunden hat. Sie zieht eine ziemliche Duftnote hinter sich her.

»Links, rechts! Links, rechts! Hinter Anna stinktʼs recht!«, schreit Lukas nach vorn.

»Haltʼs Maul, du Idiot!«, brüllt Anna zurück und reißt ihre zur Faust geballte linke Hand in die Höhe. »Seht ihr! Hier geht es hinauf zur Straße«, erklärt das Mädchen und deutet mit ihrer Rechten die Kurve an.

Sie radeln tiefer in den Wald hinein. Jahrelang wurde entlang der Straße nichts mehr verändert. Immer mehr verwächst der alte Weg und der Wald erobert sich Meter um Meter von der durch Menschen angelegten Straße zurück. Auf einmal stoppt Anna bei einer riesigen Betonwand. Sie wurde zur Absicherung der Bundesstraße errichtet.

»Stellt euch vor, genau hier haben Sophie und ich einmal eine ganze Kiste mit Lego-Spielzeug gefunden. Das ist bestimmt zwei Jahre her. Wir waren mit Opa spazieren. Er zeigt uns immer, wo der Rehbock an den Bäumen schert«, erzählt Anna den Buben. Interessiert blicken sie die Betonwand hinauf.

»Hier könnten wir uns einmal abseilen. Die Wand ist bestimmt über zwölf Meter hoch«, meint Lukas staunend.

»Aber ohne mich«, entfährt es kopfschüttelnd Sebastian. Der Junge hat immer öfter genug von den waghalsigen Unternehmungen seines Freundes. Fasziniert blickt er die glatte Betonwand empor, nie im Leben würde er sich hier abseilen. Das letzte Mal kletterten sie in der Nähe des Kraftwerks eine Schotterböschung hinauf und das Sicherungsseil war in Lukasʼ Händen gerissen. Tobias fiel fast drei Meter auf den harten Schotterboden. Gott sei Dank ging der Sturz mit ein paar Schrammen an seinen Beinen glimpflich, wenngleich schmerzhaft aus.

»Kommt, ein Stückchen können wir noch fahren, dann müssen wir die Räder stehen lassen und zu Fuß weitergehen«, erklärt Anna.

Nach wenigen Metern ist die Schotterstraße plötzlich zu Ende. Die Kinder lassen ihre Räder zurück und gehen zu Fuß durchs Dickicht. Anna möchte die Jungs unbedingt zur Steyr hinunterführen. Außerordentlich steil ist das Gelände hier.

»Seht ihr dort die Gräben?«, fragt Anna, »laut Opa stammen sie von den Franzosenkriegen um 1810! Anscheinend sieht man heute noch im Wald die alten Schützengräben und die Einschlagkrater von den Kanonenkugeln.«

Nun hat Anna erst recht Luks Aufmerksamkeit geweckt. Der Junge kennt das Franzosenkreuz in der nahen Umgebung, ein Gedenkmarterl, das Richtung Wallern steht. Jedes Kind lernt in der Schule, dass im Gebiet Sierning die Franzosen durchmarschierten und es hier zu Kämpfen kam. Unzählige Soldaten auf beiden Seiten mussten ihr Leben lassen. Zu ihren Ehren wurde von der Gemeinde ein Gedenkkreuz aufgestellt. Jedes Jahr pflanzt Annas Oma ehrenamtlich Blumen am Fuß des Kreuzes.

Beim Thema Krieg ist Luk nicht mehr zu stoppen. Geduckt läuft der Bub zwischen den Bäumen und Sträuchern herum und sieht in jedes Loch hinein. Neugierig verfolgen Tobias, Sebastian und Max sein Treiben.

»Sieht so aus, als hätten sie hier einen Versorgungsgang zur Steyr gegraben. Die brauchten im Krieg bestimmt sauberes Wasser. Ich muss mit Papas Metalldetektor wiederkommen, vielleicht finde ich alte Helme, Jackenknöpfe oder sogar ein Bajonett. Ihr wisst schon, das ist so eine Stichwaffe, die die Franzosen damals vorn auf ihren Gewehrläufen montiert hatten. Wenn sie keinen Schuss mehr gehabt haben, haben sie im Nahkampf damit zugestochen«, meint Lukas ganz aufgedreht.

»Wusstet ihr eigentlich, dass die Franzosen mit den Bajonetten häufig auch ihre Konservendosen öffneten, denn einen Dosenöffner gab es erst um 1870, immerhin sechzig Jahre später.«

»Du mit deinen Scheißkriegsfundstücken, sei doch froh, dass kein Krieg herrscht!«, fährt Tobias seinen Freund genervt an, er teilt dessen Interesse ganz und gar nicht.

So kommt es, dass Sebastian und Tobias vorauslaufen, die alten Schützengräben jucken auch sie kein bisschen. Die beiden eilen Richtung Steyrfluss, der Wald ist hier dicht verwachsen. Teilweise kommen sie nur sehr lang- sam voran. Immer wieder ducken sie sich unter Ästen durch. Das Plätschern des nahen Steyrwassers können sie schon die Böschung herauf hören.

Plötzlich macht Tobias, der vorangeht, eine überraschende Entdeckung. Vor ein paar Jahren ist anscheinend ein Hang Richtung Fluss abgerutscht. Gott sei Dank ist das Erdreich zum Erliegen gekommen und eine circa drei Meter breite Vertiefung ist entstanden. Bäume haben ein weiteres Abrutschen der Erd- und Geröllmassen verhindert.

»Sieh mal, Sebastian!«, ruft auf einmal Tobias, der etwas Gewaltiges entdeckte. Fasziniert begutachten die Buben die Stelle im Wald. Dabei vergessen sie rund um sich die Zeit und hören gar nicht, dass die anderen bereits verzweifelt nach ihnen schreien.

»Das gibt es nicht, die waren doch eben noch da!«, ruft Lukas nervös, dabei fuchtelt er theatralisch mit einem Stecken in der Hand herum.

»Vielleicht haben sie sich verlaufen«, wirft Anna ein. Sie hat die beiden bestimmt seit einer halben Stunde nicht mehr gesehen.

»Umgedreht haben sie wohl kaum, dann wären sie an uns vorbeigekommen. Wisst ihr was, wir gehen noch ein Stückchen tiefer in den Wald hinein in Richtung Flussufer. Wahrscheinlich spielen sie unten am Wasser Steineplatteln«, meint nun Max.

In der Zwischenzeit begutachten Tobias und Sebastian die Fundstätte. Jemand hat hier ganze Arbeit geleistet, vor ihren Augen befindet sich ein Lager mitten im Wald. Unbekannte haben es in die Vertiefung zwischen dem Hangrutsch hineingebaut. Die Ausmaße sind einfach gewaltig, das Lager misst ungefähr drei mal zehn Meter. Bestimmt hat der Erbauer es als illegale Wohnstätte genutzt. Oder gar als Räuberhöhle?

»Wow, sieh einmal, Tobias. Das müssen ein paar Hundert Schneestangen sein. Möchte wissen, wer hier haust«, gibt Sebastian von sich. Vorsichtig nähert sich der Junge dem Lagerplatz.

»Es sieht ziemlich verlassen aus. Trotzdem sollten wir äußerst vorsichtig sein. Wenn uns plötzlich ein Fremder überrascht, sitzen wir in der Falle. Der kennt sich hier bestimmt besser aus als wir. Wo sind eigentlich die anderen?«, überlegt Tobias, die Sache ist ihm nicht geheuer. Er wünscht sich Lukas herbei, schließlich ist er der mutige Draufgänger bei den Falken.

»Tobias, Sebastian, wo steckt ihr, verdammt noch einmal?«, dringt es plötzlich an ihre Ohren. Luks Stimme klingt unfreundlich und angespannt.

»Hier sind wir!«, schreit Sebastian in die Richtung, aus der die Stimme kam. Nach wenigen Augenblicken erreichen Max, Anna und Lukas die Stelle im Wald, an der vor Jahren der Hangrutsch passiert sein musste. Sogleich wettert Lukas los: »Warum läuft ihr Deppen einfach voraus? Wir suchen euch bestimmt schon eine halbe Stunde!«

Weder Tobias noch Sebastian geben ihm eine Antwort darauf, sie deuten mit einer Hand hinunter in die Vertiefung und senken dabei ihre Köpfe. Erst jetzt bemerkt auch ihr Freund den außergewöhnlichen Fund.

»Himmel, Arsch und Zwirn, was ist das?«, fragt Lukas erstaunt. Er hüpft sofort in den Graben hinab und kommt vor dem Lagereingang zu stehen. Das Fluchen hat er von seinem Vater, dem Löberbauern, bereits als Kleinkind gelernt.

»Ich sage euch, das ist bestimmt das Lager eines Obdachlosen oder eines gesuchten Verbrechers. Er hat die Schneestangen sicher oben entlang der Bundesstraße gestohlen. Pah, das sind viele! Es ist ein richtiges Haus mit Dach und Eingangstür, er hat es wie ein Blockhaus gebaut. Wahnsinn! Ich gehe hinein!«

Leicht lässt sich die dünne Holztür öffnen, daran ist kein Schloss befestigt. Sogleich verschwindet Lukas in der finsteren Behausung. Hinter ihm fällt die Tür fast lautlos zu. Da das Lager keine Fenster besitzt und schön langsam die Dämmerung einsetzt, kann der Junge kaum etwas erkennen. »Hat jemand von euch eine Taschenlampe dabei?«, will Luk wissen.

Im Schneestangenverschlag ist es stockdunkel. Der Erbauer hat ihn architektonisch perfekt errichtet und die Vertiefung im Erdrutsch rechts und links als natürliche Wände genutzt. Dicht hat er die Schneestangen gestapelt und mit Schnüren und Lianen aneinandergebunden. Aus drei Schneestangenschichten besteht das Dach der Behausung. Dazwischen liegen zwei Kunststoffplanen. So ist man im Inneren vor Regenwasser halbwegs geschützt.

Da keines der Kinder eine Taschenlampe mit sich führt, zieht Lukas sein Handy aus der Hosentasche. Viel zu schwach leuchtet das Display auf, das Licht reicht gerade einmal dazu aus, dass er eine einfache Schlafstätte in der Hütte erkennen kann. Sogar ein Poster mit einer leicht bekleideten, hübschen Blondine im rosa Bikini hängt an der einfachen Holzwand.

»Sehr gemütlich«, stößt Lukas beim Anblick der jungen Schönheit verschmitzt lächelnd aus und geht rücklings aus dem Verschlag heraus. Dabei hätte er fast die Angel umgerannt, die innen neben der Tür lehnt.

Neugierig erwarten ihn seine Freunde. Sogleich löchern sie ihn mit Fragen. Leider hat Luk nicht viel erkennen können, deshalb schlägt er vor: »Wir treffen uns morgen um ein Uhr hier beim Hangrutsch. Sieh zu, Anna, dass auch Sophie und Paulina mitkommen. Wir müssen einen neuen Pakt eingehen. Juhu, endlich tut sich wieder etwas im Bandenleben!« Darauf klatschen die fünf ab und treten die Heimreise an.

Am Nachmittag ist die Zeit wie im Flug vergangen und schön langsam wird es im Wald immer dunkler, die Uhrzeiger stehen auf Viertel nach sechs Uhr am Abend. In der Au riecht es feucht nach Herbst. Einen kleinen Abstecher zum Feuerwehrdepot in Pichlern müssen die Kinder noch machen. Rasch entsorgt Anna die leeren, stinkenden Kunststoffsäcke in einem Container an der Müllsammelstelle.

Der Umweltpakt

Bereits um zehn nach zwölf Uhr macht sich die S-Bande auf zum Treffpunkt in der Au. Paulina, die sich bei der Jungschar in Aschach engagiert, kommt gerade noch rechtzeitig zum Haus der Schwestern, sie war heute für den Pfarrkaffee im Pfarrzentrum Martinshof eingeteilt. Dort treffen sich die Aschacher Kirchgänger nach der Sonntagsmesse auf ein gemütliches Frühstück, Jung und Alt tauschen sich aus. Vor allem die älteren Bürger, die nicht mehr so weit herumkommen, lieben das nette Beisammensitzen.

»Geschafft, es kann losgehen!«, jubelt Paulina. Natürlich weiß sie nicht, wo die Reise hinführen soll. Anna hat weder sie noch Sophie in die Pläne eingeweiht.

Gut gelaunt lassen die drei Mädchen und Max den Sonnenhang hinter sich und entfernen sich mit ihren Rädern immer weiter vom Aschacher Ortszentrum. Bei jeder Steigung fährt Paulina den anderen Mitgliedern der S- Bande davon, sogar Max lässt sie hinter sich. Sie genießt ihr E-Bike, das auch den anderen schon so manch guten Dienst vor allem bei der Feuerteufeljagd erwiesen hat.

»Sag, Anna, ist es noch weit?«, möchte Sophie wissen. Mit vollem Mittagsbauch radelt es sich schwer. Ziemlich erstaunt ist die große Schwester, als sie merkt, dass sie erneut Kurs auf die Pichlerner Au nehmen.

»Wahrscheinlich will sie den anderen die Müllsäcke zeigen«, grübelt Sophie nach. Umso mehr überrascht ist sie dann, als sie an der besagten Stelle vorbeiradeln und auch von den Säcken nichts mehr zu sehen ist. Stattdessen hat jemand Grasschnitt auf dem Waldboden verteilt.

»Komisch«, murmelt das Mädel halblaut und konzentriert sich wieder darauf, mit den anderen Schritt halten zu können. Meistens ist die Zwölfjährige die Langsamste beim Radfahren.

Schließlich sind die vier am Ende der alten Straße angelangt. Sogleich erkennen sie die Räder der Falken, die verstreut auf dem Waldboden liegen. Zu Fuß folgen alle Max nach, der vorn das Kommando übernommen hat. Pünktlich um ein Uhr treffen sie beim abgerutschten Hang ein.

»Hallo zusammen. Gut, dass ihr endlich da seid!«, werden sie von Lukas ungeduldig empfangen. Der Bub ist derart aufgeregt, dass er ständig hin und her trippelt, er kann nicht ruhig stehen. Sein Tatendrang kennt keine Grenzen, er möchte endlich den gestern entdeckten geheimen Lagerplatz im Wald genauer inspizieren.

Noch bevor jemand offiziell Paulina und Sophie die Sachlage erklärt, hüpfen Max und Luk in die Vertiefung hinunter und öffnen die Brettertür.

Während die Jungs mit Taschenlampen bewaffnet das Innere in Augenschein nehmen, erklärt Anna den zwei Mädels die gestrigen Vorkommnisse in der Au. Nur durch Zufall sind sie auf den Bau aus gestohlenen Schneestangen gestoßen. Nervös und mit der Angst, von jemandem beobachtet zu werden, dreht sich Sophie immer wieder um und blickt zu den Bäumen rings um die Fundstelle. Ihr ist die Sache ganz und gar nicht geheuer. Durch die Bäume fallende Sonnenstrahlen erhellen das Waldgebiet. Die Böschung herauf kann man das Rauschen des Steyrflusses vernehmen.

»Los, ihr könnt alle hereinkommen, das müsst ihr euch selbst ansehen«, hören die Kinder Max rufen. Schleunigst klettern die umstehenden Kinder vorsichtig in die Grube und betreten die dunkle, modrig riechende Hütte. Sie besitzt nur einen länglichen Raum, er ist geschätzte dreißig Quadratmeter groß.

»Sebastian, spreize die Tür mit einem Holzpflock an, damit wir mehr sehen können«, befiehlt Luk seinem Freund. Langsam gewöhnen sich die Kinderaugen an den dunklen Innenraum. Im Lichtkegel der Taschenlampen erkennen sie einen Schlafplatz, der sich etwas erhöht im rechten hinteren Eck der Unterkunft befindet. Gleich

links daneben steht ein einfacher Hocker aus einem abgeschnittenen Baumstumpf. Er könnte als Sessel oder Tisch benutzt werden. Neben dem einfachen Bett hängt das Poster mit der umwerfend aussehenden Blondine im zartrosa Bikini, quer in der unteren Ecke steht auf dem Plakat »Playmate Miss November 2022«.

Gegenüber hat sich jemand eine Art Anrichte zum Kochen gebaut. Ein funktionstüchtiger Gasbrenner samt Kochaufsatz steht auf dem Holzbrett. Luk dreht am kleinen Metallrad, man hört das leise Zischen des ausströmenden Gases. Augenblicklich dreht der Bub es wieder ab, denn mit Gas ist nicht zu spaßen.

Neben dem Gaskocher stapelt sich abgewaschenes Kochgeschirr. An der Wand darüber befinden sich an Holznägeln aufgehängte Häferl und verschiedenes Besteck. Sogar Gläser stehen umgedreht in der einfachen Küchennische.

Noch mehr sind die Kinder von dem kleinen rostigen Bummerlofen in der Mitte des geheimen Waldverschlags fasziniert. Von außen haben sie kein Ofenrohr ausmachen können. Der Erbauer hat es geschickt in der rechten Wand eingebaut. Da an die Außenmauern die Erde wie ein Wall angrenzt, hat der Unbekannte das Eisenrohr in den abgerutschten Hang gegraben. Man sieht es nur, wenn man auf der steilen Böschung unterhalb des Erdrutsches steht und hinaufsieht.

Maximilian durchstöbert die Küchenutensilien und wird fündig. Alte Zeitungen liegen als Schutz auf der Anrichte. Er liest das Datum laut vor:

»20. September 2022. Ich sage euch, das ist der Winterunterschlupf eines ziemlich ordentlichen Obdachlosen. Hier liegen weder Müll noch leere Wein- oder Bierflaschen herum. Ich tippe auf einen einzelnen Mann, eine Frau würde sich wohl kein Playmate-Poster an die Wand hängen. Wahrscheinlich hat er den letzten Winter hier verbracht. Das Datum auf dem Poster und das auf der Zeitung lassen darauf schließen, dass er zwischen September und November eingezogen und nach dem Winter weitergezogen ist. Die Unterkunft sieht derzeit verlassen aus.«

»Du könntest mit deinen Vermutungen aber auch völlig falschliegen, Max«, wendet Anna ein. Sie hat sich eine andere Theorie zusammengereimt und legt los:

»Es könnte sich durchaus um einen Verbrecher auf der Flucht handeln. Für einen Obdachlosen ist es hier viel zu ordentlich. Seht nur, sogar das Bett ist gemacht und das Geschirr ist sauber. Vorm Ofen hat er außerdem noch Holz gestapelt, es sieht so aus, als könnte der Erbauer jederzeit wieder einziehen. Den Campingkocher samt Ersatzkartusche hätte er bestimmt auch mitgenommen, wenn er endgültig das Quartier verlassen hätte. Ich weiß nicht so recht. Sogar volle Zündholzschachteln liegen vor dem Ofen. So ein Modell habe ich übrigens noch nie gesehen, sieht uralt aus. Richtig cooles Teil! Den möchte ich unbedingt einmal anheizen.«

»Anna hat recht, richtig verlassen sieht das Lager nicht aus. Vielleicht ist er auf Beutezug gegangen und kehrt wieder zurück, oder er sitzt derzeit im Gefängnis. Seht einmal, unter dem Bett lagern in Kisten sogar volle Konservendosen«, gibt Lukas zu bedenken. »Es muss lange gedauert haben, das Lager zu bauen. Hunderte Holzstangen entlang der Bundesstraße zu stehlen und sie hier herunterzuschleppen ist kein Honiglecken. Im September kann er nicht eingezogen sein, da stehen noch keine Schneestangen, und so verwildert sehen die nicht aus, dass sie mehrere Jahre alt wären. Da hat sich jemand richtig Mühe gegeben. Aber warum, das ist die Frage«, sagt Lukas nachdenklich.

Beim Gedanken, dass der Erbauer jederzeit zurückkehren könnte, steigt in Sophie ein mulmiges Gefühl in der Magengegend auf, nervös gibt sie von sich: »Wir haben nun alles gesehen. Kommt, lasst uns verschwinden, bevor er zurückkommt. Wer weiß, vielleicht ist er bewaffnet.«

»Du Angsthase, warum sollte er genau jetzt kommen! Ich schieße noch ein paar Fotos mit meinem Handy. Vielleicht haben wir Hinweise übersehen. Die Falken werden in der nächsten Zeit beobachten, ob der mysteriöse Unbekannte sein Winterlager wieder bezieht. Ich bin schon sehr gespannt darauf«, erklärt Luk sein Vorhaben für die nächsten Wochen.

Der Winter lässt nicht mehr lange auf sich warten und die Nächte werden immer kälter. Für einen Menschen ohne Dach über dem Kopf wäre der beheizbare Unterschlupf im Wald eine gute Alternative zur eiskalten Straße. Nachdem sie die Brettertür wieder verschlossen haben, krabbeln die Kinder aus der Vertiefung heraus. Plötzlich vernehmen sie ein fremdartiges Knacksgeräusch. Wie angewurzelt bleiben alle stehen und stieren in die Ferne.

»Kommt jetzt der Unbekannte zurück?«, schießt es Tobias durch den Kopf. Sein Puls rast und sein Atem stockt. Sein Blick schweift hin und her, doch so wie die anderen kann er nichts Verdächtiges im Wald ausnehmen. Urplötzlich hüpft eine Amsel aus dem Dickicht und erschreckt die Kinder.

»Ah!«, stößt Paulina aus und hakt sich Schutz suchend bei ihrer Freundin Sophie unter. Er- leichtert rühren sich die Jungs und Mädels wieder. Nach Hause wollen sie allesamt noch nicht gehen, der Nachmittag ist erst angebrochen.

»So, was wollen wir jetzt unternehmen?«, fragt Anna in die Runde. Die Kleine macht auch gleich selbst einen Vorschlag: »Auch wenn es Luk nicht so in den Kram passt, aber ich würde in den nächsten Wochen gerne Jagd auf Umweltverschmutzer in der Gegend machen. Ihr wisst, unsere Umwelt geht uns alle etwas an.« Und sie

fährt fort: »Ich würde mich mit der S-Bande gern an die Fersen des Müllsackmanns heften. Obwohl in den Säcken nur Grasschnitt war, darf man den nicht einfach in der Natur entsorgen. Opa hat mir gestern noch eine Stelle im Wald gezeigt, wo immer wieder Unrat abgeladen wird. Stellt euch vor, der Besitzer muss dann die Kosten für die Entsorgung übernehmen. Das kann durchaus teuer werden, wenn Fernseher und Kühlgeräte dabei sind. So eine Frechheit!«

Der Kleinen liegt noch etwas auf dem Herzen: »Lukas, du hast mir doch erzählt, dass in der Nähe der Brücke ein gewisser Hans wie ein Messie wohnt. Warum klopft ihr dem nicht einmal auf die Finger. Ich würde so gern Umweltsheriff spielen.« Und an die anderen gerichtet: »Was meint ihr?«

Nacheinander sehen sich die Kinder an. Die Falken versammeln sich etwas abseits der S-Bande und besprechen den Vorschlag in ihrer Clique. Auch die Kinder der S- Bande beraten sich. Schließlich fängt Luk an:

»Okay, Anna. Wir werden zu Umweltsheriffs! Ihr dürft ab jetzt Robin Wood zu mir sagen, ich bin nun der Beschützer des Waldes und der Natur.«

»Ich lache mich gleich kaputt, Robin Wood. Etwas Blöderes ist dir nicht eingefallen? Er nennt sich Robin Wood, Sohn des hochwohlgeborenen Löberbauern von und zu Aschach an der Steyr. Herr über zwei Joch Wald«, spöttelt Anna darauflos und macht eine Anspielung, dass Luks Vater nur ein bescheidener Waldbesitzer ist.

Wild baut sich Lukas vor dem Mädchen auf:

»Halt du doch dein vorlautes Maul! Deine Eltern haben gar nur ein Joch und bilden sich darauf auch noch etwas ein! Typisch Häuselleute! Genug jetzt! Lasst uns einen Umweltpakt schließen. Schwört, die Umweltsünder aus der Gemeinde an den öffentlichen Pranger zu stellen. Wir wollen sie nicht nur überführen, wir wollen sie vorführen. Die Dorfbevölkerung soll ihre Gesichter und Namen kennen. In Zukunft wird es sich jeder zweimal überlegen, ob er den Boden unter seinen Füßen verschmutzt.«

Lukas fordert die Bandenmitglieder auf, ihm nachzusprechen:

»Wir schwören beim Leben des heiligen Franz von Assisi, dem Schutzpatron der Tiere, der Natur und der Umwelt, dass wir, die Falken und die S-Bande, jeden dingfest machen, der sich nicht an die Umweltgesetze hält.«

Eifrig sprechen alle den Schwur laut nach, dabei stehen sie in einem Kreis beisammen und halten die Hände übereinander: »Wir schwören beim Leben des heiligen Franz von Assisi, dem Schutzpatron der Tiere, der Natur und der Umwelt, dass wir, die Falken und die S-Bande, jeden dingfest machen, der sich nicht an die Umweltgesetze hält.«

»Los, die Jagd auf die Umweltsünder kann beginnen! Tobias und Sebastian, wir treffen uns dann zur Bespre-

chung im Falkenhorst. Wer die meisten Täter überführen kann, hat gewonnen! Einen Wetteinsatz brauchen wir keinen, es geht um die Ehre«, heizt Luk den Wettkampf zwischen den zwei Banden wieder einmal an. Max steigt gleich darauf ein und meint:

»Wir treffen uns beim Waggon. Eine Menge Arbeit wartet auf uns.«

Voller Tatendrang verlassen die Kinder die Au und fahren zu den vereinbarten Treffpunkten.

Zuerst erreichen die vier der S-Bande ihren Waggon auf dem alten Bahnhofsgelände der Steyrtalbahn. Wie immer ist es ruhig rund um ihr Quartier und die Kinder können völlig ungestört ihre weitere Vorgehensweise besprechen. Weil die Sonne vom Himmel strahlt, lassen sie die Schiebetür komplett offen. Max und Anna sitzen halb heraußen und lassen jeweils ein Bein aus dem Waggon baumeln. Sophie und Paulina kuscheln sich gemütlich im Inneren zusammen.

»So, erzählt einmal, ihr beiden Schlaumeier. Wie wollen wir vorgehen? Jagd auf Umweltverschmutzer klingt nach viel Arbeit«, gibt Paulina das Wort an Anna und Max. Etwas ratlos sehen sich die beiden an, so richtig hat noch keiner einen Plan.

»Ich schlage vor, dass wir mit dem unheimlichen Typen von gestern Vormittag beginnen. Vielleicht kennt einer das auffällige Autokennzeichen. Möglich wäre auch, dass jemand den Ohrring in Ankerform oder die eidechsenähnliche Tätowierung am Hals schon einmal gesehen hat«, beginnt Anna.

Max fällt ihr sogleich ins Wort und meint: »Bedenkt, der Vorfall ist in Pichlern passiert, gut möglich, dass es sich um einen Sierninger handelt. Natürlich könnte er aber auch aus Aschach, Grünburg, Steinbach oder Waldneukirchen hergefahren sein. Am besten wird sein, wenn wir uns in Geschäften und Wirtshäusern umhören. Friseure sind auch ein guter Tipp, die betrachten den Kopf ihrer Kunden ziemlich genau, die würden sich bestimmt an die auffällige Tätowierung erinnern.«

»Okay, verstanden, so machen wir es. Am besten wird sein, wenn wir uns in Zweierteams aufteilen. Paulina und ich klappern heute noch sämtliche Wirtshäuer und Tankstellen mit Bar in Neuzeug und Aschach ab. Geschäfte haben heute am Sonntag leider keine offen. Ihr fährt nach Sierning ins Ortszentrum, dort könnt ihr auch Passanten fragen«, gibt Sophie von sich.

Vor der Dämmerung bleiben den Kindern bloß drei Stunden Zeit. Da morgen ein ganz normaler Schultag folgt, müssen sie spätestens um halb sieben Uhr daheim sein, ansonsten droht Ärger mit den Müttern.

Bald stellt sich heraus, dass Sophie und Paulina wohl ohne brauchbares Ergebnis nach Hause zurückkehren werden. Keiner der Befragten kennt den Unbekannten aus der Au.

Nicht viel besser ergeht es Max und Anna in Sierning. Nur eine Tankstelle hat mitten im Ort entlang der Neustraße offen, und dort kennt man den besagten Mann auch nicht. Der Tankwart sieht Anna ablehnend an. Sie hat das Gefühl, als ob ihr Gegenüber nicht ganz ehrlich bei seiner Antwort ist.

»Einen Gecko am Hals, schwarze Kappe, Ohrring, schlank, schwarzer Kombi, tut mir leid, den habe ich noch nie gesehen. Bei uns ist er kein Kunde. Warum sucht ihr ihn denn?«, will der etwa Fünfzigjährige argwöhnisch wissen. Dabei sieht er die Kinder mit seinen leuchtenden grauen Augen durchdringend an und geht bedrohlich einen Schritt näher an sie heran. Anna spürt seinen warmen, nach Nikotin stinkenden Atem unangenehm auf ihrer Gesichtshaut. Instinktiv hält die Kleine den Atem an. »Wissen Sie, er hat eine Radkappe in Opas Wald verloren, die wollten wir ihm wiedergeben, sie sieht teuer aus. Auf der Schotterstraße hat sie sich vom Rad gelöst, bei den riesigen Schlaglöchern auch kein Wunder«, lügt Anna wie gedruckt und weicht einen Schritt zurück. Ihre Feinmädchennase hält den Mundgeruch ihres Gegenübers nicht aus. Angewidert starrt sie genau auf die schlechten, gelb verfärbten Zähne des Tankstellenwarts, die eine und die andere schwarze Lücke im Gebiss kann sie obendrein erkennen. Eine bessere Ausrede war ihr in der Kürze nicht eingefallen.

Zufrieden mit der Antwort wendet der Tankwart seinen Blick von den Kindern ab. Soeben fährt neue Kundschaft an der Zapfsäule ein. Schleunigst verlassen Max und Anna die Tankstelle.

»Ich glaube, der war nicht ganz offen zu uns«, stellt Max fest. »Das Gefühl habe ich auch, los, fahren wir nach Hause. Pfui Teufel, der hatte Mundgeruch! Sein nächster Zahnarztbesuch wird bestimmt sauteuer!«, antwortet Anna. Hurtig entfernen sie sich vom Sierninger Ortszentrum.

Kurz vor dem Kreisverkehr hat Max eine blendende Idee. »Anna, fahr zum Parkplatz der Polizei!«, ruft der Junge zu seiner Freundin nach hinten. Irritiert biegt Anna im Kreisverkehr links ab und grübelt: »Was will er bloß bei der Polizei?«

»Vertraue mir, überlasse das Reden mir«, meint Max. Der Bub stellt rasch sein Fahrrad im Fahrradständer ab und öffnet die Tür zum Polizeihauptgebäude. Schweigend folgt ihm die Zehnjährige. Eine Treppe führt ins erste Obergeschoß.

Das Türportal ist verschlossen, rechts daneben befindet sich eine riesige Glasfront. Im Inneren erkennen die Kinder zwei uniformierte Polizisten mittleren Alters, die an ihren Schreibtischen sitzen und konzentriert Berichte tippen. Rechts neben der Tür befindet sich ein runder Klingelknopf. Max drückt selbstsicher. Umgehend blickt einer der Beamten auf, zieht seine linke Augenbraue hoch und kommt zum Fenster geeilt. Über Lautsprecher hören die Kinder ihn:

»Wie kann ich euch helfen?«

Max antwortet: »Wir möchten eine Anzeige aufgeben.« Verdutzt blickt der Polizist Max in die Augen, dann ertönt ein Summton und die beiden Kinder können die Milchglastür öffnen. Verunsichert betritt Anna, nichts ahnend, was nun kommen würde, hinter Max das Präsidium. Freundlich begrüßen die beiden die Amtspersonen. Jetzt gesellt sich auch der zweite Ordnungshüter dazu, sein Bericht kann warten.

»Wen wollt ihr denn anzeigen? Und vor allem wegen welches Vergehens?«, fragt der Ältere geduldig.

»Einen Autorowdy. Es ist doch strafbar, Herr Polizist, wenn man wissentlich zu schnell in eine Pfütze fährt und

bewusst Fußgänger anspritzt und deren Bekleidung verschmutzt? Habe ich recht?«, fragt Max. »Ja, das ist strafbar. Wo ist es denn passiert? Habt ihr euch das Kennzeichen gemerkt? Schmutzig seht ihr aber nicht aus und die letzten zwei Tage hat es keine Niederschläge gegeben«, antwortet der Polizist spitzfindig. Dabei mustert er Anna und Max misstrauisch, seine Blicke schweifen von oben nach unten. Kurze Stille.

»Wissen Sie, es ist gestern meiner Freundin und ihrer Schwester in der Pichlerner Au passiert. Die Schotterstraße ist arg beisammen und in den Schlaglöchern stehen Wasserpfützen. Anna, erzähl doch dem Herrn Inspektor, wie alles passiert ist«, gibt Max das Wort an Anna weiter.

»Ich glaube, der Mann hat uns einfach übersehen. Meine Schwester und ich sind pitschnass geworden, so rücksichtslos ist er an uns vorbeigerast. Wir haben über ein altes Geländer in Sicherheit springen müssen. Das Auto und den Fahrer kann ich Ihnen genau beschreiben: schwarzer Kombi, keine Zierkappen, schwarz gekleidet, Eidechsen-Tattoo am Hals, Ankerohrring, Kennzeichen 133 XY.«

»Na, das nenn ich einmal eine genaue Beschreibung. Du solltest später zur Polizei gehen, Mädel. Ihr habt Glück, Kinder, natürlich kennen wir den Rowdy aus Sierninghofen. Toni ist bei uns aktenkundig. Es gibt nichts, was der Lümmel noch nicht angestellt hätte. Um eine Anzeige zu machen, müsst ihr mit euren Eltern wiederkommen, da ihr noch minderjährig seid. Ich mache mir aber gleich eine kurze Notiz zum Vorfall. Ich bräuchte eure Namen.«

»Wissen Sie, Herr Polizist, wir kommen mit unseren Eltern wieder. Danke für die Auskunft. Komm, Anna, wir müssen heimfahren!«, hat es Max plötzlich eilig. Er will auf keinen Fall seinen Namen am Posten hinterlassen.

Obwohl sie keinen Nachnamen erhalten haben, sind die Kinder zufrieden mit ihrem Ermittlungsergebnis. Eine halbe Stunde später kehren die beiden nach Aschach heim.

Am Abend liegen die Kinder in ihren Betten und schreiben sich Mitteilungen aufs Handy. Sie vereinbaren, dass sie sich morgen nach der Schule gegen halb drei Uhr bei Maxʼ Elternhaus treffen.

Auch die Falken sind am Sonntagnachmittag nicht untätig geblieben. Wild entschlossen, mehr Umweltsünder als die S-Bande aufzuspüren, machen sie sich zuerst nützliche Notizen im Falkenhorst. Lukas geht die Sache gern überlegt an. Ihr erster Kandidat auf der Liste ist der grobe Hans. Mit ihm hat der Junge noch eine Rechnung offen. Bei einer seiner letzten Begegnungen mit dem Kraftlackel musste Luk vor Hans in ein Meer aus Brennnesseln flüchten. Das schmerzliche Erlebnis vergisst der Anführer nimmermehr. Zu gern würde er sich in naher Zukunft bei dem Einzelgänger rächen.

Auch Sebastian und Tobias schreiben wichtige Namen auf die Liste der verdächtigen Umweltsünder. Tobi weiß von seinem Vater, dass jemand erst kürzlich im Fichtenwald gleich unterhalb des Sonnenhangs einen ganzen Müllberg entsorgt hat. Der oder die Täter sind unbekannt. Diese Stelle im Wald wollen sich die Jungs bald genauer ansehen.

Natürlich sind den Buben auch die Jugendlichen ein Dorn im Auge, die an Wochenenden gern am Strand der Steyr Saufgelage feiern und häufig zerbrochene Flaschen, Kunststoffverpackungen und Zigarettenkippen hinterlassen. Oftmals kommen sie von außerhalb des Ortes aus der vier Kilometer entfernten Stadt Steyr oder aus den umliegenden Dörfern, ihnen wollen die Falken den Kampf ansagen.

»Die Jagd nach den Umweltsündern hat begonnen! Robin Wood und seine Mannen begeben sich auf die Jagd!«, ruft Lukas im Falkenhorst. Zustimmend klatschen Tobias und Sebastian mit dem Anführer ab.

Der grobe Hans

Vorsichtig schleichen sich die Falken näher an das kleine, baufällige Haus am Steyrufer heran.

---ENDE DER LESEPROBE---