Die Sonne und das Glück kommen immer wieder - Dr. Ilona Bürgel - E-Book

Die Sonne und das Glück kommen immer wieder E-Book

Dr. Ilona Bürgel

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Beschreibung

"Wer anderen Gutes tun möchte, muss bei sich selbst anfangen." Dr. Ilona Bürgel hat dieses Buch für erwachsene Kinder geschrieben, die für ihre älter werdenden Eltern sorgen. Diesen besonderen Menschen möchte sie das Leben leichter machen und zugleich Halt geben. Ihre eigene Lebenserfahrung trifft dabei auf gelebte Positive Psychologie. Die Diplom-Psychologin und helfende Tochter zeigt, welche Chance für eine Neubegegnung mit den Eltern selbst in einer herausfordernden Unterstützungssituation steckt. Den Mittelpunkt der kurzen, prägnanten Kapitel bildet stets der gute Umgang mit sich selbst unter besonderen Belastungen. Eine positive Beziehung zu sich selbst kann das Verhältnis zu den Eltern befrieden – und nicht selten sogar beide Seiten beglücken! Eine inspirierende, stellenweise vergnügliche Lektüre, die nach einem arbeitsreichen Tag noch echtes Wohlbefinden verspricht.

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Seitenzahl: 109

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Ilona Bürgel

Die Sonne und das Glück kommen immer wieder

Wohltuende Inspirationen für alle, die für Eltern im Alter da sind

Du kannst mir für Fragen, Anregungen und Erfahrungen direkt schreiben: [email protected].

© 2024 Ilona Bürgel • Hauptstraße 9 • 01097 Dresden

Ilona Bürgel: Die Sonne und das Glück kommen immer wieder. Wohltuende Inspirationen für alle, die für Eltern im Alter da sind

Gestaltung: www.michaelzimmermann.com

Illustration Umschlag: pikisuperstar/Freepik

Icons: rawpixel.com/Freepik

Druck und Distribution im Auftrag der Autorin: tredition GmbH, Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg

ISBN Paperback: 978-3-384-17920-3

E-Book: Bookwire GmbH, Voltastraße 1, 60486 Frankfurt am Main

ISBN E-Book: 978-3-9823239-3-0

Im Sinne der einfachen Lesbarkeit verwende ich im Text nur die männlichen/Plural Begriffe der Substantive.

www.ilonabuergel.de

Inhalt

Wer die Stühle wechselt, sollte gut sitzen

Raschelndes Hustenbonbonpapier und andere Aufregungen

Einfaches und Überraschendes, das Helfenden gut tut

Hilfe, die To-do-Liste für meine Eltern wird immer länger!

Die Sonne und das Glück kommen immer wieder

Probleme beim Namen zu nennen ist die halbe Lösung

Was wir vom Boulespielen für das Leben lernen können

Unterstützung für Senioren: bitter nötig oder bittersüß?

Wann das Nein ein guter Begleiter der Hilfe ist

Besser fühlen statt besser wissen in Belastungszeiten

Erinnerungen sind oft so zweifelhaft wie die neueste Diät

Schachmatt oder Manchmal ist der beste Helfer ratlos

Herrlich, wie der Zucker langsam durch den Milchschaum rieselt

Auf einmal schreibt mein Vati: „Wir haben dich mehr als lieb“

Bonus: Grundsätze, denen ich gefolgt bin

Bonus: Praktische Dinge, die mir geholfen haben

1

Wer die Stühle wechselt, sollte gut sitzen

Nie zuvor war ich meinen Eltern so nah.

Nie zuvor in meinem Leben habe ich so viel gelernt wie in der Zeit der Pflege meiner Eltern – über mich.

So viele Bücher sagen Eltern, was sie für ihre kleinen oder pubertierenden Kinder tun oder lassen könnten.

Niemand bereitet uns auf ein neues Verhältnis zu unseren alternden Eltern vor.

Wahrscheinlich wollen wir darüber nichts lesen, weil wir alle daran nicht denken wollen. Weder wir 50-, 60- oder 70-jährigen „Kinder“, noch unsere 70-, 80- oder 90-jährigen Eltern. Niemand möchte alt werden oder sein. Beide Seiten versuchen, so lange wie möglich so zu leben wie früher. Es ist für uns und noch mehr für sie unfassbar, dass und wie sich Menschen nicht nur körperlich, sondern auch geistig verändern.

Diese Lebensphase ist für beide Seiten höchst verunsichernd. Alte Spielregeln funktionieren nicht mehr. Mit Krankheit und Tod wollen wir nicht konfrontiert sein und sind es nun. Unsere Eltern waren souverän, klug, tüchtig und hatten die Welt im Griff. Nun ändert sich das. Was dürfen wir, was sollen wir, was wollen wir?

Am Beginn dieses Weges galt es, eine Entscheidung zu treffen. Wage ich es, mich für sie zu öffnen, für eine ganz neue Qualität des Miteinanders? Die Folge wäre, persönlicher, wahrhaftiger, nahbarer zu sein, mich von Herzen einzulassen auf alles Leichte und Schwere. Ich habe es gewagt. Wohl vor allem deshalb, weil immer wieder kleine und große Krisen in meinem Leben mich darauf hinwiesen: „da fehlt noch etwas für ein erfülltes Leben“. Nie hätte ich geglaubt, wie ich diese Erfüllung finden würde.

Nichts von allem, worüber ich berichten möchte, lief von allein. Alle Beteiligten hatten viel einzubringen. Gleich an dieser Stelle möchte ich sagen, dass es überhaupt keine einzige Idee oder Erkenntnis gibt, die für jede Familie gilt. Das Spektrum unserer Eltern reicht von kompletter Ablehnung von Hilfe bis hin zur kompletten Vereinnahmung von Helfern. Das Spektrum auf der Seite der erwachsenen Kinder reicht von selbstverständlicher Aufopferung bis zum Desinteresse. Weder das eine noch das andere ist falsch oder richtig. Es ist, wie es ist. Beide Seiten haben Jahrzehnte so gelebt, dass das Ergebnis jetzt so ist – mit allem was uns gefällt und auch nicht. Beide Seiten – also auch wir.

Ich möchte dazu ermutigen, sich und die Eltern auf den nun gewechselten Stühlen neu zu entdecken. Der Zauber könnte darin liegen, die Perspektive zu wechseln: weg von dem, was mal war, hin zu dem, was jetzt ist und vielleicht nur jetzt noch einmal möglich sein könnte.

Mir gelang und gelingt dies nur, wenn ich immer wieder die wichtigste Erkenntnis dieses Weges umsetze:

Wer anderen Gutes tun möchte, muss bei sich selbst anfangen.

Hier kommt gleich noch eine weitere Erinnerung an Deine und Eure Einzigartigkeit. Vielleicht denkst Du beim Lesen manchmal, wie gut ich es in einer Situation hatte oder wie angenehm sich meine Eltern verhalten haben. Und vielleicht kommt dann der Gedanke, dass es Dir nicht so gut geht oder Deine Eltern besonders unangenehm sind. Du darfst ganz sicher sein, dass ich das auch über einzelne für Dich normale gute Dinge aus Deinem Leben denken würde und an Deinen Eltern etwas Gutes wahrnehmen würde. Was ich sagen möchte ist: Vergleichen macht unglücklich, weil wir dazu tendieren, das Funktionierende, Angenehme, Passende in unserem Leben zu übersehen.

So vieles, was uns vielleicht einmal getrennt hat, verliert an Bedeutung. Alte Auseinandersetzungen können aufgegeben werden, weil sie sowieso nichts mehr ändern. Unsere Eltern haben in vielen Dingen keine Wahl mehr. Sie können sich nicht einfach dafür entscheiden, besser zu laufen, zu sehen, zu hören, keine Schmerzen mehr zu haben. Sie können ganz vieles einfach nicht mehr ändern. Wir jedoch haben eine Wahl. Wir können uns entscheiden, es ihnen leichter zu machen.

Wir sind diejenigen, die mental und emotional flexibler sind als unsere Eltern. Wir können leichter als sie alte Wunden heilen, vergeben, großzügig sein. Wir tun dies als erstes für uns. Nicht um den Eltern einen Gefallen zu tun, sondern uns. Wir nehmen das Erfreuliche und Unerfreuliche zwischen uns und unseren Eltern mit – für immer.

Diese Situation gibt uns eine Chance, die niemals wieder kommt: unsere Eltern und uns ganz neu kennenzulernen. Verletzlich, anders, als wir und sie vielleicht sein wollen, auf neue Weise schön. Wenn die alten Antreiber unseres Kulturkreises, wie „mehr, schneller, effizienter“, nicht mehr funktionieren, entsteht stattdessen Raum für wohltuende Alternativen wie Qualitätszeit.

Das schenkt uns die Gelegenheit, aus einer neuen Position zu entdecken, wer wir sind und woher wir kommen, zu schätzen, dass wir eine Familie sind. Wir haben nie wieder so eine Chance, genauer hinzusehen, was wir an unseren Eltern mögen oder nicht, was wir von ihnen gelernt und übernommen haben. Vor allem bei dem, was uns stört, ärgert, hilflos macht, haben wir die größten Chancen für Selbsterkenntnis. Denn wir sind ein Teil von dieser Familie.

Ich sage nicht, dass diese neue Begegnung leicht wäre. Wir können die besten Absichten haben und werden trotzdem nie alles bestens hinbekommen. Das Mitgefühl, was wir für andere haben, dürfen wir uns gerade jetzt auch selbst gönnen.

Mir ist erst seit kurzem richtig klargeworden, was Pflege in den Familien für ein großes gesellschaftliches Thema ist, das wir gern ausklammern. Älter zu werden und nicht mehr über Körper und Geist bestimmen zu können, ist für die meisten von uns ein gesellschaftliches Antiideal. Und doch liegt in diesem Anderssein der Älteren für uns Jüngere die Option, spätestens jetzt zu hinterfragen, ob wir selbst auf der richtigen Spur unterwegs sind, ob wir so leben, dass es uns und anderen künftig dienen wird. Was zählt für ein gelingendes Leben? Was tut uns wirklich gut? Welche Illusionen haben wir über uns?

Ich habe zum Beispiel immer so schnell wie möglich so viel wie möglich gleichzeig erledigen wollen, war gern bei großen Feiern und Kongressen. Dabei tun mir Langsamkeit, Bedacht, Ruhe und kleine Kreise viel wohler. Auch, dass weniger oft mehr ist, weil man es mehr schätzt, erlebe ich jetzt.

Ich betreue meine Eltern seit einem Jahr. Rückwirkend bin ich dem Leben, meiner Familie und ihnen so sehr dankbar. Dankbar dafür, dass wir alle gesunde Gene haben, dass sie bis Anfang 80 allein ein gutes und relativ gesundes Leben geführt haben. Das hat mir ein buntes berufliches und privates Leben ermöglicht.

Jetzt helfe ich ihnen. Inzwischen habe ich so viele Menschen kennengelernt, die in einer ähnlichen Situation leben. Auch von ihnen sind Gedanken und Reflektionen in dieses Buch geflossen. Wir alle dürfen sehr stolz sein. Stolz darauf, dass wir uns um unserer Eltern kümmern wollen, dass unsere Eltern das zulassen. Dass wir ein familiäres Umfeld stärken, was es nicht für immer geben wird.

Schon lange war mir klar, dass die gemeinsame Zeit mit meinen Eltern begrenzt ist. Deshalb habe ich seit einigen Jahren wöchentliche Treffen mit ihnen mit Priorität realisiert. Nun hat sich die Situation durchaus überraschend geändert. Überraschend ist ein wenig naiv, wenn man davon ausgeht, dass Menschen über 80 nicht überraschend älter und schwächer werden. Doch meine Augen haben meine Eltern noch als 80-Jährige lange als 70-Jährige gesehen. Sie sich selbst übrigens auch, so wie ich mich selbst auch immer jünger fühle und sehe, als ich es bin.

Natürlich habe ich wahrgenommen, dass sie schlechter laufen oder Situationen anders bewerten. Doch in den Stunden, die wir gemeinsam verbrachten, waren alle bemüht, dass alles so war wie immer, so, als ob die Zeit kurz zurückgedreht werden könnte. Leckeres Essen stand auf dem Tisch, und ich wollte den immer größeren Aufwand für Einkauf, Zubereitung, Abwasch, Dekoration und Gestaltung eines gemeinsamen Abends nicht hinterfragen. So, wie Kinder sich für ihre Eltern von ihrer besten Seite zeigen, um ihnen keine Sorgen zu machen, um Nachfragen zu entgehen oder auch um Freude zu bereiten, tun dies Eltern ganz genauso. Vor allem dann, wenn es nicht mehr so läuft wie früher. Wie unangenehm die Einschränkungen des Älterwerdens sind, kann man wohl erst verstehen, wenn man es selbst erlebt. So wenig wie meine Eltern diese Veränderungen wahrhaben wollten, wollte ich es.

Von einer kurzen Reise zurückkommend traf ich meine Eltern plötzlich beide krank an. Aus dem Nichtwahrhabenwollen wurde ganz schnell Überforderung, Unfälle folgten. Von einem Tag auf den anderen, und deshalb eben doch überraschend, brauchten meine Eltern Hilfe.

Nun leben wir in einem Land voller Netzwerke: Krankenkasse, Pflegekasse, Vereine, Nachbarschaftshilfe. Doch diese Hilfestellungen muss man kennen, sie müssen genutzt und gewollt werden. Meinen Eltern fiel es – so wie allen alten Eltern, von denen ich weiß – sehr schwer, sich darauf einzulassen. Ich wiederum hatte mich der Frage zu stellen, wann muss ich eingreifen und was genau möchte ich für meine Eltern leisten. Die Generation unserer Eltern war es – genau wie wir – gewohnt, sich alles selbst zu erarbeiten, alles alleine hinzubekommen. Sie hätten mich nie um Hilfe gebeten, jedenfalls nicht im großen Maßstab. Sie hätten auch deshalb nicht darum gebeten, weil mit der Bitte um Hilfe die Sorge um die Aufgabe der Selbstbestimmung einhergeht.

Was genau kann ich tun und was nicht, und vor allem warum? Ich brauchte einige Zeit, um mir neben schnellen Lösungen über diese Fragen klarzuwerden, die unser Leben für die nächsten Jahre bestimmen würden. Mein Weg war, sehr ehrlich zu mir selbst und dann zu meinen Eltern zu sein. Zum Beispiel ehrlich zu sagen, dass ich von meiner Kraft her nicht in der Lage bin, körperliche Pflegeleistungen zu erbringen. Ebenso habe ich keine Kraft für einen zusätzlichen Haushalt. Eine Wundpflege traute ich mir nicht zu.

Mir wurde klar, dass ich meinen Eltern meine größten Stärken schenken möchte: Mein Gefühl für den richtigen Zeitpunkt, das Planen, das Organisieren und das Vernetzen von Menschen und Leistungen. Papiere und Verwaltungsangelegenheiten liegen mir sehr. Meine Freundlichkeit und meinen Optimismus gebe ich gern noch dazu. Ich habe genau geklärt, was ich für sie tun kann und will und was nicht. Dabei hat mir sehr geholfen, dass ich nicht nur über diese Fragen nachgedacht, sondern gefühlt habe, was sich gut anfühlt und was nicht. Unser Körpergefühl weiß es meistens besser als unser Kopf, was wirklich zu uns passt, insbesondere, wie viel Kraft wir zur Verfügung haben. Wir wissen vorher nicht, wie lange die Zeit der Hilfe dauern wird. Deshalb müssen wir unsere Kraft einteilen.

Für jeden von uns Kindern ist die Frage des „Warum“ am allerwichtigsten. Ja, wir Menschen sind soziale Wesen und zu helfen ist eine der besten menschlichen Eigenschaften. Ja, unsere Gesellschaft baut vor allem im Pflegebereich darauf, dass dem so ist. Und ja, es gibt rechtliche Pflichten zwischen Familienangehörigen. Trotzdem ergibt sich daraus keine emotionale Pflicht, zumindest keine langfristige. Auch nicht aus der Beziehung zwischen Eltern und Kindern.

Kinder haben sich nicht ausgesucht, dass sie Kinder werden. Als Kinder konnten wir nicht mitbestimmen, wie viel, gut, liebevoll, fördernd oder auch nicht sich unsere Eltern um uns kümmern. Wollten die Väter lieber einen Jungen als ein Mädchen? Haben die Mütter ihr ganzes Leben der Familie untergeordnet? Darauf hatten wir als Kinder keinen Einfluss. Deshalb wäre es sehr einseitig, aus den Gaben der Eltern an uns Kinder eine emotionale Wiedergabepflicht abzuleiten.

Natürlich habe auch ich ein Bedürfnis, meinen Eltern etwas von ihrer lebenslangen Unterstützung zurückzugeben. Doch ich habe sehr darauf geachtet, ob ich mir eine Pflichtenlast auflade oder stets im Zustand der Freiwilligkeit bleibe.