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Mitte der Siebzigerjahre erschüttert ein Buch die amerikanische Öffentlichkeit: Der Sex-Ratgeber ›Pleasuring. Die Reise eines Paares zur Erfüllung‹ ist in aller Munde. Ungünstig nur, dass die Autoren, das Ehepaar Mellow, vier minderjährige Kinder haben. Die müssen sich nun damit auseinandersetzen, dass Vater und Mutter in aller Öffentlichkeit ihr tabuloses Liebesleben beschreiben. Und das Schlimmste: Das Buch zeigt sie in sehr detailreichen Zeichnungen – in jeder nur denkbaren Stellung. Während die Ehe der Eltern den Bach runtergeht, versuchen die Kinder, irgendwie mit diesem Gipfel der Peinlichkeit klar¬zukommen. Denn ›Pleasuring‹ wird zu einem Buch, das jeder, wirklich jeder kennt und das die Mellow-Geschwister ihr Leben lang begleiten wird … ›Die Stellung‹ ist ein tragikomisches Familienporträt, das davon erzählt, wie vier Geschwister, denen wenig Illusionen über Liebe und Sex geblieben sind, sich in der Welt behaupten. Gleichzeitig führt uns Meg Wolitzer gnadenlos vor Augen, dass wir einer Sache nicht entfliehen können: Wir sind die Kinder unserer Eltern.
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Seitenzahl: 597
Veröffentlichungsjahr: 2015
Mitte der Siebzigerjahre erschüttert ein Buch die amerikanische Öffentlichkeit: Der Sex-Ratgeber ›Pleasuring. Die Reise eines Paares zur Erfüllung‹ ist in aller Munde. Ungünstig nur, dass die Autoren, das Ehepaar Mellow, vier minderjährige Kinder haben. Die müssen sich nun damit auseinandersetzen, dass Vater und Mutter in aller Öffentlichkeit ihr tabuloses Liebesleben beschreiben. Und das Schlimmste: Das Buch zeigt sie in sehr detailreichen Zeichnungen – in jeder nur denkbaren Stellung. Während die Ehe der Eltern den Bach runtergeht, versuchen die Kinder, irgendwie mit diesem Gipfel der Peinlichkeit klarzukommen. Denn ›Pleasuring‹ wird zu einem Buch, das jeder, wirklich jeder kennt und das die Mellow-Geschwister ihr Leben lang begleiten wird … ›Die Stellung‹ ist ein tragikomisches Familienporträt, das davon erzählt, wie vier Geschwister, denen wenig Illusionen über Liebe und Sex geblieben sind, sich in der Welt behaupten. Gleichzeitig führt uns Meg Wolitzer gnadenlos vor Augen, dass wir einer Sache nicht entfliehen können: Wir sind die Kinder unserer Eltern.
© Nina Subin
Meg Wolitzer, geboren 1959, veröffentlichte 1982 den ersten von bisher elf Romanen, darunter mehrere New York Times-Bestseller. Bislang wurden drei ihrer Romane verfilmt. Sie ist verheiratet, hat zwei Söhne und lebt in New York City. Mit ›Die Interessanten‹ (DuMont 2014) stand sie auf der Spiegel-Bestsellerliste. Zuletzt erschien ›Die Ehefrau‹ (DuMont 2016).
Meg Wolitzer
DIE STELLUNG
Roman
Aus dem Englischen vonWerner Löcher-Lawrence
Für Richard
Eins
Das Buch stand im Fernsehzimmer, oben im Bücherregal, ganz so, als wäre es das einzige Exemplar der Welt und als würde den Kindern, wenn sie es da nicht fanden, auf ewig unbewusst bleiben, dass ihre Eltern sexuelle Wesen waren. Als würden sie sich dann auch niemals vorstellen können, wie sich deren heiße Haut aufeinanderpresste, wie ihre Stimmen sich überlappten, wie das Messing des Kopfendes ruckte, den Putz aufkratzte und über die Jahre zwei Kreuzblumen in die Wand des Zimmers grub, in dem die Eltern schliefen. Oder eben nicht schliefen.
Das Buch stand in einem Durcheinander weitgehend ignorierter Titel: Unten am Fluss, Wie man mit wenig Fleisch gut isst und die Natur schont, Selbst eine Veranda bauen, Ja, das schaffe ich: Die Geschichte des Sammy Davis jr., Das große Buch der Golden Retriever und so weiter und so fort. Wie ganz zufällig dort gelandet, stand es da, dieses eine Exemplar des Buches, das die Eltern ins Haus gebracht hatten. All die anderen, einschließlich der ausländischen Ausgaben, wollten sie nicht da haben. Hätten sie diese im Haus versteckt, vielleicht in zugeklebten Kartons unten im Keller, hätten »Küchenutensilien« und »div. Kleinkram« daraufgeschrieben, wäre das eine Botschaft an die Kinder gewesen: Sex ist schmutzig. Oder wenn nicht wirklich schmutzig, dann doch zumindest etwas, das nur unter der Decke stattzufinden hat, in völliger Dunkelheit, zwischen zwei im Gleichklang fühlenden, liebenden, lustvollen, verheirateten Erwachsenen.
Das dachten die Eltern natürlich nicht. Sie liebten Sex in fast jeder Hinsicht, und das so sehr, dass sie den Nerv und die Vermessenheit besessen hatten, ein Buch darüber zu schreiben. Wenn sie sich allerdings vorstellten, dass ihre vier Kinder das Buch lesen könnten, kamen sie ins Grübeln, was die möglichen längerfristigen Auswirkungen betraf. Würde das Ganze an ihnen und ihren robusten heranwachsenden Körpern einfach abprallen, oder würden sie es zusammen mit Bruchrechnung, Dosenspaghetti und Schlittschuhunterricht in sich aufnehmen, mit all dem, was nicht von Dauer war und folgenlos blieb– oder eben doch eine nicht vorhersehbare Form und Bedeutung in ihnen annehmen?
Die Bedenken der Eltern traten hinter deren Zuversicht zurück. Warum das Buch also nicht oben ins Regal im Fernsehzimmer stellen, hoch, aber doch erreichbar, wenn die Kinder es sehen wollten? Niemand würde deswegen tot umfallen, und das Leben würde weitergehen, wie es das schon immer tat und getan hatte.
Michael Mellow war dreizehn, das zweitälteste Kind der Mellows und derjenige, der das Buch fand, spätnachmittags, an einem Freitag im November 1975. Er war Augenblicke, nachdem sein Vater das Buch an seinen Platz im Regal gestellt hatte und zurück nach oben gegangen war, ins Fernsehzimmer gekommen. Michael suchte seinen Mini-Tacker, um die vielen Seiten seines Aufsatzes über die Ei-Osmose zusammenzuheften. Warum sein kleiner Tacker ausgerechnet im Fernsehzimmer gelandet sein sollte, hätte er nicht sagen können. In diesem Haus schwebten die Dinge einfach so von einem Zimmer ins andere: Ein Tacker, der für gewöhnlich in der Schreibtischschublade eines Jungen lag, konnte mit einem Mal unter dem Kaffeetisch im Fernsehzimmer auftauchen, und eine Packung Triscuits, leer oder voll, fand sich unerklärlicherweise auf der Kommode im Bad. Die Dinge zogen, wanderten herum, tauschten die Plätze und waren offenbar so rastlos wie ihre Besitzer.
Michael kam ins Zimmer und spürte, dass sich etwas verändert hatte. Es war, als verfügte er über eines dieser verrückten fotografischen Gedächtnisse und wüsste, dass etwas in diesem Raum war, das nicht hier sein sollte und bisher auch nicht hier gewesen war. Etwas rief nach ihm und es war nicht der nirgends auffindbare Tacker, der da nach ihm verlangte, sondern das Buch. Michael ließ den Blick weiter und weiter in die Höhe steigen, das Regal hinauf, über die vertrauten Buchrücken, die Teil seines Zuhauses, seiner Familie waren, genau wie der UNICEF-Wandkalender im Besenschrank und die Küchenschublade voller Batterien, die in ihr herumrollten, wenn du sie aufzogst.
Ebenso typisch für das mellowsche Familienleben war ein Lied, das sie oft in den Ferien sangen. Jahr für Jahr waren sie Schnellstraßen entlanggebraust, nach Colonial Williamsburg mit seinen Kerzenlöschern und Webstuhlhockern oder in die Roaring Fire Lodge, ein verschlafenes, verstaubtes Domizil in den Poconos– alle und alles in den Volvo-Kombi gepackt, und zwischendurch sangen sie.
»Oh, wir sind die Mellows, ein paar Girls und ein paar Fellows…«, und dann ging es mit den Namen anderer Familien aus ihrer Nachbarschaft weiter: »Nein, wir heißen nicht King, das wär nicht unser Ding«, und: , oder: Ratloses Schweigen senkte sich über das Auto, während alle fieberhaft nachdachten, wie sie da jetzt wieder herauskamen.
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