Die Sten-Chroniken 1 - Allan Cole - E-Book

Die Sten-Chroniken 1 E-Book

Allan Cole

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Beschreibung

Das Schicksal des Universums liegt in der Hand eines einzelnen Mannes

Der Planet Vulcan: Hier im stählernen Höllenherz der Company arbeiten die Migs, machtlos, ausgebeutet, betrogen. Einer von ihnen ist Sten, der nach dem mysteriösen Tod seiner Eltern nur noch zwei Gedanken kennt: Flucht – und Rache. Die Sicherheitsdienste der Company sind ihm bereits hart auf den Fersen, als Sten von einem Schattenagenten für eine hochriskante Mission angeheuert und vom Planeten geschmuggelt wird. Doch Sten kehrt zurück – nicht ahnend, dass er bereits im Fadenkreuz gedungener Mörder steht …

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Seitenzahl: 393

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Buch

Vulcan ist ein jahrhundertealter Fabrikplanet, hässlich wie die Sünde und gefühllos wie der Tod. Auf Vulcan leben nur zwei Arten von Menschen – die duckmäuserischen und die harten. Sten ist hart.

Als seine ganze Familie bei einem mysteriösen Unfall ausgelöscht wird, lehnt Sten sich auf. Aus den endlosen Metalllabyrinthen des Planeten heraus führt er immer wieder neue Nadelstiche gegen die übermächtige Company, der Vulcan gehört. Sten ist kurz davor, in seinem Rachefeldzug umzukommen, als er einem mysteriösen Fremden das Leben rettet. Und damit wenden sich die Kräfteverhältnisse in seinem Kampf gegen die Company beträchtlich …

Autoren

Allan Cole und Chris Bunch sind die Schöpfer des weltweit erfolgreichen Science-Fiction-Zyklus Die Sten-Chroniken, einer Science-Fiction-Serie der Superlative; ihr Vietnam-Roman »A Reckoning For Kings« wurde für den Pulitzerpreis nominiert.

Die weiteren Bände der Sten-Chroniken sind in Vorbereitung.

Allan ColeChris Bunch

Die Sten-Chroniken

Stern der Rebellen

Aus dem Amerikanischen von Gerald Jung

Die englische Originalausgabe erschien 1982 unter dem Titel »Sten« bei Del Rey Books, New York.

1. Auflage

Vollständige Taschenbuchausgabe Juni 2013

Copyright © der Originalausgabe 1982 by Allan Cole und Christopher Bunch

Published in agreement with the authors and Baror International, Inc., Bedford Hills, New York, U.S.A.

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 1996 by Wilhelm Goldmann Verlag in der Verlagsgruppe Random House GmbH, München

Umschlaggestaltung: Melanie Miklitza, Inkcraft, München

Illustration: © Melanie Miklitza, Inkcraft, München

Redaktion: Werner Bauer

UH · Herstellung: sam

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

ISBN: 978-3-641-09749-3www.blanvalet.de

Kapitel 1

Der Tod fegte die Pinte ohne jede Vorwarnung hinweg.

Der Anzug stank fürchterlich. Drinnen steckte ein Tech und blickte durch die zerkratzte Sichtscheibe auf das Leitungsrohr, das sich um die Außenwand der Freizeitkuppel wand. Dann stieß er eine Reihe von Flüchen aus, die jeden abgebrühten Weltraumtrapper in Verlegenheit gebracht hätten.

Er sehnte sich mehr denn je nach einem großen kalten Narkobier, um die dumpfen Trommelschläge des Katers vom vergangenen Abend in seinem Kopf zum Schweigen zu bringen. Wonach ihm absolut nicht der Sinn stand, war außerhalb von Vulcan im All zu hängen und auf eine fingerdicke Metallleitung zu starren, die sich nicht mehr anschließen lassen wollte.

Er klemmte seine Waldos an den Flansch, stellte das Drehmoment nach Fingerspitzengefühl ein und gab eine weitere Sammlung ausgesuchter Obszönitäten von sich, wobei er diesmal seinen Vorgesetzten mit einbezog, sowie alle stinkenden Migs, die sich dort drin amüsierten, einen Meter und eine ganze Welt von ihm entfernt.

Erledigt. Er zog die Waldos wieder ab und aktivierte die winzige Antriebseinheit des Anzugs. Nicht nur, dass sein Vorgesetzter ein ausgemachter Schwachkopf und ehemaliger Joyboy war, nein, wegen dieses blöden Auftrags kam er auch noch zu spät für die ersten sechs Runden. Der Tech stellte sein völlig genulltes Gehirn auf Schongang und ließ sich per Rückstoßdüsen zur Schleuse treiben.

Natürlich hatte er nicht ganz das korrekte Drehmoment erwischt. Das wäre nicht so schlimm gewesen, wäre durch diese Leitung nicht ausgerechnet Fluor gepumpt worden, und das unter Hochdruck.

Das überdrehte Kupplungsstück riss, und nach und nach fraß sich das reine Fluor nach außen durch. Mehrere Schichten lang sprühte ein dünner Faden harmlos ins All hinaus, doch als sich der Riss verbreiterte, klatschte der Strahl direkt gegen die Außenhülle der Pinte, fraß sich durch die Isolierung und allmählich bis zur Innenverkleidung durch.

Zuerst war das Loch kaum größer als ein Stecknadelkopf. Der daraus resultierende Druckabfall im Innern der Kuppel war nicht einmal so dramatisch, dass die Überwachungsanlage in der Kontrollkapsel hoch über der Pinte angesprungen wäre.

Die Pinte sah aus wie irgendein x-beliebiger Rotlichtbezirk auf irgendeinem der eine Million Pionierplaneten; firmeneigene Joygirls und Joyboys drängten sich durch die Massen der Migs, stets auf der Suche nach einem dieser ungelernten Migrationsarbeiter, der noch ein paar Credits auf seiner Karte guthatte.

Lange Reihen von Spielecomputern versuchten die vorübergehenden Arbeiter mit verführerischen Aufforderungen zum Spiel zu verlocken und ließen ein leises Maschinengurren verlauten, wenn sie wieder ein einfältiges Opfer gefunden hatten.

Die Pinte war eines der firmeneigenen Erholungszentren, ganz auf die »grundlegenden Bedürfnisse« der Migs zugeschnitten. »Glücklich ist der Mig, der kräftig feiert«, hatte ein Psychologe der Company einmal gesagt. Was er nicht erwähnt hatte – und auch nicht eigens erwähnen musste –, war die Tatsache, dass ein feiernder Mig auch jede Menge Credits ausgab und dabei seine Karte in den meisten Fällen überzog. Jedes Minus auf der Karte aber bedeutete zusätzliche Stunden bis zur Erfüllung des Arbeitsvertrags.

Aus diesem Grunde war die Stimmung in der Pinte trotz der Musik und des lauten Lachens eher gereizt und gedrückt.

Vor dem Eingang zur Pinte lungerten zwei muskelbepackte Männer von der Soziopatrouille herum. Der ältere der beiden Wachmänner nickte drei lärmenden Migs zu, die von einer Schluckbude zur nächsten torkelten, und wandte sich dann an seinen Partner: »Wenn du jedes Mal zusammenzuckst, wenn dich einer von denen anstarrt, Kumpel, dann wird es nicht lang dauern, bis einer dieser Migs ausprobiert, was du wirklich draufhast.«

Der Neue legte die Hand auf seinen Betäubungsknüppel: »Das würde ich ihnen nur zu gerne mal zeigen.«

Der Ältere seufzte und blickte den Korridor hinunter. »Oh je. Ärger.«

Sein Partner wäre vor Aufregung fast aus seiner Uniform gehüpft. »Wo? Wo?«

Sein Blick folgte dem Finger des Älteren. Ein Stück weiter hinten verließ Amos Sten gerade das Gleitband und kam auf die Pinte zu. Der Neuling musste beim Anblick dieses untersetzten Mannes mittleren Alters unwillkürlich lachen, bis er die Muskelstränge bemerkte, die sich über Amos’ Nacken und an seinen Armen wölbten – und die Fäuste, die wie zwei Vorschlaghämmer aussahen.

Sein älterer Partner lehnte sich jedoch gleich wieder mit einem Seufzer der Erleichterung zurück an den Eisenträger.

»Alles in Ordnung, Kleiner. Er hat seine Familie dabei.«

Eine müde aussehende Frau und zwei Kinder sprangen vom Gleitband und trotteten hinter Amos her.

»Was zum Teufel …«, sagte der junge Mann. »Dieser Zwerg kommt mir nicht gerade wie ein besonders harter Brocken vor.«

»Du kennst Amos nicht. Andernfalls hättest du dir gleich die Hosen vollgemacht – vor allem, wenn Amos gerade der Sinn nach einer lustigen kleinen Schlägerei gestanden hätte.«

Jeder der vier Migs hielt ein kleines, weißes Rechteck gegen ein Lesegerät, und Vulcans Zentralrechner speicherte sofort ab, dass MIGSTEN, AMOS; MIGSTEN, FREED; MIG-ANGEHÖRIGERSTEN, AHD; MIG-ANGEHÖRIGESTEN, JOHS die Pinte betraten.

Als Familie Sten an den beiden Wachmännern vorüberging, lächelte der ältere und nickte Amos knapp zu. Sein Partner bemühte sich weiterhin um einen finsteren Gesichtsausdruck. Amos ignorierte beide und dirigierte seine Familie auf die Eingangsschleuse zu.

»Dieser Mig prügelt sich also gerne, hm? So was nennt man nicht gerade firmentreues Sozialverhalten.«

»Söhnchen, wenn wir jedem Mig, der in der Pinte Rabatz macht, eins über die Rübe ziehen würden, hätten wir bald Mangel an Arbeitskräften.«

»Vielleicht sollten wir ihn etwas zurechtstutzen.«

»Meinst du wirklich, dass du der richtige Mann für diese Aufgabe bist?«

Der junge Wachmann nickte: »Warum nicht? Ich schnapp’ ihn mir hinter einer Narkobude und verpass ihm ein ordentliches Ding.«

Der Ältere lächelte und strich sich unwillkürlich über die lange, leuchtende Narbe am rechten Arm. »Das haben schon ganz andere versucht; bessere als du. Aber vielleicht täusche ich mich, und du bist derjenige, der es schafft. Eins darfst du allerdings nie vergessen: Amos ist nicht irgendein blöder Mig.«

»Was ist denn so Besonderes an ihm?«

»Dort, wo er herkommt, fressen sie kleine Jungs wie dich zum Frühstück.« Der Wachmann hatte plötzlich genug von seinem neuen Partner und der ganzen Unterhaltung.

Verärgert starrte der junge Mann wieder mit finsterem Blick vor sich hin. Dann fiel ihm ein, dass ihm sein Kollege trotz seines Bierbauchs noch immer zwanzig Kilo und fünfzehn Jahre voraus hatte. Er drehte sich um und richtete seinen missmutigen Blick auf eine ältere Frau, die angeheitert aus der Pinte herausgewankt kam. Sie schaute ihn an, grinste zahnlos und spuckte genau zwischen den Beinen des Probanden auf den Fußboden.

»Verfluchte Migs!«

Amos schob seine Karte durch den Scanner am Eingang des Theaters, und der Computer erweiterte seinen Arbeitsvertrag automatisch um eine Stunde. Die vier betraten das Foyer, und Amos blickte sich um.

»Ich sehe den Jungen nicht.«

»Karl hat gesagt, er muss in der Schule nachsitzen«, erinnerte ihn Freed, seine Frau.

Amos zuckte die Achseln.

»Viel verpasst er sowieso nicht. Ein Kumpel aus meiner Schicht war kürzlich hier; hat erzählt, die erste Vorstellung ist irgendein Mist über einen Manag, der sich in ein Joygirl verliebt und sie dann ganz zu sich nimmt, mit hinauf ins Auge.«

Aus dem Theater plärrte Musik nach draußen.

»Komm schon, Paps, wir gehen rein.«

Amos folgte seiner Familie in den Saal.

Stens Finger flogen über die Computertastatur. Schließlich drückte er die Taste für JOB INPUT. Der Bildschirm flackerte auf und wurde dann leer und grau. Sten zuckte zusammen. Wie sollte er es auf diese Weise noch rechtzeitig zum Treffpunkt mit seiner Familie schaffen? Das veraltete Computersystem seiner Schule war einfach nicht auf so viele Schüler eingerichtet, wie sich in Stens Unterrichtsschicht eingeschrieben hatten.

Sten blickte sich um. Niemand beobachtete ihn. Er drückte auf BASISFUNKTION und dann eine rasche Tastenkombination. Er hatte herausgefunden, wie man sich in eine Hauptdatenbank des Zentralcomputers einklinken konnte. Natürlich entsprach das nicht ganz den Gepflogenheiten der Schule, doch wie jeder andere Siebzehnjährige überließ Sten die Sorgen von morgen getrost der Zukunft.

Nachdem die Verbindung hergestellt war, schob er seine Aufgabenkarte ein und stöhnte auf, als sein Auftrag auf dem Schirm erschien. Es war eine Cybrolathe-Übung zur Fertigung von L-Trägern.

Es würde ewig dauern, bis die Schweißnaht fertig war, und er konnte sich jetzt schon ausrechnen, dass durch die hier verlangte Technik, die sogar nach Schulstandard bemessen veraltet war, drei Mikrometer von der Verbindungsstelle entfernt eine Bruchnaht entstehen würde.

Plötzlich zog sich ein Grinsen über Stens Gesicht. Da er sich ohnehin schon auf verbotenem Terrain bewegte …

Er malte mit dem Lichtgriffel zwei Stäbe aus Stahllegierung auf den Schirm und änderte die Inputfunktion zu JOBPROGRAMM. Dann schaltete er die Funktion des Stifts auf SCHWEISSEN um. Ein paar rasche Bewegungen, und irgendwo auf Vulcan wurden zwei Metallstäbe miteinander verschweißt.

Vielleicht war es ohnehin nur eine simulierte Übung.

Der Bildschirm wurde gelöscht, und Sten wartete voller Spannung, bis er wieder aufflackerte und die Mitteilung AUFGABEZUFRIEDENSTELLEND GELÖST einblendete. Er war fertig. Noch einmal flitzten Stens Finger über die Tastatur. In Windeseile kappte er sämtliche illegalen Verbindungen, klinkte sich wieder in den Schulcomputer ein, der sich gerade erschöpft ins WARTEPROGRAMM retten wollte, und rief das AUFGABEZUFRIEDENSTELLENDGELÖST aus dem Speicher seines Terminals ab. Dann schaltete er alles aus. Aufspringen und zur Tür hinausstürzen war eins.

»Ehrlich gesagt, meine Herren«, verkündete Baron Thoresen, »mache ich mir eher Sorgen um die Gesundheit unserer Company, als um irgendwelche Verstöße des R&D-Programms gegen irgendwelche eingebildeten ethischen Grundsätze des Imperiums.«

Eigentlich hatte es nur eine Routinesitzung des Aufsichtsrats sein sollen, ein ganz gewöhnliches Treffen des sechsköpfigen Gremiums, das die Schicksale von beinahe einer Milliarde Menschen lenkte. Dann hatte der alte Lester jedoch ganz beiläufig seine Frage losgelassen.

Thoresen hatte sich erhoben und marschierte jetzt plötzlich auf und ab. Die Aufmerksamkeit der Mitglieder wurde ebenso von der stämmigen Gestalt des Direktors wie auch von seiner polternden Stimme und seiner Autorität in Bann gehalten.

»Es tut mir leid, wenn meine Äußerungen unpatriotisch klingen, aber ich bin Geschäftsmann, kein Diplomat. Wie schon mein Großvater vor mir glaube ich an nichts anderes als an die Company.«

Nur einer seiner Zuhörer zeigte sich nicht beeindruckt. Lester. Vertraue niemals einem alten Dieb, dachte der Baron. Der Kerl hat seine Schäfchen bereits im Trockenen und kann sich erlauben, den Ehrenmann rauszuhängen.

»Sehr eindrucksvoll«, sagte Lester. »Doch wir – die Mitglieder des Aufsichtsrats – haben Sie nicht nach einem Treueschwur gefragt. Wir wollten etwas über die weiteren Kosten von Projekt Bravo erfahren. Sie haben sich geweigert, uns Genaueres über Sinn und Zweck Ihrer Experimente mitzuteilen, verlangen aber ein ums andere Mal zusätzliche Finanzmittel. Ich habe mich nur erkundigt, ob es womöglich eine militärische Verwendung gibt, um vielleicht an die eine oder andere Subvention aus den Töpfen der imperialen Programme heranzukommen.«

Der Baron sah Lester nachdenklich, aber unbeeindruckt an. Letztendlich war Thoresen der Mann mit sämtlichen Karten in der Hand. Doch er hütete sich davor, dem mit allen Wassern gewaschenen Nahkämpfer auch nur die kleinste Lücke in seiner Deckung zu gewähren. Er wusste auch, dass er mit Drohungen nicht weit kam. Lester hatte zu viel mitgemacht, um sich noch vor irgendetwas zu fürchten.

»Ich bin für Ihre Anstrengung überaus dankbar, ebenso wie über Ihre Sorge hinsichtlich der notwendigen Ausgaben. Trotzdem ist dieses Projekt für unsere Zukunft viel zu wichtig, als dass ich eine undichte Stelle riskieren könnte.«

»Höre ich da so etwas wie Misstrauen heraus?«

»Nicht Ihnen gegenüber, meine Herren, seien Sie nicht albern. Doch wenn unsere Konkurrenten etwas von den Zielen des Projekts Bravo erfahren, können nicht einmal meine engen Verbindungen zum Imperator sie davon abhalten, uns die Früchte unserer Arbeit wegzunehmen – und uns damit zu ruinieren.«

»Selbst wenn es eine undichte Stelle gäbe«, hakte ein anderes Mitglied nach, »hätten wir immer noch die Option, den Nachschub an AM2 zu drosseln.«

»Jedenfalls wenn Sie Ihre engen, persönlichen Verbindungen zum Imperator spielen lassen«, ergänzte Lester glattzüngig.

Der Baron lächelte gequält.

»Nicht einmal ich würde mich derart auf eine Freundschaft verlassen. AM2 ist die Energiequelle, durch die das Imperium und der Imperator selbst blühen und gedeihen. Sonst niemand.«

Stille. Sogar Lester schwieg. Der Geist des Ewigen Imperators beendete die Unterhaltung. Der Baron warf noch einen Blick in die Runde und fuhr in seinem üblichen gelangweilten Tonfall fort.

»Wenn es keine weiteren Einwände gibt, vermerke ich die zusätzliche Finanzierung als gesichert. Jetzt aber zu einer weniger komplizierten Angelegenheit. Glücklicherweise darf ich Ihnen verkünden, dass die Ausgaben für Instandsetzungsaufgaben auf Vulcans Raumhafenanlagen um fünfzehn Prozent gesunken sind. Das betrifft nicht nur die innerbetrieblichen Liegeplätze, sondern auch die Containerversiegelungsanlagen. Trotzdem bin ich noch nicht zufrieden. Es wäre wesentlich besser, wenn …«

Als die Vorstellung zu Ende war und die Lichter wieder angingen, riss Amos die Augen auf. Soweit er die Handlung verfolgt hatte, waren der Manag und sein Joygirl nach dem Umzug ins Auge auf einen Pionierplaneten geflogen und dort von was auch immer angegriffen worden.

Er gähnte. Amos hielt nicht viel von Live-Vorführungen, doch hin und wieder kam ihm ein ruhiges Schläfchen ganz gelegen.

Ahd stieß ihn an. »Wenn ich mal groß bin, will ich auch Manag werden.«

Amos schüttelte sich und war plötzlich hellwach. »Wieso das denn, mein Junge?«

»Weil sie viele Abenteuer erleben und Geld kriegen und Medaillen und … und … und alle meine Freunde wollen auch Manags werden.«

»Das schlag dir mal gleich wieder aus dem Kopf«, fauchte Freed. »Unsereiner hat mit Manags nichts am Hut.«

Der Junge ließ den Kopf hängen. Amos klopfte ihm auf die Schulter. »Glaub nicht, dass du nicht gut genug dafür bist, Junge. Meine Fresse, jeder Stein ist sechs von diesen Scheiß …«

»Amos!«

»Entschuldigung. Von diesen Leuten, wollte ich sagen.« Dann verbesserte er sich erneut. »Zum Teufel noch mal. Was ist denn so schlimm daran, wenn man Manags Scheißkerle nennt? Schließlich sind das alles Scheißkerle. Wie auch immer, Ahd, diese Manags sind keine Helden. Das sind ganz üble Burschen. Die gehen über Leichen, um ihr Soll zu erfüllen. Und dann prellen sie noch die Hinterbliebenen um die Gratifikation bei Todesfall. Wenn du ein Manag wärst, würdest du mich und deine Mama nicht gerade stolz machen; und dich auch nicht.«

Dann kam sein Töchterchen an die Reihe.

»Ich möchte ein Joygirl werden«, verkündete sie.

Amos sah, wie Freed anderthalb Meter in die Luft sprang, und verbarg sein Grinsen. Damit sollte sie sich gefälligst auseinandersetzen.

Nachdem die Leitung unter dem zunehmenden Druck geplatzt war, wurde sie von dem austretenden Gas direkt in das Loch gepresst, das das Fluor bereits in die Freizeitkuppel gefressen hatte.

Als Erster starb ein alter Mig, der sich wenige Zentimeter von der plötzlichen Öffnung entfernt an die gewölbte Außenwand der Kuppel lehnte. Vielleicht konnte er noch zusehen, wie sich das Fluor durch sein Fleisch und seinen Brustkorb fraß und die roten, pulsierenden Lungen blanklegte, bevor er starb.

In der Kontrollkapsel der Pinte sah eine Gruppe gelangweilter Techs einem abgebrannten Mig dabei zu, wie er versuchte, ein Joygirl zu einer Party mit ermäßigter Gebühr zu überreden. Einer der Techs wollte wetten, doch niemand hielt dagegen. Joygirls gewährten keine Sondertarife.

Als der Druck schließlich unter den kritischen Wert sank, ging der Alarm los. Deshalb geriet niemand gleich in Panik. Zusammenbrüche und Alarme gehörten auf Vulcan zum Alltag und kamen beinahe in jeder Schicht vor.

Der Cheftechniker schlenderte lässig zum Hauptcomputer, tippte auf der Tastatur herum und stellte das Bong-Bong-Bong sowie die zuckenden Alarmlichter ab.

»Mal sehen, was jetzt schon wieder los ist.«

Die Antwort flammte kurz darauf auf den Bildschirm.

»Hmm. Sieht ja ziemlich knifflig aus. Sehen Sie sich das mal an.«

Sein Assistent blickte ihm über die Schulter.

»Da strömt irgendeine Chemikalie in die Kuppel. Ich versuch’s mal ein bisschen einzugrenzen.« Der Tech hämmerte erneut auf der Tastatur herum und hangelte sich ein Stück weiter durch die Datenbanken.

VERLUST VON ATEMLUFT GEMELDET; GIFTIGE SUBSTANZ FESTGESTELLT; POTENZIELLE LEBENSGEFAHR; ALARMSTUFE ROT.

Jetzt endlich zeigte der Cheftechniker eine andere Reaktion als blanke Langeweile.

»Diese Idioten von der Instandsetzung und ihre verfluchten undichten Leitungen! Die glauben wohl, wir hätten nichts Besseres zu tun, als ständig hinter ihnen aufzuwischen! Am liebsten würde ich mich dermaßen über diese hirnlosen Blödmänner beschweren, dass ihnen …«

»Äh, Sir?«

»Stören Sie mich nicht beim Fluchen! Was ist denn?«

»Sollte das nicht schleunigst repariert werden?«

»Doch, doch. Wenn ich nur rauskriegen würde, wo … die meisten dieser verdammten Sensoren sind kaputt, oder jemand hat Bier hineingeschüttet. Wenn ich jedes Mal einen Credit kriegen würde, wenn jemand …«

Seine Stimme wurde immer leiser, während er versuchte, das Leck zu lokalisieren. Die Suche per Computer brachte ihn immer näher heran, Rohr für Rohr, Leitung für Leitung.

»Mist. Um da ranzukommen, müssen wir uns umziehen. Das läuft um diese Laboratoriumskuppel herum – ach du Schreck!«

Das Diagramm, das er gerade durchging, ließ sich nicht weiterbewegen. Rote Buchstaben blinkten auf: JEDEN ZWISCHENFALL IN VERBINDUNG MIT PROJEKT BRAVO DIREKT AN THORESEN WEITERLEITEN.

»Aber warum macht es jetzt …«, wunderte sich sein Assistent, unterbrach sich dann jedoch, als er merkte, dass ihn der Cheftechniker ignorierte.

»Diese blöden Manags. Wegen jedem Dreck wollen sie persönlich um Rat gefragt werden …« Er holte das Verzeichnis auf den Schirm, fand Thoresens Kode, drückte auf die Eingabe-Taste und lehnte sich abwartend im Stuhl zurück.

Als sie den Raum verließen, schüttelte der Baron jedem einzelnen seiner Aufsichtsratsmitglieder die Hand, schlug ein gemeinsames Abendessen vor oder lobte einen besonders guten Vorschlag. Bis Lester an die Reihe kam.

»Ich bin froh, Sie dabeizuhaben, Lester, auch wenn Sie es nicht glauben. Ihre Klugheit übt unbestritten einen wegweisenden Einfluss auf den weiteren Kurs unseres …«

»Ziemlich gutes Ausweichmanöver, Thoresen. Hätte ich auch nicht besser hingekriegt.«

»Aber ich bin Ihnen doch nicht ausgewichen, mein Bester. Ich habe nur …«

»Selbstverständlich haben Sie nur. Heben Sie sich die Schmeicheleien für die anderen Narren auf. Wir beide wissen unsere Positionen besser einzuschätzen.«

»Schmeicheleien?«

»Schon gut.« Lester schob sich an ihm vorbei, drehte sich jedoch noch einmal um. »Ich hoffe, Sie nehmen es nicht persönlich, Thoresen. Genau wie Ihnen liegt mir nur das Wohlergehen unserer Company am Herzen.«

Der Baron nickte. »Ich würde niemals etwas anderes von Ihnen erwarten.«

Thoresen sah dem alten Mann nach, wie er davonhinkte. Alte Halunken werden kindisch, dachte er. Was war denn noch persönlicher als Macht?

Als hinter ihm ein diskretes Summen erklang, drehte er sich zur Quelle des Geräusches um und streckte den Zeigefinger aus. Sechs Regale mit offensichtlich antiken Büchern schoben sich zur Seite und gaben eine Computerkonsole frei.

Mit drei gemächlichen Schritten stand er davor und nahm den eingehenden Ruf entgegen. Auf dem Bildschirm wurde der Cheftechniker sichtbar. »Wir haben ein Problem, Sir, hier in FK 26.«

»Berichten Sie«, sagte der Baron nickend.

Der Cheftechniker tippte auf seiner Tastatur herum, der Bildschirm teilte sich, und die Details des Lecks in der Pinte scrollten über die eine Hälfte. Der Baron verstand sofort. Den Berechnungen des Computers zufolge würde das tödliche Gas die Freizeitkuppel innerhalb der nächsten fünfzehn Minuten ausfüllen.

»Warum bringen Sie das nicht in Ordnung, Techniker?«

»Weil der blöde Computer mir ständig ›Projekt Bravo, Projekt Bravo‹ signalisiert«, knurrte der Cheftechniker. »Sobald ich Ihre Zustimmung habe, ist das Ding in Nullkommanix repariert, das merkt keine … Ich meine, ich würde es sofort reparieren lassen.«

Der Baron dachte einen Augenblick nach.

»Kommen Sie denn wirklich nicht auf einem anderen Weg an das Leck heran – außer durch das Projektlabor? Warum schicken Sie keinen Instandsetzungstechniker im Anzug raus?«

»Bringt nichts. Die Leitung ist so verzogen, dass wir sie sofort abkoppeln müssen. Wir müssen in dieses Labor.«

»Dann kann ich Ihnen auch nicht weiterhelfen.«

Der Cheftechniker erstarrte.

»Aber … dieses Leck wird sich nicht auf FK 26 beschränken. Das verdammte Fluor reagiert mit allem Möglichen und frisst sich dann durch alles bis auf Glaswände.«

»Dann weg mit Sechsundzwanzig.«

»Aber … da sind an die vierzehnhundert Leute …«

»Befolgen Sie Ihre Befehle.«

Der Cheftechniker starrte Thoresen ungläubig an. Dann nickte er und schaltete ab.

Der Baron seufzte. Er durfte nicht vergessen, der Personalabteilung mitzuteilen, den Anwerbungsquotienten für ungelernte Arbeiter hochzusetzen. Dann überdachte er die Geschichte noch einmal, um sicherzugehen, dass er nichts übersehen hatte.

Es gab ein Sicherheitsproblem. Der Cheftechniker – und natürlich auch seine Assistenten. Er könnte die Männer versetzen, oder, was noch einfacher war … Thoresen wischte das Problem zur Seite. Auf dem Bildschirm flammte die Speisekarte für sein Abendessen auf.

Der Cheftechniker pfiff tonlos vor sich hin und trommelte leise mit dem Fingernagel auf den Bildschirm. Sein Assistent stand unschlüssig neben ihm.

»Äh, müssen wir denn nicht …?«

Der Cheftechniker sah ihn an, sagte dann aber lieber doch nichts. Er drehte sich vom Terminal weg und entriegelte mit raschen Handgriffen das grellrote Tastenfeld mit der Aufschrift NOTMASSNAHMEN.

Sten setzte über einen wütenden Tech hinweg und rannte weiter durch den Korridor. Kurz vor dem Eingang zur Pinte, wo er seine Karte aus der Tasche zog, stellte sich ihm der junge Wachmann in den Weg.

»Ich habe das genau beobachtet, Bursche!«

»Was denn?«

»Was du mit dem Tech gemacht hast. Hat man dir keine Manieren beigebracht?«

»Meine Güte, Sir, er ist ausgerutscht. Da muss jemand was auf dem Gleitband verschüttet haben. Das ist von hier aus nicht so gut zu sehen. Besonders für einen älteren Mann.«

Er sah aus, als könnte er kein Wässerchen trüben.

Der Wachmann wollte gerade ausholen, da hielt ihn sein Partner am Handgelenk fest. »Schon gut. Das ist Stens Junge.«

»Trotzdem müssen wir … Ach, geh schon. Mig. Geh rein!«

»Vielen Dank, Sir.«

Sten trat vor die Schleuse und streckte seine Karte dem Lesegerät entgegen.

»Mach nur so weiter, Bursche. Weißt du, was dann passiert?«

Sten wartete.

»Du wirst davonlaufen. Zu den Delinqs. Und dann jagen wir dich. Weißt du, was wir mit denjenigen machen, die wir schnappen? Wir löschen ihre Gehirne.«

Der Wachmann grinste.

»Dann sind sie ganz zahm. Manchmal überlassen sie uns die Mädchen für ein paar Schichten … bevor sie sie auf die Gleitbänder rausstellen.«

Plötzlich kreischte die Hydraulik verborgener Mechanismen auf, und die Schotten zur Kuppel sausten krachend vor die Eingangstür. Sten hechtete zur Seite und ging zu Boden.

Er sah die beiden Wachmänner an, wollte etwas sagen … Dann folgte er ihren Blicken zu den roten Blinklichtern über dem Eingang:

EINGANG VERSCHLOSSEN … NOTFALL …

Langsam erhob er sich. »Meine Eltern«, sagte Sten wie betäubt. »Sie sind da drin!«

Dann trommelte er gegen die soliden Stahltüren, bis ihn der ältere der beiden Wachmänner wegzog.

An sechs Segmenten der Kuppel lösten sich die Hochdruckbolzen. Im Brüllen des Sturms, den die ins All entweichende Luft entfachte, war ihr helles Klicken kaum zu hören.

Der Sog erfasste die Trinkbuden der Pinte und die Leute darin fast wie in Zeitlupe und spie sie durch die Löcher hinaus in die endlose Schwärze.

Dann erstarb das Heulen des Windes ganz plötzlich wieder.

Was an Gebäudeteilen, Einrichtung und anderem Inventar noch übrig war, trieb im kalten Glanz der weit entfernten Sonne im All dahin, zusammen mit den seltsam verdrehten Körpern von 1385 Menschen.

Im Innern der leeren Kuppel, die einmal die Pinte gewesen war, starrte der Cheftechniker aus dem Bullauge der Kontrollkapsel hinaus. Sein Assistent erhob sich von den Bedienungselementen und legte eine Hand auf den Arm des Technikers.

»Ist ja gut. Es waren doch nur Migs.«

Sein Vorgesetzter atmete tief durch.

»Stimmt auch wieder. Nur Migs, nichts weiter.«

Kapitel 2

Vulcan.

Ein riesiger Haufen Schrott inmitten des Sterngeflimmers und der tiefsten Dunkelheit. Sein Zentrum besteht aus einem Konglomerat von Walzen, Fässern, Röhren, Pilzen und Quadern, beliebig ineinandergesteckt wie von einem schwachsinnigen Kind.

Die künstliche Welt von Vulcan, das Megamilliarden schwere Herz der Company. Die ultimative Maschinenhalle, ein Fabrikplanet ohne natürliche Umwelt.

Ununterbrochen lieferten die Erzschiffe der Company Rohstoffe nach Vulcan. Hier wurde alles verarbeitet, raffiniert und gefertigt, sowohl in Teilherstellung als auch in vielen Fällen bis zur Endmontage. Die Frachter der Company belieferten die halbe Galaxis. Für ein Imperium, das auf einem Wirtschaftsunternehmen aufgebaut war, war auch ein derartiger vertikaler Trust akzeptabel.

Vor sechshundert Jahren war Thoresens Großvater vom Ewigen Imperator aufgefordert worden, Vulcan zu errichten. Als Dreingabe gehörte zu dieser Aufforderung eine zusätzliche Tankerladung Antimaterie der C-Klasse, der Energiequelle, die der Menschheit den Zugang zur Galaxis verschafft hatte.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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