Die Türkei auf dem Weg nach Europa - Christoph Pfeiffer - E-Book

Die Türkei auf dem Weg nach Europa E-Book

Christoph Pfeiffer

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Beschreibung

Studienarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Politik - Thema: Europäische Union, Note: 1,0, Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg, Veranstaltung: Politische Systeme, Sprache: Deutsch, Abstract: „Die Türkei gehört nach Europa“1 lautete die eindeutige Forderung des Economist im Dezember 2002. Ein EU-Beitritt der Türkei bedeute „das Ende der Europäischen Union“2 äußerte dagegen der frühere französische Staatspräsident und damalige Vorsitzende des Konvents über die Zukunft Europas Valéry Giscard d’Estaing. Die Meinungen über einen EU-Beitritt der Türkei gehen offensichtlich weit auseinander. Kaum ein anderes Thema wird im Zusammenhang mit der Europäischen Integrationspolitik so kontrovers diskutiert wie die Frage, ob die Türkei in die Europäische Union (EU) aufgenommen werden sollte. Innerhalb der Gruppe der EU-Beitrittskandidaten nimmt die Türkei eine Sonderrolle ein. Kein anderes Land hat sich dermaßen ausdauernd um eine EUMitgliedschaft bemüht. Kein anderes Land ist dabei so oft enttäuscht worden. Ein Wendepunkt der Beziehung zwischen der Türkei und der EU stellt der Gipfel von Helsinki 1999 dar, auf dem der Türkei offiziell der Status eines Beitrittskandidaten verliehen wurde. Durch die Eröffnung einer Beitrittsperspektive machte sich in der Türkei eine EU-Euphorie breit, die sie ihre vormalige Blockadehaltung aufgeben ließ. Unter dem innenpolitisch in Bedrängnis geratenen Präsidenten Ecevit wurden Reformen durchgesetzt, die die Türkei der EU ein gutes Stück näherbrachten. Nach demWahlsieg der islamisch geprägten Partei fürWohlstand und Gerechtigkeit (AKP) im Jahr 2002 wurde der Reformkurs intensiviert, was dazu führte, dass die EU im Jahr 2005 offiziell Beitrittsverhandlungen mit der Türkei aufnahm. Ein Eskalieren des Kurdenkonflikts, anhaltende Probleme bei der praktischen Umsetzung der Reformen sowie eine gewisse „Reformmüdigkeit“ trüben jedoch das ansonsten seit 1999 für viele überraschend positive Gesamtbild. Die Dilalektik von Islam und Kemalismus ist für ein Verständnis der Türkei zentral. Die unter Atatürk von oben durchgesetzte kemalistische Revolution sollte die Rückständigkeit der Türkei beenden und sie auf das Entwicklungsniveau westeuropäischer Nationen bringen. Als Ursache für die Rückständigkeit der Türkei machte Atatürk den Islam aus, den er durch einen strengen Laizismus aus dem öffentlichen Leben verbannte. Hätte die kemalistische Revolution nicht stattgefunden und wäre der Laizismus somit niemals in die Türkei implementiert worden, bliebe ein Türkeibeitritt zur EU vermutlich ausgeschlossen. Ein durch islamisches Recht geprägter Gottesstaat wäre mit den Werten der EU wohl unvereinbar.

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Veröffentlichungsjahr: 2008

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Inhaltsverzeichnis
1 Europa und Türkei
1.1 Bisherige EU-Erweiterungen
1.2 Verhältnis der EU zur Türkei
2 Türkei
2.1 Rahmenbedingungen
2.1.1 Republikwerdung und Kemalismus
2.1.2 Islam
2.2 Hindernisse auf dem Weg nach Europa
2.2.1 Militär
2.2.2 Die Kurdenfrage
2.2.3 Nicht-muslimische Minderheiten
3 Fazit

Page 1

Professur für Politikwissenschaft, insbesondere vergleichende Regierungslehre

Die Türkei auf dem Weg nach Europa: Reformbestrebungen zwischen Islam und

Page 3

Abkürzungsverzeichnis

AKDTYK Atatürk Kültür Dil ve Tarih Yüksek Kurumu

AKP Adalet ve Kalkınma Partisi (Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung)

CHP Cumhuriyet Halk Partisi (Republikanische Volkspartei)

DDR Deutsche Demokratische Republik

DP Demokrat Partisi (Demokratische Partei)

EFTA European Free Trade Association (Europäische Freihandelsassoziation)

EG Europäische Gemeinschaft(en)

EGKS Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl

EMASYA Emniyet, Asayis, Yardimlasma Birlikleri

(Einheiten für Sicherheit, öffentliche Ordnung und Zusammenarbeit)

EU Europäische Union

EURATOM Europäische Atomgemeinschaft

EUV EU-Vertrag

EWG Europäische Wirtschaftsgemeinschaft

MHP Milliyetçi Hareket Partisi (Nationale Aktionspartei)

MNP Milli Nizam Partisi (Nationale Ordnungspartei)

MOE Mittel- und Osteuropa

MSP Milli Selamet Partisi (Nationale Heilspartei)

NSR Nationaler Sicherheitsrat

ÖPD Özgürlük ve Dayanı¸ sma Partisi (Partei der Freiheit und Solidarität)

PPK Partiya Karkerên Kurdistan (Arbeiterpartei Kurdistans)

RP Refah Partisi (Wohlfahrtspartei)

RTÜK Türkiye Radyo ve Televizyon Kurumu (Hoher Rundfunk- und Fernsehrat)

UNESCO United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization

Page 1

Einleitung

„Die Türkei gehört nach Europa“1lautete die eindeutige Forderung desEconomistim Dezember 2002. Ein EU-Beitritt der Türkei bedeute „das Ende der Europäischen Union“2äußerte dagegen der frühere französische Staatspräsident und damalige Vorsitzende des Konvents über die Zukunft Europas Valéry Giscard d’Estaing. Die Meinungen über einen EU-Beitritt der Türkei gehen offensichtlich weit aus-einander. Kaum ein anderes Thema wird im Zusammenhang mit der Europäischen Integrationspolitik so kontrovers diskutiert wie die Frage, ob die Türkei in die Europäische Union (EU) aufgenommen werden sollte.

Innerhalb der Gruppe der EU-Beitrittskandidaten nimmt die Türkei eine Sonderrolle ein. Kein anderes Land hat sich dermaßen ausdauernd um eine EU-Mitgliedschaft bemüht. Kein anderes Land ist dabei so oft enttäuscht worden. Ein Wendepunkt der Beziehung zwischen der Türkei und der EU stellt der Gipfel von Helsinki 1999 dar, auf dem der Türkei offiziell der Status eines Beitrittskandidaten verliehen wurde. Durch die Eröffnung einer Beitrittsperspektive machte sich in der Türkei eine EU-Euphorie breit, die sie ihre vormalige Blockadehaltung aufgeben ließ. Unter dem innenpolitisch in Bedrängnis geratenen Präsidenten Ecevit wurden Reformen durchgesetzt, die die Türkei der EU ein gutes Stück näherbrachten. Nach dem Wahlsieg der islamisch geprägten Partei für Wohlstand und Gerechtigkeit (AKP) im Jahr 2002 wurde der Reformkurs intensiviert, was dazu führte, dass die EU im Jahr 2005 offiziell Beitrittsverhandlungen mit der Türkei aufnahm. Ein Eskalieren des Kurdenkonflikts, anhaltende Probleme bei der praktischen Umsetzung der Reformen sowie eine gewisse „Reformmüdigkeit“ trüben jedoch das ansonsten seit 1999 für viele überraschend positive Gesamtbild.

Die Dilalektik von Islam und Kemalismus ist für ein Verständnis der Türkei zentral. Die unter Atatürk von oben durchgesetzte kemalistische Revolution sollte die Rückständigkeit der Türkei beenden und sie auf das Entwicklungsniveau westeuropäischer Nationen bringen. Als Ursache für die Rückständigkeit der Türkei machte Atatürk den Islam aus, den er durch einen strengen Laizismus aus dem öffentlichen Leben verbannte. Hätte die kemalistische Revolution nicht stattgefunden und wäre der Laizismus somit niemals in die Türkei implementiert worden, bliebe ein Türkeibeitritt zur EU vermutlich ausgeschlossen. Ein durch islamisches Recht geprägter Gottesstaat wäre mit den Werten der EU wohl unvereinbar. Andererseitsverursachendie von vielen Türken als geradezu heilig empfundenen Prinzipien des Kemalismus auch Probleme in Hinblick auf einen EU-Beitritt. Die Armee, die sich selbst als Hüterin des Kemalismus sieht, ist in der Vergangenheit bereits des Öfteren gegen eine Politik vorgegangen, die sie im Widerspruch zu den

1The Economist (5.12.02).

2Le Monde (9.11.02).