Die Vakzination des Impfens - Stéphane Pineau - E-Book

Die Vakzination des Impfens E-Book

Stéphane Pineau

1,0

Beschreibung

Der vierzigjährige Wissenschaftler Quirin war in der Impfstoffentwicklung tätig. Als die Welt von einer Pandemie heimgesucht wurde, sah er sich einer besonderen Herausforderung konfrontiert. Kurz vor dem Durchbruch seiner Forschung, entdeckte er Anomalien im entwickelten Vakzin. Der Versuch den Unregelmäßigkeiten auf die Spur zu kommen, führte zum Vorwurf der Verbreitung von Verschwörungstheorien. Dieses irritierende und absurde Schauspiel endete in einer Verurteilung zu fünf Jahren Haft. Bereits am Tag seiner Entlassung wurde ihm gewahr, wie nah er der Wahrheit bereits war. Ein bizarres, doch spannendes Abenteuer begann.

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Seitenzahl: 134

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Stéphane Pineau

Die Vakzination des Impfens

© 2021 Stéphane Pineau

Verlag und Druck:

tredition GmbHHalenreie 40-4422359 Hamburg

Coverbild:

Mia Löwenherz

ISBN

 

Paperback:

978-3-347-35747-1

Hardcover:

978-3-347-35748-8

e-Book:

978-3-347-35749-5

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Die Vakzination des Impfens

Ein Kurzroman

Stéphane Pineau

Inhalt

1 – Die Entlassung

2 – Bob

3 – Der Anfang

4 – Spinat und Eisen

5 – Angelika und Erika

6 – Das Wiedersehen

7 – Die Verhaftung

8 – Die Erinnerung beginnt

9 – Kuchen und Prosecco

10 – Die Abfahrt

11 – Die Probe

12 – Im Labor

13 – Der Einlass

14 – Abschalten

15 – Warum leckt sich der Hund die Eier?

16 – Die Realität

17 – Die Familie

18 – Die Entlassung

1 – Die Entlassung

Der Tag begann mit Kopfschmerzen. Eigentlich nicht so ungewöhnlich, doch Quirin spürte, dass etwas anders war als sonst. Irgendwie hatte er eine Vorahnung. Nicht umsonst sah er die Welt seit fünf Jahren durch Gitterstäbe. Hofgang ausgenommen. Diese Haft sollte Zeit zum Nachdenken geben – sagte die Richterin. Darüber nachdenken, welchen Mumpitz er verbreitet hatte. Doch da er recht gut schauspielern konnte, glaubte man ihm; was dann auch zu seiner Entlassung führte. Ziemlich exakt fünf Jahre nach seiner Verurteilung durfte er wieder in die Freiheit. Auch wenn er Kontakt nach draußen hatte und daher ziemlich gut wusste, wie sich die Welt in dieser Zeit verändert hatte, überkam ihn trotzdem ein seltsames Gefühl.

Nun gut, es war der Tag seiner Entlassung, was will man an so einem Tag mehr? Quirin war erst fünf Tage vor seiner Entlassung 45 geworden, hatte nur wenig graues Haar und war topfit. Seinen geraden, aufrechten Gang und die gesunde Haltung hatte er sicher dem regelmäßigen Sport zu verdanken. Seine Arbeit als Wissenschaftler war ja nicht wirklich von Bewegung geprägt. Auch wenn er oft zwischen Büro und Labor hin und her sprintete. Im Institut gab es schon Wetten, wann er im Treppenhaus mal die Kurve nicht bekommen würde. Hätte er am Geländer mal danebengegriffen, hätte er sein Wissen über Massenträgheit schmerzhaft bestätigt gewusst.

Der Tag seiner Entlassung sollte eigentlich ein Tag der guten Laune sein, doch er konnte sich nicht wirklich darüber freuen. Er fühlte sich ausgelaugt, sein Gehirn war irgendwie leer, die wenigen Erinnerungen waren schwammig. Er hatte das Gefühl, als seien seine Erinnerungen nicht echt und wie ein billiges Mofa frisiert. Einigermaßen klar waren seine Erinnerungen an die letzten Tage vor seinem Termin mit Dr. Christian.

Dass Dr. Christian seinen Job im Institut zwei Jahre nach Quirins Verurteilung an den Nagel gehängt hatte und anschließend die Leitung der Anstaltskrankenstation übernahm, war für Quirin ebenso überraschend wie logisch gewesen. Das mag widersprüchlich klingen, doch Dr. Christian liebte seine Arbeit, wohingegen es schon von Anfang an Differenzen zwischen ihm und Dr. Marburg gegeben hatte. Offensichtlich hatte Dr. Christian nicht mehr die Nerven für die ständigen Diskussionen und Vorwürfe. In der Anstaltsklinik hatte er augenscheinlich ein entspanntes Arbeitsleben. Und dass es mit der Entlassung Quirins gleich beim ersten Gespräch klappte, war sicherlich auch der Fürsprache von Dr. Christian zu verdanken.

Verächtliche Blicke trafen ihn, als er zum Tor begleitet wurde. Jeder mag den Verrat, niemand den Verräter. So er denn einer ist? Nur weil man durch ein Gericht schuldig gesprochen wurde, ist man es noch lange nicht. Doch welches Gericht kann in dieser kontrollierten Welt noch universelles Recht sprechen? Und wer definiert den Unterschied zwischen Verrat und Aufdecken?

Es begann damals – Mitte der 1990er Jahre – ganz langsam mit dem Aufstieg eines Softwaregiganten und eines Computerriesen. Zunächst als Konkurrenten, später als Partner. Nachdem der Gründer und Kopf des Computerriesen bei einem Flugzeugabsturz verstarb, kamen sich beide Firmen näher und verschmolzen zu einem multinationalen Konzern. Spätestens als die Mobilfunksparte dazu kam, hätte man vielleicht ahnen können, was da auf die Welt zukommen würde. Nun, selbst heute glauben es die meisten noch nicht. Obwohl das System sie vereinnahmt hat. Mahner wurden damals als Querulanten beschimpft. Jeder der Zweifel anbrachte, wurde ausgelacht und so nahm die schleichende Bedrohung ihren Anfang. Selbst renommierten Wissenschaftlern wurde nicht gewahr, was da vor sich ging. Und vielleicht immer noch vor sich geht?

Quirin schritt durchs Tor und trat auf den Gehweg. Niemand wartete auf ihn. Nun, wer sollte ihn auch abholen? Die meisten hatten sich damals von ihm abgewandt, sie hielten Quirin für einen Querulanten, einen Aufwiegler. Seine Zellenkollegen – mit einer Ausnahme – kamen immer wieder mit der gleichen Frage: „Na … wann ist es denn soweit? Hahahaha .…“ Dass es bislang offensichtlich noch nicht zu den befürchteten Nebenwirkungen gekommen war, war Zufall, pures Glück. Oder sollte er doch so verdammt falsch gelegen haben? Wenn dem so war, dann hatte er zwar fünf Jahre gesessen, doch zumindest spürte er damals wie heute keine Nebenwirkungen. Sah man von den Kopfschmerzen ab, die aber als Impfreaktion zu erwarten waren. Und er hatte das Gefühl, Lücken in seinen Erinnerungen zu haben. Die meisten erschienen ihm so schwammig – wie geträumt. Ab und zu sah er silberfarbenen Glitter vor seine Augen herumschwirren. Dass sein kompletter linker Schulterbereich schmerzte, führte er auf die schlechten Matratzen zurück. Außerdem hatte der Einstich am rechten Oberarm stattgefunden. Warum sollte ihm da die linke Schulter Probleme machen? Eher nicht!

Er stand nun vor dem Gefängnistor, nahm einen tiefen Atemzug, schaute nach rechts, nach links, überquerte die Straße und lief Richtung Osten. Die Wärter sagten zwar, er solle Richtung Westen laufen, um den kleine Ort Mellwater zu erreichen, doch es hatte sich herumgesprochen, dass die Angestellten jeden entlassenen Häftling mit voller Absicht in die falsche Richtung schickten. Wie furchtbar alt und langweilig dieser Spaß war, überrissen die Wärter absolut nicht.

Nach ca. 4 vier Stunden Fußweg erreichte er Mellwater. Klein und beschaulich lag das Städtchen vor ihm, doch je näher er dem Stadtkern kam, desto seltsamer wirkte der Ort. Die Menschen schauten grimmig und waren unfreundlich. Da überlegte sich Quirin lieber zwei Mal, ob er nach dem Weg zum Bahnhof fragen, oder doch besser selbst danach suchen sollte! Ob die Formel „Wer freundlich fragt und spricht, dem wird geholfen!“ auch hier galt? Er musste grinsen und entschloss sich zu fragen. Was sollte schon passieren?

Die Zeitungsverkäufer wissen doch alles – meistens?! Also trat er vor den Zeitungsstand, lächelte und fragte nach dem Weg zum Bahnhof. „Sie kommen aus der Anstalt, richtig?“, raunzte ihn die Verkäuferin an. „Undwollen zum Bahnhof?“, schob sie gequält hinterher. „Ist mit Ihnen alles in Ordnung?“, entgegnete Quirin und sah dabei auf die Schlagzeilen der BGZ.

Mit einer wedelnden Hand und der pampigen Frage „Was? Wollnse die haben oder nur glotzen?“, unterbrach ihn die Verkäuferin beim Lesen der Schlagzeile. Dass Quirin ihr das Gefühl gab, nicht zuzuhören, ärgerte sie fürchterlich und ihre Stimmung wurde noch zickiger, als sie eh schon war. „Das ist hier ein Zeitungsstand, keine Infobude, klar?“

Quirin schaute sie fragend an und schüttelte den Kopf, „Ok … dann einmal die BGZ … und der Weg zum Bahnhof? Bitte!“ Ohne ihn anzuschauen, streckte sie eine Hand vor: „4,80 € … Straße rechts runter, an der Kreuzung links und dann immer geradeaus. Da steht aber auch ein Schild!“ Quirin legte den Kopf wie ein fokussierter Hund etwas zur Seite und ihm fiel nichts Besseres ein, als ein Spruch aus seiner Jugend: „4,80? Nene nur die Zeitung, nicht den ganzen Kiosk … das ist doch nur eine Tageszeitung, nicht wahr?“ Die Verkäuferin schaute ihn irritiert an und sagte: „Sie haben die letzten Jahre nicht viel mitbekommen?!“ Sie nahm das Geld, drehte sich emotionslos um und murmelte vor sich hin: „Dann stimmt es also doch?“ In auffälliger Hektik griff sie zum Rollladen und maulte Quirin an: „Wir haben jetzt geschlossen …“ Zeitgleich ließ sie den Rollladen krachend herunter. Quirins Blick zuckte zwischen seiner Armbanduhr und dem Schild der Öffnungszeiten hin und her. “…wir haben gerade mal 11: 00 … und Sie haben doch bis 18 …?“ Der Rollladen war unten und seine Worte prallten nutzlos gegen selbigen, wie ein Schneeball der eigentlich im Wohnzimmer des Nachbarn landen sollte. Seine Fantasie ging wieder mal mit ihm durch und er sah bildlich, wie seine Worte an den Rollladen prallten, zerbrachen und in einzelnen Buchstaben klirrend auf den Boden fielen. Als er bemerkte, dass er seine Augen geschlossen hatte und mental langsam wegtauchte, zuckte sein Körper kurz auf und er war wieder im Hier und Jetzt. Er musste grinsen. Irgendwie gefielen ihm seine fantastischen mentalen Ausflüge.

Mit der Zeitung unter dem Arm ging er zum Bahnhof. Dort angekommen, kramte er sein altes Handy hervor und bat im Handyladen um eine SIM-Karte. Die SIM-Karte der JVA war nur für seine Haftzeit gültig und musste bei der Ausgabe der persönlichen Dinge abgegeben werden. Er wollte, vielmehr er musste dringend seine Freunde und Verwandten anrufen, um zu ihnen zu erklären, dass er eben doch noch der Alte war. Auch wenn sich viele sicher verändert hatten, wusste er, dass er sich auf zwei seiner Freunde verlassen konnte. Im Grunde drei, es gab da ja auch noch Irmgard. Vielleicht! Er war sich nicht sicher, weil er seit seiner Inhaftierung keinen Kontakt mehr zu ihr pflegte! Da die Gespräche abgehört wurden, war klar, dass er auch gegenüber seinen Freunden schauspielern musste. Es war kompliziert, es blieb kompliziert.

Er ging in die Schalterhalle und sah sich um. „Auffällig wenig los hier.“, dachte Quirin. Der Fahrkartenautomat schaute ihn erwartungsvoll an, doch der Getränkeautomat lächelte etwas überzeugender und er zog sich erst mal ein Bier – ein Bier …seit wann hatte er kein anständiges Bier mehr getrunken? In der Wäscherei wurde zwar heimlich gebraut, doch das Gebräu war kaum zu ertragen. Als er in der Anstalt ab und an von diesem grässlichen Zeug trank, schaute er vor jedem Schluck ein wenig ein Klärwärter, der seine Arbeit geschmacklich prüfen muss. Nun, Hauptsache es war Alkohol im Spiel. Bevor Quirin schaute, wann der nächste Zug kam, musste er zunächst mal herausfinden, wo er hinmöchte oder besser gesagt hin kann?! Auf die Bank setzend, öffnete er mit einer Hand geschickt die Bierdose. Das ist wie Fahrrad fahren, das verlernt man nicht! Dieser hopfige Geruch ließ seine Vorfreude ins unermessliche steigen. Er setzte an und spürte, was ihm die letzten 5 Jahre gefehlt hatte. „Ok, dann versuchen wir es mal …“, flüsterte er und tippte die Nummern ein, die er noch im Kopf hatte. Pedro, sein Alter Ego, sollte als erster seine freie Stimme hören.

Nach fünf Freizeichen rauschte und klackerte es am anderen Ende und es erklang eine weibliche Stimme: „Hallo?“ „Hallo … Quirin hier. Ich möchtePedro sprechen … das ist doch noch seine Nummer?“ „Pedro? Wer ist Pedro. Ich bin Kristina und denke, dass Sie sich verwählt haben?!“ „Seit wann haben Sie diese Nummer?“, entgegnete Quirin. „Ach … keine Ahnung? Was soll die Frage? … Schon ziemlich lange. Ich denke, seit ca. fünf Jahren“ Quirin runzelte die Stirn und schaute in die Ferne „Wie kann das …?“, entfuhr es leise seinen Lippen. Nach etwas Stille sagte die weibliche Stimme: „Hallo …? Alles gut bei Ihnen?!“ „Ja, ja … alles gut. Danke!“, erwiderte Quirin und legte auf. Er tippte die zweite Nummer ein, die ihm in den Sinn kam. Sein Onkel Samuel – Onkel Samy. Das Bier ansetzend und einen Schluck nehmend, wartete er geduldig auf den Verbindungsaufbau. Ohne Freizeichen begann eine Stimme zu sprechen: „Diese Nummer ist vorübergehend …“ Er legte auf und schaute nachdenklich auf sein Bier. „Nein!“, sagte sich Quirin, „Nur weil zwei Nummern nicht funktionierten?“ Wenn er nicht Anfang der Woche noch mit ihnen gesprochen hätte, wäre das nicht so ungewöhnlich!

Bevor er es weiter versuchte, las er zunächst einmal die Schlagzeile der BGZ.

 

„Neuartige Gehirnkrankheit Wissenschaftler und Ärzte ratlos!“

„Eine neuartige, weltweit auftretende Gehirnkrankheit beunruhigt die Wissenschaft. Wie gestern bekannt wurde, scheinen die häufenden Vorfälle – wie bereits in der Pandemie im Jahr 2020 – zu einem weltweiten Problem zu werden. Wie Ärzte berichten, äußert es sich in unterschiedlicher Art und Weise. Bislang seien 6 bis 7 verschiedene Krankheitsverläufe aufgetreten, die Symptome wie Verwirrtheit, Aggressivität, massive Gewaltausbrüche, Gleichgültigkeit und starke Einschränkungen des Bewegungsapparates hervorriefen. In allen Fällen endet die Krankheit 5 – 7 Tage nach Auftreten der Symptome für die betroffenen tödlich. Auch gesunde Menschen, waren unter zahlreich unter den Opfern zu finden. Verursacht durch tödliche Verletzungen nach Gewaltausbrüchen der Erkrankten.“

Quirin schaute nachdenklich ins Nichts und spürte etwas Unbehagen ob dieser Meldung. Ihm wurde ein wenig schummrig und er schloss die Augen. Vor seinen geschlossenen Augen sah er kleine silberfarbene, glitzernde Punkte im Raum schweben. Ähnlich dem Nachbild, wenn man zu lange in die Sonne geschaut hatte. Gedankenverloren saß er dort, als ihn ein Finger-Stuppser auf die Schulter in die Realität zurückholte.

2 – Bob

„Heute fährt kein Zug!“, maulte ihn ein Bahnhofsmitarbeiter an. „Nichts mitbekommen, oder?“ Mit schmerzverzerrtem Gesicht griff sich der unhöfliche Typ an den Kopf. „Kopfweh?“, fragte Quirin. Etwas geistesabwesend reagierte der Bahnhofsmann pampig: „Was? Was geht Sie das an?“ An Quirins Blick bemerkt er, dass er wohl etwas zu unverschämt war und senkte die Stimme: „Seit letztem Freitag fallen viele Züge aus – landesweit. Wir haben keine Zugführer mehr … viele sind krank!“

„Krank?“

„Meine Fresse … Du weißt ja gar nichts. Ach, du kommst aus der JVA? Ja, dann ist …“ Mit schmerzverzerrtem Gesicht fuhr er fort: „…Diese Kopfschmerzen … seit ein paar Tagen, schlimm … verrückt ist ja, dass ich die Kopfschmerzen habe, doch die Erkrankten nicht? Es scheint zunächst harmlos zu sein, da es nur mit etwas Verwirrtheit beginnt, doch es wird täglich schlimmer, bis die Erkrankten einfach Tod umfallen.“

Bob war schon lange Mitarbeiter der Bahn und hatte daher so einige Krisen mitgemacht und gemeistert. Auch krasse Krankenstände. Doch die vielen Krankheitsfälle unter seinen Kollegen irritierten selbst so einen hartgesottenen Arbeitnehmer wie ihn. Mit seinen gerade mal 52 Jahren war er ebenso wie Quirin erstaunlich gut in Form und Haare gab es auch noch auf seinem Kopf. Konnte bei Bob aber nicht am Sport liegen. Sport ist jetzt nicht das, was er seine Passion genannt hätte. Gelegentlich ging er mit zum Bouldern. Doch hauptsächlich, um die beeindruckenden Moves an den Wänden zu bestaunen und die Getränke an der Bar zu testen.

Es schien, als ob er langsam Vertrauen in Quirin fasste – was erstaunlich war ob des holprigen, unfreundlichen Starts – und so begann er etwas mehr zu erzählen. Aus Bobs Sicht notwendig, da Quirin in der JVA offensichtlich wenig Kontakt nach draußen gehabt hatte – was Quirin augenscheinlich nicht bewusst war. Man hatte ihm ziemlich sicher Informationen von außen verwehrt, um seinen Verschwörungstheorien nicht noch mehr Futter zu geben. Die Anstalt war irgendwie auch kein richtiges Gefängnis, eher ein Behandlungszentrum für Menschen mit zweifelhaften Ansichten, einem nicht tolerierbaren Hang zur Gewalt und sonstigem kriminellen Potential. Quirin hatte zwar keinen Hang zu Gewalt, doch man warf ihm vor, Verschwörungstheorien zu verbreiten, die in der Bevölkerung sicher Unruhe stiften würden. Zumindest war es das, was er während der Verhandlung erfuhr. Und als dann auch noch herauskam, wie er sich zum Feierabend gelegentlich entspannte, war der Staatsanwaltschaft kaum mehr mit Argumenten zu begegnen.

„Hat es mit der Schlagzeile zu tun?“, fragte Quirin und hielt die Zeitung etwas in die Höhe. Auf Quirins Bier schauend antwortete Bob: „Ja…darum geht es. Üble Sache! Sollte es wieder einen Impfstoff geben wie bei der großen Pandemie 2020, dann bin ich wieder der Doofe und muss in eine Art Beugehaft. Ich wollte es nicht! Ich will es nicht!“ Quirin wusste, was das bedeutet: Mindestens einen Monat in staatlich kontrollierte Haft. Möglicherweise sogar länger.

„Du wurdest zwangsgeimpft, richtig?“, wollte Quirin wissen. „Richtig, ich war Teil des Impf-Widerstandes undhabe mich zunächst erfolgreich gegen die Impfung gewehrt. Ich musste damals 2,5 Monate in diese Schutzhaft – Schutzhaft! Euphemismus in Reinform. Doch witzig war ja, dass das manipulierte TV-Programm besser war als die freien Sender.“

Kurze Stille.

„Ich bin übrigens Bob.“, unterbrach er das Schweigen.