Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 669 - Katja von Seeberg - E-Book

Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 669 E-Book

Katja von Seeberg

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Beschreibung

Mit bangem Herzen denkt die junge Komtess Gunilla an den fünfundachtzigsten Geburtstag ihres Onkels Theobald Graf von Kron. Auf diesem Fest, das in einem Jahr gefeiert werden soll, wird sie nach dem Willen der Familie mit dem Prinzen von Waldenau und Lingen bekannt gemacht werden. Dass sie diesen Lebemann, der mit immer wechselnden Frauen in den Klatschzeitungen auftaucht, in naher Zukunft heiraten wird, ist schon lange beschlossene Sache.
Gunilla ist bereit, die Forderungen ihrer Eltern zu erfüllen, weiß sie doch, dass der Familienbesitz nur durch eine vorteilhafte Heirat gerettet werden kann. Aber dann begegnet ihr mit Malte Gerlitz ein mittelloser Student, und was als harmloser Flirt beginnt, entwickelt sich zu einer großen Liebe, von der die beiden jungen Menschen ganz genau wissen, dass sie keinen Bestand haben darf. Denn die Hochzeit der Komtess mit dem Prinzen steht unwiderruflich fest ...


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Inhalt

Cover

Die Hochzeitstafel war gedeckt

Vorschau

Impressum

Die Hochzeitstafel war gedeckt

Berühmter Roman um Glück und Leid hinter Schlossmauern

Mit bangem Herzen denkt die junge Komtess Gunilla an den fünfundachtzigsten Geburtstag ihres Onkels Theobald Graf von Kron. Auf diesem Fest, das in einem Jahr gefeiert werden soll, wird sie nach dem Willen der Familie mit dem Prinzen von Waldenau und Lingen bekannt gemacht werden. Dass sie diesen Lebemann, der regelmäßig mit immer wechselnden Frauen in den Klatschzeitungen auftaucht, in naher Zukunft heiraten wird, ist schon lange beschlossene Sache.

Gunilla ist bereit, die Forderungen ihrer Eltern zu erfüllen, weiß sie doch, dass der Familienbesitz nur durch eine vorteilhafte Heirat gerettet werden kann. Aber dann begegnet ihr mit Malte Gerlitz ein mittelloser Student, und was als harmloser Flirt beginnt, entwickelt sich zu einer großen Liebe, von der die beiden jungen Menschen ganz genau wissen, dass sie keinen Bestand haben darf. Denn die Hochzeit der Komtess mit dem Prinzen steht unwiderruflich fest ...

»Hast du heute die Zeitung gelesen, Gunilla?«

»Nein, Mama. Auf der Titelseite steht etwas von einem Flugzeugunglück. Das lese ich nicht gern. Ich träume hinterher immer davon.«

»Du bist viel zu sensibel«, tadelte die Gräfin ihre achtzehnjährige Tochter. »Das ist ein Hemmschuh, wenn man im Leben vorwärtskommen will.«

»Du hast ja selber auch nicht gerade eine Elefantenhaut«, war die etwas vorwitzige Antwort des hübschen blonden Mädchens. Dabei reckte es die Nase ein wenig in die Höhe.

Komtess Gunilla war eine echte Nordländerin. Für ein Mädchen war sie ziemlich groß mit ihren ein Meter siebzig. Sie hatte lange schlanke Beine und eine fast überschmale Taille. Weibliche Üppigkeit fehlte noch. Dafür besaßen ihre Formen den zarten Reiz der knospenden Jugend.

Das Gesicht war immer ein wenig sonnengebräunt, genauso wie die Hände und Arme, denn sie streifte gerne barhäuptig im Park umher und überließ das lange blonde Haar beim Reiten dem Wind zum Spiel.

Das Schönste an ihr waren ihre Augen. Mal schienen sie schiefergrau wie das Meer an Regentagen, mal stahlblau wie die Wogen der Ostsee unter der Sonne. Außerdem konnten diese Mädchenaugen sprechen und verrieten dem aufmerksamen Beobachter viel über die Empfindungen dieses sonst durch seine strenge Erziehung ziemlich zurückhaltenden Wesens.

»In der Zeitung ist heute der Prinz von Waldenau und Lingen abgebildet«, fing die Gräfin wieder an. Sie legte die feine Handarbeit, mit der sie sich beschäftigt hatte, beiseite und griff nach dem Blatt. »Hier, mein Kind, schau ihn dir an! Sieht er nicht stattlich und elegant aus?«

Gunilla warf pflichtschuldig einen Blick auf das Foto, das einen etwa dreißigjährigen Mann im Abendanzug an der Seite einer auffallenden Blondine zeigte.

Die beliebte Filmschauspielerin Anka Warja mit ihrem ständigen Begleiter, dem Prinzen Alexander von Waldenau und Lingen, auf dem Presseball in München. So lautete der Text zum Bild.

»Hm«, machte die Komtess. Sonst sagte sie nichts.

Die Gräfin hob den wohlfrisierten braunen Kopf. Obwohl sie Schwedin war, hatte sie so gar nichts von dem, was man gemeinhin den Schwedinnen nachsagt. Sie war klein und zierlich, mit porzellanweißer Haut, einem Puppenmündchen und kleinen Händen und Füßen. Man hätte sie sich als Teepuppe in einem Rokoko-Kostüm unter einem Glassturz vorstellen können.

»Ist das alles, was du dazu zu sagen hast?«

»Ja, Mama.« Gunilla schob ein wenig die Unterlippe vor.

»Gefällt er dir nicht?«

»Offen gestanden: Nein, Mama. Männer, die ,ständige Begleiter' von Filmschauspielerinnen sind, gefallen mir nicht sonderlich.«

»Das ist doch nur eine Laune. Heiraten wird er sie nie. Das kann er sich gar nicht leisten.«

»Nein. Aber er kann sich ein Amüsement dieser Art nach dem anderen leisten, und wenn er dann schließlich heiratet, darf sich seine Frau damit trösten, dass er sich die Hörner bereits abgestoßen hat. So ist es doch.«

Die Gräfin presste die Lippen zusammen.

»Das ist das Übliche, Kind. Du kannst nicht erwarten, die Erste zu sein.«

»Aber ich möchte geliebt werden! Ich will glücklich sein in meiner Ehe und meinen Mann glücklich machen. Der Gedanke, dass er mich nur nimmt, weil zufällig die Verhältnisse passen und die Reihe der adeligen Ahnen lang genug ist, stört mich ganz gewaltig.«

»Wer weiß, vielleicht verliebt er sich wirklich in dich«, seufzte die Mutter.

Komtess Gunilla wandte sich zum Fenster und schaute hinaus. Sie wollte ihr Gesicht verbergen. Die Mutter brauchte nicht zu sehen, wie es darin zuckte.

»Es ist also eine beschlossene Sache, dass ich mit dem Prinzen bekannt gemacht werde?«

»Ja. Papa hat es mit Onkel Theobald brieflich besprochen. Onkel Theobald hat mit dem Fürsten Franz-Karl von Waldenau und Lingen schon Fühlung genommen. Man ist im Fürstenhause sehr für diese Verbindung. Und der Prinz wird letzten Endes tun, was sein Vater will. Er ist ja ganz und gar von dem alten Herrn abhängig.«

Die Gräfin lächelte.

»Übrigens hat der Prinz ein beachtliches Erbe zu erwarten. Du weißt doch, dass den Waldenaus neben ihrem Landgut und dem Jagdschloss Lingen noch mehrere Fabriken im Ruhrgebiet gehören. Sie sind wirklich kapitalkräftig.«

»Und darauf kommt es ja an«, setzte Gunilla traurig hinzu. »Um Schloss Kronswall steht es nicht allzu gut. Übrigens sehe ich dort den Wagen des Maklers kommen, dieses aalglatten Menschen aus Lübeck. Erwartet Papa ihn?«

Die Gräfin stand auf.

»Ich gehe hinüber, um Papa darauf vorzubereiten. Außerdem möchte ich gerne dabei sein, wenn über das Grundstück verhandelt wird. Mir ist der Gedanke so unangenehm, dass direkt neben unserem Park ein Riesenkasten von Hotel gebaut werden soll.«

Mit kurzen Schritten, wie es ihre sehr hohen Absätze verlangten, verließ sie das Zimmer. Sie hatte einen sehr graziösen Gang und war mit ihren zweiundvierzig Jahren noch immer eine schöne und elegante Frau.

Komtess Gunilla blieb allein zurück im sogenannten »kleinen Wohnzimmer«, einem gemütlichen Raum mit einer Sofaecke, einem runden Tisch und tiefen, altmodischen Sesseln, zwei Glasschränken voller goldener Tassen, Porzellandosen und Figurinen, dem Spieltischchen, an dem Graf Einar gern seine Patiencen legte, und dem Nähtischchen seiner Gattin.

Es war ein anheimelnder Raum mit verblichenen Tapeten und einem riesigen Teppich, der an verschiedenen Stellen schon etwas dünn geworden war und statt des persischen Musters das Grundgewebe zeigte. In diesem Zimmer hielt sich die gräfliche Familie am liebsten auf und mied nach Möglichkeit die mit steifem Pomp ausgestatteten Repräsentationsräume im Erdgeschoss.

♥♥♥

Am Abend dieses Tages waren sie wieder alle im sogenannten Wohnzimmer im ersten Stock versammelt.

Außer den beiden Damen waren jetzt auch der Graf und Professor Torsten von Kienhöft anwesend. Der Graf, ein schlanker, hochgewachsener Mann mit grauen Schläfen und immer noch vollem, dunkelblondem Haupthaar, saß in sehr aufrechter Haltung in seinem Lieblingssessel und legte auf der polierten und mit Einlegearbeiten geschmückten Platte des kleinen Tisches seine »Harfe«.

Unter den Patiencen, die er beherrschte, war dies sein Lieblingsspiel. Ab und zu ließ er die Karten ruhen und führte genießerisch eine Zigarre zum Mund.

Professor Kienhöft saß in der Sofaecke und rauchte mit der Erlaubnis der Damen seine Pfeife.

»Also, was ist denn nun beim Besuch dieses Maklers herausgekommen?«, wollte der Professor wissen. »Er war doch heute hier, nicht wahr? Ich habe seinen grauen Wagen vorbeiflitzen sehen.«

Kienhöft besaß ein Haus unweit von Schloss Kronswall, ziemlich dicht am Meerufer. Er liebte es, aus den Fenstern seines Arbeitszimmers auf die brandende See zu schauen.

Seine alten Tage – er war vierundsechzig – füllte Torsten von Kienhöft damit aus, Bücher über seine interessanten Reisen und die Funde zu schreiben, die er dabei gemacht hatte. Er war Archäologe, hatte in Berlin und München studiert und einen Lehrstuhl in Erlangen innegehabt.

Da er von seinen Eltern ein kleines Kapital geerbt und während seines ganzen Lebens fleißig gespart hatte, hatte er mit fünfzig die Lehrtätigkeit an den Nagel gehängt und ein zehnjähriges Wanderleben begonnen, das ihm viele neue Erkenntnisse gebracht hatte.

»Jawohl, er war hier«, bestätigte der Graf. »Er hat fünfhunderttausend für das Stück Land geboten, aber Illa will es nicht hergeben. Sie sagt, es wäre ein einzigartig schöner Platz ...«

»Das stimmt auch«, unterbrach ihn der Professor. »Ein Morgen Land stellt heute schon einen großen Wert dar, und wenn er dann noch dazu direkt hinter den Dünen am Meeresufer gelegen ist, reizvoll bestanden mit bizarren Kiefern und hohem Gras, dann kann man ungeahnte Reichtümer aus ihm herausholen ...«

»Das ist es ja gerade«, unterbrach nun die Gräfin den Professor, »was ich nicht will. Wenn wir das Land verkaufen, baut man dort ein Hotel mit Aufzügen und Terrassen, Bar, Tanzkapelle und Parkplatz. Unsere Ruhe wäre dahin und der schöne Ausblick auch. Dieser Betonklotz würde die ganze Landschaft verschandeln. Es würde uns ewig leidtun, obwohl wir das Geld ganz gut gebrauchen könnten.«

»Ich weiß, ich weiß. Der Boden von Kronswall ist nicht sehr fruchtbar, und Landwirtschaft muss man heute schon in ganz großem Stil betreiben, um Gewinn herauszuholen.«

Graf Einar von Kronswall nickte dem Professor zu.

»So ist es. Und was haben wir sonst aufzuweisen? Wir haben kein Gestüt und keine Schweinezucht, keine Geflügelfarm und keinen Rosengarten, nicht einmal eine Schnapsbrennerei. Wir haben nur unseren alten Namen, ein paar sehr wertvolle Ahnenbilder und den Familienschmuck. Und den wollen wir bestimmt nicht veräußern. Donnerwetter, da hätte ich bald eine schwarze Dame an einen schwarzen König gelegt! Unverzeihlich!«

Stumm war Komtess Gunilla dem Gespräch der Erwachsenen gefolgt. Jetzt aber konnte sie sich nicht enthalten, eine Frage zu stellen.

»Und was ist nun dabei herausgekommen?«

»Wieso herausgekommen? Wie meinst du das?«

»Nun, ob dieser Makler unverrichteter Dinge wieder abgezogen ist oder ...«

»Genau das, mein Kind!«, antwortete Graf Einar zufrieden und tat einen tiefen Zug an seiner Zigarre. »Wir haben nicht verkauft, und der Mensch wird uns künftig nicht mehr belästigen.«

»Aber wir haben auch kein Geld«, fügte die Gräfin überflüssigerweise hinzu. »Deswegen wird das Projekt, von dem wir heute Morgen sprachen – ich meine die Heirat Gunillas mit dem Prinzen von Waldenau und Lingen – noch um einiges dringender!«

»Ich weiß, ich weiß!«, rief Gunilla dem Weinen nahe und sprang aus ihrem Sessel auf, um erregt im Raum auf und ab zu gehen. »Oh, wie ich mich vor dem fünfundachtzigsten Geburtstag von Onkel Theobald fürchte, bei dem das doch alles arrangiert werden soll!«

»Der ist Gott sei Dank erst nächstes Jahr im Mai«, versetzte die Mutter. »Du hast noch mehr als ein Jahr Zeit. Ein schöner Sommer der Freiheit liegt vor dir.«

»Da kann so viel passieren!«, sagte der Professor und zwinkerte mit einem Auge.

»Was soll denn schon passieren? Bei uns ereignet sich ja nichts. Bisher brachte die Schule ein wenig Abwechslung in mein Leben. Aber jetzt, nach dem Abitur, wird es ganz still um mich werden.«

Professor von Kienhöft wusste, dass die kleine Komtess nur allzu recht hatte. Die Krons hielten ihre Tochter sehr streng. Außer dem täglichen Ausritt zu Pferde durfte sie keine Ausflüge allein unternehmen, höchstens einmal zum Einkaufen ins Dorf. Den Führerschein bekam sie nicht, weil man sie unter Kontrolle behalten wollte.

Nur ihre Freundin kam gelegentlich einmal zu Besuch, die Tochter des Landarztes Dr. Husebrink, der auch die gräfliche Familie betreute.

»Wer weiß!« Der Professor wiegte geheimnisvoll den Kopf. Sein Patenkind Gunilla tat ihm leid. Er hätte gerne geholfen und diese Zwangsheirat von ihr abgewandt, aber außer seinem Haus und seinen wertvollen Sammlungen, die er bereits einem Museum vermacht hatte, besaß er nichts, und das Haus würde Gunilla nach seinem Tode sowieso erben. Aber noch lebte er und brauchte es.

Er konnte ihr also nur mit seinem klugen Kopf helfen, der einen Ausweg finden musste.

»Wer weiß, wie sich in einem einzigen Sommer alles ändern kann! Ich hätte da zum Beispiel eine Idee.«

»Eine Idee?« Der Graf blickte von seinen Patiencekarten auf und ließ die Hand mit der Zigarre sinken.

»Was für eine Idee?«, fragte die Gräfin, die wieder an ihrem zarten Spitzendeckchen häkelte und dieses samt Häkelhaken jetzt in den Schoß legte.

»Wie man aus dem wunderschönen Platz am Meer dennoch Geld machen könnte, ohne ihn zu verkaufen!«

»Schießen Sie schon los, Professor! Spannen Sie uns nicht auf die Folter!«, verlangte der Graf.

»Da bin ich aber gespannt«, meinte die Gräfin, skeptisch lächelnd.

»Auf diesem einen Morgen weidete bisher Vieh, nicht wahr? Und ein Brunnen, um die Kühe an heißen Sommertagen zu tränken, ist auch dort.«

»So ist es«, bestätigte der Graf.

»Es würde nicht viel kosten, diesen Brunnen etwas auszubauen und für den täglichen Gebrauch für Menschen nutzbar zu machen. Ich glaube, es gibt genug stadtmüde Großstädter, die sich danach sehnen würden, klares Brunnenwasser zu trinken und sich den eiskalten Strahl über die Hände rieseln zu lassen.«

»Mag sein. Weiter, bitte!«

»Zwei, drei Fahrwege, die mit ein bisschen Schotter befestigt würden, kosten ebenfalls nicht die Welt, ebenso die Toiletteninstallationen nicht. Nun brauchen Sie nur noch statt des primitiven Gatters, das für die Kühe gut genug war, ein stabiles Tor und ein Schild auf einem Pfahl, auf dem zu lesen wäre: ,Privater Campingplatz. Betreten verboten!'«

Der Professor zuckte mit den Schultern.

»Das wäre schon alles an Auslagen. Halt! Nein, noch eine Anzeige in den Zeitungen von Lübeck und Kiel, recht groß und kräftig umrandet, gut aufgemacht! Die würde natürlich nicht billig sein, aber Sie könnten's tragen, Verehrtester. Was sagen Sie dazu?«

»Zunächst einmal gar nichts«, sagte der Graf. »Wer soll denn da schon kommen? Und das Geschrei und das Gewimmel rund um die Zelte ...«

»Wer redet denn von Zelten? Sie wenden sich an die Besitzer von Wohnwagen. Darunter gibt es sehr vornehme Leute. Zumindest müssen diejenigen, die sich für eine Parzelle bei Ihnen interessieren, finanziell gut gestellt sein.«

»Parzelle?«

»Nun ja. Ich denke, der Platz reicht aus für zwanzig Wagen. Mehr dürfen es auf keinen Fall sein, sonst würde es zu laut. Das Exklusive ginge verloren. Jeder zahlt pro Monat hundert Mark für sein Stück. Die Wagen werden das ganze Jahr über stehen. Das bedeutet eine jährliche Einnahme von vierundzwanzigtausend Mark oder zweitausend Mark im Monat. Alles, was Ihre Leute zu tun haben, ist Rasenmähen und Aschentonnen leeren.«

Der Professor schaute den Grafen zuversichtlich an.

»Sie selber schauen ab und zu, ob alles in Ordnung ist. Sie können auch eine gedruckte Platzordnung herausgeben, nach der sich jeder zu richten hat, und wenn Sie den Ersten, der dagegen verstößt, vom Platz verwiesen haben, haben Sie sich für immer durchgesetzt. Eine Ausweisung wird keiner riskieren, denn das Fleckchen ist einmalig schön.«

»Eine Minute braucht man von seinem Wohnwagen bis zum Wasser!«, rief Gunilla mit geröteten Wangen. »In den Dünen kann man sich sonnen. Der Sandstrand ist herrlich und ganz einsam.«

»Ein letztes Paradies in unserer übervollen Welt«, setzte der Professor hinzu.

»Der Gedanke ist gar nicht schlecht«, gab die Gräfin zu.

»Ich werde mir das überlegen«, schloss der Graf das Thema ab.

»Überlegen Sie nicht zu lange!«, mahnte der Professor. »Jetzt haben wir Februar. Im März und April werden die Wohnwagen-Besitzer munter und suchen sich ihr Plätzchen für den Sommer. Dieser oder jener, der noch keinen Caravan hat, wohl aber mit dem Gedanken liebäugelt, kauft sich einen. Anfang Juni badet man bereits in der Ostsee. Es wäre jetzt also gerade die richtige Zeit, um mit den Vorbereitungen anzufangen.«

»Setzen wir uns doch zusammen und entwerfen einen Anzeigentext!«, rief die Gräfin, die Feuer gefangen hatte.

Torsten von Kienhöft holte ein dickes grünes Notizbuch aus der Brusttasche seines Jacketts und zückte den Drehbleistift.

Der Graf verließ seinen Platz am Spieltischchen. Gunilla ließ das Umherlaufen sein. Vier Köpfe beugten sich im Schein der Lampe über den runden Tisch.

♥♥♥

»Was für Leute haben sich denn gemeldet?«, fragte Gaby Husebrink, die Tochter des Landarztes, als sie drei Monate später mit Komtess Gunilla zusammensaß und sie das interessante Projekt besprachen.

»Zuerst Amtsgerichtsrat von der Heide und Frau«, berichtete Gunilla, sich steif aufsetzend und das Kinn so gewaltig herunterdrückend, dass sogar ihr schlanker Hals doppelte Falten warf. Sie kniff die Augen zwinkernd zusammen und machte den stark kurzsichtigen Juristen nach. »Dieser Platz, verehrter Graf – ähäm, ähäm – ist genau das, wonach wir schon so lange gesucht haben. Ich sage nur ein Wort – ähäm, ähäm – exklusiv!«

Sie lachten beide. Gunilla war heute in übermütiger Stimmung.

»Dieser Amtsschimmel hat nicht zufällig einen hübschen Sohn?«, bohrte Gaby nach.

»Mitnichten. Zu den von der Heides haben sich keine Kinder getraut.«

»Weiter! Wer hat sich noch gemeldet?«

»Ein Facharzt aus Lübeck.«

»Ist er jung und hübsch?«

»Alt und dick – und gemütlich. Aber er hat eine nette Tochter.«

»Du, das wird bestimmt ganz lustig werden!«, rief Gaby begeistert. »Sicherlich bekommst du eine Menge Anregungen durch diese Leute. Stell dir nur die interessanten Gespräche vor, die du führen kannst! Mit Hotelgästen wärest du nie so vertraut geworden. Sie gehen und kommen.«

»Meine Eltern werden schon dafür sorgen, dass ich mit den Leuten auf dem Campingplatz nicht zu vertraut werde«, sagte Komtess Gunilla, und es klang ein wenig bitter. »Mutter hat ja Angst, dass ich mich in irgendjemanden verliebe. Es ist schon vorausbestimmt, wen ich zu heiraten habe.«

»Ach, diesen Prinz und Lebemann?«

»Ja. Hast du neulich auch das Bild in der Zeitung gesehen?«

»Gewiss. Ich habe an dich gedacht. Er gefällt mir nicht. Er sieht so oberflächlich und eitel aus. Das ist nichts für dich. Dafür hast du zu viel Gefühl, Gunilla. Du brauchst einen Menschen, der auf dich eingeht und für den du alles bist – die Krone und der Inhalt seines Lebens. Als Spielzeug bist du zu schade.«

»Für den Prinzen von Waldenau und Lingen wäre ich nicht einmal das.«

Gunillas Lippen zuckten. Die Tränen waren nicht mehr fern. Der Übermut von eben, der dem jungen Mädchen so gut gestanden hatte, war wie fortgewischt.

»Führt denn gar kein Weg daran vorbei?«, fragte Gaby teilnahmsvoll.

»Nein. Adelig muss der Mann sein, den ich heirate, sonst verliert mein Vater Schloss und Gut Kronswall. Das ist eine Bestimmung in meiner Familie. Und reich muss er außerdem noch sein, um meinem Vater finanziell unter die Arme greifen zu können, denn Kronswall, dieser schöne Besitz, den wir alle so innig lieben, ist in Gefahr.«

»Ja, wenn das so ist ... ! Ach, du armes Hascherl!« Etwas anderes wusste die gutmütige Gaby nicht zu sagen. Sie beugte sich vor und streichelte Gunillas Hand.

Ein paar Minuten war es still in dem gemütlichen Zimmer. Jedes der beiden Mädchen hing seinen Gedanken nach.