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Als der inkognito als Taxifahrer arbeitende Peter Falck - eigentlich ein Graf und millionenschwerer Erbe - das bildschöne Mädchen am Nachbartisch erblickt, ist es um ihn geschehen. Gebannt lauscht er dem Gespräch, dass die schöne Unbekannte mit ihrem Verlobten führt. In vier Tagen wollen sie heiraten und dann zu einer Hochzeitsreise um die halbe Welt aufbrechen.
Peters verstohlene Blicke, die er immer wieder zu dem Paar hinüberwirft, lassen ihn zweifeln, dass diese beiden in großer Liebe zueinander entbrannt sind. Auch wenn sie lieb und nett miteinander umgehen, so fehlt doch in ihren Blicken und Gesten die prickelnde Zärtlichkeit, die man wohl wenige Tage vor der Hochzeit erwarten kann. Peter aber hat Amors Pfeil mitten ins Herz getroffen! Und ihm bleiben vier Tage ...
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Seitenzahl: 141
Veröffentlichungsjahr: 2024
Cover
Ein Mann mit Charakter
Vorschau
Impressum
Ein Mann mit Charakter
Warum er seine Herkunft verschwieg
Als der inkognito als Taxifahrer arbeitende Peter Falck – eigentlich ein Graf und millionenschwerer Erbe – das bildschöne Mädchen am Nachbartisch erblickt, ist es um ihn geschehen. Gebannt lauscht er dem Gespräch, dass die schöne Unbekannte mit ihrem Verlobten führt. In vier Tagen wollen sie heiraten und dann zu einer Hochzeitsreise um die halbe Welt aufbrechen.
Peters verstohlene Blicke, die er immer wieder zu dem Paar hinüberwirft, lassen ihn zweifeln, dass diese beiden in großer Liebe zueinander entbrannt sind. Auch wenn sie lieb und nett miteinander umgehen, so fehlt doch in ihren Blicken und Gesten die prickelnde Zärtlichkeit, die man wohl wenige Tage vor der Hochzeit erwarten kann. Peter aber hat Amors Pfeil mitten ins Herz getroffen! Und ihm bleiben vier Tage ...
Der uralte Wagen hielt vor dem großzügig angelegten Bungalow des Rechtsanwaltes Dr. Wegner. Ein junger Mann stieg aus.
Er war hochgewachsen, hatte ein gut geschnittenes Gesicht, sah intelligent und tatkräftig aus. Vielleicht hätte er überall Aufmerksamkeit erregen können, wenn nicht sein billiger Anzug gewesen wäre.
Der junge Mann schloss den Wagen sorgfältig ab, ging zum Haus und klingelte.
Ein Mädchen in weißer Schürze und schwarzem Kleid öffnete ihm, ein recht hübsches, keckes Ding.
»Wir kaufen nichts an der Tür«, sagte das Hausmädchen nach einem prüfenden Blick auf den jungen Mann.
»Ich will nichts verkaufen. Ich möchte zu Doktor Wegner«, erklärte der Besucher lächelnd.
Dieses Lächeln wirkte meistens, und es wirkte auch hier. Es vermochte nämlich den ungünstigen Eindruck, den der abgetragene Konfektionsanzug machte, zu einem Teil aufzuheben. Nicht so sehr den Herren der Schöpfung gegenüber, sondern eher bei den Damen. Und unter ihnen bei einer ganz bestimmten Sorte.
Das Hausmädchen des Rechtsanwaltes gehörte zu dieser Sorte. Ein bisschen neugierig, ein bisschen naiv, leicht zu beeindrucken.
»In welcher Angelegenheit?« Das Mädchen lächelte und öffnete die Tür ein wenig weiter.
»Privat.«
»Darf ich um Ihren Namen bitten?«
»Peter Falck.«
»Einen Augenblick, bitte.«
Es war nun wieder dem Anzug zuzuschreiben, dass das Mädchen den Besucher zwar anmelden wollte, ihn aber im Freien vor verschlossener Tür stehen ließ.
Nach höchstens einer halben Minute wurde die Tür aufgerissen. Dr. Wegner persönlich erschien.
»Guten Tag, Peter«, rief er und streckte dem Besucher mit einer herzlichen Geste die Hand hin. »Kommen Sie herein!«
Der junge Mann betrat die Diele, seine Füße versanken in einem weichen Teppich. Gemälde und üppige Spiegel hingen an den Wänden, bequeme Sessel standen herum.
»Da hinein, bitte«, sagte Dr. Wegner und wies auf eine Tür zur rechten Hand.
Irgendwo im Hintergrund der Vorhalle stand das Hausmädchen, lächelte verlegen und musterte den Besucher noch neugieriger als zuvor. Sie verstand nicht, weshalb ein solcher Mensch von einem Herrn wie Dr. Wegner so herzlich begrüßt wurde. Der hatte es doch sonst mit ganz anderen Leuten zu tun, mit feinen Leuten vor allem und reichen, denen man ihre Bedeutung auf den ersten Blick ansah.
♥♥♥
Kurz darauf hatten Dr. Wegner und Peter Falck im Wohnzimmer Platz genommen.
»Einen Drink?«, fragte der Rechtsanwalt.
»Ich weiß nicht«, erwiderte der junge Mann grinsend, während er sich in einen Sessel fallen ließ, »ob in Ihren Augen auch ein Bier als Drink gilt, Herr Doktor Wegner.«
Der Rechtsanwalt lachte.
»Sie scheinen sehr gut in Ihre Rolle hineingewachsen zu sein, Peter. Oder ist das alles nur Protest?«
»Ich protestiere gegen nichts und niemanden. Ich lebe nur so, wie es mir gefällt.«
Der Rechtsanwalt brachte eine Flasche Bier aus der Hausbar und Gläser. Für sich selbst stellte er eine Kognakflasche auf den Tisch.
»Ich hätte nicht gedacht, Peter, dass Sie so schnell bei mir auftauchen würden«, sagte er, während er die Gläser füllte.
»Ich hatte gerade nichts Besseres zu tun.«
»Soweit ich weiß, arbeiten Sie irgendetwas«, meinte Dr. Wegner mit einem spöttischen Seitenblick.
»Im Allgemeinen ja. Im Moment gerade nicht. Meine letzte Arbeitsstelle habe ich vor drei Wochen verloren.«
»Nanu? – Zum Wohl!«
Sie tranken.
»Die Tochter meines letzten Arbeitgebers war recht hübsch«, erläuterte der Besucher. »Sie selbst glaubte, sie sei sehr hübsch. Ich war anderer Ansicht. Ich vermochte ihrer Schönheit nicht in dem Maße zu huldigen, wie sie es von mir erwartete. Daher wurde ich gefeuert.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Ich auch nicht. Es muss wohl so gewesen sein, dass diese Arbeitgebertochter die jeweiligen Buchhalter ihres werten Vaters als gleichzeitigen Privatdiener für sich selbst zu verbrauchen pflegte. Wobei die Betonung auf ›privat‹ liegt.«
»Komische Leute gibt es«, meinte der Rechtsanwalt.
»Sie sagen es, lieber Freund. Nun privatisiere ich derzeit, bei meinem letzten Einkommen als Buchhalter kann ich es mir für wenigstens vier Wochen erlauben. Und da bin ich.«
»Wie haben Sie erfahren, dass ich Sie suche?«
»Durch Tante Elisabeth.«
»Wusste sie, wo Sie sich befanden?«
»Sie weiß es immer. Irgendwie muss ich ja mit meiner lieben Familie Kontakt behalten. Für alle Notfälle gewissermaßen. Und da Tante Elisabeth meinen Vater nicht ausstehen kann, ist sie mir eine treue Bundesgenossin. Ich möchte Sie herzlich bitten, lieber Doktor Wegner, diesen Punkt vor allem meinem Vater gegenüber sehr diskret zu behandeln.«
»Selbstverständlich«, versicherte der Rechtsanwalt lächelnd. »Wobei ich hinzufügen darf, dass ich sehr bedaure, immer noch keine Besserung Ihrer Beziehungen zu Ihrem Vater erblicken zu können.«
»Ich erblicke auch nichts, Herr Doktor Wegner.«
»Gut, Peter, lassen wir das im Moment. Haben Sie eine Ahnung, weshalb ich Sie sprechen will?«
»Vermutlich, um mir mitzuteilen, dass mein Vater mich nun restlos enterbt hat. Bisher darf ich ab vierzig mit seiner Gnade wenigstens auf finanziellem Gebiet rechnen, also in sechs Jahren. Da ich aber bislang nicht das geringste Zeichen sittlicher Reifung erkennen lasse, dürfte er die Frist wohl verlängern. Am besten gleich auf Lebenszeit.« Es klang ein wenig bitter.
»Diesmal geht es nicht um Ihren Vater, sondern um Ihren Onkel.«
»Ach, die lieben Onkel, die sind auch nicht besser.«
»Es handelt sich um einen Onkel mütterlicherseits. Den Herzog von Wiesberg.«
»Onkel Radomir?«, fragte Peter überrascht.
»Ja. Radomir Herzog von Wiesberg.«
»Radomir, der Einsiedler«, murmelte der junge Mann nachdenklich. »Onkel Radomir, der alle Menschen für böse Geschöpfe hält, der sich in seinem Schloss vergraben hat und nur noch seinen Büchern lebt. Was ist mit ihm?«
»Er ist verstorben.«
»Ach.«
»Ja, vor vier Wochen. Auf seinen eigenen letzten Wunsch hin wurde der Todesfall in der Öffentlichkeit nicht bekannt gegeben. Die Beisetzung fand in engstem Kreise statt.«
»Deshalb habe ich davon nicht erfahren«, sagte Peter betroffen.
»Ja, deshalb.« Der Rechtsanwalt füllte die Gläser nach und fuhr fort. »In der vergangenen Woche war Testamentseröffnung.«
»Und?«
»Obwohl Ihre Familie es nicht notwendig hat, auf die Hinterlassenschaft eines seiner Sippenmitglieder zu spekulieren, war die Enttäuschung doch fühlbar. Das gesamte Vermögen des Herzogs geht an wissenschaftliche Stiftungen.«
»Der Mann hat Charakter, sogar über seinen Tod hinaus«, sagte der Besucher anerkennend.
»Er hat noch mehr Charakter, als Sie annehmen, junger Mann. Er hat es sich nämlich nicht nehmen lassen, noch nach seinem Tode seine gesamte Verwandtschaft gründlich zu ärgern.«
»Inwiefern?«
»Indem er Ihnen als einzigem Verwandtschaftsmitglied doch etwas hat zukommen lassen.«
»Mir?«
,,Ja, Ihnen. Es handelt sich um eine runde Million, davon die Hälfte in flüssigen Mitteln, die andere Hälfte in Liegenschaften. Ein kleineres Gut mit einem hübschen Schlösschen. Es ist verpachtet und bringt jährlich einen netten Gewinn.«
Der junge Mann war sprachlos.
»Freut Sie das nicht?«, fragte der Rechtsanwalt.
»Entschuldigen Sie, eine Million, die kann einem schon in die Glieder fahren. Und wo liegt der Pferdefuß dabei?«
»Der liegt darin, dass Sie nur über die Barmittel frei verfügen können. Das Gut ist unverkäuflich.«
»Und das ist alles?«, fragte Peter verwirrt.
»Ja, das ist alles. Warum?«
»Weil ich mir von meiner lieben Familie eigentlich nur Bosheiten vorstellen kann.«
»Sie vergessen, dass der Herzog sozusagen nicht mehr zur Familie gehörte, weil er sich ihr selbst entzogen hatte.«
»Stimmt auch wieder. Er hat mir also was vermacht, um die Sippe zu ärgern.«
»Ganz genau. Und auch der betreffende Passus des Testamentes ist als Ärgernis gedacht. Da heißt es nämlich, dass Sie nach Ansicht des Erblassers möglicherweise der einzige vernünftige Verwandte sind. Das sei zwar nicht ganz sicher, sondern auch denkbar, dass Sie wirklich nichts taugten. Aber Ihnen, so fährt der Erblasser fort, solle wenigstens eine Chance gegeben werden. Daher diese Erbschaft.«
Peter Falck trank das Bierglas in einem Zuge leer und stellte es mit Nachdruck auf den Tisch.
»Also ein Erbe mit Bewährungsfrist.«
»Nicht ganz. Das Erbe gehört Ihnen auf jeden Fall. Das kleine Gut, das ist Ihre bleibende Sicherheit. Aber die andere halbe Million, die ist Ihr Prüfstein.«
»Und vor wem habe ich mich zu verantworten?«
»Vor sich selbst, Peter«, sagte der Rechtsanwalt, und jetzt war er sehr ernst. »Erlauben Sie mir ein persönliches Wort?«
»Bitte.«
»Sie haben sich mit Ihrer Familie überworfen, weil Sie nicht an deren Gängelband laufen wollten. Das ist Ihre Sache. Seither aber haben Sie keinen festen Boden unter die Füße bekommen. Das ist zwar auch Ihre Sache, aber Sie müssen verstehen, dass die Beobachter daraus ihre Schlüsse ziehen. Etwa so: Er war gegen alles, aber er ist auch für nichts. Er hat zwar Jura und Volkswirtschaft studiert und sogar den Doktortitel.«
»Immerhin«, murmelte Peter.
»Aber was er damit angefangen hat, das ist kümmerlich«, fuhr Dr. Wegner unbeeindruckt fort. »Zum Schluss waren Sie nach Ihren eigenen Angaben Buchhalter. Ich würde sagen, keine sehr beeindruckende Karriere. Oder sind Sie anderer Ansicht?«
»Nein«, gab der junge Mann zu. »Und ich weiß auch, dass das meine Schuld ist. Wenn Sie so wollen, ich leide unter Antriebsarmut. Ich mag mich nicht in einen Kasten sperren lassen, in dem ich wieder an allen Ecken und Enden anstoße. Kurzum, ich will frei sein.«
»Wir könnten jetzt anfangen, über den Begriff Freiheit zu diskutieren. Beispielsweise wäre anzuführen, dass wahre Freiheit sich selbst gewisse Fesseln auferlegt. Frei gewählte Fesseln und so weiter.«
»Schon gut. Kommen wir zur Sache. Was wird jetzt aus mir?«
»Nach allgemeingültigen Begriffen sind Sie reich. Nach den Begriffen Ihrer Familie sind Sie nach wie vor ein armer Schlucker. Sie haben die Wahl, die halbe Million zu verprassen oder etwas damit anzufangen.«
»Was denn zum Beispiel?«
»Sie können das Geld anlegen.«
»Wie?«
»Sie würden es also tun?«
»Schon. Aber es kommt darauf an, wie. Zum Zinsenschneiden eigne ich mich nicht.«
»Das ließe sich vermeiden, Peter. Zum Beispiel, wenn Sie eine Firma kaufen, in der Sie dann gewissermaßen mitarbeiten können.«
»Da lande ich unter Garantie wieder als Buchhalter!«, sagte Peter lachend.
»Nicht unbedingt, Peter. Es kommt auf die richtige Wahl an.«
»Hören Sie, lieber Freund. Mir scheint, Sie haben etwas Bestimmtes im Auge.«
»Sie haben recht, Peter. Ich habe tatsächlich ein Objekt an der Hand, das mir für Sie wie geschaffen erscheint.«
»Nämlich?«
»Ein Taxiunternehmen in München. Die bisherigen Besitzer, eine Familie, wollen sich davon trennen. Wegen Meinungsverschiedenheiten, aber das kennen Sie ja. Das Unternehmen ist für vierhunderttausend sofort zu haben. Es verfügt über eine eigene Garage und zehn Wagen. Der einzige Mangel liegt bei geeigneten Fahrern. Entweder sind zu wenig da, oder sie wechseln häufig.«
»Dann kann ich mich also mit miesen Leuten herumärgern«, sagte der junge Mann.
»Nicht, wenn Sie selbst ein Taxi fahren.«
»Ich?«
»Sie haben richtig gehört. Es dürfte Ihnen nicht schwerfallen, mit dem Wagen und den Menschen umzugehen. Und außerdem hätten Sie die Möglichkeit, das Unternehmen unauffällig zu überwachen. Es braucht in der Firma niemand zu erfahren, wer der Käufer ist. Der Kauf kann über meine Kanzlei abgewickelt werden.«
»Aber wenn die anderen hören, wer ich bin?«
»Sie vergessen Ihren zweiten Pass, Peter. Er lautet auf den Namen Peter Falck, und ich nehme an, dass Sie ihn während der vergangenen Zeit meistens benutzt haben.«
»Ja, das habe ich.«
»Dann ist ja alles in Ordnung. Aus dem Grafen von Falck wird Peter Falck, niemand weiß, dass ihm das Taxiunternehmen gehört, und er lenkt selbst ein Taxi durch das Großstadtgewühl. Er arbeitet sozusagen an der Front und verdient sein Geld in dem Unternehmen. Einverstanden?«
»Ja.«
»Wann wollen Sie anfangen?«
»Sobald mir der Laden gehört.«
»Das kann in drei Wochen über die Bühne gegangen sein. Ich werde sofort alle erforderlichen Schritte einleiten, wenn Sie es wünschen, Peter.«
»Ich bitte Sie darum. Und ich danke Ihnen für Ihre Mühe.«
»In Ihrem Falle«, meinte der Rechtsanwalt lächelnd, »ist es mir ein Vergnügen. Endlich mal etwas anderes als diese Routinesachen. Fast hätte ich Lust, mich bei Ihnen auch in ein Taxi zu setzen.«
»Sie?«
»Ja, Peter, ich. Ob Sie es glauben oder nicht, Sie sind nämlich nicht der einzige Mensch mit einem Freiheitsdrang unter dem Schlips. Vielleicht schadet diese Erkenntnis Ihrer Selbsteinschätzung, aber es ist so. Man kann nur nicht immer so, wie man gerne möchte.«
»Danke für die Abreibung.«
»Gern geschehen. Und nun viel Glück! Nutzen Sie die Chance, Peter!«
♥♥♥
Es lief alles wie am Schnürchen.
Da es keine juristischen Schwierigkeiten gab, wurde der Kauf über das Rechtsanwaltsbüro Wegner rasch abgewickelt. Die Leitung des Unternehmens blieb vorerst weiter in den Händen eines Geschäftsführers, der augenscheinlich ein recht tüchtiger Mann war. Alois Mosham hieß er und war ein Münchener aus Bad Tölz wie viele andere Münchener auch.
Drei Tage nach dem rechtsgültigen Kauf meldete sich ein gewisser Peter Falck im Büro der Firma.
Er wurde von einem recht hübschen blonden jungen Mädchen und einer älteren Frau empfangen. Beide musterten ihn gleichermaßen neugierig.
»Ich möchte bei Ihnen als Taxifahrer arbeiten«, sagte Peter Falck.
»Ihre Papiere«, forderte die ältere Dame.
Peter reichte ihr seinen Pass.
»Zeugnisse? Arbeitspapiere?«, fragte die Frau.
»Habe ich nicht. Ich war bisher bei meinem Vater beschäftigt, aber wir haben uns verkracht. Das Zeugnis, das er mir geben würde, würde mir eher schaden als nutzen.«
»Als was haben Sie gearbeitet?«
»Als Taxifahrer«, log Peter unverdrossen weiter und warf dem hübschen Mädchen einen lächelnden Blick zu.
»Ich werde Sie unserem Geschäftsführer melden«, sagte die ältere Dame und verschwand hinter einer Tür.
Peter verstärkte sein Lächeln zu der Blondine hin.
»Gutes Betriebsklima hier?«, erkundigte er sich.
»Wie man's nimmt«, erwiderte sie vage.
Gerade wollte sie noch etwas hinzufügen, doch die ältere Kollegin kam zurück, und ein paar Sekunden später stand Falck im Büro des Geschäftsführers.
Er hatte eine Glatze, war rundlich und trug einen grünen Lodenjanker. In seinem Mundwinkel hing eine kalte Zigarre. Grußlos musterte er den Besucher.
»Sie haben keine Zeugnisse, habe ich gehört«, sagte er dann.
Peter wiederholte seine Erklärung.
»Sie haben«, informierte der Geschäftsführer ihn, »zwei Monate Probezeit. Sie bekommen ein Grundgehalt von fünfhundert Mark zuzüglich zehn Prozent von Ihren Einnahmen als Fahrer. Einverstanden?«
»Fünfhundert Mark sind nicht viel«, wandte Peter ein.
»Ich weiß. Aber wir müssen vorsichtig sein. Wenn einer zu viel Geld bekommt, wird er faul. Wenn einer fleißig ist, macht er aus den zehn Prozent eine ganze Menge.«
Das leuchtete Peter Falck ein.
»Einverstanden«, sagte er.
»Ist das Ihr einziger Anzug?«, wollte Mosham wissen.
»Ich habe zwei.«
»Ist der andere besser als dieser?«
»Ja.«
»Dann tragen Sie den anderen während der Arbeit. Wann können Sie anfangen?«
»Morgen.«
Der Geschäftsführer erhob sich, trat vor einen Münchener Stadtplan und erklärte dem neuen Fahrer die Gepflogenheiten der Firma.
»Sie werden hier stehen«, sagte Mosham und wies auf einen Punkt in der Nähe des Hauptbahnhofes. »Unsere Fahrer sind über die ganze Stadt verteilt, es wird selten vorkommen, dass Sie unterwegs einen treffen. Sie sind also, auf unsere Firma bezogen, ganz auf sich gestellt. Sie bekommen ein Formular, auf das Sie jede Fahrt nach Summe und Kilometern eintragen. Danach rechnen Sie ab.«
»Und wenn ich Sie betrüge?«
»Dann stimmt die Endsumme nicht, oder Sie schneiden sich ins eigene Fleisch. Probieren Sie's mal.«
»Das hatte ich eigentlich nicht vor. Ich fragte nur so.«
»Morgen früh um sieben im anderen Anzug. Ist das klar?«
»Ja«, sagte Peter Falck, »das ist klar. Wem gehört der Laden hier eigentlich?«
»Einem, der nicht so dumme Fragen stellt wie Sie«, sagte der Geschäftsführer, aber nicht, weil die Frage ihn ärgerte, sondern weil ihn ärgerte, dass selbst er den neuen Besitzer nicht kannte. Er wertete das als mangelndes Vertrauen. »Haben Sie in München eine Wohnung?«, fragte Mosham noch.
»Ja, ein Zimmer.«
»Kennen Sie sich hier aus?«
»Leidlich. Ich dürfte keine Schwierigkeiten haben.«
Das war nicht gelogen, denn Peter hatte in München studiert und seitdem drei Jahre hier verbracht.
♥♥♥
Das Taxi war nicht schlecht, eines wie tausend andere, die in München liefen.
Peter war am nächsten Morgen pünktlich zur Stelle, bekam seine Wagenpapiere ausgehändigt und fuhr zu seinem Standplatz.
Drei andere Wagen von anderen Firmen standen schon dort. Die Fahrer sahen das neue Gesicht hinter dem Lenkrad. Peter stieg aus, ging zu ihnen und stellte sich vor. Er stieß auf zurückhaltendes Interesse.
»Vordrängeln gibt's nicht«, warnte ihn einer der anderen Fahrer. »Aber das weißt du ja wohl.«
»Klar, weiß ich das«, erwiderte Peter, und damit war die Bekanntschaft mit den Kollegen geschlossen.
Schon zehn Minuten später hatte Peter seine erste Fahrt. Ein Herr, dem man den Geschäftsmann auf zehn Meilen gegen den Wind ansah, wollte in die Maximilianstraße. Peter brachte ihn hin, kassierte sein Geld und bekam eine Mark Trinkgeld.
Mit dem Fahrgast hatte er höchstens drei Worte gewechselt.