Die Zerstörung der Leipziger Stadtbibliothek im Jahr 2003 - Frank Fischer - E-Book

Die Zerstörung der Leipziger Stadtbibliothek im Jahr 2003 E-Book

Frank Fischer

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Jahrelang hat ein Germanistikstudent systematisch die Bücher der Leipziger Stadtbibliothek verunstaltet. Jetzt ist er gestellt, doch die Buchstadt sorgt sich um ihren guten Ruf.

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Frank Fischer

Die Zerstörung der

Leipziger Stadtbibliothek

im Jahr 2003

SuKuLTuR

2011

Schöner Lesen Nummer 41

ein SuKuLTuR-Produkt

eBook-Ausgabe Oktober 2011

1. Auflage (Print) Juni 2005

Einige Rechte vorbehalten

Veröffentlicht unter der

Creative Commons-Lizenz

BY-NC-SA 3.0 DE

Text: Frank Fischer

Lektorat: Susanne Stolzenberg

Umschlag: Andreas Vogel, Camilo Seifert

SuKuLTuR, Wachsmuthstraße 9, 13467 Berlin

[email protected] · www.sukultur.de

ISBN (Print) 978-3-937737-45-4

ISBN (ePub) 978-3-941592-85-8

ISBN (pdf) 978-3-941592-78-0

eBook-Herstellung und Auslieferung

readbox publishing, Dortmund

www.readbox.net

BUCHKULTUR

„Terrorattacke auf das geschriebene Wort“

Jahrelang hat ein Germanistikstudent systematisch die Bücher der Leipziger Stadtbibliothek verunstaltet. Jetzt ist er gestellt, doch die Buchstadt sorgt sich um ihren guten Ruf. Von Frank Fischer

Die Leipziger Stadtbibliothek am Wilhelm-Leuschner-Platz liegt direkt zwischen dem Stadtzentrum und der studentisch geprägten Südvorstadt. An der nächsten Straßenecke parken die Streifenwagen vor dem Polizeirevier Mitte. Nicht gerade der ideale Ort, um kriminell zu werden.

Das Gebäude, das 1896 ursprünglich als Kunstgewerbe- und Völkerkundemuseum eingeweiht worden war, diente nach dem Zweiten Weltkrieg als Bürohaus für ein volkseigenes Chemiekombinat, bevor es 1991 zur Hauptstelle der Leipziger Bibliotheken umfunktioniert wurde. Den hohen Räumen sieht man noch an, dass sie eigentlich als Museum gedacht waren, inzwischen finden hier eine halbe Million Medien Platz.

Die Regale sind immer noch vor allem mit Büchern gefüllt, der Ausleihschwerpunkt der Nutzer liege aber inzwischen bei Videos und CDs, berichtet Elisabeth Christ. Sie arbeitet an der Informationstheke in der ersten Etage, eine gemütliche Frau in ihren Fünfzigern, die fast ein bisschen stolz nachschickt, dass es aufgrund der hohen Nachfrage seit kurzem auch DVDs auszuleihen gebe. Über Bücher scheint sie sich nicht mehr so zwanglos freuen zu können.

Für sie begann es Ende letzten Jahres, kurz vor Weihnachten. Die Fälle von verunstalteten Büchern hatten sich spürbar gehäuft, und als ihr eine Leserin eines Tages ein völlig entstelltes Kinderbuch auf den Tisch legte, wollte sie der Sache selbst nachgehen.

Bei Stichproben in der Kinderbuchabteilung fand sie tatsächlich auf Anhieb weitere Exemplare, die mit ausgestanzten Seitenzahlen und abgeschnittenen Eselsohren aufwarteten. Noch mehr beunruhigten sie aber die zahlreichen Filzstift-Schmierereien. Sie meldete ihre Entdeckung schließlich der Bibliotheksleitung, die eine genaue Untersuchung ankündigte.

Nun kann kein Mensch die über 300.000 Bände des Bestandes vollständig durchblättern, zumal einige der gemeldeten Eingriffe in die Buchgestalt nur eine einzige Seite betreffen. Die Konsequenz, mit der die bisher festgestellten Verunstaltungen durchgeführt worden waren, und der in mehreren Fällen benutzte dunkelgrüne Textmarker ließen aber auf einen Wiederholungstäter und genügend Vorsatz schließen.

Als erste Maßnahme bekam jeder Mitarbeiter einige Regalmeter zugeteilt, die dann in freien Minuten während des regulären Bibliotheksbetriebs nach weiteren beschädigten Büchern durchsucht wurden.

Das Ergebnis dieser ersten flüchtigen Inventur: über 700 ganz oder teilweise verunstaltete Bücher, tausende weitläufig beschriebene oder gar entstellend beschmierte Buchseiten, die noch dazu oft angerissen und verklebt waren.

Doch nicht der entstandene Schaden und das bevorstehende Bekanntwerden des Skandals beschäftigte nun die Bibliotheksleitung. Bei den Buchgraffiti handelte es sich offenbar um eine systematische Manipulation des Bibliotheksbestandes, um einen „work in progress“, der so schnell wie möglich gestoppt werden musste.