Dorian Hunter 100 - Earl Warren - E-Book

Dorian Hunter 100 E-Book

Earl Warren

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Beschreibung

»Eloy Gabbadim Kornak.«
Mary Anderson stand auf, löschte das Licht, tappte im Dunkeln zur Tür und öffnete sie. Jetzt vernahm sie die Stimme aus dem anderen Zimmer deutlicher. Der Raum lag auf der anderen Seite des Flures. Das Licht der Straßenbeleuchtung fiel durch ein Fenster in den Flur der Altbauwohnung und erhellte ihn spärlich.
Ein zorniges Fauchen war zu hören, dann folgten wieder Worte in der unbekannten Sprache. »Jordzak Dschynn. Ganho!«
Marys Herz hämmerte. Es war unmöglich, dass ihr Sohn Elroy mit so rauer, heiserer Stimme sprach ...

Hekate ist besiegt! Luguris Status als neuer Anführer der Schwarzen Familie ist zementiert, sodass er sich ganz dem Kampf gegen den Dämonenkiller widmen kann. Seine wichtigsten Verbündeten in diesem Kampf sind jedoch nicht die Dämonen, sondern - dreizehn zweijährige Kinder ...


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Seitenzahl: 143

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Inhalt

Cover

Was bisher geschah

DIE TODESTÜR

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

mystery-press

Vorschau

Impressum

Der ehemalige Reporter Dorian Hunter hat sein Leben dem Kampf gegen die Schwarze Familie der Dämonen gewidmet, seit seine Frau Lilian durch eine Begegnung mit ihnen den Verstand verlor. Seine Gegner leben als ehrbare Bürger über den Erdball verteilt. Nur vereinzelt gelingt es dem »Dämonenkiller«, ihnen die Maske herunterzureißen.

Bald kommt Dorian seiner eigentlichen Bestimmung auf die Spur: In einem früheren Leben schloss er als Baron Nicolas de Conde einen Pakt mit dem Teufel, der ihm die Unsterblichkeit sicherte. Um für seine Sünden zu büßen, verfasste de Conde den »Hexenhammer« – jenes Buch, das im 16. Jahrhundert zur Grundlage für die Hexenverfolgung wurde. Doch der Inquisition fielen meist Unschuldige zum Opfer; die Dämonen blieben ungeschoren. Als de Conde selbst der Ketzerei angeklagt und verbrannt wurde, ging seine Seele in den nächsten Körper über. So ging es fort bis in die Gegenwart. Dorian Hunter begreift, dass es seine Aufgabe ist, de Condes Verfehlungen zu sühnen und die Dämonen zu vernichten.

In der Folge beginnt Dorian die Dämonen zu jagen – doch diese schlagen zurück und zersetzen die »Inquisitionsabteilung« des Secret Service, der Dorian vorübergehend unterstützt hat. Der ehemalige Leiter der Inquisitionsabteilung, Trevor Sullivan, gründet in der Londoner Jugendstilvilla in der Baring Road die Agentur Mystery Press, die Nachrichten über dämonische Aktivitäten aus aller Welt sammelt. Hunter bleibt als zweiter Rückzugsort das Castillo Basajaun in Andorra, in dem er seine Mitstreiter um sich sammelt: die Hexe Coco Zamis, die selbst ein Mitglied der Schwarzen Familie war, bis sie wegen ihrer Liebe zu Dorian den Großteil ihrer magischen Fähigkeiten verlor; den Hermaphroditen Phillip, dessen Fähigkeiten ihn zu einem lebenden Orakel machen, sowie Ex-Secret-Service-Agent Donald Chapman, der bei einer dämonischen Attacke auf Zwergengröße geschrumpft wurde.

Beinahe wird die schwangere Coco Zamis ein Opfer der Machtkämpfe innerhalb der Schwarzen Familie, doch nach einer Flucht um den halben Erdball bringt Coco ihr Kind sicher zur Welt – und versteckt es an einem Ort, den sie selbst vor Dorian geheimhält. Cocos Vorsicht ist berechtigt, da bald eine neue, »alte« Gegnerin auftaucht: Hekate, die Fürstin der Finsternis, wurde von Dorian einst in seinem vierten Leben als Michele da Mosto verraten, sodass ihre frühere Liebe sich in glühenden Hass verwandelt hat.

Die Erinnerung an seine Existenz als da Mosto veranlasst Dorian, nach der Mumie des Dreimalgrößten Hermes Trismegistos zu forschen. Im Golf von Morbihan stößt er auf die versunkene Stadt Ys und birgt aus ihr einen Handspiegel, dem unheimliche Kräfte innewohnen. Der Spiegel scheint seinem jeweiligen Besitzer Lebensenergie zu entziehen. Aber Dorian ist auf den Spiegel angewiesen – er stellt womöglich die einzig wirksame Waffe gegen den Erzdämon Luguri dar, der sich als Hekates Nachfolger an die Spitze der Schwarzen Familie gesetzt hat ...

DIE TODESTÜR

von Earl Warren

»Eloy Gabbadim Kornak.«

Mary Anderson verstand nur diese drei Worte von dem Gemurmel, das aus dem Kinderzimmer drang.

Die blonde Frau setzte sich zutiefst beunruhigt im Bett auf. Was war nur los mit dem zweijährigen Elroy? Er benahm sich so merkwürdig in letzter Zeit, fast als sei ein böser Geist in ihn gefahren. Konnte ein zweijähriges Kind überhaupt so unheimliche Laute von sich geben?

Ein Knirschen und Schmatzen kam nun aus dem Kinderzimmer, dann heiseres, höhnisches Gelächter. Etwas polterte gegen die Tür.

Mary knipste die Nachttischlampe an. Ihr Mann John brummte unwillig und drehte sich vom Lichtschein weg. Er war Schichtarbeiter in einem Eisenhüttenwerk in der Nähe von London und brauchte seinen Schlaf. Und wenn er erst einmal schlief, weckte ihn auch ein Kanonenschuss nicht mehr. Von ihrem Mann hatte Mary also keine Hilfe zu erwarten.

1. Kapitel

Sie stand auf, löschte das Licht, tappte im Dunkeln zur Tür und öffnete sie.

Jetzt vernahm sie die Geräusche aus dem Kinderzimmer deutlicher. Es lag auf der anderen Seite des Flures. Das Licht der Straßenbeleuchtung fiel durch ein Fenster in den Flur der Altbauwohnung und erhellte ihn spärlich.

Ein Fauchen war zu hören, dann folgten wieder Worte in der unbekannten Sprache.

»Jordzak Dschynn. Ganho!«

Der Ausruf klang zornig.

Marys Herz hämmerte. Es war unmöglich, dass ein Kind mit so rauer, heiserer Stimme sprach. Jemand musste bei ihrem kleinen Elroy sein, ein Fremder, eine unheimliche, böse Kreatur.

Die blonde Frau im langen, hellen Nachthemd zögerte. Wenn sie ihren Mann weckte, konnte es zu spät sein. Es würde eine Weile dauern, bis er endlich schlaftrunken aus dem Bett torkelte.

Im Kinderzimmer fauchte nun wieder jemand, dann knirschte etwas. Ein Gegenstand polterte gegen die Tür.

Mary Andersons Mutterliebe und der Drang, ihrem Jungen beizustehen, siegten über ihre Angst. Sie lief über den Flur, riss die Tür des Kinderzimmers auf und tastete mit zitternder Hand nach dem Lichtschalter.

Zwei funkelnde Augen leuchteten ihr entgegen, und jemand brabbelte bösartig. Dann flammte die Lampe auf, und Mary sah den zweijährigen Elroy auf dem Boden sitzen.

Seine Augen waren es, die so unheimlich geleuchtet hatten. Er saß auf dem Boden, und sein Gesicht hatte einen irren Ausdruck, der ihn alt und böse erscheinen ließ.

Elroys Kinderbettchen war umgestürzt worden, und seine Spielsachen waren im Kinderzimmer verstreut. Gelblicher Speichel tropfte aus dem Mund des Zweijährigen. Elroy hatte seinen Teddy völlig zerfetzt. Mary fragte sich, wo er die Kraft hergenommen hatte. Eine Kasperlpuppe war in der Mitte durchgerissen. Außer dem Jungen befand sich niemand im Zimmer, wie die zitternde Mutter feststellte. Er musste das Spielzeugauto und die Bauklötze gegen die Tür geworfen haben.

Nun erlosch das Glühen in den Augen des Jungen, und der eklige Geifer hörte zu fließen auf.

Mit einem Aufschrei kniete Mary Anderson neben ihrem Sohn nieder, ihrem und Johns einzigem Kind.

»Elroy, was hast du? Was ist passiert?«

Der Junge antwortete nicht. Mary umarmte ihn und presste ihn an sich, als könnte sie ihn vor dem Unheimlichen schützen.

»Kind, was hat das zu bedeuten? Dieser Lärm und diese unheimlichen Worte? Was ist denn bloß in dich gefahren?«

Elroy hob den blondhaarigen Kopf und lächelte boshaft.

»Mein Junge, was hast du denn? Mami will dir doch nur helfen, mein Schatz.«

Da sagte der Zweijährige, der zuvor immer nur wenige einfache Worte geplappert hatte, mit tiefer, rauer Stimme: »Lass mich in Ruhe, du alte Hure! Was ist denn schon dabei, wenn ich ein wenig mit Luguri spiele?«

Mary war wie vom Donner gerührt. Sie riss den Jungen vom Boden hoch, trug ihn hinüber ins Schlafzimmer und weckte ihren Mann.

John brummte schlaftrunken. Schließlich sah er sich doch das Durcheinander im Kinderzimmer an.

Kopfschüttelnd kam er zurück. »Das verstehe ich nicht. Du musst morgen Früh mit ihm zu Doc Morgerfield gehen. Er hat dich beschimpft, sagst du? Das zweijährige Kind?«

Mary nickte, und John schüttelte wieder den Kopf.

Elroy saß im Doppelbett seiner Eltern, als könnte er kein Wässerchen trüben. Er sagte in dieser Nacht kein Wort mehr, und es geschah auch weiter nichts Ungewöhnliches.

Trotzdem wurde Mary das Unbehagen nicht los.

»Ich verstehe das nicht, Doktor«, sagte Anne Downes. »Margaret war die ganze Zeit ein völlig normales, sogar ziemlich braves Kind. Aber in den letzten drei Wochen ist es wie verhext mit ihr. Zuerst wurde sie ungeheuer aggressiv. Wir konnten sie nicht mehr mit anderen Kindern spielen lassen, denn sie biss, kratzte und sie schlug. Dabei entwickelte sie manchmal ungeheure Kräfte.«

Dr. Charles Merrywether war gerade damit beschäftigt, die zweijährige Margaret mit dem Stethoskop abzuhören. Die Kleine machte einen völlig unbeteiligten Eindruck.

Dr. Merrywether, ein Koloss von einem Mann, fast zwei Meter groß, massig und breit, war der bekannteste Kinderarzt Londons. Er hatte seine Praxis in der Nähe des Regent's Parks.

»Wie ging es weiter?«, fragte er Mrs. Downes, die auf einem Stuhl vor seinem Schreibtisch saß.

»Wir mussten Margaret sogar von unseren beiden anderen Kindern fernhalten«, sagte die rundliche Frau. »Der Große ist acht, aber wenn Margaret ihre Wutanfälle hatte, besaß er keine Chance gegen sie. Sie hat ihn richtig fertiggemacht.«

»Hm«, sagte der Arzt.

»Wir hatten sie nachts in unserem Schlafzimmer und wurden bald wahnsinnig – mein Mann und ich«, fuhr Mrs. Downes fort. »Sie fauchte und röchelte und redete manchmal in einer unbekannten Sprache, dass es uns eiskalt den Rücken hinunterlief. Sie zerbrach die Gitterstäbe ihres Bettchens, und wenn sie ein Spielzeug oder sonst etwas erwischen konnte, zerfetzte oder zertrümmerte sie es. Außerdem stopfte sie allen möglichen Dreck in sich hinein.«

»Dreck?«

»Ja, Kot und Abfälle. Scheußlich! Wir wussten uns keinen Rat mehr. Alles Mögliche haben wir versucht, bis unser Hausarzt uns schließlich an Sie überwies.«

»Hat die Kleine einmal den Namen ›Luguri‹ genannt?«

Anne Downes Augen wurden groß vor Staunen. »Woher wissen Sie davon, Doktor?«

Dr. Merrywether winkte ab. »Erzählen Sie nur weiter, Mrs. Downes! Was macht Margaret jetzt?«

»Manchmal erstarrt sie, immer nur für wenige Minuten, aber es ist doch sehr erschreckend. Dann wird sie glühend heiß und kurze Zeit später ist sie eisig kalt. Hin und wieder bekommt sie Schüttelfrost, und ihre Zunge wird ab und zu ganz schwarz. Und manchmal schwitzt sie eine gelbliche Flüssigkeit aus, die sehr übel riecht.«

Dr. Merrywether nickte. »Ich kenne die Symptome. Das ist kein Einzelfall, Mrs. Downes.«

»Nicht? Sind denn noch andere ...«

»Ja. Diese Krankheit grassiert in den letzten Wochen. Zehn Fälle sind bisher bekannt. Ihre Margaret ist der elfte. Ein paar Kollegen wandten sich an mich, als sie nicht weiterwussten. Die Krankheit tritt nur in London und Umgebung auf. Ihre Margaret ist am 27.10. geboren?«

»Ja, Doktor.«

»Die anderen kranken Kinder auch alle. Merkwürdig, nicht? Ich hoffe sehr, dass diese Epidemie sich nicht ausbreitet. Ich habe die Ärztekammer verständigt, und Rundschreiben an alle Ärzte in London und Umgebung sind herausgegangen. Die auswärtigen Kollegen wurden verständigt. Bis jetzt sind es, wie gesagt, elf Fälle. Alle befinden sich in meiner Obhut.«

»Aber was ist es denn, Doktor? Was hat meine kleine Margaret? Können Sie ihr helfen?«

Der Kinderarzt betrachtete nachdenklich das zweijährige Mädchen, das mit freiem Oberkörper vor ihm stand. Er hob Margaret hoch und stellte sie auf seine Schenkel. »Hast du Schmerzen?«, fragte er.

Das Kind antwortete nicht. Es starrte den Arzt an, und plötzlich ging eine erschreckende Verwandlung mit ihm vor. Seine Augen wurden starr, das kindliche Gesicht verzerrte sich zu einer schrecklichen Grimasse. Schwarz fuhr die Zunge über die spröden Lippen des Kindes.

»Was ist, Margaret?«, fragte Dr. Merrywether. »Wo spürst du etwas? Ich will dir helfen. Komm, sag es dem Onkel Doktor, dann bekommst du auch ein Bonbon.«

»Steck dir dein Bonbon in den Hintern, du alter Kinderschänder!«, sagte die Zweijährige mit rauer, heiserer Stimme. »Luguri soll dich strafen.«

»Wer oder was ist Luguri?«, rief Dr. Merrywether. »Margaret, sei ein braves Kind und sag mir, wer Luguri ist oder was!«

»Margaret«, bettelte die Mutter, »sag es dem Onkel Doktor, damit er dir helfen kann! Sei lieb, Schätzchen!«

Das Kind lachte so böse, rau und höhnisch, wie eine Zweijährige niemals lachen konnte. Etwas anderes lachte aus ihr, etwas Abscheuliches, Böses. Wie eine Kralle fuhr die Kinderhand auf das Gesicht des Arztes zu. Dr. Merrywether wehrte die Hand ab, und dabei kam er mit seiner Hand in die Reichweite von Margarets Gebiss. Sie schnappte zu, und der riesengroße Mann schrie auf. Die Zähne der Zweijährigen drangen bis zum Knochen vor. Stöhnend griff ihr Dr. Merrywether hinter die Kinnbacken und versuchte, ihren Mund aufzureißen.

Margaret bekam einen Schüttelfrost. Sie zitterte, als zuckten Stromstöße durch ihren kleinen Körper.

Endlich konnte Dr. Merrywether seine Hand befreien. Das Blut tropfte ihm von den Fingern.

Mrs. Downes war aufgesprungen. »Doktor!«, rief sie entsetzt.

Margaret warf sich auf den Boden. Eine gelbliche Flüssigkeit, die rasch verdunstete, lief ihr in großen Tropfen aus allen Poren. Ein scheußlicher Gestank breitete sich in dem großen, von Neonröhren beleuchteten Sprechzimmer aus.

»Die aggressiven Anfälle hat sie also auch noch«, sagte der Arzt. Er wickelte ein weißes Taschentuch um seine blutende Hand.

»Ja«, stammelte Mrs. Downes. »Ich vergaß ...«

»Schon gut. Es ist wie bei den anderen. Zum Glück dauern die Anfälle nicht lange.«

Margaret wurde jetzt schon ruhiger. Das gelbe Zeug verdunstete vollends.

Margarets Mutter und der Arzt rangen nach Luft. Das zweijährige Mädchen setzte sich auf und lächelte, als sei nichts geschehen.

»Doktor«, fragte Mrs. Downes ängstlich, »was sollen wir denn nur tun?«

»Ich bin für eine sofortige Einlieferung in die Beobachtungsstation des St.-Patrick-Kinderhospitals, wo sich auch die anderen zehn Kinder mit der Luguri-Epidemie aufhalten«, sagte der Arzt. »Es liegt natürlich in Ihrem Ermessen und in dem Ihres Mannes, Mrs. Downes. Aber in Anbetracht der Umstände halte ich es für die einzige Möglichkeit.«

»Sie haben recht, Dr. Merrywether«, sagte Mrs. Downes. »Margaret soll ins St.-Patricks. Sie werden mich vielleicht für eine schlechte Mutter halten, aber es ist mir lieber, wenn ich Margaret nicht mehr im Haus habe. Das Kind ist mir unheimlich.«

Ich hatte an diesem Tag lange geschlafen und wollte auch jetzt noch nicht aufstehen. Es war kurz nach elf. Ich lag im Bett, die Times und den Guardian vor mir. Coco hatte mir die Zeitungen mit dem Frühstück ans Bett gebracht.

Es war direkt schon auffällig, wie sie mich in den letzten Tagen verwöhnte. Fast glaubte ich, sie hatte ein schlechtes Gewissen mir gegenüber. Dabei hätte es eigentlich umgekehrt sein müssen, denn ich hatte Coco in der letzten Zeit arg vernachlässigt. Manchmal hatte sie sicher nicht begriffen, weshalb ich bestimmte Dinge tat oder mich schroff und hochfahrend zeigte und alte Freunde vor den Kopf stieß. Aber ich war einer so ungeheuer wichtigen Sache auf der Spur, dass ich keine Rücksichten nehmen durfte, auf nichts und niemanden.

Ich, Dorian Hunter, der Dämonenkiller genannt, hatte viele Leben gelebt. Jetzt endlich hatte ich die Möglichkeit, etwas Ungeheuerliches zu erreichen, die größte Macht zu erringen, die ein Mensch seit Äonen je innegehabt hatte.

Es ging um den Stein der Weisen, das Vermächtnis des Hermes Trismegistos, des Begründers und größten Meisters der weißen Magie. Magnus Gunnarsson, Unga oder ich – einer von uns dreien musste das Vermächtnis des Dreimalgrößten Hermes antreten, wenn uns die Dämonen der Schwarzen Familie nicht vorher erledigten.

Magnus Gunnarsson und Unga erwarteten mich an einem Treffpunkt außerhalb Englands. Es war kein bestimmter Termin ausgemacht. Ich sollte kommen, wenn ich bereit war.

Das hieß, dass ich alle Bande zu meiner Vergangenheit – auch die der Liebe und der Freundschaft – lösen musste. Mein Geist musste frei sein und stark für die große Aufgabe.

Das war nicht einfach. Ich fühlte, dass ich innerlich noch nicht bereit war. Vor sechs Tagen war Hekate, die Fürstin der Finsternis, von dem Erzdämon Luguri in die Alraunenwurzel zurückverwandelt worden. Seitdem hatte ich in der Jugendstilvilla in der Baring Road geruht und nachgedacht. Miss Pickford, die alte Kneifzange, nannte das Faulenzen, aber das störte mich nicht. Ich hatte mehr als genug getan und mir eine kurze Zeitspanne der Untätigkeit verdient.

Ich gähnte herzhaft. Draußen war es grau und nasskalt. Das Wetter lud nicht zum Aufstehen ein. Es regnete, obwohl es schon längst Dezember war.

An meinem Hals hing der Ys-Spiegel, von dem ich mich im Moment nicht trennen konnte. Das hätte meinen sicheren Tod bedeutet, denn der magische Spiegel hatte sich auf metaphysische Weise mit meinem Id verbunden. Er war ein lebenswichtiger Teil von mir geworden – zumindest vorläufig.

Ich trank einen Schluck von dem kalten Tee in der Tasse auf dem Nachttisch, steckte mir eine Players an und nahm mir wieder den Guardian vor.

Die Meldungen und Artikel auf den vorderen Seiten – politische und die Sensationen des Tages betreffend – hatte ich schon gelesen. Jetzt las ich das weniger Wichtige, mehr aus Langeweile. Im Stadtteil Mayfair war ein Mann hundert Jahre alt geworden. Ein Guardian-Reporter hatte ihn interviewt. Bis 1930 sei es noch gegangen, hatte der Alte erklärt, aber dann wäre nichts Vernünftiges mehr gekommen.

Mein Blick fiel nun auf einen einspaltigen Artikel. Seltsame Seuche befällt dreizehn Londoner Kinder, las ich und war im nächsten Moment wie elektrisiert. Ein Wort hatte genügt. Luguri-Epidemie, stand da geschrieben.

Ich las den Artikel. Dreizehn Londoner Kinder zeigten die Symptome einer seltsamen und bislang unbekannten Krankheit. Alle dreizehn befanden sich zurzeit im Londoner St.-Patrick-Hospital und wurden von dem bekannten Kinderarzt Dr. Charles Merrywether betreut. Dr. Merrywether wüsste nicht, auf was die Krankheit zurückzuführen wäre, stand am Ende des Artikels. Bis jetzt war jede Therapie fehlgeschlagen.

Ich sprang aus dem Bett. Dr. Merrywether mochte mit seinem Latein am Ende sein, ich nicht. Wenn diese dreizehn Kinder nicht besessen waren, wollte ich nicht Dorian Hunter heißen.

In der Zeitung stand, sie hätten immer wieder den Namen Luguri erwähnt. Also hatte der Dämon seine Hand im Spiel. Und noch etwas war mir aufgefallen, was mich mehr als alles andere erschreckte und beunruhigte. Alle dreizehn Kinder waren am gleichen Tag geboren: am 27.10., vor zwei Jahren. Am 27.10. aber war auch mein und Cocos Sohn geboren, der irgendwo an einem unbekannten Ort, vor den Dämonen geschützt, von Pflegeeltern aufgezogen wurde. Nicht einmal mir hatte Coco gesagt, wo der Junge sich befand. Außer in den ersten Tagen nach der Geburt hatte ich ihn nie gesehen.

Die magische Zahl 13 und das Geburtsdatum 27.10. hatten etwas zu bedeuten. Luguri führte etwas Übles im Schilde, das spürte ich. Er plante etwas gegen unser Kind. Über unseren zweijährigen Sohn wollte er mich und Coco treffen. Coco sagte zwar immer, der Junge sei absolut in Sicherheit, aber sie hatte nicht mit Luguris dämonischer Raffinesse gerechnet.