Dorian Hunter 101 - Neal Davenport - E-Book

Dorian Hunter 101 E-Book

Neal Davenport

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Beschreibung

Dorian wälzte sich unruhig im Bett hin und her. Sein Zustand hatte sich in den letzten Tagen weiter verschlechtert. Einmal hob er den rechten Arm, ballte die Faust und schrie etwas Unverständliches in einer Sprache, die Coco nie zuvor gehört hatte.
Sekunden später verzerrte sich sein Gesicht. Leise flüsterte er vor sich hin. Coco beugte sich vor. Sie verstand nur einige Namen.
»Hekate«, hauchte Dorian. »Faust ... Nein, ich will nicht sterben, nein, ich will ...« Der Dämonenkiller bäumte sich auf, die Augen weit aufgerissen. »Niemals«, sagte er fast unhörbar. »Niemals, Faust, niemals wird mich Coco töten!«

Während Coco nach einer Möglichkeit sucht, um Dorian zu helfen, erinnert sie sich an Fausts Prophezeiung während einer Beschwörung im Tempel der Magischen Bruderschaft, dass sie Dorian töten werde. Die Vorstellung erscheint ihr absurd. Allerdings hat auch Phillip kürzlich angedeutet, dass Dorians Tod unmittelbar bevorstehe - und hat sich der Hermaphrodit etwa jemals geirrt?


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Inhalt

Cover

Was bisher geschah

DER KERKERMEISTER

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

mystery-press

Vorschau

Impressum

Der ehemalige Reporter Dorian Hunter hat sein Leben dem Kampf gegen die Schwarze Familie der Dämonen gewidmet, seit seine Frau Lilian durch eine Begegnung mit ihnen den Verstand verlor. Seine Gegner leben als ehrbare Bürger über den Erdball verteilt. Nur vereinzelt gelingt es dem »Dämonenkiller«, ihnen die Maske herunterzureißen.

Bald kommt Dorian seiner eigentlichen Bestimmung auf die Spur: In einem früheren Leben schloss er als Baron Nicolas de Conde einen Pakt mit dem Teufel, der ihm die Unsterblichkeit sicherte. Um für seine Sünden zu büßen, verfasste de Conde den »Hexenhammer« – jenes Buch, das im 16. Jahrhundert zur Grundlage für die Hexenverfolgung wurde. Doch der Inquisition fielen meist Unschuldige zum Opfer; die Dämonen blieben ungeschoren. Als de Conde selbst der Ketzerei angeklagt und verbrannt wurde, ging seine Seele in den nächsten Körper über. So ging es fort bis in die Gegenwart. Dorian Hunter begreift, dass es seine Aufgabe ist, de Condes Verfehlungen zu sühnen und die Dämonen zu vernichten.

In der Folge beginnt Dorian die Dämonen zu jagen – doch diese schlagen zurück und zersetzen die »Inquisitionsabteilung« des Secret Service, der Dorian vorübergehend unterstützt hat. Der ehemalige Leiter der Inquisitionsabteilung, Trevor Sullivan, gründet in der Londoner Jugendstilvilla in der Baring Road die Agentur Mystery Press, die Nachrichten über dämonische Aktivitäten aus aller Welt sammelt. Hunter bleibt als zweiter Rückzugsort das Castillo Basajaun in Andorra, in dem er seine Mitstreiter um sich sammelt: die Hexe Coco Zamis, die selbst ein Mitglied der Schwarzen Familie war, bis sie wegen ihrer Liebe zu Dorian den Großteil ihrer magischen Fähigkeiten verlor; den Hermaphroditen Phillip, dessen Fähigkeiten ihn zu einem lebenden Orakel machen, sowie Ex-Secret-Service-Agent Donald Chapman, der bei einer dämonischen Attacke auf Zwergengröße geschrumpft wurde.

Beinahe wird die schwangere Coco Zamis ein Opfer der Machtkämpfe innerhalb der Schwarzen Familie, doch nach einer Flucht um den halben Erdball bringt Coco ihr Kind sicher zur Welt – und versteckt es an einem Ort, den sie selbst vor Dorian geheimhält. Cocos Vorsicht ist berechtigt, da bald eine neue, »alte« Gegnerin auftaucht: Hekate, die Fürstin der Finsternis, wurde von Dorian einst in seinem vierten Leben als Michele da Mosto verraten, sodass ihre frühere Liebe sich in glühenden Hass verwandelt hat.

Die Erinnerung an seine Existenz als da Mosto veranlasst Dorian, nach der Mumie des Dreimalgrößten Hermes Trismegistos zu forschen. Im Golf von Morbihan stößt er auf die versunkene Stadt Ys und birgt aus ihr einen Handspiegel. Dieser stellt offenbar die einzig wirksame Waffe gegen Hermons einstigen Erzgegner Luguri dar, der zu neuem Leben erwacht ist und Hekate beerbt hat. Gleichzeitig entzieht der Spiegel Dorian beständig Lebensenergie. Dorians Schwäche kommt zur Unzeit, denn der Kampf um das Erbe des Hermes Trismegistos strebt seinem Höhepunkt entgegen ...

DER KERKERMEISTER

von Neal Davenport

Coco Zamis ging unruhig auf und ab. Sie sorgte sich um Do‍r‍i‍an Hunter. Der Zustand des Dämonenkillers hatte sich in den letzten Stunden rapide verschlechtert. Ihr war keine andere Wahl geblieben: Sie hatte Dorian in das Marble Hill Hospital gebracht. Der Leiter des Spitals, Dr. Fred McClusky, war ein alter Bekannter des Dämonenkillers.

Immer wieder irrte Cocos Blick zur weißen Tür, hinter der Do‍r‍i‍an in einem gut gesicherten Krankenzimmer lag. McClusky und zwei weitere Ärzte untersuchten den Dämonenkiller. Müde setzte sie sich nieder. Sie hatte die ganze Nacht kein Auge zugetan und an Dorians Bett gewacht.

Als Dr. Fred McClusky, gefolgt von zwei Ärzten und zwei Krankenschwestern, aus dem Krankenzimmer trat, sprang Coco auf. Das Gesicht des Arztes war ernst. Er war bis vor wenigen Tagen, so wie das gesamte andere Spitalspersonal und alle Patienten, eines von Hekates Opfern gewesen. Doch mit ihrem Tod hatten sich die in seinem Körper keimenden Alraunenwurzeln aufgelöst. McClusky war so wie die meisten von Hekates Opfern mit dem Leben davongekommen.

1. Kapitel

»Nun, Doktor?«, fragte Coco und kam einen Schritt näher.

»Es sieht gar nicht gut aus«, meinte McClusky. »Wir untersuchten ihn gründlich, konnten aber nicht feststellen, an welcher Krankheit er leidet.«

»Ich habe Ihnen doch gesagt, dass der Spiegel, den er ...«

McClusky hob abwehrend die Hände. »Ich weiß«, sagte er rasch. »Hunters Körper ist geschwächt Er verfällt immer mehr. Diesen Prozess müssen wir aufhalten, sonst ...«

»Ich verstehe«, sagte Coco und presste die Lippen zusammen. »Darf ich bei ihm bleiben?«

Der Arzt nickte. »Im Augenblick ist er nicht bei Bewusstsein. Wenn er erwacht, stimmen Sie allem zu, was er auch behauptet. Lassen Sie sich mit ihm auf keine Diskussion ein. Er darf sich nicht aufregen.«

»Ich werde mich danach richten«, flüsterte Coco. Sie ging an dem Arzt vorbei und trat leise ins Krankenzimmer. Geräuschlos schloss sie die Tür hinter sich, blieb einen Augenblick stehen und sah ihren Gefährten an. Es schien ihr, als würden unsichtbare Arme ihren Brustkorb zusammenpressen. Der Anblick Dorian Hunters war alles andere als erfreulich.

Er lag auf dem Rücken. Sein Haar war verfilzt, und das eingefallene Gesicht war schweißbedeckt. Die grünen Augen standen halb offen, sahen aber nichts. Den Mund hatte er weit aufgerissen, Speichel tropfte über seine blutleeren Lippen.

Coco zog einen Stuhl heran und griff nach einem Tuch. Vorsichtig wischte sie den Schweiß von Dorians Stirn. Er atmete röchelnd.

Im Zimmer herrschte ein wohltuendes Dämmerlicht. Der Himmel war mit grauen Wolken bedeckt, und es regnete leicht. Rings um das Bett hatte Coco Dämonenbanner aufgestellt. Zusätzlich hatte sie die zwei Fenster, die Wände und die Tür mit magischen Sprüchen abgesichert.

Dorian wälzte sich unruhig im Bett hin und her. Einmal hob er den rechten Arm, ballte die Faust und schrie etwas Unverständliches in einer Sprache, die Coco nie zuvor gehört hatte.

Sekunden später verzerrte sich sein Gesicht. Leise flüsterte er vor sich hin. Coco beugte sich vor. Sie verstand nur einige Namen.

»Hekate«, hauchte Dorian. »Faust ... Nein, ich will nicht sterben, nein, ich will ...« Der Dämonenkiller bäumte sich auf, die Augen weit aufgerissen. »Niemals«, sagte er fast unhörbar. »Niemals, Faust, niemals wird mich Coco töten!«

Coco erinnerte sich an Fausts Prophezeiung. Bei einer Beschwörung im Tempel der Magischen Bruderschaft in London hatte er Dorian gezeigt, dass Coco ihn töten würde. Eine Vorstellung, die Coco völlig absurd erschien. Doch auch Phillip, der Hermaphrodit, hatte die Andeutung gemacht, dass Dorians Tod bevorstand.

»Erschrick nicht«, hauchte er weiter. »Coco, sorge dich nicht um mich. Ich bin nicht tot. Ich lebe!«

Überrascht beugte sich Coco weiter vor. Diese Worte hatte sie schon einmal gehört. Vor zwei Tagen. Das geheimnisvolle Telefongespräch ... Dorian war bei ihr gewesen, und das Telefon hatte geläutet. Sie hatte abgehoben und sich gemeldet, und da hatte sie diese Worte gehört. Es war Dorian gewesen, der mit ihr gesprochen hatte. Doch wie war das möglich gewesen, wenn er sich gleichzeitig bei ihr im Zimmer befunden hatte? Welche Teufelei steckte dahinter?

»Marzi!«, schrie Dorian laut. »Franca Marzi, du mein Freund, du darfst nicht ...« Er senkte die Stimme. »O-Yuki.« Der Dämonenkiller beruhigte sich langsam. Sein Atem ging jetzt regelmäßig.

Franca Marzi war Dorian Hunters Freund in seinem Leben als Michele da Mosto gewesen. Den Namen O-Yuki hatte Coco aber noch nie gehört.

Der Dämonenkiller fiel in tiefen Schlaf. Coco wischte wieder den Schweiß von seinem Gesicht. Dann verließ sie das Zimmer. Auf dem Korridor rauchte sie hastig eine Zigarette.

McClusky kam rasch näher. Hinter ihm ging eine wirklich hübsche Krankenschwester, die einen weißen fahrbaren Wagen vor sich herschob.

»Dorian schläft«, sagte Coco.

»Tut mir leid. Ich muss ihm eine kreislaufstärkende Spritze geben«, stellte der Arzt fest.

Doch Dorian wachte nicht auf, als ihm der Arzt die Spritze gab. Coco setzte sich wieder an das Bett. Der Dämonenkiller schlief drei Stunden lang. Dann schlug er langsam die Augen auf und blickte Coco durchdringend an. »Wo bin ich?«, fragte er stockend.

»Im Marble Hill Hospital. Wie fühlst du dich, Dorian?«

»Müde und schwach, als sei ich gelähmt. Ein Glas Wasser, bitte!«

Coco reichte ihm ein Glas, und Dorian leerte es gierig. Dann schloss er die Augen. »Danke«, flüsterte er. »Ich will unseren Sohn sehen. Hast du mich verstanden, Coco?«

»Du wirst ihn sehen, Dorian. In ein paar Tagen bist du wieder gesund. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen.«

»Ich will unseren Sohn sehen«, sagte er nochmals. »Ich muss fort. Ich habe eine Verabredung mit Unga und Magnus Gunnarsson. Es ist wichtig. Ich muss nach ...« Er brach ab und strich sich mit der Zunge über die spröden Lippen.

»Wohin musst du?«, fragte Coco sanft.

»Ich gehe für immer fort, Coco. Deshalb will ich noch einmal unseren Sohn sehen.«

Da ist es wieder, dachte Coco verbittert. Dorian war bei seinem Entschluss geblieben. Er wollte für immer verschwinden, sich auf die Suche nach Hermes Trismegistos' Macht begeben. Sie hatte gehofft, dass er von dem Entschluss abkommen würde, doch sie hatte sich getäuscht.

»Ich werde ihn dir zeigen«, meinte Coco, obwohl sie davor zurückschreckte. Das Risiko war viel zu groß. Doch sie dachte an die Worte des Arztes. Sie durfte ihn nicht aufregen. Sie musste zustimmen, ihn sprechen lassen.

»Dann ist es gut«, flüsterte Dorian erleichtert und schloss kurz die Augen..

»Versuch zu schlafen, Dorian.«

Der Dämonenkiller schüttelte den Kopf. »Ich will nicht schlafen. Ich hatte entsetzliche Albträume. Alles vermischte sich. Hekate kämpfte gegen Faust, und Franca Marzi mischte sich ein. Alles war so verwirrend, so unreal! Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft schienen zu verschmelzen. Es war grauenvoll.«

»Denk nicht daran, Dorian.«

»Ich erinnerte mich an einige längst vergessene Erlebnisse«, sprach Dorian weiter. »An Begebenheiten, die viele Hundert Jahre zurückliegen. Ich war wieder Michele da Mosto.«

»Du nanntest einen Namen, Dorian. Hörte sich irgendwie japanisch an.«

Der Dämonenkiller blickte Coco neugierig an. »Wie war der Name?«

»O-Yuki, wenn ich richtig gehört habe.«

»O-Yuki«, flüsterte Dorian. »Sie war fünfundzwanzig Jahre lang meine Frau.«

»Da musst du also in Japan gewesen sein. Wann war das?«

»Als Michele da Mosto«, antwortete Dorian. »Ich lebte mit O-Yuki bis zu meinem Tod im Jahr 1610.«

»Weshalb gingst du damals nach Japan?«

»Ich hatte von Franca Marzi einen Hilferuf bekommen. Deshalb fuhr ich nach Japan. Und dort lernte ich O-Yuki kennen – was Schnee heißt. Sie war ...« Plötzlich runzelte Dorian die Stirn. »Seltsam«, sagte er fast unhörbar, »dass ich mich jetzt an sie erinnere.«

»Wie meinst du das?«

Doch Dorian antwortete nicht. Er schloss langsam die Augen und atmete schwer. Ein paar Minuten später war er eingeschlafen.

Coco blieb noch eine halbe Stunde neben seinem Bett sitzen. Dann stand sie auf und verließ das Zimmer. Sie setzte sich und blickte auf die Uhr. Abi Flindt musste jeden Augenblick eintreffen. Sie hatte mit ihm vereinbart, dass er sie gegen zwanzig Uhr ablösen sollte.

Sie steckte sich eine Zigarette an. Als sie zur Hälfte aufgeraucht war, tauchte Abi Flindt auf.

Auf seine Art sah Abi Flindt recht gut aus, wenn man etwas für hoch gewachsene blondhaarige Männer übrig hatte. Er war fünfundzwanzig, und sein Gesicht war recht hübsch. Die kalt blickenden blauen Augen zerstörten aber den sanften Eindruck.

»Hallo«, grüßte er knapp. »Wie geht es Dorian?«

»Etwas besser. Er schläft. Lass ihn nicht aus den Augen. Ich fürchte, dass Luguri vielleicht einen Angriff wagt. Sicherlich weiß er bereits, wie es um Dorian steht.«

Der wortkarge Däne nickte flüchtig, öffnete die Tür und blickte rasch ins Krankenzimmer.

»Ich fahre jetzt in die Jugendstilvilla«, meinte Coco. »Sollte sich Dorians Zustand ändern, dann rufe mich bitte sofort an.«

»Das werde ich tun.«

Coco warf Dorian noch einen Blick zu, drehte sich um und ging mit kurzen Schritten den Gang entlang. Sie sehnte sich nach einem Drink und ihrem Bett.

Vor dem Spital blieb sie stehen und sah sich nach einem Taxi um. Sie musste nicht lange warten. Sie winkte den Wagen heran und stieg ein.

»Baring Road«, sagte Coco zum Fahrer. Dann ließ sie sich erleichtert zurücksinken.

»Welche Baring Road, Miss?«, fragte der Fahrer. Die Frage war nicht unberechtigt, da es in London drei Baring Roads gab.

»Grove Park«, antwortete Coco und schloss die Augen.

»In Ordnung, Miss«, brummte der Fahrer und fuhr los.

Im Wagen war es angenehm warm. Coco nickte für einige Sekunden ein. Sie öffnete die Augen und blickte aus dem Fenster.

Der Regen war stärker geworden. Das Taxi fuhr gerade über die Themse.

Doch plötzlich war sie hellwach! Deutlich spürte sie eine dämonische Ausstrahlung, die rasch stärker wurde. Die ehemalige Hexe der Schwarzen Familie beugte sich vor. Aber die Ausstrahlung kam nicht vom Fahrer.

Das Taxi ließ die Lambeth Bridge hinter sich und fuhr am Lambeth Palace vorbei.

Die dämonische Ausstrahlung war verschwunden, doch Coco blieb misstrauisch. Irgendjemand hatte sie gesucht und sich dann zurückgezogen. Sie fürchtete, in eine Falle zu laufen.

»Bleiben Sie stehen!«, rief Coco dem Fahrer zu.

Der Taxifahrer gehorchte augenblicklich. Er bremste etwas schärfer ab und fuhr dicht an den Randstein heran. Coco reichte ihm eine Banknote.

»Stimmt schon«, sagte sie und sprang aus dem Taxi. Misstrauisch blickte sie sich um. Sie stand auf der St. Georges Road, in der Nähe der Bahnstation Elephant & Castle. Zwei junge Burschen kamen ihr entgegen, blickten sie interessiert an und wechselten einen raschen Blick. Coco ging an ihnen vorbei zur U-Bahn-Station. Unter den vielen Menschen fühlte sie sich sicherer.

Mit der U-Bahn fuhr sie bis zur Station London Bridge. Dort stieg sie aus und betrat den Bahnsteig der Vorortlinie. In drei Minuten musste ein Zug eintreffen, der nach Grove Park fuhr.

Immer wieder blickte sie sich um. Doch nichts Verdächtiges war zu bemerken. Sie kaufte eine Evening News und blätterte sie durch. Da kam schon ihr Zug.

Absichtlich stieg sie in ein Abteil, in dem zwei ältere Männer und eine junge Frau saßen.

Erleichtert atmete sie auf, als der Zug anfuhr. In fünfzehn Minuten würde sie in Grove Park sein.

Die beiden Männer würdigten sie keines Blickes. Beide waren in ihre Zeitungen vertieft, während die junge Frau angespannt in die Dunkelheit starrte.

In Hither Green stiegen die drei aus. Coco war nun allein im Abteil. Das Gefühl, dass etwas Unheimliches auf sie lauerte, wurde immer stärker.

Der Zug verließ langsam den Bahnhof. Da spürte Coco wieder die dämonische Ausstrahlung. Diesmal war sie ganz nahe.

Blitzschnell sprang sie hoch und griff nach der Tür. Aber sie ließ sich nicht öffnen. Der Zug fuhr jetzt rascher. Verzweifelt blickte sich Coco um. Ihr Blick fiel auf die Notbremse. Sie griff nach ihr und riss daran, doch sie konnte den Hebel nicht herunterreißen. Nun hatte der Zug den Bahnhof verlassen.

Coco verfluchte sich, weil sie in den Zug eingestiegen war. Der unbekannte Dämon war ihr gefolgt. Sie hatte ihn nicht abgeschüttelt. Und jetzt saß sie in der Falle.

Auf dieser Strecke wurden nur Schlafwagen eingesetzt, deren Abteile nicht untereinander verbunden waren. Jedes Abteil konnte direkt vom Bahnsteig erreicht werden.

Verzweifelt versuchte sie, ein Fenster zu öffnen. Doch auch das gelang ihr nicht.

Nur nicht die Nerven verlieren, sagte sie sich. Für einen Augenblick schloss sie die Augen und konzentrierte sich. Die dämonische Ausstrahlung hüllte das Abteil ein und schloss sie hermetisch von der Außenwelt ab. Es war, als sei sie in einem riesigen Netz gefangen, das langsam zugezogen wurde.

Der Zug blieb auf offener Strecke stehen. Wie von Geisterhand bewegt, öffnete sich die Tür. Das magische Netz verschob sich und drängte sie ins Freie. Coco sprang auf den Bahndamm. Sie konnte nichts sehen. Um sie herum war undurchdringliche Finsternis. Kein Laut außer ihrem hastigen Atmen unterbrach die Totenstille.

Langsam spürte sie, dass das magische Netz zurückwich und sich auflöste.

Sie hörte das Rollen der Räder auf den Schienen. Der Zug war schon weit entfernt.

Ein heiserer Schrei ließ sie herumfahren. Ein halbes Dutzend unheimlicher Gestalten rannte auf sie zu.

Coco reagierte augenblicklich. Sie hob beide Hände und sprach einen Bannspruch. Die Wirkung war enttäuschend. Die Gestalten ließen sich davon nicht aufhalten. Coco blieb nur eine Möglichkeit: Flucht.

Die schrecklichen, halb durchsichtigen Dämonendiener kamen rasch näher. Eisige Hände griffen nach ihrem Haar, den Schultern und den Beinen. Hinter einigen Büschen sprangen andere schauerliche Monster auf sie zu.

Coco wandte sich nach links, stieß die Hände zur Seite, die sie packen wollten, und taumelte über ein Gleis. Dann blieb sie einen Augenblick stehen.

Gegen diese Dämonendiener hatte sie keine Chance. Ihre magischen Fähigkeiten halfen ihr nichts. Sie musste zum letzten Mittel greifen, das nur ihr und ihrer Familie zur Verfügung stand, und sich in den rascheren Zeitablauf versetzen. Diese Fähigkeit wandte sie nur äußerst selten an, da sie danach immer erschöpft war.

Die Gestalten umringten sie. Coco konzentrierte sich mit geschlossenen Augen. Plötzlich erstarrten die Monster zu Statuen. Die junge Frau schlug einige Hände zur Seite, die sich in ihren Mantel verkrallt hatten, und lief die Gleise entlang.

Aus dem Nichts tauchten plötzlich drei grell leuchtende Kugeln auf, die murmelgroß waren und tiefblau strahlten.