Dorian Hunter 109 - Neal Davenport - E-Book

Dorian Hunter 109 E-Book

Neal Davenport

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Beschreibung

Ich betrat ein Gewölbe mit einer kuppelartigen Decke. Die Wände sahen aus, als hätte sie eine Riesenspinne gesponnen. Auf einem Steintisch stand eine Glaskugel. Sie pulsierte dunkelblau. Ein Teil des Fußbodens kippte zur Seite, und eine alte Hexe tauchte auf. Hätte ich in menschlicher Gestalt vor ihr gestanden, hätte ich wohl schallend gelacht. Aber als Kappa konnte ich nicht lachen.
»Ich bin Lania«, schnarrte sie. »Gib mir den Puppenkopf!«
»Nein, ich gehorche nur meinem Herrn.«
»Du weißt ja gar nicht, wer dein Herr ist, du Narr!«
Was hatte das zu bedeuten? Der Kappa hatte zu mir gesagt, dass er im Auftrag Olivaros gehandelt hatte ...

In der Gestalt des Meerdämons Kappa hat Dorian sich an die Fersen der Puppe O-tuko-San geheftet. Was weiß die Puppe über Tomotada und seinen Herrn Olivaro? Beim Versuch, das Rätsel der Puppe zu lösen, begegnet Dorian dem Tod aus der Zauberkugel ...


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Seitenzahl: 147

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Inhalt

Cover

Was bisher geschah

DER TOD AUS DER ZAUBERKUGEL

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

mystery-press

Vorschau

Impressum

Der ehemalige Reporter Dorian Hunter hat sein Leben dem Kampf gegen die Schwarze Familie der Dämonen gewidmet, seit seine Frau Lilian durch eine Begegnung mit ihnen den Verstand verlor. Seine Gegner leben als ehrbare Bürger über den Erdball verteilt. Nur vereinzelt gelingt es dem »Dämonenkiller«, ihnen die Maske herunterzureißen.

Bald kommt Dorian seiner eigentlichen Bestimmung auf die Spur: In einem früheren Leben schloss er als Baron Nicolas de Conde einen Pakt mit dem Teufel, der ihm die Unsterblichkeit sicherte. Um für seine Sünden zu büßen, verfasste de Conde den »Hexenhammer« – jenes Buch, das im 16. Jahrhundert zur Grundlage für die Hexenverfolgung wurde. Doch der Inquisition fielen meist Unschuldige zum Opfer; die Dämonen blieben ungeschoren. Als de Conde selbst der Ketzerei angeklagt und verbrannt wurde, ging seine Seele in den nächsten Körper über. So ging es fort bis in die Gegenwart. Dorian Hunter begreift, dass es seine Aufgabe ist, de Condes Verfehlungen zu sühnen und die Dämonen zu vernichten.

Als Rückzugsort in seinem Kampf bleibt Dorian neben der Jugendstilvilla in der Baring Road in London noch das Castillo Basajaun in Andorra, in dem er seine Mitstreiter um sich sammelt – darunter die ehemalige Hexe Coco Zamis, die aus Liebe zu Dorian die Seiten gewechselt hat. Kurz nach der Geburt ihres gemeinsamen Sohnes Martin versteckt Coco diesen zum Schutz vor den Dämonen an einem Ort, den sie selbst vor Dorian geheimhält.

Bald darauf veranlassen die Erinnerungen an seine Existenz als Michele da Mosto Dorian, nach der Mumie des Dreimalgrößten Hermes Trismegistos zu forschen. Er findet jedoch »nur« den Steinzeitmenschen Unga, der Hermon einst gedient hat und der sich nach seinem Erwachen schnell den Gegebenheiten der Gegenwart anpasst.

Auf Island gewinnt Dorian den Kampf um das Erbe des Hermes Trismegistos und richtet sich in dessen Tempel ein. Wie es sein Vorgänger Grettir prophezeit hat, verspürt Dorian schon bald keinen Drang mehr, in sein altes Leben zurückzukehren, zumal er von seinen Freunden seit Monaten für tot gehalten wird: Nur Coco, die einen Doppelgänger von Dorian vernichtet hat und seitdem als seine Mörderin gilt, weiß, dass Dorian, ausgestattet mit den Kräften des Hermes Trismegistos, die Gestalt des harmlosen Richard Steiner angenommen hat.

Kurz darauf erwachen in Dorian Erinnerungen an sein fünftes Leben als Tomotada: Wie es aussieht, ist der »Samurai des Teufels« in der Gegenwart auf einmal wieder aktiv. In Japan können Dorian, Coco und Unga nicht verhindern, dass Tomotada sein gefürchtetes Schwert, das Tomokirimaru, an sich bringt. Allerdings stoßen sie auf eine geheimnisvolle Puppe, die O-toku-San, die möglicherweise mehr über Tomotada und seinen Herrn Olivaro weiß. Dorian schlüpft in die Gestalt des Meerdämons Kappa, dem Dorian selbst einst in seinem fünften Leben als Tomotada begegnet ist, und heftet sich an die Fersen der O-toku-san ...

DER TOD AUS DER ZAUBERKUGEL

von Neal Davenport

An meinen neuen Körper hatte ich mich noch immer nicht richtig gewöhnt. Ich hatte die Gestalt eines Kappas angenommen, der ein Dämon des Meeres war und auch Affe des Meeres genannt wurde.

Ich war ungefähr ein Meter sechzig groß, der hagere Körper war mit einem blau schillernden Pelz bedeckt, die Arme und Beine waren unendlich dürr. Zwischen den Fingern und Zehen befanden sich Schwimmhäute. Der Kopf war alles andere als hübsch; er sah einem Affenschädel ähnlich. Starre Fischaugen, spitze Ohren, die wie Haifischflossen aussahen und das karpfenartige Maul trugen auch nicht zu meiner Verschönerung bei.

In der Maske des Kappas war es mir gelungen, Abi Flindt und Yoshi zu befreien, doch der Däne hatte sich, nachdem er aus seiner Bewusstlosigkeit erwacht war, auf den echten Kappa gestürzt und ihn erstochen. Im letzten Augenblick war ich seinem Angriff entkommen, Coco hatte sich ihm entgegengestellt. Der tote Kappa war in den Brunnen des Sanobonmatsu-Schlosses gefallen, und ich war ihm nachgesprungen, hatte das tote Monster an mich gerissen und tauchte jetzt tiefer.

1. Kapitel

Das Wasser war dunkel und kalt. Verschwommen konnte ich die Wände des Schachtes erkennen. Die Schwimmhäute weiteten sich, und ich beschleunigte mein Tempo. Von der schwachen Strömung ließ ich mich einfach weitertreiben. Meine Augen gewöhnten sich ziemlich rasch an die schlechten Lichtverhältnisse.

Vor seinem Tod hatte mir der Kappa einige interessante Dinge erzählt.

Meine Vermutung hatte sich als richtig herausgestellt. Der Kappa war einer von Olivaros Dienern, der den Auftrag erhalten hatte, den Kopf der O-tuko-San an sich zu bringen. Und das war ihm auch gelungen. Die Hundemenschen hatten der Puppe den Kopf ausgerissen, und er hatte ihn an sich genommen. Nach den Worten des Kappas sollte sich der Kopf nun in der Höhle befinden, in der er Abi Flindt und Yoshi gefangen gehalten hatte.

Dem Kappa war ich schon früher einmal begegnet, als ich Tomotada, der Schwarze Samurai, gewesen war. Damals war ich auf der Flucht vor dem Kokuo von Tokyo gewesen. Unter diesem Namen war zu jener Zeit Olivaro aufgetreten. Ich war dem Kappa entkommen, und aus Wut darüber hatte ihn Olivaro nach Tsuwano verbannt. Der Kappa hatte davon gesprochen, dass sich im unterirdischen Labyrinth eine Höhle befinden sollte, durch die man zum Meer gelangen konnte. Der Zutritt zu dieser Höhle war ihm aber verwehrt gewesen; nur mit dem Puppenkopf hätte er ihn betreten dürfen.

Der Kopf der Puppe war äußerst wichtig. Nicht umsonst war Olivaro hinter ihm her. Die Puppe verfügte über Informationen, die für mich sehr wertvoll sein konnten.

Olivaros Verhalten in der Vergangenheit und in der Gegenwart war für mich ein Rätsel. Nur eines stand mit ziemlicher Sicherheit fest: Er kämpfte gegen irgendeinen Dämon und versuchte zu verhindern, dass der Puppenkopf in falsche Hände geriet. Sosehr ich auch nachgegrübelt hatte, ich konnte mir einfach nicht vorstellen, wer Olivaros Gegner war.

Ich tauchte in der Höhle auf, in der bis vor wenigen Minuten Abi Flindt und Yoshi Gefangene des Kappas gewesen waren. Leises Wehklagen war zu hören. Ich schwamm auf die Felsplatte zu und warf den toten Kappa hinauf. Der Meeresdämon hatte mich nicht belogen. Der Kopf der O-tuko-San befand sich tatsächlich in der Höhle.

Der Kopf war aus Porzellan. Das eng anliegende Haar bestand aus dem gleichen Material, die Augen waren schlitzartig, die Brauen wie bei verheirateten Frauen rasiert, der rot geschminkte Mund lächelte seltsam.

Mehr als eine Minute starrte ich den Kopf an. Die Lippen schienen sich zu bewegen. Die Puppe sprach leise mit sich selbst, doch so undeutlich, dass ich nur Wortfetzen verstehen konnte.

In der Höhle war es völlig dunkel, doch mit den Augen des Kappas konnte ich auch bei völliger Dunkelheit wie bei Tageslicht sehen.

Plötzlich verstummte die Puppe. Sie schwieg einige Sekunden, dann bewegten sich ihre Lippen wieder.

»Wer ist da?«, fragte sie.

»Du bist in Sicherheit«, antwortete ich. »Ich habe dich vor den Hundemenschen gerettet.«

Ich hatte beschlossen, die Rolle des Kappas zu spielen. Die Puppe konnte unmöglich wissen, dass die Hundemenschen im Auftrag des Kappas gehandelt hatten. Vielleicht gelang es mir, das Vertrauen der O-tuko-San zu gewinnen.

»Wer bist du?«, fragte sie, und ich glaubte einen ängstlichen Unterton in ihrer Stimme erkannt zu haben.

»Ich bin der Kappa, der in den Kampf mit den Hundemenschen eingegriffen hat.«

»Ich kann dir nicht vertrauen«, sagte sie. »Bringe mich zu meinem Körper zurück!«

»Das ist im Augenblick nicht möglich«, sagte ich vorsichtig, kroch auf die Felsplatte und legte mich vor der Puppe nieder.

Ich wusste schon eine ganze Menge über die Puppe. Sie war mehr als dreihundert Jahre alt. Bis vor wenigen Tagen hatte sich der Kopf bei den Freaks von Tokio befunden, die ihn als eine Art Heiligtum verehrt hatten. Der Puppenkopf hatte Botschaften einer unbekannten Macht übermittelt. Der Schwarze Samurai hatte den Kopf zerstören wollen, doch es war ihm nicht gelungen. Der Kopf hatte sich aufgelöst und war zu Taketsura, einem Dämon, zurückgekehrt. Ich hatte nach dem Puppenkopf gesucht und ihn schließlich im Haus der Geisha, die sich in eine Gottesanbeterin verwandeln konnte, gefunden. Hinter dem Haus der Geisha hatten wir den bekleideten Körper der Puppe entdeckt. Der Kopf hatte sich mit dem Leib verbunden, und die Puppe war erwacht. Während des darauf folgenden Kampfes mit dem Schwarzen Samurai war der Puppe die Flucht gelungen. Sie war in einem Magnetfeld verschwunden, und ich hatte sie verfolgt, jedoch in der alten Schlossruine von Tsuwano ihre Spur verloren. Hier war die Puppe von den vom Kappa erweckten Hundemenschen gehetzt worden, die sie schließlich auch aufgespürt hatten.

»Ich will in Ruhe leben«, hauchte die Puppe.

Irgendwie tat mir die Puppe leid, doch ich konnte auf sie keine Rücksicht nehmen. Ich musste endlich hinter ihr Geheimnis kommen. »Weshalb bist du für einige Leute so wichtig, O-tuko-San?«, fragte ich.

»Das weiß ich nicht, Kappa.«

Ich glaubte der Puppe nicht. Unglücklicherweise hatte ich keine Möglichkeit, sie zum Sprechen zu bringen. Leider wusste ich nicht, wie ihr Wissen in ihrem Kopf gespeichert war. Ich wagte es einfach nicht, ihren Kopf zu zerstören.

»Lass mich frei, Kappa! Verschaffe mir einen neuen Körper, und ich werde dir Verschiedenes sagen, was dich vielleicht interessiert.«

Ich überlegte mir ihren Vorschlag. Ich hätte einfach auftauchen und zu Aki-Baka, dem Puppenmacher, gehen können. Er hatte für mich eine Puppe angefertigt, die ich aber verschenkt hatte. Doch ich traute der Puppe nicht. Sobald sie einen neuen Körper hatte, würde sie sofort erneut zu fliehen versuchen. Wieder erinnerte ich mich an die Worte des toten Kappas. In dem Höhlenlabyrinth sollte es einen unterirdischen Wasserlauf geben, der direkt ins Meer führte. Der Kopf der O-tuko-San war quasi ein Passierschein. Mit ihm konnte ich zum Meer gelangen. Und dort würde ich vielleicht eine Spur der unbekannten Macht finden.

Noch immer zögerte ich. Ich wusste nicht, was mich erwarten würde. Sollte ich mich zuerst mit Coco in Verbindung setzen und alles mit ihr besprechen? Das würde aber zu viel Zeit kosten. Und was war mit Unga, der dem Schwarzen Samurai gefolgt war? Ich ahnte, dass er sich in der entführten Maschine der JAL befand, die mit unbekanntem Ziel verschwunden war.

Doch das konnte alles warten. Mein Entschluss stand fest. Ich griff nach dem Puppenkopf, zog ihn an mich und blickte den toten Kappa an. Den Leichnam wollte ich ebenfalls mitnehmen. Vielleicht konnte er mir noch einen guten Dienst leisten. Wenn ich meiner Maske als Kappa überdrüssig geworden war, konnte ich einfach den Toten präsentieren.

»Wohin bringst du mich?«, fragte die O-tuko-San.

Ich antwortete nicht, schnappte den toten Kappa und glitt ins Wasser. Die starke Strömung trieb mich gegen das Gitter. Der tote Kappa und der Puppenkopf behinderten mich in meinen Bewegungen. Meine Füße berührten das grobmaschige Gitter, und es schien mir, als wäre das Gitter warm. Ich drückte die Fußsohlen stärker dagegen und bekam einen leichten elektrischen Schlag. Jetzt war meine Neugierde geweckt. Ich hatte vermutet, dass der Kappa das Gitter errichtet hatte, damit seine Gefangenen nicht entfliehen konnten, doch jetzt war ich anderer Meinung.

Es war ein magisches Gitter, da gab es keinen Zweifel. Möglicherweise befand sich hinter dem Gitter der Wasserlauf, der zum Meer führen sollte.

Rasch stieß ich mich vom Gitter ab und ließ den toten Kappa los, der sich im Gitter verfing. Ich packte den Kopf der Puppe mit beiden Händen und drückte ihn gegen das Gitter. Einige Sekunden geschah nichts, dann wurde das Gitter rot glühend, und Dampfwolken stiegen auf. Das Gitter wurde aus der Verankerung gerissen und wie von einer gewaltigen Faust zusammengedrückt. Es bildete ein seltsames Muster, drehte sich einmal im Kreis und verschwand.

Ein gewaltiger Sog riss mich mit. Ich packte den toten Kappa und zog ihn an mich, keinen Augenblick zu früh. Nach wenigen Metern änderte das Wasser die Farbe. Es leuchtete blutrot. Einmal kämpfte ich gegen den Sog an, doch meine Bemühungen waren vergebens. Der Strudel war stärker.

Ich verlor jedes Zeitgefühl. Die Wände des Schachtes schimmerten seltsam.

Irgendwann änderte sich dann das Wasser. Es wurde salzig. Dann verschwand der Schacht.

Ich befand mich im offenen Meer.

Doch der Sog gab mich nicht frei. Es war, als würde mich eine riesige Kugel umfangen, die mit ungeheuerlicher Geschwindigkeit durch das Wasser raste.

Von meiner Umgebung konnte ich nichts wahrnehmen. Der magische Sog, der mich mitriss, war milchig. Noch immer hatte ich den toten Kappa und den Puppenkopf gepackt. Ich war neugierig, wo meine unfreiwillige Reise enden würde.

Von einer Sekunde zur anderen gab mich der magische Sog plötzlich frei. Das Wasser war warm und klar.

Ich befand mich in einer großen Korallenbucht. Eine Welt tat sich vor mir auf, die ich bisher nur von Fotos gekannt hatte. Fasziniert blickte ich mich um. Für einige Minuten vergaß ich ganz, dass ich den Körper eines Kappas angenommen hatte und von einer unbekannten Macht hierher gebracht worden war.

Ich ließ mich einfach durch das warme Wasser treiben. Überall waren farbenprächtige Korallen zu sehen, dazu Schwämme, Seesterne und Seeigel, Muscheln, Kaiserfische, Seeschlangen, Krabben und Schnecken. Ein meterlanger Trompetenfisch ergriff panikartig die Flucht. Ein gewaltiger Teufelsrochen schwamm auf mich zu, beachtete mich aber nicht.

Den toten Kappa versteckte ich in einer Höhle des Riffs. Er war mir im Augenblick nur hinderlich. Den Puppenkopf wollte ich aber nicht allein lassen. Noch wollte ich nicht auftauchen. Zuerst musste ich das Riff erkunden. Es war noch Nacht, doch das störte mich nicht. Ich konnte tadellos sehen.

Ich tauchte tiefer, und das Wasser wurde etwas kühler. Es war höchst ungewöhnlich für mich, da sich mein Körper augenblicklich an den stärkeren Wasserdruck anpasste. Ich schwamm an einigen Korallenstöcken vorbei, die wie Atompilze aussahen. Die Umrisse wirkten etwas verwischt. Langsam berührte ich die Oberfläche der Koralle. Dabei beobachtete mich teilnahmslos ein Fledermausfisch, der ähnlich wie ein Tennisschläger aussah. Der Korallenstock fühlte sich kühl und glatt an.

Die Vielfalt des Lebens hier überraschte mich nicht. Ich stieß in die Tiefe, dem Meeresboden entgegen. Es war, als würde ich gegen einen starken Wind anschwimmen. Schwärme von winzigen Fischen huschten an mir vorbei. Lange betrachtete ich einige wunderbar geformte Geweihkorallen. Und wieder schoss ein Schwarm von kleinen Fischen auf mich zu und hüllte mich förmlich ein.

Gemächlich schwamm ich einige hundert Meter weiter. Vor mir lag ein sogenannter Korallengarten. Es war ein unglaublich farbenfroher Anblick. Durch die Risse und Spalten des Korallenbeetes schossen und schwebten die unwahrscheinlichsten Fische hin und her.

Ich suchte das Atoll ab, fand aber keinen Durchschlupf zum offenen Meer hin.

Wieder ließ ich mich einfach treiben. Dabei dachte ich nach. Der magische Sog hatte mich in diese Lagune gebracht. Es gab für mich keinen Zweifel, dass ich mich ziemlich weit von Japan entfernt hatte. Hier im Wasser war ich zwar sicher, aber das nützte mir nichts.

Ich wollte endlich wissen, wer so brennend am Puppenkopf interessiert war. Nach den Worten des Kappas zu schließen, hatte er im Auftrag Olivaros gehandelt.

Langsam schwamm ich hoch. Den Puppenkopf umklammerte ich mit der linken Hand. Mein Kopf stieß aus dem Wasser, und ich blickte mich um.

Ein nachtschwarzer Himmel spannte sich über mir. Ein sanfter Wind kräuselte die Wasseroberfläche. Es war unwirklich still.

Ich schwamm auf ein Riff zu, da hörte ich ein seltsames Geräusch. Rasch drehte ich mich auf den Rücken und blickte zum Himmel empor.

Mehr als ein Dutzend gewaltiger Fledermäuse flogen auf mich zu. Ihre riesigen Flügel berührten fast die Wasseroberfläche. Bevor ich noch untertauchen konnte, war die erste heran. Scharfe Krallen vergruben sich in meinem rechten Arm und rissen mich halb aus dem Wasser. Eine zweite Fledermaus packte meinen rechten Fuß. Ich versuchte mich aus der Umklammerung zu befreien, doch es gelang mir nicht. Flügel schlugen wild in mein Gesicht. Eine dritte Fledermaus schnappte mein linkes Bein, und dann wurde ich ganz aus dem Wasser gerissen. Für einen Augenblick dachte ich daran, den Puppenkopf ins Wasser fallen zu lassen, doch das war nun auch sinnlos, da unter mir drei Fledermäuse flogen, die mich nicht aus den Augen ließen. Sie hätten den Puppenkopf auf jeden Fall abgefangen.

»Ich habe Angst«, sagte die Puppe plötzlich. »Wo sind wir?«

Da ich auf diese Frage keine Antwort wusste, sagte ich nichts.

Der Puppenkopf wehklagte wieder, doch ich hörte nicht auf ihn.

Wir flogen über das Atoll hinweg. Ich sah die typische Ringform der Korallenbauten, die sich über der Küste einer abgesunkenen Insel erhoben. Weit dahinter entdeckte ich einige kleine Inseln.

Ich wandte mich den Fledermäusen zu, die mich gepackt hielten. Es waren ungewöhnliche Tiere. Die Körper waren pechschwarz. Sie schimmerten im Mondlicht unwirklich. Die hässlichen Schädel hatten große, rot glühende Augen, und die Mäuler entblößten spitze Vampirzähne.

Ich war sicher, dass die Fledermäuse auf mein Auftauchen gewartet hatten.

Der Flug dauerte nicht lange. Unter uns lag eine Vulkaninsel. Die Fledermäuse gingen tiefer, und ich konnte Einzelheiten erkennen. Sie stießen in den Vulkankegel hinein, und ich erblickte ein Schloss, das ganz aus Lavagestein bestand. Überall waren Türme zu sehen, die wie Stalagmiten in die Höhe wuchsen. Außerdem gab es kleine Gebäude, die wie von selbst gewachsen schienen.

Vor dem Hauptgebäude ließen mich die Fledermäuse gleichzeitig los. Ich fiel etwa fünf Meter in die Tiefe, überschlug mich und blieb benommen liegen.

Als ich mich aufsetzte, war ich von einem halben Dutzend Schauergestalten umringt, die eine Mischung aus Fledermaus und Mensch darstellten. Sie trieben mich auf das Schloss zu. Eine hohe Tür aus Lavagestein wurde wie von Geisterhänden bewegt. Ein süßlicher Geruch schlug mir entgegen.

Unregelmäßig geformte Stufen führten steil hoch. Ich bekam einen Stoß in den Rücken und stieg die Stufen empor. Den Puppenkopf hatte ich noch immer an mich gepresst, doch die O-tuko-San sprach kein Wort mehr.

Ich war gespannt, welcher Dämon mich erwarten würde. Olivaro sicherlich nicht. Wahrscheinlich irgendeiner seiner Verbündeten.