Dorian Hunter 118 - Earl Warren - E-Book

Dorian Hunter 118 E-Book

Earl Warren

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Beschreibung

Sarwapalli Pareshi gab keinen Laut mehr von sich, obwohl er furchtbare Qualen litt. Als er zwei Minuten später auf dem Boden liegen blieb, hatte er keinen heilen Knochen mehr im Leib, und eine große Blutlache bildete sich um ihn.
Die Japaner drängten und schlängelten sich vor und knipsten und filmten wie die Teufel. Eine solche Sensation hatten sie auf ihrer ganze Indienrundreise noch nicht erlebt.
Die Menschen, die um den toten Guru herumstanden, wichen zurück. Sie machten sich auf etwas aufmerksam. Mit dem Blut des Gurus stand von unsichtbarer Hand ein Wort auf die Steinfliesen geschrieben.
Chakra, die Abkürzung von Chakravartin.

Über den Tisch des Hermes Trismegistos hat Dorian einen Hinweis auf das Wirken der Janusköpfe in Indien erhalten, doch da er gemeinsam mit Coco Olivaros Spur nach Irland gefolgt ist, brechen Donald Chapman und Unga nach Indien auf - und geraten in eine Falle der besessenen Diener des Chakravartin!


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Seitenzahl: 151

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Inhalt

Cover

Was bisher geschah

DIE TODESSCHWELLE

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

mystery-press

Vorschau

Impressum

Der ehemalige Reporter Dorian Hunter hat sein Leben dem Kampf gegen die Schwarze Familie der Dämonen gewidmet, seit seine Frau Lilian durch eine Begegnung mit ihnen den Verstand verlor. Seine Gegner leben als ehrbare Bürger über den Erdball verteilt. Nur vereinzelt gelingt es dem »Dämonenkiller«, ihnen die Maske herunterzureißen.

Bald kommt Dorian seiner eigentlichen Bestimmung auf die Spur: In einem früheren Leben schloss er als Baron Nicolas de Conde einen Pakt mit dem Teufel, der ihm die Unsterblichkeit sicherte. Um für seine Sünden zu büßen, verfasste de Conde den »Hexenhammer« – jenes Buch, das im 16. Jahrhundert zur Grundlage für die Hexenverfolgung wurde. Doch der Inquisition fielen meist Unschuldige zum Opfer; die Dämonen blieben ungeschoren. Als de Conde selbst der Ketzerei angeklagt und verbrannt wurde, ging seine Seele in den nächsten Körper über. So ging es fort bis in die Gegenwart. Dorian Hunter begreift, dass es seine Aufgabe ist, de Condes Verfehlungen zu sühnen und die Dämonen zu vernichten.

Als Rückzugsort in seinem Kampf bleibt Dorian neben der Jugendstilvilla in der Baring Road in London noch das Castillo Basajaun in Andorra, in dem er seine Mitstreiter um sich sammelt – darunter die ehemalige Hexe Coco Zamis, die aus Liebe zu Dorian die Seiten gewechselt hat. Kurz nach der Geburt ihres gemeinsamen Sohnes Martin versteckt Coco diesen zum Schutz vor den Dämonen an einem Ort, den sie selbst vor Dorian geheimhält.

Bald darauf veranlassen die Erinnerungen an seine Existenz als Michele da Mosto Dorian, nach der Mumie des Hermes Trismegistos zu forschen. Er findet jedoch »nur« den Steinzeitmenschen Unga, der Hermon einst gedient hat und der sich nach seinem Erwachen schnell den Gegebenheiten der Gegenwart anpasst. Auf Island gewinnt Dorian den Kampf um das Erbe des Hermes Trismegistos, richtet sich in dessen Tempel ein und verspürt schon bald keinen Drang mehr, in sein altes Leben zurückzukehren.

Kurz darauf erwachen in Dorian Erinnerungen an sein fünftes Leben. Als Samurai Tomotada war er damals im Auftrag des Januskopfes Olivaros aktiv, der in der Gegenwart kurzzeitig als Oberhaupt der Schwarzen Familie agierte. Olivaros Nach-Nachfolger, der Erzdämon Luguri, unternimmt derweil alles, um den Bayerischen Wald in eine Brutstätte des Bösen zu verwandeln, wird aber von Coco und Dorian zurückgeschlagen. Im Tempel des Hermes Trismegistos erhält Dorian einen Hinweis auf das Wirken von Janusköpfen in Indien. Coco und er müssen jedoch Olivaro folgen, der von »Psychos« in das irische Dorf Cranasloe gebracht wurde. Da greifen Luguris Horden an, und Dorian wird gezwungen, den Ys-Spiegel einzusetzen, der Olivaro in einen lallenden Idioten verwandelt. Getrennt voneinander werden Coco und Olivaro wie auch Dorian von einem Dimensionstor verschlungen. – Inzwischen machen sich Unga und der Puppenmann Don Chapman auf den Weg nach Indien ...

DIE TODESSCHWELLE

von Earl Warren

Der Kailasanath-Tempel in Ellora war eines der größten architektonischen Kunstwerke Indiens. Aus lebenden Felsen herausgehauen, stellte das dreißig Meter hohe Heiligtum das kosmische Gebirge dar, den Sitz des obersten Gottes Shiva. Die Tempelgebäude zeigten kunstvolle Ornamente und Darstellungen der hinduistischen Götterwelt.

Zahlreiche Besucher hatten sich an diesem sonnigen Morgen bei dem Felsentempel eingefunden. Aber ihr Hauptinteresse galt nicht dem Bauwerk, sondern einer Gruppe von Sadhus – frommen Wandermönchen – und ihrem Führer, dem Guru.

Der Guru, ein alter Mann mit kahl geschorenem Schädel und in einem gelben Gewand, saß in Meditation versunken auf einer steinernen Plattform. Ehrfürchtig standen die Sadhus um ihn herum. Auch sie trugen gelbe Gewänder, aber nicht in der strahlenden Farbe des Meisters. Sie schwangen Klappern, Rasseln und Glöckchen, und einer spielte auf der Bogenharfe.

1. Kapitel

Mönche gab es in Indien viele. Ihr Auftreten wäre nichts Besonderes gewesen. Aber der alte Guru war kein anderer als der berühmte Sarwapalli Pareshi, dem man übernatürliche Kräfte nachsagte. Er hatte verkünden lassen, dass er beim Kailasanath-Tempel seine Religion verkünden wollte – die neue Lehre. Es wurden Demonstrationen von Sarwapalli Pareshis Fähigkeiten erwartet. Dennoch waren nicht so viele Zuschauer erschienen, wie man hätte erwarten sollen. Sarwapalli Pareshi hatte keinen bestimmten Termin für seinen Auftritt genannt. Er war einfach an diesem Morgen gekommen.

Viele von den Leuten, die sich auf dem Tempelvorplatz drängten, waren zufällige Besucher. Auch Touristen befanden sich darunter. Besonders fiel eine Gruppe von Japanern auf, die fortwährend alles knipste und filmte. Alle hatten gemerkt, dass sich etwas Besonderes anbahnte.

Sarwapalli Pareshi ließ sich Zeit. Erst als die Sonne genau im Zenit stand, begann er zu sprechen. Er sprach Hindi, aber der Dialekt der Leute aus dem Vindjagebirge klang deutlich durch. Die Inder unter den Zuschauern hörten es. Die meisten Touristen ließen sich die Worte des Gurus vom Führer ihrer Reisegruppe übersetzen.

»Ich verkünde euch das baldige Kommen eines göttlichen Wesens!«, rief Sarwapalli Pareshi. »Padmasambhawa Bodhisattwa, der aus dem Lotos Geborene, wird seine geweihten Füße auf diese Erde setzen und jenes Zeitalter einleiten, von dem schon die ältesten Veden sprechen. Glaubt an Padma, und die Zeit eurer Wiedergeburten und Prüfungen wird sich dem Ende zuneigen! Glaubt an Padma, und ihr werdet stark sein und unüberwindlich!«

Ein paar Japaner fotografierten den Guru. Er beachtete es nicht.

»Meine Sadhus werden euch nun die Kraft zeigen, die ihnen der Glaube an Padma, den Erhabenen, gegeben hat«, fuhr der Guru fort. »Wenn ihr glaubt und meine Lehren befolgt, werdet auch ihr dieser Kraft teilhaftig sein.«

Auf ein Zeichen des Gurus hin entkleideten sich die Wanderprediger bis auf knappe Lendenschurze. Sie waren alle hagere, asketische Männer. Ihre Augen leuchteten. Sie öffneten eine Kiste und holten Messer, lange Nadeln, Seile und Eisenketten hervor.

»Padma!«, intonierte der Guru, und sie fielen ein. »Padma, Padma, Padma! Padmasambhawa Bodhisattwa, der Erhabene, der Erleuchtete, der Bringer des Lichts, das Juwel aus der Lotusblume!«

Die Inder unter den Zuschauern unterhielten sich leise, aber ungeniert. Sie beeindruckte das nicht sehr. In Indien gab es eine Menge Religionen, Lehren und Sekten.

Zwei Sadhus begannen nun, sich mit Dolchen und Nadeln zu durchbohren. Mit dem Ausdruck größter Ruhe stießen sie sich die spitzen und scharfen Werkzeuge in den Körper. Sie durchbohrten Brust und Leib, ohne dass ein Tropfen Blut floss.

Die Zuschauer staunten und murmelten. Ein Sadhu wurde von zwei Glaubensbrüdern mit steif ausgestrecktem Körper in der Waagerechten gehalten. Sie traten zurück. Ein Aufschrei ging durch die Reihen der Zuschauer. Die weiter hinten Stehenden reckten sich, um besser sehen zu können, oder drängten sich vor.

Der Wandermönch schwebte einen Meter über dem Boden. Die beiden andern Sadhus häuften nun schwere Steine auf seinen Körper. Dennoch fiel er nicht herab. Im Gegenteil, er stieg über die Köpfe der Zuschauer zehn Meter in die Luft hinauf.

Vor den Tempelfiguren des Kailasanath-Tempels schwebte der Sadhu, die Augen geschlossen, die Hände vor der Brust gefaltet. Die Japaner knipsten wie toll, und auch die anderen Touristen standen ihnen nicht nach.

»Das ist die Kraft des Padma«, sagte Guru Sarwapalli Pareshi. »Gepriesen sei Padma!« Er klatschte in die Hände.

Die beiden letzten Sadhus stellten sich nebeneinander. Sie schauten zu der großen, monolithenähnlichen Säule vor den Tempelgebäuden. Unwillkürlich folgten die Zuschauer ihrem Blick.

Sie sahen, wie der tonnenschwere oberste Teil der Säule sich löste und über den Köpfen der beiden Sadhus schwebte. Jetzt wichen die Zuschauer zurück, und viele verneigten sich und hoben die Hände.

Was hier gezeigt wurde, ging über das Maß dessen hinaus, was die Yogis und Fakire zustande brachten.

»Padma ist eine mächtige und erhabene Gottheit«, sagten viele unter den Zuschauern. »Guru Pareshi soll uns mehr von ihm und seiner Lehre erzählen, damit auch wir zum Heil gelangen können.«

»Das alles bewirkt Padma«, sagte der Guru. »Es gibt keinen Größeren als ihn. Nun will ich euch mehr von dem Erhabenen erzählen.«

Der Guru wurde unterbrochen. Ein teuflisches, dämonisches Gelächter gellte über die Menge hinweg. Es schien aus dem Innern des Tempels zu kommen und zugleich auch aus der Luft und aus dem Erdboden.

Die Zuschauermenge überlief es kalt.

Der Guru erstarrte.

»Padma ist ein Wurm!«, rief eine Stimme, die jeder verstand, gleich, welche Sprache er redete. »Chakravartin, der Weltbeherrscher, der das Universum in Bewegung hält, tritt Padma in den Staub, in den er gehört. Fürchtet Chakravartin und wendet euch ihm zu, sonst wird er euch vernichten, wie er die Diener des elenden Padma vernichtet!«

Die Stimme brach jäh ab, und dann ging alles ganz schnell. Die tonnenschwere behauene Gesteinsmasse stürzte herab und zerschmetterte die beiden Sadhus, deren geistige Kräfte sie bewegt hatten. Der Mann, der zehn Meter hoch in der Luft schwebte, stürzte mit einem Schrei herunter und schlug auf den Steinplatten auf. Die beiden Wandermönche, die sich mit Messern und Nadeln durchbohrt hatten, begannen vor Schmerz zu brüllen. Blut schoss aus ihren Wunden.

Der Guru rang die Hände.

»Padma!«, schrie er. »Warum lässt du das zu? Warum hast du uns verlassen?«

Die Zuschauer schrien entsetzt durcheinander. Noch rührte keiner eine Hand, um den beiden schwer verletzten, von Dolchen und langen Nadeln durchbohrten Sadhus zu helfen.

»Padma!«, rief der Guru verzweifelt.

Dann ging etwas Grauenvolles mit ihm vor. Er begann grotesk zu zucken. Seine Arme und Beine wirbelten durch die Luft, sodass sie aus den Gelenken gerissen wurden. Sarwapalli Pareshi hüpfte auf und nieder. Sein Körper schlug auf dem Boden auf und federte wieder hoch wie ein Gummiball. Sein gelbes Gewand färbte sich rot.

Sarwapalli Pareshi gab keinen Laut mehr von sich, obwohl er furchtbare Qualen litt. Als er zwei Minuten später auf dem Boden liegen blieb, hatte er keinen heilen Knochen mehr im Leib, und eine große Blutlache bildete sich um ihn.

Da löste sich der Bann bei den Zuschauern, und sie rannten herbei, um zu helfen, wo es nichts mehr zu helfen gab.

Die Japaner drängten und schlängelten sich vor und knipsten und filmten wie die Teufel. Eine solche Sensation hatten sie auf ihrer ganze Indienrundreise noch nicht erlebt.

Die Menschen, die um den toten Guru herumstanden, wichen zurück. Sie machten sich auf etwas aufmerksam.

Mit dem Blut des Gurus war von unsichtbarer Hand ein Wort auf die Steinfliesen geschrieben: Chakra, die Abkürzung von Chakravartin.

Der zwei Meter große Hüne mit dem markanten Gesicht und dem schwarzen Haar verließ als Erster die Lockheed Super Constellation. Er musste sich im Flugsteig bücken, um nicht mit dem Kopf anzustoßen. Als Handgepäck trug er eine Reisetasche.

Zunächst ging er durch die Passkontrolle, die er anstandslos passieren konnte. Bei der Gepäckausgabe wartete er geduldig in der Menge der anderen Flugpassagiere, bis die Gepäckstücke auf dem Band der Transportanlage erschienen. Er ergriff seinen abgewetzten Reisekoffer; einen Gepäckkarren verschmähte der hünenhafte Mann, obwohl der Koffer sehr schwer war und eine Menge Zusatzgebühr gekostet hatte. Doch der schwarzhaarige Hüne trug ihn, als wäre er nur eine leere Pappschachtel.

Federnd wie ein Boxer ging er durch die große Halle zur Zollabfertigung. Er kam als einer der Ersten an die Reihe. Für ihn interessierten sich die indischen Zollbeamten besonders.

»Do you speak englisch?«

Der Hüne nickte.

»Your name, please, Sir?«

»Unga Triihaer.«

»Nationality?«

»I am an Icelander.« Unga hatte gelernt, sich in der Welt der Gegenwart zu bewegen, seit ihn eine von Dorian Hunter und Jeff Parker geführte Expedition von der Teufelsinsel geholt hatte. Er war ein echter Cro Magnon, achttausend Jahre vor Beginn der christlichen Zeitrechnung geboren. Inzwischen sprach er fließend Englisch und noch ein paar andere moderne Sprachen. Die moderne Technik fürchtete er keineswegs.

»Was führt Sie in unser Land, Mr. Triihaer?«, fragte ein Zollbeamter, offenbar der Leiter dieses Dezernats.

»Ich bin Forscher und will mir Indiens Tempel ansehen und die Folklore studieren.«

»Das ist zweifellos sehr interessant. Öffnen Sie bitte Ihren Koffer und das Handgepäck!«

Unga wusste nicht, weshalb sie ausgerechnet ihn ausgesucht hatten. Vielleicht, weil er aus der Menge hervorstach. Westliche Geschäftsreisende, meistens Engländer, gut gekleidete Inder und indische Frauen in Saris mit Kastenzeichen auf der Stirn drängten sich um Unga.

Er öffnete den Koffer, und zwei Zollbeamte schauten hinein. Schnell und geübt durchsuchten sie den Koffer, ohne allzu viel Unordnung zu verursachen.

»Was ist das?«, fragte einer und zeigte auf ein paar Dämonenbanner und gnostische Gemmen.

»Persönliche Gegenstände«, sagte Unga. »Ich bin Sammler. Es interessiert mich, ob in den indischen Tempeln ähnliche Darstellungen zu finden sind wie auf diesen Amuletten. Ich möchte eine bestimmte Theorie nachprüfen.«

Die beiden Zollbeamten berieten sich und beschlossen, dass Unga die Dämonenbanner und gnostischen Gemmen deklarieren müsste. Er musste sie wieder ausführen. Falls er sie in Indien verkaufte, hatte er Zoll zu bezahlen.

»Nun die Reisetasche, Mr. Triihaer!«

Unga öffnete bereitwillig seine Reisetasche. Die Zollbeamten schauten hinein. Einer holte Ungas aus Knochen gefertigten Kommandostab hervor, der andere eine bemalte japanische Porzellanpuppe. Die restlichen Gegenstände wurden schnell durchstöbert.

»Was ist das?«, fragte der Dezernatsleiter.

»Ich sagte es bereits: Sammlerstücke«, antwortete Unga freundlich.

Er befand sich jetzt als einziger Reisender in dem Zollraum. »Ich versichere Ihnen, ich habe nicht die Absicht, etwas Verbotenes einzuschmuggeln. Ich bin ein harmloser Wissenschaftler, ein Indologe.«

Der Dezernatsleiter sagte etwas in Hindi zu einem seiner Beamten. Der Mann nahm die Porzellanpuppe und trug sie hinaus.

Unga zwang sich zur Ruhe. Wenn Don Chapman in der Puppe entdeckt wurde, hatte er einiges zu erklären.

Es dauerte nur kurze Zeit, bis der Inder zurückkam und Unga die Puppe zurückgab. »Es ist alles in Ordnung, Mr. Triihaer. Wir wünschen Ihnen einen angenehmen Aufenthalt in unserem Land. Hoffentlich sind Ihre Forschungen erfolgreich.«

»Danke.« Unga verstaute seine Sachen. Am Ausgang bekam er seinen Pass wieder, der mit einem Vermerk wegen der Sammlerstücke sowie mit einer Liste versehen worden war.

Unga marschierte durch den langen Gang. Dann stand er in der Terminalhalle des International Airports von Bombay. Er fühlte sich ein wenig abgespannt, denn der Flug von Island über Paris und Teheran hatte mit Zwischenaufenthalten mehr als einen ganzen Tag gedauert. Unga hatte es satt, stundenlang in Terminalhallen und in Airport-Restaurants herumzuhocken und zu dösen. Lautsprecherdurchsagen tönten durch die Halle mit der Glasfront. Menschenschlangen standen vor den Abfertigungsschaltern.

Unga gähnte. So weit hatte er sich doch noch nicht an die Technik gewöhnt, dass er im Flugzeug schlafen konnte. Er steuerte auf den Informationsstand zu, wo er hoffte, Colonel Bixby zu treffen.

Bixby befand sich im Fernen Osten, genau bei jenen Kultstätten von Ellora, zu denen auch Unga mit Don Chapman wollte. Unga hatte Trevor Sullivan in London gebeten, Bixby zu benachrichtigen, damit der ihn auf dem Flughafen in Bombay oder später im Hotel traf.

Unga war ein wenig enttäuscht, als er beim Informationsstand keine Spur von Bixby entdeckte. Die Maschine der Air India war pünktlich gelandet. Den Informationsstand der ersten Halle hatte Unga als Treffpunkt angegeben.

Er überlegte, ob vielleicht ein Missverständnis vorlag und der Colonel ihn in einer der anderen Hallen erwartete. Da zupfte ihn jemand am Ärmel.

Unga drehte sich um. Ein Inder stand vor ihm. Er trug ein helles Gewand, das an einigen Stellen geflickt war, und Sandalen. Auf dem Kopf hatte er einen hellen Turban, und um die Taille trug er eine rote Schärpe, in der ein kurzes Schwert steckte. Er war Mitte der zwanzig und machte im ersten Moment einen ganz sympathischen Eindruck auf Unga.

»Unga Triihaer?«, fragte er.

Unga nickte. »Wer sind Sie?«

»Sri Mahadev Singh, vom Stamme der Sikhs. Ihr ergebener Diener. Colonel Bixby schickt mich. Leider ist er verhindert, selbst zu kommen.«

»Wo ist der Colonel?«

»Das werden Sie bald erfahren, Mr. Triihaer. Morgen. Ich bringe Sie jetzt zu Ihrem Hotel, zum ›Rajah‹. Sie werden müde sein von der Reise. Ruhen Sie sich aus!«

Unga schaute misstrauisch drein. »Was soll die Geheimnistuerei? Erwartet mich Colonel Bixby oder nicht?«

»Das hat alles seine Gründe. Sie können mir vertrauen, Mr. Triihaer. Kommen Sie! Ich besorge ein Taxi. Darf ich Ihren Koffer tragen?«

»Das kann ich allein.«

Der Sikh ging vor Unga her.

Unga war misstrauisch, aber er traute es sich zu, mit dem Inder fertig zu werden, falls er ein Dämonendiener war. Unga hatte seinen Kommandostab und andere magische Werkzeuge in der Reisetasche.

Der Cro Magnon beobachtete seine Umgebung aufmerksam. Als er auf die große Glastür zuging, deren Flügel sich automatisch öffneten, blieb sein Blick an einem bildschönen jungen Mädchen und einem Bettelmönch hängen.

Das Mädchen trug einen blaugoldenen Sari und hatte einen kleinen goldenen Ring durch den rechten Nasenflügel gezogen. Ihre Gestalt war zierlich, aber sie war sehr gut proportioniert, und das Gesicht mit den großen, mandelförmigen braunen Augen war so schön, dass es jeden Mann fesseln musste.

In der Nähe dieser Schönheit hockte ein abstoßend hässlicher Bettelmönch mit kahl geschorenem Kopf auf dem Boden und hielt den Vorübergehenden in der Terminalhalle seine Bettelschale hin. Sein Gesicht mit den wulstigen Lippen, dem hervorspringenden Unterkiefer und der aufgestülpten Nase erinnerte an einen Affen.

Der Bettelmönch glotzte Unga an. Unga verließ die Terminalhalle.

Sri Mahadev, der Sikh, winkte ein Taxi herbei. Ein schwarzbärtiger Mann mit einem Turban saß am Steuer.

Der misstrauische Unga deutete auf ein beliebiges anderes Taxi. »Wir fahren mit diesem Wagen.«

»Warum?«, fragte Sri Mahadev. »Dieses Taxi ist so gut wie das andere. Der Fahrer ist ein Sikh. Sie beleidigen ihn, wenn Sie ihn abweisen.«

»Dann beleidige ich ihn eben.« Unga ging auf das andere Taxi zu. Wenig später saß er mit Sri Mahadev auf dem Rücksitz des Taxis. Sein Koffer war im Kofferraum verstaut. Die Reisetasche, die neben dem magischen Werkzeug auch Don Chapman enthielt, hatte Unga auf den Knien.

Das Taxi fuhr vom Flughafen Santa Cruz zum siebzehn Kilometer entfernten Bombay. Im Stadtteil Bandra auf der Insel Salsette war das Europäerviertel. Hier befand sich auch das Hotel »Rajah«.

Sri Mahadev versuchte, mit Unga ein Gespräch über Indien anzuknüpfen. Aber der schwarzhaarige Hüne blieb einsilbig.

Ein kühler Monsunwind wehte vom Zentralasiatischen Hochland her. Als Unga vor dem Hotel »Rajah« aus dem Taxi stieg, sah er ein paar Geier über den Himmel fliegen.

Sri Mahadev hatte seinen Blick bemerkt.

»Die Geier fliegen nach Malabar Hill an der Südwestspitze von Bombay, wo die Parsen wohnen, die Feueranbeter. Auf den Plattformen der Türme des Schweigens legen sie ihre Toten aus – als Fraß für die Geier.«