Dorian Hunter 26 - Horror-Serie - Ernst Vlcek - E-Book

Dorian Hunter 26 - Horror-Serie E-Book

Ernst Vlcek

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Beschreibung

Die Masken des Dr. Faustus
von Ernst Vlcek

Toledo, 1531.
»Haltet den Dieb!«, schrien aufgeregte Stimmen. »Er hat die heilige Madonna beraubt.« - »Was für ein Sakrileg! Ein Fluch wird über uns kommen.«
Ein Blitz zuckte vom Himmel herab und schlug in die Kirche ein. Die Holzbalken fingen Feuer. Georg Rudolf Speyer stand wie erstarrt da. Eine Gestalt lief, von der Kirche kommend, über den Platz. Die Meute der Gläubigen folgte ihr. Das musste der Dieb sein. Es war ein Mann in einem Umhang und mit einer Kapuze. Er rannte, als sei der Teufel hinter ihm her, und er presste etwas fest an den Körper, das golden glänzte. - Es war ein Drudenfuß!

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Inhalt

Cover

Impressum

DIE MASKEN DES DR. FAUSTUS

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

mystery-press

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Mark Freier

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-8505-2

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Auf Schloss Lethian an der österreichisch-slowenischen Grenze gerät der Reporter Dorian Hunter in ein Abenteuer, das seinen Verstand übersteigt. Die acht Männer, die seine Frau Lilian und ihn begleiten, sind seine Brüder – gezeugt in einer einzigen Nacht, als die Gräfin von Lethian, selbst eine Hexe, sich mit dem Teufel Asmodi vereinigte! Dorians Brüder nehmen die Offenbarung euphorisch auf. Nur Dorian will sein Schicksal nicht akzeptieren. Er tötet seine Mutter und eröffnet die Jagd auf seine Brüder. Danach steckt er das Schloss in Brand und flieht mit seiner Frau. Aber Lilian hat bei der Begegnung mit den Dämonen den Verstand verloren. Übergangsweise bringt Dorian sie in einer Wiener Privatklinik unter, die auf die Behandlung psychischer Störungen spezialisiert ist – und begegnet kurz darauf der jungen Hexe Coco Zamis, die von ihrer Familie den Auftrag erhalten hat, Dorian zu töten. Doch Coco verliebt sich in den Dämonenkiller und wechselt die Seiten, wodurch sie nicht nur ihre magischen Fähigkeiten verliert, sondern darüber hinaus aus der Schwarzen Familie ausgestoßen wird.

Coco wie auch Dorian sind nun gleichzeitig Jäger und Gejagte, denn Dorian hat sich geschworen, seine Brüder, die das Feuer auf Schloss Lethian offenbar allesamt überlebt haben, zur Strecke zu bringen. In London tötet er Roberto Copello, nachdem dieser den Secret-Service-Agenten Donald Chapman auf Puppengröße geschrumpft hat. Mit Hilfe des Secret Service gründet Dorian die »Inquisitionsabteilung«, der nicht nur er selbst, sondern auch Coco und der Puppenmann Chapman fortan angehören. Ein weiteres »inoffizielles« Mitglied ist der geheimnisvolle Hermaphrodit Phillip, dessen Adoptiveltern von Dämonen getötet wurden. Zum Hauptquartier der Inquisitionsabteilung wird die Jugendstilvilla in der Baring Road, in der Phillip aufgewachsen ist, doch gleichzeitig stöbert Dorian Hunter weiter in der Bibliothek seines alten Reihenhauses in der Abraham Road nach Hinweisen auf dämonische Umtriebe – und stößt auf das Tagebuch des Barons Nicolas de Conde, der auf dem Eulenberg nahe Nancy im Jahr 1484 seine Seele dem Teufel verkaufte. De Conde bereute, wurde zum Hexenjäger und Mitautor des »Hexenhammers« und starb als angeblicher Ketzer. Der Fluch erfüllte sich. Seither wird de Condes Seele nach jedem Tod in einem neuen Körper wiedergeboren – und tatsächlich gelingt es ihm als Dorian Hunter, Asmodi zu vernichten!

Aber schon droht neue Gefahr – durch die sogenannten Dämonen-Drillinge, deren Geburt Dorian in seinem zweiten Leben als Juan Garcia de Tabera beiwohnte. Mit dem goldenen Drudenfuß hat er die einzige Waffe, die die Drillinge vernichten kann, bereits in seinen Besitz gebracht. Jetzt, so glaubt er, muss er nur noch die Dämonen-Drillinge finden. Doch da wird er plötzlich gewarnt, die Waffe einzusetzen – von einem »alten Freund« ...

DIE MASKEN DES DR. FAUSTUS

von Ernst Vlcek

Vergangenheit

Die Alte fror, obwohl sie ganz dicht am Kaminfeuer saß. Ihr Blick wanderte immer wieder zu dem Fenster, das sie notdürftig mit Lumpen abgedichtet hatte. In der vergangenen Nacht war es so kalt gewesen, dass das letzte Stück Glas im Fenster zerborsten war.

Plötzlich flog krachend die Tür auf. Ein Luftzug entstand, der Wind heulte und löschte das Feuer aus.

»Quendola! Quendola! Es ist so weit. Pack deine alten Knochen und komm rasch in das Haus des Stadtknechts Chergenta!«

Die alte Quendola drehte sich fluchend nach dem Störenfried um. Es war ein kleiner Junge in zerlumpten Kleidern, einer von jenen Zigeunern, die frech wie die Spatzen waren und wie die Raben stahlen.

»Mach die Tür gefälligst wieder zu, Lausebengel! Oder willst du, dass ich mir den Tod hole?«

1. Kapitel

»Wenn du dich nicht beeilst, ist dein Leben wirklich nichts mehr wert«, erwiderte der Zigeunerjunge, ohne sich aus der offenen Tür zu rühren. Hinter ihm wirbelten die Schneeflocken über die Straße. »Bei Chergentas Weib ist es so weit. Sie schreit wie am Spieß, und Chergenta hat zu mir gesagt, ich soll laufen wie der Teufel und die Hebamme holen. Komm schon, Quendola! Chergenta versteht keinen Spaß. Wenn was schiefgeht, schlägt er dir den Schädel ein.«

»Schon gut«, sagte die Hebamme knurrend.

Noch während der Junge sprach, hatte sie sich ihren Umhang übergeworfen. Jetzt kam sie zur Tür und stieß ihn ins Freie. »Da, trag meine Tasche! Aber versuch nicht, dich damit davonzumachen. Ich kenne dich und werde dich überall in Toledo finden.«

Sie schloss hinter sich die Tür und folgte dem Jungen, der sich gegen den Wind stemmte und mit eingezogenem Kopf gegen die wirbelnden Schneeflocken ankämpfte. Der Schnee schmolz, kaum dass er den Boden berührte. Überall waren Pfützen. Aber in der Nacht würde das Wasser frieren. Die alte Quendola konnte sich nicht erinnern, wann in Toledo zuletzt so ein schlechtes Wetter gewesen war.

Sie erreichte mit dem Jungen die Plaza del Barrio Nuevo.

»Beeile dich, Quendola! Der Stadtknecht wird vor Ungeduld bereits toben«, rief der Junge ihr zu.

»Eile mit Weile«, erwiderte die Hebamme. »Chergenta, dieser Geizkragen, wird es schon noch erwarten können. Wie man bezahlt, so wird man bedient.«

Sie wischte sich über die Augen, weil Schneeflocken in den Wimpern ihre Sicht behinderten. Da stieß sie gegen eine Gestalt.

»Verzeiht, edler Herr!«, entschuldigte sie sich unterwürfig, als sie an den Kleidern erkannte, dass sie mit einem wohlhabenden jungen Mann zusammengestoßen war. Die Kleider sagten ihr aber noch etwas anderes: dass dies ein Fremder war, der aus dem Norden jenseits der Pyrenäen stammte. Er war so jung und wirkte so unerfahren, dass sie die Situation zu nutzen gedachte. Während sie sich entschuldigte, ließ sie ihre gichtigen Finger wie haltsuchend über seine Kleider wandern. In Wirklichkeit suchte sie jedoch nach seinem Geldbeutel. Als sie die pralle Lederbörse umschloss, wurde sie plötzlich mit festem Griff am Handgelenk gepackt.

»Ah! Du alte Hexe wolltest mich bestehlen!«, sagte der junge Edelmann in schlechtem Spanisch. »Ich sehe, dass dort drüben auf dem Richtplatz der Henker gerade zu tun hat. Er sollte sich auch gleich deiner diebischen Hand annehmen.«

»Gnade, Herr!«, flehte die Hebamme. »Ich habe euch nichts getan. Ich bin eine ehrbare Geburtshelferin. Man erwartet mich in einem herrschaftlichen Haus auf diesem Platz. Ich muss mich beeilen, will ich das Kind retten, das in diesem Augenblick schon das Licht dieser ungerechten Welt erblicken kann. Ich bitte euch, haltet mich nicht auf, Herr!«

Der Zigeunerjunge stellte sich auf die Seite der diebischen Hebamme.

»Es ist wahr, Herr. Sie ist eine Hebamme und muss einer werdenden Mutter beistehen.«

»Dann lauf los, Alte! Komm mir aber nicht mehr unter die Augen.«

Georg Rudolf Speyer ließ die Greisin los. Gleich darauf war sie in der Menge, die sich um sie gebildet hatte, verschwunden. Die Leute zerstreuten sich wieder, als der Zwischenfall ein so undramatisches Ende nahm.

Speyer, Sohn eines Kaufmannes aus Marburg an der Lahn, machte sich ebenfalls eiligen Schritts davon. Er liebte es nicht, Aufsehen zu erregen, obwohl er eigentlich nichts zu verbergen hatte. Aber er hatte auf seiner langen Wanderung von Wittenberg durch Frankreich und über die Pyrenäen schon zu viele schreckliche Geschichten über die Spanische Inquisition gehört, so dass er sich sagte, es war besser, keines Menschen Aufmerksamkeit zu erregen.

Er war von Toledo enttäuscht, wie überhaupt von Spanien. Er hatte geglaubt, dass hier selbst im Dezember die Sonne lachen würde; stattdessen war es hier so kalt und unfreundlich wie in seiner Heimat zu dieser Jahreszeit. Es war auch nur ein schwacher Trost, dass er überall zu hören bekam, dies sei der kälteste Winterbeginn seit Jahren. Der Himmel war seit Tagen grau. Die kalten Winde kamen heulend von den Montes de Toledo herunter und hüllten die Stadt ein. Regen und Schneefall wechselten einander ab. Die Zufahrtsstraßen waren am Tag aufgeweicht und schlammig, so dass die Karren und Kutschen darin stecken blieben. In der Nacht fror der Boden und wurde so hart und glatt, dass die Hufe der Pferde keinen Halt fanden. Speyer hatte mit eigenen Augen gesehen, wie man einem Zugtier, das mit gebrochenem Bein hilflos im Straßengraben lag, den Gnadenstoß geben musste.

Er war erst heute hier angekommen und spielte schon wieder mit dem Gedanken, Toledo den Rücken zu kehren. Vielleicht war es tiefer im Süden doch freundlicher. Wahrscheinlich, sicher sogar. Aber was sollte er dort? Andererseits – was zog ihn nach Toledo? Er wusste es nicht. Und doch – diese Stadt übte eine magische Anziehungskraft auf ihn aus.

Er war in den letzten Jahren ruhelos durch die Lande gezogen, nur um schließlich zu erkennen, dass er nach Toledo wollte. Warum nur? Und was trieb ihn ausgerechnet auf die Plaza del Barrio Nuevo?

»Entschuldigt, mein Freund, aber ich habe vorhin zufällig gehört, dass Ihr ein Landsmann von mir seid«, sagte da jemand auf Deutsch an Speyers Seite.

Er wandte sich um und sah einen Mann mit nur einem Bein, der auf Krücken ging. Der Mann trug einen dicken Mantel aus Wolfspelz und einen hohen, breitkrempigen Hut mit einer langen, flauschigen Feder. Speyer dachte zuerst, dass ihn ein Bettler anspreche, doch der Kleidung nach zu schließen war der Mann weitaus wohlhabender als er selbst. Er konnte sich sogar einen Diener leisten, der mit finsterem Gesicht, die Hand am Knauf des Degens, hinter ihm stand.

»Gestattet Ihr, dass ich mich vorstelle?«, sagte der Einbeinige. »Mein Name ist Thadäus Gruenerthal. Lasst Euch von meiner Kleidung nicht blenden, denn sie spiegelt nicht meine wahre Herkunft und Stellung wider. Ich bin nur ein einfacher Schneider aus Köln.«

Speyer nannte seinen Namen und sagte, dass er der Sohn eines Kaufmannes auf Wanderschaft sei. Er verschwieg wohlweislich, dass er zwei Jahre lang Medizin studiert hatte, denn in jener Zeit hielt man nirgends viel von Studenten und nannte sie allerorts schlichtweg Rauf- und Trunkenbolde.

»Und was führt Euch nach Toledo, wenn man fragen darf?«, wollte der Schneider aus Köln wissen.

Speyer hob die Schultern. »Wahrscheinlich derselbe Trieb, der die Zugvögel im Winter in den Süden ziehen lässt.«

Der einbeinige Schneider lächelte verschmitzt. »Dann habt Ihr in Toledo sicherlich nicht das richtige Winterquartier gefunden.« Er zwinkerte Speyer zu. »Oder aber Ihr verheimlicht mir aus irgendwelchen Gründen – am Ende gar aus falscher Scham –, dass Ihr aus einem ganz anderen Grund nach Toledo gekommen seid.«

»Und der wäre?«

»Das Wunder von Toledo – die Madonnenstatue, die auf wundersame Weise Tränen weint und Kranke heilt und Blinde sehend macht.«

»Ja, ich habe davon gehört.«

Überall sprach man über dieses Wunder, und von überall kamen die Leidenden, um bei der Madonnenstatue um Erlösung zu flehen; und glaubte man den Legenden, dann hatten schon unzählige Kranke hier Heilung gefunden. Immer wenn die Madonnenstatue weinte, erlebten die gläubigen Pilger ein Wunder. War er deshalb nach Toledo gekommen? Aber er war doch nicht krank und hatte auch kein körperliches Gebrechen.

»Die Madonna ist meine letzte Hoffnung«, sagte der einbeinige Schneider. »Nicht, dass ich glaube, ich könnte durch ein Wunder ein zweites Bein erhalten. Mit diesem Gebrechen habe ich mich längst abgefunden. Aber ich bin unheilbar krank. Die Ärzte haben mir prophezeit, dass ich das neue Jahr nicht mehr erleben werde. Deshalb habe ich alle meine Ersparnisse zusammengekratzt und bin hierher gepilgert. Und Ihr, Speyer, wollt Ihr mir nicht anvertrauen, warum Ihr hier seid? Euer Schritt lenkt Euch geradewegs zur Kirche Santa Maria la Blanca, in der die Wunder wirkende Madonna einen Seitenaltar ziert.«

Speyer empfand den Redeschwall des Schneiders plötzlich als äußerst lästig. Anstatt sich darüber zu freuen, in der Fremde einen Landsmann gefunden zu haben, ärgerte er sich über dessen Erscheinen.

»Ach, lasst mich mit Eurem Unsinn in Frieden!«, sagte er wütend und wandte sich ab.

Er hörte hinter sich das Klappern der Krücken. Als er sich nach einer Weile umdrehte und zu der Kirche hinüberblickte, sah er den Schneider durch das Portal verschwinden.

Worauf warte ich?, fragte sich Speyer. Warum suche ich nicht ebenfalls die Kathedrale auf?

Er hätte es in diesem Augenblick getan, wenn nicht gerade ein Trauerzug vorbeigekommen wäre und ihm den Weg verstellt hätte. Die Prozession mit den Sargträgern an der Spitze bewegte sich gemessenen Schrittes auf den kleinen Friedhof hinter der Kirche zu.

Plötzlich gellte ein Schrei über den Platz. Die Henkersknechte hatten die Arme und Beine des Verurteilten an das Zaumzeug von vier Ackergäulen gebunden, um ihn zu vierteilen. Jetzt trieben sie die Gäule mit Peitschen an, jeden in eine andere Himmelsrichtung.

Wieder schrie der Verurteilte. Diesmal erstarb sein Schrei in einem gewaltigen Donnerschlag, der einem grellen Blitz folgte. Der Blitz schlug in den Kirchturm ein und spaltete ihn. Die Trümmer fielen auf den Platz. Menschen stoben schreiend auseinander. Beim Portal der Kirche entstand ein Tumult.

»Haltet den Dieb!«, schrien aufgeregte Stimmen.

»Er hat die heilige Madonna beraubt.«

»Was für ein Sakrileg! Ein Fluch wird über uns kommen.«

Wieder zuckte ein Blitz vom Himmel herab und schlug in die Kirche ein. Die Holzbalken fingen Feuer.

Georg Rudolf Speyer stand wie erstarrt da. Eine furchtbare Ahnung hatte sich seiner bemächtigt; und die Erkenntnis, dass sich hier ein schreckliches Drama anbahnte, lähmte ihn.