Drachenkraft und Elfenmacht - Elke Edith - E-Book

Drachenkraft und Elfenmacht E-Book

Elke Edith

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Beschreibung

Nachdem Sandra Henderson, die noch zu einem Viertel Elfenblut in sich trägt, den englischen Polizeiinspektor Jameson Richards geheiratet hat, muss sie auch schon wieder um sein Leben fürchten. Sie selbst wird von einem grausamen Magier erpresst, der von ihr verlangt, das Tor zur Dimension der Drachen zu öffnen. Wenn sie dies nicht tun sollte, wird er den geistigen Zustand ihres Mannes auf ewig verwirren und unter seiner Kontrolle halten. Sandy befindet sich in einer Zwickmühle, denn wenn sie tut, was man von ihr verlangt, ist sie für den Untergang des Drachenreiches verantwortlich!

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Seitenzahl: 323

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Inhalt

Impressum

Inhalt

Personenverzeichnis

Drachenkraft und Elfenmacht

1

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Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie­.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fern­sehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und ­auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

© 2015 novum Verlag

ISBN Printausgabe: 978-3-99048-160-8

ISBN e-book: 978-3-99048-161-5

Lektorat: Isabella Busch

Umschlagfotos: Pseudolongino, Patrik Ružic, Katalinks, Ig0rzh | Dreamstime.com

Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh

www.novumverlag.com

Inhalt

Nachdem es Sandra Henderson zusammen mit dem Polizeiinspektor Jameson Richards möglich gewesen war, einen von einem Dämon entführten kleinen Jungen aufzuspüren und zu retten, läuteten schließlich sogar die Hochzeitsglocken für das glückliche Paar, das nach anfänglichen Problemen endlich seine Liebe zueinander entdeckt hatte. Ihren Ehemann störte es auch nicht, dass in Sandras Adern zu einem Viertel Elfenblut floss. Er liebte sie so, wie sie war, eine junge hübsche Frau, auch wenn sie ihn mit ihren Fähigkeiten, die ihr vom Erbe ihrer Mutter geblieben waren, immer wieder in Erstaunen versetzte. Er hatte sie schließlich schon beim Lösen von Bannsprüchen, beim Kampf gegen dämonische Diener und bei Beschwörungen erlebt. Ja, er war sogar mit ihr in eine andere Dimension geschleudert worden, sodass sich sein Weltbild mittlerweile völlig verändert hatte.

Doch trotz ihrer Liebe zueinander stand ihnen der wohl schwerste Schritt in ihrem Leben noch bevor. Dunkle Mächte wollten sich das Wissen und Können von Sandra, die liebevoll Sandy genannt wurde, zunutze machen und erpressten sie zu diesem Zweck mit dem Leben ihres Mannes. Würden ihre Liebe und ihre Fähigkeiten auch diesmal stark genug sein, diese erneute Prüfung zu bestehen? Würde sie es schaffen, den Versuchungen zu widerstehen und ihren Partner retten zu können, ohne sich eines großen Verrates an den Wesen aus einer anderen Welt schuldig zu machen? Und wenn sie es nicht konnte, was würde sie dann wohl für eine Strafe für ihren Verrat erwarten? Würde das dann auch das Ende ihrer Liebe bedeuten, die sie doch eigentlich damit bewahren wollte?

Personenverzeichnis

Sandra Richards: Die junge Frau ist die Tochter einer Halbelfe und eines Menschen. Sie ist zwar nicht unsterblich, hat aber viele Fähigkeiten ihrer Mutter geerbt und versucht daraus das Beste zu machen, auch wenn man ihr immer wieder mit Unverständnis begegnet. Sie hat inzwischen den Polizeiinspektor Jameson Richards geheiratet, nachdem sie sich bei einem gemeinsamen Fall kennengelernt hatten. Doch nun wird sie vor eine schwierige Entscheidung gestellt, als man sie mit dem Leben ihres Mannes erpresst, um ihre Gabe für eine ungerechte Sache auszunutzen.

Jameson Richards: Der Inspektor gerät bei einem zunächst völlig normalen Einsatz in die Hände eines Magiers und kann nur durch die aufopferungsvolle Liebe seiner Frau gerettet werden.

Albert: Der langjährige Diener von Jameson Richards bleibt diesem auch nach dessen Heirat noch treu ergeben und wird schon bald zu Sandras Vertrauten.

Narami: Die liebenswerte Drachendame ist Sandra und Jameson im Land der Drachen behilflich.

Alvaro: Der größte und stärkste Drache ist der Anführer der gesamten Drachenwelt.

Danjal: Der Sohn von Narami und Alvaro ist noch ein unerfahrener Jungdrachen, der viel zu lernen hat.

Widana: Der Drachenmutter wird das Gelege genommen, sodass sie auf Rache sinnt.

Kaïtara: ein noch junges Drachenweibchen

Inura: ein anderes Drachenweibchen

Margo: ein anderer Drache

Funaro: ein anderer Drache

Burana: ein anderes Drachenweibchen

Galfur: Der dämonische Magier blockiert Jamies Gehirn, um seine Frau zu erpressen, wobei er nichts Gutes im Schilde führt.

Valeria: Die Ahnin von Sandy ist einst selbst aus Liebe zur Verräterin an den Drachen geworden.

Richards senior: Jameson Richards Vater ist einer der reichsten Firmeninhaber der Stadt.

Franklin: Der Polizeikollege von Jameson Richards versucht zunächst, dessen Frau beizustehen.

Dr. med. Miller: Der Arzt kümmert sich im Hospital um den Inspektor, jedoch ohne ihm wirklich helfen zu können.

Drachenkraft und Elfenmacht

Was konnte schon schlimmer sein, als morgens zu viel zu früher Stunde geweckt zu werden? Dabei war es ganz egal, ob es nun durch einen schrecklichen Wecker, einen vorlaut krähenden Hahn auf dem Lande oder durch das Klopfen von Albert, dem Diener, an unserer Schlafzimmertür geschah. Ich beschloss ganz spontan, dieses lästige Geräusch zu ignorieren und mich einfach nicht zu rühren. Allerdings konnte ich das nur für mich selbst entscheiden und nicht für meinen Ehemann Jamie, der ja zu seiner Dienststelle im Polizeipräsidium musste. Und er war ein viel zu pflichtbewusster Inspektor, als dass er einfach mal blaugemacht hätte und zu Hause geblieben wäre.

Vielleicht war er an diesem frühen Morgen ja der Meinung, dass ich noch schlafen würde, denn er ließ meinen Kopf ganz sanft aus seiner Armbeuge auf das Kissen gleiten. Ich spürte, wie er mit einem Finger sacht eine Haarsträhne aus meinem Gesicht strich und mir einen Kuss auf die Wange hauchte. Dann schlug er die Decke zurück und setzte sich auf die Bettkante, wo er noch einen Moment verharrte.

Ich blinzelte unter den Wimpern hervor und blickte auf seinen breiten Rücken mit den kräftigen Muskeln, während er sich jetzt nach oben stemmte. Da er keinen Pyjama trug, ließ ich meine Blicke weiter nach unten wandern und blieb an seinem knackigen Hinterteil hängen. Wir hatten wie immer, seit wir uns kannten, nackt geschlafen. Warum sollte man sich auch erst mit störender Kleidung aufhalten, wenn man so verliebt war wie wir beide. Wir waren jetzt schon seit mehr als einem Jahr verheiratet und genossen unsere Zweisamkeit noch immer wie am ersten Tag.

Deshalb schickte ich jetzt auch einen bewundernden Pfiff hinter ihm her, obwohl er die Badezimmertür bereits erreicht hatte und mit einem schelmischen Jungengrinsen dahinter verschwand. Sein Blick, den er mir zurückwarf, war eine einzige Aufforderung gewesen, deshalb war mir auch klar, dass er nur duschen würde, denn wenn wir erst gemeinsam in der großen in den Boden eingelassenen Wanne landen würden, käme er garantiert zu spät ins Büro. Aber eine warme Dusche mit ihm zusammen wollte ich mir trotzdem nicht entgehen lassen und huschte deshalb schnell aus dem Bett und verschwand ebenfalls in dem riesigen Badezimmer, dessen Ausmaße schon einem kleinen Schwimmbad gleichkamen.

Als ich die Kabinentür der Dusche aufzog, schlug mir bereits ein Schwall warmer, feuchter Luft entgegen, und ich drängte mich schnell neben ihn und ließ die angenehmen Wasserstrahlen ebenfalls auf meinen Körper prasseln. Dabei war es mir ganz egal, dass meine Haare, die ich mittlerweile noch ein ganzes Stück länger trug, ebenfalls nass wurden. Ich ließ mich nur zu bereitwillig in seine starken Arme ziehen und mit einem ausgiebigen Gutenmorgenkuss verwöhnen. Dann genoss ich seine streichelnden Hände, während wir uns gegenseitig den duftenden Seifenschaum auf unseren Körpern verteilten, den die Wasserstrahlen sofort wieder abspülten.

Wir hatten einen wunderschönen Abend miteinander verbracht und waren gar nicht mehr dazu gekommen, uns den Film anzusehen, den wir uns ausgeliehen hatten, da uns unser Bett und die Möglichkeiten, die es uns bot, viel verlockender erschienen waren. Eigentlich konnte ich es noch immer nicht glauben, dass ich diesen Mann, der mir zu Anfang so unausstehlich und arrogant erschienen war, tatsächlich geheiratet hatte. Aber nachdem wir unsere anfänglichen Probleme endlich gemeistert hatten und er gelernt hatte, meinen Erbteil an Elfenblut zu akzeptieren, konnten wir uns dann doch noch unsere Liebe zueinander eingestehen. Sie war zwar sofort auf eine harte Probe gestellt worden, doch wir hatten alle Hindernisse überwunden, und so hatte ich, eine viertel Elfe, doch tatsächlich den Mann meiner Träume geheiratet. Dass er obendrein auch noch sehr wohlhabend, nun gut stinkreich trifft es wohl besser, war, setzte dem Ganzen eigentlich nur noch die Krone auf. Immerhin bekam er aus dem Gewinn der Richards-Werke einen beträchtlichen Anteil ausbezahlt, da er der jüngere Sohn des Firmengründers war. Damit wäre er auf sein Gehalt als Polizeiinspektor im Grunde nicht angewiesen, aber so war es ihm schon lieber, wenn er auch eigenes, selbst verdientes Geld besaß, was ich ihm sogar hoch anrechnete.

Wenn ich daran dachte, wie lange es gedauert hatte, bis er mir meine Elfenkräfte und -fähigkeiten endlich abkaufen konnte, dann war es immer noch ein Wunder, dass wir zueinandergefunden hatten. Doch inzwischen konnte ich mir ein Leben ohne meinen schmucken Polizeiinspektor gar nicht mehr vorstellen! Dieser Mann war zum Inbegriff meines Lebens geworden!

Wir waren gegenseitig dazu bereit gewesen, für den Partner unser eigenes Leben zu opfern! Was konnte mehr zusammenschweißen und von unserer Liebe überzeugen, als solche Taten? Schließlich hatte er sich meinetwegen sogar mit Dämonen und anderen Höllenwesen geprügelt, war meinetwegen angeschossen worden und fast gestorben, wenn ich seine Seele nicht an den schon toten Körper gebunden hätte. Er hatte sich auch nicht selbst retten wollen, als er in einer magischen Höhle fast verschüttet worden wäre. Nein, er hatte alles darangesetzt, meinen Körper zu schützen, sodass es meinem Geist möglich gewesen war, doch wieder in seine Hülle zu schlüpfen. Und dafür liebte ich ihn noch mehr, liebte ihn mit der ganzen Kraft meines Herzens!

Jamie, der ja eigentlich Jameson hieß, drängte mich in diesem Moment mit dem Rücken gegen die Fliesen. Und da ich bereits beim Einseifen unter meinen Fingern seine Härte verspürt hatte, war mir sofort klar, dass er die kurze Zeit, die uns zur Verfügung stand, noch nutzen wollte. Wie hätte ich etwas dagegen haben können?

Schon fühlte ich mich von ihm hochgehoben, und ich umschlang ihn bereitwillig mit meinen Beinen, sodass er mich nur noch etwas tiefer rutschen lassen musste, damit sein steifes Glied in mich eindringen konnte.

„Wow!“, stieß ich hervor, da ich ihn so schnell ganz tief in mir spürte, und umklammerte seine Schultern, zog mich selbst noch dichter und fester an ihn heran, um seine Bemühungen zu unterstützen.

Er hievte mich abwechselnd höher und ließ mich wieder runter, seine Arme schienen gar nicht zu ermüden. Begeistert stöhnte ich auf, ratschte mit meinen Fingernägeln über die Muskeln seines Rückens, wodurch er bestimmt ein paar rote Striemen zurückbehalten würde, was ihn aber noch mehr anturnte. Am liebsten hätte ich laut geschrien, wenn mir nicht in derselben Sekunde eine volle Ladung Wasser aus dem Duschkopf in den Mund gelaufen wäre. Ich musste husten und beendete damit ungewollt meinen Orgasmus viel zu früh, was aber zumindest Jamie nicht daran hinderte, selbst zum Höhepunkt zu kommen. Mit verklärtem Blick grinste er mich an und verschloss mir den Mund mit einem wilden, leidenschaftlichen Kuss, während er sich gleichzeitig in mir verströmte. Ich konnte kaum glauben, was dieser Mann – nein, mein Mann – mir alles bieten konnte!

Als wir endlich das Bad wieder verließen, hatten wir die Zeit prompt weit überschritten, sodass aus einem gemeinsamen Frühstück natürlich nichts mehr wurde. Jamie musste sich sogar sputen und zog sich in Rekordzeit an. Es blieb uns nur ein intensiver Abschiedskuss, dann sprintete er auch schon zu seinem Bentley. Ich öffnete ihm nur noch schnell das Tor mit der Fernbedienung, und schon war er weg!

*

Ich verzog enttäuscht das Gesicht, aber er musste ja ins Präsidium, während ich selbst zurzeit keinen Auftrag hatte. Niemand hatte mich kontaktiert, weil er die übersinnlichen Fähigkeiten einer Elfe in Anspruch nehmen wollte, die in einschlägigen Kreisen aber durchaus bekannt waren. Ich benötigte weder ein Büro noch Zeitungsanzeigen. Mein Können und meine Erfolge im Bereich des Paranormalen sprachen sich noch immer am besten per Mundpropaganda herum. Ich würde also Zeit für mich selbst haben, viel zu viel Zeit nach meinem Geschmack, wenn Jamie nicht bei mir sein konnte.

Also ging ich zurück ins Schlafzimmer, ließ den kuschligen Bademantel von meinen Schultern rutschen und zog mich erst einmal an. Ich entschied mich unter all der Garderobe, die ich dank Jamie inzwischen besaß, für eine weiße Sommerhose und ein lindgrünes Top, legte ein zartes Make-up auf, ließ meine Haare locker über meine Schultern fallen und schlüpfte in weiße Espandrillos. Das Frühstück wollte mir alleine zwar auch nicht schmecken, aber eine Tasse von Alberts wirklich gutem Kaffee ließ ich mir nicht entgehen, bevor ich dem Diener mitteilte, dass ich mir einen kleinen Laden ansehen wollte, der in seinem Antiquariat ein paar sehr alte Bücher anbot, die sich angeblich mit der Geschichte der Elfenwesen beschäftigten. Diesem Tatbestand musste ich einfach nachgehen, denn wer hätte besser beurteilen können, ob die Schriften tatsächlich die Wahrheit sagten, wenn nicht ich, da ich doch immerhin zu einem Viertel echtes Elfenblut in mir trug.

Mein kleiner, weißer, zweisitziger Sportwagen, den Jamie mir geschenkt hatte, wartete nur darauf, von mir gefahren zu werden. Mittlerweile hatte ich auch wieder Übung im Fahren bekommen, denn bevor ich meinen Mann kennengelernt hatte, war es mir unmöglich gewesen, mir einen fahrbaren Untersatz zu leisten, da war ich gewöhnlich auf Schusters Rappen unterwegs gewesen. Jetzt sah das natürlich ganz anders aus, und ich hatte mich auch schon längst wieder ans Fahren gewöhnt und fühlte mich wieder sicher dabei. So parkte ich schon bald auf einem freien Platz neben einer Einkaufszone, wo sich der kleine Buchladen zwischen größere Geschäfte wie hineingequetscht einpasste. Doch wenn der Laden auch etwas unpassend für diese Gegend wirkte, so schien er sich doch über Wasser halten zu können, denn es befanden sich gleich drei Kunden, zwei Männer und eine ältere Frau, in seinem Inneren und stöberten in den vollgestopften Regalen.

Ein ebenfalls älterer Mann schien der Bibliothekar zu sein, denn er sah mir interessiert entgegen, kaum dass ich den Laden betreten hatte. Und so wendete ich mich sofort an ihn, denn es schien mir auf den ersten Blick unmöglich, in diesem Laden auch nur ein einziges Buch selbst zu finden.

Ich grüßte den Mann mit seinem dichten, aber gepflegten Vollbart freundlich und erklärte: „Ich habe erfahren, dass Sie ein altes Buch zum Thema Elfen anzubieten haben. Das würde ich mir gerne einmal ansehen. Wäre das möglich?“

Die Augen des Bibliothekars verengten sich einen Moment, als wolle er abschätzen, was eine junge, hübsche Frau wohl mit einem solchen Buch anfangen wolle, doch schließlich meinte er: „Ja, Miss, das habe ich in der Tat. Wenn Sie mir bitte folgen wollen, ich habe dieses spezielle Buch hier nebenan.“

Ich folgte ihm bereitwillig in einen zweiten Raum, der nur durch einen Vorhang von dem Laden abgetrennt war. Hier bot er mir Platz in einer gemütlichen Sitzecke an und holte ein Buch, dem man sein hohes Alter ansehen konnte, aus einer Truhe hervor und reichte es mir.

„Hier bitte, Miss, sehen Sie es sich nur in Ruhe an. Dann kommen Sie sicher zu dem Schluss, dass es sein Geld wert ist.“

Bis zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht einmal, wie viel er überhaupt dafür haben wollte, aber allein der lederne Einband ließ bereits auf eine beträchtliche Summe schließen. Denn das war noch echte Handarbeit und keine Massenware.

„Danke.“

Ich nahm dieses uralte Stück schon fast ehrfürchtig entgegen und ließ mich in der Sitzecke nieder, um das wertvolle Buch vor mir auf den Tisch zu legen und die kleine Leselampe anzuknipsen. Kaum war der Mann wieder in den Verkaufsraum verschwunden, ließ ich meine Fingerkuppen schon fast zögerlich über den ledernen Einband gleiten und spürte sofort dieses seltsame Prickeln, das mir eindeutig zeigte, dass ich hier ein mit Magie versehenes Stück in den Händen hielt. Meine Elfensensoren, wie ich meine übersinnlichen Fähigkeiten auch gerne nannte, waren sofort aktiviert, und ich war sehr gespannt, was mir dieses Buch wohl offenbaren würde. Mit spitzen Fingern hob ich den Einband an und blickte auf bereits leicht vergilbtes Papier, wie man es nur bei sehr alten Stücken finden konnte oder bei solchen, die der Feuchtigkeit ausgesetzt gewesen waren.

Verschnörkelte Buchstaben, geschrieben mit alter, schon leicht verblasster Tinte, breiteten sich über das Papier aus. Ich musste mich schon sehr konzentrieren, um die Worte überhaupt entschlüsseln zu können, da sie in einer sehr alten Sprache mit vielen bildhaften Ausschmückungen geschrieben waren. Dieses Werk fesselte sofort meine Aufmerksamkeit, denn es behandelte die magische Vergangenheit des Elfenvolkes, zu dem ich ja nun mal gehörte, eine Vergangenheit, die ich weder in allen Einzelheiten kannte noch zu leugnen vermochte. Zu viel Wissen war im Laufe der Generationen in der modernen Welt verloren gegangen. Doch hier schien ich plötzlich einen Schlüssel zu all dem Unbekannten in den Händen zu halten.

Gebannt blätterte ich Seite für Seite um, spürte noch immer das leichte Kribbeln unter meinen Fingerkuppen, wenn ich das Papier berührte, das sich so gar nicht wie Papier, ja nicht einmal wie Pergament oder Papyrus anfühlte. Fast hatte ich das Gefühl, eine Art von Haut zu berühren. Doch konnte ich mir darauf noch keinen Reim machen, stattdessen fühlte ich plötzlich eine seltsame bleierne Müdigkeit, die sich meines Körpers bemächtigte. Ohne dass ich es eigentlich wollte, fielen mir plötzlich die Augenlider zu und mein Kopf sank auf die Tischplatte, genauso wie mein gesamter Oberkörper. Im Normalfall wäre mir so etwas peinlich gewesen, aber ich war mir weder einer Schuld bewusst, noch hätte ich etwas dagegen tun können. Obwohl mir klar war, dass ich tatsächlich einzuschlafen drohte, war es mir nicht möglich, mich dagegen zu wehren. Meine Umgebung verschwamm vor meinen Augen, und ich trat völlig weg.

Obwohl – völlig war vielleicht der falsche Ausdruck, denn ich hatte nur den Eindruck, dass mein Geist, sprich mein Viertel Elfenanteil, auf Wanderschaft ging. Ich befand mich ganz plötzlich in einer ganz anderen Welt, in einer Art von Dschungel, so fremdartig und riesig wirkte die Pflanzenwelt um mich herum. Ich glaubte tatsächlich, mitten in den Tropen zu stehen, bis mir klar wurde, dass die Sache noch viel verrückter war, denn das, was da über mir am Himmel kreiste, war für normale Vögel viel zu groß. Hatte es mich etwa in die Urzeit verschlagen, in die Kreidezeit mit ihren Dinosauriern? Und wenn ja, wieso?

Aber auch dieser Gedanke war nicht nur absurd, sondern schlichtweg falsch! Ich hatte keinen Zeitsprung, sondern wohl eher einen Dimensionssprung gemacht, der mich in die Fabelwelt der Drachen katapultiert haben musste, denn als eines dieser Flugtiere näher kam, konnte man diesen Koloss wohl nur als einen Drachen bezeichnen. Dann fiel mein Blick von meinem erhöhten Standpunkt hinunter auf ein Tal, auf dessen Sohle sich gleich mehrere verschiedene Arten dieser Wesen tummelten. Vierbeinige Drachen waren genauso vertreten wie Zweibeiner, die auf mich fast den Eindruck von überdimensionalen Hühnervögeln gemacht hätten, wenn nicht diese seltsame Schuppenhaut gewesen wäre. Beide Arten gehörten zu den Flugdrachen, denn an ihren Körperseiten waren jeweils riesige lederartige Schwingen angelegt.

Obwohl ich mich mitten in dieser seltsamen Welt befand, schienen mich die Giganten jedoch nicht wahrzunehmen. Aber das war auch kein Wunder, denn da anscheinend nur mein Geist in diese Welt eingedrungen war, vermochten sie mich nicht zu sehen und genauso wenig zu riechen oder sonst irgendwie zu wittern. Schon begann ich mich zu fragen, was ich hier überhaupt sollte, denn dass es sich um eine Art von Realität handeln musste, erschien mir dann doch als sicher, als sich das Bild vor meinen Augen schon wieder veränderte.

Jetzt blickte ich auf ein Gelege, auf ein Drachennest von wahrhaft riesigen Ausmaßen, in dem jedoch zerstörte Eier lagen. Die Jungdrachen waren gar nicht mehr dazu gekommen, aus ihren Eiern zu schlüpfen. Die kleinen, verstümmelten Körper lagen verstreut auch über den Rand des Nestes hinaus herum. Doch wenn es ein Räuber gewesen war, warum hatte er die fast völlig entwickelten Jungtiere dann nicht gefressen?

Mein Blick wanderte weiter und blieb an einem toten Drachen hängen, der nur ein paar Meter entfernt lag. Sein lebloser Körper wirkte wie ein Berg. Jedoch konnte ich keine Wunden entdecken. Woran war er gestorben? Und war es vielleicht das Muttertier? Aber wieso war es tot? Warum hatte es weder sich selbst noch seine Jungen retten können? Welcher übermächtige Feind hatte hier gewütet?

Es war wohl müßig darüber nachzudenken, als ich hinter mir eine Bewegung wahrnahm und mich hastig umdrehte. Erschrocken starrte ich zu dem immens großen Vierbeiner hoch, dessen Hals in stolzem Bogen gewölbt war und einen kleinen, aber edel anmutenden Kopf trug. So ähnlich mussten wohl auch die Brachiosaurier ausgesehen haben, als sie noch die Erde bevölkert hatten. Doch dieser Drache sah mich direkt an. Seine Augen fixierten mich regelrecht. Er schien mich im Gegensatz zu den anderen sehen zu können. Aber wieso?

Und dann tönte mir auch schon seine dumpfe, aber grollende Stimme entgegen, die ich seltsamerweise verstehen konnte, und stellte mir diese eine, aber alles entscheidende Frage: „Warum hast du das getan?“

„Was getan?“, fragte ich verständnislos zurück.

„Warum hast du uns verraten?“

Verraten? Ich eine Verräterin? Das konnte doch gar nicht sein!

In diesem Moment wurde ich an der Schulter gepackt und kräftig geschüttelt.

„He, wachen Sie auf, Miss!“

Die Worte drangen wie durch Watte zu mir durch. Meine Augen öffneten sich widerwillig. Vor mir stand der Bibliothekar und sah kopfschüttelnd auf mich herunter. Ich erschrak heftig. Wieso hatte ich denn geschlafen? Nein, eigentlich war es ja gar kein Schlaf gewesen, sondern eine geistige Reise in ein Land, das wahrscheinlich mit diesem Buch in Verbindung stand.

Verwirrt starrte ich den Mann an, schlug dann den Folianten zu und hörte mich seltsamerweise sagen: „Ich kaufe das Buch!“

War das eben wirklich meine Stimme gewesen? Musste sie wohl, denn in das Gesicht des Mannes trat auf einmal ein Lächeln. Als er weitersprach, wusste ich auch wieso. Der Preis, den er nannte, hätte mich früher glatt umgehauen, doch heute, als Mrs. Jameson Richards, zückte ich einfach die Kreditkarte, und schon war die Sache erledigt. Der Bibliothekar steckte das Buch nur noch in eine große Tasche, die er mir reichte, und wünschte mir sogar noch einen schönen Tag.

Noch immer etwas verwirrt verließ ich den Laden und steuerte mein Auto an, wo ich die Tasche mit dem Buch auf dem Beifahrersitz ablegte, die Türen verriegelte und mich erst einmal tief durchatmend in den Fahrersitz zurücklehnte. Ich musste mit mir selbst und dem, was ich in dieser seltsamen Vision in einer Art Trance gesehen hatte, erst einmal ins Reine kommen. Versunken in meine Gedanken, nahm ich von dem, was um mich herum vor sich ging, nichts mehr wahr. Der Verkehr, die Passanten, die vorbeigingen, all das war auf einmal völlig unwichtig. Ich richtete meinen Blick auf die Tasche, und irgendwie hatte ich das Gefühl, mich unbedingt mit dem Inhalt des Buches befassen zu müssen. Noch nie hatte ich davon gehört, das das Elfenvolk in irgendeiner Beziehung zu den Drachen stehen sollte, obwohl ich natürlich wusste, dass sie in einem Land oder besser in einer eigenen Dimension überlebt hatten, nachdem sie vor unendlicher Zeit von der Erde, so wie Menschen sie kannten, verschwunden waren.

Ich musste mich schon gewaltsam zusammenreißen, um mich von meinen Gedanken abzulenken. Deshalb schaltete ich auch zunächst das Autoradio an, was eigentlich ganz gegen meine sonstige Gewohnheit war, da ich mich bei der geringen Fahrerfahrung, die ich besaß, nicht ablenken lassen wollte. Noch bevor ich starten konnte, meldete der Nachrichtensprecher sich aus den Lautsprecherboxen und berichtete direkt vom Ort eines Überfalls auf ein Einkaufszentrum. Unwillkürlich zögerte ich noch damit, den Zündschlüssel herumzudrehen, und hörte wie gebannt zu.

„… Gebiet weiträumig abgesperrt“, meldete der Radiodienst. „Eine Sonderkommission der Londoner Polizei will verhandeln, um die beiden Geiseln freizubekommen, scheint jedoch kein Argument in der Hand zu haben, damit sich die Geiselnehmer auf Verhandlungen einlassen.“

Polizei, Sonderkommission, Geiseln?, überschlugen sich meine Gedanken.

Vergessen waren das Buch und die Drachen, denn ich wusste nur zu genau, dass Jamies Kollege, der ihm mittlerweile gleichgestellt war, im Urlaub war, und deshalb blieben dergleichen Fälle an meinem Gatten hängen. Und bei einer Geiselnahme ging es gewöhnlich um alles! Da wurde hoch gepokert. Da wurde mit Menschenleben gespielt!

Ich schien mit meinem Blick das Radio zu hypnotisieren, damit der Sprecher vielleicht noch mehr über das Einkaufszentrum preisgab. Er sagte zwar nicht den Namen, das hatte die Polizei ihm sicherlich verboten, aber er erwähnte zumindest die Nähe zum Polizeipräsidium, weil das doch eine besondere Unverfrorenheit der Täter sei. Diese Bemerkung reichte mir völlig. Ich startete augenblicklich den Motor, zog meinen Flitzer in eine Lücke des fließenden Verkehrs, die sich gerade auftat, und brauste auch schon los. Bei diesem Fahrstil würde ich mir zwar ein paar Strafzettel einhandeln, aber das war mir in diesem Moment egal. Ich hatte nur noch das dringende Bedürfnis, bei Jamie zu sein, damit er keine Dummheiten machte. Es hatte mir doch schon voll und ganz gereicht, dass ich vor eineinhalb Jahren um sein Leben bangen musste. So etwas wollte ich nicht noch einmal erleben!

Deshalb war ich ja auch so froh, als er den Posten bei der Sonderkommission bekommen und mehr mit der Planung als mit den Einsätzen vor Ort zu tun hatte. Doch diesmal spürte ich einfach, dass es anders war! Dieser Fall rief ihn in die vorderste Linie, in die Schusslinie, um genau zu sein! Und das wollte ich – nein, dasmussteich – unbedingt verhindern!

*

Der Motor meines Flitzers heulte unter Protest auf, da er eine solche Behandlung nicht gewohnt war, als ich Minuten später in die Straße vor dem Einkaufszentrum einbog und schließlich vor der Absperrung mit quietschenden Bremsen zum Stehen kam. Ein einfacher Polizist stellte sich mir augenblicklich in den Weg, als ich, die Wagentür einfach offen stehen lassend, auf die Absperrung zu hastete, die bereits eine Gruppe Schaulustiger aufhielt.

„Stopp! Hier können Sie nicht durch!“

Doch ich tauchte unter seiner zugreifenden Hand einfach durch und stürmte auf einen der Beamten zu, die ich bereits kennengelernt hatte und von dem ich wusste, dass er in der gleichen Abteilung arbeitete wie mein Mann.

„Mrs. Richards!“, stieß er überrascht hervor, während ich meinen Lauf so heftig abbremste, dass ich fast noch gegen ihn stieß, er mich aber galant mit einem Arm auffangen konnte. „Was machen Sie denn hier?“

„Wo ist mein Mann, Franklin?“, stieß ich aufgeregt hervor und vergaß sogar die Anrede.

Er zögerte nur eine Sekunde, doch es reichte für mich aus, um zu erkennen, dass er mir etwas verheimlichen wollte.

„Wo ist Inspektor Richards?“

Ich blickte direkt in seine grauen Augen, in denen ich den Zwiespalt erkennen konnte, entsprechend der Vorschriften zu handeln und mich anzulügen oder aber bei der Wahrheit zu bleiben. Schließlich schob er mich einfach zu seinem Dienstwagen und drückte mich schon fast gewaltsam auf den Rücksitz, was für ihn kein Problem darstellte, da er wesentlich größer und breiter war als ich.

Bezwingend sah er mir in die Augen, und ich merkte ihm an, wie schwer ihm die Antwort fiel, als er schließlich wahrheitsgemäß erklärte: „Sie können jetzt nicht zu ihm, Mrs. Richards. Ihr Mann verhandelt gerade mit den Geiselnehmern, die sich da drüben in dem Laden verschanzt haben.“

Also doch! Mein Jamie hatte die Leitung in diesem Fall! Ich versuchte zumindest jetzt, da ich Bescheid wusste, ruhig zu bleiben und atmete tief ein und aus, zwang mich selbst zur Besonnenheit. Trotzdem ließ mich der Beamte nicht aus den Augen. Erst als er von einem anderen Mitarbeiter des Präsidiums angesprochen wurde, wandte er sich von mir ab.

„Sir“, hörte ich den Mann leise sagen, „der Inspektor ist am Telefon.“

Bei diesen Worten reichte er Franklin ein Handy, das dieser eilig an sein rechtes Ohr drückte. Meine Elfensensoren arbeiteten sofort auf Hochtouren, denn ich wollte auf jeden Fall etwas von dem Gespräch mitbekommen, auch wenn der Beamte noch einen Schritt weiter weggetreten war. Er wusste ja nichts von meinen Fähigkeiten, die auch mein Hörvermögen betrafen.

„Nein, tun Sie das nicht, Sir!“, hörte ich ihn deutlich in den Apparat sagen. „Das ist viel zu gefährlich!“

Die Stimme am anderen Ende der Leitung vermochte allerdings auch ich nicht zu verstehen, ich sah es nur Franklins Gesicht an, dass er keinesfalls damit einverstanden war, was ihm sein Gesprächspartner da mitteilte.

Schließlich beendete er das Gespräch mit den Worten: „Jawohl, Sir! Ja, ich werde alles in die Wege leiten!“

Dann reichte er das Handy wieder an seinen Mitarbeiter weiter und gab einige knappe, aber genaue Befehle, die die Absperrung betrafen, und wandte sich wieder mir zu. Er schien richtig verlegen, als er auf mich zu trat und nicht zu wissen schien, wie er mir sagen sollte, was er denn sagen musste.

Also stand ich auf und fragte ihn frei heraus: „Was ist zu gefährlich? Was soll er nicht tun? Sie haben doch gerade mit meinem Mann gesprochen, nicht wahr?“

Entsetzt sah er mich an, da ich zumindest seine Worte verstanden hatte, wie er jetzt wusste, und ihm klar war, dass er nun auch bei der Wahrheit bleiben musste. Er schluckte hart, dass sein Adamsapfel einen Satz nach oben machte, und sah mich dann skeptisch an.

„Also gut, kommen Sie mit“, meinte er schließlich, ergriff meine Hand und zog mich zu einem der Polizeiwagen, einem umgebauten Kleinbus, der sicher mit allen Schikanen ausgerüstet war.

Er schob mich durch die offene Tür, und ich betrat einen mit technischen Geräten, Monitoren und Lautsprechern ausgestatteten Innenraum, dass mir fast der Mund offen stehen blieb.

Drei Mann in Zivil taten hier an den Geräten ihren Dienst, und Franklin erklärte ihnen kurz: „Das ist Inspektor Richards’ Frau, Leute.“

Mehr sagte er nicht, aber die Blicke der Männer zeigten fast so etwas wie Mitleid. Sie mussten das Telefonat mitgehört haben und wussten bereits mehr als ich. Wieder wurde ich auf einen Stuhl gedrückt, und Franklin lenkte meine Aufmerksamkeit auf einen Bildschirm, dessen dazugehörige Kamera den Eingang des Geschäftes zeigte, in dem die Geiselnahme stattgefunden hatte.

Dort bemerkte ich jetzt eine Bewegung am Rande. Ein Mann wurde sichtbar, der mir oder besser der Kamera zwar den Rücken zudrehte, aber ich erkannte trotzdem sofort meinen Jamie, der mit erhobenen Händen langsam auf die Tür des Ladens zuging. Er trug keine Jacke, sodass eindeutig zu erkennen war, dass in seinem Schulterhalfter keine Waffe steckte und er auch keine im Hosenbund hinter seinem Rücken verbarg.

„Oh nein!“, stieß ich hervor und vermochte meine Erregung kaum zu verbergen. „Was will er denn tun?“

Franklin schien meine Verfassung sofort klar zu sein, denn er legte beruhigend eine Hand auf meine linke Schulter, eine Vertrautheit, die er sich im Normalfall wohl nicht herausgenommen hätte. Doch im Moment war ich ihm für seine Nähe sogar dankbar.

„Ihr Mann will sich gegen die beiden Geiseln, eine Mutter mit ihrem Kind, austauschen lassen, Mrs. Richards. Ich konnte es ihm nicht ausreden!“, fügte er fast noch entschuldigend hinzu.

Ich blickte ihn entgeistert an und wollte einfach nicht begreifen, was er da gerade gesagt hatte. Mit starr auf den Monitor gerichtetem Blick schüttelte ich geistesabwesend den Kopf, als sich in diesem Moment die Tür des Ladens öffnete und eine Frau mit einem kleinen Mädchen an der Hand heraustrat. Nur undeutlich ließ sich die Gestalt hinter ihr erkennen, die jetzt mit einer Waffe winkte, damit statt dieser beiden Geiseln nun mein Jamie in das dunkle Loch des Eingangs trat, dessen Tür sich sogleich hinter ihm schloss.

„Warum?“, stieß ich hervor und war den Tränen nahe, was man meiner Stimme wohl nur allzu genau anmerkte. „Warum tut er das?“

„Mrs. Richards“, begann Franklin erneut mit ruhiger Stimme, „die Frau, die eben herausgekommen ist, ist krank. Sie braucht Medikamente, ohne die sie nicht lange überleben würde. Und sie hat ein kleines Kind, wie Sie sehen konnten. Ihr Mann war die einzige Person, bei der die Geiselnehmer einem Austausch überhaupt zugestimmt haben. Er hielt es für seine Pflicht, darauf einzugehen, und er weiß ganz genau, dass er auf uns zählen kann …“

Für mich hörte es sich so an, als habe er seinen Satz abgebrochen und ich glaubte auch genau zu wissen, wie er eigentlich enden sollte, sodass ich es ihm abnahm und meinte: „… falls Sie das Gebäude stürmen müssen! Das wollten Sie doch sagen, nicht wahr?“

Er sah mich mit einem nicht zu deutenden Blick an, nickte und setzte noch hinzu: „… was ich aber nicht hoffen will.“

„Haben Sie wenigstens Kontakt zu meinem Mann?“, wollte ich noch wissen.

„Nur über das Telefon, wenn die Geiselnehmer es denn zulassen.“

„Und was wollen die damit erreichen?“

„Sie haben ihre Forderungen noch nicht offengelegt, tut mir leid.“

Ich sah ihn an und wusste, dass er mich nicht anlog. Also mussten wir warten, einfach nur dasitzen und warten.

„Es ist besser, Sie gehen wieder nach Hause, Mrs. Richards. Ich werde Sie von einem unserer Männer fahren lassen“, hörte ich Franklin noch sagen, als ich bereits aufstand und mich anschickte, den Bus zu verlassen.

„Nicht nötig“, war alles, was ich noch hervorbrachte.

Ich wollte nicht nach Hause. Ich wollte hierbleiben, hier in Jamies Nähe. Nur hier hatte ich vielleicht die Möglichkeit, mit ihm geistig in Kontakt zu treten. Ich wollte es wenigstens versuchen. Wir hatten das schon öfter miteinander gemacht, auch ohne dass ich ihn dabei berührte, und es hatte besser geklappt, als ich es für möglich gehalten hätte. Wahrscheinlich lag es an unserer starken Verbundenheit, Verbundenheit durch ein wahrlich festes Band der Liebe. Schließlich hatten wir schon beide füreinander das Leben riskiert. Was sollte also stärker sein als unsere gegenseitige Liebe?

Aber um mit ihm in Kontakt zu treten, musste ich allein sein und abgeschottet von der Außenwelt mit ihren störenden Einflüssen. Suchend sah ich mich um. Wo sollte ich hingehen? Wo würde mich niemand stören? Selbst das Nachbargebäude wurde von zahlreichen Polizisten umlagert, da kam ich erst gar nicht hinein. Dann fiel mein Blick auf den Außenbereich und auf mein Auto, das noch immer ein paar Meter vor der Straßensperre stand, aber meiner Meinung nach noch immer nahe genug für meine Zwecke. Also verließ ich den Einsatzbus und ging zielstrebig darauf zu, ließ mich auf den Fahrersitz fallen und schloss die Tür. Keiner würde sich etwas dabei denken, wenn ich nicht gleich losfuhr, sondern noch ein paar Minuten einfach ruhig sitzen blieb.

Franklin war wieder von den Ereignissen und seinen Leuten abgelenkt worden. Er blickte nicht einmal in meine Richtung und verschwand wieder in dem Polizeibus. Ich hingegen lehnte mich im Sitz bequem zurück, zog meinen Ehering vom Finger und legte ihn auf die flache Handfläche, die ich mit der anderen abdeckte. Diesen Ring hatte mir Jamie zum Zeichen seiner Liebe und Treue an den Finger gesteckt, er sollte mir jetzt als Katalysator dienen und die Verbindung zu ihm herstellen. Ich schloss die Augen, versuchte mich nur auf Jamie zu konzentrieren und alles andere um mich herum zu vergessen, einfach abzuschalten. Ich aktivierte auf diese Weise meine magischen Elfenkräfte und rief im Geiste immer wieder nach meinem Mann.

„Jamie! Jamie, kannst du mich hören?“

Aber ich erhielt keine Antwort, alles blieb ruhig, nur eine grenzenlose Leere schien meinen Geist zu umgeben und mein Inneres auszufüllen. Etwas störte meine Kontaktaufnahme! Irgendetwas Magisches! Etwas, das ich nicht fassen konnte! Etwas, das mir unbekannt war! Aber wie konnte das sein? Es handelte sich doch um einen Raubüberfall mit Geiselnahme. Wieso war dann Magie im Spiel?

Verwirrt blinzelte ich durch die Windschutzscheibe und sah dasselbe Bild wie zuvor: die Polizeiabsperrung, den Einsatzbus, die Menge der Schaulustigen und im Hintergrund das Einkaufszentrum. Aber wieso kam ich dann nicht durch? Ich dachte an Jamie und wollte es auf jeden Fall noch einmal versuchen. So einfach gab ich mich nicht geschlagen! Wieder schloss ich die Augen, beschwor das Bild meines Mannes herauf und dachte intensiv an ihn, dabei alles andere um mich herum ausblendend. Doch diesmal war ich auf eine fremde Magie gefasst und bereit, mich nicht noch einmal abweisen zu lassen.

Mit aller Macht durchbrach mein Geist diese magische Mauer, ließ sich nicht davon aufhalten und ich hätte jubeln können, da ich plötzlich Jamies vertraute Stimme in meinen Gedanken hörte, die leise und fragend meinen Namen flüsterte.

„Sandy? Kann das sein?“

„Ja!“, schrie ich fast in meinen Gedanken. „Ja, Darling, wer sonst? Wie geht es dir?“

Zunächst schien er zu zögern. Wollte er mir nicht antworten?

Dann hallte seine Stimme in meinem Kopf wider: „Es geht, mach dir bitte keine Sorgen! Ich schaffe das schon!“

Das hörte sich für mich nicht gerade ehrlich an, doch das sagte ich ihm nicht.

Stattdessen fragte ich ihn: „Was wollen die von dir oder der Polizei? Warum halten sie dich als Geisel fest?“

Wahrscheinlich klang ich sehr besorgt um ihn, denn er versuchte mich sofort zu beruhigen: „Du brauchst dich nicht zu ängstigen, Kleines. Was sie mit der ganzen Sache bezwecken, weiß ich nicht.“

„Und wo hält man dich genau fest?“

„Das ist ein Abstellraum hier. Es riecht nach Reinigungsmitteln. Sehen kann ich nichts, weil es hier kein Licht gibt.“

„Kannst du dich frei bewegen?“, hakte ich nach.

„Nein“, kam es etwas gepresst zurück, „ich bin an einen Stuhl gefesselt.“

Unwillkürlich seufzte ich auf: „Halte durch, Darling! Ich versuche etwas herauszufinden.“

„Bring dich nicht in Gefahr, Sandy!“, erklang seine plötzlich von Sorge erfüllte Stimme in meinem Kopf.

„Ich kann mich wohl schlecht in Gefahr bringen, da ich das Gebäude ja kaum stürmen kann“, versuchte ich mir einen lässigen Tonfall zu geben, doch von der magischen Sperre, die beinahe meinen Kontakt mit ihm verhindert hätte, sagte ich ihm nichts.

Genauso wie ich ihm nicht mitteilte, dass Magie im Spiel sein musste, so spürte ich, dass er seine tatsächliche Verfassung vor mir verbergen wollte. Aber warum? Was hatte man ihm angetan? Wenn er es nicht wollte, würde er seine Gedanken vor mir verschließen, da er glaubte, mich so schützen zu können. Trotzdem war ich nicht gewillt, unseren Gedankenaustausch so einfach enden zu lassen.

„Kann man irgendwie zu dir gelangen, Jamie? Bitte, antworte mir.“

Ich legte in diese Frage all meine Sehnsucht, mein Hoffen und Bangen. Wahrscheinlich zitterte meine Stimme sogar. Trotzdem schien er erst nicht antworten zu wollen, weil er wohl Angst hatte, dass ich mich wegen ihm in Gefahr bringen würde, doch genau in dem Moment, da er zu einer Erklärung ansetzte, griff die mir fremde Magie ein, die unseren kleinen Gedankenaustausch bemerkt haben musste.

„Sandy, ich …“

Weiter kam Jamie nicht! Ich hörte gerade noch sein gepeinigtes Stöhnen, dann herrschte gewissermaßen Funkstille.

„Jamie!“, schrie ich in Gedanken und spürte, dass ihm etwas Schlimmes widerfahren sein musste, aber ich bekam keinen Kontakt mehr.„Jamie!“

Ich hätte heulen können vor Wut und Trauer, vor Sorge um sein Wohlergehen, doch wem hätte das geholfen? Ich starrte wieder geradeaus durch die Frontscheibe, aber ohne wirklich etwas wahrzunehmen. Nur die Magie, die ich gefühlt hatte, konnte mich jetzt noch weiterbringen. Vielleicht musste ich eine Beschwörung durchführen, aber das war so gut wie unmöglich, wenn man nicht wusste, mit wem man es zu tun hatte. Vor lauter Hilflosigkeit krallten sich meine Finger um das Lederlenkrad, sodass meine Knöchel weiß hervortraten. Was sollte oder besser was konnte ich jetzt noch tun? Fast wäre mir noch mein Ring heruntergefallen, sodass ich ihn mir schnell wieder an den Finger steckte.

Jamie befand sich keine zweihundert Yards von mir entfernt in diesem Gebäude, und trotzdem war es mir unmöglich, zu ihm zu gelangen! Verdammt, das wollte ich nicht so einfach hinnehmen! Ich sollte mit seinen Kollegen, seinem Vorgesetzten sprechen, aber ich konnte ihnen doch nicht sagen, wer oder was ich in Wirklichkeit war. Man hätte mich doch für verrückt erklärt!

Inzwischen war es Nachmittag geworden. Ich hatte nicht einmal bemerkt, wie hungrig ich eigentlich war, aber ich hätte wohl ohnehin keinen Bissen heruntergebracht. Das alte Buch und das, was ich heute Morgen in dem Laden erlebt hatte, waren längst vergessen. Ich wurde nur noch von der Sorge um Jamie beherrscht.