Drei-Dollar-Herde - G.F. Barner - E-Book

Drei-Dollar-Herde E-Book

G. F. Barner

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Beschreibung

Begleiten Sie die Helden bei ihrem rauen Kampf gegen Outlaws und Revolverhelden oder auf staubigen Rindertrails. G. F. Barner ist legendär wie kaum ein anderer. Seine Vita zeichnet einen imposanten Erfolgsweg, wie er nur selten beschritten wurde. Als Western-Autor wurde er eine Institution. G. F. Barner wurde als Naturtalent entdeckt und dann als Schriftsteller berühmt. Seine Leser schwärmen von Romanen wie "Torlans letzter Ritt", "Sturm über Montana" und ganz besonders "Revolver-Jane". Der Western war für ihn ein Lebenselixier, und doch besitzt er auch in anderen Genres bemerkenswerte Popularität. »Vince – wach auf, Junge!« Vince Pierce stöhnt schwer, fühlt, wie es lauwarm über seinen Hals in sein Hemd rinnt und hebt mühsam die bleischweren Lider. Vor ihm tauchen aus wogenden Schleiern zwei Gesichter auf, die sich wie ein Ei dem anderen ähneln. Es dauert fast eine Minute, ehe Pierce erkennt, daß er Valdez gleich zweifach gesehen hat. Valdez trägt ein Tuch um den Kopf, das blutverschmiert ist, schüttet Pierce das lauwarme Wasser ins Gesicht und sagt heiser: »Mann, und ich dachte schon, dein Kopf hätte es nicht ausgehalten. Du hast eine Beule, groß wie zwei Hühnereier, Amigo. Hat dich ein Rind gestoßen?« »Rind?« echot Vince und stiert in das satte Blau des Spätnachmittaghimmels. »Hol's der Satan! Es war irgendein Kerl mit einem schwarzen Bart, der mir seinen Gewehrkolben an den Kopf donnerte! Ich hatte Natchum…« »Ayeee!« stößt Valdez, der mexikanischer Abstammung ist, zischend hervor. »Natchum – du bist dir sicher?« »Ja, er hat einiges von mir einstekken müssen.« Vince schnappt sich den Eimer, der noch halbvoll ist, und stülpt ihn sich über den Kopf. »Verdammte Brühe! Das ist ein Leben, was? Seit sechs Wochen stecken wir in diesem Streifen, den der Teufel erschaffen haben muß, und quälen uns mit störrischen Stieren herum, die schon zwei Pferde auf die Hörner genommen haben. Und dann schickt der Satansbraten Monk Chaplin seine rauhen Burschen her, damit sie uns die Arbeit einer Woche zunichte machen. Du traust ihm das doch zu, Encio?« Valdez knirscht mit den Zähnen und nickt. »Er ist ein Bravado, ein Bandit«, antwortet er. »Natürlich war er es. Warum

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G.F. Barner – 110–

Drei-Dollar-Herde

G.F. Barner

»Vince – wach auf, Junge!«

Vince Pierce stöhnt schwer, fühlt, wie es lauwarm über seinen Hals in sein Hemd rinnt und hebt mühsam die bleischweren Lider. Vor ihm tauchen aus wogenden Schleiern zwei Gesichter auf, die sich wie ein Ei dem anderen ähneln. Es dauert fast eine Minute, ehe Pierce erkennt, daß er Valdez gleich zweifach gesehen hat.

Valdez trägt ein Tuch um den Kopf, das blutverschmiert ist, schüttet

Pierce das lauwarme Wasser ins Gesicht und sagt heiser:

»Mann, und ich dachte schon, dein Kopf hätte es nicht ausgehalten. Du hast eine Beule, groß wie zwei Hühnereier, Amigo. Hat dich ein Rind gestoßen?«

»Rind?« echot Vince und stiert in das satte Blau des Spätnachmittaghimmels. »Hol’s der Satan! Es war irgendein Kerl mit einem schwarzen Bart, der mir seinen Gewehrkolben an den Kopf donnerte! Ich hatte Natchum…«

»Ayeee!« stößt Valdez, der mexikanischer Abstammung ist, zischend hervor. »Natchum – du bist dir sicher?«

»Ja, er hat einiges von mir einstekken müssen.« Vince schnappt sich den Eimer, der noch halbvoll ist, und stülpt ihn sich über den Kopf. »Verdammte Brühe! Das ist ein Leben, was? Seit sechs Wochen stecken wir in diesem Streifen, den der Teufel erschaffen haben muß, und quälen uns mit störrischen Stieren herum, die schon zwei Pferde auf die Hörner genommen haben. Und dann schickt der Satansbraten Monk Chaplin seine rauhen Burschen her, damit sie uns die Arbeit einer Woche zunichte machen. Du traust ihm das doch zu, Encio?«

Valdez knirscht mit den Zähnen und nickt.

»Er ist ein Bravado, ein Bandit«, antwortet er. »Natürlich war er es. Warum haben seine Leute nicht geschossen? Jeder schießt, wenn ihm Wildstiere durchgehen. Das war Absicht…«

»… die man nicht nachweisen kann«, bemerkt Pierce bissig. »Sie werden glatt behaupten, daß sie die Rinder gar nicht weit von unserem Corral aufgestöbert hätten. Dann gingen die Biester ihnen durch, und ehe sie etwas tun konnten, wären die Stiere über unser Camp gekommen. Encio, der Lump Monk ist schlau.«

»Na und? Eines Tages drehe ich ihm seinen Hals um. Er hat meinen Bruder betrogen, der Teufel. Verkauft ihm ein Dutzend Maulesel, in der nächsten Nacht aber läßt er sie wieder stehlen. Gut, ich weiß, es gibt keine Beweise dafür. Er hat meinen Bruder, als er ihn zur Rede stellen wollte, von seinen Leuten zusammenschlagen lassen. Aber dann bin ich gekommen, und der feine Mister Chaplin war zufällig allein. Da habe ich ihm kostenlos die Lippen massiert, und mich…«

»Und dich haben drei Tage darauf seine Burschen fast totgeprügelt, doch du hattest Glück, daß ich dazukam«, sagt Pierce und stemmt sich in die Höhe. »Heiliger Rauch, ist mir schwindlig! Wo ist Charly?«

»Sucht die Stiere«, antwortet Valdez. »Wetten, daß er höchstens ein Dutzend wiederbringt? Ich bin bei dir geblieben, wußte nicht, was mit dir war, Vince. Nicht richtig?«

»Schon. Der Kerl hätte mir den Schädel einschlagen können. Jetzt hör mal zu, Encio!«

Er geht zu der Kaffeekanne, die seltsamerweise noch aufrecht neben dem zertrampelten Feuer steht, und setzt die Tülle an den Mund. Er trinkt und sieht Valdez schmaläugig an.

Encio Valdez beobachtet seinen großen, sehnigen und schwarzhaarigen Freund mißtrauisch.

»Well«, beginnt Vince ernst, »wir sind, wie viele andere Burschen, in die Brasada gegangen, um Geld zu verdienen. Bis vor wenigen Wochen hat man für einen Stier sechs Dollar gezahlt, jetzt gibt es gerade noch vier oder drei. Für eine Höllenqual ist das nicht genug Geld. Dabei brauchen die Leute im Norden, wenn auch tausend Meilen von hier, Fleisch in Mengen. Also haben wir beschlossen, uns eine Wildstierherde zu sammeln und sie nach Norden zu treiben. Stimmt das?«

»Si«, sagt Valdez. »Ist aber weit – tausend Meilen, eh? Da läuft mein Pferd sich zwanzig Hufeisen ab.«

»Kann sein«, fährt Vince fort. »Unser Freund Monk hat dasselbe vor. Er kauft Vieh auf, dabei betrügt er alle Leute, bietet keinen vernünftigen Preis. Zudem kennt er die Strecke nach Norden nicht so gut wie ich. Kapiert? Weißt du, Bruder, wenn er nun eher mit seiner Herde auf den Trail geht oder ich gar nicht ziehen kann, dann werden die anderen kleinen Leute gezwungen sein, sich ihm anzuschließen. Begreifst du, was ich sagen will?«

»Jetzt ja. Du meinst also, er will dich ärgern und verhindern, daß du eine Herde nach Norden bringst? Jedenfalls will er eher aufbrechen. Jetzt verstehe ich, warum er das getan hat. Aber Beweise…«

»Die brauche ich nicht mehr. Mein alter Vater sagte immer: ›Ärgert dich jemand, dann geh hin und frage ihn, warum. Und will er es dir nicht sagen, dann halt ihm die Faust unter die Nase!‹ Well, Encio, mein Vater war ein kluger Mann!«

Er sucht seinen Hut, stülpt ihn auf, kommt dabei an die Beule und zuckt zusammen. Aber das hindert ihn nicht, seinen Revolver zu überprüfen und zu seinem Pferd zu gehen.

»U mama!« macht Valdez erschrocken. »Vince, mach keine Dummheiten! Du weißt, dieses schwarze Warzenschwein Monk hat ein gutes Dutzend Männer! Vince, sie schlagen dich tot!«

»Das glaube ich nicht. Unser Freund Monk wird sich sagen, daß wir alle Hände voll zu tun haben, um unsere in die Brasada gerannten Rinder wieder zu sammeln. Zudem ist er sicher, daß wir keinen Beweis haben. Also wird er sich verdammt sicher fühlen. Ich wette, er ist in der Stadt. Einer seiner Burschen hat ihm schon Nachricht von dem gelungenen Spaß hier gebracht, und der Lump reibt sich die Hände. Ich werde meine auch reiben, Encio, aber an seinem Gesicht. Begriffen?«

»Gerechter! Du bist verrückt!«

*

Pierce lehnt am Stall des Saloonhofes und blickt wieder einmal über die Mauer. Er wartet bereits drei Stunden auf Chaplin. Die beiden Fenster von dessen Office drüben liegen zur Straße hin. Chaplin ist deutlich zu erkennen, er hat seinen Platz hinter dem Schreibtisch verlassen und redet mit einem seiner Leute. Dann verschwindet der Mann. Chaplin steckt irgend etwas ein, geht zum Tisch und löscht die Lampe.

Es dauert keine drei Minuten, dann taucht er am Hoftor auf. Er blickt über die Straße, kann aber das Pferd von Pierce, das am Schuppen der Wagenbauerei steht, nicht sehen. Kaum hat Chaplin seinen Hof verlassen, als Cliff Ames zum Tor kommt und Chap­lin folgt.

Vorsichtig ist der Hundesohn, denkt Vince. Ah, Ames geht bis zur Tür, blickt in den Saloon und ist beruhigt. Teufel, der Kerl geht nicht hinein. Er hat gesehen, daß keiner von uns da ist. Er bleibt draußen, und jetzt…

Vince duckt sich und weicht hinter den Stall zurück.

Chaplins Mann kommt in den Hof, geht zum Schuppen, blickt unter ihn und trottet dann zum Stall. Er macht die Tür auf und will nachsehen, ob nicht etwa Conrads, Valdez oder

Pierce ihre Pferde im Stall untergestellt haben.

Kaum sieht Vince, daß Ames im Stall Licht macht, als er auch schon um die Ecke huscht. Vince kommt geduckt auf die Tür zugeschlichen. Er geht durch den langen Gang und leuchtet in die Boxen hinein.

»Keiner hier«, hört Pierce ihn sagen. »Well, dann wird der Boß doch recht haben, die Narren müssen ihre Rinder suchen. Die sind bis nächste Woche beschäftigt!«

Als Ames auf der Türschwelle steht und schon die Hand nach der Klinke ausstreckt, wirft sich Pierce mit aller Macht gegen die schweren Türbohlen. Der Flügel saust herum, prallt gegen Ames’ Finger. Die Hand wird zurückgeschleudert. Ames bekommt die Tür an den Kopf und sieht Sterne. Er fliegt gegen den linken Türbalken, will sich halten, schafft es aber nicht und fällt auf Hände und Knie. Als er am Boden hockt und dumpfe Töne ausstößt, zieht Pierce die Tür zurück und läßt sie wieder nach vorn sausen.

Es gibt einen dumpfen Laut, als der Flügel erneut Ames gegen den Kopf prallt. Danach knirscht der Sand vor der Tür. Und als Pierce einen Schritt zur Seite macht, sieht er Ames platt am Boden liegen.

»Das war es, Narr«, sagt Vince grimmig.

Er bückt sich, zieht den Mann hoch, nimmt ihm den Revolver und das Messer und wirft beide Waffen in eine Box. Dann trägt er Ames zur großen Kiste. In der ist nur unten noch etwas Futter. Ames wird hochgewuchtet, poltert in die schwere Kiste, deren Deckel Pierce schließt und dann den Fallhaken über die Öse legt und ein Hufeisen dadurch schiebt.

*

Er verläßt den Stall, schließt die Tür fest und geht über den Hof. Kaum ist er an der Hintertür des Hauses und hat sie auf, als sich eine der Flurtüren öffnet. Verena Dobson kommt heraus, sieht Pierce groß an und fragt überrascht:

»Hallo, Vincy! Seit wann kommst du hinten herein?«

Sie ist eine schlanke schwarzhaarige Lady, die meergrüne Augen und all das hat, was einen Mann verwirren kann. Der Saloon ist ständig zum Wochenende gut besucht. Und es liegt sicher mehr an Dobsons Girl als an dem Alten, der sich auf Monk Chaplins Rat hin am Rindergeschäft beteiligte und dabei eine Menge Geld verlor, nachdem die Preise ins Uferlose fielen. Dobson soll geschworen haben, nie mehr einen solchen Fehler zu machen.

Vince Pierce lächelt, sieht das Mädchen freundlich an und sagt leise:

»Rede nur nicht so laut, Verena! Da vorn ist jemand im Saloon, der hinausrennen würde, sobald er meinen Namen hört.«

»Monk?« fragt sie überrascht. »Vince, hat es schon wieder was gegeben? Er kann dich nicht leiden, und es ist nicht allein wegen Encio Valdez.«

»Ich weiß. Der Kerl bildet sich ein, weil wir gute Freunde sind, müßten wir auch etwas miteinander haben. Dabei haben wir schon als Kinder zusammen gespielt. Der Kerl traut jedem so viel Schlechtes zu, wie er selbst handeln würde. No, du und Charles Conrads… Aber das geht mich nichts an, oder?«

»Um Gottes willen, laß das nicht meinen Vater hören!« flüstert sie. »Charly ist in Dads Augen ein Hungerleider. Er will nichts von ihm wissen. Wie geht es ihm?«

»Als ich aus unserem Buschcamp ritt, war er hinter den Rindern her, die uns von Monks Burschen in die Brasada getrieben wurden«, erwidert

Vince. »Ich denke, Monk hat die Absicht, uns einen Strich durch die Rechnung zu machen. Wir sollen auf keinen Fall vor ihm nach Norden aufbrechen. Ist jemand im Saloon, der zu ihm gehört?«

»Nur Tatum sitzt in der Ecke.«

»Der alte Zuträger und Säufer darf da ruhig sitzen. Er kann Monk auch nicht helfen, obwohl er ihm sonst die Stiefel ableckt.«

»Himmel, willst du Monk etwa…«

»Nur freundschaftlich die Hand schütteln«, entgegnet Pierce und geht los. »Ich werde Charly einen Gruß von dir bestellen. Und mach dir keine Sorgen, daß Charly immer arm bleiben und deinem alten Burschen nicht recht sein wird. Auf Charly entfallen bereits über dreihundert Rinder. Und du weißt, was man im Norden dafür bezahlt.«

»Vince, gib’s Monk. Der Kerl widert mich an. Aber laß den Saloon heil!«

»Sicher.«

*

»Hallo, Wyatt!« sagt Pierce und sieht, wie Monk zusammenzuckt, als hätte ihm jemand in den Allerwertesten getreten. »Gib mir ein großes Glas randvoll, Wyatt!«

Wyatt Dobson ist ein großer, schwergewichtiger Mann mit einer Halbglatze. Seit dem Geldverlust ist er mürrisch geworden. Dennoch ist er zu Pierce immer freundlich. Immerhin gehörte der alte Pierce zu jenen wackeren Burschen, die Texas den Mexikanern wegnahmen. Old Pierce war hier der angesehenste Mann. Und wenn er auch schon seit fünf Jahren unter der Erde liegt, so hat sich doch sein Ruf auf seinen Sohn übertragen.

Es gibt Leute, die in Pierce den kommenden Mann in Uvalde sehen. Jeder weiß, daß die Pierce Ranch nach dem Tod des Alten die meisten Rinder verlor. Jetzt aber ist Vince dabei, die Ranch wieder auf die alte Größe zu bringen.

»Sofort, Vince«, sagt Dobson bereitwillig. »Na, Freund, wie weit bist du mit deinen Rindern?«

»Über tausend stehen an der Ranch, dazu kommen von Encio noch dreihundertfünfzig, und Charly wird sicher nicht weniger zusammentreiben können«, erwidert Vince. »Es läuft ganz gut, ist aber eine verdammte Schinderei, die mit den Jahren wild gewordenen Stiere aus der Brasada zu fangen.«

Der alte Wyatt Dobson sieht Vince groß an und scheint, während er eingießt, nachzudenken.

»Sagtest du, Charly hätte sicher dreihundertfünfzig Stiere?«

»Das sagte ich«, antwortet Vince trocken. »Es können auch noch vierhundert werden.«

Vince wirft einen Blick auf Monk, der hastig aus seinem Glas trinkt und Eile zu haben scheint, wieder aus dem Saloon zu kommen. Zwar ist Monk Chaplin ein großer Bursche, aber er geht Pierce aus dem Weg. Unter seinen buschigen Augenbrauen hervor blickt Monk Chaplin in den Spiegel und beobachtet Vince verstohlen.

»Charly ist auf einige Burschen wild, die uns am späten Nachmittag die Stiere aus dem Corral trieben und in die Brasada jagten«, sagt Pierce.

Bei diesen Worten verfärbt sich Monk. Er nimmt hastig den letzten Schluck aus dem Glas, greift in die Tasche und wirft einen Dollar auf den Tresen. Er will sich verdrücken, der Halunke.

»Hast du es immer so eilig?« fragt Vince lauernd. »Ich würde an deiner Stelle neugierig sein, wer die Burschen waren, die unsere Stiere aus dem Corral trieben. Monk, ich rede nicht mit dem Balkon da oben, sondern mit dir, Mister. Deine Männer haben es getan. Ich hatte Natchum schon am Boden, als einer deiner Kerle kam und mir den Gewehrkolben an den Kopf schlug. Willst du die Beule sehen, Monk?«

»Was geht mich das an? Ich war nicht draußen in der Brasada, und soviel ich weiß, gingen meinen Leuten ein paar wilde Stiere durch und rannten zufällig gegen den Corral.«

»Soviel er weiß, der Lügenerzähler«, echot Vince mit grimmigem Hohn. »Du hast sie geschickt, kein anderer. Du kannst hier hundert Leute betrügen, ihnen einreden, es gäbe an Rindern Unsummen zu verdienen, bis der Preis so fällt, daß sie Schulden bei dir haben, Monk, ich habe dich gewarnt: Jetzt ist es genug! Da, du Stinktier!«

Als Monk sich umdrehen will, um etwas zu sagen, stößt die Hand von Pierce steil nach oben. Aus dem Whiskyglas schwappt der Brandy mitten in Monks Gesicht.

Noch in der Drehung sieht Pierce das verstörte Gesicht von Wyatt Dobson.

Schreiend, beide Hände vor den Augen, krümmt sich Monk. Er knickt ein, sein Oberkörper beugt sich weit vor. Pierce ist sicher, daß Monk unter die Jacke greift. Dort steckt immer eine Waffe.

Vince macht zwei blitzschnelle Schritte und tritt zu, trifft Monks rechten Unterarm und schleudert ihn nach oben. Jeder sieht, daß Monk Chaplin seine Waffe gezogen hat. Es ist ein kurzläufiger Bullcolt.

»Nicht gut genug geblufft«, sagt Pierce knirschend und packt den hochstehenden Arm von Chaplin, der nun nicht mehr schreit. »Nicht schießen, Mister!«

Pierce wirft sich zur Seite. Dabei reißt er den Arm mit, schwenkt ihn herum und drückt ihn nach unten. Die Revolverhand Chaplins prallt auf den Tresen. Aus dem Colt schießt eine Feuerlanze. Die Kugel fliegt haarscharf an dem entsetzten Dobson vorbei, der sich zu Boden fallen läßt. Dann löst sich der Revolver aus Chap­lins Finger und verschwindet polternd hinter dem Tresen.

Die Leute im Saloon sehen nun deutlich, daß Chaplin keinen Tropfen Brandy in die Augen bekommen hat. Chaplin holt mit dem linken Arm aus, schnellt sich vom Tresen ab und versucht Pierce zu rammen. Der läßt ihn los, springt zur Seite und läßt Monk leerlaufen. Im nächsten Moment stößt Pierce die Linke steil hoch. Der Schlag trifft Monk Chaplin am Kopf und läßt den Mann an den nächsten Tisch stürzen.

Während Chaplin auf die Platte fällt, klammert er sich mit den Händen an der Tischkante fest. Er tritt nach Pierce, doch der weicht erneut aus, packt Monk an der Jacke und reißt ihn vom Tisch herunter.

»Weg mit dir!« faucht Pierce grimmig. »Jetzt rechnen wir ab, Monk. Du treibst mir nie wieder Rinder in die Brasada!«

Er duckt sich, als Monk Halt an der Wand findet. Monks Faust schießt über ihn hinweg, und Vince landet einen Treffer auf Monks unteren Rippen, dann trifft er dessen Kinnspitze voll. Seine Fäuste trommeln auf den Mann ein. Da hört Vince eine durchdringende Stimme und wendet sich um.

Der Mann ist dicht hinter ihm, und alles, was Vince noch sieht, ist der blinkende Orden an der Weste. In der nächsten Sekunde wird Vince von der Faust am Kopf getroffen.

»Er wollte ihn totschlagen«, sagt der alte Tatum, der für Monk Chaplin die Pferde versorgt und die meiste Zeit im Saloon bei einer Flasche zubringt. »Sheriff, hast du gehört? Er hat es selbst gesagt, er wollte ihn töten.«

»Das wird sich herausstellen«, sagt Sheriff Graines. »Im Jail kann Vince darüber nachdenken.«

*

Die Schlüssel klappern. Graines blickt mürrisch zu Pierce und zuckt die Achseln, als der liegenbleibt.

»Verdammt, Vince, der Kerl drohte mir mit dem Richter, ich mußte dir die Mindeststrafe geben«, erklärt er heiser. »Mann, wenn du das nicht einsehen willst…«

Vince Pierce steht langsam auf, reckt sich und nickt dem Sheriff zu.

»Die Mindeststrafe für Prügelei, sicher…«, erwidert er kühl. »Er hätte mich am liebsten für volle vier Wochen im Jail verschwinden sehen, denke ich. Ich habe Zeit gehabt, nachzudenken, Sheriff, und ich frage mich, wem du mehr glaubst: Monk oder mir.«

Sheriff Graines läßt ihn heraus, setzt sich im Office schnaufend auf das Sofa und wischt sich den Schweiß von der Stirn. Dann seufzt er, kramt die Sachen von Pierce aus dem Schreibtisch und blickt hoch.

»Du stellst verdammt seltsame Fragen, Junge«, sagt er brummig. »Wie lange kennen wir uns, he? Und wie lange, meinst du, sehe ich zu, was Monk Chaplin treibt? Du hast es nie nötig gehabt, dich zu prügeln, also mußt du vor einer Woche einen verdammt guten Grund gehabt haben. Nur, Junge, wenn man keine Beweise bringen kann…«

»Monky ist ein Strolch«, stellt

Pierce grimmig fest. »Die Leute, die er betrogen hat, kann man bald nicht mehr zählen. Graines, er hat seine Mannschaft zusammen, er weiß genau, daß ich nur ein paar alte Männer und kleine Rancher habe, während seine Burschen rauh und wild sind. Zudem hat Monk vielen der kleinen Rancher Geld geborgt, sie werden also mit ihm ziehen müssen oder ihm ihr Vieh für das Treiben zur Verfügung stellen. Es ist schlecht, wenn man einem Mann wie Monk in Gelddingen verpflichtet ist.«