Duden – Grundwissen Grammatik - Mechthild Habermann - E-Book

Duden – Grundwissen Grammatik E-Book

Mechthild Habermann

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Beschreibung

Sie studieren Germanistik, Deutsch als Fremdsprache, Deutsch für das Lehramt, eine Fremdsprachenphilologie oder ein verwandtes Fach? Oder Sie interessieren sich für einen dieser Studiengänge? Mit diesem Band können Sie sich gezielt auf das Studium vorbereiten und Ihre Kenntnisse im Studium erweitern: Wiederholen Sie das in der Schule vermittelte grammatische Grundlagenwissen, vertiefen Sie es, lernen Sie Neues, testen Sie Ihre Kenntnisse und wenden Sie Ihr Wissen an! - Das Basiswissen Grammatik leicht verständlich dargestellt - Zusammenfassung und Systematisierung: Wozu Grammatik? - Alle Abschnitte mit Übungen - Lösungen am Ende des Buches Grundwissen Grammatik - Fit fürs Studium Von erfahrenen Hochschulprofessorinnen für Studierende: aus der Praxis für die Praxis

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Duden

Grundwissen

Grammatik

Fit fürs Studium

4., überarbeitete und aktualisierte Auflage

vonMechthild HabermannGabriele DiewaldMaria Thurmair

Redaktion Dr. Kathrin Kunkel-Razum

Autorinnen Prof. Dr. Mechthild Habermann, Prof. Dr. Gabriele Diewald, Prof. Dr. Maria Thurmair

Umschlaggestaltung 2issue, München

Umschlagabbildung one line man / shutterstock.com

Layout Horst Bachmann

Satz Ludger Stallmeister, Wuppertal

www.duden.de

www.cornelsen.de

4. Auflage, 1. Druck 2023

© 2023 Cornelsen Verlag GmbH, Berlin

Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Nutzung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Hinweis zu §§ 60 a, 60 b UrhG: Weder das Werk noch seine Teile dürfen ohne eine solche Einwilligung an Schulen oder in Unterrichts- und Lehrmedien (§ 60 b Abs. 3 UrhG) vervielfältigt, insbesondere kopiert oder eingescannt, verbreitet oder in ein Netzwerk eingestellt oder sonst öffentlich zugänglich gemacht oder wiedergegeben werden. Dies gilt auch für Intranets von Schulen und anderen Bildungseinrichtungen.

Das Wort Duden ist für die Cornelsen Verlag GmbH als Marke geschützt.

Druck und Bindung H. Heenemann, Berlin

ISBN 978-3-411-73274-6

Auch als E-Book erhältlich unter 978-3-411-91438-8

Vorwort

Dieser Band mit dem Titel Grundwissen Grammatik. Fit fürs Studium ist speziell auf die Bedürfnisse zu Beginn des Studiums in den gestuften Studiengängen nach dem Bachelor-/Master-Modell zugeschnitten.

Die gestuften Studiengangsstrukturen, insbesondere der auf eine Dauer von nur drei Studienjahren konzipierte Bachelor, erfordern nicht nur ein gut geplantes und straff organisiertes Studium, sondern auch umfangreiches und strukturiertes Vorwissen, vor allem in den Gebieten, die entscheidend für die allgemeine Studierfähigkeit sind. Deshalb wird in diesem Band das Vorwissen auf dem Gebiet der deutschen Grammatik in konzentrierter Form angeboten.

Grammatisches Wissen und die damit verbundenen Analyse- und Ausdrucksmöglichkeiten sind Voraussetzungen für die erfolgreiche Teilnahme am akademischen kommunikativen Austausch – sei es bei der Rezeption von Fachliteratur oder bei der schriftlichen und mündlichen Produktion eigener wissenschaftlicher Texte. Grammatisches Wissen ist somit der Prototyp des nötigen Vorwissens für ein erfolgreiches Studium.

Das hier vorliegende Buch bietet in komprimierter und übersichtlicher Form das Basiswissen zur deutschen Grammatik, das im Laufe der Schulzeit meist verstreut über mehrere sprachliche Unterrichtsfächer und zahlreiche Lernziele den Schülerinnen und Schülern dargeboten wird. Es bündelt und strukturiert dieses Wissen, sodass es schnell aufzufinden ist. Ferner treten die Systematik und der innere Zusammenhang grammatischer Inhalte durch die konzentrierte und einheitliche Darstellung deutlicher hervor, als es durch den Aufbau schulischer Lehrpläne geschehen kann.

Darüber hinaus hat das Buch den Anspruch, durch praktische Anwendung, das heißt durch ausführliche und vielschichtig kommentierte Analysen, nachzuweisen, dass grammatisches Wissen und der bewusste und gekonnte Umgang mit diesem Wissen für Textrezeption und -produktion unverzichtbar sind und damit in der Tat eine der zentralen Schlüsselqualifikationen für ein erfolgreiches Studium – nicht nur in den Geisteswissenschaften – darstellen.

Das Grundwissen Grammatik wird zwar anhand der deutschen Sprache dargelegt, bietet aber gleichzeitig das grammatische Fundament für ein Studium weiterer moderner Sprachen, ohne das ein sinnvoller Fremdsprachenerwerb und gewinnbringender kontrastiver Vergleich zwischen Mutter- und Fremdsprache nicht möglich ist. Auch für die Literaturwissenschaften sind grammatische Grundkenntnisse unentbehrlich, da sie die Grundlage literaturwissenschaftlicher Textinterpretationen bilden. Letztlich ist für jede Wissenschaft, die wesentlich auf dem Umgang mit Texten basiert, grammatisches Wissen erkenntnisfördernd.

Das Buch ist in zwei deutlich unterschiedliche Teile gegliedert: einen wissensvermittelnden ersten Teil (Kapitel 1 bis 4) und einen anwendungsbezogenen, textanalytischen zweiten Teil (Kapitel 5). Die Kapitel 1 bis 4 bieten leicht verständlich und schrittweise Grundlagenwissen zu Wortarten, Satzgliedern, Topologie und Satz. Der linguistische Ansatz ist deskriptiv und – soweit dies möglich ist – theorieneutral. Gleiches gilt für die verwendete Terminologie. Der Text ist gegliedert durch Beispiele, Tabellen und hervorgehobene Passagen, die besonders wichtige Fakten herausstellen oder wichtige weiterführende Informationen enthalten. Jedes Kapitel wird abgerundet durch Musteranalysen und Übungsaufgaben zu seinen spezifischen Inhalten. Die Lösungen finden Sie am Ende des Buches.

Das Kapitel 5 präsentiert die integrierte Anwendung grammatischen Wissens bei der kreativen Arbeit mit Texten, die ja für jede akademische Beschäftigung prägend ist. An vier verschiedenen Textsorten – einem journalistischen, einem poetischen, einem fachlichen und einem verwaltungssprachlichen Text – wird exemplarisch und selektiv vorgeführt, wie grammatisches Wissen konkret zur Textanalyse und zum Textverstehen genutzt werden kann. Diese Analysen gehen teilweise über die Basisgrammatik hinaus und sollen zur weiteren und intensiveren Beschäftigung mit Grammatik anregen.

Die drei Autorinnen haben als Sprachwissenschaftlerinnen umfassend zur deutschen Grammatik geforscht und veröffentlicht. Sie können als Professorinnen für Germanistische Linguistik und für Deutsch als Fremdsprache auf eine langjährige Erfahrung in der akademischen Lehre in verschiedenen Studiengangstrukturen zurückgreifen. Sie haben Lehrbücher zur deutschen Grammatik und zur germanistischen Linguistik verfasst und Lernmaterialien für den universitären Unterricht entwickelt.

Rückmeldungen und Verbesserungsvorschläge sind willkommen.

Mechthild Habermann

Gabriele Diewald

Maria Thurmair

Berlin, im August 2023

Inhalt

1Das Wort

1.1Verb

1.1.1Konjugation des Verbs

1.1.2Tempus des Verbs

1.1.3Modus des Verbs

1.1.4Genus Verbi: Aktiv – Passiv

1.1.5Verschiedene Klassen von Verben

1.1.6Infinite Verbformen

1.2Substantiv

1.2.1Genus des Substantivs

1.2.2Numerus des Substantivs

1.2.3Kasus des Substantivs

1.3Artikel

1.3.1Formen der Artikel

1.3.2Gebrauch der Artikel

1.3.3Andere Artikel

1.4Pronomina

1.5Adjektiv

1.5.1Komparierbarkeit/Steigerbarkeit

1.5.2Verwendungen des Adjektivs

1.5.3Deklination des Adjektivs

1.5.4Das substantivierte Adjektiv

1.5.5Adjektive und Partizipien

1.5.6Zahladjektive

1.6Präpositionen

1.7Konjunktionen

1.8Adverbien

1.9Partikeln

1.9.1Modalpartikeln

1.9.2Gradpartikeln

1.9.3Steigerungspartikeln

1.9.4Interjektionen

1.10Musteranalysen

1.11Übungsaufgaben

2Satzglieder

2.1Die Dinge zwischen Wort und Satz

2.2Wie erkennt man Satzglieder? – Satzgliedtests

2.3Wie viele Satzglieder braucht ein Satz?

2.4Das Prädikat

2.4.1Die Bindungsfähigkeit von Prädikaten bzw. Verben – die Valenz

2.4.2Semantische Rollen

2.5Das Subjekt

2.6Das Objekt

2.6.1Wie man die Objektarten erkennt

2.6.2Das Akkusativobjekt

2.6.3Das Dativobjekt

2.6.4Das Genitivobjekt

2.6.5Das Präpositionalobjekt

2.7Das Adverbial

2.8Präpositionalobjekt versus Adverbial – (k)ein Problem

2.9Das Prädikativ

2.10Wie unterteilt man Satzglieder? – Binnengliederung, Attribute

2.11Musteranalyse

2.12Übungsaufgaben

3Stellung der Satzglieder im Satz

3.1Topologisches Grundschema

3.2Satzklammer

3.3Satzarten und Stellung des finiten Verbs

3.4Vorfeld

3.5Mittelfeld

3.6Nachfeld

3.7Informationsgliederung durch die Stellung

3.8Analyse eines Textbeispiels

3.9Übungsaufgaben

4Satz

4.1Was ist ein Satz?

4.2Satzarten

4.3Der komplexe Satz

4.3.1Satzgefüge oder Satzreihe

4.3.2Hauptsatz und Nebensatz

4.3.3Wie können Hauptsätze und Nebensätze voneinander unterschieden werden?

4.3.4Subjunktionale Nebensätze mit Verbletztstellung

4.3.5Relativsätze

4.3.6Indirekte Fragesätze

4.3.7Uneingeleitete Konditionalsätze

4.3.8Uneingeleitete Nebensätze mit V2-Stellung

4.3.9Satzwertige Infinitiv- und Partizipialkonstruktionen

4.3.10Die syntaktischen Funktionen von Nebensätzen und satzwertigen Konstruktionen

4.4Wie analysiert man komplexe Sätze?

4.5Übungsaufgaben

5Grammatik wozu?

5.1Was dieses Kapitel soll und wie es zu gebrauchen ist

5.2Journalistischer Text

5.2.1Einführung in die Analyse des journalistischen Textes

5.2.2Die Verwendung von Tempora und anderen temporalen Markierungen

5.2.3Redewiedergaben und ihre Markierung

5.2.4»Subjektive« Markierungen

5.2.5Zusammenfassung

5.3Lyrischer Text

5.3.1Einführung in die Analyse des lyrischen Textes

5.3.2Die Unvollständigkeit der Sätze und ihre Interpretation

5.3.3Vom Sinn und Zweck von Konstruktionsbrüchen

5.3.4Abweichungen in der Satzstellung

5.3.5Was bedeutet sich?

5.3.6Zusammenfassung

5.4Sachtext

5.4.1Einführung in die Analyse des Sachtextes

5.4.2Fachlicher Wortschatz und andere Besonderheiten eines Sachtextes

5.4.3Sätze und ihre Strukturen

5.4.4Der Verbalkomplex

5.4.5Nominalphrasen und die Verdichtung von Information

5.4.6Wortstellung im Satz: Besetzung des Vorfelds

5.4.7Alte und neue Information: Thema – Rhema

5.4.8Zusammenfassung

5.5Verwaltungstext

5.5.1Einführung in die Analyse von Texten aus der Verwaltung

5.5.2Der Verbalkomplex

5.5.3Der Nominalstil

5.5.4Komplexe Phrasenstruktur

5.5.5Komplexe Satzstruktur

5.5.6Alte und neue Information: Thema – Rhema

5.5.7Zusammenfassung

Register

Quellenverzeichnis

Lösungen zu den Übungsaufgaben

1Das Wort

Im Anfang war das Wort.

Wörter sind die kleinsten selbstständigen Bausteine der Sprache. Mit Wörtern bilden wir Wortgruppen, aus diesen Sätze und daraus wiederum Texte.

Es gibt verschiedene Arten von Wörtern: Man kann sie von ihrer Bedeutung her danach unterscheiden, was wir mit ihnen ausdrücken können, ob wir etwa Objekte (Haus, Kind) oder Handlungen (essen, spielen) oder Eigenschaften (groß, lustig) oder bestimmte Relationen (auf, in) mit ihnen bezeichnen; wir können sie von ihren grammatischen Eigenschaften her danach unterscheiden, wie wir sie im Satz verwenden und welche Funktionen sie übernehmen können und ob wir sie in ihrer Form verändern, also flektieren können (Haus – Häuser, essen – gegessen). Wir unterscheiden also verschiedene Wortarten.

Wortarten sind Klassen von Wörtern, die nach bestimmten Kennzeichen klassifiziert wurden.

In einer ersten Unterscheidung im Bereich der Wortarten fragen wir danach, ob ein Wort verändert (flektiert, gebeugt) werden kann oder nicht. Betrachten Sie die beiden Sätze in Beispiel 1:

 1 Veränderung von Wörtern

Sie sehen im Vergleich von 1-1 und 1-2, dass manche Wörter sich nicht verändern (abends, immer, auf), andere dagegen, wie kommen, die, Kinder, frei, sich verändern können: Sie drücken dann z. B. einen anderen Numerus (wie Kind – Kinder) oder ein anderes Tempus (wie kommen – kam) oder andere grammatische Beziehungen (wie freien – freie) aus. Sie bilden verschiedene Wortformen.

Wortformen können entstehen durch:

Hinzufügen: Kind – Kinder, frei – freien, freie, laufen –gelaufen

Verändern: kommen – kamen, waren – wären, Apfel –Äpfel, denken – dachte

Ersetzen (ganz selten): sein –bin–ist,gut –besser.

Alle diese Formen sind verschiedene Wortformen einer sogenannten Grundform (Nennform). Diese Grundform findet man auch im Wörterbuch. Alle möglichen Wortformen eines Wortes (z. B. Kind, Kinder, Kindern oder frei, freie, freier, freies, freiem, freien) nennt man sein Paradigma.

Wortformen sind grammatisch veränderte, also flektierte Formen eines Wortes. Man kann sie auch Flexionsformen nennen.

Im Wörterbuch finden wir die Grundform (Nennform) eines Wortes.

Flexion ist die Veränderung von Wörtern nach bestimmten grammatischen Kategorien; sie umfasst (im Deutschen) Konjugation, Deklination und Komparation. Konjugation tritt nur beim Verb auf und ist die Veränderung nach Person, Numerus, Tempus, Modus, Genus Verbi. Deklination ist die Veränderung nach Genus, Numerus und Kasus und tritt bei Substantiv (hier jedoch keine Genusveränderung), Adjektiv, Artikel und Pronomen auf. Komparation ist Steigerung und tritt bei (manchen) Adjektiven und einigen wenigen Adverbien auf.

Wortarten sind also bestimmte Kategorisierungen im Wortschatz (Suppe, heiß, kochen), Wortformen sind grammatisch veränderte Formen eines Wortes (kochen – gekocht).

Wir wollen im Folgenden die einzelnen Wortarten und ihre Besonderheiten besprechen. Zunächst wenden wir uns den Wortarten zu, die flektiert werden können, nämlich Verb, Substantiv, Artikel, Pronomen und Adjektiv, und dann den anderen.

Die Zahl der Wortarten im Deutschen ist nicht fest, da die Einteilung in Wortarten auch davon abhängt, welche Kriterien man verwendet und wie man sie gewichtet. Üblicherweise nimmt man aber als Wortarten folgende an:

Verb, Substantiv, Artikel, Pronomen, Adjektiv als flektierbare und Adverb, Konjunktion, Präposition, Partikel als unflektierbare Wortarten.

1.1Verb

Verben sind die Zentren jeden Satzes. Sie bezeichnen sehr oft eine Handlung bzw. eine Tätigkeit (essen, lesen, spielen), manchmal auch einen Vorgang (wachsen, regnen) oder einen Zustand (sitzen, wissen). Verben können flektiert werden, ihre Flexion nennt man Konjugation.

1.1.1Konjugation des Verbs

Verben werden konjugiert, d. h., sie werden nach fünf verschiedenen grammatischen Kategorienklassen verändert (z. T. mit Hilfsverb):

nach der Person: ich rufe – du rufst – sie ruft (1., 2., 3. Person)

nach dem Numerus: er redet – sie reden (Singular und Plural)

nach dem Tempus: du schreibst – du schriebst – du hattest geschrieben

nach dem Modus: komm! – wir kommen – wir kämen – wir würden kommen

nach dem Genus Verbi: sie sehen – sie werden gesehen (Aktiv – Passiv)

Die Kategorienklassen Person und Numerus sind besonders relevant bei der Kongruenz (d. h. zur grammatischen Übereinstimmung mit dem Subjekt eines Satzes); echte Verbkategorienklassen sind vor allem das Tempus und der Modus – sie sind semantisch (d. h. für die Satzbedeutung) grundlegend.

Person, Numerus, Tempus und Modus sind morphologische Kategorienklassen, sie werden synthetisch durch Veränderung am Wortstamm selbst angezeigt (allerdings werden die letzten beiden auch häufig mit Hilfsverben gebildet). Genus Verbi dagegen wird ausschließlich analytisch, d. h. mit Hilfsverben, gebildet und deshalb von manchen nicht zu den Kategorienklassen des Verbs gezählt.

Verben werden konjugiert, also verändert nach Person, Numerus, Tempus, Modus, Genus Verbi. In einigen Fällen (Passiv, Tempus, Modus) werden dafür auch Hilfsverben verwendet.

Verbformen, die Personalendungen haben und damit nach Person und Numerus bestimmt sind, nennt man finit. (Oft wird zur Finitheit auch die Bestimmung nach Tempus und Modus gerechnet.)

Infinite Verbformen dagegen sind nicht nach den grammatischen Kategorien bestimmt; infinite Verbformen sind der Infinitiv und das Partizip.

Die Konjugation der Verben kann regelmäßig sein oder unregelmäßig. Entscheidend dafür sind die sogenannten Stammformen, das sind die Formen im Infinitiv Präsens und im Präteritum und das Partizip II (auch Partizip Perfekt). Die regelmäßigen Verben sind der Normalfall und deshalb ungleich häufiger. Sie werden gebildet durch die Endung -te- im Präteritum und durch ge-…-t im Partizip II.

 2 Regelmäßige und unregelmäßige Verben

Die regelmäßigen Verben heißen auch schwache Verben; die unregelmäßigen Verben umfassen die sogenannten starken Verben (sprechen, sprach, gesprochen) und die sogenannten gemischten Verben (nennen, nannte, genannt), die in ihrer Konjugation Kennzeichen der schwachen und der starken Verben kombinieren.

1.1.2Tempus des Verbs

Verben können durch ihre Tempusformen verschiedene Zeitstufen ausdrücken. Dies ist ein ganz wesentliches Kriterium von Verben. Manchmal nennt man sie deshalb auch Zeitwörter.

Üblicherweise werden im Deutschen sechs grammatische Tempusformen unterschieden:

 3 Tempusformen

Präsens

lach-e, -st, -t, -en, -t, -en

Stammform + Personalendung

Präteritum

lach-te-–, -st, -–, -n, -t, -n

Stammform + -te- + Personalendung

rief-–, -st, -–, -en, -t, -en

Präteritumform + Personalendung

Perfekt

habe gelacht, hast gelacht …

Hilfsverb haben + Partizip II oder

bin gekommen, bist gekommen

Hilfsverb sein + Partizip II

Plusquamperfekt

hatte gelacht, hattest …

Hilfsverb haben im Präteritum + Partizip II

war gekommen, warst …

Hilfsverb sein im Präteritum + Partizip II

Futur I

werde lachen

Hilfsverb werden + Infinitiv

Futur II

werde gelacht haben

Hilfsverb werden + Partizip II + haben

werde gekommen sein

Hilfsverb werden + Partizip II + sein

Nur die Formen im Präsens und Präteritum sind einfache Tempusformen (auch: synthetische Formen), alle anderen Tempusformen sind zusammengesetzte Tempusformen (auch: analytische Formen), d. h., sie werden mit Hilfsverben gebildet. Die Formen des Futurs I und des Futurs II werden selten verwendet.

Das Hilfsverb haben wird bei der überwiegenden Zahl der Verben zur Bildung von Perfekt und Plusquamperfekt verwendet (z. B. bei allen transitiven Verben, d. h. Verben mit einem Akkusativobjekt). Das Hilfsverb sein tritt bei einigen speziellen Gruppen auf, etwa bei Verben der Bewegung (ist gelaufen, ist verschwunden) oder Verben, die eine Veränderung bezeichnen (ist eingeschlafen, ist aufgeblüht, ist gestorben), und beim Verb sein selbst (ist gewesen).

Die grammatischen Tempusformen drücken das Verhältnis dessen, worüber wir sprechen, zum Zeitpunkt des Sprechens aus, ob wir also über etwas Vergangenes sprechen (ich lachte, ich habe gelacht), etwas Gegenwärtiges (ich schreibe) oder etwas Zukünftiges (ich werde kommen).

Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Tempus und Zeit?

Der Begriff »Tempus« bezeichnet die grammatischen Formen des Verbs, die Begriffe »Zeit« und »Zeitstufen« meinen die Konzepte Gegenwart, Zukunft und Vergangenheit. Meist deckt sich die Tempusform mit der Zeitstufe; Tempusform Präsens bezeichnet also Gegenwart, Tempusform Perfekt Vergangenheit usw. Aber dies muss nicht so sein. Die Tempusformen des Verbs sind nämlich nicht alleine ausschlaggebend für die ausgedrückte Zeitstufe. Es gibt auch andere Möglichkeiten:

 4 Tempusformen und Zeitstufen

 

Tempusform

Zeitstufe

Morgen kommt meine Mutter mit ihrem neuen Freund.

Präsens

Zukunft

Wie war doch gleich sein Name?

Präteritum

Gegenwart

Bis dahin habe ich meine Wohnung aufgeräumt.

Perfekt

Zukunft

Beim letzten Besuch geht meine Mutter doch sofort in mein Schlafzimmer und regt sich furchtbar über das Chaos dort auf.

Präsens

Vergangenheit

1.1.3Modus des Verbs

Mit dem Modus eines Verbs können wir verschiedene Einstellungen ausdrücken und das Verhältnis dessen, was wir sagen, zur Wirklichkeit gestalten.

Man unterscheidet im Deutschen drei Modi:

Indikativ(du kommst) ist der neutrale Modus des Verbs, der am häufigsten anzutreffen ist.

Imperativ ist die Modusform, die für Aufforderungen benutzt wird; deshalb gibt es nur Formen für die zweite Person: komm – kommt.

Konjunktiv(du kommest, du kämest) ist der Modus, mit dem eine relativierende Haltung des Sprechers zum Gesagten ausgedrückt wird. Diesen Modus wollen wir nun genauer betrachten.

Formen des Konjunktivs

Es gibt zwei Arten des Konjunktivs: Konjunktiv I und Konjunktiv II.

Konjunktiv I wird im Allgemeinen gebildet durch Einfügen eines ›e‹ vor der Personalendung der Verbform. Da viele Personalendungen bereits ein ›e‹ aufweisen, unterscheidet sich der Konjunktiv I nur in wenigen Formen von der Indikativform: gehe, gehest, gehe,gehen, gehet,gehen (Indikativ: gehe, gehst, geht, gehen, geht, gehen). Besonders deutlich ist der Konjunktiv I immer in der 3. Person Singular (er gehe). Nur beim Verb sein ist der Konjunktiv I in allen Formen erkennbar, da hier eine andere Form auftritt: sei, sei(e)st, sei, seien, seiet, seien (Indikativ: bin, bist, ist, sind, seid, sind).

Konjunktiv II wird gebildet durch Einfügen eines ›e‹ vor der Personalendung des Verbs im Präteritum (wenn die Personalendung nicht bereits ein ›e‹ enthält), bei unregelmäßigen Verben – wenn möglich – auch durch Umlaut (ä, ö, ü, äu).

 5 Bildung des Konjunktivs II

Sie sehen, dass bei regelmäßigen Verben der Konjunktiv II immer die gleichen Formen hat wie der Indikativ. Bei unregelmäßigen Verben sind entweder (wie bei ging) nur die 1.–3. Person Singular und die 2. Person Plural unterschiedlich von den Formen des Indikativs oder alle Formen (wie bei kam), wenn auch Umlaut möglich ist.

Weil also der Konjunktiv II oft nicht vom Indikativ Präteritum zu unterscheiden ist, gibt es eine Ersatzform: die Form würde + Infinitiv; also: ich würde lachen, wir würden gehen usw. Diese würde-Form kann man immer statt der Konjunktiv-II-Form verwenden, besonders dann, wenn die Form des Konjunktivs II nicht deutlich oder nicht mehr üblich ist (also: er würde lachen, er würde fliegen statt er lachte, er flöge). Seltener verwendet man die würde-Form bei den Hilfsverben sein und haben und bei den Modalverben (also: er wäre/hätte/könnte statt er würde sein/haben/können).

Vielleicht haben Sie auch die Begriffe »Konjunktiv Präsens« und »Konjunktiv Präteritum« gelernt. Diese Begriffe beziehen sich nur auf die Bildung: Der Konjunktiv Präsens wird von der Präsensform eines Verbs gebildet, der Konjunktiv Präteritum von der Präteritumform eines Verbs. Sie beziehen sich jedoch nicht auf unterschiedliche Zeitstufen. Deshalb verwendet man heute meist die neutralen Begriffe Konjunktiv I (entspricht Konjunktiv Präsens) und Konjunktiv II (entspricht Konjunktiv Präteritum).

Konjunktiv I und II haben je eine Form, die die Gegenwart (bzw. Gleichzeitigkeit) bezeichnet, und eine Form für die Vergangenheit: Konjunktiv I Vergangenheit (oft auch: Konjunktiv Perfekt) und Konjunktiv II Vergangenheit (oft auch: Konjunktiv Plusquamperfekt). Zum Beispiel:

 6 Konjunktiv I und II: Vergangenheitsformen

 

Gegenwart/Gleichzeitigkeit

Vergangenheit

Konjunktiv I

er komme

er sei gekommen

 

er sehe

er habe gesehen

Konjunktiv II

er käme

er wäre gekommen

 

er sähe

er hätte gesehen

Verwendung des Konjunktivs

Konjunktiv I und Konjunktiv II werden in unterschiedlichen Bereichen verwendet.

Konjunktiv II wird z. B. verwendet bei:

−Wünschen: Kämedas Geld doch rechtzeitig!Hätteich doch mehr Zeit!

−Konditionalsätzen: Wenn wir fliegenkönnten, wärenwir auch nicht freier.

−irrealen Vergleichen: Sie sieht aus, als ob sie keine Lusthätte.

−höflichen Kontexten: Dürfteich Sie etwas fragen?

−Zweifeln: Würdeer wirklich die Wahrheit sagen?

Konjunktiv I wird z. B. in verschiedenen fachsprachlichen Bereichen verwendet:

−religiöse Kontexte: Der Friedeseimit dir.

−mathematische Kontexte: Gegebenseieine Menge x.

−andere: Manbeachtedie unterschiedlichen Formen.

Konjunktiv I und Konjunktiv II werden verwendet in der indirekten Rede:

Die üblichen Formen in der indirekten Rede sind die Formen des Konjunktivs I; diese zeigen eindeutig an, dass etwas als Redewiedergabe markiert wird. Hier liegt der Hauptverwendungsbereich des Konjunktivs I. Wenn Konjunktiv-I-Formen nicht erkennbar sind, treten Ersatzformen auf. In informeller Sprache wird auf den Konjunktiv oft verzichtet.

 7 Beispiel für Konjunktivformen in der indirekten Rede

Das Kanzleramt teilte am Abend mit, der Kanzler verurteile diese Tat aufs Schärfste, die Ministerinnen und Minister im Kabinett sprächen sich wie der Kanzler für höhere Strafen aus und würden an einem gemeinsamen Gesetzentwurf arbeiten.

Das Beispiel 7 zeigt die verschiedenen Möglichkeiten der Verwendung des Konjunktivs in der indirekten Rede. Die grundlegende Regel ist, in der indirekten Rede den Konjunktiv I zu verwenden (wie hier im Beispiel: verurteile). Wenn der Konjunktiv I nun aber nicht erkennbar ist (wie bei sprechen, arbeiten), dann werden Ersatzformen verwendet, nämlich der Konjunktiv II (wie hier im Beispiel: sprächen); wenn dieser nicht erkennbar ist (wie hier bei arbeiteten als einem regelmäßigen Verb), dann verwendet man die würde-Form (wie hier im Beispiel: würden arbeiten). Oft wird heute aber in anderen Fällen auch die würde-Form eingesetzt.

Nur in der indirekten Rede, nicht aber in anderen Verwendungsbereichen, sind Konjunktiv I und Konjunktiv II austauschbar!

1.1.4Genus Verbi: Aktiv – Passiv

Mit dem Ausdruck Genus Verbi bezeichnet man Aktiv- und Passivformen des Verbs. Das Passiv wird im Deutschen allerdings streng genommen nicht durch Flexion, sondern durch Hilfsverben gebildet.

Das Passiv unterscheidet sich vom Aktiv ganz generell durch eine andere Blickrichtung: Beim Aktiv richtet man den Blick auf die handelnde Instanz, das Agens, das Aktiv ist »agensorientiert«; beim Passiv dagegen richtet man den Blick auf den Vorgang selbst und nicht auf die handelnde Instanz (die oft gar nicht genannt wird).

Zum Vergleich:

 8 Aktiv und Passiv

Aktiv

Passiv

Der Koch schält die Kartoffeln.

Die Kartoffeln werden geschält.

Dort baut die Firma Moll eine Villa.

Dort wird eine Villa gebaut.

Die Regierung erlässt ein Gesetz.

Ein Gesetz wird erlassen.

Jugendliche zerstörten ein Auto.

Ein Auto wurde zerstört.

Die handelnde Instanz, das Agens, wird in Passivsätzen aus folgenden Gründen nicht genannt: weil es unbekannt ist, weil es aus dem Kontext erschließbar und deshalb überflüssig, unwesentlich oder selbstverständlich ist oder weil es gar nicht genannt werden soll.

Bildung des Passivs

Die Passivformen werden im Deutschen mit einem Hilfsverb in Verbindung mit dem Partizip II gebildet. Bei transitiven Verben, also Verben mit Akkusativobjekt, wird dieses im Passivsatz zum Subjekt. Bei intransitiven Verben erscheint im Passivsatz kein Subjekt. Das Passiv von intransitiven Verben wird manchmal auch »unpersönliches Passiv« genannt.

 9 Passivformen verschiedener Verben

transitive Verben

die Zeitung lesen

Die Zeitung wird gelesen.

das Geld ausgeben

Das Geld wird ausgegeben.

intransitive Verben

dem Kind helfen

Dem Kind wird geholfen.

tanzen

Am Abend wird getanzt.

werden-Passiv und sein-Passiv

Im Deutschen werden mehrere Arten von Passivformen unterschieden. Der Unterschied zwischen werden-Passiv (auch: Vorgangspassiv) und sein-Passiv (auch: Zustandspassiv) liegt einmal in der Bildung (Hilfsverb werden + Partizip II bzw. Hilfsverb sein + Partizip II) und zum anderen in der Betrachtungsweise: Im werden-Passiv wird der Vorgang als solcher fokussiert, im sein-Passiv das Ergebnis, das Resultat.

 10werden-Passiv und sein-Passiv

werden + Partizip II: Vorgang

sein + Partizip II: Resultat, Zustand

Die Kartoffeln werden geschält.

Die Kartoffeln sind geschält.

Die Koffer werden gepackt.

Die Koffer sind gepackt.

Das Geld wird ausgegeben.

Das Geld ist ausgegeben.

Es gibt noch andere Typen des Passivs, etwa das sogenannte bekommen-Passiv (auch: Dativpassiv oder Rezipientenpassiv). Es wird gebildet mit dem Hilfsverb bekommen (auch: erhalten, kriegen) + Partizip II (Sie bekommt die Urkunde überreicht; siehe dazu Kap. 2.6.3).

1.1.5Verschiedene Klassen von Verben

Bisher hatten wir es vor allem mit der großen Klasse der sogenannten Vollverben zu tun. Das ist die überwiegende Zahl der Verben, die eigenständige Bedeutung haben und deshalb alleine das Prädikat (vergleiche Kap. 2.4) bilden können (wie schwimmen, essen, liegen). Es gibt aber auch einige andere, kleinere Klassen von Verben, die spezifische Formen und Funktionen haben. Die wichtigsten sind hier die Hilfsverben, die Modalverben und die Kopulaverben.

Hilfsverben

Hilfsverben haben die Funktion, bei der Bildung von Verbformen zu ›helfen‹. Die wichtigsten Hilfsverben sind haben, sein und werden. Sie verbinden sich mit Partizipien oder Infinitiven und dienen dazu, Passivformen, Tempusformen und Konjunktivformen zu bilden. Zum Beispiel:

 11 Hilfsverben

Beispiel

Funktion des Hilfsverbs

habe – gegessen

Hilfsverb haben zur Bildung des Perfekts

bin – gelaufen

Hilfsverb sein zur Bildung des Perfekts

bin – gewählt

Hilfsverb sein zur Bildung des (sein-) Passivs

werde – kommen

Hilfsverb werden zur Bildung des Futurs

werde – gefilmt

Hilfsverb werden zur Bildung des (werden-)Passivs

Modalverben

Zu den wichtigsten Modalverben gehören können, müssen, dürfen, wollen und sollen.

Modalverben dienen dazu, die Modalität einer Aussage zu verändern und eine subjektive Stellungnahme zum Ausdruck zu bringen; vergleichen Sie die Veränderungen in folgendem Beispiel 12:

 12 Modalverben

sie singt – sie will singen – sie kann singen – sie muss singen – sie darf singen – sie soll singen

Durch die Modalverben wird hier ein Wille, eine Möglichkeit, ein Zwang, eine Erlaubnis oder eine Aufforderung ausgedrückt.

Ein weiteres Modalverb ist mögen. Die Form möchte ist eigentlich die Konjunktiv-II-Form dieses Modalverbs: ich mag – ich mochte – ich möchte. Allerdings wird diese Form heute fast wie ein eigenständiges Modalverb verwendet. Manche sprechen deshalb von einem eigenen Modalverb »möchte(n)«.

Kopulaverben

Kopulaverben verbinden sich mit einem Prädikativ (z. B. einer Substantivgruppe, d. h. einer Nominalphrase, oder einem Adjektiv; siehe Kap. 2.9) zu einem Prädikatsverband, z. B.: Die Kleinen sind müde. Frau Fischer bleibt Chefin. Sie haben vor allem grammatische Funktion, denn sie zeigen Person, Numerus, Tempus u. a. an. Kopulaverben sind im Deutschen sein, werden und bleiben.

Manche Verben können in verschiedenen Funktionen auftreten und gehören damit zu verschiedenen Verbklassen. Das Verb werden z. B. kann ein Hilfsverb zur Passiv- und zur Futurbildung sein (ich werde gefragt, ich werde sehen) und in anderer Umgebung ein Kopulaverb (ich werde Lehrerin). Das Verb sein z. B. kann ein Hilfsverb sein zur Perfektbildung (wir sind gekommen) und zur Passivbildung (wir sind gewählt) und ein Kopulaverb (wir sind Teil der Gesellschaft); in einer besonderen Konstruktion (sein + Infinitiv mit zu) dagegen fungiert sein wie ein Modalverb und heißt dann oft Modalitätsverb (Kinder sind zu schützen); und z. B. im philosophischen Kontext kann sein als Vollverb auftreten: Ich bin. Einige Verben befinden sich im Übergang: Das Verb bekommen etwa übernimmt auch die Funktion als Hilfsverb zur Passivbildung (z. B. Sie bekommt eine Urkunde verliehen).

Manche Verben können – je nach syntaktischer Umgebung – verschiedenen Verbklassen angehören.

Funktionsverben und Funktionsverbgefüge

Funktionsverbgefüge sind feste Verbindungen; sie bestehen meist aus einem relativ bedeutungsarmen Verb (kommen, bringen und andere) und einer Präpositionalphrase oder Nominalphrase, bei der das Substantiv oft von einem Verb abgeleitet ist. Mit Funktionsverbgefügen kann man verschiedene Phasen eines Vorgangs bezeichnen oder verschiedene Blickwinkel einnehmen.

 13 Funktionsverbgefüge

Vollverb

Funktionsverbgefüge

entscheiden

zur Entscheidung bringen, zur Entscheidung kommen, zur Entscheidung stellen

sprechen über

zur Sprache bringen, zur Sprache kommen

abschließen

zum Abschluss bringen, zum Abschluss kommen

1.1.6Infinite Verbformen

Infinite Verbformen sind das Partizip (Partizip I lachend, Partizip II gelacht) und der Infinitiv (lachen). Das Partizip steht bezüglich seiner Aufgaben zwischen Verb und Adjektiv (siehe Kap. 1.5.5). Im Bereich des Verbs spielt das Partizip II eine wichtige Rolle bei der Bildung von (analytischen) Verbformen.

 14 Verbformen mit Hilfsverb + Partizip II

Hilfsverb + Partizip II

Beispiel

Verbform

haben + Partizip II

Sie hat gelacht.

Perfekt Aktiv

werden + Partizip II

Es wird getanzt.

werden-Passiv

sein + Partizip II

Die Rechnung ist bezahlt.

sein-Passiv

bekommen + Partizip II

Er bekommt den Zahn gezogen.

bekommen-Passiv

Der Infinitiv kann zusammen mit Hilfsverben bestimmte Verbformen bilden; er kann aber auch abhängig von bestimmten Verben auftreten. Einige Beispiele:

 15 Verbindungen mit dem Infinitiv

Hilfs-/Modalverb + Infinitiv

Beispiel

Verbform

werden + Infinitiv

Sie werden lachen.

Futur Aktiv

würden + Infinitiv

Ich würde das nicht behaupten.

Konjunktiv II Aktiv

Modalverb + Infinitiv

Sie kann/will/muss … jetzt gehen.

 

Vollverb + Infinitiv

 

 

Wahrnehmungsverben,

Sie sieht ihn kommen.

 

lassen, lehren,

Ich lasse die Haare schneiden.

 

helfen etc.,

Er hilft uns aufräumen.

 

Bewegungsverben

Wir gehen schwimmen.

 

Neben dem Infinitiv Präsens Aktiv (auch: Infinitiv I) gibt es den Infinitiv Perfekt (oft: Infinitiv II) und den Infinitiv Passiv. Einige Beispiele:

lachen, kommen, sagen (Infinitiv Präsens);

gelacht haben, gekommen sein, gesagt haben (Infinitiv Perfekt);

gesagt werden, gelernt werden bzw. gesagt sein, gelernt sein (Infinitiv Passiv).

1.2Substantiv

Substantive wie Haus, Rose, Freiheit gehören zu den deklinierbaren Wortarten; relevant sind die grammatischen Kategorienklassen Genus, Numerus und Kasus. Im Unterschied zu den anderen deklinierbaren Wortarten (wie Adjektiv, Artikel) ist bei Substantiven aber das Genus fest, verändert werden nur Numerus und Kasus.

1.2.1Genus des Substantivs

Das Genus eines Substantivs ist fest: Ein bestimmtes Substantiv ist also entweder Maskulinum oder Femininum oder Neutrum. Am Substantiv selbst kann man das Genus im Allgemeinen nicht erkennen, es ist »inhärent« – sichtbar wird es aber z. B. am Artikel, dem Begleiter des Substantivs. Im Plural gibt es keine Unterscheidung nach dem Genus, der entsprechende Artikel lautet für alle Genera »die«.

Die grammatische Kategorie Genus ist nicht zwangsläufig deckungsgleich mit dem biologischen Geschlecht (= Sexus). Feminine Substantive bezeichnen also nicht etwas »Weibliches«, maskuline nicht etwas »Männliches«.

Um das Genus am Substantiv selbst zu erkennen, gibt es nur wenige Regeln: Einfache Substantive wie Haus, Maus, Strauß oder Messer, Gabel, Löffel lassen das Genus nicht erkennen, es gibt nur Tendenzen: So sind z. B. Substantive mit der Endung -e häufig feminin (die Rose, die Straße, die Sonne usw., aber: das Auge). Substantive, die mit einem Wortbildungssuffix aus einem anderen Wort gebildet werden, haben allerdings ein festes Genus: So sind z. B. Substantive, die mit den Wortbildungssuffixen -ung oder -heit gebildet sind, immer feminin (die Heizung, Wohnung, Freiheit), Substantive mit -chen und -lein immer Neutrum (das Jäckchen, Tellerchen, Tischlein und auch: das Mädchen).

1.2.2Numerus des Substantivs

Substantive können durch die Deklination auch Numerus, also Singular und Plural, ausdrücken. Gekennzeichnet wird dabei im Deutschen nur der Plural, der Singular wird nicht eigens markiert. Um Plural zu markieren, gibt es im Deutschen vielfältige Möglichkeiten: einmal verschiedene Endungen und zum anderen die Möglichkeit, einen Umlaut zu verwenden. Einige Beispiele sollen das zeigen:

 16 Pluralendungen beim Substantiv

1.2.3Kasus des Substantivs

Substantive treten im Satz je nach syntaktischer Funktion in verschiedenen Kasus auf. Im Deutschen gibt es vier Kasus: Nominativ, Akkusativ, Dativ und Genitiv.

 17 Beispiele zur Kasusdeklination

17-1Der junge König kümmert sich um seine Untertanen.

(Nominativ)

17-2Deshalb verehren sie den jungen König.

(Akkusativ)

17-3Sie schenken dem jungen König ihr Vertrauen.

(Dativ)

17-4Auch die Frau des jungen Königs wird vom Volk geliebt.

(Genitiv)

Die Deklination des Substantivs markiert allerdings den Kasus nur in wenigen Fällen direkt – auch das übernimmt eher der Artikel und gegebenenfalls ein Adjektiv (siehe Beispiele 17).

Die möglichen Kasusendungen an den Substantiven selbst zeigt die folgende Übersicht:

 18 Kasusdeklination am Substantiv

Sie sehen in 18, dass die Anzeige des Kasus am Substantiv nur in wenigen Fällen auftritt: Im Singular wird der Genitiv markiert, aber nur bei Substantiven, die Neutrum oder Maskulinum sind (nicht bei Feminina); bei Neutra und Maskulina erscheint die Endung -es (Mannes, Kindes) oder -s (Königs). Einige wenige Substantive (wie hier Herr) markieren mit der Endung -n Genitiv und auch Akkusativ und Dativ. Im Plural wird nur der Dativ mit der Kasusendung -n gekennzeichnet, die aber überhaupt nur bei den Pluralendungen -e und -er und bei Pluralen ohne Endung auftreten kann.

Vielleicht haben Sie eine andere Reihenfolge der Kasus gelernt: Nominativ (1. Fall), Genitiv (2. Fall), Dativ (3. Fall) und Akkusativ (4. Fall). Das ist einfach eine andere Anordnung. Vielfach wird heute aber die Reihenfolge wie oben verwendet, weil sie der Bedeutung und der Frequenz der einzelnen Kasus besser entspricht.

Durch die Deklination wird am Substantiv vor allem die grammatische Kategorienklasse Numerus, also Singular und Plural, markiert. Genus ist fest mit dem Substantiv verbunden, und Kasus wird nur an einigen wenigen Stellen durch eine Endung markiert. Die Anzeige von Genus und Kasus wird vor allem am Artikel (und am Adjektiv) deutlich. Deshalb sollte man immer die gesamte Substantivgruppe (bzw. Nominalphrase) betrachten.

1.3Artikel

Artikel treten immer zusammen mit einem Substantiv auf, sie sind »Begleiter« des Substantivs und bilden mit diesem zusammen eine Substantivgruppe bzw. eine Nominalphrase (siehe Kap. 2). Artikel kongruieren mit ihrem Substantiv, d. h., sie zeigen das Genus des Substantivs, den Kasus und den Numerus des Substantivs. Die Artikel übernehmen aber auch wichtige inhaltliche, das Substantiv determinierende Funktionen; ihr Gebrauch soll hier nur exemplarisch besprochen werden.

1.3.1Formen der Artikel

Die häufigsten Artikel sind der bestimmte (definite) Artikel (der, die, das) und der unbestimmte (indefinite) Artikel (ein, eine). Ihre Formen zeigt die folgende Übersicht (der als Kasussignal dienende Teil der Endung ist fett markiert).

 19 Bestimmter und unbestimmter Artikel

Der Plural des unbestimmten Artikels ist eine »Nullform«; z. B. Sg.: ein Mann, Plural: – Männer; Sg.: eine Frau, Plural: – Frauen; Sg.: ein Kind, Plural: – Kinder.

1.3.2Gebrauch der Artikel

Ein Substantiv kann mit dem bestimmten Artikel, dem unbestimmten Artikel oder ohne Artikel stehen. Für den Gebrauch der Artikel lassen sich einige generelle Tendenzen angeben.

Der bestimmte Artikel (der/die/das)

Der bestimmte Artikel der/die/das zeigt Definitheit an und steht, wenn ein Substantiv etwas schon Bekanntes und Identifiziertes bezeichnet. Das kann im Einzelnen sein:

−etwas, was im Text bereits eingeführt ist oder von dem schon die Rede war: Am Horizont tauchte ein Reiter auf. DerReiter schien sehr in Eile zu sein.

−etwas, was aus der Situation heraus bekannt ist oder identifiziert werden kann: Gib mir maldieKamera. Wo istdieZeitung?

−ein »Unikat«, d. h. etwas Einzigartiges, was allgemein bekannt ist: DieSonne dreht sich umdieErde. DieMauer fiel 1989.

Der unbestimmte Artikel (ein/ein/eine)

Der unbestimmte Artikel ein/ein/eine zeigt Indefinitheit an und steht insbesondere dann, wenn das Substantiv etwas Neues oder Unbekanntes bezeichnet, das noch nicht erwähnt wurde oder nicht näher bestimmt ist, z. B. wenn etwas in einem Text neu eingeführt wird:

Am Horizont tauchte ein Reiter auf. Der Reiter schien sehr in Eile zu sein.

Es lebte einmal ein König. Er hatte drei wunderschöne Töchter.

Die verneinte Form des unbestimmten Artikels lautet kein/kein/keine. Im Plural hat kein die Formen keine, keine, keinen, keiner; z. B.: Er hattekeineProbleme mehr.

Kein Artikel

In bestimmten Fällen werden Substantive auch ohne Artikel verwendet; z. B. bei:

−Stoffnamen und Abstrakta: Er trinkt gerneWein.Sie hatGeld.Sie kämpfen fürGerechtigkeit.

−Eigennamen (Personen- und Ortsnamen): Sie kenntKonrad Adenauernicht. Er fährt nachHamburg.

−bei Bezeichnungen des Berufs, der Nationalität, der Religion oder der sozialen Rolle in Prädikationen: Er istSchweizer.Sie istÄrztin.Sie istJüdin.

Präpositionen können mit dem Artikel zu einer Form »verschmelzen«, z. B.: am (= an dem), zum (= zu dem), ins (in das), zur (zu der) oder – vor allem in der gesprochenen Sprache – aufs (auf das), fürs (für das), hinterm (hinter dem), überm (über dem) etc.

1.3.3Andere Artikel

Es lassen sich weitere Gruppen von Artikeln unterscheiden, die zusätzliche Bedeutung tragen. Was Stellung und Flexion betrifft, verhalten sich diese Artikel wie der bestimmte und der unbestimmte Artikel. Die wichtigsten zusätzlichen Artikel sind (sie können auch als Pronomen auftreten):

Possessivartikel

Possessivartikel wie mein-, dein-, sein-, unser-, euer-, ihr- bezeichnen eine Zugehörigkeit oder eine Relation. Sie sind ebenfalls Begleiter eines Substantivs, mit dem ihre Endung kongruiert, die Endungen entsprechen denen des unbestimmten Artikels (ein/ein/eine). Die jeweils gewählte Form des Possessivartikels hängt vom entsprechenden Bezugspunkt ab. Zur Illustration:

 20 Beispiele zum Possessivartikel

Demonstrativartikel

Demonstrativartikel weisen die gleichen Endungen auf wie der bestimmte Artikel. Mit Demonstrativartikeln wie dieser (oder seltener jener) wird auf das begleitende Substantiv hingewiesen, es wird besonders fokussiert. Zum Beispiel:

 21 Beispiele zum Demonstrativartikel

21-1Auf dem Dachboden meiner Großeltern befand sich eine alte Holzkiste mit eisernen Beschlägen, die Jahr und Tag nicht geöffnet worden war. Mit dieser Kiste hatte es eine besondere Bewandtnis.

21-2Schau mal, diese Lampe da drüben! Das wäre genau das Richtige für unser Esszimmer!

1.4Pronomina

Pronomina (im Singular: das Pronomen; manche sagen auch im Plural ›Pronomen‹) sind Stellvertreter einer Nominalphrase (»Pro«-Nomen). Sie verweisen im Text auf die entsprechende Nominalphrase und kongruieren mit dieser in Genus und Numerus. Es lassen sich verschiedene Gruppen von Pronomina unterscheiden.

Personalpronomina

Personalpronomina sind die häufigsten und wichtigsten Pronomina, da sie wenig spezifisch sind und deshalb einen sehr großen Anwendungsbereich haben. Man kann die Pronomina der 1. und 2. Person grundsätzlich von denen der 3. Person unterscheiden: Mit ersteren Pronomina (ich, du, wir, ihr) wird auf situativ präsente Dialogrollen, Sprecher/Sprecherin und Hörer/Hörerin, verwiesen; das Pronomen der 3. Person hat dagegen einen wesentlich weiteren Anwendungsspielraum und verweist im Grunde auf alles, was nicht Dialogrolle ist. In der 3. Person wird im Singular nach Genus unterschieden (er, sie, es).

Die Funktion der Pronomina im Text zeigt das folgende Beispiel:

 22 Pronomina im Text

Als Martin die Ladentüre öffnete, kam von hinten eine junge, etwas müde blickende Frau. Er hatte sie dort noch nie gesehen und war deshalb etwas verwirrt, stellte aber dann doch seine übliche Frage nach den Neuerscheinungen. »Die sind diese Woche leider noch nicht gekommen«, antwortete sie bedauernd.

Das Beispiel 22 zeigt, dass die Pronomina er bzw. sie die Nominalphrasen Martin bzw. eine junge, etwas müde blickende Frau aufgreifen und weiterführen. Pronomina dienen so der Verknüpfung im Text und sind deswegen auch eine sehr ökonomische Form der Textverdichtung.

Im Deutschen gibt es in der 3. Person Singular auch die Pronomina der/die/das. Sie verhalten sich wie die Personalpronomina, insofern sie Nominalphrasen aufgreifen; sie fokussieren aber stärker als die Formen er/sie/es. Manche bezeichnen die Pronomina der/die/das deshalb als Demonstrativpronomina, man könnte auch von fokussierenden Personalpronomina sprechen. Die Formen werden besonders häufig in der gesprochenen Sprache verwendet; z. B.: Da kommt Nina. Diesieht ja heute toll aus! Mitderhätte ich nicht mehr gerechnet. Dasist ja interessant.

Possessivpronomina

Possessivpronomina verbinden die beschriebene Funktion der Pronomina mit der zusätzlichen Angabe einer Zugehörigkeit.

 23 Beispiel zu Possessivpronomina

»Ich habe zwei Regenschirme in meinem Auto gefunden, welcher ist deiner?« – »Meiner ist der rote. Den habe ich wohl neulich vergessen.«

Demonstrativpronomina

Demonstrativpronomina haben – wie auch Demonstrativartikel – fokussierende und hervorhebende Funktion neben ihrer verweisenden Funktion als Pronomen: Welchen Kuchen hätten Sie gerne? –Diesen(hätte ich gerne).

Artikel und Pronomen werden nicht immer klar unterschieden. Viele sprechen etwa von Possessivpronomina und meinen damit auch die Possessivartikel. Für uns besteht ein grundlegender Unterschied syntaktischer Art: Artikel treten mit einem Substantiv auf ( Begleiter!), Pronomina treten in der Regel statt einer Nominalphrase auf ( Stellvertreter!). Wir unterscheiden also aus syntaktischen Gründen konsequent. Die einzelnen Elemente und ihre spezifische Bedeutung ähneln sich aber natürlich, die Formen können sich jedoch unterscheiden. Vgl.: 24

 24 Artikel und Pronomen im Vergleich

Artikel

Pronomen

Der Mann gefällt mir.

Der hat vielleicht eine gute Figur!

Mein Hund gehorcht mir aufs Wort.

Meiner ist nicht sehr folgsam.

Dieses Wort solltest du nicht verwenden.

Dies(es) möchte ich nicht mehr hören.

Relativpronomina

Relativpronomina sind vor allem der/die/das, daneben auch welcher/welche/welches; sie leiten untergeordnete Sätze ein, die Relativsätze. Relativsätze beziehen sich (attributiv) auf ein Substantiv bzw. die ganze Nominalphrase. Die Relativpronomina stellen dabei eine wichtige Verbindung her zwischen dem Substantiv (sie kongruieren mit diesem in Genus und Numerus – nicht aber im Kasus) und dem Relativsatz selbst, in den sie eingebettet sind und in dem sie eine bestimmte syntaktische Funktion übernehmen (siehe Kap. 4).

 25 Beispiel zu Relativpronomina

Die Relativpronomina in Beispiel 25 sind Maskulina und stehen im Singular, weil sie mit dem Bezugsausdruck (der) Lehrer kongruieren; ihre syntaktische Funktion und ihren Kasus bestimmt das Verb im Relativsatz (sich zur Wahl stellen, respektieren, vertrauen).

Die Formen des häufigsten Relativpronomens der/die/das zeigt die folgende Übersicht:

 26 Relativpronomina

Auch Interrogativpronomina wie wer, was und Adverbien können bestimmte Relativsätze einleiten, nämlich die freien Relativsätze oder die weiterführenden Relativsätze. Zum Beispiel: Wer zu spät kommt, verliert seinen Platz. Er hat einen Platz bekommen, was niemand erwartet hatte (siehe dazu ausführlich Kap. 4).

Interrogativpronomina

Interrogativpronomina (auch: Fragepronomina) treten als Stellvertreter für Nominalphrasen auf, die durch diese Pronomina erfragt werden. Mit den Interrogativpronomina kann im Deutschen nach Personen oder Sachen gefragt werden. Alle Pronomina können singularische oder pluralische Nominalphrasen erfragen. Eine Unterscheidung nach Genus ist nicht möglich. Die Formen zeigt folgende Übersicht:

 27 Interrogativpronomina

 

Bezug auf Personen

Bezug auf Sachen

Nominativ

wer(für Männer und Frauen, Singular oder Plural)

was

Akkusativ

wen

was

Dativ

wem

 

Genitiv

wessen

wessen

 28 Beispiel zu Interrogativpronomina

Fragewörter können unterschiedlichen Wortarten angehören. Es gibt Interrogativ- bzw. Frage-Pronomina wie wer, was, wem, und es gibt auch Interrogativ- bzw. Frage-Adverbien wie wo, wann, warum.

Reflexivpronomen

Das Reflexivpronomen hat nur die Formen des Akkusativs und des Dativs: In der 1. und 2. Person entspricht es dem Personalpronomen, nur in der 3. Person gibt es eine eigene Form (sich):

 29 Reflexivpronomen

Das Reflexivpronomen kann obligatorisch sein, also fester Bestandteil des Verbs, wie z. B. bei sich freuen, sich schämen, sich verschlucken, sich bewerben, sich erholen.

Das Reflexivpronomen kann fakultativ sein, eine Ergänzung zum Verb und kann dann auch durch ein Objekt ersetzt werden; z. B.: sich waschen (auch: das Kind waschen), sich rasieren, sich schminken, sich verstecken, sich umdrehen, sich hinsetzen.

Das Reflexivpronomen sich kann auch als reziprokes Pronomen verwendet werden, z. B.: Sie nickten sich zu (d. h. der eine der anderen). Zur Verdeutlichung verwendet man aber das reziproke Pronomen einander: Sie nickten einander zu.

Indefinitpronomina

Mit den Indefinitpronomina können Personen oder Sachen auf ganz allgemeine, unbestimmte Art bezeichnet werden. Die Indefinitpronomina bilden eine umfangreiche und sehr heterogene Gruppe von Pronomina, die sich recht unterschiedlich verhalten: Alle Indefinitpronomina können alleine stehen, sie sind dann echte Pronomina; manche können aber auch zusammen mit einem Substantiv, also wie Artikel, vorkommen.

Die Pronomina irgendwer, man, (irgend)jemand, niemand und das veraltete jedermann bezeichnen nur Personen; etwas, irgendetwas, viel, wenig, alles und nichts bezeichnen nur Sachen. Keiner, niemand und nichts sind negierende Pronomina.

 30 Die Formen der wichtigsten Indefinitpronomina

Genitivformen dieser Indefinitpronomina gibt es nicht, oder sie sind nicht üblich.

Das Pronomen (irgend-)einer hat keine Pluralformen, stattdessen tritt ersatzweise (irgend-)welche auf.

Das Pronomen man existiert nur im Nominativ Singular; Genus wird nicht unterschieden, für Akkusativ und Dativ tritt ersatzweise die Form des Pronomens einer ein.

Die Pronomina jemand und niemand werden heute auch im Akkusativ und Dativ meist nicht flektiert, z. B.: Ich habe niemand gesehen.

Das »Pronomen« es

Das Wörtchen »es« kann in sehr verschiedenen Kontexten auftreten und unterschiedliche Funktionen übernehmen; nicht immer ist es dabei ein Pronomen im klassischen Sinne; oft hat das Wörtchen es auch keine eigene Bedeutung. Folgende Verwendungen kann man unterscheiden:

es als Pronomen für eine Nominalphrase oder für einen Satz

es kann als Pronomen für eine Nominalphrase im Neutrum stehen, dabei kann es Personen und Sachen im Nominativ und im Akkusativ bezeichnen:

Wo ist das Kind? – Es spielt. (Person – Nominativ)

Ich habe dieses Buch gekauft, weil man es mir empfohlen hat. (Sache – Akk.)

es kann als Pronomen auch für umfangreichere Ausdrücke, z. B. Sätze, stehen:

es in unpersönlichen Konstruktionen

In unpersönlichen Konstruktionen hat es keine eigene Bedeutung, sondern ist fest mit dem Verb verbunden; es kann hier auftreten als Subjekt (»Scheinsubjekt«), insbesondere bei Verben,

−die ein Naturgeschehen, z. B. die Witterung, bezeichnen: esregnet, esschneit, esblitzt;

−die eine Zeitangabe machen: esist noch früh, esist sieben Uhr, esist Mittag;

−die Sinneseindrücke bezeichnen: esglänzt, eswird hell, esklopft, esknallt, esraschelt, esläutet, esschmeckt (gut …), esriecht (gut, schlecht, nach …).

es im Vorfeld (»Vorfeld-es«, »thematisches es«)

es kann im Vorfeld eines Satzes auftreten (das sogenannte »Vorfeld-es«); dann dient es satzeinleitend als Platzhalter, damit das Subjekt (das dann im Mittelfeld steht) oder die gesamte Aussage hervorgehoben werden kann. es kann hier nie durch das ersetzt werden und kann in dieser Funktion nur im Vorfeld stehen (siehe Kap. 3.4).

Es kam ein Mann zu mir und sagte … (