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Seitenzahl: 70
Umschlagsbild
DIE DICHTUNG BD. XLII EDGAR ALLAN POE VON HANNS HEINZ EWERS
Band
I.
Henrik Ibsen
von
Paul Ernst
Band
II.
Anzengruber
von
J. J. David
Band
III.
Victor Hugo
von
H. v. Hofmannsthal
Band
IV.
Liliencron
von
Paul Remer
Band
V.
Leo Tolstoj
von
Julius Hart
Band
VI.
Hölderlin
von
Hans Bethge
Band
VII.
Boccaccio
von
Hermann Hesse
Band
VIII.
Cervantes
von
Paul Scheerbart
Band
IX.
Gottfried Keller
von
Ricarda Huch
Band
X.
Mörike
von
Gustav Kühl
Band
XI.
Droste-Hülshoff
von
Wilh. v. Scholz
Band
XII.
E. T. A. Hoffmann
von
Rich. Schaukal
Band
XIII.
Franz von Assisi
von
Hermann Hesse
Band
XIV.
Peter Hille
von
Heinrich Hart
Band
XV.
d’Annunzio
von
Alberta v. Puttkamer
Band
XVI.
Lenau
von
Leo Greiner
Band
XVII.
Novalis
von
Willy Pastor
Band
XVIII.
Walt Whitman
von
Johannes Schlaf
Band
XIX.
Ebner-Eschenbach
von
Gabr. Reuter
Band
XX.
Kleist
von
Wilh. Hegeler
Band
XXI.
Wilhelm Busch
von
Rich. Schaukal
Band
XXII.
Homer
von
Willy Pastor
Band
XXIII.
C. Ferd. Meyer
von
Wilh. Holzamer
Band
XXIV.
Theod. Fontane
von
Franz Servaes
Band
XXV.
Grabbe
von
Otto Krack
Band
XXVI.
Schiller
von
Fritz Lienhard
Band
XXVII.
Rich. Wagner
von
Hans v. Wolzogen
Band
XXVIII.
Hebbel
von
Wilhelm v. Scholz
Band
XXIX.
J. P. Jacobsen
von
Hans Bethge
Band
XXX.
Paul Verlaine
von
Stefan Zweig
Band
XXXI.
Bismarck
von
Max Bewer
Band
XXXII.
Klaus Groth
von
Timm Kröger
Band
XXXIII.
Maeterlinck
von
Anselma Heine
Band
XXXIV.
Oscar Wilde
von
Hedw. Lachmann
Band
XXXV.
Lessing
von
Otto Ernst
Band
XXXVI.
Fritz Reuter
von
Marx Möller
Bd. XXXVII.
Sophokles
von
Paul Ernst
Bd. XXXVIII.
Verhaeren
von
Johannes Schlaf
Band
XXXIX.
Shakespeare
von
Franz Servaes
Band
XL.
Heinrich Heine
von
Wilh. Holzamer
Band
XLI.
Eichendorff
von
Gustav Falke
Band
XLII.
Edgar Allan Poe
von
H. Heinz Ewers
In Vorbereitung:
Luther
von
Adolf Bartels
Gerhart Hauptmann
von
Hermann Stehr
Li-tai-pe
von
Arno Holz
Euripides
von
Hermann Bahr
Richard Dehmel
von
Gustav Kühl
Theodor Storm
von
Paul Remer
und andere
Jeder Band elegant kartoniert M. 1.50
Jeder Band in echt Leder geb. M. 2.50
FÜR BÜCHERLIEBHABER
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Titeltext
dem Rauschkünstler, dem Träumer, der an Träume glaubt als an das einzig Wirkliche — wie es Poe tat, wie es der tut, der dies schrieb — sei dies Büchlein gewidmet.
In der Alhambra
April 1905
HANNS HEINZ EWERS.
Leicht schreitet mein Fuss über die grauen Steine, den alten Weg, den ich so oft gegangen, hinauf zu der Alhambra heiligem Haine. Das Tor der Granaten öffnet sich weit meiner Sehnsucht, dahinter bin ich der Zeit entflohen — — so leicht wandelt man in der Träume Land. Wo die Ulmen rauschen, wo die Springquellen plaudern, wo aus Lorbeerbüschen hundert Nachtigallen singen, da mag ich wohl an meinen Dichter denken.
***
Man sollte es nicht tun. Wirklich nicht.
Man sollte nicht hingehen und irgendein Buch lesen über den Künstler, den man liebt. Fast immer wird man enttäuscht sein — — wie kann ein Pfaffe über Gott sprechen? So vorsichtig soll man damit sein, so sehr vorsichtig.
Du solltest es so machen:
Du liebst Firdusi? — Goethe schrieb über ihn; den kennst du nicht? Nun gut: lies erst alles, was Goethe schrieb, ehe du das liest, was er über den Perser sagt. — Und dann erst, wenn du den genau kennst, der über deinen Liebling schrieb, dann erst entscheide dich, ob du das lesen willst, was er über ihn sagt! — So wirst du keine Enttäuschung erleben.
Lies nie, was Hinz und Kunz über den Künstler schreiben, den du liebst. Und wenn Hinz und Kunz die allergrössten Sterne sind, und wenn dein Liebling ein ganz kleiner Nebelfleck ist — — lies es nicht! Lies es nicht eher, bis du Hinz und Kunz genau kennst, bis du weisst: sie haben ein Recht, über deinen Künstler zu sprechen.
Ich habe es nicht so gemacht. Ich habe irgendwoher ein paar dickflüssige Tropfen im Blute: unerträgliche deutsche Gründlichkeit. So eine Art Pflichtgefühl. Ich dachte: eh du über den Dichter schreibst, den du liebst, lies das, was andere vor dir schrieben. Ich dachte: „Vielleicht — —“
Ich las also viel über Edgar Allan — Nun bin ich so enttäuscht, so sehr enttäuscht. Da war nur einer, dessen Geist ihn fassen konnte.
War nur Baudelaire — —
Baudelaire, der aus dem Haschich eine Kunst schuf. — Wie hätte er ihn auch nicht fassen sollen, ihn, der aus Alkohol und Laudanum Kunstwerte formte?!
***
— Jetzt muss ich das alles vergessen, was die anderen sagten. Diesen grässlichen Griswold muss ich vergessen, dessen ganze Poebiographie nichts anderes ist, als ein giftiges Ausspucken: „Er soff, er soff, pfui doch, er soff!“ — — Und den noch grässlicheren Ingram muss ich vergessen, diesen Narren, der meinen Künstler ehrenrettete, indem er immer wieder stammelte: „Er trank gar nicht, wirklich, er trank gar nicht!“
Rasch, ehe ich sie vergesse, will ich die Daten niederschreiben, die ich von ihnen habe:
„Edgar Allan Poe, geb. am 19. Januar 1809 in Boston. Irische Familie, langer Stammbaum, normannisches, keltisches, angelsächsisches, italienisches Blut. 1816 nach England mit seinen Pflegeeltern, ein paar Jahre in einer Boarding-School in Stoke-Newington. — 1822 zurück nach Amerika, 1826 Student in Richmond, dann in Charlottesville. 1827 Reise nach Europa mit unbekannten Abenteuern. 1830 Offizierskadett in Westpoint. 1834 Leiter des Southern Literary Messenger in Richmond. 1836 verheiratet mit seiner Cousine Virginia Clemm. Er schrieb. —1 Er lebte abwechselnd in New-Jork, Philadelphia, Richmond, Fordham. Es ging ihm sehr schlecht. ,Er soff‘ (sagt Griswold). ,Er trank gar nicht‘ (sagt Ingram). Er starb am 7. Oktober im Armenkrankenhaus zu Baltimore, vierzig Jahre alt.
So, das wären diese allergleichgültigsten Daten. Nun kann ich auch das vergessen.
— Wie schwer das doch ist! — Ganz langsam gehe ich durch die Ulmenallee, hinauf zu dem Königsschloss. Links biege ich ein und durchschreite die mächtige Turmpforte des Gesetzes. Ich freue mich über die Hand da oben, die den bösen Blick bannt; ich denke: da werden meine Pfaffen draussen bleiben. Nun bin ich oben — — allein in den vertrauten Räumen.
Ich weiss wohl, wohin ich will. Rasch durch den Myrtenhof, durch den Saal der Mocaraben in den Hof der zwölf Löwen. Links hinein in das Zimmer der beiden Schwestern und durch das der Ajimeces. Nun bin ich da, im Mirador de Daraxa, wo Boabdils Mutter ‘Aicha wohnte. Ich sitze am Fenster, blicke hinaus auf die alten Zypressen — —
Wie schwer es doch ist, zu vergessen! Da gehen meine Pfaffen im Garten spazieren. Zwei englische Heuchler, runder Hut, kurze Pfeife, schwarzer Rock. Den Bädeker in der Hand.
„Er soff!“ zischt der eine.
„O nein, er trank wirklich nicht!“ fistelt der andere.
Ich möchte sie mit den Köpfen zusammenstossen! Ich möchte ihnen zuschreien: „Fort, Ratten, fort! Hier sitzt einer, der träumt von dem Künstler, den er liebt! Er sang in eurer Sprache — — und ihr Stöcke wisst nichts von ihm!“ —
Sie gehen ja schon, gewiss doch! Ich bin wieder allein — —
***
Er soff — — er soff nicht! — So streiten Engländer über ihre Dichter! Sie lassen Milton verhungern, sie stehlen Shakespeare sein ganzes Lebenswerk, sie wühlen mit krummen Fingern in Byrons und Shelleys Familiengeschichten, sie begeifern Rossetti und Swinburne, stecken Wilde ins Zuchthaus und zeigen mit den Fingern auf Charles Lamb und Poe — — weil sie tranken!
Ich bin doch froh, dass ich ein Deutscher bin! Deutschlands grosse Männer durften — — unsittlich sein. Unsittlich — — das heisst: nicht eben genau so sittlich, wie die guten Bürger und Pfaffen. Der Deutsche sagt: „Goethe war unser grosser Dichter“. —