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Von windigen Typen, schicken Lofts und tödlichen Fallstricken: Eigentlich wollte er sich ein gemütliches Wochenende machen und einmal im Monat mit seinen beiden Söhnen so tun, als wäre alles ganz normal. Doch dann entdeckt der Makler Walter Eigen eine Leiche, die kopfüber vom Deckenbalken einer Villa im Münchner Umland baumelt. Ein ermordeter Großgrundbesitzer, die Immobilienbranche wird hellhörig … und nervös. Zu viele Menschen profitieren von diesem Tod, auch Walter Eigen. Dessen Mutter kann das Spekulieren nicht lassen – über den Gartenzaun hinweg werden so einige Vermutungen angestellt, Verdächtige eingekreist, mögliche Täter ausgemacht. Doch sagt ihr Sohn wirklich die ganze Wahrheit?
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Seitenzahl: 375
Veröffentlichungsjahr: 2014
Für Kathi
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© für die Originalausgabe und das eBook: 2014 LangenMüller in der F. A. Herbig Verlagsbuchhandlung GmbH, München
Alle Rechte vorbehalten
Umschlaggestaltung: Wolfang Heinzel
Umschlagfoto: getty images
Umschlagillustration: Dirk Schmidt, München
eBook-Produktion: VerlagsService Dietmar Schmitz GmbH, Heimstetten
ISBN 978-3-7844-8204-0
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Ich will ja nichts sagen. Aber eigentlich hatte er gesagt, dass er sich nur ein ruhiges Wochenende mit dem Max und dem Lukas machen wollte. Das hat er gesagt.
Der Max und der Lukas sollten mittags vorbeikommen, dann wollte er ein bisschen im Park Fußball spielen mit ihnen, dann ein Lagerfeuer machen und dazu ein paar Lieder auf der Gitarre spielen, weil noch sind die Buben vom Walter in einem Alter, in dem ihnen das gar nicht peinlich ist. Und am Samstag wollte er mit ihnen zum Bäcker radeln und am Nachmittag dann in den Biergarten und am Sonntag dann an den See fahren. Was man halt bei uns so macht im Sommer, wenn die Schulferien gerade angefangen haben. Und einiges davon hat er am Ende sogar hinbekommen, hat er gesagt. Weil seine Söhne sind ihm das Wichtigste. Und das stimmt auch. Und für die tut er auch alles, was er kann. Aber er nimmt sich halt manchmal ein bisschen viel vor.
Und es war deshalb dann auch so, wie es ganz oft ist, wenn er erzählt, dass er eigentlich was machen wollte. Eigentlich – aber dann halt doch nicht. Deswegen heißt er ja auch so, wie er genannt wird. Weil das nämlich schon immer so gewesen ist.
Eigentlich.
Eigentlich wollte ich. Eigentlich hätte ich. Eigentlich sollte ich. So geht das immer.
Das haben sie schon in der Schule gewusst, dass er alles immer eigentlich irgendwie anders wollte, als er es dann gemacht hat. Und da hat er seinen Spitznamen weggehabt. Weil es ja auch kein weiter Weg ist von seinem Nachnamen zu so einem Spitznamen. Von Eigen zu Eigentlich. Waldi haben sie den Walter aber nicht genannt – und das ist ja auch gut. Weil Waldi klingt doch sehr nach einem Dackel.
Aber so, wie er war, wurde aus ihm eben der Eigentlich.
Und wie junge Leute halt so sind – es passte wie die Faust aufs Auge. Natürlich ist es auch so, dass man so wird wie der Spitzname, der einem gegeben wurde. Denn wenn einem schon dauernd der Spiegel vorgehalten wird, dass man immer eigentlich sagt und eigentlich was anderes meint oder tun will, als man tut – da verunsichert einen so ein Spitzname eben noch ein bisschen mehr.
Und es war deshalb dann auch so, wie es ganz oft ist, wenn er erzählt, dass er eigentlich was machen will. Eigentlich – aber dann halt doch nicht. Und eigentlich hätte er nicht nur ein anderes Wochenende verbringen wollen, sondern eigentlich hätte er das auch schon am Abend vorher merken können, hat er gesagt, dass es etwas komplizierter werden würde. Da hat er sich nämlich seine Karten gelegt.
Ich persönlich halte ja gar nichts davon. Und er eigentlich auch nicht. Und da haben wir es wieder. Und dann macht er es halt trotzdem, obwohl er sich gar nicht auskennt damit.
Abends sitzt er manchmal auf seinem Balkon und die Sonne geht über dem Bahndamm unter und er trinkt sein Bier und die Zeitung ist ausgelesen und eigentlich sieht man dann ja fern oder beschäftigt sich mit seiner Frau – aber beides hat er nicht.
Und deshalb legt er dann halt diese Karten. Die hat er einmal geschenkt bekommen. In Süditalien, kurz nach seinem Studium, als er mit seiner Ente bis nach Sizilien gekommen ist und auf dem Brenner die Sicherungen mit Kaugummipapier überbrückt hat. In einem Dorf in Kalabrien, hat er erzählt, gab es ein Volksfest. Das sah dann so aus: Im Zentrum war eine Bühne aufgebaut, auf der eine Kapelle diese unerhört laute italienische Musik gespielt hat. An der Bühne war ein Schaf festgebunden. Das war dann der Hauptgewinn der Tombola. Und er war zu dem Viech gegangen und hat es gestreichelt. Er ist wirklich ein Lieber – und das war er auch schon, als er ganz klein gewesen ist. Er hat nie so etwas gemacht wie normale Kinder: dass er Frösche mit dem Strohhalm aufgeblasen und dann das Maul zugeklebt und die dann auf den Weiher raus und dort hat schwimmen lassen oder noch mit der Steinschleuder abschießen. Sowas hat er nie gemacht. Nicht einmal einem Hund den Schwanz anzünden oder auch nur einer Katze. Hat er alles nicht gemacht. Weil er so tierlieb ist.