Das bin ich. Das kann ich. Das will ich. - Claas Triebel - E-Book

Das bin ich. Das kann ich. Das will ich. E-Book

Claas Triebel

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Beschreibung

Ausgezeichnet von der Stiftung Warentest - »Bestes Karrierecoaching-Verfahren« - Schon über 30.000 begeisterte Coaching-Teilnehmer:innen - Konkrete Tools helfen Klarheit über sich und die eigene Zukunft zu gewinnen Den einen Beruf fürs Leben gibt es nicht mehr. Es gibt unzählige Ausbildungen, Studiengänge und ständig neue Formen von Jobs. Immer wieder und besonders in beruflichen Veränderungssituationen müssen wir uns den Fragen stellen: Wer will ich sein, was kann ich und was will ich in Zukunft damit erreichen? Dieses Buch bietet in einfach verständlicher Form Inspirationen und praktische Übungen an, die dabei helfen, die eigenen Kompetenzen zu erkennen und diese persönlich und beruflich weiterzuentwickeln. Das Besondere ist dabei die Arbeit mit der eigenen Biografie. Wie sind Sie die Person geworden, die Sie heute sind? Welche Werte sind Ihnen wichtig? Mit diesen und weiteren Reflexionen gewinnen Sie Klarheit über Ihre Stärken und können Ihre Zukunft aktiv in die Hand nehmen!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 156

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Dies ist der Umschlag des Buches »Das bin ich. Das kann ich. Das will ich.« von Claas Triebel

Claas Triebel

Das bin ich. Das kann ich. Das will ich.

Meine Kompetenzen erkennen mit dem Biografie-Workbook

Klett-Cotta

Impressum

Die digitalen Zusatzmaterialien haben wir zum Download auf www.klett-cotta.de bereitgestellt. Geben Sie im Suchfeld auf unserer Homepage den folgenden Such-Code ein: OM86084

Dieses E-Book basiert auf der aktuellen Auflage der Printausgabe

Klett-Cotta

www.klett-cotta.de

© 2023 by J. G. Cotta’sche Buchhandlung

Nachfolger GmbH, gegr. 1659, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

Cover: Weiß-Freiburg GmbH

unter Verwendung einer Abbildung von Lisa Vlasenko / iStock by Getty Images

Gesetzt in den Tropen Studios, Leipzig

Gedruckt und gebunden von CPI – Clausen & Bosse, Leck

ISBN978-3-608-86084-9

E-Book ISBN978-3-608-12215-2

PDF-E-Book ISBN978-3-608-20650-0

Zweite Auflage, 2024

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar

Inhalt

1 Wer bin ich? Was kann ich? Was will ich?

1.1 Wie bin ich die Person geworden, die ich heute bin?

1.2 Die Kompetenzenbilanz

1.3 Gibt es den Traumberuf fürs Leben?

2 Das bin ich

Übung: Fotoalbum

2.1 Welche Rollen habe ich in meiner Biografie?

Übung: Biografische Sammlung

2.2 Was sagt mir meine Biografie?

Übung: Das eigene Leben im Breitwandformat – Das Lebensprofil

2.3 Welche Bedürfnisse habe ich?

Übung: Bedürfnisse

2.4 Was ist mir wichtig? Über Werte

Übung: Werte

3 Das kann ich

3.1 Warum erkennen wir Potenziale schwerer als Defizite?

Übung: Potenzial- vs. Defizitorientierung

3.2 Was sind eigentlich Kompetenzen und wie kann ich sie entwickeln? Das-Modell

Übung: Fragensammlung

SKATE

3.3 Wo lerne ich?

3.4 Was mache ich eigentlich den ganzen Tag?

Übung: Was mache ich im Job?

3.5 Was mache ich, wenn ich nicht arbeite?

3.6 Ich mache so viel – wer bringe ich da Ordnung rein?

Übung: Kompetenzen sammeln

Übung: Kompetenzen aufräumen

3.7 Wie erkläre ich anderen meine Stärken? Reverse Engineering

Übung: Das kann ich!

Übung: Kompetenzen belegen

Übung: Der Bandwurmsatz

4 Das will ich

4.1 Woher kommen meine Wünsche?

4.2 Wie erreiche ich meine Ziele? Die Philosophie der kleinen Schritte

Übung: Was will ich machen?

Übung: Meine Ziele und nächsten Schritte

5 Das bin ich. Das kann ich. Das will ich.

Epilog: Das Leben ist ein Haus

Übung: Mein Haus

Liste der Download-Materialien

Weiterführende Literatur, Webseiten und Podcasts

Literatur

Webseiten

Podcasts

1 Wer bin ich? Was kann ich? Was will ich?

Drei kurze Fragen, mit denen ich mich bereits ein ganzes Berufsleben lang beschäftige. Es geht um Kompetenzen: Was sind Kompetenzen? Wie kann ich Kompetenzen entwickeln? Wie kann ich sie einsetzen für die eigene Entwicklung?

Die Fragen klingen einfach und sind doch so schwer zu beantworten. Zuletzt habe ich ein Buch geschrieben, das sich an Coaches richtet und darstellt, wie Coaches ihren Klient:innen systematisch dabei helfen können, Antworten auf diese Fragen zu finden. Mit diesem Buch möchte ich Sie als Leser:in darin unterstützen, selbst Antworten auf diese Fragen zu finden, damit Sie am Ende sagen können:

Das bin ich.

Das kann ich.

Das will ich.

Warum ist es so wichtig, sich mit diesen Fragen und den Antworten darauf zu beschäftigen? Ganz einfach. Immer wieder sehen wir uns Situationen gegenüber, in denen wir uns fragen müssen und auch fragen sollten, wer wir sind, was wir können und was wir wollen.

Diese Fragen lassen sich nicht einmalig und für alle Zeit beantworten. Sie stellen sich immer wieder neu. Zum ersten Mal vielleicht am Ende der Schulzeit, dann im Lauf der Ausbildung, dann wenn man die ersten beruflichen Erfahrungen gemacht hat und sich fragt: Ist es das jetzt? Muss oder möchte ich das noch länger machen? Wenn man Mutter oder Vater wird, verschieben sich wiederum die Koordinaten des eigenen Lebens. Die Fragen stellen sich neu, und man findet neue Antworten. Was früher unwichtig war, wird auf einmal wichtig und umgekehrt. Wer auf die 40 zugeht, merkt, dass man sich in der Mitte des Lebens fragt, wie die zweite Lebenshälfte gestaltet werden kann: Will ich das, was ich gerade tue, bis ans Ende meines Lebens machen? Will ich vielleicht noch einmal neu anfangen? Eine neue Ausbildung oder sogar ein Studium beginnen? Oder einfach den Job wechseln oder mich selbstständig machen? Eine befristete Stelle läuft aus und wie für fast alle, die befristete Stellen haben, ist es überraschend, wie schnell dann plötzlich Schluss ist und die Notwendigkeit entsteht, sich neu zu orientieren.

Manchmal kann es auch unvorhersehbare Ereignisse geben: In der Arbeit ändert sich etwas, es gibt eine neue Führungskraft, die Struktur verändert sich, der Job wird neu zugeschnitten und das, was einem vorher Spaß gemacht hat, wird mit einem Mal zur Last oder sogar zur Qual. Oder man wird gekündigt oder mehr oder weniger höflich aus dem Job komplimentiert. Manche gehen einfach zum nächsten Job über, andere stellen in dieser Situation den eigenen Werdegang oder zumindest den künftigen grundlegend in Frage. Diese beruflich bedingten Orientierungssituationen ziehen sich bis zum Renteneintritt hin. Denn auch dann ist es wichtiger als viele denken, sich zu überlegen, was man eigentlich vorhat. All dies sind potenziell verunsichernde Situationen, nicht für jede:n und nicht jedes Mal, wenn sie eintreten. Doch früher oder später wird sich jede:r damit konfrontiert sehen, nicht genau zu wissen, wie es weitergehen soll.

Wer bin ich? Was kann ich? Was will ich? Man stellt mit diesen Fragen die ganze Identität in Frage oder hinterfragt sie zumindest. Die Beschäftigung mit diesen Fragen ist emotional. Vielleicht haben Sie Angst vor der Zukunft? Oder vielleicht haben Sie eine Sehnsucht? Eine bestimmte Sehnsucht oder auch nur eine diffuse? Es ist schwer zu fassen und festzumachen, was man eigentlich will. Und manchmal ergibt sich erst im Rückblick ein Muster in dem, was man getan hat, und man erkennt erst im Nachhinein, was einen geleitet hat, als man wegweisende Entscheidungen getroffen hat, ohne in dem jeweiligen Moment überhaupt an die Tragweite der eigenen Handlungen gedacht zu haben.

Vielleicht sind Sie auch ganz begeistert bei dem Gedanken, Ihre Zukunft gestalten zu wollen und sich mit sich selbst und den für Sie wichtigen Fragen zu beschäftigen. Vielleicht denken Sie, dass Sie nun endlich Ihren Traumberuf ergreifen wollen oder überhaupt erstmal herausfinden möchten, was dieser Traumberuf sein könnte. Menschen treten diesen Herausforderungen unterschiedlich entgegen, und es ist völlig legitim – und ehrlich gesagt der Normalfall – wenn man durch größere Veränderungen verunsichert ist, sich grundlegende Fragen stellt und auf der Suche nach Antworten ist. Vielleicht empfinden Sie bei der Vorstellung, Antworten auf die grundlegenden Fragen vorzulegen, eine gewisse Scheu.

Das bin ich. Das kann ich. Das will ich. Klingt das nicht nach Angeberei, als ob man Hochglanzfotos von sich selbst in Siegerpose auf den Tisch knallt? Mein Haus! Mein Auto! Meine Yacht! Es ehrt Sie, wenn Sie bescheiden sind. Daraus sollten Sie aber nicht ableiten, dass es nicht gut und richtig wäre, mit Überzeugung über sich, was man kann und was man will, sprechen zu können. Es ist sogar ausgesprochen interessant und angenehm für Ihr Gegenüber, wenn Sie das tun. Finden Sie es nicht selbst auch spannend, wenn jemand eine klare Vorstellung davon hat, was er oder sie kann und will? Hören Sie da nicht auch gerne zu? Sie sollten sich selbst in die Lage versetzen, einfache und gute Antworten auf die hier gestellten Fragen geben zu können. Dieses Buch soll Ihnen dabei helfen.

Ich habe beim Schreiben darauf geachtet, dass Sie es sowohl am Stück durchlesen als auch bearbeiten können. Sie werden zahlreiche Übungen finden. Manche davon werden Sie vielleicht nur gedanklich nachvollziehen, andere mit Zettel und Stift bearbeiten. Je intensiver Sie sich mit den Übungen beschäftigen, desto mehr werden Sie davon haben. Außerdem habe ich einige Passagen über die Psychologie von Kompetenzen, Stärken und Schwächen und Entscheidungsfindung eingebaut. Ich hoffe, dass diese Teile ebenso informieren wie inspirieren.

Im Zentrum dieses Buches stehen Sie mit Ihrer Biografie. Damit ist nicht nur das Leben gemeint, das Sie bereits gelebt haben, sondern auch das, was vor Ihnen liegt. Es ist ein Biografie-Workbook. Sie erarbeiten Ihre Vergangenheit und beginnen, an der Gestaltung Ihrer Zukunft zu arbeiten.

Ich wünsche viel Spaß auf dem Weg zu den Antworten auf die Fragen »Wer bin ich? Was kann ich? Was will ich?«, damit Sie am Ende der Lektüre mit beiden Beinen sicher auf dem Boden stehend sagen können: »Ja, das bin ich. Das kann ich. Das will ich.«

1.1 Wie bin ich die Person geworden, die ich heute bin?

So wie ich Sie darin unterstützen möchte, sich selbst aus Ihrer Biografie heraus zu verstehen, will auch ich zunächst erzählen, wie es dazu gekommen ist, dass ich mich mit diesem Thema beschäftige und worauf die Inhalte, über die ich in diesem Buch schreibe, beruhen. Es ist mir ein persönlich sehr wichtiges Thema, und ich wäre froh gewesen, wenn ich früher mehr Unterstützung bei der eigenen Orientierung gehabt hätte.

Ich habe mich immer wieder beruflich neu orientiert und meinen eigenen Weg immer wieder neu justiert. In meiner Jugend habe ich lange überlegt, was ich beruflich machen möchte. Mich hat dabei die Vorstellung belastet, mich für eine einzige Ausbildung oder ein einziges Studium zu entscheiden und dem, was man da studiert hat, ein Leben lang nachzugehen oder nachgehen zu müssen. Ich interessiere mich für viele unterschiedliche Dinge und das schon immer. Ich habe in meiner Jugend extrem viel und intensiv Musik gemacht, in einer Band gespielt, Songs geschrieben, Klavier gespielt, gesungen, in einer Big Band gespielt und dort gesungen, habe Theater gespielt, war Teil einer Kabarett-Gruppe, habe Kurzgeschichten geschrieben und, und, und. Ich habe auch gerne Sport gemacht, war im Leichtathletik-Verein, war viel mit Freunden unterwegs und was man eben noch so tut. Als meine Schulzeit zu Ende war, hatte ich das Gefühl, diese ganze Vielfalt nun aufgeben zu müssen, indem ich mich für ein Studium entscheide und fortan für Jahrzehnte nur noch dasselbe machen zu müssen. Von Montag bis Freitag. 40 Stunden lang jede Woche. Wo sollte da noch Platz bleiben für all die Dinge, die ich sonst noch gerne tue?

Alle diese Dinge liebe ich immer noch, und ich sehe zu, wie ich möglichst viel davon in meinem Leben unterbringen kann. Nicht immer alles in derselben Intensität, und bei aller Betonung auf die Selbstverwirklichung, die ja mein Programm und Programm dieses Buches ist, gibt es viele konkrete praktische Notwendigkeiten und Verpflichtungen. Jedenfalls habe ich mich am Ende meiner Schullaufbahn in einer Situation weitgehender Ratlosigkeit darüber befunden, was ich beruflich machen wollte. Ich träumte mich in die Vorstellung, etwas im Bereich Medien und Film machen zu können, ich machte immer weiter Musik, mit unserer Band veröffentlichten wir eine CD. Ich schrieb mich für Germanistik ein, mit Nebenfach Psychologie und Musikwissenschaft. Das Studieren gefiel mir nicht und versandete im zweiten Semester wieder.

Ich hatte damals noch keinerlei Vorstellung davon, dass Berufs- oder Erwerbstätigkeit kein lebenslängliches Urteil bedeuten muss, sondern auch in ständigem Wandel begriffen sein kann. Ja, dass sogar die Vorstellung davon, es gebe über lange Zeit hinweg stabile Berufsbilder, inzwischen für viele Tätigkeiten weitgehend völlig unangemessen ist. Ich hatte die Vorstellung, dass eine einzelne Tätigkeit meine Erfüllung sein müsste und überlastete damit jedes mögliche Studium oder Berufsbild mit Heils- und Erfüllungserwartungen, die letztlich unerfüllbar sind.

Ich informierte mich über andere Studiengänge, und eines Tages las ich, dass es im Psychologiestudium den Vertiefungsschwerpunkt »Arbeits- und Organisationspsychologie« gibt. Man beschäftige sich damit, was Menschen in der Arbeit und in Organisationen erleben und tun. Ich las, dass Arbeits- und Lebenszufriedenheit in einem engen Zusammenhang ständen. Dass Lebenszufriedenheit wiederum eng mit Gesundheit verbunden sei. Gute Arbeitsbedingungen und Zufriedenheit im Beruf hätten demnach Einfluss darauf, wie zufrieden man mit dem Leben ist, wie gesund man ist und folglich auch mit der Lebenserwartung zu tun. Ich fand diesen Gedanken sofort faszinierend. Den Großteil der wachen Zeit verbringen Menschen in der Arbeit. Wenn diese 40 Stunden in der Woche schlecht laufen, wirkt es sich auf das gesamte Leben des Menschen aus. Wenn man unzufrieden damit ist und sich gewissermaßen im falschen Film wähnt, weil man etwas völlig anderes tut als es einem selbst entspricht, entfernt man sich immer mehr von sich selbst, bis man sich irgendwann fremd geworden ist. Wenn man hingegen mit Menschen zu tun hat, die einem angenehm sind und sich mit Dingen beschäftigt, die den eigenen Interessen entsprechen, sieht die Sache ganz anders aus. Ich habe das alles nicht sofort und nicht so detailliert bedacht, aber der Keim dafür, womit ich mich im Studium beschäftigen wollte und was Basis der Tätigkeiten im Bereich der Psychologie sein sollte, war gesetzt: für gute Arbeitsbedingungen sorgen.

In meinem Studium hatte ich das Glück, bei Lutz von Rosenstiel studieren zu können, damals einer der bekanntesten Arbeits- und Organisationspsychologen in Deutschland und ein sehr guter und sehr freundlicher Lehrer mit einer ausgesprochen humanistischen Grundeinstellung. Trotz seines prominenten Status ließ er sich nie von den Führungsetagen der Unternehmen einkaufen, um menschenfeindliche Umstrukturierungsprogramme umzusetzen, sondern stellte ins Zentrum seines Tuns immer die Maxime: Wie kann man für gute Bedingungen der Zusammenarbeit in Organisationen sorgen? Was kann man dafür tun, dass sich Menschen in ihrem Erleben und Verhalten in Organisationen und in der Arbeit gut fühlen, ohne dabei freilich den Zweck des Kontextes zu vernachlässigen? In der Arbeit geht es nun einmal darum, einen auch wirtschaftlichen Mehrwert zu erbringen. Wie kann man also diese Interessen miteinander vereinen?

Meine Suche nach beruflicher Identität war damit noch lange nicht beendet. Das lässt sich daraus ableiten, was ich seitdem alles gemacht habe: Während des Studiums hatte ich Jahre, in denen ich eigentlich weiterhin nichts anderes werden wollte als Musiker. Ich arbeitete im Tonstudio, komponierte und produzierte Film- und Werbemusik. Nach dem Studium war ich selbstständig, dann habe ich in Teilzeit promoviert. Von der Musik war ich frustriert und habe als Ersatz dafür Bücher geschrieben, dann wurde ich Professor für Kompetenzentwicklung und Coaching. Später habe ich ein Start-up gegründet, und irgendwann begann die Musik wieder eine zentrale Rolle in meinem Leben zu spielen, ich schrieb Songs, trete auf und verbinde Musik mit meinen fachlichen Vorträgen. Ich weiß auch heute nicht, wie meine berufliche Zukunft genau aussehen wird – hoffentlich bunt. Ein festes Berufsbild ist nicht das, was ich anstrebe. Ich weiß, es würde mich unglücklich machen, wenn ich mich nur noch einem Thema widmete. Und nicht mit allem, was ich tue, muss ich Geld verdienen.

Eine besondere, im positiven Sinn einschneidende Erfahrung gab es unmittelbar, nachdem ich mein Studium beendet hatte. Ich erhielt im Jahr 2003 die Gelegenheit, einen Karrierecoaching-Ansatz zu entwickeln, und dieses Thema, das mich schon seit dem Ende meiner Schulzeit beschäftigt, wurde so zum steten Begleiter meines Berufslebens, zu meinem ganz persönlichen roten Faden. Der Karrierecoaching-Ansatz nennt sich »Die Kompetenzenbilanz«.

1.2 Die Kompetenzenbilanz

Die Kompetenzenbilanz entwickelte ich im Jahr 2003 im Auftrag des Tiroler Zukunftszentrums. Das Zukunftszentrum war eine Einrichtung der Arbeiterkammer Tirol, des Landes Tirol und der Stadt Innsbruck und beschäftigte sich mit Fragen zur Zukunft der Arbeit. Wie werden wir in Zukunft arbeiten? Wie kann man Menschen darin unterstützen, mit dem – damals bereits absehbaren – nicht mehr endenden Wandel umgehen zu können? Um die Jahrtausendwende war die Diskussion um Veränderungen in der Arbeitswelt jedoch noch von einer anderen Qualität als heute. Damals ging es, stark geprägt durch Bücher wie »Der flexible Mensch« des amerikanischen Soziologen Richard Sennett, um die soziologisch geprägte Diskussion, wie die sich durch Globalisierung und Liberalisierung verändernde Welt auf den Menschen auswirkt. Welche Unsicherheiten auf die Menschen zukommen werden. Wie gewordene Strukturen erodieren und das Individuum in einer neuen Welt mehr oder weniger orientierungslos dastünde. Arbeitsplatzsicherheit existiere nicht mehr. Die Gewissheit, einen Beruf von der Ausbildung bis zur Rente ausüben zu können, begann zu bröckeln. Der Begriff der »Patchwork-Identität« etablierte sich, die aus den unterschiedlichsten Flicken zusammengenäht wird, aus vielen beruflichen und privaten Teilen der Identität.

Wie kann der Mensch darin gestärkt werden, sich in einer unübersichtlich gewordenen Welt zurechtzufinden? Wie kann man Menschen darin unterstützen, die Kompetenz zu entwickeln, die eigene Biografie in die Zukunft fortschreiben zu können? Wie kann man hierfür Maßnahmen finden, die das Individuum zu stärken helfen? Dies waren Fragen, die damals an den Lehrstuhl für Organisations- und Wirtschaftspsychologie der LMU München adressiert wurden. Und da ich gerade meine Diplomarbeit zum Thema Kompetenzen geschrieben hatte, übertrug man mir die Aufgabe, in sehr kurzer Zeit das zu entwickeln, was seitdem die Kompetenzenbilanz ist und zu besagtem roten Faden in meiner beruflichen Entwicklung geworden ist.

Die Kompetenzenbilanz ist ein Coaching-Prozess. Dieser Prozess folgt einer klaren Struktur und orientiert sich an den drei Fragen, die ich schon erwähnt habe: Wer bin ich? Was kann ich? Was will ich?

Wer bin ich?

Zunächst reflektiert man in der Kompetenzenbilanz über die eigene Biografie und erarbeitet zentrale Werte daraus: Wie bin ich eigentlich die Person geworden, die ich heute bin? Welche Werte haben mich dabei begleitet? Warum habe ich welche Entscheidungen getroffen? Welche Muster und roten Fäden ergeben sich, wenn ich über meine Biografie nachdenke?

Was kann ich?

Hier geht es darum, die Lupe auf unterschiedliche Situationen aus Beruf und Privatleben zu setzen und zu analysieren, was ich genau gemacht habe in den jeweiligen Situationen, an unterschiedlichen Stationen. Was habe ich in Ausbildung oder Studium gelernt? Was habe ich bei meinem ersten Job gelernt? Was mache ich eigentlich, wenn ich am Rechner sitze? Sehr viele Menschen sitzen ja die meiste Zeit des Tages am Rechner oder in Meetings. Machen sie alle dasselbe? Sicher nicht. Aber was genau machen sie, während sie da vor dem Bildschirm oder in einem Meeting sitzen? Was genau macht man, wenn man sich mit berufsfernen Dingen beschäftigt? Mit einem Hobby, das die große Leidenschaft ist, zum Beispiel? Oder was macht man, wenn man mit den Kindern spielt? Oder auf Reisen ist? Oder ein Elternteil pflegt? All die Dinge, die man im Alltag tut, sind Lern- und Entwicklungsfelder. Aber man lernt diese Dinge nebenbei und denkt nicht darüber nach, was man da lernt und was man deshalb kann.

Wir fassen dieses Können als Kompetenzen zusammen, man kann auch sagen Stärken. Es geht an diesem Punkt außerdem darum zu lernen, die eigenen Stärken stimmig und authentisch argumentieren zu können. Welche Worte finde ich dafür? Welche Begriffe fühlen sich stimmig an für mich? Wie kann ich diese Stärken auch anderen gegenüber erklären? Wie kann ich eine Sprache für das finden, was ich kann?

Was will ich?