Ein Drama in den Lüften - Jules Verne - E-Book + Hörbuch

Ein Drama in den Lüften Hörbuch

Jules Verne.

4,8

Beschreibung

"Ein Drama in den Lüften" ist eine Kurzgeschichte des französischen Autors Jules Verne. Sie erschien im August 1851 unter dem französischen Titel "La science en famille. Un voyage en ballon. (Réponse à l’énigme de juillet.)" und war 1874 in leicht überarbeiteter Form unter dem Titel "Un drame dans les airs" Bestandteil der Erzählungsbandes "Eine Idee des Dr. Ox" ("Le Docteur Ox"). Die Geschichte enthält zahlreiche Motive, die Jules Verne in seinem ersten Roman "Fünf Wochen im Ballon" wieder aufgriff.

Das Hörbuch können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS

Zeit:1 Std. 0 min

Sprecher:Hubertus Gertzen

Bewertungen
4,8 (32 Bewertungen)
26
4
2
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Ein Drama in den Lüften

Im Monat September des Jahres 185. kam ich in Frankfurt a. M. an, nachdem ich die Hauptstädte Deutschlands durchreist und verschiedene brillant gelungene Ballonfahrten ausgeführt hatte; bis jetzt aber war kein Bewohner des Bundesstaats geneigt gewesen, mich in meiner Gondel zu begleiten. Selbst die von den Herren Green, Eugène, Godard und Poitevin in Paris angestellten Versuche konnten die ernsten Deutschen nicht dazu bestimmen, sich auf die Bahnen der Luft zu wagen.

In Frankfurt hatte sich jedoch kaum die Nachricht von meiner bevorstehenden Auffahrt verbreitet, als drei der Honoratioren bei mir vorsprachen und um Erlaubniß baten, mich begleiten zu dürfen. Zwei Tage später sollten wir von dem Theaterplatz aus emporsteigen; ich mußte mich also sofort damit beschäftigen, die Vorbereitungen dazu zu treffen. Mein Ballon war aus Seidenzeug gefertigt, das mit Gutta-Percha präparirt und somit gegen Säuren und Gas unempfindlich und total wasserdicht gemacht worden war; sein Umfang von 3000 Kubikmetern gestattete ihm, sich bis zu beträchtlicher Hohe zu erheben.

An dem Tage unserer Auffahrt war durch die große Septembermesse viel Volks in Frankfurt versammelt. Das Leuchtgas war mir in vorzüglicher Qualität und mit großer aufsteigender Kraft geliefertworden, und gegen elf Uhr Morgens hatte ich den Ballon gefüllt; natürlich nur zu drei Vierteln, da dies eine durchaus notwendige Vorsichtsmaßregel ist. In dem Maße, wie man steigt, nimmt nämlich die Dichtigkeit der atmosphärischen Luftschichten ab, und so könnte das unter der Hülle des Luftschiffes eingeschlossene Fluidum die Wände des Ballons sprengen, wenn es an Elasticität gewinnt. Meine Berechnungen hatten genau die Gasmenge bestimmt, die nothwendig war, um mich und meine Reisegefährten davon zu tragen.

Wir sollten um zwölf Uhr aufbrechen, und es gewährte einen prächtigen Anblick, wie die ungeduldige Menge sich an die Einfriedigungen, die um den Ballon gezogen waren, drängte, den ganzen Platz überschwemmte, sich in den umliegenden Straßen aufhielt und die Fenster sämmtlicher Häuser, die auf den Platz hinaus gingen, vom Erdgeschoß bis zum Dachboden besetzte. Der starke Wind der letzten Tage hatte sich gelegt, und eine drückende, wolkenlose Hitze herrschte in der Atmosphäre; nicht ein Hauch belebte die Luft. Bei solchem Wetter konnten wir an derselben Stelle wieder herabkommen, von der sich unser Ballon erhoben hatte.

Ich nahm dreihundert Pfund Ballast, in Säcke vertheilt, mit mir. Die ganz runde Gondel hatte vier Fuß im Durchmesser, drei Fuß Tiefe, und war bequem eingerichtet. Das Hanfnetz, von dem sie getragen wurde, dehnte sich symmetrisch über die obere Hemisphäre des Luftschiffes aus; der Compaß war an seinem Platz, das Barometer hing in dem Kreise, in welchem die Tragetaue zusammenliefen, und der Anker wurde sorgfältig in Bereitschaft gehalten. Alles war zum Aufbruch fertig.

Unter den Personen, die um die Barriere standen, bemerkte ich einen jungen Mann mit blassem Antlitz und aufgeregten Zügen; es fiel mir auf, daß ich ihn hier sah, weil er schon bei meinen übrigen Luftfahrten in mehreren Städten Deutschlands ein sehr eifriger Zuschauer gewesen war. Er betrachtete mit einer gewissen unruhigen Gier meine interessante Maschine, die noch unbeweglich einige Fuß über dem Erdboden schwebte, und verhielt sich unter all seinen Nachbarn vollkommen schweigend.

Es schlug zwölf Uhr, und somit war der Augenblick zum Aufsteigen gekommen; meine Reisegefährten aber ließen sich nicht sehen.

Ich sandte nach der Wohnung eines Jeden und erfuhr, daß der Eine nach Wien, der Andere nach Hamburg und der Dritte nach London abgereist sei. Der Muth hatte sie also noch im letzten Augenblick verlassen, und doch war diese Excursion, Dank den Fortschritten, die die heutige Luftschifffahrt gemacht hat, vollständig gefahrlos. Da die Herren sich gesagt haben mochten, daß sie einen Theil des Festprogramms bildeten, war ihnen der angstvolle Gedanke gekommen, sie könnten gezwungen werden, wozu sie sich freiwillig erboten hatten, und so waren sie in demselben Moment, wo der Vorhang aufging, von dem Schauplatze geflohen. Ihr Muth stand augenscheinlich im umgekehrten Verhältniß zu dem Quadrat ihrer Geschwindigkeit ... sich aus dem Staube zu machen.

Die halb getäuschte Menge ließ Unmuth und üble Laune merken; ich selbst war keinen Augenblick darüber unschlüssig, daß ich nun allein aufbrechen wollte. Um das Gleichgewicht zwischen der specifischen Schwere des Ballons und dem Gewicht, das befördert