Ein Job mit Trinkgeld - Lisa Hölzle - E-Book

Ein Job mit Trinkgeld E-Book

Lisa Hölzle

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Beschreibung

Als das neue italienische Restaurant im Bürgerhaus eröffnet, scheint es ein voller Erfolg zu werden. Das Essen ist ausgezeichnet, die Preise stimmen und der Inhaber kümmert sich aufmerksam um seine Gäste. Doch bald gibt es Schwierigkeiten, denn irgendetwas stimmt nicht mit den Getränken. Hat der Chorverein, der für seine Proben die Getränke vom Restaurant beziehen muss, etwas damit zu tun?

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Lisa Hölzle

Ein Job mit Trinkgeld

Inhaltsverzeichnis

Teil 1: Die Gäste

Teil 2: Der Restaurantbesitzer

Teil 3: Die Aushilfe

Teil 4: Der Kellner

Teil 5: Das Tartufo

Impressum

Teil 1: Die Gäste

Das Restaurant im Bürgerhaus der kleinen Stadt hatte nun schon einige Jahre leer gestanden. Lange Zeit war es von einem älteren Herrn betrieben worden, welcher aber nun schon lange im Ruhestand war. Danach hatte es immer wiedermal wechselnde Besitzer gehabt, doch keiner konnte sich gut etablieren. Die Qualität ließ meistens zu wünschen übrig und oft hatten die Pächter auch nicht viel Ahnung vom Betrieb eines Bürgerhauses. Die meisten gaben bald wieder auf und suchten sich kleinere Lokale oder Kneipen in der Altstadt. Dabei war die Lage des Restaurants sehr gut. Das Bürgerhaus befand sich nämlich in einem Vorort der kleinen Stadt. Hier fand man immer einen guten Parkplatz. Es lag auch am Rand eines kleinen Parks. Dort war auch ein Biergarten, der sich zum Park hin befand und von einem alten Baumbestand gesäumt wurde. Leider war das Innere des Restaurants eher karg eingerichtet gewesen und hatte eine kalte und abweisende Atmosphäre. Katja erinnerte sich nur noch daran, dass der siebzigste Geburtstag ihrer Oma Frida dort gefeiert worden war. Sehr gemütlich war es nicht gewesen und das Essen hatte die meisten Gäste auch nicht wirklich überzeugt. Die jeweiligen Pächter hatten anscheinend auch nicht viel Freude an ihrer Tätigkeit gehabt. Das war natürlich schade, denn der Ort hatte tatsächlich Potential. Katja hatte oft im Scherz zu ihrer Freundin gesagt, dass sie sich vorstellen könnte, in den Restauranträumen ein gemütliches Café einzurichten. Aber das wäre natürlich nicht möglich gewesen, denn die Gemeinde wünschte sich ein richtiges Restaurant, da bei Vereinsfesten der Pächter auch die Bewirtung übernehmen sollte.

Da das Restaurant schon bald nach Oma Fridas Geburtstag wieder geschlossen wurde und einen neuen Pächter erwartete, hatte man die folgenden Geburtstage der Familie in einem Lokal im Nachbarort gefeiert. Das war sehr gemütlich und hatte erschwingliche Preise, der Service war gut, also wurde es das neue Stammlokal für Familienanlässe aller Art. Wie es aber so oft der Fall ist, waren die Betreiber dort aber auch schon nahe am Rentenalter. Sie hatten sich dann irgendwann entschlossen, endgültig in den Ruhestand zu wechseln. Nun stand aber der neunzigste Geburtstag von Oma Frida an und damit auch die Frage, wo dieser gefeiert werden sollte.

„Tante Susanne kann auch nicht mehr so gut laufen“, meinte Katjas Mutter, als Oma Frida das Thema wieder einmal ansprach. „Da wäre es gut, wenn wir ein Restaurant finden, welches Parkplätze nah beim Eingang hat.“

„Gehen wir doch in das Laternenhäuschen“, schlug Katjas Cousin Patrick vor, der gerade auch anwesend war.

„Die haben aber samstags geschlossen“, entgegnete Katja.

„Vielleicht machen sie eine Ausnahme. Wir sind schließlich eine größere Gesellschaft“, sagte ihre Mutter. „Ich kann mal anrufen und fragen.“

„Vielleicht hat ja das Bürgerhaus bis dahin geöffnet“, fiel Katja ein. „Miriam hat mir erzählt, dass sich jemand dafür interessiert. Angeblich ein Italiener, aber es gibt auch Gerüchte, dass es ein Grieche ist.“

„Wer weiß, ob das stimmt“, wandte Patrick ein. „Weißt du noch, als überall erzählt wurde, dass da eine Shisha-Bar aufgemacht werden sollte ...“

Katja lachte. „Ja, und Frau Hundertmüller hat gedacht, das hätte etwas mit Haschisch zu tun und hat sich furchtbar aufgeregt.“

Oma Frida schaute etwas unglücklich drein und zupfte an dem Saum ihres blauen Hemdes. „Mir hat es da nie so gefallen…“, entgegnete sie. Es war ihr sichtlich anzusehen, dass sie mit dem Vorschlag, ins Bürgerhaus zu gehen, nicht sehr glücklich war.

„Das waren doch ganz andere Besitzer. Ich werde Miriam bitten, mich auf dem Laufenden zu halten und wenn das Restaurant öffnet, können wir es uns mal anschauen. Dann kannst du immer noch entscheiden ob wir die Feier dort machen.“

Frida antwortete nicht darauf, schien aber immer noch nicht ganz überzeugt zu sein. Sie hatte ihre besonderen Vorstellungen, wie ihr Geburtstag ablaufen sollte. Dazu gehörte auch ein schönes, gemütliches Essen in einem schönen Raum mit einer aufmerksamen Bedienung. Ihr siebzigster Geburtstag im Bürgerhaus war nicht so berauschend gewesen. Ständig hatte man die Getränke zweimal bestellen müssen, weil sie vergessen wurden, das Essen war kalt und die Bedienung hatte schlechte Laune gehabt und machte auch keine Anstrengung dies zu verbergen. Es war zwar schon zwanzig Jahre her, aber so etwas konnte sich Frida gut merken. Sie vergaß höchstens ihre Arzttermine. Da aber der Herr Doktor mittlerweile Hausbesuche machte, war dies nicht so schlimm.

„Miriam hat mir aber auch angeboten mit einem Bekannten von Torsten zusprechen. Der hat einen Brathähnchenstand. Den kann man mieten. Er stellt sich dann in den Hof, wir machen Kartoffelsalat und jeder kann sich ein Brathähnchen-…“

„Wir werden uns das Restaurant erstmal anschauen“, wurde Katja von ihrer Oma schnell unterbrochen. Der Gedanke an ihrem neunzigsten Geburtstag ihre Gäste zu einem Brathähnchenstand zu schicken, gefiel ihr nämlich überhaupt nicht. Da wäre selbst ein schlechtes Restaurant besser.

***

Einige Wochen später rief Miriam Katja an und berichtete, dass das Restaurant im nächsten Monat eröffnen würde.

„Dann war das doch kein Gerücht“, meinte Katja erfreut. „Welche Art von Restaurant wird es denn werden?“

„Soweit ich weiß, werden sie italienische und deutsche Küche anbieten. Es soll wohl auch etwas nobler sein, also keine einfache Pizzeria.“

„Das hört sich doch gar nicht schlecht an.“ Katja lächelte und fühlte sich schon etwas erleichtert. „Ich hoffe wirklich, dass es meiner Oma dort gefällt. Das wäre für uns die bequemste Lösung.“

„Weißt du was? Ich schulde dir doch immer noch eine Einladung zu meinem Geburtstag. Was hältst du davon, wenn wir in das Restaurant gehen und es uns mal anschauen. Und deine Oma kommt auch mit, da kann sie es sich gleich anschauen und gegebenenfalls auch schon wegen der Reservierung fragen.“

„Das ist eine richtig gute Idee. Aber dann bekommst du noch eine Kleinigkeit für die Einladung.“

„Ach was. Du hast mir doch schon was geschenkt und außerdem ist es auch nicht ganz uneigennützig. Ich würde da nämlich auch gerne hingehen und alleine ist das immer etwas doof.“

„Okay, dann lade ich dich aber auch noch mal ein. Und schon mal vielen Dank auch im Namen von meiner Oma“, lächelte Katja.

„Schon gut“, winkte Miriam ab. „Ich hoffe, es gefällt ihr.“

Katja war froh, dass sich die Angelegenheit „Bürgerhaus“ so gut erledigt hatte. Jetzt musste es nur noch Oma gefallen und alles war in Ordnung.

***

Wenn Katja zur Arbeit fuhr, kam sie immer an dem Bürgerhaus vorbei. Sie arbeitete in einem kleinen Bekleidungsgeschäft, welches sich in der alten Fußgängerzone befand. Auf ihrem Weg konnte sie die letzten Wochen immer wieder beobachten, wie die Fahrzeuge eines Malerbetriebes vor dem Restaurant standen. Schließlich fiel ihr auch ein LKW auf, von dem einige Männer große verpackte Gegenstände abluden, welche sehr nach Tischen und Stühlen aussahen. Kurz Zeit später wurde auch ein neues Schild mit dem Schriftzug „Ristorante Tartufo“ angebracht.

„Es scheint sich etwas zu machen“, dachte Katja und freute sich schon auf den ersten Besuch.

Schließlich steckte auch ein Flyer in ihrem Briefkasten, der mitteilte, dass das Restaurant am 1. Juni seine Eröffnung feierte.

„Was ist denn ein Tat-Ufo? Ist das irgendetwas Neumodisches mit Weltraum oder so?“, fragte Oma Frida ihre Enkelin etwas skeptisch und beäugte den Flyer, während sie ihre Lesebrille aufsetzte.

„Das heißt Tartufo. Italienisch für Kartoffel. Aber es gibt auch eine italienische Nachspeise, welche so heißt, weil sie ein klein wenig an eine Kartoffel erinnert.“ Katja holte ihr Smartphone aus der Tasche und suchte ein Bild, damit Oma Frida sah, was damit gemeint war. „Schau mal, so sieht das aus.“

Frida warf aber nur einen flüchtigen Blick auf das Bild und war schon wieder bei der äußerst kritischen Inspektion der Speisekarte. „Was bestelle ich denn da?“, fragte sie, während sie ausführlich die Karte studierte.

„Wir gehen doch erst nächste Woche hin“, meinte Katja. „Das hast du doch noch genug Zeit.“

Oma Frida fiel die Entscheidung bei Restaurantbesuchen immer schwer. „Meinst du die Pizza ist hart?“, fragte sie ihre Enkelin.

„Das weiß ich nicht.“

„Ob man zu der Schweinelende auch Pommes statt Kartoffeln bekommen kann?“

Katja schüttelte den Kopf. „Das weiß ich nicht. Das werden wir aber sehen. Ich kann dir da nicht helfen. Schließlich bin ich nicht der Kellner.“

***

Miriam hatte vorgeschlagen, erst die Woche nach der Eröffnung zu gehen, weil sie starken Besucherbetrieb erwartete. „Bei Eröffnungen ist erfahrungsgemäß immer viel Betrieb“, meinte sie. „Und es würde auch besser in meine Zeitplanung passen.“

An dem ausgemachten Tag kam sie mit ihrem Auto vorbei und holte Katja und ihre Oma ab.

„Vielen Dank für die Einladung, Miriam“, bedankte sich Oma Frida bei ihr. „Was meinst du, ob die Pizza hart ist?“

„Das werden wir in Kürze sehen“, lachte Miriam, die von Katja schon erfahren hatte, dass Frida sich mit der Auswahl ihres Essens ein wenig überfordert fühlte. „Aber ich habe schon mit den Maiers gesprochen. Die waren letzte Woche dort und sind völlig begeistert.“

Sie hatten das Bürgerhaus erreicht und Miriam parkte ihr Auto dicht vor dem Lokal. So hatte Oma Frida keinen weiten Weg ins Restaurant. „Die Parkplatzsituation ist hier schon sehr gut für eure Feier“, meinte sie. „Da hat man es nicht so weit zum Lokal, es ist alles schön eben und gut zu laufen.“

„Ja. Das gefällt mir schon. Hoffentlich ist es auch innen schön“, meinte Oma Frida leicht aufgeregt. „Ach, ich wäre erleichtert, wenn das alles klappen würde.“

„Gleich wirst du es wissen“, meinte Katja. „Aber von außen sieht es doch schon sehr hübsch aus.“

Vor dem Lokal standen jetzt auch ein paar Tische und Stühle. Dieser kleine Außenbereich war außerdem mit einigen hübsch begrünten Pflanzkübeln abgegrenzt. Er wirkte sehr einladend.

„Gibt es den Biergarten nicht mehr?“, fragte Frida sichtlich nervös.

„Doch. Der ist noch da. Aber es ist doch auch schön, dass es jetzt auch hier vorne Sitzgelegenheiten gibt“, entgegnete Miriam. „Wir können bei dem schönen Wetter auch gleich hierbleiben?“, sagte sie dann und warf einen etwas sehnsüchtigen Blick auf einen Platz in der Sonne.

„Ich würde ja gerne sehen, wie es innen ist“, meinte Frida und versuchte durch das Fenster einen Blick nach drinnen zu erhaschen. „Außerdem kann ich mich dann überzeugen, ob es den Biergarten wirklich noch gibt.“

Anscheinend war es Frida wichtig, dass der Biergarten benutzt werden konnte, wenn auch das Geburtstagsmenü höchstwahrscheinlich innen serviert wurde.

„Dann schauen wir drinnen rein und können uns dann draußen hinsetzen“, entschied Miriam. „Vorausgesetzt es passt euch so. Wir können aber auch drinnen bleiben.“ Es war ihr aber anzumerken, dass sie sich nach etwas Sonne sehnte.

„Nein, ich sitze gerne draußen“, meinte Frida und eilte schon zur Tür. Es war offensichtlich, dass sie vor Neugierde fast platzte. Und obwohl sie öfters etwas wackelig auf den Beinen war, konnte sie in solchen Situationen ein gutes Tempo an den Tag legen.

„Warte doch, ich helfe dir“, rief ihre Enkelin und eilte ihr nach.

Es war schon mehrere Jahre her, dass Katja hier drinnen gewesen war. Die Räume waren kaum noch wiederzuerkennen. Alles war renoviert und neu. Auf der einen Seite konnte man in den Raum für größere Gruppen schauen. Dieser war hell und freundlich, nicht mehr der dunkle Raum, denn Katja noch schwach in Erinnerung hatte. Von dort aus gelangte man auch in den Biergarten, der in Richtung Park lag. Auf der anderen Seite war die eigentliche Gaststätte. Die neue Bestuhlung hatte eine moderne Eleganz und die Wände waren in einem zarten Cremeton gestrichen und wurden von schönen Bildern verziert, welche verschiedene italienische Landschaften zeigten. Leise hörte man auch italienische Musik in Hintergrund.

„Fast ein kleiner Kurzurlaub“, meinte Katja lächelnd.

Hinter der Theke stand ein Mann mittleren Alters, der nachvorne kam, als er die ankommenden Gäste sah.

„Herzlich Willkommen, die Damen!“, rief er strahlend mit einem leichten Akzent. Es klang für Katja nicht nach italienischer Klangfärbung. Es hätte vielleicht ein griechischer Akzent sein können, sie kannte sich aber nicht gut genug aus um dies wirklich zu erkennen und es war ja auch eigentlich egal.

„Guten Tag“, grüßte Miriam. „Wir möchten gerne zu Mittag essen. Können wir auch draußen sitzen?“

„Aber natürlich! Drinnen, draußen vor dem Lokal, hinter dem Lokal, ich habe viel Auswahl an Plätzen…“ Er lachte herzlich. „Aber wählen müsst ihr, das kann ich euch nicht abnehmen“, fügte er immer noch lachend hinzu.

„Dann draußen, vor dem Lokal, oder?“, wandte sich Miriam hoffnungsvoll an Katja und ihre Oma.

Diese hätte am liebsten sofort über ihre Feier gesprochen, aber Katja schob sie sanft nach draußen. „Das andere machen wir noch“, sagte sie leise zu ihrer Oma. „Das läuft dir schon nicht weg.“

„Hier vorne ist es sonniger, als hinter dem Lokal im Biergarten. Die hohen Bäume machen es mittags etwas kühl dort“, meinte Miriam.

„Hier hat man auch gute Sicht zur Straße“, sagte Oma Frida. Sie legte immer schon Wert darauf, alles mitzukriegen, was um sie herum geschah.

Sie fanden einen schönen Platz, mit gerade so viel Sonne, dass es nicht zu heiß wurde. Kaum hatten sie sich hingesetzt, kam auch schon der Kellner mit den Karten.

„Sie haben es hier richtig schön“, meinte Oma Frida. „Wir werden öfters kommen.“

„Gerne!“, lachte der Kellner. „Das haben mir schon viele Gäste gesagt. Und das freut mich. Nicht nur wegen der Geschäfte. Ich sage immer, wenn man ein Restaurant hat, dann hat man das in erster Linie, um andere glücklich zu machen. Damit die Leute sich entspannen können. Geldverdienen ist dann erst zweitrangig.“

Katja schloss daraus, dass es sich um den Besitzer selbst handelte. „Ein netter Kerl“, dachte sie. „Hoffentlich läuft das Restaurant auch.“

Das ständige Wechseln der Lokalbetreiber nervte inzwischen auch die Vereine der kleinen Stadt, die hier im Bürgerhaus ihre Versammlungen und Feste abhielten. Der örtliche Tennis-Club nutzte das Bürgerhaus schon seit einiger Zeit nicht mehr, sie hatten ein eigenes Clubhaus gebaut. Das war nicht so schwierig bei den relativ hohen Beiträgen, die von den Mitgliedern gezahlt wurden. Aber alle anderen Vereine brauchten die Räume und freuten sich auch über die Bewirtschaftung. Miriam hatte erzählt, dass der einzige Nachteil für die Vereine war, dass nicht nur die Speisen, sondern auch die Getränke neuerdings über das Restaurant bezogen werden mussten. Bisher lieferte die Gastwirtschaft das Essen und die Getränke durften selbst besorgt werden, was preislich viel günstiger war. Zu diesen Bedingungen hatte man aber keinen Pächter gefunden. Das war auch verständlich, denn Restaurants hatten ohnehin schwere Zeiten, da sollte man ihnen nicht den Getränkeverdienst abnehmen.

Katja wurde aus ihren Gedanken aufgeschreckt, denn der Wirt hielt ihr jetzt die Speisekarte hin. Es waren sehr edle Speisekarten, in helles Leinen gebunden. Katja fragte sich, ob das nicht zu empfindlich war. Sicher verschmutzte der Stoff sehr schnell. Die meisten Lokale verwendeten robuste Kunstleder-Einbände für ihre Karten.

Oma Frida nahm die Karte lächelnd entgegen. „Ich muss noch meine Brille aufsetzen“, erklärte sie dem Wirt. „Mit den Augen ist es nicht mehr so gut bei mir. Ich werde schließlich schon neunzig Jahre alt.“

„Oh, was für ein hohes Alter du hast. Und du siehst noch gut aus! Sicher hast du ein geheimes Rezept. Kannst du das verraten?“

Davon war Frida außerordentlich geschmeichelt. „Ich lebe sehr gesund“, lächelte sie.

„Du isst viel Gemüse?“, hakte der Wirt nach.

Oma Frida schüttelte den Kopf. „Nein. Jeden Tag gibt es am Nachmittag Kuchen.“

Jetzt schaute der Wirt etwas verwirrt drein. Dann lachte er aber. „Ja, besonderer Kuchen. Das geheime Rezept. Wie machst du das?“

„Da ist nichts geheim“, erklärte Frida. „Den kaufe ich beim Bäcker Lüders.“

Inzwischen waren neue Gäste gekommen, die aber sofort zielstrebig ins Restaurant gingen. Der Wirt zückte schnell einen Block und einen Stift. „Was möchtet ihr trinken?“

Jeder nannte seinen Getränkewunsch, der Wirt notierte und verschwand dann hastig im Restaurant.

„Der ist aber nett“, meinte Oma Frida. „Ich frage mich, ob er von hier ist?“ Das waren die Sachen die sie interessierten. Wo jemand her kam, ob man verheiratet war und Kinder hatte und was man beruflich machte. Nun, letzteres wusste sie schon. Nun galt es die anderen Dinge in Erfahrung zu bekommen.

Als der Wirt mit den Getränken kam, nutzte Oma Frida die Gelegenheit. „Sind Sie von hier?“, stellte sie eine ihrer Lieblingsfragen.

Katja seufzte leise. Sie fand, dass ihre Oma immer etwas direkt mit ihren Fragen war. Und da sie in letzter Zeit auch immer schlechter hörte, musste Katja ihr die Information später nochmals genau erklären.

„Nein“, sagte der Wirt. „Ich komme aus Frankfurt. Aber ein Restaurant in Frankfurt ist einfach nicht bezahlbar. Die Mieten sind da so hoch, das glaubt man nicht. Mit meiner Wohnung hatte ich Glück. Die geht vom Preis, aber sowas würde man heute auch nicht mehr bekommen.“

„Sind Sie verheiratet?“, ging Fridas Interview weiter.

„Nein“, schüttelte der Besitzer den Kopf und lachte dann. „Geht doch gar nicht. Habe ich doch gar keine Zeit. Ich muss doch hier sein und dir leckeres Essen kochen! Wisst ihr schon was ihr bestellen wollt?“

„Ist die Pizza hart?“, fragte Oma Frida.

„Denkst du, ich backe dir harte Pizza?“, fragte der Wirt gespielt entsetzt. „Nein, nein, die Pizza ist ganz weich und ganz lecker. Extra nur für dich!“

Frida kicherte. Ihr gefiel es, dass der Wirt ihr so viel Aufmerksamkeit schenkte. Auch wenn sie nicht alles verstanden hatte.

---ENDE DER LESEPROBE---