2,99 €
Eigentlich hatte sich Mara nur zu dem Nordseeurlaub überreden lassen, weil sie entspannen und ihren Ex-Freund vergessen wollte. Doch dann begegnet sie ihrem netten Postboten im Urlaub, der sie anscheinend auch sehr sympathisch findet. Zwischen Wassersport, Haien und ihrem plötzlich auftauchenden Ex wird Mara auf eine Reise zu ihrem Selbstwert geschickt, die nicht nur turbulent, sondern auch recht amüsant ist.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Veröffentlichungsjahr: 2024
Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1 – Eine Menge Zufälle
Kapitel 2 – Turbulentes Reisen
Kapitel 3 – Der Hai im Buddelschiff
Kapitel 4 – Robben, Watt und Paul
Kapitel 5 – Die Kunst des Fliegens
Kapitel 6 – Seemannsknoten und Verwirrungen
Kapitel 7 – Wahrheiten und Neubeginne
Impressum
An manchen Tagen läuft alles anders als erwartet. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen meinen freien Tag gemütlich angehen zu lassen. Etwas länger schlafen, dann ein entspanntes Führstück genießen und schließlich all die aufgeschobenen Dinge erledigen, wie endlich den Schrank im Flur aufzuräumen und den Ersatzknopf an meine Jacke annähen. Am Nachmittag wollte ich dann auch die letzten Folgen meiner Lieblingsserie schauen und vielleicht auch den neuen Roman anfangen, der nun schon seit Wochen unangetastet im Regal stand.
Aber das Leben (oder wer auch immer darüber das Sagen hat) hatte andere Pläne.
Es begann schon am Morgen, als ich extrem verschlief. Wieso hatte ich nicht den Wecker gestellt? Jetzt erwachte ich mit Kopfschmerzen und der Vormittag war schon fast vorbei. Aus dem gemütlichen Frühstück wurde also nichts. Mein Plan alle lästigen Pflichten am Morgen zu erledigen war ebenso geplatzt. Ich zwang mich den Schrank aufzuräumen (auch wenn es nicht ganz so gründlich wurde wie vorgenommen) und beschloss den Knopf beim Fernsehen anzunähen. Dies war keine gute Idee, da ich mich weder auf meine Serie, noch auf meine Handarbeit richtig konzentrieren konnte. Als es dann zu einem überraschenden Plot-Twist kam, rutschte mir der der Knopf aus den Fingern und rollte unter mein Sofa. Da musste er nun erstmal liegen bleiben bis die Folge zu Ende war.
Nach der Serie kam mir der Gedanke, mir ein Bad zu gönnen, um endlich etwas zu entspannen. Der Knopf konnte warten. Eigentlich hätte ich mir denken können, dass dies ebenfalls keine gute Idee war, da heute ja alles unter einen schlechten Stern stand. Und wie bestellt, klingelte es an meiner Wohnungstür, gerade als ich in das warme Schaumbad eingetaucht war. Für einen Moment überlegte ich, ob ich es ignorieren sollte, dann fiel mir aber meine Bestellung ein, auf die ich wartete. Also blieb mir nichts anderes übrig, ich musste wieder aus der Wanne. Hektisch trocknete ich mich ab und wickelte ein Badetuch um mich. Dann lief ich zur Tür.
Es war tatsächlich die Post. Genauer gesagt, es war der freundliche, junge, sehr gutaussehende Postbote, dem ich da im Badetuch die Tür öffnete.
„Oh, ich habe wohl einen schlechten Zeitpunkt erwischt“, bemerkte er.
Mir wurden die Wangen heiß. „Ähm, ich war… in der Dusche... aber das macht nichts…“ Wieso ich Dusche statt Badewanne sagte, weiß ich nicht. Irgendwie war mir der Gedanke unangenehm, dass ich zugab mitten am Tag ein Bad zu nehmen. Aber war es besser zu duschen? Auf der anderen Seite hätte es mir doch egal sein können, schließlich ist es meine Sache wann ich bade, dusche oder sonstige Wasch-Hygiene praktiziere. Ja, eigentlich…
„Dann will ich Sie auch nicht länger aufhalten“, riss mich der Postbote aus meinen Gedanken. Er reichte mir das kleine Kästchen, auf dem man heutzutage unterschreibt. Während ich etwas, was nicht wirklich wie Tamara Farmer aussah, kritzelte, bemerkte ich wie mein Tuch etwas rutschte. So unauffällig wie möglich drückte ich meinen Arm etwas fester an mich, was aber schwieriger wurde, als mir der Postbote das Paket überreichte.
„Dann noch einen schönen Tag“, verabschiedete er sich.
„Danke… für Sie auch…“, stammelte ich und schaffte es noch gerade die Tür zu schließen, bevor sich das Tuch löste und auf den Boden glitt. „Gerade noch mal Glück gehabt“, dachte ich erleichtert.
Das Paket, welches mich in die peinliche Situation gebracht hatte, war nicht meine erwartete Bestellung gewesen. Es war ein verfrühtes Geburtstagsgeschenk von meiner Cousine Tanja. Obwohl ich mich freute, senkte es erstmal meine Stimmung etwas. Am liebsten hätte ich nämlich verdrängt, dass mein Geburtstag bald anrückte. Nein, nicht wegen der Angst, ich könnte mit grauen Haaren oder Falten aufwachen, sondern wegen meinem Freund Paul. Oder besser gesagt, meinem Ex-Freund.
Es ist immer schmerzlich, wenn eine Beziehung in die Brüche geht, aber Paul hatte sich wirklich nicht gut benommen. Vor zwei Jahren hatte er mir einen Verlobungsring an meinem Geburtstag überreicht, um dann im nächsten Jahr am Abend vor meinem Geburtstag mir telefonisch mitzuteilen, dass es aus sei. Er wollte mir den folgenden Tag nicht verderben, daher der späte Anruf. Ja, wirklich sehr taktvoll von ihm… Zwei Wochen später hatte er auch wieder eine neue Freundin. Wobei diese inzwischen auch schon wieder gewechselt wurde.
Etwas trübsinnig saß ich auf den Boden meines Wohnzimmers und verweilte in der tristen Vergangenheit. Dann riss ich mich zusammen. Trübsal blasen hilft schließlich auch nicht weiter! Ich rief zunähst Tanja an, um mich für das Paket zu bedanken. Dabei erzählte ich ihr sogar von meiner peinlichen Situation mit dem Postboten und meiner „Bekleidung“.
„Als Postbote sieht man bestimmt so einiges“, lachte sie. „Eine Freundin von mir hat mir mal erzählt, dass ihre Nachbarin dem Postboten immer im BH die Tür öffnet. Und die Dame hat eine enorme Oberweite.“
„Naja, wenigstens kann Unterwäsche nicht plötzlich rutschen“, entgegnete ich grinsend. „Ich bin nur dankbar, dass mein Tuch gerade noch durchgehalten hat, sonst wäre es echt unangenehm geworden.“
Nach dem Telefonat fühlte ich mich schon wieder viel besser. Jetzt galt es einen schönen Platz für mein Geschenk zu finden. Ich hatte nämlich die Geburtstagsregel gebrochen und das Paket schon aufgemacht. Eine kleine Erheiterung konnte ich jetzt gut gebrauchen und Tanja hatte mit ihrem Geschenk wirklich ins Schwarze geschossen. Es war ein wundervolles Schiffsmodell mit Beleuchtung, welches einfach hinreißend aussah. Ich hatte schon immer eine Vorliebe für das Meer und maritime Dekorationen, daher bekam das schöne Stück auch einen Ehrenplatz auf meiner Kommode im Wohnzimmer.
Danach kochte ich mir einen Tee und machte es mir mit dem Roman auf dem Sofa bequem. Erst am Abend fiel mir ein, dass der Knopf immer noch unter meinem Sofa lag und meine Badewanne mit, mittlerweile völlig kaltem, Wasser gefüllt war.
***
Ich arbeite in einem großen Kaufhaus in der Haushaltswarenabteilung. Seit einigen Monaten bin ich sogar Abteilungsleiterin, da mein Vorgänger in Rente gegangen ist. Auf derselben Etage befindet sich auch die Büro- und Schreibwarenabteilung. Dort arbeitet Nina, mit der ich mich sehr schnell befreundet hatte. Oft haben wir gleichzeitig Pause und verbringen diese entweder in dem gegenüberliegenden Park oder in einem der kleinen Cafés oder Bistros, die es hier gibt. An meinem nächsten Arbeitstag nach meinem „Badetag“, saßen wir in dem netten Café an der Ecke. Ich hatte Nina gerade von meinem „Bade-Erlebnis“ und dem Geschenk meiner Cousine erzählt.
„Das passt ganz gut zu dem, was ich dir vorschlagen wollte“, meinte Nina und nahm einen Schluck Kaffee.
Ich wartete, dass sie weitersprach, aber jetzt biss sie noch in ihr belegtes Brötchen. „Ja?“, hakte ich schließlich nach. Geduld ist nicht wirklich meine Stärke.
Endlich sprach Nina weiter. „Du hast doch auch bald Urlaub, nicht?“
Ich nickte. „Die ersten drei Wochen im Juni.“
„Genau wie ich.“ Nina nahm wieder einen Schluck Kaffee. „Weißt du, ich hatte mir gedacht, dass wir zusammen verreisen könnten. Für zwei Wochen vielleicht. Dir würde etwas Ablenkung gut tun und ich verreise nicht so gerne alleine.“
Nina ist zwar verheiratet, aber Markus war im Auftrag seiner Firma für ein halbes Jahr in China, daher war wohl gemeinsamer Urlaub etwas schwierig.
„Hm… ich weiß nicht…“ Nina hatte mir schon öfter von ihren Reisen erzählt. Sie und Markus waren schon in Australien, Südamerika und in Canada gewesen. Ihre Berichte hatten sich zwar immer sehr interessant angehört, aber zwei Wochen waren mir für solche Ziele etwas zu kurz. Außerdem schienen sie auch recht kostspielig zu sein.
Nina schien meine Gedanken zu erraten. „Keine Angst, ich will nicht mit dir nach Ecuador oder Ägypten“, beruhigte sie mich. „Ich dachte mehr an einen gemütlichen Erholungsurlaub. Zum Beispiel an der Nordsee.“
Nordsee hörte sich schon eher nach meinen jetzigen Urlaubsvorstellungen an.
Nina holte eine Broschüre aus ihrer Tasche. „Schau mal, dass hier sieht doch gut aus.“
Ich las mir die Beschreibung durch. Ja, es sah wirklich sehr nett aus. Es war ein gemütliches kleines Gasthaus mit Halbpension in einem kleinen Städtchen, wo man zwar einiges unternehmen konnte, aber es auch nicht zu überlaufen wirkte. Der Preis war auch völlig in Ordnung.
Nina schaute mich erwartungsvoll an. „Und? Was meinst du?“
„Sieht wirklich gut aus…“, ich zögerte kurz. „Weißt du, ich bin mir aber nicht sicher, ob ich das so richtig genießen kann… Jetzt ist das erste Jahr nachdem Paul…“
„Genau deshalb wäre es gut für dich!“, meine Nina aufmunternd. „Mal was anderes sehen, auf andere Gedanken kommen. Und wer weiß, vielleicht findest du im Urlaub ja auch deinen Traummann!“
„Das glaube ich wohl weniger“, entgegnete ich. Doch die Idee mit dem Urlaub gefiel mir immer mehr. Nein, nicht wegen potenzieller Traummänner, aber es wäre schön wieder mal am Meer zu sein und sich etwas zu entspannen.
„Okay“, sagte ich schließlich. „Du hast mich überzeugt.“
Nina strahlte. „Ich bin mir sicher, dass dies ein besonderer Urlaub werden wird!“ Wahrscheinlich spielte sie auf die Traummänner an. Ich glaubte zwar nicht, dass ich da oben etwas „fangen“ würde, aber ich sah die Reise auch nicht als „Freund-Angel-Urlaub“, sondern als harmlose Entspannung an.
***
In den nächsten Wochen bereitete ich mir schon mal alles für die Reise vor. Auf besondere Kleidung und Ausrüstung war nicht zu achten, da wir weder irgendwelche rasanten Sportarten machen wollten, noch war das Klima dort zu exotisch. Ich packte aber sicherheitshalber eine Regenjacke ein und festes Schuhwerk.
Da keiner von uns Lust hatte die Strecke mit dem Auto zu fahren, beschlossen wir ein Bahnticket zu kaufen.
„Aber wir fahren erste Klasse“, entschied Nina. „Wenn schon Urlaub, dann von Anfang an!“ Dem konnte ich nur zustimmen.
Als ich Tanja anrief, um ihr zu sagen, dass ich an meinem Geburtstag nicht zuhause war, fand sie dies auch gut. „Das war eine gute Idee von deiner Freundin. Ein Urlaub bringt dich auf andere Gedanken und Entspannung hat noch nie jemand geschadet. Ich hatte tatsächlich auch schon überlegt, dir eine Radreise mit mir vorzuschlagen, aber die können wir ja vielleicht nächstes Jahr machen.“ Tanja hatte vor einem Jahr aus geschäftlichen Gründen eine Radreise gemacht und war nun ein richtiger Fahrrad-Fan geworden. Allerdings hatte ich das Gefühl, dass dies stark mit Michael, ihrem Freund, zu tun hatte, da dieser solche Reisen veranstaltete. Ich war mir nicht so sicher, ob ich sportlich genug für eine solche Reise war.
Tanja schien meine Gedanken gelesen zu haben, denn sie versicherte mir, dass die Reisen von Peschner für alle Altersstufen und Konditionen geeignet waren. „Ich bin auch nicht so sportlich… wenn ich nur an meine erste Yoga Stunde denke“, lachte sie. „Die Reisen sind meist sehr gemütlich und man lernt neue Leute kennen. Es sind auch immer wieder Singles dabei.“
Aha! Das war also des Pudels Kern, wie unser Dichterfürst Goethe sagen würde. Auch Tanja war es anscheinend ein Anliegen mein Liebesleben etwas anzukurbeln.
„Ich fahre nicht in Urlaub, um einen Freund zu finden, sondern zur Erholung“, stellte ich den Sachverhalt richtig.
„Es lohnt sich aber mal die Augen offen zu halten“, kam es von Tanja. „Manchmal entstehen Zufälle und Gegebenheiten, an die würde man selber nie denken.“
Ich bedankte mich für den Ratschlag, glaubte aber innerlich, dass es bei meiner Nordseereise wohl kaum irgendwelche besonderen Zufälle geben würde.
In diesem Moment klingelte es an der Tür. Ich beendete das Telefonat und eilte in den Flur. Es war wieder der Postbote, der mir auch schon das letzte Mal mein Paket gebracht hatte und mich in meinem selbstgemachten „Badetuch-Kleid“ gesehen hatte. Zum Glück war ich jetzt richtig angezogen.
„Ich habe wieder ein Paket für Sie“, begrüßte er mich strahlend. Tatsächlich hatte ich ihn, seitdem er hier arbeitete, noch nie mit schlechter Laune gesehen. Dabei muss er jeden Tag schwere Pakete die Treppen herauftragen.
„Vielen Dank für das Hochbringen. Das ist sehr nett von Ihnen.“ Unser alter Postbote hatte immer unten an der Haustür sturmgeklingelt und sich dann beschwert, wenn man zulange brauchte, um die Treppen herunterzukommen.
Unser „neuer“ Postbote strahlte mich weiter an. „Das mache ich gerne. Damit spare ich mir das Geld fürs Fitnessstudio!“, lachte er.
Ob er das ernst meinte, weiß ich nicht. Er sah jedenfalls recht fit aus. Ob das nur vom Pakete tragen kam? Das könnte eine neue Mode-Fitness-Methode werden: Paket Handling, Der neue Fitnesstrend! Nehmen Sie ihrem Postboten die Pakete ab und tragen Sie sie selber aus. Sie werden staunen und ihr Postbote wird sich freuen!
Während ich meine Gedanken über „Post-Sport“ hatte, reichte mir der Postbote wieder das kleine Gerät zum Unterschreiben. „Und hier ist Ihr Paket.“
Ich warf einen Blick auf den Absender. „Ah gut, das ist meine Bestellung. Dann muss ich mir keine Sorgen machen… Ich fahre nämlich bald in Urlaub.“
„Ah, tatsächlich?“, fragte der Postbote begeistert. „Ich auch! Dann wünsche ich Ihnen einen erholsamen Urlaub. Über die Post müssen Sie sich keine Gedanken machen“, fügte er dann noch hinzu. „Wenn wir niemanden erreichen, geben wir die Pakete bei einem Nachbar ab.