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Russischer Bürgerkrieg, 1919. Hinter den Soldaten liegt ein harter Winter. Bevor die Kampfhandlungen mit dem beginnenden Frühling wieder einsetzen, sind ihnen ein paar Tage voller Ruhe und Freiheit vergönnt. Ein abgeschiedener See, den sie zu ihrem ganz persönlichen Geheimnis machen, die Gespräche beim Würfelspiel, ein Notizbuch, in dem sich der Zauber dieser Tage über alle Zeiten hinweg festhalten lässt – es sind die kleinen Dinge, die sie die Schrecken des Krieges vergessen lassen. Auf engstem Raum spinnt Hubert Mingarelli eine berührende Geschichte um den unbezahlbaren Wert der Freundschaft in dunklen Zeiten und die Schönheit des Lebens allem zum Trotz.
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Seitenzahl: 137
Veröffentlichungsjahr: 2021
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HUBERT MINGARELLI
EIN
NOTIZBUCH
ROMAN
Aus dem Französischen von Elmar Tannert
ars vivendi
Die Originalausgabe erschien erstmals 2003 unter dem Titel Quatre soldats bei Éditions du Seuil.
© Éditions du Seuil, 2003
Dieses Buch erscheint im Rahmen des Förderprogramms des französischen Außenministeriums, vertreten durch die Kulturabteilung der französischen Botschaft in Berlin.
Vollständige eBook-Ausgabe der im ars vivendi verlag erschienenen Deutschen Originalausgabe
© 2021 by ars vivendi verlag GmbH & Co. KG, Bauhof 1, 90556 Cadolzburg
Alle Rechte vorbehalten
www.arsvivendi.com
Lektorat: Eva Wagner
Datenkonvertierung eBook: ars vivendi verlag
ISBN 978-3-7472-0319-4
Inhalt
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Der Autor
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Ich bin aus Dorovitsa in der Provinz Wjatka. Nach dem Tod meiner Eltern habe ich Dorovitsa verlassen und bin nach Kaljasin am Flussufer gegangen. Dort hab ich für einen Mann gearbeitet, Ovanes hieß er. Ich hab da Baumstämme an ein Pferd gebunden und sie vom Flussufer zum Sägewerk transportiert. Ich habe sie an einer Winde befestigt und auf Ovanes’ Bandsäge gezogen. Abends habe ich dem Pferd Hafer gegeben und ihm Stroh aufgeschüttet.
Von Ovanes bekam ich ein Zimmer in der Svevostraße 16. Vom Fenster schaute man auf den Fluss. Ich hatte ein Bett und einen Teppich. Für meine Sachen hab ich mir einen kleinen Schrank gebaut.
Ich war mutterseelenallein. Wenn ich zu Abend aß, betrachtete ich den Fluss und die Flachboote, die stromaufwärts fuhren. Sie glänzten in der untergehenden Sonne. Die Schatten auf der Brücke haben ausgesehen wie Gespenster.
Als ich Kaljasin verließ, kaufte Ovanes mir das Bett, den Teppich und das selbst gebaute Möbelstück ab. Ich nahm den Zug, um mich der Roten Armee anzuschließen, und kämpfte an der rumänischen Front. Wir mussten weit marschieren. Wir aßen kalte Buchweizengrütze, getrockneten Fisch und schliefen in Gräben.
Ich war in Dudorows Regiment, so war das. Und im Sommer flohen wir vor den Rumänen. Es war sehr heiß. Die Reiter wirbelten roten Staub auf. Die Fahrer von Ambulanzen und Versorgungsfahrzeugen haben uns angeschnauzt, dass wir an der Straßenböschung gehen sollten. Die Offiziere hielten an, blickten hinter sich, als hätten sie etwas vergessen, und schützten dabei ihre Augen mit der Hand vor der Sonne.
Dann bin ich Pavel begegnet. Hinter einer Mauer, abgeschirmt von der Straße, machte er Wasser heiß. Er hat sein Messer in eine Blechbüchse hineingebohrt und hielt sie über die Flammen. Unser Regiment marschierte weiter und wirbelte Staub auf.
Er zog Tee aus seiner Tasche. Als ich den Tee sah, spürte ich meinen Durst, ich nahm meinen Mut zusammen und rief ihm zu: »He, Kamerad!«
Er winkte mir, ich solle näherkommen. Ich ging zu ihm, setzte mich ihm gegenüber, und wir tranken schweigend den Tee. Wir waren vom selben Regiment. Als man von der Straße keinen Lärm mehr hörte, hab ich zu ihm gesagt:
»Die Rumänen werden bald kommen.«
Wir haben uns also auf den Weg gemacht und bald das Ende der Kolonne erreicht. Ein berittener Offizier umkreiste die erschöpften Männer, die sich dort befanden, und trieb sie zur Eile an. Er hatte ein Taschentuch unter seine Kappe geschoben, um seinen Nacken vor der Sonne zu schützen. Er war ganz rot vom Staub, hielt den Revolver gegen seinen Bauch und sagte unablässig:
»Ich weiß, ihr seid müde, aber bei der heiligen Sophie, zwingt mich nicht dazu! Vorwärts! Tempo!«
Dabei zog er den Revolver vom Bauch weg und bewegte ihn mit den Fingerspitzen hin und her, als wäre er heiß wie Feuer. Er war ein ganz junger Unterleutnant und schien den Tränen nah. Ein Soldat, der ein Maultier am Zügel führte, sagte schließlich:
»Was willst du denn? Wir gehen ja! Steck deinen Revolver weg, kein Mensch zwingt dich zu irgendwas.«
»Was hast du da gesagt?«, brüllte der Offizier.
Der Soldat senkte den Kopf. Der Offizier rückte ihm auf den Leib und schwang seinen Revolver. Dann hielt er ihn dem Maultier ans Genick und drückte ab. Es stürzte nach vorn. Der Soldat, der sich den Zügel ums Handgelenk gewickelt hatte, wurde vom Maultier und seiner Last mitgerissen und fiel zu Boden.
Der Offizier ragte über ihnen auf, hielt den Revolverlauf zum Himmel und schrie wutentbrannt:
»Mich zwingt also kein Mensch zu irgendwas? Und was sagst du jetzt?«
Der Soldat lag auf dem Rücken, voller Maultierblut. Er starrte den Offizier finster an und sagte mit eisiger Stimme:
»Du Dreckskerl!«
Er versuchte, nach seinem Gewehr zu greifen, aber es war unter seinem Rücken eingeklemmt. Er mühte sich ab, um da herauszukommen, schob das Maultier von sich und griff nach seinem Messer. Da sind Pavel und ich weggerannt, zum Straßengraben, durch und immer weiter, ins freie Feld hinaus, nur weg von der Straße.
Das Feld war hügelig und frisch gemäht.
Als wir am höchsten Punkt angekommen waren, konnten wir die Kolonne bis zum Horizont überblicken.
Wir hatten erreicht, was wir wollten: unsere Leute nicht aus den Augen verlieren, mit ihnen ostwärts marschieren, um den Rumänen zu entkommen, aber ohne in die Streitereien auf der Straße verwickelt zu werden.
Wir hielten inne und holten tief Luft.
Es war heiß. Ich zog meinen Tabak aus der Tasche.
Hinter einer Hecke sang ein Vogel.
Wir spuckten den Staub aus, den wir in den Hals bekommen hatten. Weit von uns entfernt leuchteten die Scheinwerfer der Sanitätsfahrzeuge und Lastwagen auf.
Wir betrachteten die Umgebung.
Dann nahmen wir unseren Weg wieder auf, wir haben eine Zigarette geraucht im Abendlicht, und es hat sich angefühlt, als kämen wir von einer Jagd zurück. Pavel ging gemächlich voran, trotz der einbrechenden Dunkelheit seines Weges sicher. Ab und zu sog er prüfend die Luft ein. Nach einer Weile sagte er:
»Morgen schließen wir uns den anderen ganz still und leise wieder an. Keinem wird was auffallen.«
»Du hast recht«, hab ich geantwortet, »keinem wird was auffallen.«
Es war eine klare Nacht, abgesehen von einem dunklen Wolkenstreifen am Horizont. Wir haben unsere Decken unter ein paar Maulbeerbäumen ausgebreitet.
Im Morgengrauen machten wir uns auf den Weg zum Regiment, und während wir uns der Straße näherten, meinte Pavel:
»Wir beide bleiben zusammen.«
Ich hab nur gesagt: »Ja.«
Die Flucht vor den Rumänen ging weiter. Im September gelangten wir mit Lastwagen nach Galizien.
Eines Nachts holte Pavel einen Tisch und Stühle aus einem Haus, und wir haben Würfel gespielt, mitten auf der Straße. Ein großer, breitschultriger Usbeke von unserer Kompanie sah uns aus einiger Entfernung zu. Er hatte eine Statur wie ein Holzfäller und sah aus, als wäre er nicht besonders hell im Kopf.
Pavel sagte zu ihm, er solle zu uns rüberkommen, und fragte ihn, ob er Tabak hätte. Der Usbeke hatte tatsächlich welchen und wollte mit uns darum spielen. Er ging ins Haus, einen Stuhl holen, und wir würfelten ein paar Dutzend Runden. Pavel gewann den gesamten Tabak, und der Usbeke saß am Tisch und schaute niedergeschlagen drein. Pavel sah ihn mit einem Lächeln an und gab ihm schließlich die Hälfte vom Tabak zurück. Der Usbeke war unglaublich dankbar und machte einen so glücklichen Eindruck, dass man meinen konnte, er hätte alle Spiele gewonnen.
Als wir wieder ins Haus gingen, um uns schlafen zu legen, holte der Usbeke seine Sachen und sein Gewehr. Er bezog bei uns Nachtquartier, und wir ließen ihn gewähren. Am nächsten Morgen machte er ein Feuer und kochte uns aus seinen Rationen eine Suppe. Während Pavel und ich aßen, noch immer in unsere Decken gehüllt, kam das erste Tageslicht zum Fenster herein, und der Usbeke hat uns angeschaut mit seinem leicht schwachsinnigen Blick. Wir lasen daraus, dass er sich sehnlichst wünschte, bei uns zu bleiben. Als Pavel ihn nach seinem Namen fragte, wurde er rot, und sein Blick sah plötzlich gar nicht mehr so schwachsinnig aus.
»Kjabin«, hat er gebrummt, mit seiner tiefen Stimme.
An diesem Tag eroberten die Polen das Dorf zurück. Bei Jaroslaw überfielen sie uns aus dem Hinterhalt, und die Dinge standen wieder schlecht für uns.
Im Oktober begann es zu schneien, und wir mussten in einer Fabrik auf neue Befehle warten. Als sie eintrafen, trieb uns der Kommandant zusammen und teilte uns mit, dass wir die Front verlassen und uns in die Wälder zurückziehen würden. Dort sollten wir uns Hütten bauen und das Frühjahr abwarten. Also haben Pavel, Kjabin und ich alle Winkel der Fabrik nach nützlichen Dingen durchstöbert, die wir mitnehmen konnten, und wir fanden eine Rolle Zeltplane.
Am nächsten Tag brachen wir auf. Kjabin nahm die schwere Rolle auf die Schulter. Dann, auf der Straße, sahen wir wieder Polen. Mehrere Male mussten wir loslaufen, um ihren Kugeln zu entkommen, doch Kjabin hat die Rolle kein einziges Mal fallen lassen.
Es war Anfang November, als wir den Wald erreichten und in ihn eintauchten. Der Wind tobte und blies uns die Kälte tief in die Knochen. Wir wickelten uns in die Decken ein, dass nur noch die Augen herausschauten. Die gesamte Kompanie schritt in eine gewaltige Stille hinein. Unsere Maultiere und Pferde stießen dicke Dampfwolken aus.
Pavel ging am Ende der Kolonne und hat keinen Mucks von sich gegeben. Er war in Gedanken damit beschäftigt, unsere Hütte zu planen.
Es begann erneut zu schneien. Kjabin ging schwerfällig neben mir her und atmete mit geöffnetem Mund. Von Zeit zu Zeit schüttelte er sich, um seine Schultern vom Schnee zu befreien.
Pavel schloss wieder zu uns auf und sagte, dass er den Plan jetzt fertig im Kopf habe. Und dass es am besten wäre, wenn wir zu viert wären, um sie zu bauen. Wir stimmten ihm zu und beratschlagten, wen wir zu uns holen könnten. Wir sind eine Menge Burschen in der Kompanie durchgegangen. Schließlich einigten wir uns darauf, Sifra Njedatschyn zu fragen. Er war noch sehr jung, ein sehr guter Schütze, und außerdem besaß er Kavalleriestiefel. Wir hatten über ihn noch nie gehört, dass er jemandem aus irgendwelchen Gründen Scherereien gemacht hätte.
Er ging allein hinter einem Maultier und erschrak, als wir näherkamen. Pavel fragte ihn, ob er mit uns eine Hütte bauen und darin wohnen wolle, und er stimmte schüchtern zu. Ich bot allen Zigaretten an.
Wir marschierten drei Tage lang durch Schneetreiben, Kälte und den unbarmherzigen Wind. Dann fällten wir Bäume, um eine Lichtung zu schaffen.
Wir begannen, Hütten zu bauen. Etwa dreißig davon haben sich schließlich in den Schnee geduckt und einen Kreis um die Lichtung gebildet.
Unsere haben wir nach Pavels Plänen gebaut. Kjabin zeigte dabei, wie stark er war. Er schaffte mehr als Pavel, Sifra und ich zusammen. Während wir Atempausen einlegen mussten, arbeitete Kjabin unermüdlich weiter.
Als wir unsere Hütte fertig hatten, betrachteten wir sie stolz im Schein des Feuers, das in der Mitte der Lichtung brannte. Wir umrundeten sie und beglückwünschten einander. Dann gingen wir alle vier hinein, und ich dachte: Geschafft, ich bin nicht mehr allein in der Welt. Und das stimmte auch.
2
Die Zeit im Wald ist dann irgendwann vorbei gewesen. Der Winter war überstanden, und man konnte sich gar nicht mehr vorstellen, wie lang und wie kalt er gewesen war. Wir hatten unsere Maultiere gegessen und die Pferde auch, und viele von uns sind im Wald gestorben. Manche sind in ihren Hütten verbrannt, wenn die in Flammen aufgingen. Andere waren auf der Jagd in die Irre gegangen. Ihre Leichen wurden später von anderen Jägern gefunden. Von denjenigen, die man nicht mehr fand, sind bestimmt einige desertiert, aber ich glaube, die meisten haben sich einfach verlaufen und sind erfroren.
Pavel, Kjabin, Sifra und ich waren dank Pavel noch immer gesund und munter. Er war von uns allen der Durchtriebenste. Sein Bauplan für die Hütte war einwandfrei gewesen, und es war ihm sogar gelungen, aus einem Motorenölfass einen Ofen zu bauen. Einen richtig guten Ofen, der uns nicht die Bude vollqualmte. Er hat auch herausgefunden, wie man das Ofenrohr so durchs Dach führt, dass nichts in Brand gerät. Genau an dieser Stelle nämlich haben die meisten anderen Hütten Feuer gefangen. Pavel hat um das Rohr Dachpfannen aus Weißblech angebracht; die hat er aus unserem Kochgeschirr herausgeschnitten, zurechtgehämmert und ans Dachgebälk genagelt. Wir haben dafür nicht nur die Hälfte unseres eigenen Kochgeschirrs geopfert, sondern auch von der Kompanie noch was mitgehen lassen. Aber wir waren am Leben, und nicht ein einziges Mal sind wir schweißgebadet aus dem Albtraum hochgeschreckt, dass unsere Hütte in Flammen aufgeht.
Die Zeltplane, die Kjabin von Galizien bis in den Wald getragen hat, haben wir wie eine Tapete an den Wänden angebracht, um uns vor dem eisigen Luftzug zu schützen.
Es gab keinen Torf im Wald. Jeden Tag haben wir massenweise Schnee wegschaufeln müssen, um an tote Bäume heranzukommen. Diejenigen, die sich ihr Brennholz von lebenden Bäumen geholt haben, grünes Holz, hatten es längst nicht so warm in der Hütte wie wir.
Den ganzen Winter haben wir Schnee geschaufelt, Holz für unseren Ofen eingesammelt und außerdem jeden Abend Würfel gespielt, weil wir eine Öllampe besaßen. Dank der haben wir längst nicht so sehr unter Langeweile gelitten wie viele andere in der Kompanie.
Als das Frühjahr kam, haben wir alle Hütten in Brand gesetzt. Pavel, Kjabin, Sifra und ich sahen traurig zu, wie unsere abbrannte. Nicht, weil wir Abschied nehmen mussten, sondern weil uns die Hütte während all jener Monate warm und am Leben gehalten hat.
Während wir uns vom Feuer entfernten, musste ich an meine Eltern denken. Seht her, Mama, Papa, hab ich gedacht, habt keine Angst um mich. Ich habe den Winter überlebt, und ich habe gute Kameraden.
Und dann verließen wir den Wald.
3
Wir haben auf einem Stapel Eisenbahnschwellen gesessen, mitten im flachen Land. Direkt vor uns war das Gleis. Eben war ein Zug vorbeigefahren, vollgestopft mit Soldaten, die winkten und auf den Plattformen standen. Ihre Hemden flatterten unter den Armen.
Das Feldlager war nicht weit entfernt. Wir hatten es am Rand eines Tannenwalds aufgebaut. Der Kommandant unserer Kompanie ließ uns in Ruhe. Er war ein in sich gekehrter Mensch. Niemand wusste, was er vor dem Krieg gemacht hat. Ich bin mir sicher, er hat sich insgeheim gewünscht, dass diejenigen, die im Wald verloren gegangen waren und als erfroren galten, in Wahrheit desertiert waren.
Wir hockten träge auf unserem Schwellenstapel und waren vollauf damit zufrieden, dass der Winter vorüber war und wir diesen Platz gefunden hatten, wo wir in Ruhe herumsitzen und rauchen konnten. Hie und da zog ein Vogelschwarm über den Himmel. Wir haben hinaufgeschaut und zugesehen, wie sie in nördlicher Richtung verschwanden. Bald würden sie über den Wald hinwegfliegen, wo wir den Winter verbracht hatten. Jeder von uns dachte daran, aber keiner von uns sprach es aus.
Kjabin fragte uns wieder mal nach Tabak, wie üblich, weil er seinen ja schon bei unseren ersten Würfelspielen in Galizien verloren hatte. Sifra gab ihm immer am meisten ab. Von Pavel und mir kriegte er zwar auch was, aber nicht so oft. Wir machten uns einen Spaß daraus, abzuwarten, bis er uns regelrecht anflehte. Wenn es um Tabak ging, benahm Kjabin sich wie ein Kind. Auch in anderer Hinsicht war er wie ein Kind, aber beim Tabakbetteln war es besonders schlimm.
»Pavel!«, sagte er.
»Was willst du?«, fragte Pavel.
»Dreh mir eine Zigarette!«
Pavel sah ihn nicht einmal an.
»Pavel!« Kjabin gab nicht auf. »Mensch, Pavel!«
»Was gibt’s denn, Kjabin?«
»Hast du nicht gehört? Gib mir ein bisschen Tabak. Bitte!«
Wie gesagt, wir hatten unseren Spaß daran, wenn Kjabin uns um Tabak anbettelte.
4
Wir sind von den Schwellen heruntergeklettert, haben unsere Gewehre genommen und sind querfeldein gegangen. Kjabin ging vor mir. Er hatte von Pavel ein bisschen Tabak gekriegt, und man konnte sogar von hinten sehen, wie er sich freute, endlich rauchen zu können.
Wir gingen zum Weiher.
Nach einer Weile hörten wir, wie einer uns rief und dabei immer näher kam. Es war Yassov. Er hatte Mühe, vorwärts zu kommen, weil das Gras so hoch stand. Endlich schloss er auf und ging auf unserer Höhe weiter. Wir beachteten ihn nicht, weil wir schon wussten, was er von uns wollte. Er zog aus seiner Tasche eine Hand, aus einem Stück Holz geschnitzt, und zeigte sie uns. Wir brachen in Gelächter aus, weil sie so klobig war.
»Was gibt’s denn zu lachen?«, fragte Yassov.
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