Ein Schlag ins Gesicht - Franz Dobler - E-Book
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Ein Schlag ins Gesicht E-Book

Franz Dobler

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  • Herausgeber: Tropen
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2016
Beschreibung

Das neue Buch des Preisträgers des Deutschen Krimipreises 2015 Robert Fallner ist ziemlich am Ende. Seinen Job als Kriminalhauptkommissar ist er endgültig los. Seine Frau wohl auch. Zeit für einen Neuanfang, den ihm ausgerechnet sein Bruder, selbst Ex-Bulle und Privatermittler, ermöglicht. Er drängt ihm einen speziellen Fall in seiner Sicherheitsfirma auf: Den Stalker einer bekannten Schauspielerin zu stellen, von dem keiner glaubt, dass es ihn gibt. Simone Thomas hat schon einiges hinter sich: zwei Ehemänner, dreiundvierzig Jahre Showgeschäft, Dutzende Nacktfotos, diverse Filmproduktionen, Drogenexzesse, Yellow-Press-Skandale. Da fehlte es ihr gerade noch, dass sie von einem Stalker bedroht wird. Und dass diese Idioten von der Sicherheitsfirma ihn einfach nicht zu fassen kriegen. Zwei unfähige Leute hat sie schon verschlissen, bis endlich Fallner für sie eingeteilt wurde. Und Fallner wäre nicht Fallner, wenn er nicht eine Gabe für aussichtslose Fälle hätte. Lässig, feinfühlig und mit sprachlich höchster poetisch-derber Präzision schickt Franz Dobler seinen Held Robert Fallner gefährlich nahe heran an eine exzentrische Diva, deren Stalker unberechenbar ist.

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Seitenzahl: 439

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Franz Dobler

Ein Schlag ins Gesicht

Kriminalroman

Tropen

Impressum

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Die Handlung und alle handelnden Personen sind frei erfunden.

Jegliche Ähnlichkeit mit lebenden oder realen Personen wäre rein zufällig.

Tropen

www.tropen.de

© 2016 by J. G. Cotta’sche Buchhandlung

Nachfolger GmbH, gegr. 1659, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

Cover: Herburg Weiland, München, unter Verwendung eines Filmbildes aus »The Professionals«; © Mark One Productions/Network Distributing L.

Datenkonvertierung: Dörlemann Satz, Lemförde

Printausgabe: ISBN 978-3-608-50216-9

E-Book: ISBN 978-3-608-10034-1

Dieses E-Book basiert auf der aktuellen Auflage der Printausgabe.

Inhalt

Sie sollten hier in Ihrem eigenen Interesse wirklich besser nichts verschweigen

Glück

Kann man das so sagen? (1)

Bananen und Kanonen

Genau genommen

Die Aufgeregten Killerbienen

Die Gesetze

Kann man das so sagen? (2)

Ehrliche Arbeit

Vergessen

Kann man das so sagen? (3)

Ein bisschen Geschichte

Aktenordner Nachstellung

Das dritte Plakat

Ein Star in der Nacht

Notfall

Bahnhof Ecke Lessing

Heiße Girls, coole Drinks, echte Männer

Kann man das so sagen? (4)

Die Beschützer

Vorstellungen

Das ist nicht fair

Was denn?

Makarow

Kann man das so sagen? (5)

Drei Männer und ein Baby

Mit einem guten Herz

Allein im Auto

Noch was ganz anderes

Frauenzimmer

Disco in einer rauen Nacht

Kann man das so sagen? (6)

Reicher Mann

Ein bisschen Bildung hat noch keinem Straßenköter geschadet

Die Macht der Gewohnheit

Pling

Vorbei

Satansbraten

Vampire

Kann man das so sagen? (7)

Ein Mord, den nicht jeder begeht

Jeder Fortschritt weist einige Details auf, die als Rückschritte zu werten sind

Anschlag

Von vorne

Nicht die Polizei

Wird wieder werden

Die alten Geschichten

Im Interesse der Sicherheit

Home-Office is killing Outdoor-Entertainment

Die neuesten Meldungen

Angst

Wer war wer

Ich bin nur ein Foto

Auf der Straße

Warum nicht?

Die verdiente Erholung

Kann man das so sagen? (8)

Ein neues Lied

Quellenhinweise (Auswahl)

KÜMMERE DICH NICHT DARUMWAS DEINE MUTTER VON DEINER SPRACHE HÄLT.

Elmore Leonard

Sie sollten hier in Ihrem eigenen Interesse wirklich besser nichts verschweigen

Die einzige Frau, mit der Fallner im letzten Jahr gerne geredet hatte, oft nicht erwarten konnte, endlich wieder mit ihr zu reden, hatte aus dem Fenster gesehen und nichts gesagt, obwohl er sie etwas gefragt hatte.

Mit einem verärgerten, vielleicht sogar verzweifelten Ausdruck im Gesicht sah seine Psychotherapeutin aus dem Fenster. Als wäre ihr an dem Punkt klar geworden, dass er ein hoffnungsloser Fall war.

Ein Kollege, der sich auskannte, hatte ihm erklärt, dass diese Psychos nur dafür bezahlt wurden, keine Fragen zu beantworten.

Die Frage, die er riskiert hatte, hatte nichts mit ihrem Auftrag zu tun, aber sie war nicht indiskret. Er wollte die Situation nur etwas auflockern, nachdem sie schon einige Minuten schweigend in die Luft gesehen hatte und er langsam Lust bekam, ihre Stimme wieder zu hören. Er fand, dass sie für eine Akademikerin ihres Alters eine interessante Stimme hatte. Wenn er die Augen schloss, dachte er nicht daran, dass sie seine Mutter sein könnte.

Er hatte bei einem Einsatz einen achtzehnjährigen Dealer in Notwehr erschossen und brauchte angeblich ihre Hilfe, und sie sah so genervt aus dem Fenster, dass er sich fragte, ob sie Polizisten mit Problemen prinzipiell nicht ausstehen konnte.

Im Fenster war nichts Spannendes zu erkennen. Nur die Fenster und Balkone eines Wohnblocks. In den Fenstern und auf den Balkonen war niemand zu sehen, der eine Flagge aufhängen, ein Liebeslied schmettern oder vom achten Stock abfliegen wollte. Auch die Vegetation hatte nichts zu bieten.

»Wo wohnen Sie eigentlich, wenn Sie nicht im Dienst sind, Frau Doktor?«, hatte Fallner sie gefragt.

Sie starrte ihn kurz an, als würde er etwas wahnsinnig Persönliches von ihr wissen wollen, und fing dann an, das Fenster zu erforschen. Frau Dr. Vehring eine harmlose Frage zu stellen, der sie auch mit einem freundlichen Lächeln hätte ausweichen können, war also verboten. Während man von ihr mit intimen Fragen bombardiert wurde.

Ob er ein besonderes Verhältnis zu seiner Waffe hatte.

Ob seine Frau ein besonderes Verhältnis zu ihrer Waffe hatte.

Was er empfunden hatte, als seine Frau einmal, wie er ihr dummerweise erzählt hatte, ihre Waffe im Bett mit ins Spiel brachte.

Welche Träume er hatte und was er zuletzt und was er als Kind am häufigsten geträumt hatte.

Ob er im Dunkeln Angst hatte.

Ob er in engen Räumen Angst hatte.

Ob er im Dunkeln und in engen Räumen Angst hatte seit dem Abend, an dem er diesen Gangster erschossen hatte. Nicht mal auf seine Frage, ob sie den Unterschied zwischen einem Kriminellen und einem Gangster kennen würde, hatte sie geantwortet, obwohl es eine sachliche Frage war.

Warum er den Beruf des Polizisten ergriffen hatte, den sein älterer Bruder vor ihm ergriffen hatte.

Ob seine Eltern damit einverstanden waren.

Ob er den Eindruck hatte, dass seine Eltern einen Unterschied zwischen ihm und seinem Bruder machten, und ob sein Eindruck heute ein anderer war als damals.

Sie fragte alles, und wenn auf eine Frage nichts kam, griff sie an dieser Stelle an.

»Hatten Sie mal den Wunsch, Ihren Bruder zu töten?«

»Nein. Also ja, tausendmal, aber nie ernsthaft.«

»Was soll das heißen, ja, aber nicht ernsthaft?«

»So ähnlich wie eine Mutter, die über ihr nervendes Kind sagt, sie könnte es an die Wand knallen. Sagt man eben so. Meint es aber nicht ernst.«

»Hat Ihre Mutter das gesagt?«

»Nein. Die hat nie was gesagt.«

»Hat sie nicht gute Nacht gesagt?«

»Die hat nichts geredet, nur wenn es absolut nicht zu vermeiden war.«

»Warum hat sie nicht geredet?«

»Sie war vom Planeten Jupiter, da reden die nicht.«

»Hat sie mit Ihrem Bruder geredet?«

»Das habe ich, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf, schon mit der letzten Antwort beantwortet.«

»Hat sie schon immer nichts geredet oder irgendwann damit angefangen?«

»Das können wir sie leider nicht mehr fragen.«

»Wie haben Sie das als Kind empfunden?«

»Keine Ahnung.«

»Haben Sie sich nicht mit Ihrem Bruder darüber unterhalten, was hat er dazu gesagt?«

»Kann ich mich nicht erinnern.«

»Und wie denken Sie heute darüber?«

Er zuckte mit den Schultern. Sie atmete tief aus und korrigierte den Sitz der Brille. Las, was auf ihrem Kugelschreiber stand, und als sie es, vermutlich mehrmals, gelesen hatte, sah sie ihn mit dem Ich-warte-immer-noch-auf-eine-Antwort-denn-das-ist-mein-Job-Blick an.

Ob er heute noch oft an seine Mutter dachte.

Ob er den Wunsch hatte, ihr etwas zu sagen, was er ihr nie gesagt hatte.

Ob er den Eindruck hatte, dass sie ihm etwas verschwiegen hatte.

Ob er mit seinem Vater über die Mutter redete.

Ob er seiner Mutter heute etwas vorwarf, beschimpfte er sie in Gedanken?

Fragen, die er nicht beantwortete oder manchmal mit Gegenfragen (ob denn ihre Mutter noch lebte und sie von ihr beschimpft wurde, weil sie für die Polizei arbeitete), auf die er natürlich ebenfalls keine Antwort bekam. Warum sollte er ihr auf irgendwas eine Antwort geben, wenn sie sich zu fein war, ihm irgendwas zu beantworten.

»Ich habe das Gefühl, dass Sie mir etwas verschweigen, kann das sein?«, sagte Dr. Vehring.

Er überlegte, ob das sein konnte, und kam nach sorgfältiger Abwägung zu dem Ergebnis, dass das nicht nur sein konnte, sondern tatsächlich so war. Er verschwieg ihr tausend Sachen, vielleicht auch ein paar mehr.

Anschließend überlegte er, ob er ihr Sachen verschwieg, weil er ihr misstraute oder weil er sich beim Auspacken komisch gefühlt hätte oder ob beides der Fall war und miteinander zu tun hatte.

Danach fragte er sich, wie er aus dieser dämlichen Nummer jemals wieder rauskommen würde. Zum Glück war er trainiert, eine Lösung zu finden, wenn es anscheinend keine Lösung gab.

»Wo wohnen Sie eigentlich, wenn Sie nicht im Dienst sind, Frau Doktor?«

Sie starrte ihn kurz an, als würde er etwas wahnsinnig Persönliches von ihr wissen wollen, und fing dann an, das Fenster zu erforschen. Und wie immer, wenn jemand seinen Job ernst nahm, hatte das eine Weile gedauert.

Und dann hatte sie ihn streng angesehen und diesen Satz gesagt: »Sie sollten hier in Ihrem eigenen Interesse wirklich besser nichts verschweigen.«

Und er musste laut lachen.

Denn er hatte diesen Satz selber so oft gesagt wie ein Pfarrer Amen.

Glück

Er hatte damals kein gutes Gefühl gehabt, schon als er die beiden auf sich zukommen sah, daran konnte sich Fallner genau erinnern. Sie grinsten so komisch, als sie ihn kommen sahen. Ihre Ellenbogen berührten sich und sie machten kurze Bemerkungen zueinander.

Und sie machten so ein Gesicht.

Wahrscheinlich würden sie ihm nur ein paar dreckige Wörter an den Kopf werfen. Geh heim und fick deine Hure von Mutter. Oder sowas Ähnliches, das einen nicht umbrachte, wenn man es nicht zum ersten Mal hörte.

Der Gehsteig war schmal. Er wurde auf der einen Seite von einer Mauer begrenzt, und die enge Straße machte an der Stelle, wo sie sich begegnen würden, eine scharfe Kurve, weshalb er nicht auf die Straße ausweichen konnte, und auf der anderen Straßenseite gab es keinen Gehweg.

Er hatte kein gutes Gefühl, aber umdrehen und abhauen kam nicht in Frage.

Ein paar Schritte bevor sie sich trafen, ging der Jüngere, den er noch nie gesehen hatte, langsamer und ließ den Älteren vorgehen, den er nur vom Sehen kannte. Er war drei Klassen über ihm, wohnte in einer anderen Ecke des Viertels und gehörte zu einer anderen Bande.

Robert Fallner sah ihm ins Gesicht und nickte, und er nickte ebenfalls und zog die Augenbrauen hoch.

Als er dachte, er hätte sich getäuscht und es würde doch nichts passieren, bekam er seine Faust voll in den Bauch. Er klappte zusammen, und im nächsten Moment schlug ihm der Jüngere voll in die Seite.

Er lag auf dem Asphalt, bekam keine Luft mehr und sah ihnen nach. Ob sie es sich überlegten und ihm noch einen Nachschlag verpassen wollten. Aber sie gingen weiter, ohne sich umzudrehen und ohne schneller zu werden.

Einer von ihnen sagte: »Das wird der Schwanzkopf nie vergessen.« Dann lachten beide.

Er konnte sich dreißig Jahre später genau daran erinnern, dass er genau das gehört und sogar in diesem Zustand registriert hatte, dass das Wort Schwanzkopf neu für ihn war und er es nicht genau kapierte.

Er fand es unheimlich, dass er sich dreißig Jahre später so genau daran erinnerte wie am Tag danach.

Weit und breit kein Christenmensch auf der Straße. Er lag da und würgte und heulte. Hatte einen riesigen Kieselstein vor der Nase. Fragte sich, was der große dunkelbraune Berg dahinter zu bedeuten hatte, der, als der Schwindel nachließ, langsam zu einem Hundehaufen wurde.

Er hatte also noch Glück gehabt. Sie hätten seinen Kopf auch in die Hundescheiße drücken können. Er lag in der scharfen Kurve mit einem Bein auf der Straße, aber es kam kein Auto. Jede Menge Glück. Nur ein bisschen Heulen und Würgen und Kotzen.

Zu Hause erzählte er seinem fünf Jahre älteren Bruder Hans, was ihm passiert war. Dass er den Älteren der beiden Schläger vom Sehen kannte und dass er in den Ostblocks wohnte. Er fragte den Bruder, ob er sich eine feigere Tat vorstellen könnte.

»Ist dir noch schlecht?«, fragte sein Bruder.

»Richtig gut ist mir nicht.«

»Was soll das heißen?«

»Dass mir nicht besonders gut ist.«

»Also nicht schlecht. Dann mach dir nicht ins Hemd wegen dem Kinderkram.«

»Du blöder Arsch.«

»Pass auf, du fängst gleich noch eine.«

Er war schon erfahren genug, um zu wissen, dass jede Glückssträhne ein Ende hatte.

»Heulsuse.«

»Fick dich.«

Es war nur eine kurze Glückssträhne gewesen, sie hätte länger dauern können und wäre immer noch ziemlich kurz gewesen. So eine Glückssträhne konnte man fast schon Pech nennen. Auf so eine mickrige Glückssträhne konnte man eigentlich auch verzichten. Das war wieder typisch für ihn, dass er eine Glückssträhne hatte, die jeder andere nur als Pechsträhne angesehen hätte.

Wenn man es genau betrachtete, hatte er in seinem ganzen Leben noch keine Glückssträhne gehabt, die den Namen verdient hatte.

Warum sollte man eigentlich leben, wenn man so verflucht wenig Glück hatte?

Die Mutter kam herein, und sein Bruder erklärte ihr kurz, was passiert war, natürlich aus seiner Sicht. Eine kleine Sache, um die man sich nicht mehr kümmern musste. Die Mutter aber nahm den Jüngeren in den Arm, ohne etwas zu sagen, und hielt ihn fest.

»Mensch, stell dich nicht so an«, sagte sein Bruder, »du bist doch kein Mädchen, oder hab ich was übersehen?«

Kann man das so sagen? (1)

»Es gibt eine Menge Leute, die mich eine Schlampe nennen. Ich fange deswegen nicht zu flennen an. Wenn ich etwas darauf geben würde, was die Leute sagen, hätte ich mich schon lange aufgehängt. Oder ich würde immer noch in diesem dummen Nest sitzen, in dem ich aufgewachsen bin, und ich hätte wahrscheinlich nicht einmal genug Geld, um mir einen Strick zu kaufen.

Es gab wirklich eine Zeit, da habe ich mir jeden Tag überlegt, ob es nicht besser wäre, wenn ich mich gleich aufhänge.

Ich weiß nicht, ob ich dabei wirklich an aufhängen dachte. Vermutlich habe ich eher an runterstürzen gedacht. Das war so mit dreizehn oder vierzehn und ich war wirklich sehr unglücklich.

Das hatte vor allem mit meiner Mutter zu tun. Ich konnte ihr nie etwas recht machen, und ich hatte auch das Gefühl, dass es immer schlimmer wurde.

Etwa zu dieser Zeit musste ich erfahren, dass mich meine Eltern adoptiert hatten. Ich habe zuerst nicht genau verstanden, was das bedeutet, und hatte deshalb auch kein Problem damit.

Dann wurde mir langsam klar, dass es eine problematische Sache war, weil meine Mutter immer sagte, wenn ich etwas getan hatte, was ihr nicht passte: ›Wenn ich das gewusst hätte, dann hätten wir dich nicht geholt.‹

Mein Vater war es, der mich dann immer tröstete, wenn er es mitbekam, aber sein Trost war zu schwach, um gegen solche Sätze etwas ausrichten zu können. Mein Vater war zu schwach, um gegen diese Frau etwas ausrichten zu können. Sie hatte die Hosen an.

Ich kann mich erinnern, wie ich mit meiner besten Freundin Brigitte auf dem Bett lag und wir hörten ›Jumpin’ Jack Flash‹ von den Rolling Stones. Das war gerade der neueste Hit, und wir haben es deshalb sicher wochenlang den ganzen Tag gehört. Und es wird schon etwas laut gewesen sein.

Und dann kam meine Mutter herein. Sie sagte keinen Ton, aber sie stürzte wie eine Furie auf mich zu und schlug mir rechts und links ins Gesicht, bevor wir überhaupt kapierten, was denn jetzt los war.

Sie schrie herum, wir wären dreckige Schlampen, und dann hat sie die Platte vom Plattenspieler gerissen und auf die Tischkante gedonnert.

Man schrieb das Jahr 1968 und sie hat mich immer noch geschlagen, das muss man sich vorstellen.

Dabei war eher sie die Schlampe. Ich denke, da ist der Ausdruck gerechtfertigt. Obwohl ich betonen möchte, dass Schlampe für mich eigentlich kein Schimpfwort ist, bis heute nicht.

Ich war etwa sieben Jahre alt, als ich sie das erste Mal mit den Beinen in der Luft strampeln sah. Außerdem konnte ich zwischen ihren Beinen den nackten Arsch von Onkel Reinhard bewundern und wie er heftig auf und ab ging. Onkel Reinhard war unser Nachbar. Ich mochte ihn gern. Das war ein schönes Quietschen und Stöhnen!

Ich verstand natürlich nicht, was die beiden auf dem Sofa im Wohnzimmer machten, aber ich hatte den Eindruck, dass es eine lustige Sache sein musste, denn meine Mutter rief immer: ›Ja, oh, ja!‹

Irgendwie habe ich in dem Moment auch kapiert, dass ich mich besser nicht bemerkbar machen sollte. Kinder verstehen ja immer etwas mehr, als man denkt.

Am selben Abend ging es dann auch noch lustig weiter. Meine Mutter rief wieder ›Ja, oh, ja‹, nur dass sie es jetzt im Schlafzimmer mit dem Vater trieb. Auch bei diesem zweiten Abenteuer an diesem Tag dachte sie, ich würde schlafen.

Am nächsten Tag kam ich auf die tolle Idee, meiner Mutter zu zeigen, dass ich sie nachmachen konnte. Ich legte mich auf das Sofa im Wohnzimmer, strampelte mit den Beinen und krähte: ›Ja, oh, ja!‹

Das fand sie natürlich nicht so lustig und hat mir auch sofort eine Ohrfeige verpasst. Und gesagt, sie würde mich in den Keller sperren und nie wieder herauslassen, wenn ich irgendjemandem erzählte, dass sie das mit Onkel Reinhard auf dem Sofa gespielt hatte.

Wenn es ein Spiel war, warum durfte ich es dann nicht erzählen?

Von heute aus betrachtet, könnte man denken, dass sie in diesem verschlafenen Nest eine emanzipierte Frau war, als so etwas damals noch eine Seltenheit war. Aber das war sie nicht wirklich. Sie war vor allem eine falsche Schlange. Es gab nichts, was sie ohne berechnende Hintergedanken getan hätte.

Deswegen bin ich der Meinung, dass man noch lange keine Schlampe ist, wenn man von einer Schlampe Schlampe genannt wird.«

Eine Sekunde Pause.

»Kann man das so sagen?«

Bananen und Kanonen

»Die haben mich grundlos zusammengeschlagen, und mein älterer Bruder sagt zu mir, Mensch, stell dich nicht so an, du bist doch kein Mädchen, oder hab ich was übersehen? Kannst du dir das vorstellen? Das baut dich in dem Alter echt nicht auf«, sagte Fallner.

Der alte Punk Armin nickte und sagte, das wäre verständlich.

»Und jedes Mal, wenn ich in der Heimat bin, hoffe ich, diesem Schlägertypen wieder zu begegnen, also dem Älteren der beiden, der hat das Kommando gegeben. Zweiunddreißig Jahre danach. Das ist doch krank.«

Obwohl ihm natürlich klar wäre, dass er den Schläger kaum noch erkennen würde und der womöglich schon seit Jahrzehnten in Salzgitter lebte oder in Kolumbien im Knast dämmerte oder an seinem achtzehnten Geburtstag, wie er es verdient hatte, von einem Krankenwagen überfahren worden war und, während er im Dreck der Straße krepierte, in seinen letzten Sekunden mitansehen musste, wie auf der anderen Straßenseite seine Mutter sich von einem fremden Mann befummeln ließ und den sterbenden Sohn anglotzte, ohne ihm zu Hilfe zu kommen.

»Ich weiß, es ist vollkommen absurd, aber ich kann einfach nichts dagegen machen.«

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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