Ein Sommer wie ein Leben - Christie Ridgway - E-Book

Ein Sommer wie ein Leben E-Book

CHRISTIE RIDGWAY

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Beschreibung

Eine ausgelassene Strandparty - und mittendrin ein sexy Mann mit ozeanblauen Augen und offenem Hawaiihemd: Das ist Griffin Lowell? Jane hat einen grüblerischen Einzelgänger erwartet, nicht diesen Traumtypen. Schließlich wurde sie engagiert, um Griffin in seinem Strandhaus beim Schreiben seiner Biographie zu helfen. Der allerdings will lieber feiern und seinen traumatischen Erinnerungen entfliehen - doch so schnell gibt Jane nicht auf, denn sie braucht den Job mehr als alles andere! Bei Strandspaziergängen im Mondschein gelingt es ihr tatsächlich, das Eis um Griffins Herz zum Schmelzen zu bringen. Aber während ihr berufliches Interesse bald tiefer Sehnsucht weicht, scheint er noch nicht bereit für die Liebe …

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Seitenzahl: 588

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Christie Ridgway

Ein Sommer wie ein Leben

Roman

Aus dem Amerikanischen von Sonja Sajlo-Lucich

MIRA® TASCHENBUCH

MIRA® TASCHENBÜCHER

erscheinen in der Harlequin Enterprises GmbH,

Valentinskamp 24, 20354 Hamburg

Geschäftsführer: Thomas Beckmann

Copyright © 2014 by MIRA Taschenbuch

in der Harlequin Enterprises GmbH

Deutsche Erstveröffentlichung

Titel der nordamerikanischen Originalausgabe:

Bungalow Nights

Copyright © 2013 by Christie Ridgway

erschienen bei: HQN Books, Toronto

Published by arrangement with

Harlequin Enterprises II B.V./S.àr.l

Konzeption/Reihengestaltung: fredebold&partner gmbh, Köln

Umschlaggestaltung: pecher und soiron, Köln

Redaktion: Mareike Müller

Titelabbildung: Getty Images, München; Corbis, Düsseldorf

Autorenfoto: © Harlequin Enterprises S.A., Schweiz; Damon Kappell/Studio 16

ISBN eBook 978-3-95649-377-5

www.mira-taschenbuch.de

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eBook-Herstellung und Auslieferung: readbox publishing, Dortmund www.readbox.net

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

Der Preis dieses Bandes versteht sich einschließlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer.

Alle handelnden Personen in dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig.

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Sommertage in Strandhaus Nr. 9 in Crescent Cove sind lang und heiter, doch gerade die Sommernächte haben etwas, das Euren Besuch dort unvergesslich machen wird! Auch wenn die Sonne längst untergegangen ist, hält sich die Hitze im bezauberndsten Bungalow am Strand. Sehen wir uns gemeinsam an, wie diese Magie wirkt …

Nicht weit von der Bucht entfernt gibt es einen einzigartigen Ort, den Ihr in „Ein Sommer wie ein Leben“ kennenlernen werdet – Avocado Country. Bäume mit dunkelgrünen Blättern, deren Früchte manchmal auch als Fruchtbarkeitsbeere oder Alligatorbirne bezeichnet werden, wachsen hier auf den Hügeln. Ich freue mich schon darauf, Euch diesen Teil Kaliforniens zu zeigen. Schließlich geht doch alles mit ein bisschen Guacamole besser, nicht wahr?

Feldsanitäter Vance Smith ahnt nicht, welches Mahl ihm serviert werden wird, als er zu einem vierwöchigen Aufenthalt in Nr. 9 erscheint. Erst als er die hübsche Layla Parker mit den großen braunen Augen trifft, erkennt er langsam, welche Köstlichkeiten da vor ihn hingestellt wurden. Als vorsichtige Menschen wehren sich die beiden natürlich gegen die zunehmenden Gefühle füreinander, aber gegen die Liebe anzukämpfen, kommt einem Kampf gegen die hereinrollende Flut gleich. Feuert die beiden zusammen mit mir an, damit sie ihr Happy End finden!

Und genießt den Sonnenschein!

Eure

Christie

Dieses Buch entstand, als ich mit einem komplizierten Beinbruch ans Bett gefesselt war. Die OP beinhaltete das volle Programm (Stahlplatten! Nägel! Klammern!), gefolgt von drei Monaten, in denen ich das Bein nicht belasten durfte. Mein wundervoller Mann kam jeden Tag mittags nach Hause, um mir ein Essen zuzubereiten, und abends wiederholte er das mit dem Dinner, ganz abgesehen davon, dass er den gesamten Haushalt geschmissen hat, mir oft Mut zugesprochen und meine Stimmung wieder aufgehellt hat. So ist er auch mit mir an die Orte gefahren, die mich zu den Büchern um Strandhaus Nr. 9 inspiriert haben. Und deshalb, Rob, mein Darling … das hier ist für Dich. Wie immer. Für ewig.

Jeder Liebende leistet Kriegsdienst.

Ovid

Eine Familie ist ein Ort, an dem sich die Seele mit anderen austauscht. Wenn diese Seelen einander lieben, ist deren Zuhause schön wie ein Blumengarten, wenn es aber an Harmonie untereinander mangelt, ist es wie ein Unwetter, das den Garten verwüstet.

Buddha

1. KAPITEL

Vance Smith hatte Taliban-Beschuss mit mehr Gelassenheit durchgestanden, als er sie jetzt verspürte, während er auf der offenen Veranda des Strandrestaurants auf die Person wartete, mit der er die nächsten vier Wochen verbringen sollte. Natürlich würde er es niemandem verraten, aber er hatte eindeutig feuchte Handflächen – Schweiß, den er nicht einmal an seiner Jeans abwischen konnte, da er um einen Arm einen Gips trug und um das Handgelenk des anderen eine Orthese.

Irgendwann während seines kurzen Klinikaufenthalts hatte ein spaßiger Private mit Picasso-Ambitionen einen Filzstift genommen und den blütenweißen Polymerverband an seinem linken Arm mit einer halb nackten, vollbusigen Amazonenprinzessin verziert. Die Zeichnung war detailliert genug, dass er seinen Cousin Baxter am Morgen gebeten hatte, das nicht jugendfreie Bild irgendwie zu kaschieren. Schließlich traf er sich mit einem jungen, noch leicht zu beeindruckenden Menschen.

Das Gesicht zu einer Grimasse verzogen, betrachtete er Baxters Lösung, dann blickte er Baxter selbst an, der ihm gegenübersaß und einen Schluck von seinem Wasser trank. „Das nennst du Hilfe?“ Vance bemühte sich gar nicht erst, den Unmut aus seiner Stimme herauszuhalten. „Eine Tattoo-Manschette? Etwas Besseres ist dir nicht eingefallen?“

Baxter blinzelte. In ihrer Jugend hatte man sie oft für Zwillinge gehalten, und noch heute hatten sie beide das gleiche blonde Haar und die gleichen blauen Augen. Aber im Gegensatz zu ihm, mit dem typisch militärischen Bürstenhaarschnitt und der lässigen Garderobe, sah sein ein Jahr jüngerer Cousin mit der gepflegten Frisur und dem konservativen Anzug samt Krawatte wie die Verkörperung seines Spitznamens aus – Business-Baxter.

Baxters Blick fiel auf die Nylonstulpe über dem Gips. „Ich würde sogar behaupten, es ist äußerst einfallsreich. Ich hätte auch eine schlechtere Wahl treffen können, weißt du. Damit passt du hier bestens ins Bild.“

Vance gab nur ein Schnauben von sich. Vermutlich hatte Baxter recht. Die Verzierungen waren keineswegs dämonisch oder – noch schlimmer – eine Auswahl typischer Knastmotive. Nein, es waren farbenfrohe Tribals, tropische Blüten und schäumende Wellen. Also nichts, was ein Kind verschrecken könnte.

„Dann halt dich eben an Teddy fest, wenn du dir noch immer Sorgen machst“, riet Baxter. „Deine neue Freundin wird sie wahrscheinlich nicht einmal bemerken.“

Es war weniger Verlegenheit als Groll, der ihm die Röte ins Gesicht trieb. „Halt einfach den Mund“, sagte Vance knurrig und hob den großen Plüschbären mit der blauen Satinschleife am Hals auf seinen Schoß. „Gibt es eine logische Erklärung, weshalb du nicht längst wieder auf dem Weg in die Firma bist?“ Sein Cousin war für die Buchhaltung im Familienbetrieb verantwortlich. Smith & Sons Foods bewirtschaftete eine riesige Avocado- und Zitrusfrüchteplantage, knapp sechzig Meilen südöstlich von Crescent Cove. „Müsstest du nicht Obstkisten zählen?“

Baxter legte den Kopf schief. „Du hast völlig recht. Ich bin voll ausgelastet. Aber ich bin auch der Einzige aus der Verwandtschaft, der mehr von dir hört als nur den sporadischen Zweizeiler per E-Mail. Wegen der drei vollständigen Sätze, die du mir tatsächlich hin und wieder zukommen lässt, obliegt mir eine gewisse Verantwortung.“

Vance schaute auf den Ozean hinaus, um dem kritischen Blick seines Gegenübers auszuweichen. Das Restaurant befand sich am Ende des südkalifornischen Crescent Cove, eine weite Bucht am graublauen Wasser des Pazifiks. Die strahlende Juli-Sonne spiegelte sich glitzernd auf der welligen Oberfläche. Ein wunderschönes Panorama, das genaue Gegenteil zur kargen Landschaft in Afghanistan, die für Monate sein einziger Anblick gewesen war. Dennoch fand er das Bild nicht entspannend, denn zu diesem Bild gehörte ein Kind. Für die nächsten vier Wochen würde er Vaterfigur für ein fremdes Mädchen spielen müssen.

„Dir obliegt also eine gewisse Verantwortung“, wiederholte er brummig und ließ seine Nervosität an seinem Cousin aus. „Weißt du eigentlich, dass du immer wichtigtuerischer wirst?“

„Das muss wohl an den sechzehn Stunden liegen, die ich pro Tag hinter dem Schreibtisch zubringe“, erwiderte Baxter gelassen. „Nicht jeder von uns hat das letzte halbe Jahr damit verbracht, Tretmienen auszuweichen und sich unter Gewehrkugeln wegzuducken.“

„Das ist mein Job.“ Er war Feldsanitäter. Auch wenn es nicht unbedingt das war, was er sich von Anfang an für seine Zukunft vorgestellt hatte, so bereute Vance es nicht, derjenige zu sein, der sich an der Front um verletzte und gefallene Kameraden kümmerte. Er war verdammt gut in dem, was er tat. Er hatte Leben gerettet.

Manche hatte er allerdings nicht retten können.

„Oh, oh“, kam es von Baxter. „Bleib hier, Kumpel. Du siehst aus, als würdest du gleich die Beine in die Hand nehmen und losspurten.“

„Ich spurte nirgendwohin.“ Er konnte noch immer die Stimme seines Großvaters hören: Ein Mann bricht niemals sein Versprechen. Vance richtete sein ganzes Leben nach diesem Motto aus. Nachdenklich spielte er mit den Enden der Satinschleife am Hals des Plüschbären. „Als ihr Vater in diesem gottverlassenen Tal gestorben ist, habe ich ihm geschworen, ich biete Layla einen Urlaub in Strandhaus Nr. 9, den sie nie vergessen wird.“

Der tödlich verwundete Colonel hatte die Reise bereits gebucht gehabt und trug die Unterlagen im Innennetz seines Helmes bei sich. Alle Soldaten taten das – stopften wichtige Papiere, Briefe oder Fotos unter den Helm. Genau wie er hatte auch der Colonel durch Griffin Lowell, einem der akkreditierten Journalisten, die mit ihnen an die Front gekommen waren, von Crescent Cove erfahren.

Der Mann war regelrecht poetisch geworden, wenn er von den Sommern erzählt hatte, die er in seiner Kindheit hier verbracht hatte – und zwar ohne Ausnahme jedem, der bereit gewesen war, ihm zuzuhören. Und sie alle hatten zugehört. Die Beschreibungen der fernen Idylle hatten ihnen eine Flucht vor den Grausamkeiten eines brutalen Krieges geboten. Scheinbar hatten diese Erzählungen bei dem Offizier an eine besondere Saite gerührt, denn er hatte den Bungalow tatsächlich für die Zeit seines Heimaturlaubs gemietet. Die Buchungspapiere hatte er zusammen mit dem Foto seiner kleinen Tochter unter seinen Helm gesteckt.

Während Vance hinter einem Schutzwall aus Strohballen und Erde versucht hatte, dessen Blutung zu stoppen, hatten Colonel Parkers Gedanken allein seiner Tochter gegolten. Bei seinen letzten Atemzügen hatte Parker ihm das Versprechen abgenommen, an seiner Stelle für einen Monat den Reiseleiter für Layla zu spielen und seiner Kleinen vier Wochen lang eine unvergessliche Zeit zu bereiten. Für ihn war es eine Frage der Ehre, dem letzten Befehl des guten Mannes Folge zu leisten.

Baxter zuckte in seinem Stuhl zusammen. „Hey. Ist das etwa …?“ Er fixierte einen Punkt hinter seiner Schulter und wischte sich mit der Hand über den Mund. „Nein, das kann nicht …“

Der jähe Verlust von Gelassenheit bei seinem Cousin beunruhigte Vance für einen Moment, bis er sich umdrehte, um Baxters Blick zu folgen. „Oh.“ Er entspannte sich wieder. „Das ist Addy. Du erinnerst dich doch noch an Addison March, oder? Ihre Mutter und unsere Mütter sind befreundet. Sie wohnt gleich die Straße von unserer Plantage hinunter und …“

„Ich weiß, wer sie ist“, fiel Baxter ihm ins Wort. „Ich frage mich nur, weshalb sie hier ist. Und wieso kommt sie direkt auf uns zu?“

Vance sah noch einmal über die Schulter hinter sich. Addy, eine kleine kurvige Blondine in knielanger Strandhose und flachen Sandalen, wand sich zwischen den Tischen auf der Terrasse hindurch und steuerte ihren Platz an. Auf jeden Fall konnte ihr Äußeres nicht der Grund für den Stress sein, der in der Stimme seines Cousins zu hören war. „Ich habe sie als Nanny angeheuert. Schließlich kann ich wohl kaum vier Wochen mit einem kleinen Mädchen allein sein. Wir trafen uns zufällig, als ich vor ein paar Tagen herkam, um mir die Bucht anzuschauen, und da …“

„Du sagtest doch, dass du noch nie von dieser Bucht gehört hast, bevor dieser Reporter davon erzählte. Ich habe ja auch noch nie davon gehört. Von allen möglichen Kaschemmen, ausgerechnet hier …“ Er stand abrupt auf. „Ich muss los.“

„Hallo“, sagte da eine weibliche Stimme hinter ihm. „Gehst du schon, Baxter?“

Sein Cousin erstarrte. Baxters panische Miene hätte lustig wirken können, wenn sie nicht so völlig untypisch für ihn gewesen wäre. „Alles in Ordnung mit dir?“, hakte Vance argwöhnisch nach.

„Sicher, klar, alles bestens“, murmelte Baxter und ließ sich wieder auf seinen Platz fallen. „Mir geht’s prächtig. Ist mir nie besser gegangen.“

„Wenn du meinst.“ Vance zeigte auf einen freien Stuhl am Tisch. „Setz dich doch, Addy. Du kommst genau richtig, Layla müsste jede Minute hier sein.“

„Bringt ihr Onkel sie her?“, erkundigte sich die junge Frau.

„Das nehme ich an.“ Er hatte per E-Mail abgesprochen, sich heute hier mit Phil Parker zu treffen, dem Kontakt, den Laylas Vater ihm genannt hatte. Vance hatte den Eindruck gewonnen, dass der Mann ein weltfremder Spinner sein musste. Seine mehr als vagen Auskünfte hatte er ohne Punkt und Komma vorgebracht, dafür waren häufige Anspielungen auf Kismet, Schicksal und Surfen eingeflochten gewesen. Jede Mail endete mit einem namaste, was auch immer das heißen mochte.

„Nett, dass du einen Plüschteddy besorgt hast“, meinte Addy.

Bei der Erinnerung an den Teddy wurde Vance wieder nervös. Wahrscheinlich zog er nur deshalb das Foto aus seiner Hemdtasche. Oh ja, er hatte sich sogar schick gemacht für die Kleine. Seine beste Jeans und ein kurzärmeliges Hemd, frisch aus der Reinigung. Er legte das Bild auf den Tisch. „Ihr Vater hatte das hier bei sich. So kam ich auf die Idee.“

Von dem Foto blickte Layla Parker die drei Betrachter an. Sie hockte auf einer niedrigen Steintreppe, eines ihrer knochigen Klein-Mädchen-Knie war aufgeschlagen. Lange Zöpfe hingen ihr über die Ohren, betonten eine hohe Stirn und riesige braune Augen. Sie musste ungefähr zehn sein und schaute in die Kamera auf, in ihrem Gesicht ein kleines Lächeln, während sie mit ihren mageren Armen einen großen Teddy an sich drückte.

„Ah …“ Addy lächelte. „Süß.“

„Ja.“ Die Hand ihres Vaters hatte gezittert, als er das Foto herausgefischt und es ihm hingehalten hatte. Ist sie nicht wunderschön, Vance? Du musst etwas für mein kleines Mädchen tun. Lass sie nicht allein. Welche Wahl hatte er da gehabt? Die Emotionen in der rauen Stimme des Sterbenden hatten ihm die Zusicherung praktisch abgezwungen.

Er hatte alles in seiner Macht Stehende getan, um den Colonel zu retten … es war nicht genug gewesen. Der Mann war ihm unter den Händen weggestorben und hatte ihn mit dem Versprechen zurückgelassen, den letzten Wunsch des Colonels zu erfüllen.

„Ich muss gehen“, meldete Baxter sich wieder.

„Klar.“ Da Addy jetzt hier war, war die Anwesenheit einer zweiten Person gesichert, das würde die Verlegenheit beim ersten Treffen mit der kleinen Layla mildern. Er nickte seinem Cousin zu. „Danke für …“

Er verstummte, da plötzlich eine Brise aufkam und ihm kalt über den Nacken strich. Die Härchen an seinem Körper – sogar die unter dem verfluchten Gips – richteten sich auf. Alles in ihm verspannte sich, bereit zur Flucht. Als Soldat lernte man schnell, sich auf sein Bauchgefühl zu verlassen, und seins sagte ihm, dass er derjenige war, der schnellstens gehen sollte.

Aber so oft er auch halb tot vor Angst gewesen war, seit er zum Militär gegangen war, hatte er sich nie vor seinen Pflichten gedrückt und würde bestimmt nicht jetzt damit anfangen. Und überhaupt, welche Gefahr konnte in dieser sonnigen Zivilwelt schon lauern?

Der seltsame Windhauch jagte ihm erneut kalt über die Haut. Vance drehte den Kopf in die entsprechende Richtung. Die Sonne blendete ihn. Irgendetwas blendete ihn auf jeden Fall. Er musste mehrere Male blinzeln, bis er den Empfangstresen am anderen Ende der Terrasse klar erkennen konnte. Eine junge Frau stand dort – eine sehr hübsche junge Frau. Sie musste ungefähr Mitte zwanzig sein und trug ein leichtes Sommerkleid aus fließendem Stoff, das in allen Farben des Regenbogens schillerte, knapp über den Knien endete und mit einem Gürtel um die schmale Taille zusammengerafft war. Mittelbraunes Haar wellte sich um ihre Schultern, ein dichter Pony hing ihr bis fast in die Augen.

Vance stutzte und runzelte die Stirn. Da war etwas an ihr … Sie fiel ihm eindeutig auf. Nicht so, wie eine wirklich gut aussehende Frau jedem Mann auffiel, sondern … sie kam ihm bekannt vor.

Und sie war nervös. Sie strich sich mit den Fingern durch das lange Haar, während sie auf Zehenspitzen suchend das Restaurant überblickte, dabei kaute sie auf ihrer Unterlippe.

Großer Gott, kannte er diesen Mund nicht?

Nein, er hätte es bestimmt nicht vergessen, wenn er diese Lippen schon mal geküsst hätte, oder doch?

Die Augen zusammengekniffen, überlegte er weiter. Er war dreißig und sie musste ungefähr fünf Jahre jünger sein als er. Somit war es ausgeschlossen, dass sie auf die Liste seiner Highschool-Romanzen gehörte – selbst, falls der Zufall eins von den Mädchen hergeführt hätte. Schließlich waren sie nur eine Stunde Fahrt von dem Ort entfernt, an dem er aufgewachsen war. Was seine neuesten Eroberungen betraf … bis vor sechs Monaten hatte er ein Jahr lang eine feste Beziehung gehabt. Das konnte nur bedeuten, dass dieses hübsche kleine Ding in seine Sturm- und Drangzeit gehören musste. Es war eine wilde und verrückte Zeit gewesen, und die Erinnerungen daran waren eher verschwommen.

Er sah Baxter an, der damals sein Komplize gewesen war, der arme Kerl war zum Fahrer abkommandiert worden, wann immer es ihm gelungen war, ihn aus dem Büro loszueisen. „Cousin?“

Baxter zuckte zusammen, er hatte Addy angestarrt, die versunken das Spiel der Wellen beobachtete. „Äh … ja?“

Sein Cousin strich sich über die geschmackvolle Krawatte und warf einen letzten Blick auf die Blondine, die neben ihm saß.

Vance hatte jetzt keine Zeit, sich damit zu beschäftigen, was genau da vor sich ging, nicht solange er sich darauf konzentrieren musste, die Identität der langbeinigen Schönheit zu enträtseln. „Mach es nicht zu auffällig, aber schau dir mal die Frau an, die beim Empfang auf einen Tisch wartet.“ Sein Cousin blickte gelassen hinüber. „Kenne ich sie?“

Empört funkelte Baxter ihn an. „Wie sollte ich all deine Bekannten kennen?“

„Es ist vielleicht weit hergeholt, doch …“ Vance hatte das bedrückende Gefühl, sie war mehr als nur eine Bekannte. Er widerstand dem Drang, zu ihr hinzustarren, obwohl der Mann in ihm zu gerne einen genaueren zweiten Blick riskiert hätte. Das wäre jedoch keine gute Idee. Sollte sie tatsächlich eine Verflossene sein, wollte er nicht auch noch ihre Aufmerksamkeit erwecken. In den letzten Jahren war er wählerischer geworden, weniger Partylöwe. Es wäre nur peinlich für sie beide, falls sie die Bekanntschaft auffrischen wollte und er sich nicht einmal an ihren Namen erinnerte, geschweige denn daran, wie und wo sie sich kennengelernt hatten.

Sollte ich wirklich einen solchen Mund vergessen haben?

„Ach, ist ja auch egal.“ Er hakte einen Fuß um eins der Stuhlbeine und ruckte mitsamt Stuhl ein Stückchen herum, mehr mit dem Rücken zu der Brünetten.

„Hm“, kam es von Baxter, der wieder an ihm vorbeiblickte. „Sie hat das Warten wohl aufgegeben und kommt jetzt auf die Terrasse heraus. Sieht aus, als liefe sie direkt auf uns zu.“

Verdammt! In aller Eile durchforstete Vance noch einmal seine Erinnerungen. Auf dem College hatte er in Vergnügungssucht und Aufschiebungstaktik geglänzt, bis er sein Studium abgebrochen und sich freiwillig zur Army gemeldet hatte. Als er nach vier Jahren Dienst nach Kalifornien zurückgekehrt war, war er wieder in die alte Bad-Boy-Rolle zurückgefallen, hatte sich jedoch bald gefangen und war eine feste Beziehung mit einer Frau eingegangen, von der er gedacht hatte, dass sie seine Zukunft wäre. Dennoch war dazwischen genug Zeit gewesen, um die Frau mit dem welligen Haar, deren Anwesenheit er körperlich fühlen konnte, kennenzulernen und wieder zu vergessen.

Vorsichtig schaute er über seine Schulter. Sie war stehen geblieben und musterte die Gäste im Restaurant. Und ja, sie strahlte definitiv mehr als nur einen Hauch Nervosität aus. Er hoffte für sie, dass nicht irgendein Trottel sie versetzt hatte. Jetzt wanderte ihr Blick weiter, gleich musste sie seinen Tisch ins Auge fassen … Hastig drehte Vance sich weg und rutschte auf dem Stuhl tiefer. Er wollte schon nach der Speisekarte greifen, damit er sich dahinter verstecken konnte, aber im letzten Moment riss er sich zusammen.

Was trieb er hier eigentlich? Addy würde ihn für beschränkt halten, und Baxter würde sich halb totlachen. Er schimpfte sich ja selbst einen Idioten, weil er diesen Impuls überhaupt verspürte.

Außerdem hätte ich ein solches Gesicht bestimmt nicht vergessen.

Fest entschlossen, irgendein harmloses Small-Talk-Thema anzuschneiden, räusperte er sich. Addy und Baxter sahen beide gleichzeitig zu ihm hin und genauso synchron hoben sie den Blick über seinen Kopf. Sein Magen zog sich zusammen. Ein liebliches Parfüm stieg ihm in die Nase, begleitet von einem weiteren dieser warnenden kalten Windstöße.

„Vance?“, fragte eine Frau mit rauchiger Stimme hinter ihm. „Vance Smith?“

Dieses leicht raue Timbre kratzte über seine Eingeweide, weckte seine sexuellen Bedürfnisse mit einem Paukenschlag. Mist, dachte er und verspannte sich. Das war jetzt wirklich nicht der passende Zeitpunkt. Es war die Zeit für Layla Parker, die jeden Moment aufkreuzen konnte. Die Situation würde unangenehm für alle Beteiligten werden, wenn die Frau, an die er sich nicht mehr erinnerte, beim ersten Treffen mit der Tochter des Colonels dabei wäre. Irgendwie musste er seine Libido wieder in Tiefschlaf versetzen, also blieb er reglos sitzen und wartete darauf, dass sein Wunsch sich erfüllte und sie ging.

Seine Hoffnung wurde jedoch enttäuscht, und so schluckte er resigniert und drehte sich halb auf seinem Stuhl um.

„War es das Breakers?“, fragte er. Das war eines der Lokale gewesen, in denen er sich früher öfter herumgetrieben hatte. „Oder Pete’s Place?“

„Wie bitte?“

Er zwang sich, ihr in die Augen zu schauen. Es waren große Augen, von einem sanften Braun, umrahmt von dichten dunklen Wimpern. Oh Mann, war alles, was er denken konnte. Diese Augen, der Mund … die Kombination haute ihn um.

Und rührte an eine Erinnerung. Nur bekam er sie nicht zu fassen, nicht mal, wenn sein Leben davon abgehangen hätte.

„Ich versuche mich zu erinnern, wo wir uns begegnet sind“, erklärte er. Es gab keine andere Möglichkeit als Offenheit, obwohl ihm völlig schleierhaft war, wieso er sich nicht an sie erinnerte, so, wie sein Körper auf sie reagierte. Sie hätte in sein Hirn eingebrannt sein müssen. „Tut mir leid, doch ich weiß es nicht mehr.“

„Oh.“ Goldene Kreolen schwangen mit, als sie den Kopf schüttelte. „Wir sind uns noch nie begegnet. Ich habe geraten. Sie haben die kürzesten Haare von allen hier.“

Ihre Mundwinkel hoben sich, als sie leicht lächelte, und …

… es klickte bei ihm. Dieses Lächeln war das fehlende Puzzleteilchen, das das Bild vervollständigte, weil es dasselbe Lächeln war wie das des kleinen Mädchens mit dem Teddybär im Arm – auf dem Foto des Colonels.

Sein Magen verkrampfte sich. Mist, dachte er verdattert. Oh Mist …

Sie hatte recht, sie waren einander nie begegnet. Dennoch kannte er sie. Um genau zu sein, er hatte auf sie gewartet. Ja, Colonel, sie ist wirklich wunderschön.

So schön, dass ihm schwindelig wurde.

Die sexy Frau, die keine zwei Meter von ihm entfernt stand, war niemand anderes als Layla Parker. Layla Parker, das „kleine Mädchen“, dessen Träume zu verwirklichen ihm aufgetragen worden war.

Großer Gott. Das änderte nun wirklich alles. Das „kleine Mädchen“ hatte sich als erwachsene Frau entpuppt.

Vance war so durcheinander, dass er nicht aufstand, er sagte kein Wort, er schien nicht einmal mehr zu atmen. Zum Glück besann Baxter sich auf seine Manieren. Er erhob sich und rückte der Tochter des Colonels den Stuhl zurecht, eine Aufforderung, sich an den Tisch zu setzen. Und Layla ließ sich von ihm wegführen und sich auf den freien Platz neben Addy helfen. Sie richtete ihre Aufmerksamkeit auf seinen Cousin und die Frau, die er angeheuert hatte, damit sie zusammen mit ihm und einem kleinen Mädchen vier Wochen in Strandhaus Nr. 9 verbrachte.

Mit dem kleinen Mädchen, das überhaupt kein kleines Mädchen war.

Da er Mühe hatte, diese Tatsache zu verarbeiten, überließ er es Baxter und Addy, die Begrüßung zu übernehmen und die Unterhaltung in Gang zu bringen. Layla lächelte und redete, das sah er, auch wenn kein Wort von ihr zu ihm durchdrang.

Immer wieder richtete sie ihre großen braunen Augen flüchtig auf ihn, ganz offensichtlich verwirrt darüber, dass er sein Schweigen eisern beibehielt. Das tat er nur, weil er vollauf damit beschäftigt war, die Reaktionen seines Körpers unter Kontrolle zu halten, während seine Gedanken sich auf der Suche nach einer Lösung für diese unmögliche Situation überschlugen.

Einer der Kellnerinnen war aufgefallen, dass ihr Vierertisch voll besetzt war. Sie kam herüber, um sie nach ihren Wünschen zu fragen. Vance wollte die Bedienung gerade wissen lassen, dass sie nicht lange bleiben würden, doch Baxter, der es plötzlich gar nicht mehr eilig hatte, und die Frauen gaben bereits ihre Bestellungen auf. So blieb ihm nichts anderes übrig, als auch etwas zu ordern – er nahm ein Sandwich und einen Eistee.

Na schön, sie würden also zusammen essen, ein Mahl miteinander teilen, bevor sie sich wieder verabschiedeten und jeder wieder seiner Wege ging. Layla war mindestens doppelt so alt wie er erwartet hatte, und sicher wusste sie mit ihrer Zeit Besseres anzufangen, als mit einem komplett fremden Mann vier Wochen am Strand herumzuhängen.

Gerade, als er sich von diesem Gedanken beruhigen ließ, sagte sie: „Mein Dad hat in seinen Briefen viel von Ihnen erzählt.“

Vance blinzelte und riss den Blick von dem Foto los, das halb von einem Platzset verdeckt auf dem Tisch lag. „Hat er?“ Sicher, sie hatten sich gekannt und der Colonel hatte echtes Interesse für die Männer unter seinem Kommando gezeigt. Dafür war er von ihnen respektiert und bewundert worden. Wirkliche Nähe war aber erst an jenem schicksalhaften Tag entstanden, als er zusammen mit dem Colonel und ein paar Soldaten das Tal durchqueren sollte, um sich mit einem Stammesältesten zu treffen. Wenn man um das Leben eines anderen Menschen kämpfte, bildete sich rasant eine intensive Intimität.

Layla senkte den Blick auf ihre unzähligen dünnen Armreifen, drehte sie an dem schmalen Handgelenk erst im Uhrzeigersinn, dann dagegen. „Er hat mir immer lange Briefe geschickt, in denen er die Leute beschrieb, mit denen er zu tun hatte, und ein sehr genaues Bild von der Landschaft zeichnete. Solche Dinge eben.“

Vance dachte an die knappen E-Mails, die er an seine Familie verschickt hatte, und zum ersten Mal meldete sich so etwas wie ein schlechtes Gewissen. „Ah.“

„Er konnte gut Geschichten erzählen“, meinte sie mit dieser großartigen rauchigen Stimme. „Wäre er nicht Soldat ge-wesen …“

Sie verstummte und es entstand eine unangenehme Pause. Schließlich war er nun mal Soldat gewesen, und jeder am Tisch wusste, wie es ausgegangen war.

Addy beendete die lastende Stille. „Was machen Sie denn?“

Genau, dachte Vance, die perfekte Einleitung. Jetzt würde Layla ihm mitteilen, dass sie ein Leben hatte und dass es ihr leider, leider unmöglich war, vier Wochen in Crescent Cove zu verbringen.

„Karma Cupcakes“, lautete ihre Antwort.

Karma Cupcakes? Er hatte nicht die geringste Ahnung, was sie damit meinte, doch es erinnerte ihn an etwas. „Wo ist eigentlich Ihr Onkel?“, fragte er abrupt. Herrgott! Hatte der Mann denn nicht gemerkt, dass er von völlig falschen Voraussetzungen ausgegangen war? Ich habe eine Zehnjährige erwartet, Phil.

Layla zuckte mit den Schultern. „Im Moment dürfte er wohl in einem Park sein. Wann immer es ihm möglich ist, trainiert er mittags für eine Stunde Tai-Chi.“

Na, das passte doch bestens. Namaste. Das bestätigte nur seinen Verdacht, dass der Mann weltfremd war und nichts Seltsames an dem Arrangement fand, das er für seine erwachsene Nichte getroffen hatte. Kein Wunder, dass Laylas Vater nicht den eigenen Bruder mit seinem letzten Wunsch beauftragt hatte. „Und danach?“

„Er fährt den Cupcake-Truck.“ Sie lachte leise, als sie die verständnislosen Mienen am Tisch bemerkte.

Ein wenig rau und sehr jung.

Aber sicherlich sehr viel reifer als das Lachen des weiblichen Wesens, auf das er eingestellt gewesen war, um es in Strandhaus Nr. 9 zu unterhalten. Das Ganze war ein schlechter Witz.

„Onkel Phil und ich betreiben zusammen eine fahrende Bäckerei“, klärte Layla sie auf.

Addys Interesse war geweckt. „Diese mobilen Delikatessenläden sind der neueste Trend.“

„Genau.“ Layla nickte. „Unser Geschäft heißt Karma Cupcakes. Wir rühren den Teig im Truck frisch an und backen die Cupcakes da. Wir haben einen Plan, nach dem wir zu den verschiedenen Orten in ganz Südkalifornien fahren, zu Märkten und beliebten Ausflugszielen. Entweder haben wir Laufkundschaft, oder unsere Stammkunden sehen im Internet nach, wo wir mit dem Truck stehen.“

Baxter setzte sich gerader hin. „Ich habe da neulich diesen wirklich interessanten Artikel in der Commerce Weekly gelesen, der …“

„Ein solches Unternehmen muss Sie ja gut auf Trab halten, Layla“, schaltete Vance sich eilig ein. Am Morgen war er in Strandhaus Nr. 9 eingezogen. Als er einberufen worden war, hatte er seine Wohnung aufgegeben, und seit seiner Rückkehr nach Südkalifornien wohnte er in Baxters Stadthaus. Genug Zeit, um herauszufinden, dass der Mann sich dreiundzwanzigeinhalb Stunden des Tages mit seiner Arbeit und mit Geschäftlichem beschäftigte. Sein Cousin konnte ewig über einen staubtrockenen Artikel dozieren, den er in irgendeinem Wirtschaftsmagazin gelesen hatte. Damit würde er nur die Übereinkunft hinauszögern, zu der er und Layla jetzt schnellstens gelangen mussten, nämlich der, dass sie beide ihrer Wege gingen, sobald er die Rechnung für den Lunch bezahlt hatte. „Gerade im Sommer müssen Sie Hochsaison haben, schätze ich“, fuhr er fort.

„Stimmt“, gab Layla ihm recht. „Aber es ist alles arrangiert, sodass ich ohne Probleme diese Zeit in Strandhaus Nr. 9 verbringen kann, falls Sie sich deshalb Gedanken machen sollten.“

Und ob er sich deswegen Gedanken machte, verdammt!

„Onkel Phil besitzt die Gabe, sehr schnell Freunde zu finden, er hat sich auch gleich mit dem Paar angefreundet, dem dieses Restaurant gehört. Als sie hörten, was wir tun, waren sie sofort damit einverstanden, dass wir unseren Wagen auf dem Parkplatz hier abstellen. Morgens fahren wir zum Highway hoch, und am Vormittag rühre ich wie üblich Teig an und übernehme das Backen. Nachmittags können wir dann …“ Sie zuckte mit den Schultern.

Wir können?

Oh Mann, er war unverbesserlich! Bei ihren Worten hatten sich sofort erotische Bilder in seinen Kopf gedrängt. Vermutlich musste man den Frauenmangel beim Einsatz dafür verantwortlich machen, vielleicht lag es auch an dem Desaster, in dem seine letzte Beziehung geendet war. Nein verdammt, Schuld hatte allein die schöne junge Frau, die ihm am Tisch gegenübersaß und der die strahlende Sonne eine goldene Aureole um die großartige Figur warf. Wer sollte ihm da die prompte heftige sexuelle Reaktion verübeln können? Diese Frau bestand praktisch aus großen braunen Augen und weichen Lippen, aus sanften femininen Rundungen und goldbrauner Haut. Wie sollte er da nicht den Blick an ihrem schlanken Hals entlanggleiten lassen, hin zum Dekolleté, das der V-Ausschnitt ihres Kleides dezent andeutete?

Ohne dass er es wollte, schossen Bilder in seinen Kopf. Er sah, wie er den Stoff mit seinem Mund beiseite zog und ihren süßen Duft einatmete. Sah, wie er mit den Lippen über ihre seidige Haut strich, hin zu den verborgenen rosigen Spitzen, und wie er die sich aufrichtenden Brustwarzen mit feuchter Zunge und heißem Atem liebkoste. Unruhig würde sie die langen Beine bewegen, würde Platz für ihn machen und sich ihm selig seufzend ergeben, ein Seufzer der Kapitulation, der für einen Mann der stärkste Anreiz überhaupt war.

Für einen Mann, der ihrem Vater ein Versprechen gegeben hatte.

Verdammt!

Ruckartig lenkte er den Blick wieder auf das Foto des kleinen Mädchens auf dem Tisch. „Das wird nicht passieren“, entfuhr es ihm heftig.

„Was meinen Sie?“, fragte Layla.

Er unterdrückte ein Stöhnen und zwang sich, ihr in die Augen zu sehen. „Hören Sie … ich hatte nicht erwartet, dass Sie … dass Sie so sind.“

Völlig perplex starrte sie ihn an. „Sie sagten doch, mein Vater habe von mir erzählt.“

„Ja, das stimmt schon. Seine letzten Gedanken galten Ihnen. Dennoch …“ Vance konnte fühlen, dass Addy und Baxter ihn anstarrten, als wäre er ein Monster, aber zum Teufel, er kam sich ja auch wie ein Monster vor. Total erregt und bereit, die schöne Maid in eine dunkle Höhle zu zerren. Die Reaktion war nicht nur extrem intensiv, sie war verdammt peinlich. „Vielleicht können wir uns ja an einem Tag zu einem Spaziergang verabreden und darüber reden. Oder vielleicht wäre ein langes Telefongespräch noch besser. Ich weiß … ich schreibe Ihnen eine ausführliche E-Mail.“

„Sie haben gesagt, den ganzen Juli in Strandhaus Nr. 9“, beharrte Layla.

Sie runzelte die Stirn über der kleinen geraden Nase. Offenbar hatte sie mehr Rückgrat, als er ihr auf den ersten Blick zugetraut hatte.

„Das war der Wunsch meines Vaters. Sein letzter Wunsch, von dem ich glaube, dass ich ihn erfüllen sollte. Sie sagten, es sei auch das, was Sie wollen.“

Natürlich konnte er verstehen, dass die Tochter des Colonels sich dazu verpflichtet fühlte, das zu tun, worum ihr Vater sie beide mit seinem letzten Wunsch gebeten hatte. Ein solches Versprechen nahm er sehr ernst, doch …

Ich dachte, Sie wären ein Kind.

Er musste sich etwas einfallen lassen, um sie abzuwimmeln.

Welcher Mann würde schon zugeben, dass er Angst hatte, mit ihr allein in einem Raum zu sein? Es würde also irgendein anderer Vorwand sein müssen, ein Notfall, oder …

Er suchte noch immer nach Optionen, als die Bedienung mit den Getränken zurückkam. Um Platz zu schaffen, ordnete sie alles, was bereits auf dem Tisch stand, um, schob dabei das Foto näher zu Layla und stellte ein Glas mit Eistee ab.

Laylas Blick fiel auf die Aufnahme. Wieder erschien diese kleine Falte auf ihrer Stirn. Verdammt. Vance war sicher, dass er sich nur noch blöder fühlen würde, sollte sie das mit seinem Irrtum herausfinden. Also griff er nach dem Bild und zog es zurück, bevor sie die Verbindung herstellte.

Dummerweise saß nach wie vor der große Teddy auf seinem Schoß. Na bravo. Da machte er sich Sorgen um seine Würde, obwohl er sich seinen Stuhl mit einem zehn Pfund schweren Haufen Watte und Plüsch teilte. Wie konnte er dieses Ding am besten loswerden?

„Habe ich ganz vergessen …“ Er stand auf und hielt ihr den Teddy hin. „Der ist für Sie.“

Layla erhob sich ebenfalls und streckte automatisch die Arme nach dem Plüschbären aus. Das Stofftier in den Händen haltend erstarrte sie. Ihr Blick glitt zu dem Foto, kehrte zurück zum Plüschtier, dann blickte sie wieder auf das Foto. Rote Flecken erschienen auf ihren Wangen.

„Oh“, murmelte sie kleinlaut. „Oh Gott.“

Damit wäre die Verbindung nun doch hergestellt, dachte Vance. Den Mund verzogen, streckte er den eingegipsten Arm aus und schnappte sich das Foto. Jetzt starrte sie auf die grellbunte Stulpe über dem Gips, leider verloren ihre Wangen den reizvollen rosigen Teint.

„Was haben Sie da gemacht?“, fragte sie leise.

Er betrachtete das Muster. Verdammt sollte Baxter sein. „Das sind keine echten Tattoos.“

Sie schnitt eine Grimasse. Ihr Mund war nicht breit, sondern eindeutig oberlippenlastig. Der obere Teil war proportional wesentlich größer.

Sollte man ihn deshalb ruhig verklagen, doch es faszinierte ihn.

„Das sehe ich auch“, erwiderte sie abfällig. „Ich meinte, wie sind Sie verletzt worden?“

Er zögerte.

„Ich habe gehört … Onkel Phil erzählte …“ Sie schluckte. „Es ist passiert, als Sie versucht haben, meinen Vater zu retten, nicht wahr?“

„Ja, als ich versucht habe, uns beide aus der Gefahrenzone zu bringen“, gab er zu. Nie hatte er sich mehr gewünscht, es wäre anders ausgegangen. „Zu meinem tiefsten Bedauern waren meine Bemühungen erfolglos.“

Layla ließ sich auf ihren Stuhl sinken.

Vance warf einen Hilfe suchenden Blick zu Addy, die sofort verstand und näher an Layla heranrückte.

„Ist alles in Ordnung mit Ihnen?“

„Ja, natürlich.“

Dennoch ließ sie ihn nicht aus den Augen, selbst dann nicht, als er sich wieder setzte.

„Jetzt verstehe ich, weshalb Sie wegen unseres gemeinsamen Monats besorgt sind.“

Vance war ziemlich sicher, dass sie nicht mal im Entferntesten ahnte, dass kalte Duschen nur begrenzt etwas gegen eine verrücktspielende Libido auszurichten vermochten, seine erinnerte ihn an die eines hormongeplagten Teenagers. „Genau“, sagte er dennoch.

„Nun, Sie brauchen sich wirklich keine Gedanken zu machen.“

„Gut.“ Sie versteht also, warum es unmöglich funktionieren kann, dachte er erleichtert. Wenn sie sich gegen diesen Plan entschied, brauchte er sich nicht schuldig zu fühlen, weil die ganze Sache abgeblasen wurde.

„Ihre Verletzungen werden unseren gemeinsamen Monat bestimmt nicht beeinträchtigen.“ Sie reckte die Schultern, schüttelte ihre Verlegenheit ab. „Denn natürlich werde ich in Strandhaus Nr. 9 helfen, wo ich nur kann.“

Oh verdammt, sie hat überhaupt nichts kapiert! „Layla …“

„Das ist doch selbstverständlich.“

Von einer Sekunde auf die andere war sie von sanft auf stahlhart umgeschwenkt.

„Sie wurden verletzt, als Sie meinem Vater das Leben retten wollten. Daher ist es nur angebracht, dass ich nun an der Reihe bin.“

Vance runzelte die Stirn, da der nächste kalte Windhauch über seinen Nacken strich. „Mir ist nicht ganz klar, wie Sie das meinen.“

„Das ist Karma.“ Ein Grübchen erschien direkt neben ihrem Mund, als sie lächelte. „Sie haben sich um meinen Vater gekümmert, deshalb werde ich mich in den kommenden vier Wochen um Sie kümmern.“

2. KAPITEL

Eilig verließ Layla das Restaurant und lief über den Parkplatz zurück zum Karma-Cupcake-Wagen. Sie war dankbar für die kühle Brise auf ihren brennenden Wangen. Der Lunch hatte ungemütlich begonnen und mehr oder weniger in einer Katastrophe geendet. Selbst das fröhliche Pink und das Kiwigrün des Trucks hellte ihre Stimmung nicht auf.

Onkel Phil hatte den Stand an der Küstenstraße aufgebaut, sodass er den vorbeifahrenden Autos unmöglich entgehen konnte. Die Markise spendete Schatten für zwei kleine Bistrotische und hielt die Sonne davon ab, direkt in die mit Glas verblendete Theke zu scheinen, in der die Auslagen mit Cupcakes bestückt waren, die sie am Morgen frisch gebacken hatte.

Als sie näher kam, bremste gerade ein Wagen neben dem Stand ab. Eine Frau eilte an den Tresen und stieg kurz darauf mit einem halben Dutzend Cupcakes wieder in ihr Auto ein. Layla erkannte die Cupcakes als die mit der beliebtesten Geschmacksrichtung, gekrönt von einem Schokofrosting aus einer reichhaltigen Mischung mit Zimt und Nelken, die sie Schokoladen-Chai nannten. Erst sah ihr Onkel dem davonfahrenden Wagen nach, dann blickte er strahlend lächelnd zu ihr.

„Gerade mal zehn Minuten stehe ich hier und schon habe ich vier Kunden bedient.“ Zufrieden rieb er sich die Hände. „Ein ganzer Monat in Crescent Cove könnte sich als exzellente Entscheidung für das Geschäft erweisen.“

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