Ein unvergesslicher Verführer - Kathie DeNosky - E-Book

Ein unvergesslicher Verführer E-Book

Kathie Denosky

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Beschreibung

Ausgerechnet Josh Gordon! Kiley würde am liebsten im Boden versinken. Vor drei Jahren gab es im Apartment ihrer Schwester ein pikantes Missverständnis, und sie landeten miteinander im Bett. Zugegeben, es war ein Feuerwerk der Lust, das sie in seinen Armen erlebte, aber es gab ein peinliches Erwachen! Und jetzt muss sie Josh um Geld für ihr Kindergarten-Projekt bitten - und fleht insgeheim, dass er sie nicht erkennt. Er ist noch attraktiver als in ihrer Erinnerung, aber die Blicke aus seinen dunklen Augen sind unergründlich: Weiß er es, oder weiß er es nicht?

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Seitenzahl: 201

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IMPRESSUM

BACCARA erscheint in der Harlequin Enterprises GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: 040/60 09 09-361 Fax: 040/60 09 09-469 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Christel BorgesGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2013 by Harlequin Books S.A. Originaltitel: „It Happened One Night“ erschienen bei: Harlequin Books, Toronto in der Reihe: DESIRE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARABand 1846 - 2014 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg Übersetzung: Ute Augstein

Abbildungen: Harlequin Books S.A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 11/2014 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733720803

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

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PROLOG

Als Josh Gordon die Tür zum Apartment seiner Freundin aufschloss, wollte er zwei Dinge: leidenschaftlichen Sex mit Lori und anschließend unbedingt etwas Schlaf nachholen. Er hatte einen anstrengenden Tag hinter sich, in dessen Verlauf er zahlreiche Stellenangebote für Gordon Construction ausgeschrieben und viel Zeit mit einem potenziellen Klienten beim Dinner verbracht hatte. Dieser war relativ lange unentschlossen gewesen, ob er dem Unternehmen von Josh und seinem Zwillingsbruder Sam oder aber einem ihrer Mitbewerber den Zuschlag geben sollte.

Zwar war Josh nicht besonders stolz darauf, aber sein Geschäftspartner und er hatten während des Essens so viel Wein getrunken, dass es ein Leichtes gewesen wäre, damit eine ganze Schiffsflotte zu fluten. Letztendlich hatte der Mann dann Gordon Construction den heiß ersehnten Auftrag erteilt.

Nach dem Dinner hatte Josh beschlossen, die Nacht mit Lori zu verbringen, anstatt auf seine Ranch zu fahren, die fünf Meilen außerhalb der Stadt lag. Schließlich war er verantwortungsbewusst genug, um sich nach dem Genuss von so viel Wein nicht mehr hinter das Lenkrad seines Wagens zu setzen. Glücklicherweise hatte Lori ihm einige Wochen zuvor die Schlüssel zu ihrer Wohnung überreicht, die nur wenige Blocks von dem Restaurant entfernt war, in dem er zu Abend gegessen hatte. Außerdem hatte er Lori schon einige Tage lang nicht mehr gesehen und sehnte sich danach, sie in den Armen zu halten.

Vielleicht hätte er sich Gedanken darüber machen müssen, dass ihre Beziehung mehr oder weniger rein sexueller Natur war, doch weder er noch Lori wollten eine feste Partnerschaft. Seiner Meinung gab es nichts, was dagegen sprach, wenn zwei Erwachsene in gegenseitigem Einverständnis unverbindlichen Sex miteinander hatten.

Während er durch das Wohnzimmer auf den Flur zuging, der zu ihrem Schlafzimmer führte, beschloss er, das Licht nicht anzuschalten, weil er – wahrscheinlich vom übermäßigen Weinkonsum – leichte Kopfschmerzen hatte.

Er lockerte bereits seine Krawatte und schlüpfte aus der Anzugjacke, als er die Tür zu Loris Schlafzimmer öffnete, bevor er sich seiner restlichen Kleidung entledigte und ins Bett legte. Genüsslich schloss er die schlafende Frau neben sich in die Arme und küsste sie leidenschaftlich, um sie aufzuwecken.

Bevor sie seinen Kuss erwiderte, murmelte sie leise etwas vor sich hin, doch Josh gab ihr keine Gelegenheit, mehr zu sagen, denn ihre weiblichen Reize hatten ihn augenblicklich verzaubert. Es kam ihm so vor, als hätte Lori noch nie verführerischer geschmeckt als in dieser Nacht, und der zarte Duft ihres Shampoos ließ glutvolles Verlangen in ihm aufsteigen.

Während sie seine Schultern streichelte und ihm mit den Fingern durchs Haar fuhr, küsste sie ihn mit einer Leidenschaft, die ihm den Atem raubte und seine Erregung ins Unermessliche steigerte. Offenbar war sie genauso scharf auf ihn wie er auf sie. Ohne den Kuss zu unterbrechen, schob er den Saum ihres knielangen Nachthemdes nach oben. Kurz darauf hatte er ihr auch das winzige Etwas aus Seide und Spitze, das ihn noch von ihrer verheißungsvollen Weiblichkeit trennte, nach unten gestreift und schob ungeduldig die Hand zwischen ihre Schenkel.

Sein Herz schien wie wild zu trommeln, als er sich auf sie rollte und spürte, wie sie sich ihm entgegendrängte. Da ihre Begierde seiner in nichts nachzustehen schien, drang er mit einer einzigen, kraftvollen Bewegung in sie ein und begann, sich lustvoll in ihr zu bewegen. Er war fasziniert davon, wie außergewöhnlich sie sich in dieser Nacht anfühlte und wie begierig sie seine Liebkosungen erwiderte. Doch der Rausch der Leidenschaft hatte ihn bereits zu sehr mit sich gerissen, als dass er sich weitere Gedanken um solche Nebensächlichkeiten hätte machen können. Vermutlich war seine veränderte Wahrnehmung eine natürliche Folge des weinseligen Geschäftsessens.

Schon kurze Zeit später spürte er, wie dicht Lori davor war, den Gipfel zu erklimmen. Daher hielt auch er sich nicht länger zurück, und nach einigen Sekunden erreichten sie gemeinsam einen unglaublich intensiven Höhepunkt. Ihr leises Aufstöhnen verriet ihm, dass sie an dem leidenschaftlichen Intermezzo genauso viel Vergnügen gefunden hatte wie er, und erschöpft zog er sie noch enger an sich.

„Oh, Mark, das war einfach unglaublich.“

Abrupt verharrte Josh mitten in der Bewegung und versuchte zu verarbeiten, was er da gerade gehört hatte. Die Frau, mit der er soeben geschlafen hatte, hatte ihn Mark genannt. Das allein hätte schon ausgereicht, ihn vor Schreck erstarren zu lassen, doch wesentlich problematischer war die Tatsache, dass diese Frau sich überhaupt nicht wie Lori anhörte.

Was hatte er getan? Wo war Lori? Und wer war diese Frau, mit der er soeben Sex gehabt hatte?

Schlagartig war er wieder völlig nüchtern, rollte sich auf die Seite, setzte sich auf die Bettkante und griff hastig nach seinen verstreuten Kleidungsstücken. „Ich … ähm … oh, zur Hölle. Es tut mir wirklich leid. Ich habe gedacht, Sie wären Lori.“

Die Frau schwieg einen Moment, bevor sie einen leisen Schrei ausstieß und, den Geräuschen nach zu urteilen, hastig aus dem Bett sprang. „Du liebe Güte! Nein, das darf doch nicht wahr sein. Wir haben doch nicht … Sie müssen …“

„… Josh sein“, beendete er den Satz für sie, da sie offensichtlich Probleme hatte, ihre Gedanken zu ordnen.

Während er sich anzog, drehte er ihr den Rücken zu, obwohl sie in der Dunkelheit vermutlich ebenso wenig sehen konnte wie er. Angesichts der misslichen Situation erschien es ihm jedoch irgendwie richtig.

„Es tut mir wirklich leid“, sagte er, obwohl ihm klar war, dass eine Entschuldigung vermutlich nicht genügte, wenn man die Umstände bedachte. Allerdings wusste er auch nicht, was er sonst sagen sollte, um die peinliche Situation zu entschärfen. „Ich schwöre bei Gott, dass ich dachte, Sie wären Lori.“

„Ich bin ihre … Schwester“, erwiderte die Frau, die offenbar allmählich die Fähigkeit wiedererlangte, in ganzen Sätzen zu sprechen.

Natürlich wusste er, dass Lori eine Schwester hatte, doch da ihre Beziehung nie über das Körperliche hinausgegangen war, hatten sie einander nicht sehr viele Details aus ihrem Leben erzählt. Und selbst wenn Lori irgendwann einmal den Namen ihrer Schwester erwähnt haben sollte, wüsste er ihn jetzt vermutlich sowieso nicht mehr.

„Ich würde alles dafür geben, um das hier ungeschehen …“

„Bitte, hören Sie damit auf“, unterbrach sie ihn. „Gehen Sie einfach, Josh.“

Einen Moment lang zögerte er, bis er schließlich zu dem Schluss kam, dass das vermutlich wirklich das Beste war, was er tun konnte. Also hastete er überstürzt durch das Apartment, um es umgehend zu verlassen. Kaum hatte er die Tür hinter sich ins Schloss gezogen, hört er, wie Loris Schwester von innen den Riegel davorschob.

Er brauchte einen Augenblick, um zu begreifen, was gerade vorgefallen war. Er war zu berauscht und sie zu schlaftrunken gewesen, um daran zu denken, Safer Sex zu praktizieren oder zu verhüten. Das war ihm noch nie passiert, und er konnte nicht glauben, dass es gerade eben zum ersten Mal geschehen war.

Mittlerweile wieder völlig nüchtern, begab er sich zu seinem Mercedes, der immer noch auf dem Parkplatz vor dem Restaurant stand. Er würde jetzt nach Hause fahren und hoffte inständig, dass er am folgenden Tag nach dem Aufwachen feststellte, dass er den ganzen Vorfall nur geträumt hatte.

Doch als er in den Wagen gestiegen war und den Motor gestartet hatte, wusste er, dass das nicht der Fall sein würde. Er hatte das Unvorstellbare getan und mit der Schwester seiner Freundin geschlafen, die allerdings die aufregendste und wundervollste Sexpartnerin gewesen war, die er jemals gehabt hatte. Was die ganze Sache noch schlimmer machte, war die Tatsache, dass er keinen Schimmer hatte, wie sie überhaupt aussah oder hieß.

1. KAPITEL

Drei Jahre später

Während sie im Korridor des Texas Cattleman’s Club stand, seufzte Kiley Roberts aus tiefster Seele. Es war ja nicht so, dass sie nicht schon einige Monate zuvor genug um die Ohren gehabt hätte, als Unbekannte in dem Day Care Center – der Kindertagesstätte des Texas Cattleman’s Clubs – randaliert hatten. Jetzt musste sie zu allem Überfluss auch noch den Vorstand um eine Erhöhung des Jahresetats bitten. Nach allem, was sie bisher gehört hatte, würde das eine schwierige Schlacht werden. Einige der Komiteemitglieder hatten lautstark Bedenken an der Notwendigkeit einer Kinderbetreuung für Clubmitglieder geäußert – allen voran der Vorstandsvorsitzende Josh Gordon.

Sie waren einander niemals vorgestellt worden, und Kiley hatte keine Ahnung, ob Josh überhaupt wusste, wer sie war. Sie hingegen war sich nur allzu sehr bewusst, wer er war, und wäre deswegen am liebsten vor Scham im Erdboden versunken.

Als sie erfahren hatte, dass Josh Mitglied des Clubs war, hatte sie sich wieder an jedes Detail jener Nacht vor drei Jahren erinnert. Doch als ihr zu Ohren gekommen war, dass er auch noch dem Finanzausschuss des Texas Cattleman’s Clubs vorsaß, hatte sie das wie einen Schlag in die Magengrube empfunden. Als Leiterin der Tagesstätte musste sie die Erhöhung des Etats bedauerlicherweise persönlich beim Komitee beantragen.

Sie atmete tief ein. Weswegen war das Schicksal bloß so gemein zu ihr?

Wenn sie damals nicht so verschlafen gewesen wäre und so sehr darauf gehofft hätte, dass Mark – ihr damaliger Freund und jetziger Exmann – ihr nach dem Streit ins Apartment ihrer Schwester folgte, um sich mit ihr zu versöhnen, dann wäre das alles nicht passiert. Dann wäre ihr nämlich rechtzeitig aufgefallen, dass ein fremder Mann zu ihr ins Bett gestiegen war, und sie hätte das, was geschehen war, verhindern können.

Kiley schüttelte den Kopf. Allein die brennende Leidenschaft, die in Joshs Kuss zum Ausdruck gekommen war, hätte ihr sagen müssen, dass es sich nicht um Mark handeln konnte. Denn Mark vermochte nur für eines Leidenschaft zu empfinden, und das war er selbst.

Sie streckte die Schultern und seufzte ein letztes Mal. Es war nun einmal passiert, und es würde auch nichts ändern, wenn sie sich den Kopf über mögliche Eventualitäten zerbrach. Allerdings wäre es schön gewesen, wenn nicht ausgerechnet Josh Gordon Vorstand des Finanzausschusses gewesen wäre. Abgesehen von dem peinlichen Zwischenfall hatte er darüber hinaus nämlich noch das Herz ihrer Schwester gebrochen, indem er einen Monat nach der verhängnisvollen Nacht mit ihr Schluss gemacht hatte. Damit hatte er in Kileys Augen ausreichend bewiesen, dass er alles andere als eine vertrauenswürdige Person war.

Die Tür zum Besprechungszimmer wurde geöffnet, und ein Mann – vermutlich eines der Ausschussmitglieder – trat auf sie zu. „Ms Roberts, das Komitee ist jetzt bereit, Sie anzuhören.“

Kiley nickte und folgte dem Mann, obwohl ihre Füße sich am liebsten selbstständig gemacht hätten und in die entgegengesetzte Richtung gelaufen wären. „Danke.“

In dem Raum saßen Josh, drei weitere Männer sowie eine ältere Frau an einem langen Tisch, und Kiley versuchte, ihr Augenmerk ausschließlich auf alle anderen, nur nicht auf Josh zu richten. Da waren zum Beispiel Beau Hacket und Paul Windsor. Na großartig! Die beiden gehörten zu den Gegnern der Tagesstätte. Warum mussten sie ausgerechnet im Finanzausschuss sitzen? Kileys einzige Hoffnung ruhte also auf der Frau und dem Mann neben ihr.

„Guten Tag“, grüßte sie und zwang sich zu einem optimistisch wirkenden Lächeln, das ganz und gar nicht ihrer tatsächlichen Gefühlslage entsprach.

„Was können wir heute für Sie tun …“ Josh warf einen flüchtigen Blick auf die Akten, die vor ihm auf dem Tisch lagen, als könne er sich nicht mehr an ihren Namen erinnern. „Ms Roberts?“

Als sie ihm in die Augen sah, fühlte sie sich ein wenig besser. Sie war von der Personalerin des Clubs eingestellt worden und hatte es bisher erfolgreich vermieden, Josh in der kurzen Zeit, in der sie für den Texas Cattleman’s Club arbeitete, der von seinen Mitgliedern der Einfachheit halber meist TCC genannt wurde, persönlich zu begegnen. Doch jetzt begriff sie plötzlich, dass ihre Nervosität völlig unbegründet gewesen war.

Offenbar hatte Lori ihm gegenüber nie den Namen ihrer Schwester erwähnt, und dank der dunklen Vorhänge, die ihre Schwester in ihrem Schlafzimmer bevorzugte, hatten sie einander in jener Nacht auch nicht wirklich sehen können. Entweder war er also ein guter Schauspieler, oder er hatte wirklich keine Ahnung, wer sie war. Plötzlich verspürte sie wieder wesentlich mehr Zuversicht.

„Als Leiterin des Day Care Centers erbitte ich vom Komitee zusätzliche Finanzmittel für diese Einrichtung“, sagte sie und war selbst überrascht, wie selbstbewusst ihre Stimme klang.

„Und wofür?“, fragte Beau Hacket. „Wir haben doch schon mehr gezahlt, als überhaupt nötig ist, um auf ein paar Babys aufzupassen.“

„Ich kann einfach nicht glauben, was Sie gerade gesagt haben“, mischte sich die Frau mittleren Alters ein, die rechts neben Josh saß und Beau einen vorwurfsvollen Blick zuwarf.

Auch Josh blickte missbilligend zu dem anderen Mann hinüber, bevor er die Aufmerksamkeit wieder auf Kiley richtete. „Und wofür benötigen Sie diese zusätzlichen Finanzmittel, Ms Roberts?“

„Die Resonanz der Clubmitglieder auf unsere Einrichtung ist derart positiv, dass wir inzwischen wesentlich mehr Kinder betreuen, als wir ursprünglich angenommen hatten“, entgegnete sie und ahnte bereits angesichts des finsteren Gesichtsausdrucks von Beau Hacket, wofür dieser voraussichtlich stimmen würde.

„Sie machen doch nichts anderes, als täglich ein paar Stunden lang auf ein paar kleine Kinder aufzupassen“, meldete dieser sich auch gleich zu Wort. „Ich sehe nicht ein, wofür Sie mehr Geld brauchen. Geben Sie ihnen doch einfach einen Buntstift und ein Blatt Papier, um sie zu beschäftigen.“

„Beau“, warf Josh in leicht gereiztem Tonfall ein, aber Kiley vermutete, dass es Josh mehr um die Einhaltung der Regeln ging als um die Befürwortung ihres Antrags, denn schließlich war auch er ein entschiedener Gegner des Day Care Centers gewesen. Nun, da der Club seit Kurzem auch für Frauen zugänglich war, war es zu einigen Neuerungen gekommen, die auf die Bedürfnisse der weiblichen Mitglieder abgestimmt waren. Den alteingesessenen Herren jedoch gingen diese gehörig gegen den Strich, und ganz oben auf ihrer Hassliste stand die Gründung des Day Care Centers.

Es war jetzt ungemein wichtig, dass es Kiley gelang, die anderen Vorstandsmitglieder für ihre Sache zu begeistern. „Ich befürchte, dass einige von Ihnen möglicherweise falsche Vorstellungen von unserer Einrichtung haben. Ja, wir passen auf die Kinder auf, während ihre Eltern im Club bei Meetings oder anderen Veranstaltungen sind, aber wir sind viel mehr als nur ein Babysitterservice. Einige der Mitglieder vertrauen uns ihre Kinder auch im Rahmen der frühkindlichen Erziehung an.“

„Meine Enkelin besucht Ihre Einrichtung“, sagte die Frau, die neben Josh saß, lächelnd. „Wir staunen immer wieder, wie viel sie bei Ihnen lernt.“

„Warum können die Leute ihren Kindern nicht zu Hause beibringen, wie man mit Fingerfarben malt?“, fragte Beau abschätzig.

„Ich bin ausgebildete Erzieherin“, erklärte Kiley, obwohl sie den feindselig wirkenden Mann wohl kaum von ihrer Meinung überzeugen konnte. „Unsere Einrichtung ist so aufgebaut, dass jedes Kind gemäß seiner Altersstufe entsprechende Angebote wahrnehmen kann, um sich weiterzuentwickeln. Ich könnte den ganzen Tag hier verbringen und Ihnen erläutern, was meine Assistentin und ich alles mit den Kindern unternehmen, um sie altersgemäß zu fördern.“ Sie erläuterte kurz, wie diese Maßnahmen aussahen und inwieweit ihre kleinen Schützlinge davon profitierten. Beispielsweise wollte sie einen Teil des Geldes darauf verwenden, im kommenden Jahr eine weitere Kindergärtnerin einzustellen.

Die einzige Frau im Finanzausschuss nickte zustimmend. „Meine Enkelin ist längst nicht mehr so schüchtern und wirkt wesentlich offener als früher.“

Dankbar lächelte Kiley ihr zu. Wenigstens einen Befürworter hatte sie.

Flüchtig sah Josh auf die Akten. „Sie bitten also nicht um mehr Räumlichkeiten, sondern lediglich um eine Erhöhung der finanziellen Mittel?“

„Die Größe der Räume ist völlig in Ordnung. Ich möchte lediglich mehr Geld für die täglichen Ausgaben des Day Care Centers beantragen.“

„Wir hätten diese Probleme alle nicht, wenn wir keine Frauen aufgenommen hätten“, murmelte Beau verbittert.

„Was war das bitte eben, Beau?“, fragte die ältere Frau scharf.

„Ich habe nichts gesagt, Nadine“, erwiderte der Mann und verschränkte trotzig die Arme vor der Brust.

„Haben Sie Ihrem Antrag noch etwas hinzuzufügen?“, wollte Josh abschließend von Kiley wissen.

„Nein. Ich glaube, ich habe meinen Standpunkt ausreichend klargemacht“, antwortete sie.

Er nickte. „Wir haben genügend Informationen, um über Ihren Antrag nachzudenken. Vielen Dank für Ihre Zeit und Ihr Erscheinen, Ms Robert.“

Lächelnd blickte er sie an, und sie hatte das Gefühl, der Boden unter ihren Füßen würde nachgeben, als sie in Joshs hellblaue ­Augen sah. Unwillkürlich erschauerte sie und konnte nicht verhindern, an jene verhängnisvolle Nacht vor drei Jahren zu denken.

„Ich komme heute Nachmittag bei Ihnen vorbei, um Sie von unserer Entscheidung zu unterrichten“, fuhr Josh fort, der offenbar nichts von ihrer Reaktion bemerkt hatte.

Mit einem beklommenen Gefühl in der Magengegend verließ Kiley das Konferenzzimmer. Jetzt blieb ihr nichts weiter übrig, als das Ergebnis des Komiteebeschlusses abzuwarten. Sie wünschte nur, positiver in die Zukunft blicken zu können, doch unglücklicherweise würde das zu erwartende Ergebnis mit drei Gegnern und lediglich einer Befürworterin wohl nicht sonderlich rosig ausfallen.

Doch noch schlimmer fand sie die Vorstellung, Josh wiedersehen zu müssen. Warum konnte er nicht ein anderes Mitglied zu ihr schicken? Immerhin hatte sie weiß Gott genug um die Ohren.

Sie hatte eine zweijährige Tochter und ein Haus, an dem ständig irgendetwas repariert werden musste, und wenn das Komitee ihrem Antrag nicht zustimmte, konnte es durchaus sein, dass sie ihren Job verlor. Da musste Josh sie nicht auch noch ständig an diesen beschämenden Zwischenfall erinnern, der mittlerweile drei Jahre zurücklag.

Als Josh durch den Flur des Day Care Centers ging, hatte er keine Ahnung, weswegen ihn das unbestimmte Gefühl beschlichen hatte, diese Kiley Roberts zu kennen. Er glaubte nicht, ihr zuvor schon einmal begegnet zu sein – denn er hätte sich in jedem Fall an sie erinnert. Eine so attraktive Frau hätte er bestimmt nicht wieder vergessen.

Normalerweise stand er auf große, gertenschlanke Frauen, die von einer Aura des Geheimnisvollen umgeben waren. Kiley hingegen war zierlich und verfügte über sexy Kurven, die ihm außerordentlich gut gefielen. Das kinnlange dunkelblonde Haar und die wunderschönen braunen Augen ließen sie sexy und aufgeschlossen wirken.

Vergeblich dachte er darüber nach, wo er ihr schon einmal begegnet sein könnte. Vielleicht auf der Barbecueparty von Beau einige Monate zuvor, zu der offenbar der ganze Club sowie alle Einwohner von Royal eingeladen worden waren. Oder er hatte sie hier auf dem Grundstück des TCC gesehen – vielleicht im Restaurant oder in der Bar. Doch das komische Gefühl, dass es in einem ganz anderen Zusammenhang und an einem anderen Ort gewesen war, blieb.

Als er die Tür des ehemaligen Billardraumes erreicht hatte, der renoviert worden war und jetzt das Day Care Center beherbergte, zuckte er mit den Schultern. Eigentlich tat es nichts zur Sache. Sobald er ihr die Nachricht überbracht hätte, dass es vom Club keine weiteren finanziellen Mittel geben würde, würde er auf ihrer Hassliste ganz oben stehen, und das wäre es dann gewesen.

Durch das Fenster in der Tür blickte er in den Raum und musste feststellen, dass es hier mittlerweile wesentlich besser aussah als noch einige Monate zuvor, nachdem einige Randa­lierer eingebrochen waren und herumgewütet hatten. Die Verantwortlichen waren immer noch nicht gefasst worden, aber Josh war sicher, dass man die Schuldigen überführen und dementsprechend bestrafen würde. Das texanische Royal war nicht gerade eine Großstadt, und viele Einwohner waren Mitglied im TCC. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sich eine Spur ergab.

Auf keinen Fall möchte ich in der Haut der Randalierer stecken, wenn das der Fall sein sollte, dachte er, während er die Tür zum Kindergarten öffnete. Auch wenn das Day Care Center umstritten war, so reagierten doch alle Clubmitglieder empfindlich darauf, wenn Eigentum des TCC mutwillig zerstört wurde.

„Ich bin gleich bei Ihnen, Mr Gordon“, sagte Kiley, die sich auf der anderen Seite des Raumes befand.

„Lassen Sie sich ruhig Zeit“, erwiderte er und sah sich um. Einige Kinder saßen auf winzigen Stühlen an ebenso winzigen Tischen. Josh konnte sich überhaupt nicht vorstellen, jemals so klein gewesen zu sein, um auf solchen Möbeln sitzen zu können.

Er beobachtete, wie die jüngste Tochter von Russ und Winnie Bartlett aufstand und Kiley ein Blatt Papier mit Buntstiftkritzeleien unter die Nase hielt. Die Erzieherin lobte sie, als hätte sie die Mona Lisa produziert, und das Kleinkind strahlte förmlich vor Stolz.

Für Kinder hatte Josh nie etwas übriggehabt, weil er keinerlei Erfahrung mit ihnen hatte und niemals wusste, wie er sich in ihrer Gegenwart zu verhalten hatte. Trotzdem musste er unwillkürlich lächeln, als er dabei zusah, wie Kiley mit dem kleinen Mädchen redete, während sie das Bild an eine Pinnwand heftete. Lediglich ein kaltherziger Schuft hätte bestreiten können, dass Kiley dem Kind gerade einen wunderschönen Moment beschert hatte, an den es noch lange zurückdenken würde.

„Carrie? Kannst du kurz für mich übernehmen?“, fragte sie eine junge Frau, von der Josh annahm, dass es sich bei ihr um die Kindergärtnern handelte, die Ms Roberts kurz nach Eröffnung des Day Care Centers eingestellt hatte. Einen Moment später kam Kiley zu ihm herüber und deutete auf eine Tür am anderen Ende des Raumes. „Wir gehen wohl besser in mein Büro. Sonst können wir uns bestimmt nicht ungestört unterhalten.“

Während er ihr folgte, gelang es ihm einfach nicht, den Blick von ihrem sinnlichen Hüftschwung abzuwenden. Nur mühsam vermochte er schließlich, seine Aufmerksamkeit auf ihre zierlichen Schultern zu lenken. Doch unglücklicherweise wurde er dort von der zart schimmernden Haut ihres Nackens abgelenkt, der zwischen dem Ausschnitt ihres roten Pullovers und den kinnlangen blonden Haaren hervorblitzte und geradezu nach Joshs Lippen zu betteln schien.

Er spürte, wie sein Herzschlag sich beschleunigte und eine ­ungeheure Erregung von ihm Besitz ergriff. Was zur Hölle war bloß mit ihm los? War es schon so lange her, dass er sich von seiner letzten Freundin getrennt hatte?

„Bitte, setzen Sie sich doch, Mr Gordon“, sagte Kiley und umrundete den kleinen Schreibtisch, um auf einem alten Holzstuhl Platz zu nehmen.

Die beiden Sachen hatten in der Abstellkammer des TCC gestanden, solange Josh Mitglied im Club war – und vermutlich waren sie schon Jahrzehnte davor dort verwahrt worden. Unter anderen Umständen hätte er vielleicht Schuldgefühle entwickelt, weil der Finanzausschuss darauf bestanden hatte, das Büro mit alten Clubbeständen zu möblieren. Da jedoch niemand außer Nadine Capshaw davon ausging, dass der Fortbestand des Day Care Centers das Frühjahr überdauern würde, hatte man gebrauchte Möbel als ausreichend erachtet.

„Nennen Sie mich doch Josh“, schlug er vor und setzte sich auf einen metallenen Klappstuhl.

„Ich gehe davon aus, dass Sie gekommen sind, um mir die Entscheidung des Komitees mitzuteilen … Josh?“, fragte sie und klang so, als ahnte sie bereits, wie das Ergebnis lautete.

Doch etwas an der Art, wie sie seinen Namen aussprach, ließ ihn nachdenklich werden. „Bevor wir über das Komitee sprechen, darf ich Sie etwas anderes fragen?“

„Ähm, wieso nicht?“, entgegnete sie zögernd, und es drängte sich ihm der Verdacht auf, dass sie ihm nicht über den Weg traute.

„Kennen wir uns vielleicht von irgendwoher?“ An der Art, wie sie erschrocken die braunen Augen aufriss, erkannte er, dass er mit seiner Vermutung richtiglag.

„Nein“, erwiderte sie ein wenig zu schnell, um überzeugend zu wirken.

„Sind Sie sicher?“, bohrte er nach, fest entschlossen, die Wahrheit herauszufinden.

„Tja … also, ähm … wir kennen uns nicht offiziell“, antwortete sie und entwickelte mit einem Mal ein großes Interesse an ihren fest ineinander verschränkten Fingern.

Zweifellos verbarg sie etwas vor ihm, und er war wild entschlossen, herauszufinden, um was es sich dabei handelte. „Dann sind wir uns also doch schon einmal begegnet?“, fragte er weiter.

„Auf gewisse Weise … ja, ich glaube, so kann man das ausdrücken.“ Ihre Fingerknöchel waren schon ganz weiß, was darauf schließen ließ, dass dieses Thema für sie offensichtlich ziemlich stressbehaftet war. „Es geschah sozusagen eher versehentlich.“