Eine Idee des Doktor Ox - Jules Verne - E-Book

Eine Idee des Doktor Ox E-Book

Jules Verne.

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Beschreibung

Jules Verne bei Null Papier Komplett neu überarbeitet; reichhaltig illustriert und kommentiert Wer ist Doktor Ox? – "Er war lebhaft, sehr lebhaft sogar, durchaus proportioniert, munter und hatte Quecksilber in den Adern und hundert Nadeln in den Füßen." – So beschreibt ihn Verne. Skurrile Geschehnisse in einem kleinen flämischen Dorf und ein misslungenes Experiment, dessen Konsequenzen Verne in einer (fast schon) sozialen Satire aufblühen ("Nomen est omen") lässt. Und niemals vergisst der Autor dabei, den Leser auf vortrefflichste zu unterhalten. Entdecken sie diesen eher unbekannteren kleinen Verne-Roman. Wie immer mit den wundervollen Zeichnungen der französischen Originalausgabe. Null Papier Verlag

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Seitenzahl: 111

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Jules Verne

Eine Idee des Doktor Ox

Illustrierte Fassung

Jules Verne

Eine Idee des Doktor Ox

Illustrierte Fassung

Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2019Übersetzung und Fußnoten: Jürgen SchulzeIllustrationen: Lorenz Frølich EV: J. Hetzel et Compagnie, 1874 2. Auflage, ISBN 978-3-962814-71-7

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Inhaltsverzeichnis

Ju­les Ver­ne – Le­ben und Werk

Ers­tes Ka­pi­tel, dem zu­fol­ge es un­mög­lich ist, die klei­ne Stadt Qui­quen­do­ne selbst auf den bes­ten Kar­ten zu fin­den.

Zwei­tes Ka­pi­tel, in dem sich der Bür­ger­meis­ter van Tri­cas­se und Rat Ni­klaus­se über städ­ti­sche An­ge­le­gen­hei­ten un­ter­hal­ten.

Drit­tes Ka­pi­tel, in dem der Kom­missar Passauf einen eben­so un­er­war­te­ten als ge­räusch­vol­len Ein­zug hält.

Vier­tes Ka­pi­tel, in dem sich Dok­tor Ox als Phy­sio­log ers­ten Ran­ges und als küh­ner Ex­pe­ri­men­ta­tor er­weist.

Fünf­tes Ka­pi­tel, in wel­chem Bür­ger­meis­ter und Rat dem Dok­tor Ox einen Be­such ab­stat­ten, und was sich dar­auf zu­trägt.

Sechs­tes Ka­pi­tel, in dem Frantz Ni­klaus­se und Su­zel van Tri­cas­se Zu­kunfts­plä­ne schmie­den.

Sie­ben­tes Ka­pi­tel, in dem das An­dan­te zum Al­le­gro, und das Al­le­gro zum Vi­vace wird.

Ach­tes Ka­pi­tel, in dem der an­ti­ke, fei­er­li­che, deut­sche Wal­zer sich in einen ra­schen Wir­bel um­wan­delt.

Neun­tes Ka­pi­tel, in dem Dok­tor Ox und sein Fa­mu­lus Ygen sich nur we­ni­ge Wor­te zu sa­gen ha­ben.

Zehn­tes Ka­pi­tel, in dem man se­hen wird, wie die Epi­de­mie in der gan­zen Stadt um sich greift, und welch wun­der­ba­re Wir­kung sie her­vor­bringt.

Elf­tes Ka­pi­tel, in dem die Qui­quen­do­nia­ner einen he­ro­i­schen Ent­schluss fas­sen.

Zwölf­tes Ka­pi­tel, in dem der Fa­mu­lus Ygen eine ver­nünf­ti­ge Mei­nung äu­ßert, die aber von Dok­tor Ox ener­gisch zu­rück­ge­wie­sen wird.

Drei­zehn­tes Ka­pi­tel, in dem noch ein­mal be­wie­sen wird, dass man, von ei­nem er­ha­be­nen Stand­punkt aus, alle Er­bärm­lich­kei­ten des mensch­li­chen Le­bens be­herrscht.

Vier­zehn­tes Ka­pi­tel, in dem die Din­ge so weit ge­trie­ben wer­den, dass die Ein­woh­ner von Qui­quen­do­ne, die Le­ser und so­gar der Ver­fas­ser auf so­for­ti­ge Lö­sung drin­gen.

Fünf­zehn­tes Ka­pi­tel, in dem end­lich die Lö­sung er­folgt.

Sech­zehn­tes Ka­pi­tel, in dem der in­tel­li­gen­te Le­ser sieht, dass er, trotz al­ler Vor­sichts­maß­re­geln des Ver­fas­sers, recht ge­ra­ten hat­te.

Sieb­zehn­tes Ka­pi­tel, in dem die Theo­rie des Dok­tor Ox er­klärt wird.

Ein Nach­wort

Dan­ke

Dan­ke, dass Sie die­ses E-Book aus mei­nem Ver­lag er­wor­ben ha­ben.

Ju­les Ver­ne ge­hört zu den Au­to­ren, die je­der schon ein­mal ge­le­sen hat. Eine Be­haup­tung, die man nicht über vie­le Schrift­stel­ler auf­stel­len kann. Die Ge­schich­ten von Ver­ne sind un­ter­hal­tend, lehr­reich und im­mer sehr at­mo­sphä­risch.

In un­re­gel­mä­ßi­ger Fol­ge wird mein Ver­lag die Wer­ke von Ver­ne ver­öf­fent­li­chen – die be­kann­ten wie die un­be­kann­ten. Im­mer in der über­ar­bei­te­ten Er­st­über­set­zung, um den (sprach­li­chen) Ch­ar­me der Zeit bei­zu­be­hal­ten.

Kor­ri­giert und kom­men­tiert wer­den Orts- und Per­so­nen­na­men oder of­fen­sicht­lich falsche An­ga­ben. Sie fin­den die Er­läu­te­run­gen in Fuß­no­ten.

Ich habe es mir auch nicht neh­men las­sen, die ur­sprüng­li­chen Na­men zu ver­wen­den: Aus dem Jo­hann wird so wie­der der ur­sprüng­li­che Jean, aus Lud­wig wie­der Louis und aus Ma­ri­an­ne wie­der Ma­rie. Ich den­ke, das tut den Ge­schich­ten nur gut.

Soll­ten Sie Hil­fe be­nö­ti­gen oder eine Fra­ge ha­ben, schrei­ben Sie mir.

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Ju­les Ver­ne – Le­ben und Werk

Bei­na­he wäre Klein-Ju­les als Schiffs­jun­ge nach In­di­en ge­fah­ren, hät­te eine Lauf­bahn als See­mann ein­ge­schla­gen und spä­ter un­ter­halt­sa­mes See­manns­garn ge­spon­nen, das ver­mut­lich nie die Drucker­pres­se er­reicht hät­te.

Ju­les Ver­ne

Ver­liebt in die aben­teu­er­li­che Li­te­ra­tur

Glück­li­cher­wei­se für uns Le­ser hin­dert man ihn dar­an: Der Elf­jäh­ri­ge wird von Bord ge­holt und ver­lebt wei­ter­hin eine be­hü­te­te Kind­heit vor bür­ger­li­chem Hin­ter­grund. Ge­bo­ren am 8. Fe­bru­ar 1828 in Nan­tes, wächst Ju­les-Ga­bri­el Ver­ne in gut si­tu­ier­ten Ver­hält­nis­sen auf. Als äl­tes­ter von fünf Spröss­lin­gen soll er die vä­ter­li­che An­walt­spra­xis über­neh­men, wes­halb er ab 1846 in Pa­ris Jura stu­diert.

Viel span­nen­der fin­det er schon zu die­ser Zeit al­ler­dings die Li­te­ra­tur. Ver­ne freun­det sich so­wohl mit Alex­and­re Du­mas als auch mit sei­nem gleich­na­mi­gen Sohn an. Ge­mein­sam mit Va­ter Du­mas ver­fasst er Opern­li­bret­ti und ers­te dra­ma­ti­sche Wer­ke. Nach dem Ab­schluss sei­nes Stu­di­ums be­schließt er, nicht nach Nan­tes zu­rück­zu­keh­ren, son­dern sich völ­lig der Dra­ma­tik zu wid­men.

Zwar schreibt er nicht ganz er­folg­los – drei sei­ner Er­zäh­lun­gen er­schei­nen in ei­ner li­te­ra­ri­schen Zeit­schrift. Doch zum Le­ben reicht es nicht, wes­halb der jun­ge Au­tor 1852 den Pos­ten ei­nes In­ten­danz-Se­kre­tärs am Théâtre ly­ri­que an­nimmt. Im­mer­hin wird die­se Ar­beit zu­ver­läs­sig ver­gü­tet und Ver­ne darf sich als Dra­ma­ti­ker be­tä­ti­gen. In sei­ner Frei­zeit ver­fasst er wei­ter­hin Er­zäh­lun­gen, wo­bei ihn aben­teu­er­li­che Rei­sen am meis­ten in­ter­es­sie­ren.

Als er 1857 eine Wit­we hei­ra­tet, die zwei Töch­ter in die Ehe mit­bringt, muss sich der Li­te­rat nach ei­ner bes­ser be­zahl­ten Ein­kom­mens­quel­le um­se­hen. Wäh­rend der nächs­ten zwei Jah­re schlägt er sich als Bör­sen­mak­ler durch, wo­bei er ge­nug Zeit fin­det, län­ge­re Schiffs­rei­sen zu un­ter­neh­men, be­vor 1861 sein Sohn Mi­chel ge­bo­ren wird.

Ver­liebt ins li­te­ra­ri­sche Aben­teu­er

Letzt­lich ist es ei­ner be­son­de­ren Be­geg­nung im Jahr 1862 ge­schul­det, dass al­les, was der Au­tor bis­her »geis­tig an­ge­sam­melt« hat, in sei­nen künf­ti­gen Ro­ma­nen kul­mi­nie­ren darf: Der Ju­gend­buch-Ver­le­ger Pier­re-Ju­les Het­zel ver­öf­fent­licht Ver­nes uto­pi­schen Rei­se­ro­man »Fünf Wo­chen im Bal­lon«. Die­ses von ihm oh­ne­hin be­vor­zug­te Su­jet wird den Schrift­stel­ler nie wie­der los­las­sen – die aben­teu­er­li­chen Rei­sen, auf wel­cher Rou­te auch im­mer sie ab­sol­viert wer­den. Het­zel ver­legt Ver­nes noch heu­te be­lieb­tes­te Schrif­ten: 1864 »Rei­se zum Mit­tel­punkt der Erde«, im fol­gen­den Jahr »Von der Erde zum Mond«, 1869 »Rei­se um den Mond« und »Zwan­zig­tau­send Mei­len un­ter dem Meer«. Mit »Rei­se um die Erde in 80 Ta­gen« er­scheint 1872 Ju­les Ver­nes er­folg­reichs­ter Ro­man über­haupt.

Die Zu­sam­men­ar­beit mit Het­zel, der gleich­zei­tig als sein Men­tor fun­giert, sorgt in den spä­ten 1860er Jah­ren da­für, dass der höchst pro­duk­ti­ve Schrift­stel­ler sei­ner Fa­mi­lie ei­ni­gen Wohl­stand bie­ten und sich selbst »ju­gend­traum­haf­te« Rei­se­wün­sche er­fül­len kann. Sein Ver­le­ger stellt ihn nam­haf­ten Wis­sen­schaft­lern vor – in Kom­bi­na­ti­on mit den er­wähn­ten Rei­sen ent­steht auf die­se Wei­se ein un­ge­heu­rer Fun­dus der In­spi­ra­ti­on: Ju­les Ver­nes Zet­tel­kas­ten ent­hält an­geb­lich 25.000 No­ti­zen!

Zwar ist er seit »Rei­se um den Mond« glei­cher­ma­ßen wohl­ha­bend und ge­ach­tet; er en­ga­giert sich seit den spä­ten 1880er Jah­ren so­gar als Stadt­rat in Amiens, wo­hin er 1871 mit sei­ner Fa­mi­lie über­ge­sie­delt war. Der »Rit­ter­schlag« aber bleibt aus: In der Aca­dé­mie françai­se möch­te man den Ju­gend­buch­au­tor nicht ha­ben, er gilt als nicht se­ri­ös ge­nug.

Den Ze­nit sei­nes Schaf­fens hat der Li­te­rat be­reits über­schrit­ten, als er 1888 blei­ben­de Ver­let­zun­gen durch den Schuss­waf­fen-An­griff ei­nes geis­tes­ge­stör­ten Ver­wand­ten da­von­trägt. Den­noch ar­bei­tet der Au­tor un­un­ter­bro­chen wei­ter. Als Ju­les Ver­ne im März 1905 stirbt, hin­ter­lässt er ein ge­wal­ti­ges Ge­samt­werk: 54 zu Leb­zei­ten er­schie­ne­ne Ro­ma­ne, wei­te­re elf Ma­nu­skrip­te be­ar­bei­tet sein Sohn Mi­chel nach dem Tod des Va­ters. Er­gänzt wird Ver­nes Œu­vre durch Er­zäh­lun­gen, Büh­nen­stücke und geo­gra­fi­sche Ver­öf­fent­li­chun­gen.

Ge­liebt und miss­ach­tet

Je­nes zwie­späl­ti­ge Ver­hält­nis, das sich be­reits in der Ab­leh­nung der Aka­de­mie­mit­glie­der äu­ßert, kenn­zeich­net die aka­de­mi­sche Re­zep­ti­on bis heu­te: Ju­les Ver­ne ist eben »nur ein Ju­gend­buch­au­tor«. We­ni­ger be­fan­ge­ne Re­zi­pi­en­ten frei­lich schrei­ben ihm eine ganz an­de­re Be­deu­tung zu, die dem Vi­sio­när und lei­den­schaft­li­chen Er­zäh­ler bes­ser ge­recht wird.

Wenn­gleich der al­tern­de Li­te­rat zum Ende sei­nes Schaf­fens durch­aus nicht mehr in gläu­bi­ger Tech­nik­be­geis­te­rung auf­geht, blei­ben uns doch ge­nau jene Wer­ke in lie­be­vol­ler Erin­ne­rung, in de­nen tech­ni­sche und mensch­li­che Groß­ta­ten die Hand­lung be­stim­men: »Rei­se um die Erde in 80 Ta­gen« oder »Zwan­zig­tau­send Mei­len un­ter dem Meer« bei­spiels­wei­se. Wer als Kind von Nemo und sei­ner Nau­ti­lus liest, wird un­wei­ger­lich ge­fan­gen von die­sem tech­ni­schen Wun­der­werk und des­sen Ka­pi­tän. Ver­nes Ro­ma­ne ge­hö­ren zu je­nen Ju­gend­bü­chern, die man als Er­wach­se­ner ger­ne noch­mals zur Hand nimmt – und man staunt er­neut, er­in­nert sich, lässt sich wie­der­um ein­fan­gen und fragt sich, warum man ei­gent­lich so sel­ten Ver­ne liest…

So wie der Au­tor sich selbst durch Rei­sen und Wis­sen­schaft in­spi­rie­ren lässt, die­nen sei­ne Wer­ke seit je­her der In­spi­ra­ti­on sei­ner Le­ser­schaft. Wie prä­sent die­ser ex­zel­len­te Un­ter­hal­ter in den Köp­fen sei­ner Le­ser bleibt, be­le­gen Be­nen­nun­gen in See- und Raum­fahrt: Das ers­te Atom-U-Boot der Ge­schich­te ist die ame­ri­ka­ni­sche USS Nau­ti­lus. Ein Raum­trans­por­ter der Eu­ro­päi­schen Raum­fahr­t­agen­tur heißt »Ju­les Ver­ne«, ein As­te­ro­id und ein Mond­kra­ter tra­gen eben­falls den Na­men des Schrift­stel­lers. Die »Ju­les Ver­ne Tro­phy« wird seit 1990 für die schnells­te Wel­t­um­se­ge­lung ver­lie­hen, was dem be­geis­ter­ten Jacht­be­sit­zer Ver­ne ge­wiss ge­fal­len hät­te.

Der kom­mer­zi­el­le Li­te­ra­tur­be­trieb so­wie die Film­wirt­schaft be­trach­ten den fran­zö­si­schen Va­ter der Science-Fic­ti­on-Li­te­ra­tur eben­falls mit Wohl­wol­len: Un­zäh­li­ge Neu­auf­la­gen der Ro­man­klas­si­ker, Hör­bü­cher und Ver­fil­mun­gen der ra­san­ten, stets mit­rei­ßen­den Hand­lun­gen spre­chen Bän­de. Mitt­ler­wei­le gel­ten die äl­tes­ten Ver­fil­mun­gen selbst als kul­tu­rel­le Mei­len­stei­ne, die kei­nes­wegs nur ein jun­ges Pub­li­kum er­freu­en.

Ju­les Ver­nes Be­deu­tung für die Li­te­ra­tur

Der Ein­fluss Ver­nes auf nach­fol­gen­de Science-Fic­ti­on-Au­to­ren ist gar nicht hoch ge­nug ein­zu­schät­zen: Aus heu­ti­ger Sicht ist er ei­ner der Vor­rei­ter der uto­pi­schen Li­te­ra­tur Eu­ro­pas, der noch vor H. G. Wells (»Krieg der Wel­ten«) und Kurd Laß­witz (»Auf zwei Pla­ne­ten«) das neue Gen­re be­grün­det. Sein­er­zeit gibt es die­sen Be­griff noch nicht, wes­halb Het­zel die Ro­ma­ne sei­nes Er­folgs­schrift­stel­lers als »Au­ßer­ge­wöhn­li­che Rei­sen« ver­mark­tet

Der Fran­zo­se sieht, an­ders als Wells und ähn­lich wie Laß­witz, im tech­ni­schen Fort­schritt das künf­ti­ge Wohl der Mensch­heit be­grün­det. Trotz­dem ist Ju­les Ver­ne vor al­lem Er­zäh­ler: Er will we­der war­nen wie Wells noch be­leh­ren wie Laß­witz, son­dern in ers­ter Li­nie un­ter­hal­ten. Im Ver­gleich zum sprö­den Rea­lis­mus ei­nes Wells wir­ken sei­ne Ro­ma­ne für mo­der­ne Le­ser aus­ufernd, viel­leicht so­gar ge­schwät­zig. Den­noch sind sie leich­ter zu­gäng­lich als das sti­lis­tisch ähn­li­che Schaf­fen des Deut­schen Laß­witz, weil sie Uto­pie und Tech­nik­be­geis­te­rung nicht zum Zweck ih­res In­halts ma­chen, son­dern le­dig­lich zu des­sen Trä­ger: Schließ­lich ist es ein­fach auf­re­gend, in ei­nem Bal­lon eine Welt­rei­se an­zu­tre­ten oder Ka­pi­tän Nemo in sein ge­hei­mes Reich zu fol­gen.

Erstes Kapitel, dem zufolge es unmöglich ist, die kleine Stadt Quiquendone selbst auf den besten Karten zu finden.

Wenn ihr euch dar­an­ma­cht, auf ei­ner äl­te­ren oder neue­ren Kar­te von Flan­dern die klei­ne Stadt Qui­quen­do­ne auf­zu­su­chen, wird eure Mühe sich wahr­schein­lich als ver­geb­lich er­wei­sen. Ist Qui­quen­do­ne denn vom Erd­bo­den ver­schwun­den? Nein. Eine Stadt der Zu­kunft viel­leicht? Auch das nicht. Sie exis­tiert den Hand­bü­chern der Geo­gra­fie zum Trotz und zwar schon seit acht- oder neun­hun­dert Jah­ren; ja, sie zählt so­gar 2393 See­len, wenn man je­dem ih­rer Be­woh­ner eine See­le zu­er­ken­nen will. Qui­quen­do­ne er­streckt sich drei­zehn und ein halb Ki­lo­me­ter nord­west­lich von Au­denar­de und fünf­zehn und ein vier­tel Ki­lo­me­ter süd­öst­lich von Bru­ges, mit­ten in Flan­dern. Die Stadt liegt an dem Vaar, ei­nem klei­nen Ne­ben­fluss der Schel­de, über den drei Brücken hin­weg­füh­ren, die sämt­lich nach al­ter­tüm­li­cher­wei­se über­dacht sind.

Als Merk­wür­dig­kei­ten der Stadt sind zu nen­nen ein al­tes Schloss, des­sen Grund­stein vom Gra­fen Bal­duin, dem zu­künf­ti­gen Kai­ser von Kon­stan­ti­no­pel, ge­legt wur­de, und ein Rat­haus mit go­thi­schen Bo­gen­fens­tern, das von Zin­nen ge­krönt und von ei­ner drei­hun­dert­sie­ben­und­fünf­zig Fuß ho­hen War­te mit Türm­chen über­ragt wird. Man hört hier jede Stun­de ein Glo­cken­spiel von fünf Ok­ta­ven, ein förm­li­ches Luft­kla­vier, das einen noch grö­ße­ren Ruf hat, als das Glo­cken­spiel in Bru­ges. Die Frem­den – wenn näm­lich über­haupt Frem­de nach Qui­quen­do­ne kom­men – ver­las­sen die Stadt nicht, ohne sich den Saal der Stadt­hou­der an­ge­se­hen zu ha­ben, der mit ei­nem Bil­de von Bran­don ge­schmückt ist, das Wil­helm von Nassau in Le­bens­grö­ße dar­stellt; fer­ner be­su­chen sie das Em­por der Kir­che Saint-Mag­loi­re, ein Meis­ter­werk der Bau­kunst aus dem sech­zehn­ten Jahr­hun­dert, den schmie­de­ei­ser­nen Brun­nen, der mit­ten auf dem großen Plat­ze Saint-Ernuph aus­ge­gra­ben ist, und des­sen wun­der­vol­le Ver­zie­rung man dem Ma­ler und Gold­schmied Quen­tin Met­sys ver­dankt, und end­lich ein Grab­mal der Ma­ria von Bur­gund (Toch­ter Karls des Küh­nen), das ihr hier er­rich­tet ist, ob­gleich sie jetzt in der Notre-Dame-Kir­che zu Bru­ges ruht. Als Haup­t­in­dus­trie­zweig be­treibt Qui­quen­do­ne die Fa­bri­ka­ti­on von Schlag­sah­ne und Gers­ten­zu­cker auf großer Ska­la, und wird die­se Fa­brik seit Jahr­hun­der­ten in der Fa­mi­lie Tri­cas­se ver­wal­tet und vom Va­ter auf den Sohn ver­erbt. Aber trotz al­lem ist Qui­quen­do­ne nicht auf der Kar­te von Flan­dern zu fin­den; ob aus Ver­ge­ss­lich­keit der Geo­gra­fen oder aus bös­li­cher Ab­sicht, ist mir un­er­forscht ge­blie­ben. So viel je­doch steht fest: Qui­quen­do­ne exis­tiert, und sei­ne en­gen Stra­ßen, sei­ne be­fes­tig­te Um­fas­sungs­mau­er, sei­ne Markt­hal­le und end­lich sein Bür­ger­meis­ter le­gen be­red­tes Zeug­nis da­für ab; ja der letz­te­re wür­de euch auf das klars­te dar­tun kön­nen, dass Qui­quen­do­ne in jüngs­ter Zeit der Schau­platz ei­nes eben­so au­ßer­or­dent­li­chen und un­wahr­schein­li­chen, als wahr­haf­ti­gen Na­tur-Phä­no­mens ge­we­sen ist; und hier­über wol­len wir in vor­lie­gen­der Er­zäh­lung ge­treu­lich be­rich­ten.

Von den Fla­män­dern1 des west­li­chen Flan­derns lässt sich ge­wiss we­der Bö­ses sa­gen noch den­ken; sie zei­gen sich als recht­schaf­fe­ne, spar­sa­me, ge­sel­li­ge, gleich­mü­ti­ge und gast­li­che Leu­te, die, was ihre Spra­che und geis­ti­gen Fä­hig­kei­ten an­be­trifft, viel­leicht ein we­nig schwer­fäl­lig sind, aber das er­klärt noch im­mer nicht, wie es kommt, dass eine der in­ter­essan­tes­ten Städ­te des Lan­des sich ih­ren Platz in der neue­ren Kar­to­gra­fie erst noch er­obern soll.

Ja, die­se Un­ter­las­sungs­sün­de der Geo­gra­fen ist ge­wiss zu be­dau­ern. Wenn nun we­nigs­tens die Ge­schich­te, oder statt ih­rer die Chro­ni­ken, oder doch we­nigs­tens die Über­lie­fe­rung des Lan­des die Stadt Qui­quen­do­ne er­wähn­ten! Aber nein; we­der die At­lan­ten noch die Rei­sehand­bü­cher spre­chen von die­sem ver­ges­se­nen Ort, und selbst Herr Jo­an­ne, den man sonst wohl als einen Jä­ger auf klei­ne Nes­ter be­zeich­nen kann, sagt kein Wort dar­über. Dass solch ein Schwei­gen dem Han­del und der In­dus­trie von Qui­quen­do­ne scha­den muss, liegt auf der Hand; wir wol­len die­sem Auss­pruch aber ei­ligst hin­zu­fü­gen, dass die Stadt we­der auf Han­del noch In­dus­trie An­spruch macht und ganz vor­züg­lich ohne dem fer­tig wird. Ihr Gers­ten­zu­cker und ihre Schlag­sah­ne wird am Orte selbst ver­zehrt und nicht wei­ter aus­ge­führt. Kurz, die Qui­quen­do­nia­ner brau­chen nie­man­den; ihr Wün­schen ist be­schränkt und ihre Exis­tenz eine durch­aus be­schei­de­ne; sie ver­hal­ten sich ru­hig, ge­mä­ßigt, kalt, phleg­ma­tisch, mit ei­nem Wort, als rich­ti­ge »Fla­män­der«, wie sie ab und zu noch zwi­schen Schel­de und Nord­see an­ge­trof­fen wer­den.

Fla­men  <<<

Zweites Kapitel, in dem sich der Bürgermeister van Tricasse und Rat Niklausse über städtische Angelegenheiten unterhalten.

»Sie glau­ben wirk­lich?« frag­te der Bür­ger­meis­ter.

»Ja, ich glau­be es«, ant­wor­te­te der Rat nach ei­nem mi­nu­ten­lan­gen Schwei­gen.

»Wir müs­sen uns hü­ten, in die­ser Sa­che leicht­hin zu ver­fah­ren«, ver­setz­te der Bür­ger­meis­ter.