Eiskalte Vergeltung - Ursula Dorn - E-Book

Eiskalte Vergeltung E-Book

Ursula Dorn

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Beschreibung

Marvin Edwards nimmt ausgeklügelte Rache an fünf ehemaligen Freunden, die ihn vor zwanzig Jahren in bestialischer Weise für den Rest seines Lebens entstellt haben. Seine Methoden sind bizarr. Er lockt seine Opfer in raffinierte Fallen und lässt jeden Einzelnen auf spezielle Art schmerzvoll büßen für das begangene Verbrechen. Die Detectives Paul Harris und Gunnar Olofson vom Polizeihauptquartier San Diego suchen fieberhaft nach dem Täter. Das ungewöhnliche Tempo der Gräueltaten erschwert die Ermittlungen von Tag zu Tag mehr. Wird es ihnen gelingen, das Morden zu stoppen?

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Seitenzahl: 497

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Eiskalte Vergeltung

Rache für ein verlorenes Leben

Ursula Dorn

Eiskalte Vergeltung

Ein Thriller um Schuld und Sühne

von

Ursula Dorn

Impressum

© 2021 Bärbel Dörfeldt

Selbstverlag

Bärbel Dörfeldt

Adresse: Calle Hesperides N° 130, 35610 Caleta de Fustes, Spanien

Cover: AdobeStock Lizenz 173045091

E-Mail: [email protected]

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 1

Marvin 01.09.

Marvin Edwards war soeben auf dem Airport von San Diego gelandet.

Endlich! Wie lange hatte er auf diesen Tag gewartet! Endlich war die Zeit gekommen! Sein Kreuzzug begann!

Er kam als Henker in eigener Mission. Als Rächer, der seine Opfer erbarmungslos jagt. Sie werden ahnungslos in seine raffinierten Fallen tappen, aus denen es kein Entrinnen gibt. Er wird seine fünf Peiniger bis auf den letzten Mann vernichten. Auf den Tag genau vor zwanzig Jahren haben sie ihm sein Leben gestohlen. Es ist an der Zeit, sie daran zu erinnern und mit jedem Einzelnen gnadenlos abzurechnen.

Am Einreiseschalter für US-Bürger warteten nur ein paar Leute. Er reihte sich ein und nach wenigen Minuten stand er vor dem Beamten.

Mit einem Lächeln reichte er ihm seine Papiere, die so echt waren, wie gefälschte Dokumente nur sein konnten.

Der Beamte prüfte sorgfältig die Daten. Dann sah er hoch und fragte:

„Mister Alec McKinner, ich sehe an Ihren Papieren, Sie haben Ihren Hauptwohnsitz in New York. Wo werden Sie sich in San Diego aufhalten?“

„Ich habe schon seit Längerem eine Villa gemietet in den Del Mar Heights. Dort werde ich wohnen, während ich in San Diego bin.“

„Angenehmen Aufenthalt.“ Der Beamte reichte Marvin mit einem freundlichen Lächeln die Papiere.

Hinter dem Schalter erwartete ihn der Chauffeur des Limousinen-Services, den er von Hawaii aus gebucht hatte. Marvin alias Alec McKinner übergab ihm die Tickets für die Koffer und schlenderte langsam dem Ausgang entgegen.

Mit einem grimmigen Lächeln starrte er durch die Panoramascheiben auf die Stadt. Er ließ die Konterfeis seiner fünf falschen Freunde vor seinem inneren Auge Revue passieren. Er sieht sie vor sich, am Boden, um Gnade winselnd, doch er senkt gnadenlos den Daumen.

Kapitel 2

Die Ermittler 01.09.

Detective Paul Harris war bestens gelaunt. Er saß in seinem Wagen, einem 2019er Chevy Tahoe tungsten metallic und fuhr auf der I-5 von La Jolla nach Down Town San Diego.

Er war zufrieden wie lange nicht mehr. Heute, in dieser mondlosen Nacht des ersten Septembers, war ein übler Sexualstraftäter endlich in ihre Falle getappt. Fast ein Jahr lang war er ihnen immer wieder entwischt. Die Jagd war vorbei und ein Monster weniger unterwegs. Auch wenn er schon lange frustriert feststellen musste, dass für jeden verurteilten Straftäter ständig neue nachwachsen, heute ließ er sich seine gute Laune nicht verderben. Er gönnte sich den Elvis Song „Surrender“, drehte die Lautstärke voll auf und sang lauthals mit. Nach fünfundzwanzig Minuten war er zu Hause angekommen, fuhr schwungvoll auf den Parkplatz und stellte den Motor ab. Er nahm seine Aktentasche und stieg aus. Vorsichtshalber beugte er sich noch einmal vor und prüfte, ob er auch alle seine Papiere hatte. Seitdem ihm vor einiger Zeit wichtige Fallunterlagen abhandengekommen waren, hatte er eine leichte Neurose entwickelt und sah lieber einmal zu oft hin als einmal zu wenig.

Gut, er hatte alles und schloss den Wagen ab. Zärtlich strich er mit der flachen Hand über die Motorhaube. Er hatte den Chevy Tahoe schon ein paar Monate, erfreute sich jedoch jeden Tag erneut an diesen Mega-SUV. Eigentlich war er für ihn allein viel zu gewaltig. Aber, was soll‘s. Ein Auto ist nie zu groß und außerdem hat er ja oft sein Golfgepäck dabei. Das braucht eine Menge Platz. Noch ein letzter liebevoller Blick, dann drehte er sich um. Mit schnellen Schritten überquerte er den schmalen Weg bis zur Rezeption seiner Wohnanlage, entsperrte die Tür mit seiner Karte und trat ein.

Hinter dem Tresen stand der Nachtportier und begrüßte ihn wie immer mit einem „Hallo, Herr Kommissar, hast du ihn denn heute erwischt?“

Meistens winkte Harris nur ab, aber an diesem Abend blieb er stehen: „Ja, Harry, wir haben ihn heute erwischt! Wenn die Untersuchungen abgeschlossen sind, erzähle ich dir mehr darüber. Einverstanden?“

Der ehemalige Detective nickte erfreut: „Super! Ich habe auch einen extra feinen Whisky. Den hat mir mein Sohn zum Geburtstag geschenkt. Der wartet auf uns beide. Also der Whisky, nicht mein Sohn.“

„Klingt verlockend. Na dann, bis morgen.“ Harris nickte ihm noch einmal zu, eilte zum Aufzug und fuhr in den dritten Stock. Als der Fahrstuhl hielt, stieg er aus, wandte sich nach rechts und steuerte seine Wohnung an. Er öffnete die Tür mit seiner Karte, trat ein und schloss sie wieder mit einem Hüftschwung.

Er ließ die Tasche auf die Erde plumpsen, hing seinen Mantel auf und eilte schnurstracks ins Bad. Erleichtert kam er zurück. Er hatte sich umgezogen, trug einen flauschigen Bademantel und bequeme Lederslipper. Mit einem tiefen Seufzer ließ er sich in seinen besten Sessel fallen, streckte die Beine weit von sich, lehnte den Kopf an und schloss für einen Moment die Augen.

Sofort waren die Bilder des heutigen Einsatzes wieder da. Er wischte sie mit einer Handbewegung weg. Der Fall war abgeschlossen. Schade nur, dass es ihm nicht gelungen ist, das Monster lebend zu fangen. Um den Lockvogel zu schützen, war es unumgänglich, den Täter zu erschießen.

Der Detective hätte es lieber gesehen, wenn dieses Scheusal für den Rest seines Daseins in einem Hochsicherheitsgefängnis jeden Morgen verfluchen würde, an dem es aufstand. Sein Leben würde aus einer unendlichen Kette qualvoller Tage bestehen. Nur Kinderficker hatten noch mehr zu leiden.

Aber gut, man kann nicht alles haben. Heute hatte er sich eine Belohnung verdient. Er stand auf und schlappte zur Schrankbar. Er goss sich in ein fein geschliffenes Kristallglas drei Finger hoch von seinem Ardbeg ein, einem zehn Jahre alten Single Malt Scotch Whisky, den er wegen des torfigen und rauchigen Geschmacks liebte. Den ersten genussvollen Schluck nahm er mit geschlossenen Augen. Dann trug er das Glas ins Schlafzimmer und stellte es auf den Nachttisch. Er spürte eine bleierne Müdigkeit in allen Gliedern. Seinen Bademantel ließ er achtlos auf die Erde gleiten und sank mit einem wohligen Grunzen in die Kissen.

Die Nacht würde ohnehin kurz werden. Er hoffte inständig, dass nicht irgendein Schweinehund ausgerechnet in seinem Zuständigkeitsbereich dafür sorgen würde, dass sie noch kürzer wird.

Sein Wunsch ging in Erfüllung und er wachte am nächsten Morgen erfrischt auf.

Kapitel 3

Marvin 02.09.

Marvin saß im Wintergarten seiner Villa und genoss den sonnigen Tag. Er hatte die Panoramafenster weit geöffnet und eine frische Brise vom nahe gelegenen Meer kräuselte die Oberfläche des Pools, in dem er eben seine täglichen zwanzig Minuten geschwommen war.

Vor ihm stand ein Becher mit dampfendem, tiefschwarzem Kaffee, den er sorgfältig aus frisch gemahlenen Bohnen in seiner Bodum- Stempelkanne zubereitet hatte. Diese Kanne hatte er sich extra aus Europa mitgebracht. Seiner Ansicht nach gab es keine bessere Methode, einen edlen Kaffee so zuzubereiten, dass er am Ende dieser Prozedur sein volles Aroma behalten hatte.

Ein Teller mit frischem Obst aus geschnittener Ananas, halbierten Feigen und geschälter Mango, der gestern Abend noch von einem Delikatessengeschäft gut gekühlt geliefert wurde, vervollständigte sein Frühstück. Später würde er ins Gaslamp Quarter fahren und sich ein paar von diesen fürchterlich ungesunden, aber umwerfend schmeckenden Schokoladen-Donuts mit einem riesigen Kaffee Latte gönnen.

Als er mit Kaffee und Obst fertig war, lehnte er sich in die weichen Polster seines überdimensionalen Korbsessels entspannt zurück. Er schloss die Augen und überdachte ein weiteres Mal seine Pläne für die nächsten Tage. Leise Bedenken meldeten sich wie schon so oft. War es nötig, sie total zu vernichten? Würde es nicht ausreichen, sie hilflos seiner brutalen Gewalt auszusetzen und dann laufen zu lassen? Sie wären gezeichnet fürs Leben, könnte er damit nicht zufrieden sein?

Ärgerlich auf sich selbst über diese erneut aufgetauchten Bedenken, sprang er auf. Er wischte sich mit beiden Händen über die Stirn und schüttelte sie mit gespreizten Fingern aus, als wollte er diese Gedanken buchstäblich in alle Winde zerstreuen. Nein, es würde keine Gnade geben. Ihm hatte damals auch niemand Gnade gewährt.

Es wurde Zeit, sich auf seine erste Aktion vorzubereiten.

Er begab sich ins Schlafzimmer und betrat den begehbaren Kleiderschrank. Sein Abbild erschien in einem mannshohen Spiegel. Er betrachtete sich kritisch. Alles in allem war er mit seinem Anblick recht zufrieden. Er brachte es zwar nur auf eins achtzig, aber jedes Gramm an seinem Körper waren durchtrainierte Muskeln. Die mehr als zehn Jahre Aikido haben sich ausgezahlt. Für einen Mittdreißiger hatte er sich sehr gut gehalten. Sein schmales Gesicht mit den strahlenden grünen Augen und seine dichten rotblonden Locken, für die Frauen morden würden, hatten schon so manche Lady schwach werden lassen. An Angeboten mangelte es ihm nicht und doch war er immer noch solo. Mit einem bitteren Lächeln wandte er sich vom Spiegel ab, denn das, was ihn erwartete, wenn er sein Handtuch von den Hüften nahm, wollte er heute nicht sehen.

Er schlüpfte in legere Kleidung, eine lose geschnittene helle Baumwollhose und ein seidig schimmerndes hellblaues Hemd von Armani, dazu bequeme Nikes. So sah er aus wie viele Touristen, die die Sehenswürdigkeiten von San Diego besuchten.

Es war noch eine Aufgabe zu erledigen, bevor er das Haus verlassen konnte.

Er betrat das Arbeitszimmer, hob ein Bild von der Wand und öffnete den Tresor, der sich dahinter befand. Er nahm eine Notebooktasche heraus, die mit einem Nummernschloss gesichert war, dessen Kombination er lediglich seinem Gedächtnis anvertraut hatte. In der Tasche steckte ein Surface Book von Microsoft, allerdings von Marvin gehörig aufgepimpt. Er nahm es heraus, klappte den Deckel hoch und schaltete es ein. Sein selbst entwickeltes Sicherheitsprogramm prüfte sein Gesicht und gewährte ihm Zugang zu seinen Daten.

Dieses Notebook nutzte er ausschließlich für John Carmel.

Auch den anderen vier Zielen seiner Rache hatte er ein eigenes Gerät eingerichtet. Er hatte sich in die Netzwerke seiner Opfer eingehackt und beobachtete sie seit etwa zwei Jahren unbemerkt.

Johns offizielles Leben war wenig ergiebig, sein heimliches allerdings pikant. John war inkognito als „Sklave Masototal“ in der Schwulenszene im Internet und auch in der Praxis in den Bars von San Diego unterwegs. Marvin beantragte unter dem Pseudonym „Master of Love“ die Aufnahme in das Forum, in dem John angemeldet war, und gab sich gleich selbst eine Empfehlung in dessen Namen. Nun war es ein Kinderspiel, John glauben zu machen, dass er einen Seelenverwandten gefunden hätte, schließlich kannte er dessen heimliche Wünsche nur allzu gut. Ihre Beziehung hatte sich zügig entwickelt und in den nächsten Tagen wollten sie sich erstmalig hier in San Diego persönlich treffen. John war schon ganz aufgeregt und fragte immer wieder, wann es endlich so weit sei.

Marvin musste ihn noch ein bisschen hinhalten, denn bevor er sich mit John beschäftigen konnte, war Thomas Foulder fällig. Der gab übermorgen zum Ende seines Wahlkampfs einen Galaabend mit fünfhundert geladenen Gästen aus Politik und Wirtschaft. Eine perfekte Gelegenheit, um den größtmöglichen Schaden anzurichten.

Marvin sah auf die Uhr. Es war gleich zehn und John hatte seine erste Pause. Es war Zeit, sich einzuloggen und mit seinem Opfer Süßholz zu raspeln. Schnell gab er die entsprechenden Tastaturbefehle ein und meldete sich im Chatroom an. Erwartungsgemäß stand John bereits in den Startlöchern und stülpte ihm einen ellenlangen Text über.

„Wo warst du denn so lange ich warte schon auf dich ich hatte schon angst dass du gar nicht mehr kommst du weißt doch wie sehr ich dich liebe und auf dich warte und ich hoffe doch dass wir uns bald sehen werden es war wieder so ein furchtbarer tag heute …“. An dieser Stelle hörte Marvin auf zu lesen. Er verabscheute Texte, die ohne Satzzeichen geschrieben wurden, und dachte gar nicht daran, sich die Mühe zu machen, diesen Kauderwelsch auseinanderzunehmen. Es interessierte ihn ohnehin nicht, was dieser Typ von sich gab.

Nach einem Moment des Wartens schrieb er ihm eine liebevolle Epistel zurück: Wie sehr er ihn liebt und sich so wahnsinnig darauf freut, ihn endlich persönlich kennenzulernen, und ähnliches Geschwätz, das Verliebte wohl schreiben würden. Dann rückte er mit seiner Botschaft heraus, dass sie ihr Treffen um etwa eine Woche verschieben müssten, da ihm dringende Geschäfte in den nächsten Tagen keine einzige Minute für private Unternehmungen ließen.

Es gab ein wenig Hin und Her. John war enttäuscht und bettelte ein paar Mal. Als sich Marvin nicht überreden ließ, gab er auf und wollte nur noch ein wenig Sex. Marvin ließ ihn gewähren, gab sich schwer erregt und schrieb etliche Plattheiten, wie „Ach“ und „Oh, ich bin so geil“, „Gleich komme ich!“ „Oh, du bist sooo gut, ich kann nicht mehr!“ Bis es endlich überstanden war.

Er gab John keine Chance mehr, weiteren Text abzusondern und tippte: „Es klingelt bei mir an der Tür. Tut mir leid, ich muss aufhören. Danke für die wundervollen Minuten, das war so geil. Du machst mich total fertig. Morgen wieder zur gleichen Zeit?“ Ohne eine Antwort abzuwarten, schloss er den Chat. Erleichtert klappte er das Notebook zu.

Er verstaute alles wieder sorgfältig im Tresor und verließ das Arbeitszimmer. Er schlenderte für einige Minuten auf die Terrasse, um ein wenig frische Luft zu tanken und den klebrigen Text aus seinem Gehirn auszumerzen. Er schüttelte sich und kehrte in das Haus zurück. Für den Rest des Tages nahm er sich frei.

Er fuhr seinen Chrysler 300 in einem schlichten Dunkelgrau aus der Garage. Den Wagen hatte er über seinen schwedischen Anwalt schon vor mehr als zehn Monaten auf den Namen Alec McKinner kaufen lassen. Selbstverständlich hatte er auch einen so gut wie echten Führerschein auf diesen Namen. Nebenbei gesagt, kannte ihn auch sein Anwalt nur unter diesem Pseudonym. Wenn es wirklich mal hart auf hart käme, dann würde niemand auf Anhieb wissen, nach wem sie wirklich suchen müssen. Die gewonnene Zeit sollte reichen, um für immer von der Bildfläche zu verschwinden. Das war jedenfalls der Plan.

Doch nun hatte er erst einmal Hunger. Er fuhr in das Gaslamp Quarter. Bei seinen früheren Besuchen hatte er sich gern dort aufgehalten. Ihm gefiel das quirlige Leben, die vielen Bars und Geschäfte. Die gesamte Atmosphäre in diesem Viertel hatte es ihm angetan.

Auch jetzt, zu dieser frühen Stunde, es war nicht einmal zwölf Uhr mittags, waren die Straßen voller Leute. Einheimische und Touristen aus aller Welt nutzten das herrliche Wetter und genossen das Ambiente. Vor vielen Cafés standen Tische und Stühle unter riesigen Sonnenschirmen. Er fand einen freien Tisch und nahm Platz. Der Kellner erschien und er bestellte zwei Schokoladen-Donuts und einen großen Kaffee Latte. Er lehnte sich in seinem Korbsessel zurück und sah sich um. Sein Blick wanderte scheinbar ziellos über die vielen Plakate, die mit schreienden Farben und den unsinnigsten Versprechungen versuchten, Kundschaft anzuziehen.

Ihn interessierte nur ein einziges Motiv: das, auf dem die Kandidaten für die Bürgermeisterwahl mit ihrem falschen Lächeln um Stimmen warben. In wenigen Wochen wurde gewählt. Es war in den vergangenen Monaten ein hartes Rennen, die Kandidaten hatten sich nichts geschenkt. Zwei hatten den Wettlauf bisher für sich entschieden und jetzt lief die letzte Schlacht um den Sieg auf Hochtouren.

Einer davon war Thomas Foulder, dessen Konterfei man momentan nicht ausweichen konnte.

Das war der Mann, der in Kürze im freien Fall in den Abgrund rauschen wird.

Ein eisiges Lächeln umspielte Marvins Züge und er dachte: „Wir sehen uns! Genieße noch deine Zeit im Rampenlicht. Bald ist es vorbei.“

Genussvoll verspeiste er seine Donuts und trank den überraschend aromatischen Kaffee Latte langsam aus. Nachdem er gezahlt hatte, schlenderte er zum Parkplatz, setzte sich in sein Auto und fuhr auf direktem Wege zu seiner Villa.

Dort angekommen, begann er mit den Vorbereitungen für den nächsten Tag. Er holte eine zweite Notebooktasche aus dem Tresor, genauso gesichert wie die von Carmel, stellte sie auf den Tisch und öffnete sie.

In einer Lasche steckte ein USB-Stick. Er nahm ihn heraus. Äußerlich ein Allerweltsteil: harmlos, keinen zweiten Blick wert. In sich trug er jedoch den Todesstoß für den Bürgermeisterkandidaten Thomas Foulder.

Um seine brisanten Daten zu schützen, hatte Marvin ihn mit einem kaum zu knackenden Passwort versehen: „Wenn ich mit Thomas fertig bin, nimmt kein Hund mehr von ihm ein Stück Brot“. Er codierte die Anfangsbuchstaben über eine genormte Telefontastatur.

Er schloss den Stick an das Notebook an und überprüfte akribisch, ob auch alle Dateien ihre Aufgaben erfüllten. Er war zufrieden mit dem Ergebnis. Mit einem bösen Lächeln packte er alles ein und verstaute das spezielle Thomas-Foulder-Notebook wieder im Tresor.

Morgen brauchte er den Stick noch nicht. Nein, morgen musste er nur seine Rolle überzeugend spielen, dann hatte er übermorgen den guten Thomas an den Eiern.

Wie ein Fallbeil werden diese Dateien auf Thomas Foulder niedersausen.

Kapitel 4

Marvin 03.09.

Am nächsten Morgen verwendete er sehr viel Sorgfalt auf die Veränderung seines Aussehens. Er setzte braune Kontaktlinsen ein, klebte sich einen dieser merkwürdigen Hipsterbärte an und verbarg seine Locken unter einer Perücke. Er hatte sie aus europäischem Echthaar von einer führenden Perückenmacherin aus Berlin auf Maß anfertigen lassen. Sie täuschte perfekt die eigene Haarpracht vor. Er hatte eine ausgewählt mit kräftigem dunkelblondem Haar, das links gescheitelt und in einem kühnen Bogen über rechts zurückgeföhnt war.

Er trug ein legeres Studentenoutfit, Jeans und Shirt, darüber ein Hemd von Levis. Einen billigen Rucksack hatte er mehrere Tage auf seinem Boot in der Sonne liegen lassen, ihn öfter zusammengequetscht, über den Boden geschleift und ein wenig mit Kaffee bekleckert. Jetzt sah er genau richtig abgegriffen aus. Er warf ihn mit Schwung über seine Schulter. Nun fehlte nur noch der Button des Kandidaten. Wohin damit? Ah ja, hier gehört er hin, hier, über dem Herzen. Wenn das nicht nach riesiger Sympathie aussah!

Er betrachtete sich im Spiegel und war sehr zufrieden mit seinem Aussehen als fleißiger Wahlkampfhelfer für den Bürgermeisterkandidaten Thomas Foulder.

Zeit zu gehen. Er fuhr mit dem Auto in Richtung Convention Center und parkte vorsichtshalber zwei Blocks davon entfernt auf einem öffentlichen Parkplatz.

In der Abgeschiedenheit des Fahrzeugs verharrte er einen Moment. Ein letztes Zögern. Er war sich bewusst, dass er in diesem Augenblick an einem Scheideweg stand. Wenn er jetzt weitermachte, gab es kein Zurück mehr. Wollte er wirklich riskieren, den Rest seines Lebens im Gefängnis zu verbringen, nur um sich für etwas zu rächen, das viele Jahre zurücklag? Klar, seine Pläne für jeden Einzelnen schienen wasserdicht zu sein. Dass er erwischt wurde, war nicht vorgesehen. Aber war er sicher, dass er nichts übersehen hatte? Der Teufel steckt immer im Detail und er hatte nur einen einzigen Versuch. Die Kriminalen dagegen trainieren jeden Tag aufs Neue, auch die unscheinbarsten Hinweise zu finden und verborgene Spuren zu entdecken.

Andererseits waren die Würfel doch schon längst gefallen. In den vergangenen zwanzig Jahren hatte er jede wichtige Weichenstellung in seinem Leben so weit wie möglich dem Ziel untergeordnet, seine Peiniger zu vernichten. Jetzt war es endlich so weit und er wird nicht zögern, seine Rache zu vollenden.

Sein Feldzug startet jetzt und hier.

Er überprüfte noch einmal sein Aussehen, hängte die Lachklammern ein, nahm seinen Rucksack, verriegelte sein Auto und verließ den Parkplatz.

In knapp zehn Minuten erreichte er den Eingang des Convention Centers. Hier findet morgen Abend in einem der sogenannten Ballsäle der krönende Abschluss des monatelangen Stimmenfangs statt. Die Gäste waren sorgfältig ausgewählt. Über ihre Einladung entschied allein ihre Nützlichkeit für Thomas. Die Eingeladenen kamen nur allzu gern, schließlich zahlte es sich für sie aus, zum engeren Kreis des zukünftigen Bürgermeisters zu gehören. Wer hier nicht dabei war, gehörte in San Diego nicht dazu.

Die Vorbereitungen für diese glanzvolle Festlichkeit liefen schon seit Tagen auf Hochtouren.

Das Wahlkampfteam hatte auf dem gleichen Flur seine Zentrale.

Die steuerte er zügig an. Ohne einen Blick für die Schönheit seiner Umgebung, eilte er mit Riesenschritten darauf zu und öffnete mit klopfendem Herzen, aber schwungvoll die Tür.

Unmittelbar neben dem Eingang stand rechts ein Tisch, an dem eine junge Frau jeden in Empfang nahm, der den Raum betreten wollte.

„Hallo, ich bin Amelie und wer bist du?“

„Ich bin Thomas Bolder und komme von der Uni. Hier ist mein Studentenausweis. Ich hatte mich vor einiger Zeit als Helfer registrieren lassen und jetzt hat mich jemand angerufen und mir gesagt, dass ich mich heute hier melden soll.“ Während er sprach, kramte er in seinem Rucksack und fischte eine laminierte Karte heraus. Das war sein gefälschter Studentenausweis. Aus dem Computer der Studentenverwaltung hatte er die Vorlage heruntergeladen und sich einen gebastelt. Er hielt jeder normalen Überprüfung stand.

Genau wie sein Name in der Liste mit den eingetragenen und überprüften Wahlkampfhelfern, die Amelie jetzt öffnete. Sie scrollte durch, fand ihn erwartungsgemäß und setzte einen Haken in das Kästchen vor seinem Namen. Auf den Ausweis, den er ihr hinhielt, warf sie nur einen flüchtigen Blick. Dann sah sie hoch und lächelte ihn an.

„Super, dass du da bist, Thomas! Du siehst ja selbst, was hier los ist. Melde dich hinten in der letzten rechten Koje. Da sitzt der Boss. Da erfährst du, was du zu tun hast. Bis später.“

Er nickte und trollte sich. Suchend schaute er sich um. Der Raum war riesig, gute siebzehn Meter lang und etwa neun Meter breit. Auf jeder Seite hatte man mit Stellwänden fünf Kabinen abgetrennt, um etwas Struktur hineinzubringen und die Übersicht zu behalten. Viel wurde allerdings damit nicht erreicht. Überall herrschte ein scheinbar unkontrolliertes Durcheinander. Telefone klingelten unentwegt, Drucker spuckten lange Papierkolonnen aus, ständig liefen Mitarbeiter mit Papieren in der Hand umher und standen sich dabei selbst im Weg.

Das gefiel ihm. In diesem Gewimmel war er einer von vielen und wurde Teil des gesichtslosen Ameisenhaufens, der sich Wahlkampfteam von Thomas Foulder nannte.

Auftragsgemäß meldete er sich in der letzten Koje. „Hi, ich bin Thomas. Was soll ich heute machen?“

Hinter dem Schreibtisch saß eine Frau in den besten Jahren. Unverkennbar der Boss. Etwa in seinem Alter, gut aussehend, dezentes Make-up. Sie trug ein perlgraues Kostüm mit einer fliederfarbenen Seidenbluse. Beides stand ihr ausgezeichnet.

Sie sah hoch und lächelte. Prüfend glitt ihr Blick über ihn hinweg.

„Kannst du E-Mails beantworten? Damit meine ich, bist du firm in Rechtschreibung und Grammatik und kannst du dich vernünftig und klar ausdrücken?“

„Ja, Ma’am, ich denke schon. Meine Tutoren sind jedenfalls immer zufrieden mit mir. Was soll ich denn machen?“

„Ma’am? Ich bin Lisa. Du meldest dich im Medienraum. Der ist gleich hier nebenan. Geh wieder auf den Flur und nimm die erste Tür auf der rechten Seite. Melde dich dort bei Sven. Warte, ich gebe dir einen Zettel mit.“ Sie griff nach einem kleinen Notizblock, kritzelte etwas darauf, riss das Blatt ab und gab es Thomas. „Hier, damit lassen sie dich rein.“

Er bedankte sich, drehte sich auf dem Absatz um und verließ den Raum.

Im Flur lehnte er sich an die Wand und atmete tief durch. Das lief ja wie geschmiert! Warum auch nicht. Schließlich hatte er seinen Auftritt akribisch vorbereitet. Er stieß sich von der Wand ab, wandte sich nach rechts und klopfte kräftig an die Tür. Es dauerte einen Moment, bis sie geöffnet wurde. Ein junger Mann stand vor ihm.

„Wer bist du?“

„Ich bin Thomas. Bist du Sven? Ich soll mich hier melden und E-Mails bearbeiten. Hier ist eine Nachricht von Lisa für dich.“ Er übergab ihm den Zettel.

Sven warf einen kurzen Blick darauf, dann trat er von der Tür zurück und ließ ihn eintreten.

„Super, wir können jede Hand brauchen. Du siehst ja selbst, was hier los ist.“

Thomas nickte und sah sich um. Der Raum war etwa gleich groß wie der nebenan. Im Gegensatz zu dem Gewusel dort, herrschte hier eine geradezu himmlische Ruhe. Man hörte lediglich das typische Geräusch der Tastatur, wenn geübte Hände darauf im Stakkato tippten. Auch dieser Raum war in Kabinen abgeteilt. Die hinteren beiden auf jeder Seite waren mit einer Tür verschlossen, die ersten drei nach vorn offen. Hier waren die Tische mit den Laptops untergebracht, an denen die Wahlkampfhelfer eifrig E-Mails beantworteten. Offenbar riss der Strom der Nachrichten gar nicht ab, denn sie tippten, ohne hochzusehen.

Sven nahm ihn mit in die erste Kabine auf der rechten Seite, fuhr das Notebook hoch und wies ihn in seine Aufgabe ein.

„Für alle Mails, die in irgendeiner Form Glückwünsche, Zustimmung, Begeisterung oder Ähnliches ausdrücken, haben wir Standard-Antworten, die findest du hier. Wenn etwas Außergewöhnliches kommt oder jemand eine Spende machen will, dann leitest du die Mail an mich weiter. Ich übernehme dann. Hier sind die E-Mails, die wir selber an unsere Unterstützer täglich und manchmal stündlich herausschicken. Die werden ständig aktualisiert und ich bringe dir die neuen Texte, die du einarbeiten musst. Damit fängst du an.“

Er zeigte ihm, um welche Nachrichten es sich handelte und gab Thomas den passenden Text in die Hand. „Noch Fragen?“

„Nein, erst mal nicht. Höchstens nur noch eine. Ich will ja nicht neugierig sein, aber warum sind die Türen dahinten verschlossen?“

„Dort wird mit unseren Unterstützern telefoniert. Du kannst dir denken, dass hier kein Mensch bei offenen Türen arbeiten könnte. Und übrigens, an der Stirnseite findest du eine Kaffeemaschine, Teebeutel, kalte Getränke und etwas zu essen. Bediene dich selbst. Wir machen keine Pausen, jeder nimmt sich etwas, wenn er Hunger hat, und geht an seinem Platz zurück. Alles andere würde nur den Arbeitsfluss stören.“

„Ach so. Alles klar. Dann will ich mal anfangen. Drück mir die Daumen, dass alles gut geht.“ Er setzte sich das Headset auf und klickte seine erste Mail an.

Er hatte alle Hände voll zu tun. Es war später Abend, als er in seine Villa zurückkehrte.

Was für ein Tag! Das Leben als Wahlkampfhelfer war wahrlich kein Zuckerschlecken. Wie gut, dass er das Vergnügen nur für diese beiden Tage hatte.

Als er endlich geduscht hatte und mit einer kalten Cola in einem bequemen Sessel saß, wollte er sich eine halbe Stunde Pause mit seinem Lieblingsspiel auf dem Laptop gönnen. Aber die richtige Konzentration stellte sich nicht ein und er gab genervt auf. Die Situation war nicht dazu angetan, irgendwelchen Spielchen zu frönen. Es war vielmehr Zeit, sich auf morgen vorzubereiten.

Marvin holte sein Thomas-Foulder-Notebook aus dem Tresor, klappte es auf und fuhr es hoch. Er gab einige Tastaturbefehle ein und im aufgehenden Fenster wurde ihm mitgeteilt, dass er sich jetzt auf dem persönlichen Server von Thomas Foulder befindet. Er hatte sich schon vor Monaten in das System eingehackt. Das war wesentlich einfacher, als er es sich vorgestellt hatte. Als IT-Spezialisten irritierte es ihn immer wieder, dass die Sicherheitsvorkehrungen für sensible Netzwerke derartig leicht zu knacken waren. Na gut, nicht sein Problem.

„Dann wollen wir doch mal sehen, auf welchem Notebook du deine Rede und die Präsentation untergebracht hast.“ In aller Ruhe durchstöberte er die im Netzwerk angemeldeten Laptops. Er fand das Gesuchte auf dem Dienstlichen von Sven, dem Chef der Medienabteilung. Das hatte er schon fast vermutet. Schließlich hatte Marvin die Entstehungsgeschichte des Manuskripts wochenlang miterlebt. Morgen, wenn Foulder auf der Bühne seine Rede vom Blatt las, musste jemand dafür sorgen, dass die Bilder der Präsentation zum richtigen Zeitpunkt auf dem riesigen Bildschirm hinter ihm erscheinen. Diese verantwortungsvolle Aufgabe würde Sven freiwillig keinem anderen überlassen.

Eine Entscheidung ist zu treffen. Wollte er von hier, von seinem sicheren Standort, seinen kleinen Einspieler starten oder wollte er dabei sein, wenn das Drama begann? Diese Frage war allerdings rhetorisch. Natürlich wollte er dabei sein und das ganze Desaster live erleben. Wozu hätte er sich sonst in das Wahlkampfteam eingeschlichen. Niemand würde merken, dass er mit seinem harmlosen Surface kurzzeitig die Kontrolle über Svens Notebook übernommen und ihm die entzückenden Aufnahmen untergejubelt hatte.

Sorgfältig überprüfte er den Ordner mit den Bildern. Alles war an Ort und Stelle. Er verstaute den Laptop in seinem Rucksack. Zur Sicherheit legte er den USB Stick dazu. Er wusste, dass er den Stick nicht brauchen würde, aber er fühlte sich einfach besser, wenn er im entscheidenden Moment doppelt gerüstet war. Man stelle sich nur mal vor, dass nach den jahrelangen Planungen plötzlich irgendetwas nicht funktioniert. Ein Albtraum!

Mit einem kritischen Blick musterte er noch einmal seine Vorbereitungen für morgen. Alles war an seinem Platz, alles war, wie es sein sollte. Er nickte zufrieden, begab ins Schlafzimmer und legte sich hin. In wenigen Minuten war er eingeschlafen.

Kapitel 5

Marvin und Thomas Foulder 04.09.

Früh um sechs Uhr morgens schreckte Marvin plötzlich hoch. Er blickte wild um sich. Als er sah, dass er in seinem Bett saß, seufzte er erleichtert auf und fiel in die Kissen zurück. Glücklicherweise nur ein Albtraum. Alles war schiefgelaufen, was schiefgehen konnte und zum Schluss hatten sie ihn verhaftet. Was für ein Unsinn! Aber, sagte er sich, betrachte es als Warnung. Prüfe doppelt und dreifach, dann passiert dir nichts.

Er sprang aus dem Bett und lief über die Terrasse zum Pool. Es wurde gerade hell genug für seine morgendlichen Dehn- und Streckübungen. Er ließ seinen Oberkörper kreisen, fiel in den Spagat, stemmte sich daraus in den Handstand und balancierte ihn auf einer Hand aus, sprang mit einem Salto in den Stand und simulierte Angriffe aus seinem Repertoire der Aikido-Techniken. Anschließend schwamm er seine zwanzig Minuten und stieg erfrischt aus dem Pool.

Er wickelte sich ein weiches Badehandtuch um die Hüften, ging in die Küche und kochte sich seinen Kaffee. Während er darauf wartete, dass die vier Minuten vorbei waren, die das Gebräu brauchte, um perfekt zu sein, ließ er seinen Blick durch die Küche schweifen. Eine unglaubliche Vielzahl von Schränken und Elektrogeräten, gediegen in gebeiztem Holz und gebürstetem Edelstahl ausgeführt, hätte jede Köchin entzückt. Allerdings sah es nicht so aus, als würde das alles häufig genutzt. Auch er bediente lediglich den Wasserkocher für die Zubereitung seines Kaffees. Na gut, wer hunderttausend Euro im Jahr für die Miete dieser Villa berappen konnte, der kochte wohl auch nicht selbst.

Sein Kaffee war fertig. Er goss ihn in eine große Tasse aus feinem Porzellan, schnappte sich den Teller mit dem übriggebliebenen Obst von gestern und ging auf die Terrasse zurück. Die Sonne war jetzt endgültig aufgegangen. Es war angenehm warm. Marvin schlürfte seinen Kaffee, naschte von den Früchten und war rundherum zufrieden. Abschließend schmiegte er sich in die weichen Polster, schloss die Augen und versank für zehn Minuten in seiner Lieblingsmeditation. Langsam kehrte er in die Wirklichkeit zurück und gönnte sich weitere fünf Minuten in völliger Bewegungslosigkeit.

Dann stand er übergangslos auf, griff nach Tasse und Teller und brachte sie in die Küche. Er spülte beides ab und stellte das Geschirr auf das Abtropfbrett. Er sah sich um, prüfte, ob der Wasserkocher ausgeschaltet war, verließ die Küche und marschierte ins Schlafzimmer, um sich für den heutigen Tag zu präparieren.

Er legte wieder die Verkleidung an, klemmte sich den Rucksack unter den Arm und fuhr zum Frühstück in das Gaslamp Quarter. Er stärkte sich ausgiebig mit gebratenen Eiern und Speck, Würstchen, Schinken und Käse. Zum Abschluss ließ er sich einen Stapel Pancakes mit Ahornsirup bringen, dazu genoss er zwei große Tassen von diesem wundervollen aromatischen Kaffee, den es nur hier gab. Perfekt.

Als er im Wahlkampfzentrum ankam, empfing ihn das blanke Chaos. Die Vorbereitungen für den großen Gala-Abend liefen auf Hochtouren. Er war froh, dass er in den Medienraum verschwinden konnte.

„Gut, dass du kommst. Wir machen es so: Bis zum späten Nachmittag arbeitest du wieder an den Mails wie gestern und danach hilfst du mir bei den finalen Vorbereitungen für den Medienrummel heute Abend. Ich habe schon alles aufgebaut, aber es muss noch einmal gecheckt werden.

Folgender Ablauf ist geplant: Vor Beginn der Veranstaltung, wenn die Gäste bereits im Saal sind, erfreuen wir sie zunächst mit einer kombinierten Musik- und Lichtshow. Anschließend kommen zehn kleine Mädchen von der Ballettschule, für die sich die Schwägerin unseres zukünftigen Bürgermeisters ehrenamtlich engagiert. Sie tanzen das berühmte Ballett aus Schwanensee. Wir machen die Musik dazu. Als Nächstes tritt ein A-Capella-Chor auf. Da haben wir nur dafür zu sorgen, dass die Mikrofone einwandfrei arbeiten. Damit ist das Vorprogramm zu Ende.

Der jetzige Bürgermeister kommt auf die Bühne, begrüßt alle und so weiter. Wir warten hinter der Bühne auf unseren nächsten Einsatz. Unser verehrter Kandidat hält nach dieser Begrüßung und dem gegenseitigen Händeschütteln seine Rede. Und dann sind wir wieder dran. Während er spricht, zeigen wir zu Beginn eine Reihe netter Bildchen wie Blumen, lachende Kinder, leuchtende Kornfelder, na, du weißt schon, dieser ganze Kitsch, um Punkte zu machen. Wir verfolgen alles auf unserem Display. Nach ungefähr zwanzig Minuten erscheint ein Zeichen, dann sollen die Bilder kommen, die zu den Projekten gehören, für die er gekämpft hat beziehungsweise für die er sich einsetzen will. Er hat für jedes Bild einen kurzen Text und wir müssen dafür sorgen, dass zum richtigen Zeitpunkt das nächste Bild erscheint. Alles easy und langweilig.“

„Machst du das oder soll ich das machen?“

„Ich mach das selbst. Du bist sozusagen die Reserve und springst ein, falls sich der Boden öffnet und mich verschlingt. Die Aufgabe ist einfach, aber heikel. Wenn wir das vermasseln, kriegen wir in dieser Stadt keinen Fuß mehr in die Tür.“

„Es wird schon gut gehen. Das kriegen wir doch wohl hin.“

Die Zeit lief ihm unter den Händen davon. Es war wie am Tag zuvor. E-Mails über E-Mails waren zu bearbeiten.

Gegen achtzehn Uhr kam Sven und forderte ihn auf mitzukommen. Die letzten Vorbereitungen für den Abend waren zu treffen.

Thomas fühlte Ameisen zwischen seinen Schulterblättern unkontrolliert umherirren. Es war so weit. Er nahm seinen Rucksack hoch und tat so, als ob er etwas suchen würde. Er tastete nach dem kleinen Surface. Gott sei Dank, es war da. Als seine Hand wieder zum Vorschein kam, hielt er darin einen Doppelschoko-Schokoriegel, den er gleich aufriss und zügig verspeiste. Augenblicklich waren die Ameisen verschwunden. Tiefe Ruhe erfüllte ihn. Es ging doch nichts über eine Schokoladendröhnung.

„Kann losgehen.“

Gemeinsam gingen sie zum Ballsaal. Sie durchquerten den Raum und Thomas hatte genügend Gelegenheit, sich umzusehen. Anerkennend nickte er. Mein lieber Mann, das wird eine noble Veranstaltung. Die Tische waren mit schneeweißem Damast eingedeckt. Funkelndes Kristall, feinstes Porzellan und üppigste Blumengebinde in überwältigenden Formen und Farben schmückten die Tafeln.

Hinter der Bühne sah es aus wie überall, wo das Fußvolk zugange war. Sven hatte eine Multimediaanlage aufgebaut. Er erklärte Thomas die Funktion der einzelnen Elemente und forderte ihn dann auf, den Probelauf zu starten. Das war keine Mühe für den Informatikexperten, aber das musste ja niemand wissen. Also fragte er immer wieder, ob das, was er machte, auch richtig war und baute sogar zwei harmlose Fehler ein. Nach einer Stunde war alles erledigt. Die Anlage funktionierte einwandfrei und die beiden kehrten in den Medienraum zurück. In der Kaffeeecke waren noch reichlich Donuts und Cracker vorhanden. Sven nahm sich einen Kaffee, Thomas eine Cola. Gemeinsam arbeiteten sie sich durch die Donuts und schlossen ihr Abendbrot mit einer üppigen Portion Cracker ab.

Inzwischen trafen die Gäste nach und nach ein. Jedes Paar wurde vom Kandidaten und seiner lieben Gattin am Eingang in Empfang genommen und überschwänglich begrüßt. Der Saal füllte sich zusehends. Der Schmuck der Damen funkelte mit dem Kristall um die Wette und ihre Designerroben machten den Blumen Konkurrenz. Die Männer im Smoking, ein wohltuender Ruhepunkt für das Auge in all dem Geflimmer. Es war ein Schaulaufen der Prominenz aus Politik und Wirtschaft aus San Diego und darüber hinaus. Sogar der Gouverneur gab sich mit seiner Gattin die Ehre. Man gehörte schließlich der gleichen Partei an, da war ein bisschen Unterstützung im Wahlkampf ja wohl selbstverständlich.

Sven und Thomas waren mittlerweile wieder hinter der Bühne. Es herrschte gespannte Stille. Alle Augen waren auf den Boss gerichtet. Lisa verständigte sich über Funk mit einem Mitarbeiter im Saal. Endlich kam das „Alle an Bord“ wie vereinbart. Die Show konnte beginnen. Lisa gab dem Verantwortlichen ein Zeichen und er dimmte in Zeitlupe das Licht. Über die im Saal angebrachten Mikrofone hörte man leichtes Hüsteln, letztes Stühlerücken und allgemeines Geraune.

Lisa zeigte auf Sven, dieser nickte und drückte die Enter-Taste. Die Show wurde mit einem kraftvollen Akkord und magischen Lasereffekten eröffnet. Das Programm lief reibungslos ab. Man applaudierte höflich, fand das Kinderballett entzückend und war aufrichtig begeistert von der Darbietung des A-Capella-Chors.

Im Saal wurde es gedämpft hell. Kellner boten Erfrischungen an. Man reichte edlen Champagner, gepflegte Weine, Liköre, wahlweise einen alten Cognac oder Whisky und Häppchen aus erlesenen Zutaten. Nichts Besonderes halt, nur das, was der verwöhnte Gaumen so erwartet.

„Lass uns mal die Lage peilen.“ Sven schaltete eine Kamera ein, die gut getarnt neben der Bühne angebracht war.

Ungeduldig schaute Thomas auf den Monitor. Seine Augen suchten nach dem Tisch des Kandidaten. Ah, dort saß er ja, eingerahmt von seiner Gattin und dem Gouverneur an der Längsseite eines Tisches für acht Personen. Mit kalten Blick beobachtete Thomas sein Opfer.

„Nun schau dir das an“, dachte er, „der benimmt sich wie eh und je. Immer noch diese weitausholenden Gesten, dieser Beifall heischende Blick in die Runde, immer noch wie ein preisgekrönter Gockel. Aber gut gehalten hat er sich, das muss ihm der Neid lassen. Die silbernen Strähnen in seinem dunklen Haar geben ihm etwas Seriöses. Er kämmt es wie früher nach hinten und hebt sein Kinn, damit auch jeder sein markantes Profil sehen kann. Offenbar treibt er noch regelmäßig Sport. Er hat ja immer schon Wert auf eine knackige Figur gelegt. In seinem Smoking steckt er wie die Wurst in der Pelle, damit auch ja jeder sieht, was er für ein toller Hecht ist. Was für ein Brilli an seiner schwarzen Fliege! Dafür hätte man locker einen Luxusschlitten von den Leuten mit dem Stern haben können. Er musste immer schon übertreiben, wie die Neureichen halt so sind. Na ja, wenn der Vater sein Geld, auch wenn es sehr viel Geld ist, mit Abfall gemacht hat, dann wird man dieses Trauma wohl sein ganzes Leben mit sich herumschleppen.

Oh, jetzt beugt er sich rüber zum Gouverneur. Nun kuck nur mal, wie der preisgekrönte Gockel plötzlich zu einem schleimigen Wurm mutiert, dessen Lieblingsaufenthalt offensichtlich der Hintern des Gouverneurs ist. Pfui Deibel! Jetzt steht er auf. Wenn ich das schon sehe, diese bemühte jugendliche Spritzigkeit, mit der er zum nächsten Tisch eilt! Was für ein Angeber und Scharlatan!

Wird Zeit, dem Ganzen ein Ende zu setzen.“

„Sven, wie lange haben wir noch? Ich muss unbedingt mal schnell weg. Irgendetwas mit den Donuts war wohl nicht in Ordnung.“

„Wir haben noch circa zehn Minuten. Du kannst dir Zeit lassen.“

„Super, dann bis gleich.“.

Thomas schnappte sich seinen Rucksack und verschwand im Waschraum. Er wählte eine freie Kabine und setzte sich auf den geschlossenen Toilettendeckel. Er holte das Notebook hervor, klappte es auf und schaltete es an. In Sekunden war es betriebsbereit. Zügig gab Thomas einige Befehle ein und sein Surface übernahm die Kontrolle über das Notebook von Sven. Er tauschte die Bilder von den gegenwärtigen und zukünftigen Projekten des Kandidaten gegen seine Schöpfungen aus.

Es waren kunstvolle Montagen des Kandidaten in gewissen Situationen. Er hatte überlegt, mit wem er sein Opfer final kompromittieren könnte. Waren Prostituierte besser oder lieber das Spielcasino oder noch besser aus dem Bereich Sadomaso? Foulder als „Herr“ mit schwingender Peitsche, vor dem eine aus vielen Wunden blutende Sklavin kniet? Er mit erigierten Pimmel? Nein, das war ihm alles nicht genug. Der Super-GAU für jeden Mann sind Bilder mit unschuldigen Knaben in eindeutigen Positionen. Er hatte keine Mühe gescheut und eine stilgemäße Sammlung angelegt. Der ahnungslose Sven würde sie heute dem geneigten Publikum präsentieren.

Er überzeugte sich sicherheitshalber noch einmal, dass alle Bilder an ihrem Platz waren. Zufrieden zog er sich aus Svens Notebook zurück ohne eine Spur zu hinterlassen, nicht ohne eine Entschuldigung in dessen Richtung zu murmeln.

Es war so weit. Voller Vorfreude auf den handfesten Skandal schloss Thomas das Notebook, benutzte rasch die Toilette und erschien wenige Minuten vor dem Beginn der Rede wieder hinter der Bühne.

„Bereit, wenn du es bist.“

Sven nickte ihm zu. Konzentriert verfolgte er die Geschehnisse im Saal.

Gerade holte der amtierende Bürgermeister den Kandidaten auf die Bühne: „Meine Damen und Herren, begrüßen wir gemeinsam meinen Nachfolger. Wir kennen ihn als einen Mann, der alle Eigenschaften in sich vereint, um zu unser aller Wohl die Führung unseres blühenden Gemeinwesens zu übernehmen und es zu neuen Gipfeln zu führen. Sein großer Erfahrungsschatz, den er sowohl in der Wirtschaft als auch in der Politik erworben hat, sowie seine untadelige hohe Moral, sind ein Garant dafür, dass unter seiner Regentschaft unsere geliebte Stadt weiter aufblühen wird. Wir wollen auch nicht den Familienmenschen Thomas Foulder vergessen. Ich begrüße sehr herzlich seine liebe Gattin Sarah, die mit aufopferungsvoller Hingabe ihren Ehemann in allen Bereichen unterstützt und für die beiden gemeinsamen Söhne, Thomas und Noah, eine wundervolle Mutter ist.

Ich weiß, wenn ich mich in wenigen Monaten in den verdienten Ruhestand verabschiede, dass diese Stadt, unser San Diego, in den besten Händen ist. Folgt unserem neuen Bürgermeister, haltet ihm die Treue und wir alle werden gewinnen!

Sarah und Thomas, kommt zu mir auf die Bühne. Eure Freunde wollen euch sehen und hören, was ihr zu erzählen habt. Zeigt ihnen die Zukunft! Lasst sie teilhaben an euren Visionen! Führt sie zu neuen Horizonten!“

Mit weit ausgebreiteten Armen und einem Politiker-Lächeln im Gesicht schritt er zur rechten Bühnenseite und blieb neben der kleinen Treppe, die auf die Bühne führte, stehen.

Während seiner letzten Sätze war Thomas Foulder bereits aufgestanden, hatte sich zu seiner Gattin geneigt und ihr die Hand gereicht. Sie stand auf, er bot ihr galant den Arm und gemeinsam begaben sie sich zu der Treppe, an der der amtierende Bürgermeister auf sie wartete. Mit großer Geste nahm der Kandidat die Hand seiner Frau und mit einer Verbeugung half er ihr, die wenigen Stufen zu überwinden. Er folgte ihr und beide wurden von dem Redner überaus herzlich begrüßt. Er beugte sich über Sarahs Hand und hauchte einen Kuss darauf. Thomas wurde von ihm in den Arm genommen und ausgiebig beklopft. Dann komplimentierte er sie zu den bereitgestellten Stühlen, die eine leichte Anmutung von Krönungssesseln hatten, sehr viel grüner Damast und Goldauflagen auf dem Holz der hohen Lehne. Sie hatten große Ähnlichkeit mit dem Amtsstuhl des Bürgermeisters. Sarah und der Amtsinhaber nahmen Platz. Thomas Foulder stellte sich an das Rednerpult, griff in die Innentasche seines Smokings und holte sein Manuskript hervor. Sorgfältig glättete er das gefaltete Papier.

Er sah hoch, strahlte wie ein Honigkuchenpferd und begann seine Rede. Sie war wie bei solchen Anlässen üblich und nicht weiter erwähnenswert.

Thomas hatte alles um sich herum ausgeblendet. Gebannt starrte er auf den Monitor. Sven klickte die „netten Bildchen“ zu den vereinbarten Stellen der Rede an. Auf seinem Display erschienen sie als Minibild in der unteren rechten Ecke. Niemand beachtete sie. Warum auch?

Er wartete auf das Signal, die zweite Datei mit den Projektbildern zu öffnen.

Da, jetzt endlich erschien der blaue Kreis! Es war so weit. Sie hatten noch fünf Minuten.

Sven öffnete die Datei mit dem Namen „Projekte“ und überflog kurz die Dateinamen. Alles klar. Er nickte Thomas zu.

„Er liest jetzt die Einführung für das erste Bild. Hier kannst du mitlesen. Der letzte Satz ist für uns fett und in Großbuchstaben gedruckt. Sowie der erscheint, wird die erste Datei angeklickt. Sie öffnet sich auf dem großen Bildschirm hinter Foulder. Er liest dann weiter den Text, der dazu gehört, und wir lesen wieder mit und sehen den nächsten fetten Satz für die nächste Datei. Wir klicken sie an und so weiter. Wichtig für uns ist nur das richtige Timing.“

„Klar. Ich schaue mit auf den Monitor, dann können wir es gar nicht verpassen.“

„Klingt gut.“ Mit einer abschließenden Bewegung setzte sich Sven die Kopfhörer auf.

Die beiden Wahlhelfer lasen mit: „Und nun, meine Damen und Herren, gestatten Sie mir, Ihnen die Projekte zu zeigen, die mir von jeher ganz besonders am Herzen liegen. Für viele habe ich in den vergangenen Jahren gekämpft und beachtliche Erfolge erzielt. Aber es liegt noch so viel Arbeit vor uns, um unser geliebtes San Diego noch wettbewerbsfähiger, international anerkannter und attraktiver zu machen. Ich habe im zweiten Teil die Vorhaben zusammengestellt, die ich als Ihr Bürgermeister sofort auf die Tagesordnung setzen werde.“

Der nächste Satz war fett und in Großbuchstaben gedruckt. Sven klickte die erste Bilddatei an.

Der Redner fuhr fort: „Schauen Sie auf den Schirm hinter mir. Das war mein Lieblingsprojekt. Ich habe lange dafür gekämpft und Zeit und Mittel nicht geschont. Wenn Sie jetzt das Ergebnis betrachten, dann stimmen Sie mir doch sicher zu, wenn ich sage, so viel Schönheit und Anmut war die Aufbietung aller Kräfte mehr als wert.“

Noch während er sprach, wurde es im Saal unruhig. Über die Lautsprecher hörte man hinter der Bühne ein allgemeines Gemurmel.

Thomas wusste warum und Sven hätte es auch verstanden, falls er das Bild auf dem Schirm hinter dem Kandidaten sehen könnte oder das Minibild in der unteren rechten Ecke des Monitors beachtet hätte.

Es war eine scharf ausgeleuchtete Aufnahme von Thomas Foulder. Auf seinem Schoß saß ein Knabe. Ein bezauberndes Kind, vielleicht sechs Jahre alt. Es hatte nur eine Unterhose an und Foulders Hand umfasste dessen nackten Oberkörper mit einer zärtlichen Geste.

Der nächste Satz in fetten großen Buchstaben erschien und Sven klickte sofort die zweite Datei an.

Der Redner wendete sich dem Schirm halb zu und deutete mit einer schwungvollen Handbewegung darauf.

„Und hier, meine Damen und Herren, sehen Sie davon einen Ausschnitt. Der gefällt mir am besten. Es ist so ein wunderbares Gefühl, etwas in der Hand zu haben, das einen solchen Liebreiz hat. Wenn ich jetzt daran denke, habe ich wieder diese Gänsehaut, dieses unbeschreibliche Glücksgefühl. Das war ein ganz besonderer Augenblick. Könnte ich ihn doch jeden Tag erleben.“

Im Saal wurden jetzt Rufe laut.

„Unerhört!“

„Ein Skandal!“

„Sofort aufhören!“

Irritiert sah Thomas Foulder von seinem Manuskript auf. Sämtliche Gesichtszüge entgleisten ihm, als er den Aufruhr im Saal wahrnahm.

Einige Männer waren aufgesprungen und schüttelten die Fäuste gegen ihn. Die Frauen sahen zur Seite oder nach unten und fühlten sich sichtlich unwohl. Ein Vater hielt mit beiden Händen seiner Tochter die Augen zu. Etliche hielten ihr Smartphone hoch. Sie fotografierten unentwegt oder nahmen gleich alles auf Video auf.

Erschrocken irrte sein Blick zu seiner Frau und er sah, dass sie beide Hände vor das Gesicht geschlagen hatte. Ihre Schultern bebten.

Er breitete die Arme aus und rief: „Freunde, was ist denn los? Habe ich etwas Falsches gesagt? Habe ich jemanden unwissentlich beleidigt? Glaubt mir, das wollte ich auf gar keinen Fall.“

Ein Mann sprang hoch und schrie: „Dreh dich um! Sieh auf diesen verdammten Bildschirm und erkläre uns, was wir da sehen!“

„Was stört euch denn an diesem Bild?“

„Das fragst du noch?! Du fragst, was uns an dem Bild stört!? Na ja, wenn es für dich normal ist, dann wollen wir doch alle mal sehr froh sein, dass wir das heute erfahren durften. Nicht auszudenken, wenn du es tatsächlich auf den Stuhl des Bürgermeisters geschafft hättest. Davon hätte sich San Diego in den nächsten hundert Jahren nicht erholt.“

Endlich drehte sich Thomas Foulder zum Bildschirm um. Er brauchte einen Moment, um zu erfassen, was er da sah. Die Wucht der Erkenntnis ließ ihn rückwärts taumeln. Er stieß mit dem Rücken an das Rednerpult. Instinktiv hielt er sich daran fest. Er wagte einen zweiten Blick. Alles war noch da. Das blanke Grauen starrte ihn an. Gebannt starrte er zurück.

Er sah sich selbst. Er lag nackt auf einem niedrigen Bett. Ein kleiner, blonder Junge saß rittlings auf seinem Bauch. Der Knabe drehte ihm den Rücken zu und hielt mit beiden Händen seinen Ständer umklammert. Er selbst umarmte die Hüfte des Buben, seine Hände lagen zwischen den Beinen des Kindes und umfassten offensichtlich dessen kindliches Gemächt.

„Oh mein Gott!“ Er wollte schreien, brachte jedoch kein weiteres Wort heraus. Seinen Körper durchströmte vom Scheitel bis zur Sohle eisige Kälte. Unfähig, auch nur ein Glied zu rühren, war er zur Salzsäule erstarrt.

Sven hatte hinter der Bühne unter seinen Kopfhörern von alledem nichts mitbekommen. Er las konzentriert den Text mit, der weiter über den Bildschirm lief, und als der nächste Satz mit den fetten großen Buchstaben erschien, klickte er das dritte Bild an.

Es zeigte den Kandidaten in Aktion. Er saß mit gespreizten Beinen im Sessel und vor ihm kniete der kleine Junge und hatte seinen Schwanz im Mund. Foulder hatte beide Hände in den Locken des Kindes vergraben und halb zurückgelehnt schien er vor lauter Geilheit zu sabbern.

Das war zu viel! Adrenalin schoss durch seinen Körper. Flucht oder Kampf. Er entschied sich für Angriff und schrie: „Aufhören! Aufhören! Stellt doch endlich die verdammten Bilder ab! Die gehören mir nicht! Das bin ich gar nicht! Ja, ja, ja, ich bin es schon, aber das sind alles Fälschungen. In meinem ganzen Leben habe ich noch nie etwas so Abscheuliches getan! Wer tut mir so etwas an? Ihr kennt mich doch alle. Ihr seid doch meine Freunde und wisst, dass ich zu so etwas niemals fähig wäre.“

Bei diesen Worten drehte er sich zum Saal um und was er dort sah, das gab ihm den Rest. Über die Hälfte seiner Gäste hatte fluchtartig den Raum verlassen und die anderen drängten sich am Ausgang. Jetzt galt es, die eigene Haut und den eigenen Ruf zu retten. Wer wollte schon einen Pädophilen persönlich kennen. Das war ja geradezu tödlich für den Rest des Lebens. Eher möchte man die rechte Hand verlieren als mit so einem in einem Atemzug genannt zu werden.

Einige hatten es allerdings deshalb so eilig, weil sie ein ruhiges Plätzchen suchten, um ungestört die besten Bilder auf Facebook und Co. zu posten. Wer jetzt schnell war, hatte die Nase ganz weit vorn in dieser Welt der falschen Freunde.

Die wenigen Gäste, die noch an ihren Tischen saßen, drehten ihm den Rücken zu. Vielleicht warteten sie darauf, abgeholt zu werden.

Aus seinem Körper wich alle Spannung. Er stütze sich mit beiden Händen auf das Rednerpult und ließ den Kopf hängen.

Aus dem Augenwinkel schielte er zu seiner Frau hinüber. Es sah aus, als säße dort nur noch ihre überteuerte Robe, so tief war sie in sich zusammengesunken.

„Sarah,“, flüsterte er, „du glaubst doch nicht etwa, was du da siehst. Du kennst mich doch. Es wird sich alles aufklären. Irgendjemand will mich fertigmachen. Ich werde ihn finden und zur Rechenschaft ziehen. Dann wird alles wieder wie früher sein.“

„Ach ja? Wie früher? Das glaubst du wirklich?“ Seine Frau erwachte aus ihrer Starre und stand auf. Aus schmalen Augen musterte sie ihn voller Verachtung. Sie trat dicht an ihn heran und zischte ihm ins Ohr: „Was bist du doch für ein Versager! Wenn du schon Kinder fickst, dann lass dich doch gefälligst nicht erwischen! Wie dämlich muss einer sein, der auch noch Bilder von seinem perversen Gefummel macht. Hast dich wohl immer wieder daran aufgegeilt und dir fleißig einen runtergeholt, nicht wahr? Und ich habe geglaubt, dass du mit deinen feinen Kumpanen zu den Nutten gehst und deshalb bei mir keinen mehr hochkriegst. Nicht, dass mich das irgendwie gestört hätte. Ganz im Gegenteil. Deinen Blitzfick vermisse ich wahrhaftig nicht. Jedenfalls hast du dich perfekt in die Scheiße geritten. Für dieses Leben war es das für dich. Ab sofort bist du ein Ausgestoßener. Und mich geht das alles nichts mehr an. Du hörst von meinem Anwalt. Und glaube mir, wenn ich mit dir fertig bin, dann nimmt auch der hungrigste Straßenköter kein Stück Brot mehr von dir. Falls du überhaupt noch ein Stück Brot hast. Und viel Spaß im Gefängnis. Da warten sie nur auf solche Kinderficker wie dich. Vielleicht noch einen letzten guten Rat: Tu dir und deiner Familie einen Gefallen und verschwinde aus dieser Welt.“

Sarah drehte sich um, umfasste mit festem Griff ihre Gucci-Tasche, richtete sich zu ihrer vollen Körpergröße auf und verließ gemessenen Schrittes die Bühne. Sie durchquerte den Saal ohne jede Eile und stolzierte davon, ohne sich noch einmal umzudrehen.

Den Kandidaten hatten ihre Worte getroffen wie Schwerthiebe. Am liebsten wäre er im Erdboden versunken und nie wieder aufgetaucht. Panik überschwemmte ihn mit einer schwarzen Woge abgrundtiefer Angst. Er musste alle Kraft aufbieten, um nicht in Ohnmacht zu fallen.

Als er hörte, dass sich die Tür des Saales hinter seiner Frau schloss, schreckte er hoch.

Er sah sich um, niemand war mehr da.

Mühsam richtete er sich auf. Er löste vorsichtig seine Hände vom Rednerpult, das ihm in den vergangenen Minuten Halt und Stütze war. Er schwankte ein wenig hin und her, ehe er sein Gleichgewicht gefunden hatte. Mit schleppenden Schritten verließ er als gebrochener Mann die Bühne. Der Tag seines Triumphes war zum Tag seiner Vernichtung mutiert.

Ein unsichtbarer Feind hatte ihn zerstört. Er war erledigt. Wer hatte ihm das nur angetan?

*

Auch hinter der Bühne hatte die Enthüllung hohe Wellen geschlagen.

Als Sven das dritte Bild eingespielt hatte, wurde er plötzlich rüde zur Seite gerissen. Eine Hand erschien und schlug mit aller Gewalt das Notebook zu.

„Was soll das denn?“ Sven fuhr herum und starrte in die funkelnden Augen von Lisa. „Was machst du da? Bist du übergeschnappt?“

„Wer ist hier übergeschnappt, frage ich dich?! Wo hast du diese Bilder her? Was soll das alles? Willst du Thomas Foulder fertigmachen? Wer steckt dahinter? Wer hat dich bezahlt? Rede!“ Ihre Stimme überschlug sich.

„Was redest du denn da? Wieso fertigmachen? Welche Bilder denn? Die haben wir doch zusammen ausgesucht und ich habe sie genauso eingespielt, wie wir es festgelegt hatten.“

„Ach ja? Diese Bilder haben wir zusammen ausgesucht? Die hat uns Thomas Foulder gegeben? Willst du mich verarschen?“

Sven war völlig fassungslos. „Lisa, was willst du von mir? Ich habe doch nichts geändert. Sag mir doch wenigstens mal, was dich so wütend macht.“

„Na gut. Du spielst den Ahnungslosen. Okay, dann wollen wir mal sehen, was du dazu sagst.“ Mit diesen Worten klappte Lisa das Notebook wieder auf.

Während des hitzigen Wortwechsels waren die anwesenden Wahlkampfhelfer herbeigeeilt. Sie umringten Lisa und Sven. Auch sie wollten wissen, was denn eigentlich passiert war.

Marvin alias Thomas, der während der Rede des Kandidaten neben Sven gestanden hatte, bewegte sich unauffällig rückwärts und tauchte ein in die Schar der neugierigen Gaffer.

Lisa hatte inzwischen den Ordner gefunden. Sie öffnete die Datei mit den Bildern, die zu den entsprechenden Textstellen gezeigt werden sollten. Sie änderte die Darstellung von mini auf normal und klickte das erste Foto an.

Der Monitor füllte sich mit dem Bild des Kandidaten, der den blonden Knaben auf seinem Schoß hat.

„Nein!“, schrie Sven auf und holte tief Luft. Ein Raunen erfüllte den Raum.

Lisa fuhr zu ihm herum und zog die geschlossenen Finger über ihren Hals. „Schweig, bis du gefragt wirst! Das gilt für alle!“

Sie öffnete das zweite Bild. Wieder sahen sie den Kandidaten, diesmal in seinem Bett liegend, so wie es auf dem Schirm im Saal erschienen war.

Die dritte Aufnahme zeigte den Blowjob des Kleinen.

„Diese Bilder haben soeben unsere Gäste mit Begeisterung zur Kenntnis genommen. Ich will wissen, wem wir diese Machwerke zu verdanken haben. Und bei dir, Sven, fangen wir an. Jetzt und hier will ich von dir hören, von wem du die Bilder hast, wer dir den Auftrag gegeben hat und wie hoch dein Judaslohn ist.

Du kannst auch schweigen, aber dann, und das verspreche ich dir, nehme ich dich persönlich hochnotpeinlich in die Mangel. Also rede! Und noch etwas. Welche Bilder werde ich sehen, wenn ich die nächsten Dateien öffne? Nein, sag dazu lieber nichts. Ihr dreht euch jetzt alle um und lasst eure Augen vom Monitor, sonst reiße ich sie euch eigenhändig heraus. Los!“

Sofort machten alle kehrt. Niemand wagte es, einen verstohlenen Blick auf das Notebook zu erhaschen.

Lisa sah nur kurz auf das vierte Bild, das den Kandidaten beim Analverkehr mit dem Jungen darstellte, und schloss hastig die Datei. Sie hatte genug gesehen.

„Alle raus hier! Sven, du nicht. Du bist jetzt fällig. Wir verlassen erst diesen Raum, wenn ich die ganze Wahrheit kenne. Ihr da, an der Tür, schickt mit die Security rein!“

Die Meute floh geradezu, heilfroh, nicht selbst am Pranger zu stehen. Man ließ die Tür offen und jemand schickte einen Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes zu Lisa und Sven hinein.

„Was gibt es, Ma’am?“.

„Sie bleiben an der Tür stehen und passen auf, dass dieser Kerl mir nicht entwischt. Über das, was Sie hier hören, bewahren Sie strengstes Stillschweigen, verstanden?“

„Jawohl.“ Der Sicherheitsmann stellte sich mit gespreizten Beinen vor die geschlossene Tür und nahm seinen Schlagstock einsatzbereit in die Hand.

„Und jetzt zu dir, Sven. Ich rate dir in deinem eigenen Interesse, die Wahrheit zu sagen. Du kannst sie sowieso nicht verheimlichen. Glaube mir, wenn die Experten mit deinem Notebook fertig sind, haben sie dich ohnehin an den Eiern. Also besser, du ersparst uns allen Zeit und Kosten und fängst gleich mal an zu singen.“

„Lisa, ich schwöre dir bei meinem Leben und allem, was mir heilig ist, ich war das nicht! Als ich heute Nachmittag alles noch einmal gecheckt habe, war alles in bester Ordnung. Die richtigen Dateien waren an ihrem richtigen Platz. Ich verstehe genauso wenig wie du, wie diese Bilder auf mein Notebook gekommen sind. Ich habe es nirgends liegen lassen und auch an niemanden verborgt. Ich habe aufgepasst wie ein Schießhund, denn ich wusste ja, wie wichtig die heutige Präsentation für uns alle war. Ich bin ein Freund von Thomas Foulder. Ich hätte ihm niemals eine solche Gemeinheit angetan. Mehr kann ich dazu nicht sagen, Lisa. Ich erwarte nicht, dass du mir das glaubst. Aber ich hoffe, dass mich die technische Untersuchung von meinem Notebook von jedem Verdacht befreit.“

Lisa musterte ihn argwöhnisch. Vor ihr stand ein zutiefst verängstigter junger Mann, der verzweifelt seine Hände knetete. Sie hatte nicht allzu viel Erfahrung im Umgang mit ertappten Sündern und war auf der Hut, aber dieses Häufchen Elend vor ihr schien zu eingeschüchtert, um dreist zu lügen. Ihr war klar, dass sie nicht weiterkam. Erst wenn die Ergebnisse der technischen Untersuchung vorlagen, konnten sie den Täter weiter einkreisen.

„Na gut, Sven, belassen wir es erst einmal dabei. Vielleicht weißt du ja wirklich nichts Konkretes über den Bildertausch. Ich gebe dein Notebook unserer Technikabteilung. Alles andere ist Sache der Polizei.“

„Der Polizei? Wirst du mich bei der Polizei anzeigen?“

„Wenn die Technik auf deinem Notebook nichts findet, übergebe ich die ganze Schweinerei an die Polizei. Ich erstatte Anzeige gegen Unbekannt wegen übler Nachrede oder was sonst am besten als Vorwurf passt. Du kommst erst wieder ins Spiel, wenn die Ermittler dir etwas nachweisen können. Du kannst jetzt gehen. Bleib erreichbar! Wenn du verschwindest, hetze ich dir sofort die Polizei auf den Hals. Verstanden?“

Lisa wedelte mit beiden Händen in Richtung Ausgang. Sven ließ sich nicht zweimal bitten. Er drehte sich auf dem Absatz um und war so schnell an der Tür, dass der Sicherheitsmann gerade noch zur Seite treten konnte. Er riss die Tür auf und war blitzschnell davongerannt.

Lisa sah ihm hinterher. Sie konnte nicht weglaufen. Es tat ihr ein wenig leid, dass sie in ihrer ersten Rage so über Sven hergefallen war. Sie war aber auch zu wütend gewesen. Nicht nur Thomas Foulder war in den Abgrund gestürzt, auch für sie bedeutete dieses Desaster das Ende aller Träume. Dieser Abend sollte das Sprungbrett für ihre Karriere als Eventmanagerin bei den Reichen und Schönen werden. Und nun war er die Ursache für einen langen Weg durch das Tal der Tränen. Sie würde am besten wegziehen und woanders neu anfangen. Eines Tages ist sie wieder oben. Mit diesem tröstenden Gedanken klemmte sie sich das Notebook von Sven unter den Arm und stöckelte aus dem Raum. An der Tür drehte sie sich zum Wachmann um und befahl ihm, alle Räume sorgfältig zu verschließen und die Schlüssel wie immer im Tresor zu hinterlegen.