Eiskalter Engel Teil 2 - Petra Picard - E-Book

Eiskalter Engel Teil 2 E-Book

Petra Picard

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Beschreibung

Das Buch ist der zweite Teil von "Eiskalter Engel". Die Geschichte der Beatrice Bell geht weiter. Nachdem sie Rashid geheiratet und ihm eine Tochter geschenkt hat, glaubt sie ihr Glück und ihre Erfüllung gefunden zu haben. Als Rashid bei einer Geschäftsreise mit seinem Helikopter abstürzt ist nichts mehr so, wie es war. Beatrice erlebt ein klassisches Deja Vu, als sie erfährt, dass ihr Mann vielleicht überlebt hat und sich nicht bei ihr meldet. Sie flüchtet sich in ihr früheres Leben. Selbst der Versuch eine neue Beziehung mit ihrer alten Liebe Nico einzugehen, scheitert, denn ihr Herz ist bei Rashid.

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Menschen lernt man erst am Ende einer Beziehung kennen, nicht am Anfang ...

(Unbekannt)

Petra Picard

Eiskalter Engel 2

Wenn das Herz brennt

© 2025 Petra Picard

Umschlag, Illustration: Petra Picard

Druck und Distribution im Auftrag der Autorin:

tredition GmbH, Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Deutschland

ISBN

Softcover 978-3-384-58268-3

Hardcover 978-3-384-58269-0

E-Book. 978-3-384-58344-4

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist die Autorin verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne ihre Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag der Autorin, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Deutschland.

Die Handlung und Personen sind frei erfunden.

Kontaktadresse nach EU-Produktsicherheitsverordnung: [email protected]

Eiskalter Engel

Teil 2 – Wenn das Herz brennt

Es ist nicht das erste Mal, dass Beatrice in der Abwesenheit ihres Mannes hart durchgreift.

Schon sehr früh hat sie gelernt, sich in der Geschäftswelt zu behaupten. Heute ist sie Rashids Ehefrau und führt die Verhandlungen ebenso geschickt, wie er. Für arabische Verhältnisse ziemlich untypisch, ist sie Rashids einzige Frau und hat in kurzer Zeit die Palastregeln auf den Kopf gestellt.

Sie führt das Business ihres Mannes in seiner Abwesenheit souverän und wird mittlerweile von Rashids Geschäftspartnern anerkannt und geschätzt. Selbst bei ihrem Namen setzte sie sich durch. Sie bestand darauf, dass ihr Mädchenname erhalten bleibt, lediglich einen Zusatz akzeptierte sie. Al-Maktoum steht nun hinter ihrem Nachnamen und deutet auf die Wichtigkeit ihrer neuen Familie hin.

Der heutige Termin fand in einem ihrer Bürogebäude statt. Beatrice ist froh, dass er endlich vorbei ist und sie zu Amira, die mittlerweile acht Jahre alt ist, in den Palast zurückkann. Erschöpft lässt sie sich in die weißen Lederpolster der Limousine fallen und genießt erst einmal ein Glas eisgekühlten Champagner aus der Bord-Bar. Verträumt schaut sie aus dem Fenster und das Gefühl, in diesem fernen Land, ein neues zu Hause gefunden zu haben, stellt sich ein. Ein Lächeln huscht über ihr Gesicht, als sie sich an die erste Begegnung mit Rashid erinnert. Sie hatten damals geschäftlichen Kontakt, der sich ausschließlich auf die Korrespondenz per E-Mail beschränkte. Nie haben sie telefoniert oder sind sich begegnet. Rashid kannte nur ihre Signatur, B.Bell. Er war der festen Meinung, es handele sich dabei um einen Mann. Bei der ersten Begegnung schaute er sie so erstaunt an, dass sie sich heute noch darüber totlachen könnte. Als sie sich mit Beatrice Bell vorstellte und ihn mit einem kräftigen Händedruck begrüßte, stand sein Mund sogar etwas offen und er stammelte eine knappe Begrüßung vor sich hin.

„Hallo mein Schatz“, flötet sie in ihr Handy, als Rashids Nummer aufleuchtet.

„Hallo meine Blume. Na wie war das Meeting?“, erkundigt er sich.

„Anstrengend. Ein zäher Verhandlungspartner, aber ich habe meinen Charme eingesetzt und konnte alles zu unseren Bedingungen abschließen.“

„Das wusste ich“, bekräftigt Rashid und teilt ihr mit, dass er und Yasin morgen an einem Meeting teilnehmen und am Nachmittag nach Hause fliegen werden.

„Ich freue mich sehr auf dich und unsere kleine Prinzessin.“

„Wir freuen uns auch auf dich.“

„Für immer wir drei“, mit diesen Worten beendet Rashid das Telefonat.

Im Palast wird Beatrice sehnsüchtig von Amira erwartet. Die Kleine ist zwar verrückt nach Laila und verbringt sehr gerne Zeit mit ihr, aber ihre Mutter kann die junge Frau nicht ersetzen.

Den restlichen Tag spielen Beatrice, Amira und Laila im Garten des Palastes Fangen oder Verstecken. Später kochen sie in der eigens für sie eingerichteten Küche italienische Gerichte. Beatrice legt Wert darauf, dass ihre Tochter die europäischen Speisen ebenso kennenlernt wie die Arabischen. Laila ist jedes Mal begeistert über die neuen Rezepte und total verrückt auf die selbst gemachte Pasta, die ihrer Meinung nach viel besser schmeckt als Reisgerichte.

„Ich brauche eine andere Jahreszeit“, sagt Beatrice zu Laila, die diese Aussage absolut nicht deuten kann und sie erstaunt anblickt, in der Hoffnung auf mehr Informationen.

„Hast du schon einmal Schnee gesehen?“, erkundigt Beatrice sich.

„Nein. Ich das nur im Fernsehen gesehen“, gesteht Laila.

„Sobald Rashid wieder da ist, rede ich mit ihm. Laila, du wirst in naher Zukunft Schnee kennenlernen“, bekräftigt Beatrice ihr Vorhaben und erzählt ihr von den Wintern, die sie damals als Kind in Italien verbracht hat.

„In den Gletschergebieten liegt das ganze Jahr über Schnee“, erklärt sie der jungen Frau.

„Auch Sommer?“, fragt diese ungläubig.

Beatrice muss lächeln und freut sich schon darauf, Laila und Amira das erste Mal im Schnee zu sehen. Sie öffnet ihr Laptop und zeigt Laila im Internet Bilder von den Dolomiten.

„Vielleicht machst du einen Skikurs?“, erkundigt sich Beatrice.

„Oh, Miss Beatrice. Ich nicht sicher.“

„Ich denke schon, Amira wird auch einen Skikurs besuchen. Als ich so alt war wie sie, konnte ich längst Skifahren. Mit acht Jahren ist es aber noch nicht zu spät, damit anzufangen. Und für dich ist es mit Anfang zwanzig auch noch nicht zu spät. Ihr werdet beide schnell lernen, da bin ich mir sicher.“

Laila ist sichtbar unwohl bei dem Gedanken, aber ihre Herrin lässt keine Widerrede zu. Mittlerweile kennt sie Beatrice sehr gut und weiß, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat, dann redet niemand es ihr aus.

Am Morgen ist Beatrice völlig aufgedreht, sie sitzt mit Amira in ihrem Büro und hat ihren Laptop vor sich, um der Kleinen Bilder von verschneiten Bergen und Schneemännern zu zeigen.

„Der Schnee ist eiskalt und wenn du ihn in deiner Hand hältst, dann schmilzt er und wird zu Wasser“, erklärt sie Amira.

Das Kind lässt sich wesentlich schneller von dem begeistern, was Beatrice erzählt als Laila.

Wie vereinbart, trifft Rashid am Nachmittag im Palast ein, und Amira eilt in seine Arme. Das Strahlen in Rashids Augen erwärmt Beatrice‘ Herz jedes Mal aufs Neue. Er vergöttert die Kleine.

„Meine Blume“, ruft Rashid und läuft mit Amira an der Hand auf sie zu, als er sie etwas abseits stehend, wahrnimmt.

„Ich habe dich so vermisst“, flüstert er ihr ins Ohr und küsst sie.

„Ich habe dich auch vermisst“, gesteht Beatrice.

Beim Abendessen bereden Rashid und Beatrice die geschäftlichen Geschehnisse der letzten Tage. Es war ihm von Anfang an sehr wichtig, dass seine Frau bei allen Verhandlungen und Abschlüssen involviert ist. Ihm ist sehr wohl bewusst, dass Beatrice diese Aufgaben braucht, und dass sie eine erfolgreiche Frau war, als er sie kennenlernte. Um keinen Preis will er, dass sie ihren alten Geschäften wieder nachgeht. Diese Autogeschichten und diese Männer, die sie kennt, sind ihm in der Zwischenzeit ziemlich suspekt.

„Wie denkst du über einen Urlaub im Schnee?“, platzt sie unvermittelt heraus.

„Urlaub im Schnee?“, wiederholt Rashid und macht ein betont nachdenkliches Gesicht.

„Ja, Amira soll wissen, wie sich Schnee anfühlt, außerdem wäre es schön, wenn sie mit dem Skifahren beginnen würde. Ich habe mit drei Jahren das erste Mal auf den Brettern gestanden, sie ist fast schon zu alt. Kannst du eigentlich Skifahren?“, erkundigt sie sich und stellt fest, dass es durchaus einige Dinge gibt, die sie über ihren Mann nicht weiß.

„Ja, ich kann Skifahren. Ich war in der Schweiz, auf dem Internat. Damals habe ich es erlernt.“

„Also, was sagst du?“, hakt Beatrice nach.

„Wenn du möchtest, dann machen wir das. Du weißt, ich kann dir keinen Wunsch abschlagen, meine Blume.“

„Wie wäre es mit den Dolomiten?“, schlägt sie vor.

„Nein, lass uns bitte in die Schweiz fahren. Nach Davos oder Zermatt. Zermatt grenzt übrigens direkt an Italien“, ereifert Rashid sich.

„Ich weiß, wo Zermatt liegt. Aber das ist das Aosta Tal nicht die Dolomiten“, erklärt sie und verdreht die Augen.

„In der Schweiz ist es sicher und ich kenne die Gegend. Lass uns in die Schweiz fliegen, wann immer du willst“, sagt er und lächelt sie verliebt an.

Nach einigen Argumenten pro Dolomiten lenkt Beatrice ein und gibt sich geschlagen: „Okay, dann eben in die Schweiz, Hauptsache Schnee.“

„Ich sage Yasin, er soll das beste Haus in Zermatt buchen. Wie lange möchtest du dort sein?“, erkundigt Rashid sich und in seiner Stimme hört sie Begeisterung.

„Liebling, wir müssen nicht sofort los.“

„Meine Blume, ich liebe es, wenn du mich so nennst“, lächelt er und umarmt sie.

Der vertraute Duft seines Körpers steigt in ihre Nase und sie fühlt in diesem Moment, wie glücklich sie mit ihm ist. Sie atmet tief ein und kuschelt sich an seine Brust. Die Frage, wie lange ihr Aufenthalt in der Schweiz dauern wird, bleibt unbeantwortet. Die beiden ziehen sich in ihre Gemächer zurück und genießen die gemeinsame Nacht.

Als Beatrice aufwacht, ist das Bett neben ihr leer. Sie hört Rashids Stimme, vermutlich telefoniert er.

„Was ist los?“, fragt sie, als er wieder ins Schlafzimmer kommt.

„Ein wirklich dummer Mensch hat gerade ein paar Millionen in den Sand gesetzt und das nur, weil er geschlafen hat und nicht einhundert Prozent mit seinen Gedanken bei der Arbeit war.“

Ihr ist bewusst, dass ein paar Millionen für Rashid nicht mehr als ein Taschengeld sind, trotzdem ist er sehr akribisch, was die Arbeit angeht, und ein paar Millionen sind immerhin ein paar Millionen.

„Er ist erst Vater geworden, darum entlasse ich ihn nicht und gebe ihm eine zweite Chance“, sagt Rashid mit ruhiger Stimme, eilt zu Beatrice und küsst sie. „Guten Morgen meine Blume. Entschuldige, wenn ich dich geweckt habe.“

„Du hast mich nicht geweckt und ich finde es sehr gut, dass du diesem Mann eine zweite Chance gibst. Ich liebe dich.“

Rashids Augen glänzen und er ruft euphorisch: „Lass uns nächste Woche in den Schnee fahren.“

„Wenn du nach Davos oder Zermatt möchtest, musst du noch ein bisschen warten. So schneesicher wie die Dolomiten ist die Schweiz leider nicht.“

„Yasin wird uns ein schönes Haus mieten. Da sind wir unter uns und können so eine Schneefigur in den Garten bauen.“

„Du meinst einen Schneemann?“, lacht Beatrice.

„Genau, einen Schneemann“, bestätigt er und strahlt sie an.

Die Urlaubspläne stehen. Sobald der erste Schnee gefallen ist, kann es losgehen. Yasin hat bereits ein Chalet angemietet. Das Haus liegt etwas höher und die rundum bodentiefen Fenster bieten eine atemberaubende Aussicht auf Zermatt. Laila und Amira freuen sich auf das Erlebnis. Yasin hat sich bisweilen erfolgreich vor einem Skikurs drücken können. Er ist inzwischen der Privatsekretär von Rashid und redet sich geschickt damit heraus, dass er alle Hände voll zu tun hat und unmöglich einen ganzen Tag lang der Arbeit fernbleiben kann.

Die Telefonate mit ihrer Mutter erfreuen Beatrice immer sehr. Constanze bietet ihr jedes Mal an, eine kleine Auszeit bei ihr zu nehmen.

„Ich verspreche, wir kommen bald mal wieder zu euch“, sagt Beatrice, bevor sie sich verabschiedet.

Die Reisen sind weniger geworden und erste Zweifel steigen in ihr auf, ob es eventuell ein Fehler war, hier in den Palast zu ziehen.

„Ich fange an unser altes Leben ein bisschen zu vermissen“, sagt Beatrice beim Abendessen.

„Früher waren wir oft auf der Jacht, in Monaco, in Marbella oder in Frankfurt. Wir sollten wieder mehr reisen. Amira soll die Welt kennenlernen.“

Rashid ist nicht sonderlich überrascht, dies zu hören. Eigentlich hat er seit einiger Zeit mit solch einem Aufbegehren seiner Frau gerechnet.

„Was immer du möchtest meine Blume. Ich dachte schon, du willst gar nicht mehr aus diesem goldenen Käfig heraus“, scherzt er und fährt fort: „Ich habe dir versprochen, wir müssen nicht hier leben. Alles ist arrangiert, wir können jederzeit woanders wohnen, das weißt du. Nenn mir deine Wünsche und ich erfülle sie dir“, sagt er sanft und lächelt sie mit seinen umwerfend dunkelbraunen Augen an.

Dass Rashid Wort hält, daran hat Beatrice nie gezweifelt, dass er ihr jedoch auch hier in den Emiraten und in seinem Palast alle Freiheiten und Macht zugesteht, ist für sie der größte Liebesbeweis, den sie sich vorstellen kann. Ihr ist bewusst, welch neuen Wind sie in seine Kultur gebracht hat. Auch wenn sie sich in vielen Fällen freiwillig angepasst hat, so stieß sie in der Geschäftswelt erst einmal auf regen Widerstand. Sie kannte diese Skepsis von ihren frühen Anfängen in einer ebenfalls von Männern dominierten Branche. Es war weniger der Umstand, der ihr etwas ausmachte, es war vielmehr die Enttäuschung, dass Rashid oft eingreifen und ihren Status bestätigen oder bekräftigen musste. Sie war es nicht gewohnt, dass ihr jemand zur Hilfe eilt, bisher hatte sie sich immer alleine durchgeboxt. Aber mittlerweile ist sie bekannt und jeder weiß, sie ist Rashids zweites Ich. Niemand würde es mehr wagen, ihr zu widersprechen.

„Wo möchtest du leben?“, fragt er froh gelaunt und zwinkert ihr zu.

„Bitte versteh mich nicht falsch. Es ist sehr schön hier in den Emiraten. Irgendwie packt mich das Fernweh und ich möchte einfach wieder unser früheres Leben aufgreifen und ein bisschen reisen. Zum Beispiel mit der Jacht“, meint sie und lächelt ihn an.

„Was ist eigentlich mit unserer Jacht? Wir warten bereits drei Jahre auf das Schiff.“

Beatrice lacht laut auf: „Du weißt schon, dass wir in den letzten Monaten ständig Änderungswünsche hatten, die nicht einfach waren. Außerdem haben wir doch ein Schiff, mit dem es sich ziemlich komfortabel reisen lässt“, neckt sie ihn.

Rashid bekräftigt, dass er liebend gerne wieder mit ihr nach Europa reist und absolut nichts dagegen einzuwenden hat. Es gibt da jedoch eine Sache, die er am liebsten vorher abschließen möchte.

Seit Beatrice ihn näher kennt, redet er vom Kauf eines gewissen Unternehmens. Es handelt sich um ein Hightechunternehmen, das laut Aussagen von Rashid, neben einer Reihe lukrativen, patentierten Erfindungen, fertige Pläne für Wasserstoffantriebe in der Schublade liegen hat.

„Verstehst du? Wenn es einmal dazu kommen sollte, dass unser Öl nicht mehr so gefragt ist, dann habe ich vorgesorgt“, zwinkert er Beatrice zu.

Natürlich versteht sie ihn und sie ist sich bewusst, wie sehr er dieses Unternehmen besitzen möchte. Dazu kommt, dass Rashid das nötige Kleingeld besitzt, um solch ein Geschäft schnell und unkompliziert abzuschließen.

„Ich verstehe dich voll und ganz und wo ist der Haken?“, fragt sie.

„Der Termin ist in zwei Wochen. Entweder ich fliege von der Jacht aus, wo immer wir auch sein werden oder wir starten erst nach den Vertragsverhandlungen“, erklärt Rashid.

Natürlich ist Beatrice damit einverstanden, den Geschäftstermin abzuwarten und erst danach eine größere und längere Reise anzutreten.

Sie freut sich darauf, die einzelnen Stationen zu organisieren. Auf jeden Fall plant sie eine Woche in Monte Carlo ein und natürlich ist ein Abstecher in Portofino bei ihren Eltern Pflicht. Nicht zu vergessen der Start in Zermatt.

„Mein Herz ist glücklich, wenn ich sehe, wie euphorisch du bei dem Gedanken an unsere Reise bist“, gesteht Rashid ihr, als sie spontan los plappert und ihm gleich ein paar Ideen präsentiert.

„Mein Herz ist glücklich, wenn du bei mir bist“, antwortet Beatrice und küsst ihn zärtlich.

Da es schon spät ist und keine Gefahr besteht, dass Amira hereinkommt, geben sie sich ihren Gefühlen hin.

Gleich am darauffolgenden Morgen unterrichtet Beatrice Laila über die Reisepläne.

„Wir werden sehr lange unterwegs sein“, teilt sie der jungen Frau mit, deren Gesicht strahlt und ihre Freude zeigt.

Beatrice erinnert sich, dass Laila sehr gerne nach Europa reist. Sie gestattet ihr schon lange, sich westlich zu kleiden. Ab und zu geht sie mit ihr zum Shopping und kleidet die junge Frau neu ein.

Auch Yasin trägt seit kurzer Zeit immer Anzug mit Krawatte und entwickelt sich mehr und mehr zu Rashids rechter Hand. Da Beatrice Rashid oft in geschäftlichen Angelegenheiten vertritt, hat auch sie einen Privatsekretär, der mit allem vertraut ist und ihr zur Seite steht.

Sein Name ist Adem und er ist ein fleißiger junger Mann, der zwar noch einiges lernen muss, aber ihr bereits eine große Hilfe ist. Beatrice liebt seine Wissbegierde und seine schnelle Auffassungsgabe. Ihr ist nicht entgangen, dass Laila total verschossen in diesen jungen Burschen ist, was ihren Beobachtungen zufolge auf Gegenseitigkeit zu beruhen scheint.

Seit Rashid sein Erbe angetreten hat, ist das Imperium stetig am Wachsen. Die westlichen Geschäfte, die der Vater, entgegen dem Rat seines Sohnes, früher oft mit Verachtung gestraft hat, sind es, die Rashid ein nicht unerhebliches Wachstum einbringen und sein Vermögen in ungeahnte Sphären treiben.

Beatrice kennt sich in der Welt der Schönen und Reichen aus und kann durchaus behaupten, dass sie sich durch harte Arbeit ein Jetsetleben leisten konnte. Aber als sie Rashid näher kennenlernte, machte sie die Erfahrung, dass es noch eine andere Welt gibt, eine, in der Menschen so unvorstellbar vermögend sind, dass man es nicht in Worte fassen kann.

Eine Welt, in der erlesenste Lebensmittel von über Tausenden Kilometern Entfernung eingeflogen werden. In der für ein bestimmtes Autokennzeichen eine Million Dollar geboten werden. Beatrices Gedanken schweifen in die Vergangenheit. Sie erinnert sich an ihren ersten Flug in Rashids Privatjet, damals als sie die goldene Klobrille entdeckt hat, war sie amüsiert und hätte sich nicht im Traum vorgestellt, dass solche Sachen für sie einmal zum Alltag gehören könnten.

Überraschenderweise ist es Rashid, der Beatrice davon überzeugt, noch vor dem großen Deal, wie er den Firmenkauf nennt, nach Zermatt aufzubrechen.

„Ich fliege von dort nach München zu dem Abschluss, und wenn ich dann wiederkomme, haben wir Grund zum Feiern. Weißt du, wie lange ich schon ein Auge auf diese Firma geworfen habe?“, sprudelt es aus ihm heraus und er klingt euphorisch.

Beatrice ist geschmeichelt von seinem Vorschlag. Natürlich ist ihr bewusst, dass Rashid auf ihre Wünsche Rücksicht nimmt und die Reise deshalb noch vor diesem langersehnten Geschäft antreten möchte, was sie zu schätzen weiß.

Die Tage sind vollgestopft mit Reisevorbereitungen und vergehen wie im Flug. Die Geschäftstermine werden ausschließlich so gelegt, dass sie in der Schweiz oder online stattfinden. Rashid hat Vorsorge getroffen und an alle Eventualitäten gedacht. Es ist in der Tat so, dass die beiden Rashids Imperium von jedem Ort der Welt aus leiten können. Einzig und allein die Termine, in denen Firmen „geschluckt“ werden, bedürfen der persönlichen Anwesenheit.

Laila freut sich auf die Reise, obwohl ihr Herz etwas schwer ist. Eines Abends als sie mit Beatrice die Liste der Kleider durchgeht, vertraut sie sich ihr an und gesteht ihr ihre Gefühle für Adem.

„Das freut mich sehr für dich Laila. Es tut mir sehr leid, dass Adem nicht mitkommen kann“, erklärt sie der jungen Frau und hat gleichzeitig eine Idee, die sie ihr jedoch noch vorenthält.

„Rashid ich habe Adem betreffend einen Vorschlag. Er muss noch einiges lernen und ich finde, dass er am besten lernt, wenn er ständig dabei ist und mit den Tagesgeschäften vertraut wird.“

„Du meinst, wir sollten ihn mitnehmen?“

Beatrice nickt und lächelt ihren Mann an. Nach einem kurzen Augenblick des Schweigens pflichtet er ihr bei.

„Ich bin ganz deiner Meinung. Nehmen wir Adem mit, er soll Yasin über die Schulter schauen und von ihm lernen. Lass uns übermorgen aufbrechen, ich kann unsere gemeinsame Reise kaum erwarten. Du hattest Recht, wir haben uns zu sehr in die Arbeit verstrickt. Du meisterst das alles fabelhaft, das wollte ich dir längst einmal sagen. Wir werden wieder mehr auf unser Leben achten. Reisen und unsere Privilegien genießen“, sinniert Rashid und bringt Beatrice damit aus der Fassung. Ihre Augen strahlen und sie fällt ihrem Mann um den Hals und küsst ihn voller Leidenschaft.

Amira ist ein aufgewecktes Mädchen und seit Tagen schon voller Neugier auf die fremden Länder, von denen ihre Mutter ihr in der Vergangenheit viel erzählt hat. Sie spricht neben Arabisch zwar Deutsch, Italienisch und ein wenig Englisch, hat diese europäischen Länder jedoch bisher nie bereist.

„Es ist an der Zeit, dass Amira die Welt kennenlernt“, flötet Rashid und schließt Beatrice übermütig in seine Arme.

Am Tag der Abreise erwacht Beatrice zeitig und betrachtet Rashid, der immer noch tief und fest neben ihr schläft. Die Sonnenstrahlen, die dezent durch die Fensterläden dringen, tauchen sein Gesicht in ein weiches Licht. Seine natürlich gebräunte Haut, sein schwarzes Haar alles an ihm fasziniert sie und das Gefühl, das bei seinem Anblick in ihr aufsteigt, sagt ihr, dass sie diesen Mann von ganzem Herzen liebt.

„Guten Morgen meine Blume“, blinzelt Rashid.

„Guten Morgen Liebling“, entgegnet Beatrice.

Es bedarf keiner Worte, auch so ist klar, woran beide in diesem Moment denken. Die Anziehung zwischen ihnen ist so groß, dass sie ihren Gefühlen nachgeben, und sie sind sich sicher, dass es für immer so bleiben wird.

Niemals hätte eine andere Frau es geschafft, nur annähernd solch einen Stellenwert wie Beatrice zu erreichen. Vom ersten Augenblick an war er von ihr verzaubert. Ihre selbstsicher auftretende Art, ihr messerscharfer Geschäftssinn, ihr Durchsetzungsvermögen und nicht zu verachten, ihre Schönheit. Leider hat sie seine Avancen anfangs immer belächelt und diese nicht ernst genommen. Erst als er nicht locker lies und sie davon überzeugen konnte, wie ehrlich es ihm mit ihr ist, wurde Beatrice zugänglicher. Sein größter Beweis, dass er total westlich eingestellt ist, war, sich von seinen Frauen zu trennen, monogam zu sein und nicht mehr im Palast zu wohnen. Rashid distanzierte sich von seiner Vergangenheit und baute sich ein Leben mit Beatrice auf. Ein Leben, das bis zur Geburt ihrer Tochter überwiegend in Europa stattfand. Seit Amira auf der Welt ist, weilen die drei fast ausschließlich in den Emiraten. Was der freiwillige Wunsch von Beatrice war. Für Rashid war es daher absolut keine Überraschung, als sie ihm ihre Reisewünsche offenbarte.

Das Leben mit ihr ist so völlig anders als sein vorheriges. Erfüllt mit Liebe und Freude, fühlt er sich zu dieser Frau unglaublich hingezogen und ist glücklich.

„Woran denkst du?“, fragt Beatrice, die bemerkt, dass Rashid in Gedanken versunken ist.

„Daran, als ich dich das erste Mal gesehen habe …. Ich fand dich so atemberaubend schön, dass ich den Schock darüber, dass ich die ganze Zeit mit einer Frau verhandelt habe ohne es zu wissen, vergaß“, gesteht er.

Beatrice lächelt und die Erinnerung an diese erste Begegnung ist bei ihr immer noch präsent.

„Du wirktest ziemlich sprachlos, weil du davon ausgegangen bist, B.Bell sind die Initialen eines Mannes.“

„Deine Schönheit hat mir die Sprache verschlagen,“ flüstert Rashid und zieht seine Frau in seine Arme.

Gegen Mittag sind alle abreisebereit. Die mobilen Kleiderschränke sind gestern schon zur Jacht gebracht worden, sodass nur noch die benötigten Koffer für den ersten Aufenthalt in den Schweizer Bergen im Flugzeug verstaut werden. Beatrice freut sich darauf, den Palast für eine ungewisse Zeit hinter sich zu lassen. Es war ihr freier Wille, in den Emiraten zu weilen, dennoch ist sie sehr froh, dass Rashid Wort hält, und bereit ist woanders mit ihr und Amira zu leben.

Sie sinkt in den weichen Sessel des Privatjets und ist sich ihrer Privilegien, die sie mit Rashid durchlebt, sehr bewusst. Sie dachte früher, sie führe ein luxuriöses Leben, was durchaus zutraf, allerdings war es absolut kein Vergleich mit dem Heutigen. Bei dem Gedanken, dass Amira in diesem Reichtum groß wird, ist ihr nicht wohl zu Mute. Sie wird sich niemals im Leben durchsetzen und für ihre Werte kämpfen müssen, wird nie sagen können, diesen oder jenen Luxus habe ich mir selbst erarbeitet. Für Beatrice stellte es immer ein Problem dar, dass ihre Eltern vermögend sind. Darum hat sie keine Hilfe von ihnen angenommen und sich selbst durchgebissen, worauf sie heute sehr stolz ist. Auf einen ähnlichen Weg möchte sie auch ihre Tochter bringen.

„Du wirkst nachdenklich“, sagt Rashid und setzt sich zu ihr.

„Ich denke gerade darüber nach, in welch einer Luxuswelt Amira groß wird. Bitte nicht falsch verstehen Rashid aber, ich glaube, das ist nicht gut für sie.“

„Was schlägst du vor? Wie ich dich kenne, hast du bestimmt eine Idee.“

„Ich möchte, dass wir beide ihr Werte beibringen und sie später dann auf ein Internat schicken“, flüstert Beatrice und vergewissert sich mit einem Schulterblick, ob Amira in der Nähe ist.

„Natürlich sollten wir ihr Werte beibringen aber ihr Leben wird etwas anders sein bei unserem Lebensstil. Trotzdem denke ich, sie wird sich zu einer ganz wunderbaren jungen Frau entwickeln und das Internat wird ihr guttun. Schau dich an, du stammst auch aus einer wohlhabenden Familie und hast es alleine schaffen wollen.“

„Rashid, du bist unfassbar reich, das kannst du nicht vergleichen.“

„Wir, meine Blume. Wir sind unfassbar reich“, lächelt er und nimmt ihre Hand.

„Mach dir bitte keine Sorgen. Ich bin mir sicher, dass wir beide die Kleine zu einem anständigen und fairen Menschen mit tollen Wertvorstellungen erziehen werden.“

In diesem Moment kommt Amira um die Ecke und zeigt ein Bild, das sie gemalt hat.

„Das sind wir“, strahlt sie und hält die Zeichnung mit beiden Händen in die Höhe.

Beatrice und Rashid schauen sich an und haben offenbar den gleichen Gedanken. Amira hat fünf Personen gezeichnet, ein Schloss und im Hintergrund ein Flugzeug.

„So sieht sie ihr Leben“, flüstert Beatrice Rashid zu, während das Kind freudestrahlend ihr Bild erklärt.

„Das bist du und Papa und das bin ich, das ist Laila und das Yasin. Das ist unser Haus und das ist unser Auto.“

Völlig besorgt schaut Beatrice zu Rashid herüber, der ihren Blick erkennt und schmunzelt.

„Mach dir keine Sorgen“, flüstert er und wendet sich Amira zu.

„Das ist aber kein Auto, was du da gemalt hast. Das ist ein Flugzeug, und das benutzt man nur zum verreisen“, erklärt er der Kleinen.

Beatrice findet seinen Versuch, dem Kind den Nutzen eines Flugzeuges zu erklären süß, aber es macht wenig Sinn, denn ihre Antwort sagt alles.

„Unser Schiff, ich habe unser Schiff nicht gemalt“, ruft sie, reißt Rashid das Bild aus den Händen und rennt hinaus.

„Da siehst du, was ich meine“, wispert Beatrice gespielt theatralisch und lächelt ihn an.

„Alles gut meine Blume. Lass sie ihre Kindheit genießen, im schlimmsten Fall stellen wir ihr einen Privatlehrer zur Seite, bei dem sie Zucht und Ordnung lernt.“

Beatrice versteht diesen offenbaren Scherz und ist froh, dass sie mit ihm über Amiras Erziehung geredet hat und sie beide einer Meinung sind. Natürlich ist es nicht einfach, einem Kind, das so aufwächst wie Amira zu erklären, dass es Menschen auf der Welt gibt, die nicht genug zu essen haben… Aber es liegt an ihr und Rashid, dem Kind Werte zu vermitteln. Amira soll ihr privilegiertes Leben zu schätzen wissen und dies absolut nicht als selbstverständlich ansehen.

Laila strahlt über das ganze Gesicht und Beatrice kann sich denken warum.

Dass Adem bei der Reise dabei ist, hat dem Mädchen den Abschiedsschmerz genommen. Beatrice hätte es nicht übers Herz gebracht, das junge Glück für so lange Zeit voneinander zu trennen.

„Das ist eine große Chance für Adem“, erklärt sie Laila am Abend, als diese mit dem Einräumen der Schränke im Schweizer Chalet beschäftigt ist.

„Ich wissen. Vielen Dank. Wir uns lieben“, gesteht Laila voller Euphorie und wird rot.

„Ich weiß“, sagt Beatrice und lächelt.

Das Haus liegt etwas abseits und bietet jeden erdenklichen Luxus. Auch der private Skilehrer für Amira und Laila ist bereits gebucht.

„Übermorgen geht es los mein Schatz“, ruft Beatrice und wirbelt Amira durch die Luft. Das Mädchen juchst und freut sich.

„Schnee ist toll“, kreischt sie.

Laila steht der Sache mit dem Skifahren etwas skeptischer gegenüber, freut sich aber dennoch, da Beatrice ihr versichert hat, dass sie nach drei Tagen Skiunterricht bereits überall irgendwie herunterfahren kann.

„Ich habe dem Koch heute Abend frei gegeben“, sagt Beatrice an Rashid gewandt.

„Möchtest du essen gehen?“, fragt er verwundert.

„Nein Rashid. Wir machen etwas ganz anderes heute Abend. Ich habe Laila gesagt, dass ich sie heute nicht mehr brauche und sie sich mit Adem einen schönen Abend machen soll.“

Rashids Augen weiten sich: „Laila und Adem?“, fragt er erstaunt.

„Ja, aber das erkläre ich dir ein andermal. Wir zwei werden heute Abend mit Amira zusammen kochen und wenn sie im Bett ist, machen wir es uns vor dem Kamin gemütlich.“

„Meine Blume, das ist eine wundervolle Idee. Aber du weißt, dass ich in der Küche absolut unbrauchbar bin.“

„Keine Sorge, Amira und du schaffen die Aufgaben, die ich euch übertragen werde“, lacht Beatrice.

Den Tagesablauf bestimmt Amira, sie ist fasziniert von dem Schnee und jeder ohne Ausnahme, muss fleißig Schneemänner bauen. Rund um die Hütte stehen ein paar Stunden später Schneemänner in den verschiedensten Größen.

„Ich will nicht mehr“, ruft Beatrice.

„Ich auch nicht“, schließt Rashid sich ihr sofort an.

„Nur noch einen. Bitteeee“, schmollt Amira.

„Papa baut noch einen mit dir und dann fahren wir zum Einkaufen in die Stadt“, teilt Beatrice mit.

Laila versichert sich zum dritten Mal, ob es auch wirklich in Ordnung ist, wenn sie heute Abend ausgeht und nicht zur Verfügung steht.

„Mach dir keine Gedanken Laila. Heute kochen Rashid, Amira und ich zusammen“, zwinkert sie der jungen Frau zu, die daraufhin zufrieden lächelt.

Am Nachmittag fahren Rashid, Amira und Beatrice mit dem gemieteten SUV in den Ort. Sie bummeln durch die verschneiten Straßen und stöbern durch einige der noblen Boutiquen. Für Rashid ist der Weg in eine Metzgerei ein ziemlich ungewohntes Unterfangen. Beatrice lässt sich das beste Rinderfilet zeigen und bittet die Verkäuferin, aus der Mitte des Fleisches drei Steaks zu schneiden.

„Ich muss gestehen, ich erinnere mich nicht daran, jemals in so einem Laden gewesen zu sein“, flüstert Rashid Beatrice beim Verlassen des Geschäfts ins Ohr.

„Siehst du, genau das ist es. Ich möchte, dass Amira weiß, wie und wo man Lebensmittel einkauft und, dass man sie auch selbst zubereiten kann, was wir später tun werden“, sagt Beatrice und wendet sich dem Mädchen zu.

„So mein Schatz, jetzt müssen wir noch Gemüse kaufen.“

„Da hinten ist Gemüse“, ruft die Kleine und zeigt auf die andere Straßenseite.

„Sehr gut beobachtet“, lobt Rashid.

Die Familie überquert die Straße und kauft in dem kleinen, aber feinen Laden, Gemüse und Kartoffeln ein. Amiras Augen strahlen, als sie die frischen Lebensmittel sieht, und sie greift gleich nach den Feigen.

„Warte ruft Beatrice und hält ihr ein Körbchen hin. Leg die Waren da hinein, damit wir sie an der Kasse bezahlen können“, erklärt sie ihr.

Amira nimmt zwei Feigen und eine Banane. Rashid beobachtet die Szene gerührt. Wie viel anders ist sein Leben mit Beatrice. Diese Frau ist das Beste, was ihm je passieren konnte. Er erinnert sich daran, wie diese eiskalte Geschäftsfrau immer betont hat, wie unvorstellbar es für sie sei, Mutter zu werden. Und jetzt, schau sie dir an, denkt er, und seine Augen füllen sich vor Liebe mit Tränen.

„Papa weinst du?“, ruft Amira und Beatrice schnellt herum.

„Rashid, was ist?“, fragt sie besorgt.

Augenblicklich weichen die Tränen und er lacht.

„Es war so ein schöner Anblick gerade, als ihr beide mit dem Obst hantiert habt. Mir gingen einige wunderschöne Gedanken durch den Kopf“, versucht er seine Tränen zu erklären. Beatrice versteht, was er meint, Amira jedoch schaut ihn erstaunt an.

„Und darum weinst du?“, fragt sie ungläubig.

„Wenn einem etwas besonders gut gefällt, dann weint man manchmal“, sagt Beatrice und lenkt sie ab, indem sie mit ihr zur Kasse geht.

Sie verstauen die Einkäufe und schlendern weiter zur Eisbahn. Beatrice leiht sich und Amira Schlittschuhe aus. Rashid lässt sich leider nicht dazu überreden, ein paar Runden zu drehen.

„Ich bleibe hier und filme euch“, sagt er.

„Feigling“, ruft Beatrice und wirft ihm einen Luftkuss zu.

Sie konnte früher ziemlich gut Eislaufen und nimmt Amira entschlossen bei der Hand.

„Ich möchte auch so einen Pinguin haben“, ruft diese und zeigt auf die Pinguin-Hilfen der anderen Kinder.

„Wir drehen ein, zwei Runden zu zweit, dann kannst du eine Hilfe haben“, sagt Beatrice.

„Eine Hilfe?“, fragt Amira erstaunt.

„Ja, das ist eine Hilfe, für Kinder, die nicht gut Schlittschuhlaufen können“, erklärt Beatrice und weiß genau, dass ihre Tochter die Pinguine jetzt überhaupt nicht mehr so toll findet.

Rashid steht am Rande der Eisbahn und filmt fleißig mit seinem Handy. Es dauert fast eine Stunde, bis Amira müde wird und sie das Eis verlassen.

„Ich habe tolle Aufnahmen gemacht“, verkündet Rashid.

„Ich dachte, sie wird gar nicht müde“, lacht Beatrice und streicht Amira übers Haar, während die sich die Schlittschuhe auszieht.

„Jetzt fahren wir ins Chalet. Yasin hat den Kamin angezündet und danach habe ich auch ihm frei gegeben. Wir sind ganz alleine heute Abend“, flüstert Rashid Beatrice ins Ohr.

Das Chalet ist traumhaft schön. Yasin hat, wie versprochen den Kamin angezündet und für reichlich Holznachschub gesorgt. Im Nebenhaus brennt Licht, worauf Beatrice schließt, dass er nicht ausgegangen ist heute Abend. Wahrscheinlich arbeitet er noch. Nächste Woche ist der für Rashid so wichtige Geschäftstermin, vielleicht kümmert er sich bereits um den Flug oder Ähnliches.

„So, dann wollen wir mal die Einkäufe auspacken und die Arbeit verteilen“, sagt Beatrice, während sie die Einkaufstüten leert.

„Rashid, du bist für das Fleisch zuständig, Amira darf den Salat waschen und zupfen, während ich das Gemüse schneide und die Kartoffeln schäle“, bestimmt sie.

„Ich warne dich, du weißt, ich habe noch nie ein Steak gebraten“, flüstert Rashid.

„Das macht nichts, ich auch nicht“, lacht sie und meint: „Wir schauen uns ein Video auf YouTube an, dann wissen wir, wie es gemacht wird.“

Damit ist Rashid natürlich sofort einverstanden und geht sein Tablet holen. Bevor er es sich mit dem Gerät vor dem Kamin gemütlich macht, entkorkt er eine Flasche Rotwein, den sie ebenfalls in einem Weinladen in der Stadt eingekauft haben. Der sündhaft teure Tropfen schmeckt himmlisch gut. Amira hingegen bekommt ihren Kinderglühwein, den sie in einem der Läden entdeckt hat.

Als die Aufgaben verteilt sind und jeder am Werkeln ist, versinkt Beatrice in Gedanken.

Sie beobachtet Rashid, wie er mit dem Tablet und dem Weinglas vor dem Kamin sitzt, Amira, wie sie mit hochgekrempelten Ärmeln in der Spüle den Salat wäscht … alles sieht so kuschelig, gemütlich und natürlich aus. Eine ganz normale Familie. So hatte sie sich vor vielen Jahren einst ihre Zukunft mit Nico vorgestellt.

„Meine Blume, was ist mit dir?“, hört sie Rashid nah an ihrem Ohr flüstern.

„Alles gut Liebling, ich finde es gerade so idyllisch und normal. Bitte nicht falsch verstehen. Mit normal meine ich, dass wir Dinge tun, die wirklich jede Familie tut. Und Amira hat heute gesehen, dass man Lebensmittel einkaufen und bezahlen muss. Sie sieht heute, wie es ist, wenn keine Bediensteten um uns herum sind, wenn wir alles selbst erledigen müssen, Tisch decken, kochen, abwaschen, Küche aufräumen und solche Sachen.“

„Ich weiß, was du meinst. Wir kriegen das mit ihrer guten Erziehung schon hin“, lächelt Rashid und haucht ihr einen Kuss auf die Stirn.

„Der Mann in dem YouTube Video hatte eine Kochschürze an, so eine brauche ich jetzt“, ruft Rashid.

„Kein Problem, hier“, Beatrice reicht ihm eine Schürze und schon legt er los.

Er macht sich an den Küchenschränken zu schaffen und findet schließlich eine geeignete Pfanne.

„Es sieht schon ziemlich professionell aus, was du da machst“, gesteht Beatrice.

„Ich habe das Video fünfmal geschaut“, lacht er.

Amira ist inzwischen mit dem Waschen des Salats fertig. Beatrice schüttet das Gemüse aus dem Topf in eine Pfanne, um es kurz in etwas Olivenöl zu schwenken und leicht anzubraten. Die Kartoffeln werden abgeschüttet und ebenfalls in der Pfanne mit etwas Rosmarin angeröstet. Auf den Punkt genau werden alle Lebensmittel fertig.

Die Steaks schmecken ausgezeichnet. Die Kräuter, die sie gekauft haben, hat Rashid geschickt darauf verteilt und sie geben dem Fleisch ein besonders köstliches Aroma.

„Hmmm, lecker“, schwärmt Amira und zwinkert ihrem Vater zu.

„Dem kann ich mich nur anschließen bestätigt Beatrice. Für das erste Mal ist das gar nicht mal so schlecht“, lacht sie.

Nach dem Essen ist Amira so müde, dass sie vom Abwasch befreit wird.

„Ich bringe sie ins Bett“, sagt Rashid, während Beatrice den Tisch abräumt.

„Mit dem Abwasch wartest du aber auf mich. Ich helfe dir“, ruft Rashid. Er trägt Amira die Treppe herauf, die bereits auf seinen Armen eingeschlafen ist.

Beatrice räumt den Tisch weiter ab und setzt sich danach mit einem Glas Wein vor den Kamin. Sie starrt in das Feuer und gesteht sich ein, dass sie glücklich ist und ihr Leben liebt. Der heutige Tag war perfekt.

„Sie schläft tief und fest“, flüstert Rashid, als er die Treppe herunterkommt.

„Kein Wunder, der Tag war sehr anstrengend“, lacht Beatrice.

„So meine Blume, lass uns das Geschirr waschen“, schlägt er gut gelaunt vor.

„Rashid, wir haben eine Spülmaschine, ich habe alles eingeräumt und sie macht den Abwasch.“

„Och schade, ich hätte jetzt gerne mit dir in der Küche weitergearbeitet. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht“, gesteht er.

„Wir können gerne öfter zusammen kochen. Deine Steaks waren sehr gut mein Liebling.“

Beide machen es sich vor dem Kamin gemütlich und reden über den Ablauf des morgigen Tages. Sie haben zwei private Skilehrer gebucht. Einen für Laila und einen für Amira. Beatrice und Rashid wollen alleine los.

„Bin gespannt, wie gut du fährst. Wenn du so gut Ski fährst, wie du Auto fährst, dann habe ich keine Chance“, witzelt er.