Eistraum - Stefan Herbst - E-Book

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Stefan Herbst

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  • Herausgeber: BookRix
  • Kategorie: Lebensstil
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2018
Beschreibung

Eine renommierte Eiskunstläuferin, Victoria Flowers, verschlägt es in das kleine Provinznest Bellwitch in New England. Dort versucht sie sich ihren Lebensunterhalt mit Eiskunstlaufunterricht zu verdienen. In der heruntergekommenen, alten Eishalle wartet eines Tages nach dem Training eine Überraschung auf sie: Obwohl die Halle schon versperrt ist, läuft dort ein kleines Mädchen auf dem Eis. Victoria nimmt sich ihrer an und stellt fest, daß das kleine Mädchen Viola eine Waise ist und schon seit Jahren als Obdachlose in der Eishalle lebt. Victoria erkennt sehr bald das Potential der Kleinen und fördert Viola nach Kräften. Gerade als Viola und Victoria sich anfreunden und Viola ihre ersten Erfolge in ihrer Karriere erringen kann, meldet sich eine Frau die behauptet, Violas Mutter zu sein…

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Stefan Herbst

Eistraum

BookRix GmbH & Co. KG80331 München

Prolog

Eistraum

 

Buch von Stefan Herbst

 

 

 

 

 

Alle Personen, Handlungen, Orte, sowie die Zeiten, Veranstaltungen und die jeweiligen Sieger, die in diesem Buch vorkommen, sind frei erfunden. Jeglicher Zusammenhang mit lebenden oder verstorbenen Personen ist rein zufällig und unbeabsichtigt! Die Handlung spielt jedoch an Original Schauplätzen, an denen bereits entsprechende Wettbewerbe stattgefunden haben oder noch stattfinden werden.

 

 

Prolog

Ruhig, gleichmäßig und monoton rauschte das Flugzeug durch die Luft. Nur ganz sachte rüttelte es gelegentlich und ächzte dabei leise. Versonnen lehnte Viola an einem der kleinen Fenster und sah durch dies hinunter auf die tiefblaue Fläche, die sich wie ein riesiger Teppich mit leichtem Riffelmuster unter ihr ausbreitete. Dies war der Atlantik, das wusste sie. Aber von hier oben sah er ganz anders aus, als sie ihn sich vorgestellt hatte. Sie war todmüde aber schlafen konnte sie vor lauter Aufregung dennoch nicht. Sie musste an das denken, was vor ihr lag. Europa. Italien. Dies war wie ein Traum. Noch nie war sie dort gewesen. Rom war ihr nächstes Ziel. Sie hatte viel davon gehört und auch gelesen. Gut, sie würde bestimmt nicht viel davon sehen, ebenso wenig, wie von ihrem eigentlichen Ziel - Turin. Sie würden auf dem Flughafen in Rom in ein anderes Flugzeug umsteigen, das sie dann dorthin bringen würde. Und von der Stadt selbst würde sie vermutlich ebenso wenig sehen, wie von all den anderen Städten auch, in denen sie bisher gelaufen war. Ein Stadion wie viele davor und viele danach. Ein Hotel, wie jedes andere.

Sie saß in der Business-Class in einem schönen, weichen und vor allem sehr großen Sessel und träumte mit offenen Augen vor sich hin. Sicherlich war sie aufgeregt, aber auch nicht mehr, als vor jedem anderem Wettkampf. Im Grunde ging es um nichts – andererseits aber auch um alles. Das alles war schon verrückt! Sie saß hier mit all den anderen, die sich, genauso wie sie, qualifiziert hatten. Ihr Blick schweifte verstohlen über die Sitzreihen. Sie sah viele Menschen, die sie schätze und liebte. In der Tat, sie alle waren eine richtige Clique geworden.

Bevor sie in das Flugzeug stieg, war sie aufgeregt und ängstlich, denn dies war ihr erster Flug. Das Flugzeug rumpelte und wackelte schon bedrohlich, als sie starteten. Vor allem aber die lauten und dröhnenden Triebwerke jagten ihr enorme Angst ein, während sie in den Sitz gedrückt wurde und die Maschine beschleunigte. Viola krallte sich mit beiden Händen am Sitz fest und blickte besorgt, auf die Startbahn, während diese immer schneller und schneller an ihr vorbeizog. Das Ende der Startbahn kam beängstigend schnell näher und ihr Entsetzen, einfach über das Ende hinauszuschießen, wuchs beinahe in der gleichen Geschwindigkeit. Es war schon ein unglaublich großes Flugzeug und Viola war sich gar nicht so sicher, ob es überhaupt abheben konnte. Aber auch schon im gleichen Augenblick schalt sie sich innerlich einen Dummkopf. Dieses Flugzeug war schon sehr oft geflogen und würde auch noch viele Male nach diesem Flug wieder abheben und auch landen.

Erst als sie die Reisehöhe erreicht hatten und die Turbinen langsam etwas leiser wurden, beruhigte sie sich leicht. Es dauerte gar nicht lange, bis dieses Geräusch in dieses leichte, gleichmäßige und beruhigende Rauschen und Dröhnen überging. Dies machte sie nun sogar schläfrig. Sie hatte unbedingt am Fenster sitzen wollen, um nach draußen sehen zu können. Aber nun sah sie eben nur diese gleichmäßige, blaue Fläche des Atlantiks unter ihr. Neben ihr saß Tracy, ihre beste Freundin und zugleich ihre stärkste Konkurrentin. Die beiden verstanden sich blind und ohne viele Worte. Viola war einfach nur froh, sie dabeizuhaben. Sie war sehr glücklich. Nie hätte sie sich zu träumen gewagt, eines Tages in so einem Flugzeug zu sitzen um ihrer Zukunft entgegenzufliegen – wie auch immer diese aussehen würde. Eines aber wusste sie: Egal was nun kam, das was vor ihr lag, würde auf jeden Fall besser werden, als das, was sie bisher erlebt hatte.

Viola schloss ihre Augen. Das gleichmäßige Wimmern und Rauschen erinnerte sie an eine längst vergessene und verdrängte Vergangenheit. Es war wie das Wimmern des Windes, der durch diese alte, morsche, dreckige, gehasste und zugleich geliebte Halle fuhr ....

1

 

Erschrocken sah Victoria in das morsche Dachgebälk dieser alten Halle, das nach einem erneuten Windstoß heftig ächzte.

Dieses Jahr war es außerordentlich kalt, kälter als in den Wintern zuvor. Natürlich waren Eishallen immer kalt. Das lag in der Natur der Sache. Aber noch nirgends hatte Victoria so gefroren, wie hier. Auch der Wind war heute besonders stark, wie sie ihn hier auch noch nicht erlebt hatte. Ein richtiggehender Blizzard fegte an diesem Tag über die Stadt. Einen Tag, den sie am liebsten vergessen hätte. Einer, an dem sie am besten gar nicht erst aufgestanden wäre. Auf dem Eis war sie heute schon zweimal hingefallen und hatte sich das Steißbein dermaßen gestoßen, dass sie immer noch Schmerzen hatte. Ihr Wagen war nicht angesprungen, und in ihrem Haus die Heizung ausgefallen. Zwar hatte sich der Vermieter sofort darum gekümmert, aber das Bad war in der Früh eiskalt.

Die Kids, die sie unterrichtete, nervten heute ganz besonders. Gerade so, als hätten sich alle gegen sie verschworen. Bisher hatte sie gedacht, dass sie gut mit Kindern umgehen konnte. Aber heute hasste sie diese lärmenden, ungezogenen kleinen Monster, die anscheinend immer genau das Gegenteil von dem machen mussten, was man ihnen erklärte oder sagte.

An diesem Tag war sie ganz besonders froh, als sie endlich diese Halle verlassen durfte und hoffte nur, dass die Heizung endlich repariert und das Bad wieder warm war. Natürlich wurde ihr alter Wagen auf der kurzen Strecke bis nach Hause nicht warm und wie immer blies ihr daher eiskalte Luft aus den Lüfter schlitzen entgegen. Sie sehnte sich nur noch nach einem heißen Bad und dann vielleicht auch noch ein Glas heißen Glühwein vor dem Kaminofen, bevor sie sich in ihr warmes Bett kuscheln würde. Aber all das brachte ihr im Augenblick nicht viel, als sie genervt und zitternd im dichten Schneetreiben vor ihrem Haus stand, sich in diesem abgelegenen Drecksnest im Nirgendwo die Finger abfror und in ihrer Tasche nach den Schlüsseln ihres Hauses suchte.

„Sch… Das kann ja jetzt wohl nicht sein!“, schimpfte Victoria vor sich hin.

Verzweifelt versuchte sie in ihrer Tasche den Haustürschlüssel zu finden, was aber in der Dunkelheit und bei diesem dichten Schneetreiben einem Lottogewinn gleichkam. Natürlich war wieder einmal die Lampe vor ihrem Haus kaputt und fast ebenso zuverlässig funktionierte auch das elektrische Tor ihrer Garage nicht. Victoria schüttelte nur den Kopf und stieg resigniert wieder in ihren altersschwachen Ford ein, um erneut wieder zurück zur Halle zu fahren um dort in ihrem Büro nach ihrem Haustürschlüssel zu suchen. Büro war ein äußerst hochtrabender Begriff für diese Abstellkammer, die sie von der Besitzerin dieser einsturzgefährdeten Halle zugewiesen bekommen hatte. Zumindest hatte diese Abstellkammer eine Heizung, die sogar ab und an funktionierte.

Victoria hasste diese Halle. Sie fühlte sich dort nicht wohl. Immer hatte sie Angst, von einem Teil erschlagen zu werden, das zufällig bestimmt dann herabfiel, wenn sie Unterricht gab. Aber etwas anderes fand sich leider nicht. Nicht in dieser Gegend und schon gar nicht zu diesem Preis.

Von der ultramodernen Halle bis hin zur Kathedrale war sie in so ziemlich allen Eishallen gelaufen und hatte Unterricht gegeben. Aber noch nie in einer so heruntergekommenen, baufälligen Halle wie in dieser.

Jedes Mal, wenn sie diese betrat, lief ihr ein kalter Schauer über den Rücken. Und das lag ganz gewiss nicht daran, dass es hier immer zog und so kalt war, dass die Eismaschine bestimmt nicht viel zu tun hatte, um das Wasser, das ständig von der Decke auf das Eis tropfte, zum Gefrieren zu bringen.

Victoria hatte sich damals mehr erhofft, als sie in die Stadt Bellwitch gezogen war. Schon auf der Suche nach dem Makler, der ihr dieses Haus vermittelt hatte, zweifelte sie, ob sie in diesem Nest bleiben würde. Sie glaubte nicht, hier auch nur ansatzweise so viele Kinder unterrichten zu können, damit sie ihren Lebensunterhalt verdienen würde.

Doch immerhin hatte diese kleine Stadt eine Eishalle und das war ihr wichtiger als eine Metropole wie ihr letztes Domizil Providence in Massachusetts.

Obwohl Providence wegen der Nähe zu Boston eine weitaus weltoffenere Hafenstadt war, wollte sie dort nicht bleiben. Doch sie durfte sich nicht beklagen, sie hatte es sich schließlich selbst ausgesucht. Am liebsten wäre sie noch weiter weggezogen, aber sie brachte es nicht fertig. Atlanta oder gar LA war ihr einfach zu weit weg. Viel zu weit weg von der Eis Liga. Obwohl sie gerade diesem Trubel des Profisports aus dem Weg gehen wollte. Doch dort im Süden waren auch die Trainer für Eiskunstlauf weniger gefragt und in den großen Zentren in New England kannte man sie. Dort war sie eine Größe gewesen, an der man zumindest in Fachkreisen nicht vorbei kam. Sie hatte einen Fehler gemacht und alles verspielt. Langsam kam bei ihr die Erkenntnis, dass sie daran selbst schuld war.

Aber hier in diesem Provinznest in Vermont war sie ein unbeschriebenes Blatt. Hier kannte man sie, wenn überhaupt, nur von ihren sportlichen Erfolgen. Natürlich waren die Trainingsbedingungen nichts im Vergleich mit den Hallen, in denen sie früher gearbeitet hatte. Ihre Gedanken schweiften immer wieder ab und Victoria erinnerte sich an ihre große Zeit, auch wenn es wehtat.

 

Sicherlich, in einer der Hauptstädte hätte sie ein Vielfaches dessen verlangen können und auch viel mehr Schüler gehabt, die Eislaufen lernen wollten. Aber dort kostete eben auch eine ganz kleine Wohnung ein Vielfaches mehr, als sie hier für ein ganzes Haus bezahlen musste.

Und das gab schlussendlich den Ausschlag und Victoria zog in dieses Nest.

Inzwischen hatte es sie schon lange wieder bereut. Es kamen viel weniger zu ihrem Unterricht, als sie gedacht hatte und eigentlich war es unter ihrer Würde, diese Provinzkinder zu unterrichten, von denen sowieso keines eine Chance hatte, jemals nach ganz oben zu kommen. Vor allem ärgerte es sie, dass diese Gören ihr überhaupt nicht zuhörten. Doch am allerschlimmsten war diese Halle, die eigentlich den Ausschlag gegeben hatte, hierzubleiben.

Gut, sie bezahlte inzwischen fast gar nichts mehr für die Nutzung des Eises, denn sie war inzwischen auch fast allein in dieser Halle. Der Eishockeyklub trainierte lieber in der nächst größeren Stadt, auch wenn die Spieler dazu gut zwanzig Meilen fahren mussten, und Turniere fanden hier fast gar keine mehr statt.

Wenn sich hier nichts ändern würde, würde sie bestimmt in der nächsten Saison ebenfalls umziehen. Das nahm sie sich jedes Mal wieder von neuem vor, wenn sie in diese Bruchbude ging.

 

Vor allem an diesem Abend. Sie war so froh gewesen, als sie endlich das Licht abschalten und die Türe hinter sich schließen konnte. Und jetzt musste sie schon wieder dorthin.

„Du fährst nur schnell hin, läufst in dein Büro und holst den Schlüssel, mehr nicht!“, sagte sie sich immer wieder vor, als sie ihren Wagen auf den zugeschneiten Parkplatz steuerte. Natürlich war wieder einmal alles dunkel. Denn die Parkplatzbeleuchtung, hätte es eine gegeben, wäre sicherlich defekt gewesen. Victoria kratzte von innen an der immer noch vereisten Frontscheibe, um wenigstens ansatzweise die Schneehaufen erkennen zu können, denen sie ausweichen musste. Die Lüftung ihres Wagens lief auf Hochtouren und hörte sich an, als ob gleich ein Jumbojet starten würde. Aber davon wurde die Sicht kein bisschen besser.

Sie hatte schon lange aufgegeben, sich darüber aufzuregen. Ein neues Auto war zurzeit auf gar keinen Fall drin. Das alte musste noch länger halten und es würde ja doch irgendwann einmal wieder wärmer werden oder zumindest aufhören zu schneien.

In letzter Sekunde konnte sie noch einem Schneehaufen ausweichen, der, so schien es, unmittelbar vor ihrem Wagen auftauchte. Sie riss das Lenkrad herum und schlitterte dadurch direkt auf den kleinen Vorbau zu, der ebenso plötzlich auf der anderen Seite ihres Wagens auftauchte. Victoria hielt die Luft an und bereitete sich bereits auf den Einschlag vor, als ein Ruck sie plötzlich und unerwartet zum Stehen brachte. Aufgewirbelter Schnee hüllte sie in Bruchteilen von Sekunden vollkommen ein und auf einen Schlag konnte sie gar nichts mehr erkennen.

„Sch…“, fluchte sie laut zum zweiten Mal an diesem Abend. Sie hasste dieses Wort und versuchte es auch so wenig wie möglich zu gebrauchen, aber heute gelang es ihr einfach nicht.

„So ein Mist!“, schimpfte sie weiter vor sich hin, während sie die Fahrertür aufschlug und augenblicklich wieder in Schnee gehüllt war, der überall zu sein schien.

Weiterschimpfend ging sie um das Auto herum und stellte erleichtert fest, dass sie nicht die Betoneinfassung der Eingangstür, sondern nur einen davor aufgehäuften Schneehaufen gerammt hatte. Das war der positive Teil ihrer schnellen Betrachtung des Schadens.

„Wieder eine Delle mehr! Toll!“, grollte sie sauer vor sich hin, als sie den Schaden sah, den der Schneehaufen an der hinteren Tür ihres Wagens hinterlassen hatte.

„Ob ich da je wieder rauskomme?“

Kopfschüttelnd und vor sich hin schimpfend wandte sie sich von ihrem Wagen ab und kämpfte sich durch den Wind und das dichte Schneetreiben zum Eingang. Darum wollte sie sich später kümmern. Jetzt weiter im Schneesturm stehen und sich den Kopf darüber zu zerbrechen, wie es ihrem Wagen ging, brachte sie auch nicht weiter. Zur Not würde sie eben laufen oder sich ein Taxi holen. Egal, aber in dieser Halle würden sie keine zehn Pferde länger halten, als unbedingt notwendig.

 

Als sie die Zwischentür des Windfangs hinter sich geschlossen hatte und sich gerade den Schnee von der Winterjacke schlug, bildete sie sich ein, im Augenwinkel in der Halle auf dem Eis eine Bewegung wahrgenommen zu haben.

Zuerst schoss es ihr durch den Kopf, dass dieser Schneesturm bestimmt einen Teil des Dachs gelockert hatte und dieses nun vom Wind, der anscheinend immer durch die Halle blies, bewegt wurde.

Erst als sie die zweite Tür öffnen wollte, sah sie ein vertrautes Bild, das irgendwie nicht hierher passte. Vor allem nicht um diese Uhrzeit.

Jemand war auf dem Eis. Victoria hatte sich nicht getäuscht. Sie hörte die vertrauten Geräusche und Bewegungen. Sie war sich dessen ganz sicher. Victoria blieb wie angewurzelt in der Tür stehen und schüttelte ungläubig den Kopf.

Sie hatte doch gerade eben erst abgesperrt und das Licht gelöscht! Dessen war sie sich sicher.

War jemand eingebrochen? Nur um hier in der Nacht zu laufen? Unwahrscheinlich. Jeder konnte hier tagsüber ein und ausgehen, ohne zu bezahlen. Da wird ganz bestimmt in der Nacht jemand einbrechen, um auf dem Eis zu laufen? Vandalismus? Ganz bestimmt nicht. In dieser Halle konnte man gar nichts mehr kaputt machen, was nicht sowieso schon kaputt war.

Victoria ging schnell in Gedanken dennoch ihr Büro durch und kam zu dem Entschluss, dass dort nichts lagern würde, was sich lohnen würde, gestohlen zu werden. Das einzig wirklich „Wertvolle“ in dieser Halle war die altersschwache Zamboni, die Eismaschine, da sie immerhin noch funktionierte, auch wenn sie äußerst selten zum Einsatz kam.

Victoria überlegte. Von ihrer jetzigen Position aus konnte sie den oder die Einbrecher nicht sehen. Auch wenn sie nicht glaubte, dass es sonderlich gefährlich war, beschloss sie dennoch, nicht einfach in die Halle zu stürmen. Sie wollte trotz des Sturms, der, so fand sie, langsam etwas nachließ, doch lieber noch einmal zum Auto gehen und sicherheitshalber das Pfefferspray zu holen, das sie dort immer aufbewahrte.

Als sie die Tür ihres Wagens erneut zuwarf, stellte sie überrascht fest, dass es heller geworden war. Der Vollmond lugte zwischen den Wolken hervor und tauchte die altersschwache Halle in ein seltsames Licht. Jetzt wirkte diese noch gespenstischer als gerade zuvor. Der Wind hatte sich zwar etwas gelegt und das Schneetreiben war auch schwächer geworden, aber so ein Wetter hatte sie bisher noch nie erlebt.

Mit wild schlagendem Herzen lief sie erneut in den Vorraum und lugte durch die schon stark zerkratzte Glasscheibe der zweiten Tür.

Zuerst sah sie nichts und schalt sich einen Narren, auf ihre vermutlich überreizten Sinne hereingefallen zu sein.

Aber als sie die zweite Tür vorsichtig und leise geöffnet hatte und etwas weiter in die Halle vorgedrungen war, nahm sie nun doch wieder die wohlbekannten Geräusche trotz des Pfeifen und Rütteln des Windes deutlich wahr.

Es war jemand auf dem Eis! Dessen war sich Victoria inzwischen sicher. Sie schlich über die oberen Ränge in die Halle, immer bereit, ihr Spray jederzeit zu benutzen.

Sobald sie einen freien Blick auf die Eisfläche hatte, blieb sie überrascht stehen. Langsam ließ sie die Hand mit dem Pfefferspray sinken und sah gebannt auf das Schauspiel, das sich ihr auf der Eisfläche bot.

Ein Mädchen etwa in dem Alter ihrer Schützlinge, zwischen zehn und zwölf Jahren, vollführte dort eine Kür.

Victoria beobachtete dieses Mädchen eindringlicher und mit steigender Neugier.

Amüsiert registrierte sie, dass das Mädchen genau die Übungen absolvierte, die sie an diesem Nachmittag von ihren Mädchen verlangt hatte. Nach einer Weile stieg sie vorsichtig einige Reihen weiter nach unten, um besser sehen zu können. Die Kleine hatte Begabung. Sie probte einfache Sprünge, Übergänge, Laufschritte ... in der gleichen Zusammenstellung und genau so, wie sie es heute Nachmittag dauernd gepredigt hatte. Vollkommen gebannt ließ Victoria sich auf einen der Stühle in der ersten Reihe sinken und verfolgte das unfassbare Geschehen auf der Eisfläche.

Ab und zu versuchte das Mädchen einen zweifachen Sprung, der ihr zwar noch ziemlich wackelig, aber dennoch sogar manchmal gelang. Wenn sie hinfiel, schlitterte sie ein wenig über die Eisfläche, rappelte sich aber sogleich wieder auf und versuchte es erneut.

Victoria realisierte, dass die Kleine vollkommen in ihrem Element war. Auch wenn Victoria laut geklatscht hätte, hätte das Mädchen im Augenblick sicher keine Notiz davon genommen. Denn so wie sie jetzt gerade lief, vergaß sie die Welt um sich herum. Victoria kannte dieses Gefühl von sich selbst. Das Gefühl eins Zusein mit sich und dem Eis, in eine Traumwelt einzutauchen. Leider war ihr dieses Gefühl mit dem Einstieg in den Profisport schon vor Jahren verloren gegangen.

Victoria war sich nicht sicher, aber sie glaubte sich zu erinnern, dieses Mädchen schon einmal hier gesehen zu haben. Sicher nicht unter ihren Schützlingen. Während sie noch fieberhaft darüber nachdachte, zog die Kleine sie mehr und mehr in ihren Bann.

Sicher, ihre Sprünge waren nicht vollkommen und technisch alles andere als korrekt, aber ausbaufähig. Die Schrittfolgen waren ihr großer Schwachpunkt, aber ihre Pirouetten waren dazu im Gegensatz nahezu perfekt. Victoria erkannte, dass ein Großteil ihrer Fehler sicherlich von ihren Schuhen kam, die ihr sichtlich zu groß waren. Sogar von hier aus konnte sie sehen, wie sie darin herumwackelte. Ein Wunder, dass sie überhaupt damit laufen und vor allem springen konnte.

Das Mädchen war sehr schäbig gekleidet. Ihre langen, vermutlich blonden Haare waren verfilzt und fettig. Victoria hatte bereits von obdachlosen Kindern gehört, jedoch noch nie eines gesehen. Die Regierung wollte die Öffentlichkeit glauben machen, dass es obdachlose Kinder nicht gab. Dafür gab es ja immerhin Kinderheime und jede Menge sonstige soziale Institutionen. Aber ganz offensichtlich gab es diese Kinder.

Natürlich hätte es auch eines der Farmerkinder aus der umliegenden Gegend sein können, die auf Victoria oft den gleichen Eindruck machten.

Aber was tat so ein Kind hier um diese Zeit noch allein in der Eislaufhalle?

 

Interessiert verfolgte sie ihre Darbietung und vergaß dabei die Kälte in der Halle und auch, wozu sie eigentlich zurückgekommen war.

 

Je länger sie ihr zusah, desto mehr bewunderte sie das Mädchen: Die Kleine war gut. Sehr gut sogar! Obwohl sie sich sicherlich noch nicht perfekt bewegte und trotz ihres verwahrlosten Äußeren hatte sie eine Eleganz, eine Ausstrahlung, die vielen der Mädchen selbst nach jahrelangem Training fehlte. Ihr Ausdruck hatte etwas, was Victoria nicht genau beschreiben konnte. War es Lebensfreude? Vermutlich wohl eher Freude am Eislaufen. Das Mädchen hatte eine unglaubliche Eleganz und einen Ehrgeiz, der aus eigenem Antrieb kam.

Hatte das Mädchen am Anfang, als sie in die Halle kam, noch die Trainingseinheit nachgemacht, die sie am Nachmittag mit ihren Schützlingen durchgegangen war, war sie inzwischen dazu übergegangen, eine eigene Choreografie nach einer imaginären, nicht hörbaren Musik zu laufen, ähnlich einer einstudierten Kür.

Die Übergänge waren zwar teilweise sehr gewagt und einige Figuren wild durcheinandergeworfen, was nach Victorias Empfinden überhaupt nicht passte, aber sie musste neidlos anerkennen, dass in dieser „Kür“, die das Mädchen lief, alle Elemente vorhanden waren, die bei einem Wettkampf in der Junioren-Liga gefordert waren.

Als das Mädchen auf die Mitte der Eisfläche zulief, vermutete Victoria, dass jetzt ihre Abschluss Pirouette kam. Denn dies war der typische Einlauf dazu. Doch was sie dann sah, verschlug ihr die Sprache. Die Kleine drehte sich anfangs unglaublich schnell und sicher ein. Sie veränderte ihr Tempo, wurde langsamer und dann wieder schneller, ging in die Hocke und richtete sich ganz langsam wieder auf, ohne auch nur eine Sekunde mit den Drehungen aufzuhören oder zu torkeln.

Das, was den meisten anderen Mädchen ein Grauen war, war für sie offensichtlich pures Vergnügen. Sie machte sogar eine Himmelspirouette, indem sie sich mit ihrem Oberkörper seitlich nach hinten lehnte und ihre Arme über dem Kopf zu einem Kreis zusammenführte und nach oben sah. Noch überraschter war Victoria, als sie noch den Ansatz einer Biellmann-Pirouette versuchte, in dem sie den einen Fuß hochnahm, mit beiden Händen in die Kufe griff und versuchte, den Fuß dann über ihren Kopf zu ziehen, was ihr aber noch nicht ganz gelang.

Sie ließ ihren Fuß wieder los, blieb dann wie ein großer Star abrupt stehen und präsentierte sich mit weit ausgespreizten Armen dem nicht vorhandenen Publikum.

Victoria konnte nicht anders, sie musste applaudieren. Langsam stand sie auf und ging an die Bande.

In dem Augenblick, in dem das Mädchen das Klatschen hörte, fuhr es sofort zusammen. Sie war aus ihrem Traum aufgeschreckt. Da stand plötzlich jemand, der dort nicht sein sollte. Instinktiv lief sie sofort zur Pforte und wollte fliehen.

Victoria ging langsam ebenfalls zur Pforte und sprach sie an:

„Du warst gut. Sehr gut sogar. Wer bist du und warum läufst du hier ganz allein in der Nacht?“

Auf der Betonfläche vor der Pforte blieb sie wie angewurzelt stehen und starrte Victoria mit weit aufgerissenen Augen an.

Nur Bruchteile von Sekunden später löste sie sich aus ihrer Starre und zog sich mit einer Geschwindigkeit, die Victoria bisher noch nie zuvor bei einem Mädchen gesehen hatte, die Skates von den Füßen und streifte sich die Turnschuhe über, die dort auf einer Bank lagen.

Victoria musste ein wenig schmunzeln, denn, ebenso wie ihre Kleidung ein Sammelsurium verschiedenster, zum Teil viel zu großer Kleidungsstücke darstellte, waren auch ihre schon ziemlich stark verschlissenen und ebenso verschmutzten Schuhe von zwei verschiedenen Herstellern. Der eine war vermutlich einmal weiß oder hellgrau gewesen, der andere grünlich.

„Bleib bitte stehen! Ich tu dir ganz bestimmt nichts. Ich werde dich auch nicht verraten! Versprochen! Du kannst hier von mir aus die ganze Nacht laufen, wenn du möchtest. Mich würde nur interessieren, wie du heißt. Du kommst mir irgendwie bekannt vor, kann das sein? Wohnst du hier in der Gegend?“

Während Victoria versuchte, beruhigend auf das Mädchen einzureden, kämpfte dieses mit ihren Schuhen und verhedderte sich beim Aufspringen mit den Schuhbändern ihrer Skates. Einer der Schuhe fiel auf den Boden, als sie gerade loslief. Sie war schon einige Schritte weit gelaufen, als sie es bemerkte und kurz innehielt.

Das Mädchen drehte sich abrupt um und blickte ängstlich zu Victoria, die sich langsam näherte.

Ihr Blick wanderte zwischen dem Schlittschuh und Victoria hin und her, vermutlich um abzuschätzen, ob sie ihn noch aufheben könnte.

Das Mädchen machte einen kurzen Ansatz, ihn zu holen, entschied sich aber dann anders und lief weiter.

„Bitte bleib stehen. Ich tu dir nichts! Wirklich!“, versuchte es Victoria erneut, aber das Mädchen hörte nicht auf sie und drehte sich auch nicht mehr um. Langsam machte Victoria zwei Schritte auf den Schuh der Kleinen zu und hob ihn auf. Als sie sich umsah, war das Mädchen verschwunden. Sie hörte angestrengt, aber nichts rührte sich in der großen Halle. Außer dem Wind, der inzwischen stark nachgelassen hatte und dem gleichmäßigen Wimmern der Eismaschine, die das Kühlmittel kontinuierlich durch die Schlangen pumpte, war nichts zu hören.

 

Victoria besah sich den Schuh etwas genauer und musste erneut schmunzeln. Er war ihr sicherlich um einige Nummern zu groß. Er wäre sogar ihr zu groß gewesen. Das Leder, das ursprünglich weiß gewesen war, war stark eingerissen und inzwischen gräulich schwarz und an einigen Stellen sogar durchgewetzt. Viele Ösen, mit denen man ihn schnüren konnte, fehlten und die Schnürsenkel waren an noch mehr Stellen wieder mit Knoten zusammengefügt worden.

Innen war er mit Zeitungspapier ausgestopft, vermutlich um ihr wenigsten ein klein wenig Halt zu bieten und auch, um die Löcher zu stopfen, die sich überall gebildet hatten.

Die Kufe war, wie erwartet, stumpfer und schartiger als die Rückseite ihres Zackenkamms. Die einstmals verchromte, glänzende Oberfläche war voller Rostflecken und abplatzender Verchromung.

Alles in allem bewunderte Victoria das Mädchen nur noch mehr dafür, in solchen Schlittschuhen eine solche Leistung aufs Eis gezaubert zu haben.

In dieser Nacht dachte sie noch lange an diesen Geist, den sie bei seinen nächtlichen Streifzügen gestört hatte.

Dieser Geist ließ sie auch in den nächsten Wochen nicht mehr los. Jeden Tag suchte sie nach diesem Mädchen und schlich sich auch oft noch tief in der Nacht zurück in die Halle, die aber immer verlassen und ruhig im Mondlicht vor sich hin schlummerte.

Hätte sie nicht den Schlittschuh der Kleinen in der Hand gehabt, den sie anschließend auf die Bande legte und der am nächsten Morgen nicht mehr da war, hätte sie inzwischen geglaubt, ihre Sinne hätten ihr einen Streich gespielt.

Sie hatte das Mädchen schon fast wieder vergessen, als sie sich eines Tages genervt und gelangweilt zugleich von den immerwährend gleichen Fehlern ihrer Schützlingen in der Halle umblickte. Ihr Blick schweifte in die oberen Reihen der Zuschauertribüne, die aufgrund akuter Einsturzgefahr von keinem Zuschauer mehr benutzt wurden. Ihr Blick blieb an einem der Stühle hängen, der zwischen zwei vollkommen schiefen Stühlen eingekeilt war. Victoria war sich im ersten Augenblick nicht sicher, aber je länger sie dort hinsah, desto mehr glaubte sie, dort jemanden zu erkennen.

Ja, dort saß sie, dessen war sich Victoria jetzt vollkommen sicher. In der obersten Reihe, ein paar Sitze links des Gangs.

Sie saß dort zusammengekauert, ihre Füße angezogen und die Arme um die Füße geschlungen. Normalerweise wäre sie ihr gar nicht aufgefallen, denn die Sonne, die endlich wieder schien, blendete sie durch die dreckigen Fenster. Aber das Mädchen hatte sich genau in dem Augenblick bewegt, als sie hinsah, und diese Bewegung nahmen ihre Augen wahr.

Sie musste noch ein paar Mal blinzeln und genau hinsehen, aber dann konnte sie das Mädchen gut ausmachen.

Fieberhaft überlegte sie, ob sie zu ihr gehen sollte, aber als sie erneut hinsah, war sie bereits wieder verschwunden.

„Du kleiner Geist“, murmelte Victoria schmunzelnd zu sich selbst und kümmerte sich dann wieder um ihre Schützlinge.

An diesem Abend überlegte Victoria, was sie machen konnte. Irgendwann würde das Mädchen bestimmt wieder auf das Eis gehen, dessen war sie sich sicher. Diesen Zeitpunkt musste sie nur abwarten.

Und so schlich sie sich jeden Abend nach dem Training unbemerkt über einen Seiteneingang wieder in die Halle, nachdem sie diese lautstark abgeschlossen hatte.

Und siehe da, schon am zweiten Abend konnte sie die Kleine wieder auf dem Eis bewundern. Diesmal klatschte sie nicht nach dem Ende wie das erste Mal, aber genauso, wie sie aus dem Nichts auf dem Eis erschienen war, war sie nach ihrer Pirouette auch schon wieder verschwunden.

Victoria hatte ihre Lunch Box, in dem sie ihr Mittagessen, ein Sandwich und einen Apfel, aufbewahrt hatte, auf der Trainerbank vergessen. Heute war sie zum Mittagessen kurz nach Hause gefahren. Auf der Suche nach diesem kleinen Geist wanderten ihre Blicke auch über die Trainerbank und blieben auf der gelben Box hängen.

„Die hab ich ja ganz vergessen!“

Mit diesen Worten ging Victoria über die unterste Reihe nach vorne und hob die Box auf.

Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie diese aufhob. Sie brauchte nicht nachzusehen, um festzustellen, dass sie leer war.

„Du kleine Diebin. Hast wohl Hunger?“

Victoria „vergaß“ nun ihre Lunch Box öfter in der Halle und jedes Mal war sie am nächsten Tag leer.

In der darauffolgenden Woche sah sie das Mädchen öfter an ihrem angestammten Platz sitzen. Victoria beobachtete sie aus dem Augenwinkel und bemerkte, dass sie ihrem Unterricht aufmerksam folgte. Sie ließ keinen Augenblick aus und beobachtete genau, auf was Victoria bei ihren Schülerinnen Wert legte.

Abends nach dem Unterricht schlich Victoria hin und wieder in die Halle und beobachtete das Mädchen, wie sie ihre Übungen exakt nachvollzog.

Eines Tages hatte sie wieder ihre Lunch Box „vergessen“ diesmal mit zwei Sandwiches und einer Banane.

Das Mädchen absolvierte fast wie immer den gleichen Ablauf. Zuerst übte sie das, was Victoria mit ihren Kindern tagsüber geübt hatte, und im Anschluss lief sie ihre „Kür“ durch. Erst danach gönnte sie sich eine Pause. Victoria beobachtete sie, wie sie sich auf die Bank setzte, sich vergewisserte, dass sie in der Halle auch wirklich allein war, und dann genüsslich begann, die Banane zu essen.

„Hi, ich bin Victoria, Victoria Flowers. Aber alle nenne mich nur Tory.“

Victoria versuchte diesmal die direkte Offensive, machte ein paar Schritte aus ihrem Versteck heraus an die Bande in Richtung des Mädchens und lehnte sich wie beiläufig über diese. Dabei blicke sie auf das Eis, behielt aber das Mädchen im Auge.

„Aber das weißt du ja sicher. Sagst du mir auch, wer du bist, oder muss das ein Geheimnis bleiben?“

Mit weit aufgerissenen Augen starrte das Mädchen Victoria an. Sie war im ersten Augenblick aufgesprungen und hatte vor Schreck die Banane fallen lassen.

 Victoria sah, wie sehr das Mädchen mit sich kämpfte. Alles in ihr schrie förmlich danach, wegzulaufen. Aber irgendetwas hielt sie davon ab.

Warum hatte sie nur so viel Angst vor ihr, fragte sie sich und ganz behutsam wandte sie sich ihr zu.

 

„Du läufst gut. Auch die Wiederholungen von heute Nachmittag hast du gut nachgemacht. Aber die Schrittfolgen stimmen so nicht ganz. Soll ich sie dir noch Mal zeigen?“

In ihre Augen, in denen sich schon fast panische Angst widerspiegelte, schlich sich leichter Trotz.

Gut, dachte sich Victoria. Hab ich dich!

„Aber ich denke, das ist dir ja sowieso nicht so wichtig. Egal ...“, ergänzte sie betont gelangweilt. „Ich werde jetzt lieber nach Hause fahren. Ist schon spät. Wir sehen uns ja dann morgen wieder. Es wär vielleicht besser, du würdest etwas weiter nach unten kommen. Dann kannst du besser sehen, was ich den Kids beibringe! Wenn du Lust hast, kannst du ja auch mitlaufen.“

Das Mädchen war unentschlossen und schluckte den Rest herunter.

„Also? Was ist? Willst du noch Mal?“, zeigte Victoria auf das Eis und sah dann betont gelangweilt auf die Uhr.

Langsam und zögerlich nickte das Mädchen. Victoria musste lächeln. Auf sie machte es den Eindruck, als würde sie fast automatisch reagieren. Ihr Kleinhirn schrie sicherlich immer noch: Lauf weg. Aber ihr Ehrgeiz kämpfte gut dagegen an.

„Also gut ...“, begann Victoria, nachdem das Mädchen auf das Eis gegangen war. „Lauf das Gleiche einfach noch Mal!“

Sie gab ihr noch einige Anweisungen bezüglich der Schrittfolgen und wartete dann, was geschehen würde.

Victoria war überrascht. Die Kleine setzte ihre Worte fast augenblicklich in die Tat um. So hatte sie das bei ihren Kindern noch nie erlebt. Anerkennend nickte sie automatisch. Schon nach diesen wenigen Minuten konnte man eine sichtbare Verbesserung feststellen.

„Du bist echt gut! Hast du auch einen Namen?“

Victoria schalt sich im gleichen Augenblick einen Narren, als sie die Miene des Mädchens sah. Denn fast augenblicklich zog sie sich wieder in ihr Schneckenhaus zurück, aus dem sie das Mädchen doch gerade erst ein klein wenig herausgelockt hatte.

„Okay, das machst du schon ganz gut. Lassen wir es heute Abend dabei. Ich bin müde und du sicherlich auch. Oder willst du noch zum Abschluss springen? Mir ist da auch etwas aufgefallen, was du verbessern könntest!“

Das Mädchen blieb stehen und nickte ihr entschlossen zu.

„Gut, dann komm einmal her! Ich will nicht so schreien.“

„Ich denke, du nimmst dazu lieber meine Schuhe. Sie sind dir zwar auch zu groß, aber in einem besseren Zustand als deine. Ich hab kein gutes Gefühl dabei, dich in diesen Schuhen springen zu lassen. Außerdem bringt es nichts, denn darin lernst du es nie!“

Victoria legte ihr ihre Skates vor die Bank, auf der auch die Lunch Box stand und wich ein paar Schritte zurück. Erst dann kam das Mädchen an die Bande und zog sich zögerlich ihre Schlittschuhe an.

„Gewöhn dich erstmal daran, bevor du springst!“

Das Mädchen folgte ihren Anweisungen und nach ein paar Runden und vorsichtigen, einfachen Figuren nickte sie ihr zu.

„Gut. Dann lauf an. Zeig mir Mal einen einfachen Loop! Weißt du, was das für ein Sprung ist und worauf es dabei ankommt?“

Das Mädchen nickte, nahm Anlauf und sprang sauber ab. Die Landung war etwas wackelig, aber das schob Victoria auf die nicht passenden und ungewohnten Schuhe.

„Gut!“, kommentierte sie professionell. „Aber noch ausbaufähig! Komm, lass gut sein für heute. Wenn du willst, machen wir morgen Abend weiter. Aber heute hab ich genug. Ich friere, habe Hunger und bin hundemüde!“

Mit diesen Worten packte sie die Lunch Box zusammen und holte ihre Tasche. Sie hatte eine Idee und setzte darauf, dass das Mädchen genauso viel Hunger hatte, wie sie selbst.

Sie achtete nicht mehr auf sie und steckte ihre Box in die Tasche.

„Ich hab jetzt Hunger und Lust auf was Warmes! Du auch? Diese zwei Sandwiches reichen sowieso nicht für uns beide. Also? Kommst du mit?“

Mit diesen Worten wandte sie sich um und bemerkte erst jetzt, dass das Mädchen relativ nah an der Pforte, fast direkt hinter ihr stand. Und was sie noch mehr überraschte: Sie wich nicht wieder vor ihr zurück, als sie sich umdrehte.

„Chinese oder Italiener? Also ich wäre jetzt eher für Pizza oder Spaghetti!“

Mit diesen Worten nahm sie die Schuhe der Kleinen von der Bank und hielt sie ihr entgegen.

Diese sahen aus der Nähe noch schlimmer aus, als sie sie in Erinnerung hatte, und ein wenig grauste es Victoria, sie überhaupt anzufassen. Innerlich schüttelte es sie, wenn sie daran dachte, sie auch noch anzuziehen zu müssen.

„Viola!“ Hörte sie plötzlich eine leise, zarte Stimme. „Ich heiße Viola!“

Victoria nickte „Okay. Aber jetzt los, ich hab Hunger!“

Victoria ging voraus und bemerkte aus den Augenwinkeln, dass das Mädchen noch etwas unentschlossen stehen blieb. Sie beschloss, nicht auf sie zu warten oder sich umzudrehen und ging weiter zielstrebig auf den Ausgang zu.

Nach einer ganzen Weile, Victoria wollte schon starten, stand Viola plötzlich auf der Beifahrerseite ihres altersschwachen Wagens. In der rechten Hand hielt sie Victorias Schlittschuhe, in der anderen ihre eigene löchrige, abgetragene und viel zu große Jacke.

„Die haben Sie vergessen!“

Mit diesen Worten hielt Viola ihr die Schlittschuhe hin, als Victoria ausstieg und ihr die Beifahrertüre öffnete.

Sie lächelte Viola an und öffnete ihr die Wagentür.

„Also doch Pizza!“, beschloss Victoria bestimmend, als sie sich in den Wagen fallen ließ.

Viola starrte nur geradeaus und saß steif neben ihr.

„Ich denke, die Jacke solltest du lieber hier im Wagen lassen!“, wandte sich Victoria an Viola und stocherte mit der Hand suchend im Fond herum.

„Ah, hier!“

Mit diesen Worten zog sie eine kurze dunkelblaue Sportjacke aus den Tüchern, Decken und vielen anderen Gegenständen, die sich im Laufe, der Zeit dort angesammelt hatten. „Ich hab doch gewusst, dass ich sie hier liegen gelassen habe. Ich denke, die passt dir besser!“ Victoria zwinkerte Viola zu und stieg aus.

Auch diesmal dauerte es etwas, bis Viola die Jacke nahm und ihr folgte, wenn auch schon um einiges schneller als noch vor einigen Minuten.

Vor der Eingangstür zur Gaststätte blieb sie dann plötzlich wie angewurzelt stehen und blickte Victoria hilfesuchend an.

„Komm schon.“

Sie blickte ihren Schützling von oben bis unten an. Gut, sie sah wirklich etwas wild aus. Aber sie kannte den Wirt relativ gut und heute Abend waren nicht mehr viele Gäste im Lokal. Wenn überhaupt noch welche hier waren.

„Komm! Ist schon okay. Du kannst mitkommen, keine Angst. Hier wird sich niemand sonderlich wundern! Und ich bezahle heute!“

Viola nickte langsam und folgte ihr dann noch langsamer und schüchtern in das Lokal. Victoria hatte Recht. Außer ihnen war niemand mehr dort, und der Wirt machte schon Anstalten, das Lokal zu schließen.

 

„Bella! Bella belissima!“, begrüßte der Wirt Victoria ein wenig übertrieben überschwänglich, nachdem er sie erkannt hatte, und kam mit offenen Armen auf sie zu, um sie zu umarmen.

„Danke Luici!“, erwiderte Victoria fast ebenso übertrieben leidenschaftlich. „Hast du noch was zu essen für zwei Hungrige?“

„Aber natürlich. Für dich immer!“

Viola versteckte sich hinter einer Säule und beobachtete die beiden ganz genau.

„Wen hast du mir denn da mitgebracht? Deine Tochter?“

„Nein!“ Victoria musste lachen. „Nein, eine…. Schülerin!“

Etwas Besseres fiel ihr auf die Schnelle nicht ein.

„Nehmt Platz ich komme gleich. Heute kann ich euch Spaghetti Napoli empfehlen. Die könnte ich euch sofort bringen. Alles andere dauert etwas!“

Victoria nickte: „Spaghetti ist gut! Nur warm und schnell ich verhungere gleich! Ist das für dich auch okay?“, sah sie fragend zu Viola.

Diese nickte nur schüchtern und versuchte sich nach wie vor unsichtbar zu machen.

„Bring uns doch noch bitte zwei große Limo. Ich habe Durst ohne Ende und ich glaube, Viola geht es genauso!“

Mit diesen Worten ließ sie sich auf eine der Eckbänke fallen und winkte Viola ebenfalls an den Tisch.

„Sind Sie es wirklich?“, brach Viola nach einer gefühlten halben Ewigkeit die Stille am Tisch, nachdem sie beide ihren Durst gestillt hatten.

Fragend blickte Victoria zu ihr: „Wer soll ich sein?“

„Na ja, ich meine…“, stockte Viola zögerlich und kramte in einer Tasche ihrer Kleidungsstücke herum.

Dann zog sie ein altes, schon ziemlich zerknittertes und eingerissenes Deckblatt einer Zeitschrift heraus.

Victoria erkannte es sofort, und ihr zog sich der Magen zusammen.

Das Lächeln wich aus ihrem Gesicht und es verhärtete sich.

„Wo hast du denn das her?“, fragte sie deutlich kälter, als sie es wollte.

„Ich habs gefunden. In der Eishalle, in einem Stapel! Sind Sie wirklich „die“ Victoria Flowers? Würden Sie mir ein Autogramm geben?“

Victoria schnaufte hörbar aus und spielte mit ihrem Glas. Der Wirt unterbrach die beiden, indem er zwei Teller duftender Nudeln mit Sauce servierte.

„Darf es noch etwas sein?“

„Nein danke, Luici. Vorerst nicht.“

„Dann wünsche ich den beiden Damen einen guten Appetit!“

Viola war bereits nach wenigen Happen fertig und legte die Gabel weg.

Victoria fiel auf, dass die Kleine für ein Kind, das sicherlich die meiste Zeit ohne Eltern im Freien gelebt hatte, erstaunliche Manieren an den Tag legte.

„Schmeckt es nicht?“, durchbrach Victoria das Schweigen, das sich ausgebreitete hatte, nachdem Viola die alte Zeitschrift herausgekramt hatte.

„Doch, doch. Es ist nur…. Ich bin satt. Danke. Ich…. Ich kann nicht so viel essen!“

Victoria musste lächeln. „Das solltest du aber. Nicht dass du mir noch auseinanderfällst. Du siehst aus wie ein Skelett. Ein wenig mehr würde dir bestimmt nicht schaden!“

Nach einer Weile fragte Viola schüchtern: „Ich hätte Sie nicht fragen sollen ... Nicht wahr? Nach dem Autogramm, mein ich“, fügte sie nach einer Weile hinzu.

Victoria lachte kurz auf.

„Nein, ist schon Okay.“

Nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu: „Es… es weckt nur alte Erinnerungen und ... Egal!“, fügte sie energischer hinzu.

„Aber nun zu dir. Wo lebst du eigentlich. Wo sind deine Eltern? Du heißt also Viola … Und wie noch?“

Viola sah sie mit großen Augen an. „Viola. Nur Viola!“

„Jeder Mensch hat auch einen Nachnamen. Wie heißen denn deine Eltern?“

Viola antwortete nur mit einem Achselzucken. „Ich … Ich hab einmal bei Nonnen gewohnt ich glaub, in einer Art Heim. Aber die waren nicht so nett zu mir …“

„Und da bist du weggelaufen?“, ergänzte Victoria und Viola nickte verstohlen.

„Ich war auch Mal in einem anderen Heim und bei Pflegeeltern. Aber da war’s auch nicht so toll!“

Victoria nickte. „Und wo wohnst du? Ich meine jetzt.“

„Drüben. Drüben in der Halle!“

Victoria verdrehte die Augen. „Da kann man doch nicht leben. Du bist doch bestimmt wieder von irgendjemand weggelaufen?“

„Nein, bin ich nicht!“

Viola wurde plötzlich energischer, was Victoria vollkommen überraschte.

„Und wo sind dann deine Eltern? Oder ich meine … Wer passt jetzt auf dich auf?“

Viola zuckte erneut die Achseln. „Weiß nicht, hab keine! Niemand. Ich pass schon selbst auf mich auf“, murmelte sie kaum verständlich vor sich hin.

„Du warst also in einem Heim. Und bist von dort weggelaufen?“

Viola schüttelte den Kopf. „Nein! Ja …“, fügte sie leise hinzu.

Victoria musste erneut lachen. „Was jetzt? Ja oder nein. Wann bist du denn weggelaufen?“

Viola zuckte wieder mit den Achseln. „Schon länger her. Glaub ich!“

„Und du lebst wirklich in der Halle? Schon länger? Monate?“

Victoria konnte es kaum glauben.

Viola nickte. „Länger. Ich denke, seit ich Fünf oder Sechs bin.“

„Und dich hat noch niemand dabei erwischt. Ich meine, es gibt doch das Jugendamt, dass sich um solche ...“ Victoria unterbrach sich und fand nicht die richtigen Worte.

„… Solche Mädchen wie dich kümmert?“

Sie merkte schon, dass sie bei Viola so nicht weiterkam.

Der Wirt begann im hinteren Bereich der Gaststätte bereits die Stühle hochzustellen.

„Ich glaube, Luici möchte für heute Schluss machen!“ Victoria sah auf die Uhr. „Ich denke, es reicht auch für heute. Schon ganz schön spät!“

Victoria sah wieder in das verschmutzte, aber dennoch irgendwie hübsche Gesicht des Mädchens. Ihre vermutlich einmal rotblonden Haare waren wild zerzaust und ebenso fettig und verschmutzt wie ihr Gesicht und die Hände, von denen nur die Hälfte zu sehen war, da sie in kaputten, halb zerrissenen Handschuhen steckten, die vermutlich einmal Fingerhandschuhe waren.

Langsam schüttelte sie ihren Kopf. „Was machen wir jetzt nur mit dir?!“

Victoria überlegte hin und her. Zur Polizei bringen? Dies wäre vermutlich der Richtige und logische Weg. Aber die würden sie vermutlich nur in irgend ein Heim stecken und Victoria hatte in der letzten Zeit die schlimmsten Dinge über solche überfüllten und mit unterqualifizierten Betreuern besetzten Häusern gehört.

Während sie noch überlegte, hörte sie die Kleine leise: „Bringen Sie mich bitte wieder zurück zur Halle? Geht das?“

Victoria stand auf, ging voraus zum Wagen und ihr reifte ein Gedanke.

„Brrr ... Es ist kalt geworden.“, rieb sich Victoria die Hände, als sie am Wagen stand und Viola die Türe aufsperrte. Nachdenklich blickte sie in den Sternenklaren, schwarzen Himmel.

Seit sie die Halle verlassen hatten, war das Thermometer deutlich gefallen und es machte den Eindruck, als ob es in dieser Nacht noch wesentlich kälter werden würde.

Victoria stieg ebenfalls schnell in den Wagen, der nur mit deutlichem Widerwillen ansprang.

Sie fuhr bereits los, hielt dann aber wieder an und schüttelte den Kopf.

„Nein. Ich denke nicht, dass das eine gute Idee ist. Dich zurück zur Halle bringen, meine ich!“ Und sah dabei Viola in die Augen.

„Wenn du möchtest ... Ich hab im Wohnzimmer eine Couch. Darauf könntest du heute Nacht schlafen, wenn du möchtest.“

Viola schluckte und nickte dann leicht. Sie hatte in der Halle zwar ihr Lager, in dem es im Winter einigermaßen auszuhalten war, aber sie hatte schon in den letzten Tagen ziemlich gefroren. Und in dieser Nacht war es wirklich bitterkalt.

 

„Gefällt´s dir?“, fragte Victoria zu Hause angekommen, während sie sich Jacke und Schuhe auszog und den Schlüssel in eine Schale warf. Viola nickte. „Ja, es ist wunderschön, viel schöner als früher.“

Victoria sah sie fragend an. „Warst du schon Mal hier?“

Viola nickte. „Ja, bevor Sie hier eingezogen sind. Damals stand es lange leer und ...“

Victoria nickte verstehend.

„Hier ist die Couch. Auf der kannst du schlafen!“ Victoria zeigte dabei ins Wohnzimmer und ging weiter in die Küche.

Viola blieb wie angewurzelt stehen und sah ihr nach.

„Fühl dich einfach wie zu Hause. Du kannst ruhig Duschen, wenn du möchtest oder ein Bad nehmen. Lass dir ruhig Zeit. Ich hol dir inzwischen Bettzeug und etwas Frisches anzuziehen. Wird dir zwar nicht ganz passen, aber fürs erste ...“

„Das Bad ist im Übrigen oben links ...“, fügte Victoria noch aus der offenen Küche hinzu, die sich nur durch zwei Stufen vom Wohnzimmer abgrenzte.

„Ich weiß ..., Danke!“

„Ja, genau. Hab ich vergessen. Du kannst alles nehmen, was du findest. Duschgel, Haarwaschmittel und Badesalz stehen um die Wanne herum. Du musst einfach nur schauen. Ich denke, du findest alles. Wenn nicht, meld dich einfach! Ich mach uns noch einen heißen Tee und werfe inzwischen den Kaminofen an. Ist ja schweinekalt hier drin!“

Viola kam es gar nicht so kalt vor. Sie war viel Kälteres gewöhnt. Vorsichtig ging sie die große Freitreppe nach oben, die mitten im Raum begann und sich in einem großen Bogen in die erste Etage wand. Das Haus sah jetzt ein wenig anders aus, als sie es in Erinnerung hatte. Man hatte viel erneuert. Sogar die Treppe war viel größer und etwas anders, als früher.

Insgeheim hatte sie gehofft, den Winter in diesem Haus verbringen zu können, und war enttäuscht, als sie plötzlich den neuen Zaun, neue Fenster und vor allem eine neue Türe, die verschlossen war, feststellte. Dass sie so schnell wieder hier hereinkommen würde, hätte sie im Leben nie gedacht.

Auch oben hatte sich viel verändert. Vorsichtig suchte sie nach dem Badezimmer. Damals, als sie den Sommer hier verbrachte, gab es hier oben noch keines. Nur unten befand sich ein kleines Zimmer, mit einer Toilette und ein Waschbecken. Doch nach kurzer Suche wurde sie fündig. Dieses neue Bad war groß und mit schönen warmweißen Kacheln gefliest.

An einer Seite waren zwei große Waschbecken angebracht und in der anderen Ecke stand eine einladend große Badewanne. Was sie verwunderte war, dass sich neben der Badewanne auch noch ein mit einer Glasscheibe abgetrennter Bereich befand, der als Dusche genutzt wurde.

Viola fühlte sich in ihren zerschlissenen, dreckigen Kleidern hier fehl am Platz. Sie passte so gar nicht in dieses mit blütensauberen, flauschigen hellen Fußmatten versehenem Badezimmer. Selbst nachdem sie sich ausgezogen hatte und die schmutzige Kleidung in einer Ecke gestapelt hatte, traute sie sich nicht, sich daraufzustellen.

Wenige Minuten später verschwand sie unter einem Berg voller Schaum und tauchte in ein wohlig duftendes, sehr heißes Wasser ein, in dem sie sich fast verlor.

Sie wäre sicherlich eingeschlafen, hätte das Klopfen an der Türe sie nicht aus ihren Träumen gerissen.

„Hallo Kleines, nicht in der Wanne einschlafen. Auf dem Sofa schläft es sich besser, glaub mir! Kann ich reinkommen?“

Viola tauchte aus ihrer, mit viel weißem Schaum gefüllten Wanne und nickte. Im gleichen Augenblick schoss es ihr durch den Kopf, dass Victoria dies bestimmt nicht erkennen könnte, und fügte schnell hinzu:

„Ich bin nicht eingeschlafen. Ja, klar, die Tür ist offen!“

Mit einem Lächeln trat Victoria in das Bad und legte ihr einen Jogginganzug, frische Wäsche und ein frisches, großes Badehandtuch auf den Hocker neben der Wanne.

„Wenn du fertig bist, komm bitte nach unten. Ich möchte noch kurz mit dir sprechen! Die hier ...“ Victoria nahm etwas angewidert ihre alte Kleidung „nehme ich gleich mit. Ich denke, ich werde sie am besten gleich entsorgen. Waschen lohnt da bestimmt nicht mehr?!“

Viola nickte zögerlich. Sie hing an ihren Klamotten. Sie waren sicherlich nicht mehr zu gebrauchen, aber es waren ihre gewesen.

Während sie sich abtrocknete, grübelte sie über Victorias Worte nach. Über was wollte sie mit ihr reden? Hatte sie etwas falsch gemacht. Sie hätte sicherlich nicht über das Autogramm reden sollen.

Unsicher stieg sie die Treppe herunter und setzte sich auf das bereits bezogene Sofa.

Im Kaminofen knisterte leise ein Feuer und strahlte wohlige Wärme aus. Viola fühlte sich plötzlich unendlich erschöpft und müde. Das Essen, das warme Bad und jetzt noch die Wärme und Geborgenheit des Wohnzimmers zog die letzten Lebensgeister aus ihrem Körper.

„Ich glaube, wir unterhalten uns lieber morgen. Schlaf gut!“

Mit diesen Worten raffte auch Victoria sich auf, lächelte Viola zu, warf ihr die Decke über und verschwand fast lautlos auf der großen Treppe nach oben.

 

2

 

Als Victoria am nächsten Morgen ins Wohnzimmer kam, hielt sie überrascht inne. Das Sofa war leer. Suchend blickte sie sich zuerst in der Küche, dann in den anderen Räumen im Erdgeschoß um. Also war sie doch wieder weggelaufen, schoss es ihr als erstes durch den Kopf.

Erst als sie um den Wohnzimmertisch herum zum Kaminofen ging, um dort erneut Feuer zu machen, bemerkte sie das Bettzeug am Boden vor dem Sofa liegen. Sie wollte es schon aufheben und zusammenfalten, als sie darunter die dort eingemummelte Viola erkannte.

Sie hatte sich auf dem Boden mit einer Decke und dem Kopfkissen ein kleines Lager gebaut, in dem sie nun lag und immer noch selig schlummerte. Victoria betrachtete Viola und musste lächeln. In gewisser Weise war sie wirklich niedlich. Sie hatte liebliche Grübchen, große schwarze Wimpern über ihre Augen und eine kleine Stupsnase, die genau in dieses Gesicht zu passen schien. Nur die noch immer eingefallene Wangen und die dadurch hervortretenden Wangenknochen passten nicht so ganz in dieses Bild.

 

Victoria kniete sich neben ihr auf den Boden und rüttelte sie sachte an den Schultern.

 

„Guten Morgen, Honey. Du musst langsam aufstehen. Ich muss bald zur Arbeit – die Kleinkinder fordern ihren Laufunterricht ...“

Langsam rekelte sich Viola und lächelte Victoria an. Als sie bemerkte, dass sie nicht im Stadion in ihrer Höhle war, schreckte sie plötzlich hoch.

„Wo ... wo bin ich ...?“, stammelte sie leise verschlafen.

„Da, wo du gestern Abend eingeschlafen bist – bei mir zu Hause, weißt du nicht mehr?“

Viola blinzelte Victoria an. Langsam schienen die Erinnerungen zurückzukommen. Mit einem Ruck richtete sich Viola auf und sah Victoria mit teils überraschtem und gleichzeitig sorgenvollem Gesicht an.

Victoria sah ihre verängstigte Miene. „Keine Angst. Ich hab mir das heute Nacht mit der Polizei noch einmal überlegt. Wenn das wirklich stimmt, dass du schon als kleines Kind ausgebüchst bist, dann suchen die dich heute bestimmt nicht mehr. Ich werde einmal vorsichtig nachfragen, ob man dich überhaupt noch sucht. Alles weiter wird sich dann schon ergeben, ok?“

Viola nickte und die Sorgen wichen langsam aus ihrem Gesicht.

„Ich habe dir frische Sachen ins Bad gelegt, Zahnbürste und so ... Und ich dachte mir, dass wir heute als erstes Mal Einkaufen gehen. Du brauchst dringen neue Klamotten. Vor allem Schuhe und einen Haarschnitt.“

Als sie in das entsetzte Gesicht des kleinen Mädchens sah, fügte sie schnell hinzu:

„Keine Angst! Das heißt, nicht, dass wir dir einen Kurzhaarschnitt verpassen, aber etwas Form würde nicht schaden - vertrau mir!“

Victoria wandte sich zum Gehen. „Jetzt erst mal ab ins Bad, dann komm in die Küche, dort habe ich uns Frühstück gemacht.“

Viola blieb noch ein Weilchen sitzen und dachte nach. Sie sah sich langsam im Zimmer um und fühlte sich hier wohl. ‚Wie es nun weitergehen sollte und wohin sie kommen würde, wusste sie nicht. Würde sie hierbleiben können oder schickte sie diese Trainerin einfach wieder weg? Viola konnte dies fast nicht glauben, nachdem Mrs. Flowers so nett zu ihr gewesen war. Aber wer wusste schon? Und was wollte sie selbst?

Zehn Minuten später war sie gewaschen, gekämmt und angezogen auf dem Weg nach unten. Als sie die Küche betrat, traute sie ihren Augen kaum. Auf dem Küchentisch fand sie so viel Leckereien, die sie selbst an den besten Tagen nicht in der Eishalle finden konnte. Brot, viele Einmachgläser mit Marmelade, Obst, Wurst und auch Unbekanntes, was sie neugierig machte.

 Victoria sah sie an und lächelte. „Du siehst prima aus. Ein ganz anderes Mädchen, als das, was ich gestern Abend aufgegabelt habe. Meine Klamotten passen dir zwar nicht so Recht, aber fürs Erste, denke ich, muss es gehen. Komm, setzt dich und iss, später fahren wir in die Stadt. Wir haben jetzt mehr Zeit. Ich hab der Gruppe für heute Vormittag einfach abgesagt, es haben sich sowieso nicht viel gemeldet. Da ich jetzt nicht wusste, was du essen möchtest, hab ich alles hergestellt, was ich gefunden habe. Magst du eher deftig mit Wurst oder süß mit Marmelade – oder Müsli und Obst? – Milch, Tee? Bediene dich einfach!“

Viola setzte sich vorsichtig auf einen der Stühle am Tisch, an dem gedeckt war und nickte leicht.

„Tee bitte!“

Victoria sah sie überrascht an.

„Du hast ja richtig gute Manieren.“, lobte Victoria und schenkte ihr eine große Tasse Tee ein.

„Was ist „Müsli“?“, fragte Viola vorsichtig, als sie am Tee nippte.

„Was? Du kennst kein Müsli? Schmeckt wirklich gut. Probier. Magst du lieber Milch oder Quark dazu?“

Victoria sah das fragende Gesicht der Kleinen und lächelte. „Versuch es erst mal mit Milch.“

Sie gab ihr ein wenig Müsli mit Milch in eine Schüssel und reichte sie ihr.

„Und? Schmeckt´s?“

Viola nickte. Sie sah eine Banane und deutete darauf. „Darf ich die haben?“

Victoria nickte. „Du brauchst nicht zu fragen, alles was hier liegt, kannst du einfach so essen.“

Viola nickte und rutschte etwas unruhig auf ihrem Stuhl hin und her. Hier war es so ganz anders, als sie es gewohnt war.

Nach einer kurzen Pause begann Victoria weiterzureden: „... wegen gestern Abend: Woher kannst du denn das alles, was ich da auf dem Eis gesehen hab`. Wer hat dir das beigebracht?“

Viola sah Victoria an wie ein scheues Tier, das im Begriff war, jederzeit sofort aufzuspringen und die Flucht zu ergreifen. Vorsichtig murmelte sie:

„Niemand“

„Wie … niemand … ? Du willst mir doch nicht sagen, dass du dir das selbst alles beigebracht hast?“

Viola nickte.

„... und dir hat wirklich niemand dabei geholfen?“, bohrte Victoria ungläubig nach. Viola schüttelte leicht den Kopf. „Nein …, das heißt, ein wenig schon ...“, sagte sie langsam gedehnt. „Sie ...“

Victoria verstand nicht „Wie? Meinst du damit mich?“

Sie sah sie verdutzt an. „Ich hab dir aber keinen Unterricht gegeben – das wüsste ich!“, erklärte sie lachend.

„Ich hab Ihnen beim Unterricht zugesehen und hab´s dann nachgemacht ... Jeden Tag!“, antwortete Viola leise und vorsichtig, aber dennoch mit einigem Stolz.

Victorias lachen erstarb langsam. „Wie, du hast mir beim Training nur zugesehen – und dann hast du es in der Nacht geübt – so wie ich dich angetroffen habe. Im Dunkeln?“

Viola nickte. „Ja, aber auch am Tag – immer halt, wenn die Eishalle frei war und mich keiner sah.“

Victoria schüttelte ungläubig den Kopf. Sie überlegte. Es war zwar fast nicht zu glauben, aber es stimmte. Sie hatte genau das umgesetzt, was sie ihren beiden älteren Mädchen, die bald ihre Prüfung ablegen sollten, immer und immer wieder versucht hatte, beizubringen. Viola dürfte inzwischen in etwa auf ihrem Wissenstand sein.

„Läufst du gerne?“, fragte Victoria nach einer kleinen Pause.

Viola nickte so heftig, dass ihre Haare flogen. „JA!“, strahlte sie.

„Aber die Pirouette am Schluss, die habe ich den beiden nicht gezeigt.“

„Das Drehen? Ich hab mir das einfach Mal so ausgedacht – hat Spaß gemacht!“, erklärte sie enthusiastisch, um dann aber gleich wieder vorsichtig zu werden: „War das schlimm?“

Victoria lachte kurz auf. „Nein – bestimmt nicht. War nicht schlecht ... Diese Figur nennt man übrigens Pirouette. Genaugenommen Biellmann Pirouette. Benannt nach einer Eiskunstläuferin, die sie erfunden oder zumindest das erste Mal gezeigt hat. Sie geht zwar noch ein klein wenig anders – man zieht dabei einen Fuß mit beiden Händen über den Kopf, nicht wie du mit einer, aber grundsätzlich ... So ähnlich.“ Victoria nickte zustimmend. „Prinzipiell eine sehr schwierige Figur, die man lange üben muss. Hast du sie schon irgendwo gesehen?“

„Ja, irgendwann Mal bei einem Mädchen. Und da hab ich´s einfach auch Mal probiert. Nicht gut?“, fragte sie unsicher.

Victoria musste lachen. „Doch! Weißt du eigentlich, wie lange die Mädchen dafür üben, bis sie sie so sicher beherrschen, wie du sie gelaufen bist?“

Viola schüttelte langsam den Kopf.

„Du bist wirklich nicht schlecht. Richtig begabt!“

Viola strahlte sie stolz an. Und das kam aus dem Mund dieser Trainerin.

Mit einem Blick auf die Uhr stand Victoria auf und ging zur Spüle. „Wir sollten uns langsam auf dem Weg machen. Wir haben noch einiges vor.“

Viola sprang ebenfalls sofort auf.

„So schnell jetzt auch wieder nicht. Du kannst schon fertig Essen!“

„Bin fertig!“, rief Viola, als sie den letzten Bissen hinunter schlang und sprang ebenfalls auf.

„Fahren wir ... Fahren Sie mich jetzt zur ... Polizei?“, fragte sie plötzlich vorsichtig und mit einem Schlag war all ihr Elan fast versickert.

Victoria musste lachen und schüttelte leicht den Kopf. Das Mädchen tat ihr leid. Man konnte sogar sehen, dass sie wieder anfing zu zittern.

„Keine Angst!“, beruhigte sie Viola und strich ihr über den Arm. „Ich bring dich jetzt nicht zur Polizei. Das hab ich dir doch versprochen, schon vergessen. Du brauchst dringend einen Haarschnitt und vor allem was Neues zum Anziehen!“

 

Das Einkaufen gestaltete sich relativ einfach. Viola nickte zu allem, was Victoria ihr vorschlug. Und so hatte sie im Nu zwei neue, passende Jeans, einige Sweatshirts und T-Shirts. Den Abschluss bildete eine neue, wunderbare, warme Winterjacke und hohe Stiefel.

Viola machte das Einkaufen mit der Zeit immer mehr Spaß. Versteckte sie sich zu Beginn noch hinter jedem Einkaufsständer, wurde sie zunehmend mutiger und begann sogar mit Victoria Späßchen zu treiben. Doch auch Victoria fühlt sich auf einmal wieder wie ein Teenager und genoss diesen Vormittag mit ihrem neuen Schützling.

Doch als sie unmittelbar vor der Kassiererin standen, befiel Viola plötzlich Panik. „Ich ... Ich hab nich` so viel ...!“

Mit diesen Worten kramte sie in ihrer Hosentasche und zog einige ein Dollar Scheine heraus. Sie hatte keinerlei Vorstellung, was das alles kostete, hatte sie doch bisher noch nie eingekauft.

„Ich denke, das reicht nicht ganz!“, lächelte Victoria und holte ihr Portemonnaie heraus. „Ich hoffe, du hast das Geld nicht irgendwo gestohlen?!“

Viola sah sie fragend an. Erst als sie verstand, was die Trainerin meinte, weiteten sich ihre Augen. „NEIN ... Ich ... Ich hab´s bestimmt nicht gestohlen – ich ... Ich hab´s gefunden - unter den Stufen!“

„Gut, will ich dir auch glauben. Aber du sollst wissen: Bei mir gibt´s kein Stehlen!“, betonte Victoria.

 

Als Nächstes fuhren sie zum Friseur. Dies gestaltete sich als ein ebenso harter Kampf, wie am Vorabend in der Badewanne. Der Friseur war sichtlich am Verzweifeln. Nach längerer Diskussion einigten sie sich auf einem für alle akzeptablem Haarschnitt. Violas Haare wurden zwar ein gutes Stück gekürzt, reichten ihr aber immer noch fast bis zur Taille.

 

Danach steuerte Victoria ihren Wagen quer durch die Stadt und hielt direkt vor der Polizeistation. Viola krallte sich mit beiden Händen in den Sitz und blickte Victoria ängstlich an. Sie hatte ihr doch versprochen, nicht zur Polizei zu gehen.

Victoria lächelte ihr aufmunternd zu. „Keine Angst.“, versuchte sie sie zu beruhigen. „Ich weiß, ich hab dir versprochen nicht zur Polizei zu gehen – und ich halte in der Regel auch meine Versprechen ...", grinste Victoria verschmitzt.

Viola schien dadurch nicht im Geringsten ruhiger zu werden, deshalb fuhr Victoria fort: „War nur ein Scherz ...“

„Bringen Sie mich jetzt zur Polizei?“, fragte sie vorsichtig, während sie verstohlen zur Polizeistation hinübersah, so als ob schon allein der Blick ausreichen würde, sie in das Heim zurückzubringen.

Victoria tätschelte ihre Hand. „Nein. Ich muss nur schnell was Fragen. Schließlich möchte ich wissen, ob ich nicht einer Schwerverbrecherin Unterschlupf gegeben habe ...“

Doch als sie Violas vollkommen entsetztes Gesicht sah, fügte sie schnell hinzu: „Das war auch ein Scherz ...“

Ein ganz klein wenig hellte sich die Miene des Mädchens wieder auf.

„Also ich versprech´ dir, dass ich dich NICHT in die Wache schleppe. Und du versprichst mir, dass du hier im Auto sitzen bleibst, bis ich wieder hier bin. Können wir uns darauf einigen?“

Viola sah sie an und nickte leicht. „Ja ...“, hauchte sie nur.

 

„Officer, ich brauche dringend ihre Hilfe!“, sagte Victoria freundlich, als sie schwungvoll die Türe aufstieß.

„Was kann ich denn für Sie tun, Mam`?“

Victoria merkte sofort, dass sie die volle Aufmerksamkeit des Polizisten hatte. Und das war gut so.

„Also, ich hab da ein Problem ...“

„Wir sind dazu hier, um das zu lösen!“, grinste der junge Polizist zurück.

„Entschuldigung, kenne ich Sie nicht. Sie kommen mir bekannt vor...“, meinte er, nachdem er Victoria lange in die Augen gesehen hatte. Ein wenig zu lange, wie Victoria unter normalen Umständen der Meinung gewesen wäre.

„Ich weiß nicht, wir können uns schon einmal über den Weg gelaufen sein, Officer, aber in Bellwitch bin ich erst seit einigen Monaten.“, ging sie ein wenig auf seinen Flirt ein.

Der Polizist überlegte, dann hellte sich seine Miene auf.