Elternarbeit und Französischunterricht - Vera Knoll - E-Book

Elternarbeit und Französischunterricht E-Book

Vera Knoll

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Beschreibung

»Danke, dass Sie auch einmal uns Eltern nach unserer Meinung fragen!« – Die Äußerung eines Pretest-Teilnehmers für die vorliegende Studie bringt das zum Ausdruck, was beim Blick in die bisherige Forschungslage der Didaktik auffällt: Die dritte wichtige Gruppe der Akteure in schulischen Lehr- und Lernprozessen wurde und wird bislang größtenteils nahezu vollständig ausgeklammert: die Eltern. Hier knüpft Vera Knoll an und ergründet diesen blinden Fleck mittels einer quantitativen Untersuchung, mit konkretem Bezug auf den Französischunterricht an bayerischen Gymnasien. Die Ergebnisse der Studie, die sich auf eine Stichprobe von 446 Probanden stützt, geben nicht nur unmittelbare Einblicke in Einstellungen, Haltungen und Handlungsintentionen von Eltern. Sie stellen gleichermaßen einen wichtigen Fortschritt für die romanistische Fremdsprachenforschung sowie die Schulpraxis auf allen Ebenen dar – von der Schulverwaltung und -beratung über die Lehreraus- und Lehrerfortbildung bis hin zur konkreten Gestaltung der Elternarbeit an Schulen. Ein wichtiges Ergebnis der Studie ist, dass der Französischunterricht dann als positiv bewertet wird, wenn Eltern als Partner der Französischlehrkraft in Erscheinung treten. Doch die Mehrheit der befragten Eltern fühlt sich seitens der Schule nicht auch nur im Ansatz in die Lernprozesse integriert. Zudem ermittelte die Studie interessante signifikante Zusammenhänge zwischen einzelnen Aspekten des Französischunterrichts und beispielsweise der Kontaktpraxis zwischen Eltern und Lehrkraft oder der (Nicht-)Beteiligung an Lernprozessen. Als Ausblick legt Knoll ein innovatives Konzept für eine veränderte Elternarbeit vor, in der Eltern unmittelbare Partner im Lernprozess werden.

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Seitenzahl: 578

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ibidem-Verlag, Stuttgart

 

 

 

 

Meine Dissertation, mit der für mich ein Lebenstraum in Erfüllung geht, widme ich meinem größten „Fan“, der dies leider nicht mehr persönlich erleben darf.

 

 

 

Meiner geliebten Oma Anna Fuchs.

„Le meilleur ami de merci est beaucoup.“

(Michel Bouthot, Schriftsteller aus Québec)

 

 

Merci …

 

… meinem Doktorvater, Prof. Dr. Daniel Reimann:

Danke, dass Sie mir ermöglicht haben, meinen Traum zu verwirklichen und diese Arbeit unter Ihrer Betreuung und Leitung zu realisieren.

 

… meinen (Fach-)Kollegen:

Eure reflektierten, kritischen Äußerungen waren mir stets hilfreich.

 

… meiner Familie, meinen Eltern und meinem Bruder, sowie meinen engsten Vertrauten:

Danke für eure uneingeschränkte, liebevolle und vielseitige Unterstützung, ohne die meine Arbeit so nicht möglich gewesen wäre.

 

… jenen, die diesem Projekt stets kritisch gegenüberstanden:

Ihr habt mich dadurch gerade in schwierigen Momenten immer neu motiviert, meine Arbeit weiterzuverfolgen.

 

… beaucoup!

 

Inhaltsverzeichnis

1. Eltern – eine vernachlässigte Größe im Französischunterricht?

1.1 Einordnung der Studie in den Bereich der Fachdidaktik

1.2 Inhaltlicher Aufbau des Forschungsberichts

1.3 Theoretischer Rahmen und Herleitung der Forschungsfrage

2. Überblick über den Forschungsstand

2.1 Verhältnis zwischen Schule und Elternhaus

2.1.1 Grundlegendes

2.1.2 Elternarbeit

2.1.2.1 Elternarbeit im erzieherischen Kontext

2.1.2.2 Elternarbeit im schulischen Kontext

2.1.2.2.1 Überblick

2.1.2.2.2 Elternarbeit als rechtlich gesicherte Partizipation

2.1.2.2.3 Elternarbeit als Beteiligung am Schulleben

2.1.2.2.4 Elternarbeit als Beteiligung durch formalisierte Kontakte

2.1.2.3 Elternarbeit im außerschulischen Kontext

2.1.2.3.1 Überblick

2.1.2.3.2 Elternarbeit als Schaffung von Lernvoraussetzungen

2.1.2.3.3 Elternarbeit als Beteiligung an Hausaufgaben

2.1.2.3.4 Elternarbeit als Finanzierung von Nachhilfe

2.1.2.4 Zusammenfassung

2.1.3 Kontakt Schule – Elternhaus

2.1.3.1 Überblick

2.1.3.2 Gründe zur Kontaktaufnahme

2.1.3.3 Kontakthindernisse

2.1.3.3.1 Kontakthindernisse auf Seiten der Lehrer

2.1.3.3.2 Kontakthindernisse auf Seiten der Eltern

2.1.3.4 Zusammenfassung

2.1.4 Forderungen für eine Elternarbeit als Partnerschaft

2.1.4.1 Grundlegendes

2.1.4.2 Veränderte Kommunikation

2.1.4.3 Informationsfluss/-austausch

2.1.4.4 Öffnung der Schule

2.1.4.5 Schüler als Zentrum von Elternarbeit

2.1.4.6 Veränderte Lehrerausbildung

2.1.4.7 Planung

2.1.4.8 Zusammenfassung

2.2 Französisch als (Schul-)Fremdsprache

2.2.1 Lernziele des Französischunterrichts und GeR

2.2.2 Komplexität des Fremdsprachen-/Französischunterrichts

2.2.3 Stellenwert des Französischen und Situation des schulischen Französischunterrichts

2.2.4 Zusammenfassung

2.3 Forschungslücke – Desiderat

3. Forschungsfrage

3.1 Fragestellungen

3.2 Hypothesen

4. Methode

4.1 Grundlegendes

4.2 Befragungsdurchführung und Erhebungsmethode

4.2.1 Onlinebefragung

4.2.2 Population, Aufbau des Erhebungsinstruments und Rücklauf

4.3 Pretest

4.3.1 Design des Pretests

4.3.2 Rücklauf und Modifikation des Erhebungsinstruments

4.4 Beschreibung der Stichprobe

4.5 Operationalisierung der einzelnen Fragebogenitems

4.5.1 Familiärer Hintergrund (Erster Fragebogenteil)

4.5.2 Die französische Sprache und der Französischunterricht (Zweiter Fragebogenteil)

4.5.2.1 Gründe für die Wahl des Französischen

4.5.2.2 Charakterisierung des Französischunterrichts

4.5.2.3 Hinweise zum Lernen aus dem schulischen Kontext

4.5.2.4 Kontakt zur Französischlehrkraft

4.5.3 Häusliche Lernsituation (Dritter Fragebogenteil)

4.5.3.1 Lernpartner

4.5.3.2 Häufigkeit und Zeitpunkt des Lernens

4.5.3.3 Arten der Unterstützung

4.5.4 Fehlende häusliche Unterstützung (Vierter Fragebogenteil)

4.5.4.1 Gründe für die Enthaltung aus Französischlernprozessen

4.5.4.2 Wünsche der Eltern für eine stärkere Beteiligung an Lernprozessen

4.6 Überblick über verwendete statistische Verfahren

4.6.1 Grundlegendes

4.6.2 Univariate Verfahren: Häufigkeitsverteilungen

4.6.3 Bivariate Verfahren

4.6.4 Multivariate Verfahren

5. Ergebnisse

5.1 Grundlegendes

5.2 Hauptkomponentenanalysen

5.2.1 Charakterisierung des Französischunterrichts

5.2.2 Kontakt zur Französischlehrkraft

5.2.3 Gründe für die Enthaltung aus Französischlernprozessen

5.3 Häufigkeitsverteilungen

5.3.1 Profil der Französischeltern

5.3.2 Profil des Französischunterrichts

5.3.2.1 Gründe für die Wahl des Französischen

5.3.2.2 Charakterisierung des Französischunterrichts

5.3.2.3 Hinweise zum Lernen aus dem schulischen Kontext

5.3.2.4 Kontakt zur Französischlehrkraft

5.3.3 Gestaltung des häuslichen Lernens

5.3.3.1 Lernpartner

5.3.3.2 Zeitpunkt und Häufigkeit

5.3.3.3 Art der Unterstützung

5.3.4 Fehlende häusliche Lernbeteiligung

5.3.4.1 Gründe für die Enthaltung aus Französischlernprozessen

5.3.4.2 Wünsche für eine stärkere Beteiligung an den Französischlernprozessen

5.4 Ergebnisse der Hypothesenprüfung

5.4.1 Hypothesen zur ersten Forschungsfrage

5.4.1.1 Hypothese 1

5.4.1.2 Hypothese 2

5.4.2 Hypothesen zur zweiten Forschungsfrage

5.4.2.1 Hypothese 3

5.4.2.2 Hypothese 4

5.4.2.3 Hypothese 5

5.4.2.4 Hypothese 6

5.4.2.5 Hypothese 7

5.4.2.6 Hypothese 8

5.4.2.7 Hypothese 9

5.4.3 Hypothesen zur dritten Forschungsfrage

5.4.3.1 Hypothese 10

5.4.3.2 Hypothese 11

5.4.3.3 Hypothese 12

6. Interpretation der Befunde

6.1 Grundlegendes

6.2 Indizes aus den PCAs

6.2.1 Charakterisierung des Französischunterrichts

6.2.2 Kontakt zur Französischlehrkraft

6.2.3 Gründe für die Nichtbeteiligung am Französischlernen

6.3 Komponenten der Elternarbeit zum Französischunterricht

6.3.1 Eltern

6.3.2 Französischunterricht

6.3.2.1 Gründe für die Wahl des Französischen

6.3.2.2 Charakterisierung des Französischunterrichts

6.3.2.3 Hinweise zum Lernen aus dem schulischen Kontext

6.3.2.4 Kontakt zur Französischlehrkraft

6.3.3 Gestaltung des häuslichen Lernens

6.3.3.1 Lernpartner

6.3.3.2 Zeitpunkt und Häufigkeit

6.3.3.3 Art der Unterstützung

6.3.4 Fehlende häusliche Lernbeteiligung

6.3.4.1 Gründe für die Enthaltung aus Französischlernprozessen

6.3.4.2 Wünsche für eine stärkere Beteiligung an den Französischlernprozessen

6.4 Beantwortung der Forschungsfragen

6.4.1 Forschungsfrage 1

6.4.2 Forschungsfrage 2

6.4.3 Forschungsfrage 3

7. Schlussfolgerungen

7.1 Zusammenfassung

7.2 Anknüpfungspunkte für weitere Forschungen

7.3 Reflexion der Forschungsmethode

7.3.1 Erhebungsinstrument

7.3.2 Statistische Verfahren

7.4 Vorschläge für die Praxis

8. Bibliographie

9. Anhang

9.1 Anschreiben bzw. Eröffnungsschreiben auf der Homepage

9.2 Fragebogen

9.3 Codeplan

9.4 Anschreiben an die Pretest-Teilnehmer

9.5 Evaluationsblatt (Teil des Pretests)

9.6 Ladungen der Items auf die Faktoren zur Charakterisierung des Französischunterrichts

9.6.1 Ladungen aller Items auf die zwei Faktoren (inklusive des Items 10)

9.6.2 Scree-Test für „Charakterisierung des Französischunterrichts“ ohne das Item 10

9.7 Ladungen der Items des Kontakts zur Französischlehrkraft auf die ursprünglichen vier Dimensionen

9.8 Ladungen der Items der Gründe für die Nichtbeteiligung am Lernen auf die drei Dimensionen

9.9 Hypothese 1: Tabellen – Häufigkeiten (absolut: N; prozentual: %) für die Gründe der Wahl des Französischen in Abhängigkeit von den Französischkenntnissen der Eltern

9.9.1 Motiv: Sprachbegabung des Kindes

9.9.2 Motiv: Bedeutung des Französischen für den späteren Beruf

9.9.3 Motiv: Französisch ist wichtig, weil Frankreich Nachbarland ist

9.9.4 Motiv: Abbau von Vorurteilen durch Fremdsprachen

9.9.5 Motiv: Urlaub in frankophonen Ländern

9.9.6 Motiv: Sprachästhetik

9.9.7 Motiv: Keine andere Wahlmöglichkeit

9.9.8 Motiv: Eigene Sprachkenntnisse der Eltern

9.9.9 Motiv: Kind hat sich selbst dazu entschieden

9.10 Hypothese 2: Histogramme, P-P-Plots der standardisierten Residuen, Streudiagramm der standardisierten vorhergesagten Werte gegen die standardisierten Residuen, partielle Regressionsdiagramme

9.11 Hypothese 7: Histogramme, P-P-Plots der standardisierten Residuen, Streudiagramm der standardisierten vorhergesagten Werte gegen die standardisierten Residuen, partielle Regressionsdiagramme

9.12 Hypothese 10: Histogramme, P-P-Plots der standardisierten Residuen, Streudiagramm der standardisierten vorhergesagten Werte gegen die standardisierten Residuen, partielle Regressionsdiagramme

9.13 Hypothese 11: Histogramme, P-P-Plots der standardisierten Residuen, Streudiagramm der standardisierten vorhergesagten Werte gegen die standardisierten Residuen, partielle Regressionsdiagramme

Reihe

Impressum

1. Eltern – eine vernachlässigte Größe im Französischunterricht?

1.1 Einordnung der Studie in den Bereich der Fachdidaktik

Die vorliegende Studie ordnet sich in den Teilbereich der Fachdidaktik ein, dabei liegt ihr ein weit gefasster Unterrichtsbegriff1 zugrunde.

Zwar stellt Köck den Lehrer in den Fokus der Aufmerksamkeit in seiner Definition der Wissenschaftsdisziplin der Didaktik als „UntSerrichtstheorie“, welche „mit ihrer Forschung und mit ihren Handlungsanweisungen auf die Optimierung des unterrichtsbezogenen Handelns des Lehrers ausgerichtet“ (Köck/Ott 2002, 135) ist und sich u.a. verpflichtet, „hartnäckig auf unterdrückte oder vernachlässigte Unterrichtsbedingungen hinzuweisen und Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten“ (Köck/Ott 2002, 136). Auch Fäcke beschreibt die Fachdidaktik als

„eine wissenschaftliche Disziplin, die Inhalte, Begründungen und Zielsetzungen fachbezogenen Lehrens und Lernens sowie methodische Umsetzungen zum Gegenstand hat und analysiert. Sie befasst sich mit Lehr-/Lernsituationen in schulischen und anderen institutionellen Zusammenhängen“ (Fäcke 2010, 2).

Doch Leupold distanziert sich davon und verweist auf die notwendige Erweiterung des (Forschungs-)Feldes der Didaktik, denn „Lehren und Lernen bezieht mehr Akteure als nur die Lehrer und die Schüler ein und reicht über die Grenzen des Klassenzimmers (…) hinaus“ (Leupold 2010, 99).

Entsprechend dieses erweiterten Forschungsfeldes der Didaktik beschreibt Leupold in seinem Buch Französisch unterrichten – im Zuge einer allgemeinen, fächerübergreifenden Definition der Fachdidaktik – die Intension sämtlicher Forschungen in der Fremdsprachendidaktik:

„[F]remdsprachendidaktische Forschung verfolgt nicht das Ziel, Unterrichtsrezepte zu entwickeln, sondern sie intendiert, über die Anwendung wissenschaftlicher Methoden Einblicke in Zusammenhänge des Lehr- und Lernvorgangs zu bekommen, aus denen sich unter bestimmten Bedingungen Folgerungen für die Unterrichtspraxis ableiten lassen“ (Leupold 2007b, 43).

Er weist zudem in seinem Buch Französisch unterrichten darauf hin, dass sich didaktische Forschungen oftmals nur Teilbereichsdidaktiken widmen, „dass didaktische Ausführungen eingegrenzt auf Teilbereiche innerhalb des Faches gemacht werden“ (Leupold 2007b, 42), was den umgrenzten Bereich einerseits überschaubar macht, andererseits die Interdependenzen mit angrenzenden Unterrichtsbereichen außen vor lässt (cf. Leupold 2007b, 42). Daher liegt der vorliegenden Arbeit das Bewusstsein zugrunde, dass nur ein kleiner Teilbereich des komplexen Gebildes der Elternarbeit zum Französischunterricht Betrachtung findet und somit nicht der Anspruch auf Vollständigkeit erhoben werden kann.

1.2 Inhaltlicher Aufbau des Forschungsberichts

Die Struktur der vorliegenden Arbeit orientiert sich u.a. an der von Raithel in seinem Praxislehrbuch Quantitative Forschung. Ein Praxiskurs vorgeschlagene Gliederung für sozialwissenschaftliche Forschungsarbeiten sowie an dem von Albert und Marx vorgeschlagenen Aufbau von Forschungsberichten (cf. Raithel 2008, 187sq.; cf. Albert/Marx 2014, 167sq.). Letztere weisen darauf hin, dass ein Forschungsbericht mit einer Einleitung und der Beschreibung des theoretischen Rahmens beginnt; „in längeren [Arbeiten] werden hierfür zwei oder mehr Kapitel verwendet“ (Albert/Marx 2014, 168). Somit erfolgt in diesem ersten Kapitel nicht nur die Beschreibung der Themenmotivation und Hinführung zur Thematik der Studie, sondern es soll ebenfalls auf deren inhaltlichen Aufbau eingegangen werden.

Albert und Marx erklären zur Bedeutung des ersten Teils eines Forschungsberichts, dass „in diesem Teil die relevante schon unternommene Forschung zum Thema behandelt [wird], was den Zweck hat, die eigene Studie in den breiteren Forschungskontext einzubetten“ (Albert/Marx 2014, 168). Die im Hinblick auf die Art der Studie umfassende thematische Literaturgrundlage wird im vorliegenden Forschungsbericht im 2.Kapitel thematisiert.

Aufgrund fehlender fachspezifischer Untersuchungen zur Elternarbeit im Französischunterricht werden beide Aspekte getrennt aufgeführt. Zunächst werden unterschiedliche Aspekte des Verhältnisses von Elternhaus und Schule beschrieben (Kapitel 2.1). Nach einer allgemeinen Einführung (Kapitel 2.1.1) erfolgt die Beschreibung unterschiedlicher Definitionen von Elternarbeit (Kapitel 2.1.2), unterteilt nach der Elternarbeit im erzieherischen (Kapitel 2.1.2.1), schulischen (Kapitel 2.1.2.2) sowie außerschulischen (Kapitel 2.1.2.3) Kontext.

Daran schließt sich die Betrachtung des Kontaktverhältnisses zwischen Schule und Elternhaus an (Kapitel 2.1.3), wobei hier die Anlässe der Kontaktaufnahme (Kapitel 2.1.3.2) sowie die Kontaktbarrieren auf beiden Seiten (Kapitel 2.1.3.3) im Fokus der Aufmerksamkeit stehen.

Bevor ein Blick auf die spezifische Situation des Schulfachs Französisch am Gymnasium und die Besonderheit des Fremdsprachenunterrichts generell erfolgt (Kapitel 2.2), werden verschiedene Anforderungen an Elternarbeit im Sinne einer Partnerschaft von Schule und Elternhaus – angelehnt an unterschiedliche Publikationen zu Elternarbeit – dargestellt (Kapitel 2.1.4). Den Abschluss des Kapitels bildet die Beschreibung der Forschungslücke bzw. des Forschungsdesiderats (Kapitel 2.3). Somit folgt die Literaturbesprechung dem von Albert und Marx vorgeschlagenen Prinzip der Progression von einem generellen Überblick bis hin zu einem eng umgrenzten, überschaubaren Forschungsbereich (cf. Albert/Marx 2014, 168).

Im 3.Kapitel erfolgt zunächst die Beschreibung der Forschungsfrage – mit den drei daraus abgeleiteten Teilfragestellungen –, welche für die Untersuchung zum Thema Elternarbeit und Französischunterricht leitend war und eine Antwort geben soll auf die Frage nach der elterlichen Beteiligung an den Französischlernprozessen ihrer Kinder (Kapitel 3.1). Im Anschluss daran werden die zwölf Hypothesen vorgestellt, anhand derer Zusammenhänge und Unterschiede zwischen unterschiedlichen Aspekten der Angaben der Eltern zum Französischunterricht, zum Kontakt mit der Lehrkraft sowie der außerschulischen Lernbeteiligung geprüft werden (Kapitel 3.2).

Das 4.Kapitel befasst sich mit sämtlichen methodischen Aspekten der vorliegenden Studie. Angelehnt an den Gliederungsvorschlag von Albert und Marx enthält dieses Kapitel „Informationen zu den Versuchsteilnehmenden, den Variablen, dem Untersuchungsmaterial und dem Design“ (Albert/Marx 2014, 169). Diese Bestandteile finden sich im Forschungsbericht an folgenden Stellen wieder: die Art der Befragungsdurchführung und der Erhebungsmethode in Kapitel 4.2, der Überblick über den Pretest in Kapitel 4.3, die Beschreibung der Stichprobe der Erhebung in Kapitel 4.4. Die Darstellung der Operationalisierung2 der einzelnen Fragebogenitems – die Items wurden gebildet auf der Grundlage sowohl der Forschungsliteratur als auch der eigenen Erfahrung der Verfasserin als Gymnasiallehrkraft – erfolgt in Kapitel 4.5. Den Abschluss des Kapitels bildet ein Überblick über die statistischen Verfahren, die im Zuge der Prüfung der Hypothesen zur Anwendung kamen (Kapitel 4.6).

Die Ergebnisse der Auswertungen der Erhebung für vorliegende Studie sind in Kapitel 5 aufgeführt. Nach einer kurzen Darstellung des Aufbaus des Kapitels (Kapitel 5.1) folgt zunächst die Beschreibung der Hauptkomponentenanalysen (Kapitel 5.2). Diese sind zwar zu den – statistisch am komplexesten – multivariaten Verfahren zu zählen, aber für die weiteren Berechnungen grundlegend und deswegen in der Abfolge der Kapitel vorangestellt. Im Anschluss daran werden die univariaten Häufigkeitsverteilungen (Kapitel 5.3) sowie die Ergebnisse der Hypothesenprüfungen beschrieben, welche sowohl mit bi- als auch multivariaten Daten bzw. Verfahren arbeiten (Kapitel 5.4). Wichtig ist, dass in diesem Kapitel noch keine interpretatorische Auslegung der Ergebnisse erfolgt (cf. Albert/Marx 2014, 170).

Im 6.Kapitel erfolgt die Interpretation der Ergebnisse, zunächst die Beschreibung der mittels der Hauptkomponentenanalysen ermittelten Dimensionen (Kapitel 6.2), im Anschluss daran die Komponenten der Elternarbeit zum Französischunterricht (Kapitel 6.3). Den Abschluss des Kapitels bildet die Beantwortung der drei aus der übergeordneten Forschungsfrage abgeleiteten Teilfragen (Kapitel 6.4).

Im 7.Kapitel erfolgen neben einer Zusammenfassung der wichtigsten Resultate, darin eingeschlossen die Beantwortung der zentralen Fragestellung der Studie, (Kapitel 7.1) und der Betrachtung einiger Anknüpfungspunkte für Nachfolgestudien (Kapitel 7.2) eine kurze Reflexion der eingesetzten Forschungsmethode (Kapitel 7.3) sowie Vorschläge zur Praxis der Elternarbeit (Kapitel 7.4).

Nach der Bibliographie (Kapitel 8) bildet der Anhang (Kapitel 9) den letzten Teil des Forschungsberichts.

1.3 Theoretischer Rahmen und Herleitung der Forschungsfrage

„Lehrer müssen alles können“ (Brenner 2009, 99), resümiert Brenner in seinem Buch Wie Schule funktioniert prägnant die Anforderungen an Lehrkräfte und liefert eine knappe Beschreibung der unterschiedlichen Handlungsfelder von Lehrern3. Die Ausweitung der Tätigkeiten, die Lehrkräfte zu ihren Aufgaben zählen (müssen), resultiert – laut Brenner – darin: „entsprechend ist das Berufsbild des Lehrers immer unschärfer geworden“ (Brenner 2009, 89). Dies zieht zwei Konsequenzen nach sich:

a) „Weder die Ausbildung der Lehrer noch die Weiterbildung noch die Schulaufsicht noch das Arbeitsfeld Schule haben sich auf diese rasante Neubestimmung des Anforderungsprofils eingestellt“ (Brenner 2009, 89; cf. Brenner 2009, 99sq.).

Das bedeutet, dass die Lehrer von Grund auf keine Chance haben, mit der steten Erweiterung ihrer Aufgabenfelder Schritt zu halten. Als zweite Folge kommt es zu folgender Erscheinung:

b) „Gegenüber der Fülle der neuen Aufgaben von Lehrern tritt das zurück, was einmal den Kern von Schule ausgemacht hat: der Unterricht“ (Brenner 2009, 100).

Resümierend lässt sich somit festhalten: Lehrer sehen sich mit immer neuen, zusätzlichen Aufgaben(-bereichen) konfrontiert, auf die sie nicht oder nur kaum vorbereitet werden und das eigentliche Lehren und Unterrichten rückt immer weiter in den Hintergrund. Die einzige Orientierungshilfe, die Lehrkräften zur Verfügung steht, um Lehr-Lern-Prozesse zu organisieren und zu strukturieren, ist das didaktische Dreieck. Mit Hilfe dieses Modells werden – vereinfacht – die drei Komponenten bzw. Gestaltungsfaktoren jeglicher Unterrichtssituationen grafisch dargestellt: Lehrer – Schüler – Stoff zusammensetzt.

Abb. 1: Didaktisches Dreieck (Winter 2007, 11)

 

Wie bereits erwähnt, sollten Lehrer alles können (cf. Brenner 2009, 99), so auch mit Eltern umgehen. Diese weitere Komponente bzw. die Eltern als Akteure innerhalb des Schulalltags fällt ebenfalls in den Zuständigkeitsbereich von Lehrkräften, tritt aber – Brenner zufolge – quasi ausschließlich anlässlich von schulischen Festen oder Veranstaltungen in Erscheinung. Auf der einen Seite spricht sich Brenner zwar deutlich gegen eine zu intensiv betriebene „Feier-Kultur“ im Rahmen der Schule aus, die das Feiern zu sehr in den Vordergrund rückt (cf. Brenner 2009, 159). Er sieht aber, auf der anderen Seite, hierin auch das außerordentliche Potenzial dieser Anlässe, besonders der Feierlichkeiten anlässlich der Aufnahme- und Verabschiedungsrituale:

„Sie sind fast die einzigen Gelegenheiten, bei denen das schulische Verhältnis als ein soziales Dreiecksverhältnis sichtbar wird: Lehrer, Schüler und Eltern werden sichtbar als die sozialen Trägergruppen von ‚Schule‘“ (Brenner 2009, 159).

Dieses punktuell sichtbare Gefüge aus den drei Akteuren innerhalb des Schulalltags lässt sich – in Anlehnung an das oben erwähnte didaktische Dreieck – folgendermaßen grafisch darstellen:

 

Abb. 2: Schematische Darstellung der drei Akteure innerhalb des Schulalltags

 

Zu unterschiedlichen Zeitpunkten der bisherigen Unterrichts- und schulbezogenen Forschung wurde in Publikationen auf die Komponente Eltern im Kontext von Schule und Unterricht verwiesen.

 

Manzmann gibt bereits zu Anfang der 1980er Jahre in ihrer Einführung zur Geschichte der Unterrichtsfächer zu bedenken, dass man üblicherweise „nur das Lehrer-Schüler-Verhältnis“ im Kontext der an Unterricht beteiligten Personen fokussiert und untersucht. Sie erachtet allerdings diesen „Bezug als zu eng gefaßt (sic), um die Wirkungsfaktoren fächerspezifischer Interaktion einzuschätzen. Mindestens genauso wichtig sind Eltern“ (Manzmann 1983a, 8). Auch Brenner hebt in seinem Buch Wie Schule funktioniert den Stellenwert von Eltern hervor. Besonders häufig wird in vielen Studien der „für die Entwicklung schulischer Leistung [hohe] Stellenwert elterlicher Überzeugungen, Erwartungen, Erziehungsstile und Lernhilfen“ (Biel 2007, 39sq.) ermittelt bzw. die leistungsförderliche Wirkung des elterlichen Hausaufgabenengagements (cf. Ulich 1989, 206; cf. Hoover-Dempsey/Sandler 1995, 314; cf. Busch/Scholz 2002, 262; cf. Ziegenspeck 1978, 142sq.) im schulischen Kontext:

„Eltern sind ein erheblicher Wirkungsfaktor im schulischen Geschehen; sie sind mitverantwortlich für Gelingen oder Misslingen von Schullaufbahnen“ (Brenner 2009, 157).

Ernüchternd ist auch der Blick in die Inhaltsverzeichnisse verschiedener fachdidaktischer sowie auf den (Fach-)Unterricht bezogener Veröffentlichungen: Eltern als Komponente des und Akteure im Schulalltag werden hier größtenteils vernachlässigt und das Thema Elternarbeit wird nur äußerst rudimentär behandelt. Somit erstaunt nicht, was Brenner hinsichtlich des Status der Eltern innerhalb des Systems Schule einnehmen: Sie führen

„als Gegenstand der wissenschaftlichen wie der bildungspolitischen Diskussion ein Schattendasein (…). Wenn sie wahrgenommen werden, dann nicht als Teil der Schule, sondern als ihr Widerpart“ (Brenner 2009, 158).

So wenig Eltern in fachspezifischen Veröffentlichungen als Komponente des Schulalltags enthalten sind, so viel Aufmerksamkeit wird Lehrern im Gegenzug in der Diskussion um Elternarbeit geschenkt und zahlreiche Materialien bereichern den Markt, welche Lehrern die Aufnahme und bestmögliche Gestaltung des Kontakts zu Eltern anlässlich schulinstitutioneller Veranstaltungen – Elternabend4, Elternsprechtag oder -sprechstunde – sowie deren Einbezug in das Schulleben zu vermitteln suchen. Doch der Standpunkt der Betroffenen, der Eltern, zur Elternarbeit findet nur selten Beachtung. Zudem werden Eltern seit der PISA-Studie als Einflussfaktor auf das schulische Geschehen ausgeklammert und durch den Terminus „‚soziale Herkunft‘ ersetzt“ (Brenner 2009, 157).

Dass das Elternhaus einen bedeutenden Einflussfaktor im alltäglichen Schulgeschehen darstellt und sich zu einem Großteil v.a. auf die Leistungen und Verhaltensdispositionen, und als Rückwirkung somit auch auf den Unterricht auswirkt, beweisen die breit angelegten Studien der letzten Jahre,u.a. PISA sowie die JAKO-O-Bildungsstudien, sodass die Eltern und insbesondere die Elternarbeit nähere Betrachtung verdienen.

Im Bericht des Deutschen PISA-Konsortiums gehen die Autoren insbesondere auf den Zusammenhang zwischen der sozialen Herkunft und der Bildungsbeteiligung ein und erläutern u.a. den Einfluss der Familie auf die Schulleistungen und Ungleichheiten im Schulsystem (Deutsches PISA-Konsortium 2002, 351).

Die 1.JAKO-O-Bildungsstudie aus dem Jahr 2010 mit dem Titel Der Blick der Eltern auf das deutsche Schulsystem hat sowohl die Beurteilung der Bildungspolitik durch die Eltern als auch die Einschätzung der Schul- und Unterrichtsqualität, die Bildungsgerechtigkeit innerhalb Deutschlands als auch die vielfältigen Anforderungen an Eltern zum Thema.

Im Zuge der 2.JAKO-O-Bildungsstudie im Jahr 2012 mit dem Titel Eltern ziehen Bilanz wurden u.a. die Chancenungleichheiten des Bildungssystems in Deutschland oder die Zusammenarbeit zwischen Elternhaus und Schule näher betrachtet, die elterliche Zufriedenheit mit der Schule eruiert und die Arbeit der Lehrer aus Sicht der Eltern beurteilt.

Die 3.JAKO-O-Bildungsstudie aus dem Jahr 2014 trägt den Titel Eltern zwischen Erwartungen, Kritik und Engagement und fokussiert, neben Bildungspolitik – und im Zuge derer insbesondere die Bildungsgerechtigkeit –, die veränderten Familienformen und aktuell brisante Themen wie Inklusion oder den Vergleich von öffentlichen Schulen und Privatschulen, die Elternbeteiligung, u.a. im Hinblick auf das Lernen des eigenen Kindes. Auf die einzelnen Befunde der jeweiligen Studien, sofern relevant für vorliegende Studie, wird in den einzelnen Kapiteln verwiesen.

Fäcke bietet in ihrer Fachdidaktik Französisch ein Modell aller Einflussfaktoren an, die im Schulalltag zusammen- und ineinanderwirken (cf. Fäcke 2010, 6) und nennt es „Faktorenkomplexion im Französischunterricht“ (Fäcke 2010, 6), doch auch hier fehlt der Faktor Eltern. Für den gymnasialen Französischunterricht, der in der vorliegenden Studie näher beleuchtet wird, treffen somit zwei negative Einflüsse aufeinander: die „Vertreibung der Eltern aus der Schule“ (Brenner 2009, 238) sowie die Tatsache, dass die Lernerzahlen des Französisch zurückgehen bzw. auf einem – im Vergleich zum Englischen – niedrigen Niveau konstant bleiben.

Insgesamt wird deutlich, dass Eltern nur eine marginale Position im schulischen Alltag einnehmen und somit tatsächlich eine vernachlässigte Größe im Kontext von Schule und damit auch von (Fremdsprachen-)Unterricht sind.

Vor diesem grob skizzierten Hintergrund sollen in vorliegender Untersuchung die Eltern in den Fokus der Aufmerksamkeit gestellt werden und v.a. ihre Beteiligung am gymnasialen Französischunterricht. Dabei erstreckt sich die eigentliche Arbeit der Eltern insbesondere auf den außerschulischen5 Bereich, denn bereits Dietrichs konstatiert: Eltern stellen die Gruppe „unter der erwachsenen Bevölkerung dar, die am intensivsten außerschulisch mit der Schule konfrontiert ist“ (Dietrichs 1989, 43).

Wie Fäcke festhält, sind im Zuge der Didaktik der modernen Fremdsprachen sprachunabhängige Themen und Aspekte von Bedeutung (cf. Fäcke 2010, 2), es gibt allerdings auch „sprachenspezifische Unterschiede“ (Fäcke 2010, 3), insbesondere „die Stellung und Bedeutung des jeweiligen Fachs in der Schule, die Sprachenfolge“ (Fäcke 2010, 3) etc.

Die Ausführungen zur Elternarbeit in vorliegendem Forschungsbericht sind zwar meist generalisierbar und auf viele schulische und unterrichtliche Kontexte übertragbar, doch thematisiert die vorliegende Studie konkret Französisch bzw. den Französischunterricht an bayerischen Gymnasien, wofür u.a. folgende Aspekte ausschlaggebend sind.

„Französisch ist in Deutschland immer noch unbestritten die Fremdsprache, die an den allgemeinbildenden Schulen nach Englisch von den meisten Schülern gelernt wird“ (Leupold 2007a, 7), schreibt Leupold im Vorwort seines Buches Französischunterricht als Lernort für Sprache und Kultur. Der hohe Stellenwert des Französischen wird auch dadurch zum Ausdruck gebracht, dass „Französisch die einzige Schulsprache ist, zu deren bestmöglicher Förderung die Bundesrepublik juristisch verpflichtet ist (Deutsch-französischer Vertrag vom 22.1.1963)“ (Raabe 1995, 371). Doch obwohl sich Deutschland mit Unterzeichnung des Élysée-Vertrags 1963 dazu verpflichtet hat, die französische Sprache in den Schulen zu fördern, berichten Erziehungswissenschaftler, Didaktiker sowie Sprach-und Kulturwissenschaftler von einem Rückgang der Französischlernerzahlen.

Das „traditionelle Prestige [des Französischen als] (…) Bildungs- und Kultursprache“ (Reinfried 2008, 151) spielt offensichtlich kaum mehr eine Rolle im Bewusstsein der (potenziellen) Französischlerner, und das Französische leidet, Große zufolge, unter einer „mittlerweile geradezu erdrückenden Vormachtstellung des Englischen“ (Große 2008, 334).

Nicht nur bei Schülern zeigt sich im Hinblick auf das Französische dessen angebliches „Image als schwierige Sprache“ (Nieweler 2006, 10; cf. Reinfried 2008, 150), auch verfügen nicht alle Eltern über (so elaborierte) Französischkenntnisse, dass sie ihren Kindern behilflich sein könnten im Zuge der Lernprozesse, was z.B. im Englischen vergleichsweise gut möglich ist. Das Französische als (Schul-) Fremdsprache leidet – auch aufgrund der großen Bedeutung des Englischen im Alltag – unter einer Popularitätsproblematik:

„Im Verhältnis zum Englischen ist das Französische (…) dadurch benachteiligt, daß (sic) es im Bereich von Popmusik, Computertechnik und Internet meist nur eine geringe Rolle für deutsche Jugendliche spielt“ (Reinfried 2008, 150).

Vor dem Hintergrund der marginalen Position der Eltern im Schul- (und Unterrichts-)Alltag, aufgrund des diffizilen Status des Französischen als Schulsprache sowie angesichts der allgemeinen Zielvorstellung von Elternarbeit, einer Partnerschaft6 von Schule und Elternhaus bzw. Lehrern und Eltern (cf. Hülshoff 1979, 26), wird die für die vorliegende Studie leitende These generiert, dass Elternarbeit den Französischunterricht stärken kann bzw. dazu beitragen kann, Französisch und den Französischunterricht (wieder) attraktiv zu machen.

An vielen Stellen der Forschungsliteratur zum Thema Elternarbeit wird eine „vertrauensvolle Zusammenarbeit von Eltern und Lehrkräften“ (Brenner 2009, 238) als „Grundlage für eine gute Zusammenarbeit“ (Neuenschwander 2005, 187) gefordert. Etwas später beschreibt Altuntaş das Beziehungsgefüge der Akteure im schulischen Kontext als „Dreieck Lehrkraft – Eltern – Kind“ (Altuntaş 2011, 29). Auf der Grundlage des o.g. Dreiecks der Akteure im Schulalltag werden die Eltern somit zur Bedingung für eine Stärkung des gymnasialen Französischunterrichts deklariert, wie der nachfolgenden Darstellung zu entnehmen ist. Jene ist eine Kombination aus den beiden bereits erwähnten Dreiecksmodellen und eine Erweiterung des didaktischen Dreiecks (siehe oben).

 

 

 

Die Untersuchungen zur Elternarbeit – wie die Quellenlage beweist – haben seit Jahren nur wenig Weiterentwicklung hinsichtlich der Partnerschaft von Elternhaus und Schule herbeigeführt. Dabei beschäftigt sich die Forschung verstärkt mit dem Primarschulwesen, nicht aber mit den weiterführenden Schulen und, im Zuge dessen, mit (schul-)pädagogischen, erziehungswissenschaftlichen oder psychologischen Studien, aber kaum mit fachspezifischen Untersuchungen. Vor diesem Hintergrund wurde die vorliegende Studie initiiert. Ihr Thema gründet sich, neben der Absicht, Eltern als Akteure im Zuge des Französischunterrichts konkret wahrzunehmen, vornehmlich auf Erfahrungen der Verfasserin als Lehrkraft an Gymnasien.

Zum einen wurde es aus der Ausbildungsphase der Verfasserin geboren, in der die Begegnung mit dem Thema „Elternarbeit“ im Zuge des Lehramtsstudiums höchst sporadisch erfolgte. Elternarbeit wurde im Rahmen des fachdidaktischen Teils des Französischstudiums in ein bis zwei Sitzungen als Kommunikation mit den Eltern7 charakterisiert, und dabei insbesondere die Gestaltung von Elternabenden und problemzentrierten Gesprächen besprochen. Mehr Informationen schienen für die spätere Berufspraxis und die zu betreibende Elternarbeit nicht erforderlich. Die Fachdidaktik trat somit nicht als dritte Säule der Lehrerausbildung8 (cf. Leupold 2007a, 17), sondern als Teilbereich des fachwissenschaftlichen Studiums in Erscheinung. Hierin bestätigte sich die Feststellung Leupolds, dass die Fachdidaktik an Bedeutung verliert (cf. Leupold 2007a, 19).

Zum anderen ernüchterte die bisherige unterrichtliche Praxis der Verfasserin dahingehend, dass die Kontakte mit Eltern zu den wenigen (überhaupt möglichen) Anlässen zwar als äußerst positiv und aufschlussreich empfunden wurden, sich dabei jedoch stets das Gefühl auftat, zu wenig Zeit für einen profunderen Austausch mit den Schülereltern gehabt zu haben. Umgekehrt ist es für Lehrkräfte nicht abzuschätzen, inwiefern Eltern diese (wenigen) Kontakte als positiv oder hilfreich wahrnehmen oder möglicherweise das Bedürfnis nach intensiveren Kontakten empfinden. Die begrenzten Elternkontakte hinterließen beständig Zweifel, ob der so gestaltete Kontakt zu den Eltern dem Terminus „Elternarbeit“ gerecht wird: man lernt viele Schülereltern ausschließlich punktuell und anlässlich negativ konnotierter Situationen kennen. Ein Kontakt, der über problembasierte Kommunikation hinausgeht, kommt zudem nur mit einer äußerst geringen Anzahl an Eltern zustande, obwohl das Verhältnis zwischen Elternhaus und Schule in Deutschland, in Form entsprechender gesetzlicher Bestimmungen, „Verfassungsrang“ (Busch/Scholz 2002, 264) hat.

Abgesehen von dem persönlichen Wunsch nach Kontakt zum Elternhaus sowie von dem problematischen Status der Fachdidaktik in der Lehrerausbildung, schien eine Erhebung zur Elternarbeit im Zuge des Französischunterrichts darüber hinaus zusätzlich interessant vor dem Hintergrund eines Befundes von Wild aus ihrer Lehrer-Befragung an Gymnasien zur Einbeziehung des Elternhauses durch Lehrer. Darin wurde ermittelt, dass sich „vor allem Lehrer, die Deutsch oder Fremdsprachen unterrichten, durch ein positiveres Elternbild und eine intensivere Elternarbeit auszeichneten“ (Wild 2003, 530), was möglicherweise dem „alltagsweltliche[n] Bezug der Unterrichtsinhalte“ (Wild 2003, 530) zu verdanken ist.

1 Der vorliegenden Arbeit liegt eine weite Begriffsdefinition von „Unterricht“ zugrunde, welche den häuslichen Teil, die Hausaufgaben, als Teil des schulischen Unterrichts enthält. Diese basiert auf zwei Quellen. Zum einen bezeichnet Pakulla in der Gliederung seines Buches Hausaufgaben jene als „Glied des Unterrichtsprozesses“ (Pakulla 1967, Inhaltverzeichnis). Auch Nieweler weist Hausaufgaben als „Bestandteil des Unterrichts“ (Nieweler 2006, 208) aus.Zum anderen geht diese Begriffsverwendung zurück auf die von Keck aufgelistete Möglichkeit des elterlichen Beteiligungsrechts am Unterricht durch die Hausaufgaben: „Angesichts der Tatsache, daß (sic) die Hausaufgabe die Fortsetzung des Unterrichts mit veränderter Betreuungslage darstellt, müßte (sic) danach getrachtet werden, daß (sic) dem Betreuungspersonal, das am anderen Ende des Unterrichts arbeitet, den Eltern, auch ein geeigneter Informationsstand vom Unterricht gewährt wird. Aus dem Mitwirkungsrecht der Eltern an der Hausaufgabe ergibt sich ein bedingtes Mitwirkungsrecht am Unterricht insofern, als sich das obere Ende, das den Unterricht, aus dem die Hausaufgabe erwächst, verantwortet, in eine transparentere Beziehung zu der Hausaufgabenbetreuung setzt“ (Keck 1990, 102).

2 Häder expliziert zum Begriff der Operationalisierung: ihr Ziel „besteht also in der Messbarmachung bzw. in der Schaffung der Voraussetzungen für die empirische Erhebung komplexer und/oder latenter Sachverhalte“ (Häder 2006, 51).

3 Aufgrund erleichterter Lesbarkeit und Prägnanz werden in vorliegender Arbeit die Maskulina der Substantive als Kollektivbegriffe für die jeweils männliche und weibliche Form verwendet.

4 Zur Abgrenzung der Begriffe „Elternabend“ und „Elternsprechtag“ expliziert Carl: „Elternabende lassen sich auch als klassenbezogene Form der Elternarbeit bezeichnen. Sie werden unterschieden von unmittelbar kind- bzw. schülerbezogenen Formen der Zusammenarbeit, wie z.B. Elternsprechtage (…). Während bei diesen Formen spezifische Belange der einzelnen Schülerinnen und Schüler im Zentrum stehen, geht es bei klassenbezogenen Formen, wie Elternabenden (…), eher um Aspekte des Unterrichts und der Erziehung, die sich auf die gesamte Klasse bzw. Lerngruppe beziehen“ (Carl 2014, 74).

5 Im vorliegenden Forschungsbericht werden die Termini „häuslich“ und „außerschulisch“ synonym gebraucht. Dies stützt sich auf die Begriffsabgrenzung von Kowalczyk, welcher unter „häuslich“ alles subsumiert, „was nicht in der Regie des offiziellen Schulbetriebs geschieht“ (Kowalczyk 2013, 102).

6 Dietrichs definiert Partnerschaft in seinem Buch Partnerschaft in der Schule – Schule als Partner als „Kooperation aller an Schule im weitesten Sinne Beteiligten im gleichberechtigten Status zueinander“ (Dietrichs 1989, 65), wobei er von einem erweiterten Verständnis des Begriffs Partnerschaft ausgeht und u.a. außerschulische Erziehungsberatungsstellen o.ä. in die Definition mit einschließt. In vorliegender Arbeit wird jedoch nur ein Ausschnitt der Partnerschaften im schulischen Kontext von Bedeutung sein: die Partnerschaft zwischen Elternhaus und Schule.

7 Wicht/Melzer weisen auf die Tatsache hin, dass die Beschreibung des Verhältnisses zwischen Schule und Elternhaus das Problem birgt, dass man von den Eltern, den Lehrern und der Schule spricht, sich aber hinter diesen Begrifflichkeiten keine homogenen, sondern äußerst heterogene Gruppen verbergen (Wicht/Melzer 1983, 4). Demzufolge gilt es, den Grad der Verallgemeinerbarkeit sämtlicher Aussagen diesbezüglich stets zu hinterfragen.

8 In Anlehnung an die Gegenüberstellung der Begriffe „Lehrerbildung“ und „Lehrer­ausbildung“ von Brenner wird in vorliegender Arbeit bewusst der Terminus „Lehrerausbildung“ verwendet und meint somit die „‘Ausbildung‘ berufsspezifischer Fertigkeiten“ (Brenner 2009, 135).

2. Überblick über den Forschungsstand

2.1 Verhältnis zwischen Schule und Elternhaus

2.1.1 Grundlegendes

Dauber beschreibt in seinem Buch Eltern aktiv – Handbuch für eine humane Schule das Verhältnis zwischen Schule und Elternhaus allgemein als angstbehaftet und von Unsicherheiten geprägt und charakterisiert damit die Beziehung zwischen den beiden genannten Instanzen, die sich in ihrer Wesensart – wie aus den Quellenangaben ersichtlich – seit Mitte der 70er Jahre offenbar nicht verändert hat:

„Eltern und Lehrer haben es schwer miteinander. Sie leiden unter dem Druck der Schule. Sie befürchten, daß (sic) die Kinder nicht die entsprechenden Leistungen bringen. Sie haben Angst voreinander“ (Dauber/Weber 1976, 227; cf. Wicht/Melzer 1983, 25; cf. Ulich 1989, 62; cf. Killus 2012, 50).

Dieses angstbehaftete Verhältnis zwischen Elternhaus und Schule wird allerdings nur punktuell sichtbar und konkret erfahrbar, wenn Eltern infolge konkreter Anlässe bzw. Probleme in direktem Kontakt zur Lehrkraft stehen (cf. Ulich 1989, 74; cf. Sacher 2008, 50). Etwas allgemeiner konstatiert Schmälzle, dass ein spannungsgeladenes Kontaktverhältnis zwischen Eltern und Lehrkräften oft von vornherein gegeben ist durch „die Form, wie sich vielfach Eltern und Lehrer begegnen“ (Schmälzle 1985, 42). Diese Form der Begegnung, lässt sich durch folgende Charakteristika beschreiben: Die Begegnungen sind defizitorientiert (cf. Altuntaş 2011, 29); der Kontext der Begegnung ist hierarchisch (cf. Sacher 2008, 41) und Lehrer empfinden die Arbeit mit den Eltern – angesichts ihrer hohen Belastungen im schulischen Alltag – oftmals als „erneute Last und Zumutung“ (Dittrich 1984, 23).

Vor diesem Hintergrund soll in diesem ersten Kapitel zunächst auf die unterschiedlichen Auslegungen von Elternarbeit eingegangen werden, vor einer umfassenderen Betrachtung des Kontaktverhältnisses zwischen Schule und Elternhaus und der Kriterien für eine Elternarbeit im Sinne einer Partnerschaft.

Dem Begriff Elternarbeit liegt allerdings keine einheitliche Definition zugrunde. Stange bezieht Stellung zur teilweise aufgrund ihrer Vielgestaltigkeit unübersichtlichen Begriffslandschaft um den Terminus Elternarbeit, der oft als Erziehungs- und Bildungspartnerschaft bezeichnet wird:

„Erziehungs- und Bildungspartnerschaft wiederum ist schlicht eine besondere Ausprägung von Elternarbeit – nämlich deren positive Ausprägung. Der Begriff Erziehungs- und Bildungspartnerschaft verweist auf die Zieldimension“ (Stange 2012, 13). Allerdings „ist der nach wie vor zutreffende Oberbegriff für alle genannten Formen immer noch der Begriff Elternarbeit, da er alle Formen der organisierten Kommunikation und Kooperation zwischen pädagogischen Einrichtungen und den Eltern umfasst“ (Stange 2012, 13).

Brenner konstatiert in seinem Buch Wie Schule funktioniert, dass der Begriff Elternarbeit „[i]n der erziehungswissenschaftlichen Diskussion (…) das Verhältnis zwischen Lehrern und Eltern“ (Brenner 2009, 172) meint, spezifiziert dieses Verhältnis aber nicht näher, sodass diese Auslegung des Terminus Elternarbeit eher neutral-oberflächlich und wenig konkret bleibt. Sacher hingegen beschreibt Elternarbeit explizit als „Partnerschaft zwischen Familie und Schule“ (Sacher 2008, 30), welche sich durch dadurch auszeichnet, dass sich „Lehrkräfte und Eltern einander als Partner auf gleicher Augenhöhe“ (Sacher 2014, 25; cf. Sacher 2012a, 198; cf. Sacher 2008, 29) gegenübertreten. Bereits einige Jahre zuvor beschäftigt sich Aurin mit dem Begriff der Partnerschaft und präzisiert hierzu:

„Partnerschaft enthält demokratische Elemente, insbesondere im Sinne der Gleichberechtigung (…). Sie beinhaltet ferner das Zusammenwirken bei einer gemeinsam zu bewältigenden Aufgabe, bei der jeder auf den Beitrag und die Mithilfe des anderen angewiesen ist. Aber ebenso schließt Partnerschaft die Anerkennung der Unterschiedlichkeit des anderen und seiner Eigenständigkeit und damit auch die Fähigkeit zur Distanz ein“ (Aurin 1994, 162).

Auch die gesetzlichen Bestimmungen über das elterliche Erziehungsrecht sowie über den staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag (cf. Doppke/Gisch 2005, 17) bieten den Rahmen für ein Vertrauensverhältnis, eine Partnerschaft, von Elternhaus und Schule. Die Beschreibung von Elternarbeit als Konzept mit der Zielvorstellung einer Partnerschaft zwischen Elternhaus und Schule zeigen den Rahmen auf für nachfolgende Ausführungen.

2.1.2 Elternarbeit

2.1.2.1 Elternarbeit im erzieherischen Kontext

Wie bei Tschöpe-Scheffler – sie nimmt zur vielfältigen Begriffslandschaft um den Terminus der Elternarbeit Stellung und verwendet den Terminus der Elternarbeit synonym zu jenem der Elternbildung (cf. Tschöpe-Scheffler 2006a, 9) – ist in vielen anderen Publikationen zu Elternarbeit, insbesondere jenen im erzieherischen Kontext, immer wieder auch von Elternbildung die Rede.

In den 70er Jahren verweist u.a. Bäuerle auf die „[m]angelnde Erziehungsfähigkeit der Eltern“ (Bäuerle 1970, II). Man unterstellt somit Eltern bzw. Familien, dass es ihnen gelingt, „gegenwärtig ihren Aufgaben nur unzulänglich und dies auch nur mit Mühe gerecht zu werden“ (Strunk 1976, 9)1. Vor diesem Hintergrund wird der Terminus der Elternbildung geprägt: Elternbildung meint – wie u.a. im Zweiten Familienbericht als Zielvorstellung von Elternbildung formuliert ist – die Wissensvermittlung über bzw. die pädagogische Einflussnahme auf „die erzieherischen Einstellungen, Kenntnisse und Verhaltensweisen von Eltern gegenüber ihren Kindern“ (Zweiter Familienbericht 1976, 69; cf. Bäuerle 1970, I). Elternbildung ist demzufolge das Angebot, „zukünftigen Eltern das pädagogische Rüstzeug [zu vermitteln], das sie zu einer guten und möglichst problemfreien Erziehung ihrer Kinder benötigen“ (Bäuerle 1976, 87; cf. Bäuerle 1970, 248).

Hepp greift diesen Gedanken einige Jahre später wieder auf und bezeichnet Elternbildung als Möglichkeit, die „Reflexion über eigenes Erziehungsverhalten, günstigenfalls auch dessen Korrektur“ (Hepp 1990, 66; cf. Bäuerle 1973, 94) herbeizuführen, und charakterisiert Elternbildung als „Beitrag zur Stärkung der Erziehungskraft von Familien“ (Hepp 1990, 66). Als Synonym zum Begriff der Elternbildung gebraucht Dusolt den Terminus Elternarbeit und definiert sie als informative und handlungsanleitende Begleitung der Eltern, damit sie „Unterstützung, Anregung und Information“ (Dusolt 1993, 139) für die Erziehung der Kinder erhalten.

Zu Beginn des 21.Jahrhunderts resümiert Köck die bisherigen Definitionsversuche des Terminus der Elternbildung in seinem Wörterbuch für Erziehung und Unterricht: „Elternbildung zielt auf die Befähigung der Eltern für die Erziehung ihrer Kinder und auf die Arbeit an sich selbst in der Lebenssituation Familie“ (Köck/Ott 2002, 167).

Nicht nur im Rahmen von Veranstaltungen, wie z.B. Elternschulen, sondern auch in den unterschiedlichsten Medien wurde und wird das Wissen für eine erfolgreiche Kindererziehung zu vermitteln gesucht: Werbung, Printmedien, private und öffentliche Institute, Radio, Fernsehen, Internet (cf. Pöggeler 1976, 153; cf. Zweiter Familienbericht 1976, 80 sq.; cf. Brenner 2009, 168). Ein aktuelles Beispiel für Elternbildungsveranstaltungen wäre z.B. das Nürnberger Elterntraining NETT, das in Form von Seminaren absolviert wird (cf. Sacher 2008, 221).

Elternbildung in ihrem Verständnis als Schaffung von Erziehungskompetenz kommt somit der (häuslichen) Lebensumwelt der Familie zugute. Parallel zu dieser Definition von Elternbildung entwickelt sich jedoch eine zweite Auslegung dieses Terminus, die über die Dimension des häuslichen Lebensumfelds von Familien hinausgeht und vielmehr die bildungspolitischen Aspekte von Elternbildung hervorhebt.

Wie es u.a. der Zweite Familienbericht als Zielvorstellung festhält, sollen Eltern durch eine entsprechende Elternbildung befähigt werden, die schulische – und gleichermaßen die berufliche - Entwicklung ihrer Kinder zu begleiten (cf. Zweiter Familienbericht 1976, 69).

Hülshoff geht einen Schritt weiter und wirft den Gedanken einer Kooperation zwischen Elternhaus und Schule auf, wofür Elternbildung die Grundlage schaffen soll. In seinem Buch Eltern und Lehrer stellt er sein Konzept von Elternbildung dar: Er begreift sie zum einen als aktive Teilnahme der Eltern „an besonderen Ereignissen aus dem Schulleben“ (Hülshoff 1979, 49), und zum anderen als Informations- und Diskussionsarbeit, im Zuge derer

„den Eltern das schulische Geschehen transparent gemacht werden [soll], um dadurch die Voraussetzungen für eine Kooperation zwischen Elternhaus und Schule zu schaffen“ (Hülshoff 1979, 49).

Den Mitwirkungsgedanken generell erachtet Hepp als Zielvorstellung jeglicher Elternbildung. Für ihn schafft eine entsprechende Elternbildung – gestaltet als Informationsarbeit – die Voraussetzung dafür, dass

„Eltern für die Wahrnehmung ihrer Interessen in der Schule, in der Öffentlichkeit (…) motiviert und mobilisiert werden können. Nur informierte Eltern können die Chancen, die die Schulmitwirkungsgesetze bieten, auch wirksam nutzen“ (Hepp 1990, 66).

Ähnlich beschreibt Göldner die Elternbildungsarbeit als synonym zu Informationsarbeit bzw. Aufklärung für Eltern, im Zuge derer man ihnen aufzeigt,

„welche Möglichkeiten sie haben, um die Arbeit der Schule kennenzulernen, um ihre Meinungen, Vorstellungen, Wünsche, Anregungen und Kritik wirksam zu artikulieren, ohne dem Lehrer zu nahe zu treten“ (Göldner 1978, 285).

Die Auslegung des Terminus der Elternbildung als Befähigung der Eltern zum Engagement im schulischen Kontext greift Hösl-Kulike auf, fasst jedoch den Wirkungsbereich von Elternbildung etwas enger. Sie kritisiert, dass Elternvertreter – wenn überhaupt – nur ungenügend auf ihre Aufgabe vorbereitet werden, und fordert demzufolge Elternbildung in Form einer Aus- und Fortbildung für institutionalisierte Elternvertretungen (cf. Hösl-Kulike 1994, 202).

Unabhängig von der Auslegung des Terminus der Elternbildung konstatiert Tschöpe-Scheffler: Elternbildung ist eine Form der Erwachsenenbildung, „die von der Freiwilligkeit des Besuchs der Teilnehmer/innen ausgeht und von deren Motivation, sich bilden zu wollen‘“ (Tschöpe-Scheffler 2006b, 333; cf. Bäuerle 1970, 248).

Wie bereits oben erwähnt, wird der Begriff der Elternbildung – verstärkt im erzieherischen Kontext – häufig als Synonym zum Terminus der Elternarbeit gebraucht.

Mitte der 90er Jahre wird Elternarbeit im Bericht des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung gleichsetzt mit dem Begriff der Erziehungspartnerschaft2, bezogen auf eine Kooperation von Familien und institutionellen Einrichtungen, z.B. Kindergärten. Textor, der Autor des Berichts, charakterisiert diese Partnerschaft mit Hilfe ihrer Komponenten „Geduld“, „Akzeptanz“, „Toleranz“, „Vertrauen“, „Kontakt“, „Dialogbereitschaft“, „Offenheit für Ideen“ und „Veränderungsbereitschaft“ (Textor 1996, 7sq.). Als Bestandteile einer zeitgemäßen Elternarbeit an Kindertageseinrichtungen – die sich im Ermessen der Verfasserin gleichermaßen übertragen lassen auf sämtliche Konzepte der Elternarbeit – nennt er folgende: Abstimmung der privaten und öffentlichen Erziehung, Öffnung/Transparenz, Elternbildung, Mitbestimmung, Vermittlung, Kontakt/Selbsthilfeförderung, Beratung und Mitarbeit (cf. Textor 1996, 9).

Zu den beiden Termini der Elternarbeit sowie der Erziehungspartnerschaft stellt Brenner fest:

„In ihrer vornehmeren Variante tritt die Elternarbeit als ‚Erziehungspartnerschaft‘ auf. (…) Erziehungspartnerschaft meint, dass Eltern und Schule in irgendeiner Form gemeinsam an der Erziehung der Kinder mitwirken“ (Brenner 2009, 173).

Die Kooperation von Elternhaus und Schule im Zuge der Kindererziehung sei zudem häufig gesichert durch einen „Erziehungsvertrag“ (Brenner 2009, 173). Die gemeinsame Erziehungsaufgabe von Schule und Elternhaus ist in den Schulgesetzen der Länder verankert. Da die vorliegende Studie den Fokus auf Bayern setzt, sei an dieser Stelle das Bayerische Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen zitiert:

„Die gemeinsame Erziehungsaufgabe, die Schule und Erziehungsberechtigte zu erfüllen haben, erfordert eine von gegenseitigem Vertrauen getragene Zusammenarbeit“ (BayEUG 2016, Art. 74 Abs. 1 Satz 1)3.

Nachfolgendes Schema resümiert die in diesem Kapitel dargestellte Entwicklung der Begriffe und Aspekte im Zuge der Elternarbeit im erzieherischen Kontext.

 

Abb. 4: Elternarbeit im erzieherischen Kontext.

 

2.1.2.2 Elternarbeit im schulischen Kontext

2.1.2.2.1 Überblick

Im schulischen Kontext meint Elternarbeit häufig den Kontakt zwischen Elternhaus und Schule oder die Kooperation beider Instanzen, wodurch eine optimale Förderung des Kindes bzw. Schülers gewährleistet werden soll (cf. Schönfeldt 1973, 13; cf. Pöggeler 1976, 153; cf. Dusolt 1993, 17). Neuenschwander beschreibt Elternarbeit im schulischen Kontext folgendermaßen:

„Zusammenarbeit zwischen Lehrpersonen und Eltern verstehen wir als Kommunikation zwischen Personen mit gemeinsamen Anliegen, wovon die optimale Förderung der Heranwachsenden sowohl für die Eltern als auch für die Lehrpersonen das vorrangigste ist“ (Neuenschwander 2005, 183).

Dusolt legt bei seiner Definition von Elternarbeit den Fokus insbesondere auf deren informativen Aspekt und beschreibt sie als „einen wechselseitigen Kommunikationsprozeß (sic), in dem es darum geht, Informationen über das Kind und sein jeweiliges Umfeld auszutauschen“ (Dusolt 1993, 17).

Für Engelhardt hat Elternarbeit den gleichen Stellenwert wie die Schülerberatung. Er definiert sie in Anlehnung daran als Kommunikation zwischen Schule und Elternhaus, die von den Lehrkräften ausgehen muss und folgende Aspekte umfasst:

„Bei diesen Tätigkeiten geht es zum einen um Fragen der Schullaufbahn und um die Mitteilung von Lernleistung und Disziplinschwierigkeiten. Zum anderen geht es um Elternbeschwerden und um Probleme der gerechten Schülerbehandlung“ (Engelhardt 1982, 47).

Aufgrund der vielfältigen Interpretationsmöglichkeiten von Elternarbeit in den verschiedenen Teilbereichen des schulischen Kontextes kann keine Definition für die vorliegende Studie als maßgeblich festgesetzt werden, die sämtliche genannten Aspekte umfasst.

Das Wort Elternarbeit an sich ist ein Kompositum zweier Nomina – Eltern, Arbeit. Die unterschiedlichen Bedeutungsimplikationen des Begriffs Arbeit – „Ausführung eines Auftrags“, „Beschäftigsein mit etwas, mit jemandem“, „Mühe, Anstrengung“4 (Duden 2016) – deuten darauf hin, dass Elternarbeit nicht unbewusst, ungeplant und nebenbei erfolgen kann. Elternarbeit erfordert vielmehr bewusstes Engagement und Bemühungen zugunsten der Bildung und Erziehung von Schülern (cf. Schule und Familie 20145, 18). Im schulischen Kontext kann dieses Kompositum auf zwei Arten interpretiert werden:

- Elternarbeit als Arbeit der Schule bzw. der Lehrer mit den Eltern (cf. Sacher 2014, 24; cf. Brenner 2009, 173) – im Sinne des Kontakts, der Information, Kommunikation und Kooperation. Brenner beschreibt Elternarbeit in dieser Auslegung als „die unablässige Aufforderung der Lehrer an die Eltern, an der Gestaltung der Schule mitzuwirken und einen Beitrag zu leisten zum Gelingen von Schule“ (Brenner 2009, 173).

Auch Sacher schließt sich dieser Interpretation des Kompositums Elternarbeit an und expliziert dazu:

„(…) [D]ie schulische Seite ist aktiv, Eltern sind Objekte der Bearbeitung und bleiben passiv. Maßnahmen und Initiativen der Elternarbeit gehen in der Regel von der Schule und von den Lehrkräften aus. Sie informieren Eltern, machen ihnen Angebote und erteilen ihnen Ratschläge, erwarten aber kaum von ihnen, dass sie Initiative ergreifen und Anregungen geben“ (Sacher 2014, 24).

- Zum anderen ist Elternarbeit die Arbeit bzw. das Engagement der Eltern für die Schule (cf. Ruschel 1981, 163) und findet sowohl in der Schule als auch außerhalb statt. Susteck gebraucht den Terminus Elternarbeit in seinem Buch Elternarbeit und Schulleben mit besonderem Augenmerk auf dem außerunterrichtlichen Aspekt der Elternarbeit und deren Auswirkungen auf das Schulleben folgendermaßen: „Elternarbeit ist die Voraussetzung für ein ideenreiches und fröhliches Schulleben, das seinerseits wiederum den Unterricht belebt“ (Susteck 1981a, 6) und betont damit den außerunterrichtlichen Aspekt der Elternarbeit im schulischen Kontext.

Die bisher aufgeführten Definitionen von Elternarbeit im schulischen Kontext konzentrieren sich auf folgende grundlegende Aspekte: den Kontakt zwischen Eltern und Lehrkraft, die (wechselseitige) Kommunikation sowie das schulische Engagement der Eltern im Hinblick auf dessen leistungsförderliche Wirkung. Allerdings kann Elternarbeit – entsprechend der Gleichsetzung der Begriffe Elternarbeit und Elternbildung im Sinne einer Ausbildung für Elternvertreter und Befähigung zur Mitbestimmung (siehe Kapitel 2.1.2.1) – auch definiert werden als Mitwirkung der Eltern in institutionalisierten und gewählten Elterngremien an Schulen sowie jener (schulinternen) Gremien, in denen Eltern mitwirken. In Bayern können Eltern von Gymnasiasten im Schulforum, an dessen Sitzungen Elternbeiräte teilnehmen (cf. Dietzke 1973, 130 sq.), sowie – über die Elternbeiratsvertreter – im Landesschulbeirat, der z.B. ein Anhörungsrecht bei Gesetzen, die das Schulwesen betreffen, hat (cf. Fehnemann 1990, 35), ihre Interessen vertreten. In anderen Bundesländern haben Eltern auf mehreren Ebenen, von der Schule bis zur Landesebene, die Möglichkeit, an Schule zu partizipieren (siehe Kapitel 2.1.2.2.2).

2.1.2.2.2 Elternarbeit als rechtlich gesicherte Partizipation

Heckel definiert Partizipation in seinem Buch Schulrechtskunde als „institutionalisierte Beteiligung der Lehrer, Schüler und Eltern an den Handlungen und Entscheidungen der Schule“ (Heckel/Avenarius 2000, 115). Diese institutionalisierte Beteiligung stützt sich dabei auf einen gesetzlichen Rahmen, welcher die Elternrechte garantiert.

Das Elternrecht als Erfordernis „der demokratischen Verfasstheit unserer Gesellschaft“ (Sacher 2008, 23) und als „Erfordernis partizipativer Demokratie“ (Sacher 2012b, 235) umfasst Rechtsgarantien in zwei Kernbereichen – Erziehung und Bildung. Wie bereits im Zuge der Elternarbeit im erzieherischen Kontext herausgestellt (siehe Kapitel 2.1.2.1), wird den Eltern ihr Erziehungsrecht gesetzlich zugesichert. Jenes wird allerdings ergänzt durch das gesetzlich fixierte „Wächteramt“ des Staates – legitimiert durch Art. 7 Abs. 1 des Grundgesetzes – über das gesamte Bildungswesen (cf. Grundgesetz6; cf. Sacher 2008, 15; cf. Busch/Scholz 2002, 264; cf. Fehnemann 1990, 29; cf. Wild/Lorenz 2010, 146). Obwohl Schleicher in den beiden betreffenden Artikeln des Grundgesetzes „konkurrierende Erziehungsaufträge“ (Schleicher/Fischer 1972, 31) sieht und auch Pekrun hier einen „Konflikt zwischen dem Elternrecht auf Kindeserziehung einerseits und dem Prinzip (…) staatlicher Schulaufsicht andererseits“ (Pekrun 1997, 55) sieht, stellt die Anordnung der beiden Artikel im Grundgesetz keine Rangfolge dar. Dies ist explizit in einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1972 festgehalten: „Der staatliche Erziehungsauftrag in der Schule ist in seinem Bereich dem elterlichen Erziehungsrecht nicht nach-, sondern gleichgestellt“ (Schule und Familie 2014, 7).

Das Elternrecht als Ganzes setzt sich zusammen aus Bestimmungen des Grundgesetzes sowie der Landesverfassungen (cf. Göldner 1978, 8), der Erziehungs- und Unterrichtsgesetze der Länder sowie der Schulordnungen (cf. Büchner 1976, 20).

Weil die „Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenzen für Schulangelegenheiten den Ländern zugewiesen sind“ (Heckel/Avenarius 2000, 19; cf. Neuenschwander 2005, 133), unterscheiden sich demzufolge auch die Möglichkeiten der elterlichen Mitwirkung an Schule in den einzelnen Bundesländern (cf. Busch/Scholz 2002, 265) bisweilen grundlegend und stützen sich auf Schulgesetze für die jeweiligen Schularten. Somit ist auch der formelle Rahmen der Elternpartizipation und -vertretung auf jeweils unterschiedliche Art gewährleistet (cf. Brenner 2009, 182). Für bayerische Gymnasien sind die einschlägigen Schulgesetze das Bayerische Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) sowie die Schulordnung für die Gymnasien in Bayern (GSO), ergänzend zur Schulordnung für schulartübergreifende Regelungen an Schulen in Bayern (BayScho).

In Anlehnung an Sacher kann – im Kontext der Schule – differenziert werden zwischen der kollektiven und der individuellen elterlichen Mitbestimmung (cf. Sacher 2014, 101sq.; cf. Dietzke 1976, 556), wobei letztere die Voraussetzung für eine kollektive Partizipation der Eltern darstellt: Neben dem Recht auf Schulwahl und Information beinhalten die individuellen Mitbestimmungsrechte von Eltern auch das „Recht, Elternvertreterinnen und Elternvertreter zu wählen“ (Sacher 2014, 107; cf. Sacher 2012b, 235; cf. Dietzke 1976, 556sq.). Jene sind Teil der kollektiven elterlichen Mitbestimmung und garantieren als „fester Bestandteil des Systems Schule“ (Dauber/Weber 1976, 233) die Mitwirkung der Eltern an Schule über entsprechende Elternvertretergremien (cf. Ansorge 1973, 223). Im Zuge rechtlich institutionalisierter Elternvertretergremien sind, Heckel zufolge, folgende vier Partizipationsformen bedeutend: „Mitwirkung“, „Mitbestimmung“, „stimmberechtigte Teilnahme an Wahlen“ sowie „Vermittlung (Schlichtung in Konfliktfällen und bei Ordnungsmaßnahmen“ (Heckel/Avenarius 2000, 117 sq.). Fehnemann konstatiert zum Begriff der Mitwirkung:

„Mitwirkung kommt vor in der Form des Erfahrungs- und Meinungsaustausches, als Recht auf Anhörung und der Hinzuziehung zur Beratung, zur Abgabe einer Stellungnahme zur Herstellung des Benehmens (…), in Form von Vorschlags- und Einspruchsrechten“ (Fehnemann 1990, 34; cf. Sacher 2014, 105).

Die Elternarbeit als institutionalisierte Beteiligung der Eltern an Schule ist in allen Bundesländern in den entsprechenden Schulgesetzen verankert. Diejenigen Bundesländer, in denen die Beteiligung der Eltern an Schule ausschließlich auf diese (rechtlich gesicherte) Partizipation beschränkt bleibt, sind Berlin, Schleswig-Holstein, Thüringen, Baden-Württemberg, Hamburg, Niedersachsen, Sachsen sowie Bayern7.

Weil sich die vorliegende Erhebung auf Bayern bezieht, soll kurz auf das Gremium des Elternbeirats eingegangen werden, in welchem Eltern von Gymnasiasten die Interessenvertretung der Elternschaft wahrnehmen und dessen Zuständigkeiten im BayEUG sowie in den jeweiligen Schulordnungen fixiert sind (cf. Schule und Familie 2014, 15). Als Organ der Elternvertretung vertritt der Elternbeirat die Interessen aller Eltern einer Schule (cf. Schule und Familie 2014, 15; cf. Sacher 2014, 102) und fungiert somit als Bindeglied für die Kontakte zwischen Eltern und Lehrkräften auf „Schulebene“ (Killus 2012, 51)8. Im Zuge der Funktion als Mittler zwischen Schule, ihren Schülern und deren Eltern kommen diesem Gremium der Beschreibung des ISB zufolge u.a. die grundlegende Aufgabe zu, „das Vertrauensverhältnis zwischen den Eltern und den Lehrkräften (…) vertiefen“ (Schule und Familie 2014, 18; cf. Sacher 2014, 101).

Sacher resümiert die Zuständigkeitsbereiche der Elternvertreter im Zuge ihrer Partizipation an Schule folgendermaßen: der Elternbeirat ist mit Aufgaben betraut, welche sich „mehr oder weniger auf Angelegenheiten der Organisation und inneren Verwaltung der Schule“ (Sacher 2014, 105; cf. Hülshoff 1979, 82; cf. Brenner 2009, 181) beziehen. Die Befugnisse der Elternvertreter in Bayern umfassen zudem, „dass bestimmte Beschlüsse im Einvernehmen mit Elterngremien gefasst werden müssen bzw. ihrer Zustimmung bedürfen“ (Sacher 2014, 105).

Heckel führt eine Besonderheit der Regelungen der Elternvertretung in Bayern auf: es gibt „keine Vertretungsorgane auf Landesebene“ (Heckel/Avenarius 2000, 151) bzw. keine „mehrfach gestufte Repräsentation über die jeweilige Schule, die Lokal-, Kreis- oder Bezirksebene bis zur Landesebene“ (Hepp 1990, 63), wie in anderen Bundesländern (cf. Busch/Scholz 2002, 265). Somit ist die „kollektive Mitbestimmung“ (Sacher 2014, 100; cf. Sacher 2012b, 235) der Eltern im Kontext der Schule bzw. konkret der Gymnasien in Bayern allein durch den Elternbeirat gewährleistet (cf. Dietzke 1973, 130sq.).

In sieben deutschen Bundesländern haben die Eltern bedeutend mehr Rechte, den Schulalltag zu erleben und sich als Komponente einzubringen. So können Eltern beispielsweise in Brandenburg, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz oder Sachsen-Anhalt von ihrem Hospitationsrecht Gebrauch machen. Als Bedingungen für die Unterrichtsbesuche gelten in den meisten Schulgesetzen folgende: die pädagogische Situation der Klasse muss berücksichtigt werden (cf. Brandenburgisches Schulgesetz §46)9, es dürfen nur Hospitationen in den Klassen der eigenen Kinder stattfinden (cf. Schulgesetz Bremen §61)10 und der Hospitation müssen Absprachen mit Schulleitung und Klassen- bzw. Fachlehrkraft vorausgehen (cf. Sachsen-Anhalt §5911). Im Land Rheinland-Pfalz wird das Hospitationsrecht für Eltern auf die Primar- und Sekundarstufe I beschränkt (cf. Schulgesetz Rheinland-Pfalz §2(5)12); in den anderen Schulgesetzen finden sich hierzu keine Präzisierungen.

In Mecklenburg-Vorpommern, Hessen sowie in Bremen fordern die Schulgesetze den Einbezug der Eltern in die Gestaltung und Durchführung des Unterrichts sowie des Schullebens. Insbesondere hinsichtlich des Einbezugs der Eltern in den Unterricht beinhaltet der §40 des Schulgesetzes in Mecklenburg-Vorpommern die Bedingung, dass die Personen, welche die Lehrer unterstützen und zugleich unter deren Verantwortung stehen, geeignet sein müssen (cf. Schulgesetz Mecklenburg-Vorpommern13). Im Saarland sowie in Sachsen-Anhalt steht Eltern die Möglichkeit offen, bei der Unterrichtsplanung mitzuwirken. Das Schulmitbestimmungsgesetz im Saarland sieht hierfür vor, dass Eltern bei der Auswahl des Lehrstoffs, bei der Schwerpunktsetzung im Lehrstoff sowie bei der Auswahl der Unterrichtsformen ein Mitspracherecht zugesichert wird, mindestens in der Primarstufe, aber auch in der Sekundarstufe I (cf. Schulmitbestimmungsgesetz Saarland14).

Weder dem Elternbeirat noch den Eltern selbst werden in insgesamt neun Bundesländern, darunter auch Bayern, u.a. Unterrichtsbesuche gewährt, da v.a. ersterer „kein Aufsichts- oder Überwachungsorgan der Schule und der Lehrerschaft“ (Schule und Familie 2014, 26; cf. Pekrun 1997, 58) darstellt. Das unterstreicht die Feststellungen von Busch und Brenner: die Rechte dieser Elternvertretungen sind eher als „formal-demokratisch“ (Busch/Scholz 2002, 265) zu charakterisieren.

Der Blick in die Schulgesetze der einzelnen deutschen Bundesländer zeigt, was Pekrun bereits Ende der 90er Jahre kritisiert: die Eltern haben wenigstens in allen Ländern Informations- und Mitwirkungsrechte (cf. Schulgesetze der Länder; cf. Pekrun 1997, 57). Angesichts dieser Tatsache kritisiert er, dass die Anwesenheit der Eltern in der Schule – abgesehen von den Anlässen, an denen Informationsarbeit durch die Schule geleistet wird – nicht erwünscht ist (cf. Pekrun 1997, 58), was sich für die Schulgesetzgebung in den meisten deutschen Bundesländern bestätigt.

Durch die beschränkten Partizipationsmöglichkeiten für Eltern an Schule wird die Machtposition der Schule implementiert: „Insgesamt besteht also ein formales Machtungleichgewicht im Verhältnis von Elternhaus und Schule“ (Pekrun 1997, 57; cf. Wicht/Melzer 1983, 13; cf. Saldern 2012, 72; cf. Sacher 2008, 68) und die Eltern haben keinen Einfluss auf das Schulgeschehen. Geradezu konträr erscheint in Anbetracht dessen Brenners Aussage zur Rolle der Eltern in der Schule:

„[N]ach Schulschluss wird von ihnen die Wahrnehmung eines Erziehungs- und Unterrichtsauftrags erwartet, mit dem sie einen erheblichen Einfluss auf den Schulerfolg des Kindes haben“ (Brenner 2009, 160).

2.1.2.2.3 Elternarbeit als Beteiligung am Schulleben

Sacher zufolge wird Elternarbeit in Form von „Elternhilfe (…) hauptsächlich für die Organisation von Veranstaltungen, als Begleitung von Klassenfahrten usw. und als finanzielle Unterstützung erbeten“ (Sacher 2004, 114). Er präzisiert anhand einiger Beispiele, wo Elternarbeit als (unterstützende) Beteiligung am Schulleben evident wird: bei der „Vorbereitung von Schulfesten, Ausstellungen, Sportveranstaltungen“ (Sacher 2004, 64). Behr-Heintzke ergänzt in ihrem Bericht zu Schulkooperationen als Tätigkeitsfelder von Eltern im konkreten Schulalltag, worin sie als Akteure in der Schule sichtbar werden: „Schulbibliothek, Kiosk/Mittagstisch, Computerwartung, Fahrdienste, Mediation, Schulhofgestaltung“ (Behr-Heintzke 2005/Lipinski, 20).

Dass dies exakt die Erwartungen hinsichtlich der Ausgestaltung von Elternarbeit auf beiden Seiten bedient, trifft nach Sachers Untersuchungen zu:

„Insgesamt entsprechen die Hilfsangebote der Eltern ziemlich genau der Hilfe, welche die Schule von ihnen erbittet: Sie konzentrieren sich überwiegend auf Hilfe am Rande des ‚schulischen Kerngeschäftes‘ und auf finanzielle Unterstützung“ (Sacher 2004, 68).

Eltern werden somit als „Handlanger der Lehrkräfte“ (Sacher 2012a, 195) in den peripheren Bereichen des Schulalltags in die Pflicht genommen, und hier von den Lehrkräften bereitwillig akzeptiert und gerne gesehen (cf. Kowalczyk 1988, 19).

Das ISB Bayern hebt als positiven Aspekt der – als Pflicht geltenden – Anteilnahme der Eltern am Schulleben hervor, dass sie über „Schulfeste und Tage der offenen Tür (…) Gelegenheit erhalten, einen möglichst realitätsnahen Einblick in die Arbeit der Schule zu gewinnen“ (Schule und Familie 2014, 18).

Gleichermaßen stellen unterschiedliche Autoren das Potenzial des Schullebens als „Verbindungsstück“ (Susteck 1990, 196) zwischen Elternhaus und Schule heraus: Anlässlich derartiger Veranstaltungen „zelebriert die Schule eine Schulgemeinschaft, die ausnahmsweise auch die Eltern mit einschließt“ (Brenner 2009, 159; cf. Aurin 1990, 12). Dieser Gedanke findet sich bereits bei Gaudig: Er bezeichnet es als eine „Verkehrsform“ (Gaudig 1920, 42) zwischen Elternhaus und Schule, dass Eltern an Feierlichkeiten der Schule ihrer Kinder teilnehmen (cf. Gaudig 1920, 42). Somit werden im Zuge des Schullebens die drei Akteure Eltern – Lehrer – Schüler (siehe Kapitel 1.2) sichtbar und erhalten Gelegenheit, miteinander in Kontakt zu treten (cf. Sacher 2014, 84; cf. Susteck 1990, 110).

Insbesondere an Gymnasien sind, Sacher zufolge, Sonderveranstaltungen zahlreicher und vielgestaltiger als an anderen Schularten (cf. Sacher 2004, 53) und somit ein „Spezifikum des Gymnasiums“ (Sacher 2004, 53). Demzufolge stehen für diese Schulart zusätzliche Chancen zur Kontaktaufnahme zwischen Schule und Elternhaus zur Verfügung. Bereits Sennlaub kritisiert allerdings die Bedeutungslosigkeit von Veranstaltungen im Zuge des Schullebens für die Schaffung gewinnbringender Begegnungen zwischen Eltern und Lehrkräften (cf. Sennlaub 1978, 14). Über 35 Jahre später greift Sacher einen ähnlichen Gedanken auf und stellt die Defizite von Sonderveranstaltungen des Schullebens heraus:

„[Sie] dienen eher der Präsentation der Schule in der Öffentlichkeit und geben Eltern Gelegenheit, die Schule oder Klasse als ganze kennen zu lernen. Weniger aber sind sie geeignet, Einzelkontakte herzustellen. Sie erreichen auch insgesamt nicht den Nutzen von eltern- oder lehrerinitiierten Kontakten“ (Sacher 2004, 58).

2.1.2.2.4 Elternarbeit als Beteiligung durch formalisierte15 Kontakte

Pekrun nimmt Stellung zu den Gelegenheiten des direkten Kontakts zwischen Eltern und Lehrkräften und führt kritisch an, dass

„[i]m deutschen Staatsschulwesen (…) die direkte Interaktion von Eltern und Lehrern heute in der Regel auf in der Schule stattfindende Elternabende, Elternsprechtage und Elternsprechstunden beschränkt“ (Pekrun 1997, 60)

bleibt.

Dass diese Kontaktpraxis in der Form weiterhin fortbesteht, zeigt ein Blick in Brenners Buch Wie Schule funktioniert. Darin hält er fest, dass Elternarbeit „im wesentlichen Strategien der Formalisierung des Verhältnisses zwischen Eltern und Lehrern“ (Brenner 2009, 175) meint – z.B. Elternabende auf Klassen- oder Jahrgangsstufenebene (cf. Schule und Familie 2014, 9), Elternsprechtage oder wöchentliche Elternsprechstunden der Lehrer – und kreiert damit den Rahmen für Elternarbeit im Sinne der elterlichen Beteiligung an Schule durch die entsprechenden Kontakte. Ähnlich wie Brenner subsumiert Sacher Sprechstunden, Elternsprechtage und Elternabende unter den Terminus „[f]ormelle Kontakte“ (Sacher 2008, 41) und gibt zu bedenken, dass jene „oft ritualisiert und durch hierarchische Verhältnisse geprägt“ (Sacher 2008, 41) sind.

Diese traditionellen Kontakte von Eltern und Lehrkräften können dabei, der Kategorisierung von Killus zufolge, unterteilt werden in die Kontakte, die sich auf „die Situation des einzelnen Kindes (kindbezogene Ebene)“ (Killus 2012, 51) beziehen – darunter Elternsprechtage und -sprechstunden –, sowie in jene, welche

„zwischen Lehrkräften und der Elternschaft einer Klasse stattfinden (z.B. Elternabend) und die z.B. schulische und unterrichtsbezogene Angelegenheiten zum Gegenstand haben (Klassenebene)“ (Killus 2012, 51).

Als auffällig konstatiert Melzer, dass „Mütter in der Überzahl sind“ (Melzer 1981, 33), wenn es um den Besuch der traditionellen Kontaktgelegenheiten der Elternabende oder Elternsprechtage geht.

Elternabende sind auf der klassenbezogenen Ebene der Elternarbeit im Sinne der Information der Eltern durch die Lehrkräfte anzusiedeln. Textor beschreibt sie als Gelegenheiten für Lehrer, Eltern „effektiv und effizient über schulische Belange [zu] informieren, allgemein interessierende Fragen auf[zu]greifen und familienbildende Themen ab[zu]handeln“ (Textor 2013, 31). Als mögliche Themen für Elternabende an Gymnasien listet er u.a. Schüleraustauschfahrten, Hinweise zur Lernbegleitung der Kinder sowie die Belegung von Wahlpflichtfächern auf (cf. Textor 2013, 33).

Die formalisierten Kontaktmöglichkeiten der Sprechstunde sowie der Elternsprechtage, die „meist zwei Mal pro Schuljahr“ (Melzer 1981, 33) stattfinden, sind – der Kategorisierung von Killus folgend – auf der kindbezogenen Ebene zu verorten. U.a. Brenner erinnert an die Funktion dieser beiden Kontaktanlässe zwischen Elternhaus und Schule: sie dienen vorrangig „der unmittelbaren Information der Eltern über den Leistungsstand ihrer Kinder“ (Brenner 2009, 175; cf. Ulich 1989, 85).

Wild fasst die genannten Aspekte dieser Art der Elternarbeit – als elterliche Beteiligung an Schule im Rahmen formalisierter Kontakte – so zusammen:

„Die gegenwärtige Praxis der Elternarbeit von Lehrern beschränkt sich in der Regel auf punktuelle Gespräche an Elternabenden bzw. Elternsprechtagen, die inhaltlich vorwiegend um den Leistungsstand der Schüler und Erziehungsprobleme kreisen“ (Wild 2003, 515).

Die Beschränkung der Informationen auf Schulleistungen, die anlässlich institutionalisierter Kontakte im Vordergrund stehen, ist dabei sicherlich das Resultat vieler Faktoren, wie z.B. fehlender Zeit, um profundere Informationen über das Kind zu geben bzw. sich umfassend mit den Eltern über das Kind auszutauschen. In vielen Ländern der Bundesrepublik Deutschland ist diese punktuelle Elternarbeit auch die Folge der Vorgaben für Schulen und Lehrkräfte, insbesondere der Schulgesetze. Sie fixieren nämlich alle die Informationspflicht der Schulen bzw. Lehrkräfte, insbesondere im Falle absinkender Leistungen. Exemplarisch für diese Pflicht sei das BayEUG zitiert: Auch jenes enthält die Pflicht für Schulen, Eltern

„möglichst frühzeitig über wesentliche, die Schülerin oder den Schüler betreffende Vorgänge, insbesondere ein auffallendes Absinken des Leistungsstands (…) zu unterrichten“ (BayEUG 2016, Art.75 (1) Satz 1)16.

Jene Verpflichtung wird ebenfalls erwähnt in der Publikation Schule und Familie – Rechte und Aufgaben der Eltern und Elternvertretung in der Schule des Staatsinstituts für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB) München, wonach die Information und Beratung der Eltern bei sinkenden Leistungen und eine Beratung in Fragen der Schullaufbahn den Eltern rechtlich zugesichert wird (cf. Schule und Familie 2014, 8sq.). Auch Doppke führt die Verpflichtung der Fachlehrkräfte an weiterführenden Schulen an,

„regelmäßige Sprechzeiten anzubieten, und Eltern auf Wunsch, bei besonderen Entwicklungen auch unaufgefordert z.B. Auskunft über Lern-, Arbeits- und Sozialverhalten und Leistungsentwicklungen zu geben“ (Doppke/Gisch 2005, 20).

Die beschriebene Art der Elternarbeit als Beteiligung der Eltern an Schule über den Weg der formalisierten Kontakte, anlässlich derer die Lehrkräfte ihre Schülereltern informieren, muss demzufolge a priori unbefriedigend sein, was u.a. auch Brenner zu bedenken gibt: „Allzu viele Erträge dürften diese Begegnungen nicht bringen“ (Brenner 2009, 176). Doch liegt die Gestaltung dieser Kontakte als Noten-Informations-Kontakte nicht immer nur an den Lehrkräften oder (rechtlichen) Vorgaben für die Lehrkräfte, sondern auch an den Umständen der jeweiligen, z.T. sehr großen Sekundarschulen, denn

„zumindest Lehrer an Sekundarschulen [können] wegen der großen Zahl der von ihnen unterrichteten Schüler längst nicht alle gut genug kennen (…), um den Eltern mehr als Noten mitzuteilen“ (Ulich 1989, 89).

Somit ist „die Elternarbeit dieses formalisierten, eigentlich schon bürokratischen Typs eine Folge symbolischer Handlungen“ (Brenner 2009, 176), selbst wenn sie die Möglichkeit bieten, Eltern über den Weg der Informationsvermittlung an Schule teilhaben zu lassen.

Die nachfolgende Darstellung fasst die drei beschriebenen Formen der Elternarbeit im schulischen Bereich schematisch zusammen.

Elternarbeit (als elterliche Beteiligung) im schulischen Kontext

Teilbereich

Schulleben

Gremien

formalisierte Kontakte

Art der Beteiligung

Hilfstätigkeiten

Repräsentation (verschiedene Ebenen)

Elternabend, Sprechstunden, Sprechtage

Positive Aspekte dieser Art der Beteiligung

Eltern als Akteure in der Schule sichtbar

Mitbestimmungsrechte

direkte Interaktion

Negative Aspekte dieser Art der Beteiligung

oberflächliche Begegnungen

nur Information und Anhörung, formale Mitwirkung

Symbolcharakter, auf Leistung beschränkt

Abb. 5: Elternarbeit im schulischen Kontext.

2.1.2.3 Elternarbeit im außerschulischen Kontext

2.1.2.3.1 Überblick

Der Begriff „außerschulisches Lernen“ meint häufig den „Besuch außerschulischer Lernorte“ (Thaler 2013, 145) durch Klassen und Lehrer, wobei Thaler zu deren Erfassung die „vier Koordinaten ‚innerhalb vs. außerhalb des Unterrichts‘ und ‚innerhalb vs. außerhalb der Schule‘“ (Thaler 2013, 145) gebraucht und jeweils unterschiedliche Beispiele für Unterrichtsarrangements in jeder der vier möglichen Konstellationen liefert. In vorliegender Studie wird der Terminus außerschulisch in der Bedeutung gebraucht, dass er durch die beiden Koordinaten „außerhalb des Unterrichts“ sowie „außerhalb der Schule“ bestimmt wird.

Elternarbeit findet im außerschulischen Bereich in drei Formen und an zwei unterschiedlichen Orten Realisierung und kann als die elterliche Beteiligung an und Unterstützung von Lernprozessen der Kinder charakterisiert werden. Wild verwendet für diese außerschulischen, eltern-unterstützten Lernaktivitäten den Begriff der „‚school-based home instruction‘“ (Wild/Lorenz 2010, 119) und expliziert zu deren Gestaltung Folgendes:

„Grundsätzlich können unter dem Begriff des häuslichen Lernens alle in der Familie ablaufenden Lehr-Lern-Situationen gefasst werden, unabhängig davon, ob es sich um die Bearbeitung und Kontrolle der Hausaufgaben handelt, um das Üben von Grundfertigkeiten angesichts einer anstehenden Klassenarbeit oder um Nachhilfe zum Zweck des Ausgleichs von Wissensdefiziten“ (Wild/Lorenz 2010, 119).

Die drei Formen außerschulischer Elternarbeit sind nachfolgend aufgelistet, wobei die ersten beiden im häuslichen Umfeld stattfinden:

- Von schulischer Seite wird an die Eltern oft die Aufgabe herangetragen,

„ein außerschulisches Umfeld [zu] bilden, das die schulische Arbeit leichter macht, ohne dass sich die Eltern in die pädagogischen und administrativen Kernbereiche der Schule einmischen“ (Busch/Scholz 2002, 270).