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Kurz vor ihrem zwölften Geburtstag stirbt Emily, genannt Emi, die immer ein Kind bleiben wollte, plötzlich, unerwartet und ohne selbst leiden zu müssen. Für die Eltern und ihre 14-jährige Schwester das Schlimmste, was sie erleben müssen. Wie nur sollen sie diesen Schmerz, diesen Abschied aushalten? Da begegnen sie Jesus und vielen Menschen, die IHN ebenfalls kennen und zu Wegbegleitern und echten Tröstern in ihrem Leid werden. Dieses Buch ist ein bleibendes Zeugnis von Emi und ihrem neuen Zuhause bei Jesus im Himmel, mit dem Emis Mutter eine persönliche Begegnung haben durfte. Und auch ihr Vater wurde im Herzen von Jesus berührt und ins Leben gerufen: „Der Atheist, der ich war, starb mit meiner Tochter!“ Nicht nur Emilys Eltern und ihre Schwester haben an diesem außergewöhnlichen Buch mitgeschrieben, sondern auch viele der Wegbegleiter und Leidens- bzw. Hoffnungsgefährten in der schweren Zeit. Wer es liest, empfängt selbst angesichts des Todes ganz neue Lebensperspektiven – Hoffnung, die ewig bleibt.
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Seitenzahl: 173
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Michael Stahl
Emi
Die Hoffnung lebt ewig
GloryWorld-Medien
1. Auflage 2025
© 2025 Michael Stahl
© 2025 GloryWorld-Medien, Xanten, Germany, www.gloryworld.de
Alle Rechte vorbehalten
Bibelzitate sind, falls nicht anders gekennzeichnet, der Lutherbibel, Revidierte Fassung von 2017, entnommen. Weitere Bibelübersetzungen:
HfA: Hoffnung für alle, Basel und Gießen, 1983JdM: „Jesus der Messias“, GloryWorld-Medien 2024NeÜ: Neue evangelistische Übersetzung © 2013 Karl-Heinz Vanheiden
Lektorat: Klaudia WagnerSatz: Manfred MayerUmschlaggestaltung: Rainer Zilly, www.kreativ-agentur-zilly.deFotonachweis: chatgpt.com
ISBN (epub): 978-3-95578-749-3
ISBN (Druck): 978-3-95578-649-6
Vorwort – Michael Stahl
Vorwort – Isabell Antl
TEIL 1: Emi – die immer ein Kind bleiben wollte
1 Der Notruf
2 Kostbar & Zerbrechlich
3 Gott hatte einen anderen Plan (Hilda, Emis Trainerin)
4 Von der Finsternis ins Licht (Emis Papa)
5 Himmlischer Trost
6 Das zerrissene Mutterherz (Emis Mama)
7 Der offene Himmel (Jesus & Emi)
8 Eine himmlische Botschaft
9 Begegnungen
10 Es ist nicht das Ende
TEIL 2: Weggefährten
11 Engel auf Erden
12 Die Kraft des Himmels lebt in uns (Gina)
13 Die Bitte um ein Gebet (Tanja)
14 Gesegnet (Ralf Schaffner)
15 Der gute Gott in einer bösen Welt (Gerhard Wittig)
16 Umarmung in der Ewigkeit (Tom Stieben)
17 Freude im Leid (Peter Häberle)
18 Zeuge einer unglaublichen Geschichte (Jott Fürwitt)
19 Janas erstes öffentliches Bekenntnis (Reiner Hilbert)
20 Den Himmel gewonnen (Michael Sternkopf)
21 Vom Abgrund ins Licht (Johannes Kienle)
22 Das Licht der Welt (Erich Rechtenbacher)
23 Himmlischer Frieden (Dr. Dorina Windecker)
24 Hoffnung inmitten des Schmerzes (Florian Fromlowitz)
TEIL 3: Hoffnungsgefährten
25 Wiedersehen (Heiko Wenzelmann)
26 Jesus, unsere Hoffnung, lebt (Familie Mickenbecker)
TEIL 4: Liebe, nur Liebe – Gott ist Liebe
27 Liebesbrief an Gott (Andi)
28 Als es aber Morgen war – Frühstück mit Liebe
29 Ein kleines Nachwort (Jana & Andi)
Zum Autor/Herausgeber
Jesus ist die Hoffnung in Person.Er verkörpert das Gegenteil von Sorge.Er ist der Gott, der Hoffnung schenkt, ja, sich selbst.Jesus ist alles, was wir brauchen.
Andreas AdenauerEnkelsohn von Konrad Adenauer,des ersten Bundeskanzlers der Bundesrepublik Deutschland
Michael Stahl
Es ist ein grauer Herbsttag im Jahr 2024. Um Worte ringend, wie ich dieses Herzenswerk starten soll, sitze ich gedankenverloren vor meinem PC und schaue immer wieder zum Fenster hinaus. Als ob ich dort draußen etwas suchen und finden würde, das mir einen Impuls gibt, um dem irgendwie gerecht zu werden, was ich versprochen habe. Gibt es überhaupt Worte, die beschreiben können, was ich fühle und was ich weitergeben möchte? Es ist die Bitte meines Cousins Andi und seiner lieben Frau Jana. Unter Tränen sagte mir Andi: „Ich möchte, dass etwas von Emi bleibt, vielleicht ein Block oder Postkarten mit einem Foto von ihr, wie sie voller Freude in die Kamera strahlt.“
Dass etwas bleibt? Oder gar noch viel mehr als nur etwas?
Was ist geschehen?
Emi starb einfach so – mit 11 Jahren. Urplötzlich hörte ihr kleines Herz auf zu schlagen. Keine bekannten Vorerkrankungen, nichts, gar nichts.
Ein unbeschreiblicher Albtraum nahm seinen Lauf. Doch mitten in dieser Dunkelheit erlebte die Familie meines Cousins etwas, das sie zuvor nicht gesehen hatten. Etwas, das immer da war: die Liebe Gottes. Jemand, ach, nicht nur jemand – JESUS selbst war da! Ja, es war auch Wut da, unendlich viele Fragen und eine große Portion Zweifel, doch Familie Antl begann zu sehen.
Wie heißt es in einem Sprichwort1: „Man sieht nur mit dem Herzen gut.“
Andi, Jana und Emis große Schwester Isabell lernten in der dunkelsten Zeit Jesus, das Licht der Welt, kennen und lieben und haben ihn fest in ihren Herzen verankert. Sie setzten ihre Hoffnung nicht auf die Sterne, auf sich selbst, auf irgendwelche Glücksbringer, sondern auf den, der von sich selbst sagte: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“ – auf JESUS.
Als Emily, genannt Emi, in einem Stuttgarter Krankenhaus diese Welt verließ, begleitete ich Jana und Andi auf diesem unbeschreiblich schweren Weg, sich von ihrer Tochter im Krankenhaus zu verabschieden. Mein Herz wurde dabei fast zerrissen, auch jetzt beim Schreiben. Jana verließ irgendwann zwischendurch den Raum und schrie mitten aus ihrem gebrochenen Mutterherzen heraus: „Emi ist nicht mehr da …!“
Dieser Satz hallt nach: „Emi ist nicht mehr da!“ Und immer und immer wieder: „Emi ist nicht mehr da!“ Wo ist sie, frage ich die Welt? Frage ich dich! Welche Antwort gibt der Atheist? Die Religionen dieser Welt? Jesus gab Jana, Andi und Isabell die Antwort: Sie ist bei ihm zu Hause – geborgen in seinen Armen.
Dieses Buch ist trotz des unfassbaren Verlustes ein Zeugnis der Hoffnung, der Liebe Gottes, die alle menschliche Vernunft übersteigt. In Andis Gesicht kam ein Strahlen, als ich ihn und Jana fragte, ob wir unsere Erlebnisse in einem Buch zusammentragen und mit der Welt, also jetzt auch mit dir, teilen wollen. Begleitet von der Erwartung, dass es eine Hoffnung gibt, die stärker als der Tod ist. Mit der Bitte, dass wir Menschen unsere Streitigkeiten beenden, noch bevor die Sonne untergeht, und einander die Liebe aussprechen – denn worauf warten wir? Das Leben ist so kurz; und möge dieses kleine Werk dazu beitragen, dass wir noch mehr erkennen, dass das Leben so kostbar und zerbrechlich ist. Dies waren die Worte des Chefarztes: „Kostbar und zerbrechlich ist unser Leben.“ Gehen wir also viel, viel wertschätzender damit um, als je zuvor!
Lass dein Herz berühren von den Wundern, die in diesem Buch enthalten sind, und lerne den immer mehr und mehr kennen, der das Leben, die Hoffnung und die Liebe in Person ist – JESUS.
Wir haben in den Monaten nach dem schrecklichen Verlust unfassbare Dinge erlebt. Momente, in denen wir innerlich genötigt wurden zu schreiben. Worte, die wie von selbst in die Tastatur eingetippt wurden. Texte, die uns selbst anschließend erstaunten.
Alles hat SEINE Zeit, doch prüft es selbst. Möge dieses Buch für viele zum richtigen Zeitpunkt kommen und zum Segen werden.
Emi
1Antoine de Saint Exupéry, Der kleine Prinz.
Isabell Antl
Hallo, ich bin Emis große Schwester Isabell. Wir beide waren nicht nur Geschwister, sondern auch beste Freundinnen. Als ich Emi verlor, fühlte es sich an, als würde es mein Herz zerreißen.
Meine Familie, meine Verwandtschaft, meine Freundinnen, Pfarrer Kolb, Hilda und Michael waren und sind für mich eine große Stütze. Einige von ihnen haben mir viel von Jesus erzählt, und spätestens seit meiner Konfirmation glaube ich an ihn und vertraue ihm.
Wenige Wochen nach dem Tod meiner Schwester schenkte mir Jesus einen Traum; und auch dadurch weiß ich, dass sie bei ihm ist und dass es ihr gut geht.
Ich bin so dankbar, dass durch dieses Buch viele von Emi erfahren und somit ihre Geschichte vielleicht viele Herzen berührt. Immer wieder bin ich sehr traurig, weil Emi nicht mehr da ist.
Emi und ich trainierten früher bei Hilda und Michael. Nun trainiere ich viel intensiver als je zuvor. Parallel dazu mache ich eine Privatausbildung zur Protactics-Trainerin. Ich möchte vielen Kindern und Jugendlichen helfen, dass sie lernen, wie sie sich und andere besser schützen. Außerdem möchte ich ihnen durch das Training vermitteln, wie wertvoll sie sind.
Ich weiß, dass Emi mir vom Himmel aus zuschaut und stolz auf mich ist, dass ich mein Bestes gebe, Wertvolles vermitteln werde und auf Jesus vertraue. Sie selbst sieht ihn von Angesicht zu Angesicht und weiß selbst am besten, dass es nichts Wertvolleres gibt, als Jesus im Herzen zu tragen und sich geliebt und gehalten zu wissen.
Ich bedanke mich bei allen, die an diesem Buch mitgeschrieben haben, und hoffe, dass ganz viele Menschen durch Emis Geschichte viel wertschätzender miteinander umgehen, viel besser auf sich und andere aufpassen und hoffentlich auf Jesus vertrauen, der mein Licht in dieser dunklen Zeit war und ist und immer sein wird.
Jesus ist meine Hoffnung!
Danke an meine Familie, Verwandtschaft, Pfarrer Kolb, allen Freunden, dem Team von Protactics und allen, die ich jetzt nicht erwähnt habe!
Danke an Jesus!
Ich werde mein Bestes geben, auch wenn es oft nicht leicht ist, aber ich gebe mein Bestes, dort, wo ich bin, mit dem, was ich habe. Und ich hoffe und weiß: Jesus macht den Rest.
Eure Isabell ❤️🙏
TEIL 1: EMI – DIE IMMER EIN KIND BLEIBEN WOLLTE
Michael Stahl
Es war Samstag, der 7. September 2024, der Tag nach meinem Geburtstag. Ach, wie schwer ist mir manchmal um diesen Zeitpunkt herum. Aufgrund einiger trauriger Kindheitserinnerungen habe ich meinen Geburtstag noch nie gefeiert. Ich bin eher einer, der vor diesem Tag flüchtet. Doch wohin ich auch fliehe, die Erinnerungen jagen mir hinterher.
Als kleiner Bub lernte ich Jesus kennen und lieben. Als Mann warf ich diesen Jesus jedoch hochkantig wieder über Bord. Ich wollte mein Lebensschiff selbst steuern. Zu oft wurde ich enttäuscht und verletzt. Zu oft habe ich andere enttäuscht und verletzt. Dies alles hat Spuren hinterlassen. Vor etwa 20 Jahren, am Tiefpunkt meines Lebens, als mein Lebensschiff in kalter Nacht und schweren Stürmen jämmerlich unterging, da gab ich Jesus die Kontrolle, das Steuerrad meines kleinen Lebens in seine Hände.
Gott hat so viel Humor, dass er mir eine Frau an die Seite gab, die am selben Tag Geburtstag hat wie ich. Sie feiert diesen Tag gerne, ich dagegen würde ihn lieber aus dem Kalender feuern. Na ja, vor circa 20 Jahren erlaubte ich Jesus in mein kleines Herz zu kommen, um es gesund zu lieben. Und seitdem ist es in Arbeit, Stück für Stück – beim besten Herzspezialisten im ganzen Universum.
An diesem Samstag lag ich müde und erschöpft von den Strapazen des Tages auf meinem Sofa, als mich eine Nachricht auf meinem Handy tief erschütterte. Wie oft schon haben mich Nachrichten per Telefon in Schockstarre versetzt. So oft schon veränderte sich mein Leben von jetzt auf gleich durch die Information, die ich am Telefon erhielt:
• Juli 2010 – Mein Papa stirbt; an einem Telefon erfuhr ich den Verlust.
• Oktober 2010 – Meine Familie hat einen grauenhaften Autounfall, eine Freundin stirbt; ein Anruf verändert alles.
• Mai 2012 – Mein geistiger Papa, Onkel Heinz, geht in den Himmel – und wieder ein Anruf.
• September 2021 – Meine geliebte Tante Elfriede geht zu Jesus; ein Anruf mehr, der mich erschüttert.
Zwar deaktivierte ich den Klingelton meines Handys bis heute, aber leider blieben dadurch die traurigen Nachrichten nicht aus:„Emi ist zusammengebrochen, es sieht nicht gut aus“, teilte man uns an diesem 7. September mit. Es war ein Samstagabend. Samstag, das ist doch dieser Tag, an dem wir früher die Straßen kehrten und man danach alle Kinder in die Badewanne steckte, erst die jüngeren und dann dem Alter nach, der letzte musste dann in der Brühe seiner Vorgänger baden. Das Säubern der Straßen und die Körperpflege am Samstag, all dies hat seinen Ursprung darin, dass man sich und sein Haus für den Tag des Herrn, den Sonntag, schick machen wollte. Am Abend saß dann oft die ganze Familie zusammen vor der TV-Kiste oder es gab Spieleabende. Die Welt der Antls war von diesem Samstag an eine andere. Keine gemeinsamen Spieleabende, keine gemeinsame Zeit mehr zusammen vor der Flimmerkiste.
Emi brach einfach so zusammen. Der Rettungshubschrauber brachte sie nach Stuttgart in eine Klinik. Dort kämpften die Ärzte um ihr kleines Leben. – So brachte ich den Notruf der gesamten Familie vor Gott.
Rufe mich an in der Not, so werde ich dich erretten und du sollst mich preisen (Psalm 50,15).
Immer und immer wieder betete ich in dieser Nacht. Am nächsten Morgen kam die erschütternde Nachricht, dass Emi es nicht geschafft hat.
Ohnmacht, Wut, Leere und Zweifel tobten in meinem Kopf und in meinem Herzen. Ich hatte IHN doch an in der Not angerufen. Er wollte doch Rettung schenken! Wir sollten ihn doch dann lobpreisen. So kämpfte ich an diesem Morgen mit meinem Herrn, mit meiner Fassung, mit meiner Trauer und mit allem, was mich noch beschäftigte.
Mitten in all diesem war es mir, als würde mir Jesus eine Frage stellen: „Willst du weggehen, Michael?“
Ich weine eben beim Schreiben. Diese Frage stellte Jesus einst seinen zwölf Jüngern, nachdem alle anderen ihn verlassen hatten: „Wollt auch ihr weggehen?“ Und meine Antwort war dieselbe, wie Petrus sie damals gab: „Herr, wohin sollte ich gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens.“1 Woher würde ich sonst Hoffnung bekommen? Wer könnte mir meine übergroße Schuld vergeben? Wer gab sein Leben, damit wir leben? Wahrhaft leben! Der Jahrmarkt der Religionen hat eine Menge zu bieten, aber da ist keiner, der die Größe hatte, sich in seiner Allmacht so klein zu machen, außer meinem Heiland Jesus Christus.
So gab ich ihm am Morgen des 8. September 2024 erneut mein Ja-Wort, verbunden mit einer Bitte: „Ich weiß nicht, warum Emi gehen musste, aber dann zeige mir meinen Platz, wo ich trösten und ermutigen kann und zum Boten deiner Liebe werde.“
Mein Cousin Andi und ich kannten uns zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht so richtig. Unsere Herkunftsfamilien hatten es nicht einfach gehabt, und so manches Missverständnis und mangelnde Kommunikation führten dazu, dass wir über Oberflächlichkeiten nie hinausgekommen waren.
An diesem grauenhaften Morgen sollte ich in einer Gemeinde in Nördlingen sprechen. Kurz überlegte ich, ob ich absagen sollte, mein Kopf war so durcheinander, mein Herz so schwer. Doch dann kam in mir eine feste Entschlossenheit zum Vorschein: „Jetzt erst recht! Die Botschaft von Liebe und Versöhnung muss raus!“ So fuhr ich mit meiner Kollegin zu diesem Gottesdienst und erzählte von Emi, von Psalm 50,15, von meinen Kämpfen und Zweifeln und von meinem erneuerten Ja-Wort Jesus gegenüber.
Kurz vor Ende des Gottesdienstes spürte ich, dass Gott mich für einiges vorgesehen hatte – Aufgaben, mit denen ich noch am Morgen nie und nimmer gerechnet hätte. Ich sagte den Besuchern, dass ich heute keine Zeit für Gespräche hätte, denn ich würde heute noch gebraucht.
Direkt im Anschluss an den Gottesdienst kam meine Kollegin Hilda mit ernster Miene auf mich zu: „Michael, deine Frau schrieb: Familie Antl braucht dich. Komm bitte sofort und bring bitte Hilda mit.“ (Hilda war Emis und Isabells Trainerin, und die Familie mochte sie sehr.) Ich war nicht überrascht, denn ich hatte es inmitten des Gottesdienstes gespürt.
So fuhr ich mit Hilda zu Jana, Andi und Isabell, zu der kleinen, wunderbaren Familie, die erst vor wenigen Stunden ihre geliebte kleine Emi verloren hatte. Hilda und ich beteten im Auto und wir vereinbarten, dass wir erst dann sprechen würden, wenn wir gefragt würden. Ansonsten wollten wir einfach nur da sein. Wir wollten den Namen Gottes – Jahwe, „Ich bin für dich da“ – allein mit unserer Anwesenheit bezeugen. Wir wollten mit den Trauernden trauern und lediglich ein bisschen Licht in dieser unfassbaren Dunkelheit sein.
Geh lieber in ein Haus, wo man trauert, als dorthin, wo gefeiert wird. Denn im Trauerhaus wird man daran erinnert, dass der Tod auf jeden Menschen wartet. Wer noch lebt, sollte sich dies zu Herzen nehmen! (Prediger 7,2 HfA).
So fuhren wir zum Haus der Trauernden!
Um 12.16 Uhr schrieb mir Andreas selbst: „Michael, sie hat es nicht geschafft.“ Alle die Hoffnungen, die man am Vorabend und in der Nacht noch gehabt hatte, waren dahin.
Als ich an diesem Tag meinen Cousin in den Armen hielt und wir gemeinsam weinten, war alle Oberflächlichkeit dahin – mitten in der Trauer, durch den Tod seiner geliebten Tochter, ist etwas Neues entstanden, eine tiefe Verbundenheit mit ihm und seinen Lieben!
Jesus war nie weg, er war da, mitten im Leid. Oh, ich verstehe ihn so oft nicht. Aber was wäre es für ein kleiner Gott, den der kleine, verletzte und so oft bockige Michael Stahl verstehen würde? Familie Antl und ich können bezeugen, dass Jesus mitten im Sturm da war und ist.
Dieser Sonntag prägte und schliff meinen Charakter auf unfassbare Art und Weise, denn Jana und Andi kamen mit einer Bitte, die fast meinen kleinen Horizont überstieg. Sie fragten Hilda und mich, ob wir sie bitte nach Stuttgart in die Klinik fahren würden. Klar machten wir das, dafür waren wir ja da, um einfach da zu sein und um irgendwie zu helfen.
So fuhren wir über eine Stunde in die Klinik. Es regnete so sehr, dass es schien, als ob der Himmel mit uns allen weinte. Während der Fahrt unterbrach Andis Stimme die Stille: „Wo ist Gott, Michael?“
Irgendwie trat eine heilige Stille ein. Einst fragte Gott Adam: „Adam, wo bist du?“ Nun fragte der Vater, der eben seine Tochter verloren hatte, nach dem Vater aller Väter, nach Gott. Ich gab ihm zur Antwort:
„Lieber Andi, ich habe keine Antworten, warum dies geschah. Ich bin wütend und habe Zweifel. Aber eines weiß ich ganz genau: Dass er jetzt gerade in diesem Moment bei uns ist. Und als Emi gestern zusammenbrach, da fiel sie in seine Hände – dessen bin ich mir sicher!“ Ich sprach weiter: „Hilda und ich hatten vereinbart, dass wir nur antworten, wenn wir gefragt werden. Nun habe ich eine Frage an dich, Andi: Hast du nach Gott gefragt, bevor die schreckliche Tragödie euch traf?“
„Nein“, antworte Andi und fuhr fort: „Gott hat mich nie interessiert. Doch jetzt wird er zur einzigen Hoffnung, die wir noch haben.“ Mit diesen Worten berührte er unsere Herzen noch mehr.
Dann kamen wir in der Klinik an. Was dort alles geschah, kann man ohne Jesus nicht fassen, tragen, erklären. Ich wünsche mir, dass ihr auch das Ungeschriebene zwischen den Zeilen versteht, das nie ausgesprochene Wort hört, die Liebe, die ich nicht geben kann, fühlen könnt. Möge Jesus, die Hoffnung der Herrlichkeit, euch dabei helfen und euch die Hoffnung schenken, die alle Hoffnungslosigkeit überwindet.
1Siehe Johannes 6,67-68.
Michael Stahl
Jana und Andi hatten beide unabhängig voneinander den Gedanken gehabt, dass Hilda und ich sie auf diesem schweren Weg begleiten sollten. Wie konnte das sein? Hilda war Emis Trainerin und ich eigentlich nur ein Verwandter, der kaum Kontakt zur Familie hatte. Woher kam der Impuls? Wer hatte da seine Finger im Spiel? Wir kennen die Antwort. Du auch?
Die Spannung im Auto war so unbeschreiblich bedrückend. Andi und Jana baten Hilda und mich, am Gespräch mit dem Chefarzt teilzunehmen, und um Beistand, wenn sie sich im Krankenhaus von Emi verabschieden würden. Ich betete im Stillen. Als das Klinikgebäude ins Blickfeld kam, erdrückten mich die Mauern fast. War ich den kommenden Aufgaben gewachsen? Wie hatte ich an diesem Morgen noch gebetet: „Jesus, zeige mir, wo mein Platz ist. Lass mich dein Bote sein!“ Er hatte mich beim Wort genommen.
Ausgerechnet in diesem Moment verfuhr ich mich wieder einmal, wie so oft in meinem Leben. Nicht nur im Auto mangelt es mir an Orientierung, sondern auch in Gebäuden. Unzählige Umwege lief und fuhr ich schon. Aber auch auf meiner Lebensreise hatte ich häufig keinen Plan. Wie oft war ich schon falsch abgebogen. Ich bin so froh, dass Jesus mein Kompass wurde, mein Wegweiser, ja sogar der Weg selbst.
So fuhren wir noch einmal um die Klinik herum, bis wir endlich in der Tiefgarage einen Platz fanden.
Jana und Andi waren tags zuvor schon einmal in die Klinik gefahren, und Jana hatte noch Hoffnung gehabt. Irgendwie dachte sie, dass Emi es schaffen könnte. Jana war auf der Arbeit gewesen, als die Tragödie ihren Lauf nahm. Andi und Isabell waren vor Ort. (Die beiden wunderbaren Eltern werden euch im Anschluss diesen Tag aus ihrer Sicht beschreiben.) Nun waren sie wieder an dem Ort, wo ihre geliebte Emi gestorben war. Einen Tag zuvor hatte noch Hoffnung bestanden. Heute gab es keine Hoffnung mehr. Das Schlimmste, das Grausamste, was Eltern passieren kann, war tatsächlich geschehen: Ihr Kind war gestorben. Ein Albtraum, der leider wahr wurde.
Jana und Andi waren mit dem Chefarzt der Klinik verabredet. Wir trafen uns auf dem Flur der Station und wurden in ein kleines Besprechungszimmer geführt.
Da saßen wir nun zu fünft – Jana, die Mama, die ihr Kind verloren hatte, welches sie einst unter ihrem Herzen trug, Andi, der Papa seiner geliebten kleinen Prinzessin, meine Kollegin Hilda, dieser wunderbare Chefarzt und meine Wenigkeit. Was für ein ruhiger und einfühlsamer Mensch, dieser Arzt. Emi hatte eine Gehirnblutung erlitten, die Ursache war damals noch nicht bekannt.
Ich lauschte den Worten des Arztes und lernte fürs Leben, mein Herz und mein Charakter wurden geschliffen. „Das menschliche Leben ist so unbeschreiblich komplex. Und weil es das ist, sind viele Todesursachen auch so unbeschreiblich komplex. Wir alle sind so kostbar und zerbrechlich“, erklärte er uns.