Endlich den Mut - Lutz van Dijk - E-Book

Endlich den Mut E-Book

Lutz van Dijk

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Beschreibung

Briefe von Stefan K., der Hauptperson aus dem Jugendbuch-Klassiker Verdammt starke Liebe Mit sechzehn die erste Liebe im Zweiten Weltkrieg, mit siebzehn verhaftet, gefoltert und dann verurteilt. Fast vierzig Jahre Schweigen und Verleugnung, mit fünfundsechzig Jahren Coming-out. Die Briefe von Stefan T. Kosinski sind ein bewegendes Zeugnis der Bewusstwerdung trotz tiefer Verwundungen, die nie wirklich heilen konnten. »Mein Wunsch ist, dass Menschen in allen Ländern dieser Welt endlich begreifen, dass es immer ein Verbrechen ist, Liebe zu bestrafen und Gewalt zu tolerieren. Allein umgekehrt macht es doch einen Sinn.« Stefan T. Kosinski

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Seitenzahl: 229

Veröffentlichungsjahr: 2015

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© Querverlag GmbH, Berlin 2015

Lektorat: Rainer Falk

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schrift­liche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Umschlag und grafische Realisierung von Sergio Vitale unter Verwendung einer Fotografie aus der Sammlung Lutz van Dijk, Kapstadt.

ISBN 978-8-89656-577-8

Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis an:

Querverlag GmbH

Akazienstraße 25, 10823 Berlin

www.querverlag.de

„Mein Wunsch ist,

dass Menschen in allen Ländern dieser Welt

endlich begreifen,

dass es immer ein Verbrechen ist,

Liebe zu bestrafen und Gewalt zu tolerieren.

Allein umgekehrt macht es doch einen Sinn.“

Stefan T. Kosinksi,

Warschau im Dezember 1990,

im Nachwort zu Verdammt starke Liebe

Der Kommandant des KZ Auschwitz,

Rudolf Höß (1900–1947),

schrieb im Gefängnis von Krakau,

wenige Wochen vor seiner Hinrichtung im April 1947,

über die homosexuellen Häftlinge mit dem rosa Winkel:1

„Bei diesen half keine noch so schwere Arbeit,

keine noch so strenge Aufsicht …

Da sie von ihrem Laster nicht lassen konnten oder nicht wollten,

wußten sie,

daß sie nicht mehr frei würden.

Dieser stärkst wirksame psychische Druck

bei diesen meist zartbesaiteten Naturen

beschleunigte den physischen Verfall.

Kam dazu noch etwa der Verlust des ‚Freundes‘

durch Krankheit oder gar durch Tod,

so konnte man den Exitus voraussehen.

Viele begingen Selbstmord.

Der ‚Freund‘ bedeutete diesen Naturen in dieser Lage alles.

Es kam auch mehrere Male vor,

daß zwei Freunde zusammen in den Tod gingen.“

1 Zitiert nach: Broszat, Martin (Hrsg.): Kommandant in Auschwitz. Autobiographische Aufzeichnungen des Rudolf Höß, München 1963, S. 81.

„Dass jetzt die richtige Zeit ist …“ Briefe an Bundeskanzler Helmut Kohl und andere (September 1988 bis September 1990)

Nachdem er Anfang 1988 im Fernsehen in den polnischen Abendnachrichten davon gehört hatte, dass die westdeutsche Bundesregierung einen Fonds für die „vergessenen Opfer des NS-Regimes“ eingerichtet habe, und sich gleichzeitig seine gesundheitliche Situation zunehmend verschlechterte, begann Stefan an verschiedene öffentliche Stellen in der damaligen BRD zu schreiben in der Hoffnung, seine aus den Folgen der NS-Haft resultierenden Gesundheitsschäden in Polen angemessen behandeln lassen zu können. Er schrieb nicht nur an Bundeskanzler Helmut Kohl, sondern auch direkt an das Finanzministerium sowie verschiedene politische Parteien und schwule Organisationen wie den Bundesverband Homosexualität.

Diejenigen, die zumindest antworteten, erklärten im Kern dasselbe: Als Pole habe er keine Chance, aus dem „Fonds“ etwas zu erhalten, da dieser nur für Opfer gedacht sei, die ihren Wohnsitz in der BRD haben – dies vor allem, um die Forderungen von tausenden ehemaligen „Zwangsarbeitern“ aus Osteuropa und von deren Familien zu verhindern. Es wurde zuweilen darauf verwiesen, dass er sich an die polnische Regierung wenden möge, da diese ein Abkommen mit der westdeutschen Regierung über Reparationen nach dem Krieg habe. Dies jedoch war für ihn als homosexuellen Mann im damaligen Polen unmöglich.

Als Beispiel im Folgenden sein Brief an Bundeskanzler Kohl vom September 1989 sowie die zweite, inzwischen deutlich genervte Antwort eines Sachbearbeiters aus dem Bundesministerium der Finanzen vom Juni 1990, in der er gebeten wird, „von weiteren Eingaben abzusehen“.

Warschau, am 12. September 1989

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Doktor Kohl!

Als NS-Verfolgter bin ich gezwungen, mich an Sie – zwecks Erhalt einer NS-Entschädigung – zu wenden, da alle anderen Bemühungen seit einem Jahr ohne positive Ergebnisse geblieben sind.

Es wird immer geantwortet, dass „aufgrund der deutschen Rechtslage“ in meinem Fall einfach wenig Hoffnung auf eine NS-Entschädigung besteht. Die Zeit läuft, und ich kann nicht mehr warten. … Ich kann meine überlebte Folter und Haft – und schwere Gesundheitsschäden – einfach nicht vergessen!

Mein Fall ist bestimmt nicht typisch, aber erst jetzt habe ich die Kraft gefunden, über meine Verfolgung im Nationalsozialismus zu sprechen: Als 17-Jähriger bin ich am 19. September 1942 im annektierten Reichsgau Westpreußen (in Toruń, damals Thorn) von der Gestapo5 verhaftet und anschließend nach § 175 zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt worden. Und nur deswegen, weil ich als polnischer „Untermensch“ mit einem deutschen Wehrmachtsangehörigen eine Liebesbeziehung hatte. Meine Odyssee durch verschiedene großdeutsche Straflager und Zuchthäuser endete erst im Mai 1945, als mir die Flucht aus einer Haftanstalt bei Hamburg gelang.

Was ich alles durchgemacht habe während meiner Jugendjahre, möchte ich hier nicht genau schildern, da verschiedene Behörden und Einrichtungen in Westdeutschland meinen Fall genau kennen. Ich möchte aber endlich eine Entschädigung für meine Verfolgung erhalten. … Ich hoffe, dass jetzt die richtige Zeit ist – vor Ihrer Reise nach Polen in Erinnerung an den Kriegsbeginn vor 50 Jahren am 1. September 1939.

Viel Zeit habe ich nicht mehr. Ich werde bald 65 Jahre alt und habe viele gesundheitliche Probleme als Folge damaliger Folter und Haft, wie in früheren Briefen ausführlich geschildert und mit Attesten belegt. Ich habe aber endlich den Mut gefunden, für meine Rechte als Homosexueller zu kämpfen.

Ich hoffe, dass Sie mich verstehen und eine moralische Lösung finden (falls auf dem Rechtswege nicht möglich), um meiner Bitte zu entsprechen. Ich bedanke mich im Voraus für Ihre Unterstützung in meiner Angelegenheit und verbleibe hochachtungsvoll

T. Kosinski

Bundesministerium der Finanzen Bonn, am 20. Juni 1990

Sehr geehrter Herr Kosinski!

Ihre Eingaben vom 15. Dezember 1989 an den Herrn Bundeskanzler und an mich, mit denen Sie sich erneut um eine Entschädigung bemühen, habe ich erhalten. Leider kann ich Ihnen dazu nur mitteilen, dass die in meiner Stellungnahme vom 27. November 1989 erläuterte Sach- und Rechtslage unverändert fortbesteht. Danach kann Ihnen die Bundesrepublik Deutschland die gewünschte Entschädigung nicht gewähren, weil es an den gesetzlichen und völkerrechtlichen Voraussetzungen dafür fehlt.

Ich bedaure, Ihnen daher auch jetzt keine günstige Nachricht geben zu können, und bitte Sie, von weiteren Eingaben abzusehen.

Mit freundlichen Grüßen

Im Auftrag [beglaubigt, Name und Stempel des Sachbearbeiters]

5 Gestapo lautete die Abkürzung für die Geheime Staatspolizei, die während der NS-Zeit die Aufgabe hatte, Adolf Hitler und seinen NS-Staat gegen „alle Feinde zu schützen“ und aufgrund ihrer Terrormethoden, die sich keinen Gesetzen verpflichtet fühlten, bald bei allen gefürchtet war, die sich in irgendeiner Weise nicht an die NS-Diktatur anpassen wollten oder konnten.

„Sehr lieber, verehrter Herr Doktor …“ – Kontaktaufnahme und Kennenlernen (23. Mai 1990 bis September 1991)

Durch meine Doktorarbeit über oppositionelle Lehrerinnen und Lehrer in der NS-Zeit6 hatte ich viele Begegnungen mit Zeitzeugen, die die NS-Zeit überlebt hatten. Ich war mir bewusst, dass es niemals eine objektive Erinnerung gibt, sondern die Annäherung an historische Wahrheit sich aus verschiedenen Quellen zusammensetzt: dem Anhören unterschiedlicher Zeitzeugen, der Kenntnis möglichst vieler Alltagsdetails aus der zu erforschenden Periode und nicht zuletzt einem gründlichen Archivstudium. Ob es am Ende ein Jugendbuch geben würde oder nicht, war, nachdem der erste Brief an Herrn Kosinski geschrieben worden war, sicher nicht die vorderste Frage.

Im Vergleich zu manchen anderen Zeitzeugen zeichnete sich Stefan von Anfang an als jemand aus, der selbst großes Interesse hatte, so viel erinnertes Wissen wie möglich zur Verfügung zu stellen und gemeinsam zu überprüfen, wo immer möglich. So stellte er mir umgehend (und noch bevor wir uns persönlich getroffen hatten) eine Vollmacht zur Verfügung, mit der ich in seinem Namen auf die Suche nach Dokumenten gehen konnte, um seine Berichte zu untermauern.

In diesem Kapitel wird unsere Korrespondenz dokumentiert von der Kontaktaufnahme und dem genaueren Kennenlernen seiner Geschichte, meinem ersten Besuch bei ihm in Warschau im November 1990 bis nach der Veröffentlichung von Verdammt starke Liebe und den ersten Reaktionen darauf im September 1991.

Der erste Brief nach Warschau:

Hamburg, am 23. Mai 1990

Lieber Herr Kosinski,

von Herrn Rainer Hoffschildt, Hannover, wurde ich kürzlich über Ihre Bemühungen um Entschädigung für erlittenes NS-Unrecht informiert. Ich arbeitete bis vor kurzem als Lehrer, bin selbst homosexuell und engagiere mich als Schriftsteller auch zum Thema NS-Zeit (vgl. in der Anlage einen Aufsatz aus der Zeit über die erste Reise offen homosexueller Männer zur Gedenkstätte Oświęcim/Auschwitz im Sommer 1989).

Ich möchte Ihnen zunächst danken, in welch mutiger und ermutigender Weise Sie sich um Ihre Rechte bemühen. Ich durfte Ihr Schreiben an Herrn Hoffschildt vom 31. Januar 1990 lesen, das mich sehr berührt hat. Daraufhin habe ich umgehend Ihr Schreiben an die hiesige Hamburger Stiftung „Hilfe für NS-Verfolgte“ gesandt. Ich bitte darum, dass geprüft wird, ob die Stiftung Ihnen Geld zukommen lassen kann und ob die Stiftung helfen kann, Ihre Akte aus der Jugendstrafanstalt Hahnöfersand wiederzufinden. Eine Kopie des Briefes lege ich Ihnen bei.

Gleichzeitig denke ich darüber nach, ob es hilfreich sein könnte, einen Bericht über Ihr Leben zu veröffentlichen, um auch dadurch Aufmerksamkeit und Hilfsbereitschaft zu erzeugen. Um dies besser beurteilen zu können, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie einverstanden wären und mir noch nähere Einzelheiten schildern könnten?

[Es folgen Fragen nach genauem Lebenslauf, Hintergründen zur familiären Situation vor und nach 1939, Inhalt des Briefes, der zur Verhaftung führte, Details der Verhaftung und Folter und nach Fotos aus verschiedenen Lebensstationen.]

Ich weiß, dass ich Ihnen damit viel Arbeit zumute und sicher auch manch schwere Erinnerung für Sie wieder hochkommen wird. Bitte erlauben Sie mir, Ihnen wenigstens für Ihre Unkosten (Porto etc.) etwas Geld in bar beizufügen.

Leider muss ich bereits ab 9. Juni (bis 29. Juli) in Amsterdam sein, um dort einem Auftrag bei der dortigen Anne-Frank-Stiftung nachzukommen. Falls Sie etwas mehr Zeit brauchen, senden Sie bitte Ihre Antwort an [Anschrift der Stiftung].

Eventuell besteht später im Jahr auch einmal die Möglichkeit, Sie in Warschau zu besuchen.

Für heute bleibe ich mit Dank und herzlichem Gruß

Ihr Lutz van Dijk

Warschau, am 28. Mai 1990

Sehr lieber, verehrter Herr Doktor!

Heute bekam ich Ihren netten Brief vom 23. Mai 1990 mit allen Unterlagen (auch dem DM-Geldschein) wie auch Ihr schönes Buch Der Attentäter. Ich war gerührt, als ich das alles auspackte. Vielen, vielen Dank! Ich danke auch Herrn Rainer dafür, dass er Ihnen meine Adresse gab und von meinem Schicksal berichtete. …

Heute schreibe ich Ihnen ganz kurz, damit Sie meinen Brief in Hamburg noch bekommen, bevor Sie nach Amsterdam reisen. Ich weiß nicht, wie lange Post aus Polen in die BRD geht. Früher als die Kommunisten regierten, dauerte es sehr lange, manchmal bis zu vier Wochen oder noch länger. … Die Post wurde immer gründlich kontrolliert, und das dauerte. Diesmal, wie Sie sehen, ist Ihre Post in fünf Tagen angekommen, also vermutlich ist die Kontrolle doch schon abgeschafft? Gott sei Dank – wir mussten lange genug mit Spitzeleien leben! Man atmet jetzt ganz anders. Endlich werden wir zu Europa gehören! …

Ich danke Ihnen auch herzlich, dass Sie an die Stiftung für NS-Verfolgte geschrieben haben. … Ich werde Ihnen in den nächsten Tagen noch ausführlicher nach Amsterdam schreiben. Gleichzeitig möchte ich Sie informieren, dass ich am 15. Mai 1990 an den Internationalen Suchdienst in Arolsen zwecks Übersendung meiner Strafakte aus Hahnöfersand geschrieben habe. Sollte ich eine Nachricht von dort bekommen, werde ich Sie sofort benachrichtigen. …

Ich bin froh, dass ich mit Ihnen noch jemanden habe, der mich versteht, meine Bemühungen um Entschädigung schätzt und weiterhelfen will. Vielleicht kann ich Ihnen, wenn wir uns einmal sehen werden, genauer schildern, warum ich nun endlich den Mut habe, für meine Rechte als Homosexueller zu kämpfen.

Ich übersende Ihnen meine herzlichsten Grüße

Ihr Teofil Kosinski

Warschau, am 31. Mai 1990

Sehr lieber, verehrter Herr Doktor!

Wie versprochen schreibe ich Ihnen jetzt ausführlich.7 Nur bitte, falls Sie tatsächlich etwas veröffentlichen wollen, nicht unter meinem Namen (aus verschiedenen Gründen). Auch wenn ich Ihnen Bilder schicke, möchte ich nicht, dass sie veröffentlicht werden.

Wie Sie schon wissen, wurde ich am 1. Januar 1925 in Toruń (im Kriege: Thorn) geboren. Mein Vater arbeitete bei der Eisenbahn. Mutter hatte keine berufliche Ausbildung und arbeitete ab und zu als Putzfrau. Beide hatten nur vier Klassen Volksschule. Wir waren fünf Kinder, außer mir noch zwei Brüder und zwei Schwestern.

Wir wohnten in einer Mietswohnung der Eisenbahn, die ziemlich schön und zum Glück sehr billig war. Da Vater nur wenig verdiente und wir sehr arm waren, vermietete Mutter eines der drei Zimmer. Auch wir Kinder mussten neben der Schule arbeiten …, eine Schwester als Dienstmädchen, mein älterer Bruder half beim Bäcker, ich trug Zeitungen aus. Aber sonst war es schön zu Hause.

Als der Krieg begann, hatte ich gerade die siebte Klasse der Volksschule mit guten Noten beendet. Ich hatte sogar schon die Prüfung fürs Gymnasium bestanden, aber genau dann – am 1. September 1939 – begann der Krieg und alle Schulen wurden geschlossen. …

[Er schildert im Folgenden, wie die Familie die „schöne Wohnung“ verlassen muss, um Deutschen Platz zu machen, und alle sieben Familienmitglieder in eine kleine Einzimmerwohnung umziehen müssen, „fließend Wasser und Toilette nur auf dem Hof“. Da er als junger Pole kein Gymnasium besuchen darf, findet er irgendwann Arbeit als Laufbursche bei einem Bäcker – und etwas später nebenbei als Chorsänger im Stadttheater von Thorn. Vorteil hier ist, dass er einen „Nachtpassierschein“ erhält, während alle Polen sonst ab 20 Uhr abends nicht mehr auf der Straße sein dürfen. Auf diese Weise lernt er an einem Abend Willi kennen:]

Seit dieser Zeit – Mitte 1941 (ich war nun schon 16) – ist mein Leben etwas bunter geworden. Ich sah die schönen Mädchen im Theater, aber auch einige schöne männliche Statisten …, auf die ich mehr und mehr meine Blicke richtete. … Und etwa in dieser Zeit im November 19418 sah ich eines Abends einen jungen Soldaten in dieser schönen grauen Uniform. Er blickte mich ein paarmal sehr bedeutungsvoll an, drehte sich um, lächelte und blieb stehen. Ich folgte ihm. Als Pole traute ich mich nicht, ihn zuerst anzusprechen. Dann redete er zuerst mit mir … und merkte bald, dass ich kein Deutscher bin, obwohl ich die Sprache schon ganz gut konnte.

Er sah sehr gut aus, sehr männlich. Ich war eher feminin und schaute zuerst nach den richtigen Männern. Er war stark gebaut, in jeder Hinsicht, ungefähr 24 oder 25 Jahre alt …9 Er war so lieb und gut zu mir, dass mir von Anfang an alles gefiel. …

Natürlich konnten wir uns nicht zu Hause treffen, sondern nur heimlich, in Ruinen und dann in einer Scheune, wo wir auch sexuell miteinander waren. … Manchmal, wenn viel Schnee lag und ich hatte nur Halbschuhe an, weil dies meine besten Schuhe waren, dann hat er mich auf seinen starken Armen über den höchsten Schnee getragen. …