Engel berühren meine Fingerspitzen - Lorna Byrne - E-Book

Engel berühren meine Fingerspitzen E-Book

Lorna Byrne

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  • Herausgeber: Kailash
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2017
Beschreibung

Wie kaum eine zweite versteht es Lorna Byrne, mit ihren Büchern die hoffnungsvolle Botschaft der Engel greifbar zu machen. Doch wie erlebt sie selbst ihre Hellsichtigkeit? Wie ist die Verbindung zu ihrem eigenen Schutzengel, der sie von Kindheit an begleitet? Und wie greifen Engel in ihrem Leben schützend ein? In der lange erwarteten Fortsetzung von „Engel in meinem Haar“ kommen wir der irischen Engelsflüsterin so nahe wie nie zuvor. Erstmals verrät Lorna außerdem, wie die Seelen unserer Lieben aus dem Himmel zurückkehren, um uns zu helfen und zu führen. Anhand zahlreicher, direkt von den Engeln übermittelter Übungen lernen wir, Zeichen der Engel wahrzunehmen und mit unserem persönlichen Schutzengel Kontakt aufzunehmen.

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Seitenzahl: 504

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Lorna Byrne, geboren und aufgewachsen in Irland, kann seit frühester Kindheit Engel sehen und mit ihnen kommunizieren. Seit sie 2008 das erste Mal mit ihrem Wissen an die Öffentlichkeit ging, erreichte ihre Botschaft Millionen von Lesern in der ganzen Welt. Ihre Bücher, darunter Engel in meinem Haar und Himmelspfade, wurden in 30 Sprachen übersetzt. Lorna Byrne ist Mutter von vier Kindern und lebt zurückgezogen in Irland.

Lorna Byrne

Engel

berühren meine

Fingerspitzen

Wie wir Kontakt zu unseren Schutzengeln und den Seelen unserer Lieben finden

Aus dem Englischen von

Bettina Lemke

Die englische Originalausgabe erschien 2017 unter dem Titel »Angels at my Fingertips« bei Coronet, Hodder & Stoughton, einem Unternehmen von Hachette UK, London.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Deutsche Erstausgabe

© 2017 Kailash Verlag, München

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Straße 28, 81673 München

© 2017 by Lorna Byrne

Lektorat: Birgit Groll

Umschlaggestaltung: ki 36 Editorial Design, Daniela Hofner, München

unter Verwendung eines Motivs von istockphoto/Vichailao

Satz und E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering

ISBN 978-3-641-20686-4V002

www.kailash-verlag.de

Inhalt

Einleitung

1 Der Beginn

2 Mein Schutzengel

3 Leid in der Vergangenheit

4 Platz für Gott schaffen

5 Die Tiefe von Engeln

6 Ein Chirurg, der eine Patientin zu mir schickte

7 Johannes der Täufer

8 Gott holt meine Mutter zu sich

9 Der Erzengel Gabriel und unsere Angehörigen

10 Mein Alltag

11 Der Engel Hosus sitzt mit einem geheimnisvollen Buch auf meinem Bett

12 Wiedersehen mit Joe

13 Das Geburtsrecht von Kindern

14 Ein Besuch der Sainte-Chapelle

15 Hat man die Engel trivialisiert und kommerzialisiert?

16 Die Engel im Alltag

17 Ein Gebet für das Zuhören

18 Ein leuchtendes Baby

19 Mein letztes Schuljahr und die Begegnung mit dem Heiligen Franziskus

20 Heilige Orte und Fahrprüfungen

21 Schmetterlinge

22 Die Kirche

23 Mutter Erde

24 Jesus und der Baum des Lebens

25 Der Engel Amen, der Alltag und meine Freundin Catherine

26 Die Schriftrolle

27 Die dreizehnjährige Olivia

28 Die Energie der Natur

29 Fremde Menschen am Gartentor

30 Mein Liebesvogel

31 Sie werden geliebt

32 Andere verurteilen

33 Die Begegnung mit Brian

34 Ein Glas Milch

35 Die Kreuzigung

Danksagung

Einleitung

Während ich dies schreibe, sind bereits viele Jahre vergangen, seit die Engel mir meine Mission verkündet haben, die Menschen daran zu erinnern, dass jeder von ihnen einen Schutzengel hat, sowie ihnen von der spirituellen Realität ihres Lebens zu berichten.

Ich erfahre ständig mehr über die Engel. Als Kind wurde mir nicht alles auf einmal gesagt. Die Dinge werden mir erst mitgeteilt, wenn ich in der Lage bin, sie zu verstehen – und ich schreibe darüber, wenn mir gesagt wird, dass die Welt bereit ist, sie zu verstehen.

Manchmal werden mir Dinge erzählt, die ich nicht weitergeben darf, und zu anderen Zeiten wird mir gestattet, etwas zu verraten, das ich zuvor geheim halten sollte. So war es mir zum Beispiel lange Zeit verboten, in irgendeiner Weise über meinen eigenen Schutzengel zu sprechen.

Dieses Buch enthält viele Geheimnisse dieser Art, die ich – so wurde es mir aufgetragen – nun verraten kann und soll.

Das Buch ist – wie auch meine anderen Bücher – eine Fortsetzung zu Engel in meinem Haar und erzählt bestimmte Begebenheiten aus meinem weiteren Leben. Zudem enthält es Geschichten über die Zeit, als meine Kinder heranwuchsen, über Begegnungen mit dem Erzengel Michael, dem Engel Elija, meinem Liebesvogel, und es beinhaltet Episoden großen Glücks und großer Traurigkeit sowie von verlorener und gefundener Liebe.

In diesem Buch verrate ich Ihnen auch, auf welche Weise Sie Ihrem Schutzengel näherkommen können. Mein Schutzengel hat mich diese Dinge als Kind gelehrt, damit ich sie an Sie weitergeben kann, sodass Sie eine tiefere spirituelle Verbindung zu Ihrem Schutzengel aufbauen können.

Wenn ich heute mit dem Wissen auf mein Leben zurückblicke, das ich seit dem Buch Engel in meinem Haar erworben habe, verstehe ich viel besser, was mit mir passiert ist und warum –ebenso wie ich besser verstehe, was mit uns allen und mit der Welt, in der wir leben, geschieht. In meinen früheren Büchern und bei meinen öffentlichen Vorträgen habe ich mich auf die Rolle der Engel in unserem Leben konzentriert. In diesem neuen Buch fokussiere ich mich auch auf die Rolle geliebter Menschen, die uns verlassen haben, die Seelen aus dem Himmel, denen es gestattet ist, uns kurz zu besuchen, und ich spreche darüber, auf welche Weise wir ihnen begegnen sollten. Ich spreche überdies darüber, wie wir mit den Engeln zu Gott beten können und wie diese Gebete unser gesamtes Dasein transformieren.

Vor allem verstehe ich viel besser, wie die Engel uns sehen, auf welche Weise sie uns lieben, was sie für uns tun können und was sie von uns wollen – was sie sehen.

Gott und die Engel umgeben uns und können uns in jedem Moment helfen – wir müssen sie lediglich darum bitten und natürlich zuhören. Deshalb nenne ich dieses Buch Engel berühren meine Fingerspitzen.

KAPITEL 1

Der Beginn

Ich war in meiner eigenen Welt und malte ein Bild mit Buntstiften aus, die verstreut auf dem Boden herumlagen. Ich tat mein Bestes, um innerhalb der Ränder zu malen, aber es gelang mir nicht sehr gut, und zuweilen frustrierte es mich etwas. Damals war ich etwa vier Jahre alt.

An diesem Tag tauchte eine riesige goldene Hand voller Licht über meiner kleinen Hand auf. Die Berührung der Hand des Engels erfüllte mich mit Liebe, sodass ich fast das Bild vergaß, das ich gerade ausmalte. Stattdessen konzentrierte ich mich, gebannt von all dem Licht und den Details, auf die Hand des Engels über meiner. Seine langen Finger waren so perfekt, als sie sich zusammen mit meinen bewegten und den Stift in meiner Hand führten. Und während sie das taten, leuchteten die Fingerspitzen des Engels. Die gesamte Engelshand strahlte so hell, dass sie wie eine Taschenlampe wirkte, die den Boden dort beleuchtete, wo mein Bild lag und all die Buntstifte in einem Kreis um mich herum verstreut waren.

Dann sagte der Engel zu mir: »Deine Mum kommt.«

Mum kam ins Zimmer, stellte sich einen Moment neben mich und sagte: »Das ist ein wunderschönes Bild.« Ich strahlte sie von unten herauf an, dann wandte meine Mum sich ab, ging zum Fenster und zog die Vorhänge zurück, um mehr Licht hereinzulassen.

Wie so oft sprach ich ohne Worte zu dem Engel. Es war nicht nötig, irgendetwas laut auszusprechen.

»Mum sieht das Licht nicht, das du für mich gemacht hast. Sie weiß nicht, dass sie die Vorhänge nicht für mich zurückziehen muss.«

»Denk daran, Lorna, du musst das Geheimnis bewahren, sag nichts!«, erwiderte der Engel.

»Okay«, antwortete ich.

Meine Mum verließ das Zimmer wieder, um in die Küche zurückzukehren.

Unser kleines Empfangszimmer war meistens dunkel. Tagsüber erlaubte Mum uns nicht, das Licht anzuschalten. Rückblickend betrachtet hatten meine Eltern nur sehr wenig Geld. Als ich mein Bild fast fertig ausgemalt hatte, kam Blackie, unsere Katze, ins Zimmer und setzte sich neben uns. Der Engel nahm seine Hand von meiner fort und führte sie zu ein paar Buntstiften auf dem Boden. Dann deutete er mit einem Finger darauf und ließ die Buntstifte sich bewegen, ohne sie zu berühren. Ich lachte, als Blackie darauf reagierte, indem sie ihre Pfote ausstreckte und mit den Stiften zu spielen begann. Sie fing einen Buntstift mit den Pfoten und rollte sich damit auf den Rücken. Immer wieder versuchte sie, den Buntstift zwischen ihren Pfoten festzuhalten, während sie sich hin und her rollte.

Ich fragte den Engel: »Kann Blackie das Licht sehen, das aus deiner Hand kommt?«

»Nein, Blackie kann das Licht nicht sehen«, antwortete er. Die Hand des Engels bewegte sich erneut über mein Bild auf dem Boden, und das Bild wurde durch das helle Licht angeleuchtet, das aus der Hand des Engels hervorstrahlte.

Erfreut rief ich aus: »Es ist fertig!«

Als ich es in die Hand nahm und intensiv betrachtete, flüsterte der Engel mir ins Ohr: »Weißt du, Lorna, du kannst ein Bild auch ohne meine Hilfe perfekt selbst ausmalen.« Bestimmt sagte er das, weil ich als kleines Kind nicht glaubte, ohne die Hilfe des Engels gut genug im Ausmalen zu sein.

»Danke, Engel, dass du es mir beibringst und mir hilfst«, sagte ich jedes Mal, wenn der Engel seine Hand über meine legte, um mir beim Ausmalen eines Bildes zu helfen.

Seit ich ein Kind war, habe ich Engel an jedem Tag meines Lebens auf eine körperliche Weise gesehen. Ich kann mir nicht vorstellen, wie das Leben wäre, ohne die Engel physisch zu sehen oder mich mit ihnen zu unterhalten. Es ist normal für mich, aber ich weiß, dass es für Sie nicht normal ist.

Ich kann Sie nur dazu auffordern, Ihre Zweifel beiseitezuschieben und sich selbst eine Chance zu geben zu erkennen, dass Sie nicht nur ein menschliches Wesen sind. Sie sind eine Milliarde Mal mehr als das. Sie haben eine Seele. Sie sind ein spirituelles Wesen ebenso wie eine physische Person. Denken Sie nur einmal einen Moment lang darüber nach. Wenn Sie irgendwie skeptisch oder vielleicht sogar zynisch sind, fragen Sie sich Folgendes: Was haben Sie zu verlieren, wenn Sie sich für die Möglichkeit öffnen, dass Sie einen Schutzengel haben?

Eines kalten Wintertages fragte ich meine Mum, ob ich zum Spielen in den Garten hinaus dürfe. Meine Mum erwiderte: »Ja, aber du musst dich warm anziehen, in Ordnung?« Ich antwortete, dass ich das tun würde, und rannte in den Flur, um meinen Mantel zu holen. Meine Mum folgte mir in den Flur. »Hier sind ein Paar alte Handschuhe. Sie werden deine Finger warmhalten.« Ich rannte den Flur entlang und blieb bei der Tür zur Werkstatt stehen. Es war sehr dunkel dort drinnen. Meine Augen mussten sich stets erst an die Dunkelheit gewöhnen, um einen Weg in dem ganzen Durcheinander zu finden und über die Hintertür hinauszugelangen. (Zu dieser Zeit lebten wir immer noch in unserem Haus in Old Kilmainham.)

Unser Haus in Old Kilmainham glich ein bisschen einem kleinen Puppenhaus. Wir wohnten dort, seitdem ich geboren worden war, bis das Dach einstürzte, als ich etwa fünf Jahre alt war. Ich kann mich in der Regel nicht sehr gut an ein genaues Alter erinnern, deshalb bin ich mir diesbezüglich nie hundertprozentig sicher. Jedenfalls zogen wir nach Ballymun, in das Haus meiner Cousine Netty, nachdem das Dach eingestürzt war. Sie lebte alleine dort. Ihre Eltern waren gestorben, als sie noch sehr jung war. Wir wohnten nur ein paar Jahre bei Netty und zogen danach in ein Haus aus einem sozialen Wohnungsbauprojekt in Edenmore, in Raheny. Alle Häuser dort sahen gleich aus. Dad hatte sich bei einem Arbeitsunfall verletzt. Soweit ich weiß, bekam er als Entschädigung einen besser bezahlten Posten anstelle von Geld. Durch das zusätzliche Geld konnten Dad und Mum dann etwas sparen. Nach ein paar Jahren kauften sie ein Haus in Leixlip, einer Stadt außerhalb von Dublin. Zu der Zeit war ich ein Teenager. Ich wohnte dort mit meiner Familie, bis ich Joe heiratete und wir mit einem öffentlichen Darlehen ein Cottage in Maynooth kauften.

Ich schlenderte also den Pfad in unserem Garten entlang und kletterte die Böschung am Ende des Pfades hinauf. Dann ging ich zu der kleinen Mauer hinüber und begann dort zu spielen. Ich war gerade dabei, ein Haus aus Stöcken und Steinen zu bauen, als mein Name gerufen wurde. Ich drehte mich um und erblickte den Erzengel Michael etwa einen Meter von mir entfernt an der Tür eines kleinen Schuppens, unserer Außentoilette. Ich strahlte ihn an und begrüßte ihn, während ich ein paar weitere kleine Steine vom Boden aufsammelte. Ich fragte ihn, ob er gekommen sei, um mir zu helfen.

»Nein, Lorna«, antwortete er. »Ich bin lediglich gekommen, um mit dir zu reden.« Ich hörte mit dem Steinesammeln auf. Als ich gerade die paar Steine, die sich noch in meiner Hand befanden, auf die Mauer legen wollte, um sie dort sicher aufzubewahren, erschien eine riesige goldene Hand voller Licht über meiner. Der Erzengel Michael fragte mich: »Weißt du, wessen Hand das ist, Lorna?«

»Ja, das weiß ich. Es ist der Engel, der immer bei mir ist, selbst wenn ich schlafend im Bett liege. Wenn ich meine Augen für ein paar Sekunden öffne, kann ich die Arme des Engels sehen, die er um mich gelegt hat. Es ist mein Schutzengel. Weißt du das denn nicht, Michael? Jeder hat einen Schutzengel, also muss ich auch einen haben.« Das Lachen des Erzengels Michael klang wie ein Donner, und es brachte mich zum Kichern. »Ich habe nur darauf gewartet, dass du es mir sagst«, fuhr ich fort. »Ich wollte dich nicht danach fragen, weil ich befürchtete, dass du vielleicht sagen würdest, ich hätte – anders als alle anderen Menschen – keinen Schutzengel, aber nun bin ich glücklich.« Ich konnte den Schutzengel hinter jedem anderen Menschen sehen. Der Erzengel Michael hatte mir schon früher etwas über die Schutzengel erzählt, aber meinen eigenen hatte er noch nie ausdrücklich erwähnt. Als Kind fragte ich mich dann stets: »Was ist nur mit meinem?«, und hoffte darauf, dass der Erzengel Michael mir sagen würde, dass ich natürlich einen eigenen Schutzengel hatte.

In diesem Moment tauchte der Engel mit der riesigen goldenen Hand, die sich immer noch über meiner befand und sie hielt, vor mir auf. Ich sagte zu dem Engel: »Ich habe dich noch nie vor mir stehen gesehen.«

Der Engel antwortete mir: »Ich habe es viele Male getan, Lorna, aber meistens, wenn du geschlafen hast. Manchmal stehe ich vor dir, wenn du Bilder ausmalst und meine Hilfe nicht brauchst. Du bemerkst es nur nicht.«

Schutzengel kommen manchmal hinter den Menschen hervor und bewegen sich vor sie. Zuweilen umgibt Ihr Schutzengel Sie vollkommen, obwohl er sich im gleichen Moment hinter Ihnen befindet. Es ist schwer zu erklären. Ein Schutzengel kommt vor allem während einer Krisenzeit eines Menschen nach vorne, um ihm zu helfen, eine Verbindung zu sich selbst herzustellen und in der Krise einen Weg zu sehen, weil er die Präsenz seines Schutzengels wahrnimmt und daher auch Hoffnung spürt.

Der Erzengel Michael fragte mich schließlich: »Erinnerst du dich daran, was ich dir über deinen Schutzengel gesagt habe?«

»Ich glaube schon!«

»Dann erzähl mir mal, woran du dich erinnerst, Lorna.« Ich dachte einen Moment lang nach, und dann fiel es mir ein. Mir wurde bewusst, dass ich bis zu diesem Moment alles vergessen hatte, was der Erzengel Michael mir bereits über Schutzengel erzählt hatte.

Ich sagte zu ihm: »Ich saß oben in meinem Zimmer auf dem Bett, als du hereinkamst. Du hattest ein Buch in der Hand, und es war aufgeschlagen. Du hast mir daraus vorgelesen und mir etwas über meinen Schutzengel erzählt. Du hast gesagt, dass mein Schutzengel mich nicht einmal für eine Sekunde verlassen würde, dass ich nie allein sein werde und dass er mich liebt. Weißt du, welches große Wort ich meine, Erzengel Michael? Ich kann es nicht richtig aussprechen.«

»Bedingungslose Liebe«, antwortete der Erzengel Michael.

»Ja, das ist das Wort.«

»Sprich es laut aus, Lorna.« Ich tat es ungefähr sechs Mal, bevor ich es korrekt sagen konnte. Aufgrund meiner Legasthenie habe ich lange gebraucht, um es richtig auszusprechen, ganz zu schweigen davon, es zu verstehen!

»Bedingungslose Liebe«, wiederholte ich. »Ich kann es immer dann sagen, wenn du es mir vorsprichst, Erzengel Michael. Was hast du mir noch über meinen Schutzengel erzählt?«

Er antwortete: »Für deinen Schutzengel bist du die wichtigste Person auf der Welt.« Ich lächelte den Erzengel Michael von unten herauf an und dachte, dass ich mich nun an alles erinnert hatte, aber er hakte nach: »War da nicht noch etwas?« Ich blickte zu meinem Schutzengel hinauf, der lächelnd vor mir stand und meine Hand hielt. Ich grübelte einen Moment lang nach und versuchte intensiv, mich an noch etwas zu erinnern. Dann sah ich zum Erzengel Michael hinauf, und da fiel mir alles wieder ein. Ich rief aufgeregt:

»Ja, jetzt erinnere ich mich, er ist der Torhüter meiner Seele!« Ich betrachtete meinen Schutzengel und konnte meinen Blick nicht von ihm abwenden. Für mich war er schöner als irgendein Engel, den ich je gesehen hatte. Sein strahlendes Licht ließ mich die menschliche Erscheinung erkennen, in der er sich zeigte. Ich versuchte, jeden Teil von ihm zu sehen, und betrachtete meinen Schutzengel so, als wären meine Augen eine Lupe; ich wollte ihn mir ganz genau ansehen. Keinen einzigen Punkt wollte ich übersehen.

Er war in goldene wallende Roben gehüllt, die bis zu seinen Zehen reichten. Ich konnte nicht erkennen, wie viele Roben er trug, aber jede Stofffalte war perfekt. Seine Gewänder schienen wie in einer sanften Brise leicht hin und her zu wogen.

Ich machte einen Schritt nach vorne, um ihn zu umarmen, aber der Erzengel Michael sagte zu mir: »Du kannst nicht in deinen Schutzengel hineingehen, Lorna, auch wenn es manchmal so aussehen mag. Immer wenn das geschieht, umhüllt dein Schutzengel dich lediglich mit einem seiner Gewänder. Es kann nicht anders geschehen. Du selbst könntest es nicht tun, Lorna. Nur dein Schutzengel ist in der Lage dazu.«

»Ich weiß«, sagte ich traurig zu Michael. »Ich wünschte nur, ich könnte es.« Mein Schutzengel lächelte zu mir herab, sagte aber kein Wort. Er wirkte wie ein Riese auf mich. Plötzlich öffneten sich seine Flügel und umhüllten mich. Sie bestanden aus goldenen Federn in verschiedensten Formen und Größen. Ich konnte jede einzelne Faser bei jeder Feder erkennen, jedes Detail. Sie sahen so weich aus. Manche hatten die Form von Federn, wie man sie bei Vögeln sieht; andere waren dagegen rund, dreieckig, quadratisch, kreuzförmig oder hatten viele, viele andere Formen.

Der Erzengel Michael rief meinen Namen, und gleichzeitig begann mein Schutzengel, seine Flügel sehr sanft zurückzuziehen und sie wie eine Tür zu öffnen. Ich blickte nach oben, und während ich das tat, berührte der Erzengel Michael einige Federn meines Schutzengels mit seinen Fingerspitzen. Sie leuchteten auf! Einige der Federn, die wie Symbole geformt waren, begannen sich im Kreis zu drehen und berührten mich beinahe. Ich konnte eine sanfte Brise spüren. Dann zog der Erzengel seine Finger zurück, und die Federn hörten auf, sich zu drehen. Ich fragte, ob ich sie mit der Hand berühren dürfe.

Nun antwortete mir mein Schutzengel mit einem »Nein«. Als er jedoch seine Flügel ausbreitete, ließ er eine der Federn seiner rechten Flügelspitze meine Hand berühren. Sie fühlte sich so weich an, wie eine Welle der Liebe, die durch meinen Körper strömte. Im selben Moment ließ der Schutzengel meine Hand los.

Dann sagte der Erzengel Michael, er müsse gehen, und damit verschwand er.

Ich wandte mich meinem Schutzengel zu. »Ich bin froh, dass du nicht irgendwohin musst.«

Er flüsterte mir ins Ohr: »Ich bin immer bei dir, Lorna.«

Ich legte meine Hand an meinen Mund, machte einen Satz zurück und rief aus: »Oh, ich habe ganz vergessen, dem Erzengel Michael zu sagen, dass es mir nicht erlaubt ist, deinen Namen zu sagen. Er muss geheim bleiben.« Über das ganze Gesicht strahlend, sagte mein Schutzengel, dass er dies wisse, und deutete auf die Steine, mit denen ich gespielt hatte. Ich nahm sie von der Gartenmauer herunter und widmete mich wieder meinem Spiel, bei dem ich ein kleines Haus aus Stöcken und Steinen baute.

Engel sind weder männlich noch weiblich. Manchmal erscheinen sie eben in einer männlichen oder weiblichen Gestalt, und manchmal in keiner dieser beiden. Mein Schutzengel hat sich stets in einer männlichen Erscheinung gezeigt. Ich habe bisher nie über meinen Schutzengel gesprochen, weil ich es nicht durfte. Mein ganzes Leben lang hat mein Schutzengel mich immer wieder daran erinnert, dass ich nicht über ihn sprechen oder seinen Namen verraten dürfe, dass es mir allerdings eines Tages erlaubt sein würde, ein bisschen von ihm zu erzählen. Es wird mir nie gestattet sein, den Namen meines Schutzengels zu verraten oder Ihnen alles zu erzählen. Als mein erstes Buch Engel in meinem Haar erschien, wurde ich nicht nur von meinem Schutzengel, sondern von allen Engeln ständig daran erinnert, dass ich nie Fragen über meinen Schutzengel beantworten dürfe.

Bei Radio- oder Fernsehinterviews oder wenn ich auf einer Bühne war und der Interviewer mir Fragen zu meinem eigenen Schutzengel stellte, bekam ich oft einen richtigen Schreck. Ich fragte die Engel dann in dem Moment auf der Bühne: »Was soll ich sagen?«

Mein eigener Schutzengel flüsterte mir dann ins Ohr: »Sag die Wahrheit.«

Also atmete ich tief ein und antwortete einfach: »Ich kann nicht über meinen eigenen Schutzengel sprechen. Es ist mir nicht erlaubt.« Manchmal versuchte ein Interviewer, mir eine Antwort zu entlocken, aber ich musste Nein sagen, und manchmal war mir das peinlich.

KAPITEL 2

Mein Schutzengel

An einem warmen Sommertag, als ich etwa zwölf war, ging ich einmal mit meinem Vater und seinem besten Freund, Arthur, zum Angeln. Die beiden waren wie Brüder. Ich glaube, mein Vater und Arthur nahmen im ganzen Land an jedem Angelwettbewerb teil.

Ich liebte es, mit meinem Vater zum Angeln zu gehen. An diesem speziellen Wochenende bat er mich darum, das Lagerfeuer in einem Uferbereich vorzubereiten, wo sich viele Steine befanden. Mein Vater hatte mir gesagt, dass er mit Arthur eine Weile etwas weiter flussaufwärts angeln werde und wir danach alle gemeinsam zu Mittag essen würden. Ich sagte: »Okay!«, und ging vergnügt zu dem Uferbereich, der voller Steine in allen möglichen Größen war und wie eine Kiesbucht wirkte. Einige Steine waren groß genug, um darauf zu sitzen. Wenn der Fluss viel Wasser führte, das wusste ich, waren die Steine vom Wasser bedeckt, so als gehörten sie zum Fluss dazu. Es waren viele Engel bei mir, und ich fragte sie: »Wo soll ich anfangen?«

Einer von ihnen rief mich zu sich: »Ich denke, das ist ein geeigneter Platz, um das Lagerfeuer vorzubereiten, Lorna.« Mein Vater hatte mir beigebracht, wie man ein Lagerfeuer macht, als ich etwa vier Jahre alt war, und schon damals hatte ich ihm beim Steinesammeln geholfen. Ich war ihm allerdings keine große Hilfe, denn die meisten Steine, die ich sammelte, waren ziemlich klein. Trotzdem legte mein Vater sie von außen an den Kreis aus Steinen, den er für das Feuer errichtet hatte, und sagte mir, ich hätte meine Sache gut gemacht.

Seit jenem Tag versuchte ich stets, größere Steine für meinen Vater zu sammeln. Manchmal sagten die Engel jedoch: »Nein, Lorna, dieser Stein ist zu groß.« Dann hörte ich auf sie und nahm stattdessen einen kleineren Stein.

An diesem Tag nun stellte ich meine Tasche auf dem Boden ab und begann Steine zu sammeln, um daraus einen Kreis zu errichten. Dann sammelte ich ein paar Zweige und anderes Treibholz von Bäumen, die bei Hochwasser in den Fluss gespült worden waren. Ich hatte das Gefühl, im Nu mit allem fertig zu sein. Ich öffnete die Tasche mit all den Sandwiches, schnappte mir die Teekanne und ging damit zum Fluss. Einer der Engel sagte zu mir: »Geh nicht mit deinen Schuhen in den Fluss, Lorna.«

Ich wandte mich ihm zu und erwiderte: »Natürlich nicht! Ich ziehe meine Schuhe aus.« Dann watete ich fast bis zu den Knien ins Wasser hinein. Die Engel umgaben mich die ganze Zeit. Ich füllte den Teekessel mit Wasser und watete wieder ans Ufer. Meine Schuhe und Socken ließ ich ausgezogen. Die Steine waren warm, und die meisten waren vom Wasser rund abgeschliffen, daher war es angenehm, barfuß auf ihnen zu laufen.

Ich saß auf einem der Steine, blickte einfach auf den Fluss, genoss die Sonne, lauschte den Vögeln und sah gleichzeitig den Engeln zu. Vor allem ein Engel war an diesem Tag in meiner Nähe. In diesem Moment tat er so, als würde er am Flussufer angeln. Er brachte mich zum Lachen, indem er vorgab, einen Fisch an einer unsichtbaren Angel zu haben. Ein anderer Engel tat so, als hielte er ein Fischernetz in den Händen, während der andere vorgab, seinen Fisch ans Ufer zu bringen. Als der andere Engel, derjenige mit dem Fischernetz, dieses gerade unter den Fisch halten wollte, schien der Engel mit der Angel rückwärts hinzufallen und die Angel beinahe fallen zu lassen. Die beiden Engel taten so, als wäre ihr unsichtbarer Fisch entkommen. Es sah so lustig aus. Ich lachte und lachte.

Während ich den Späßen der Engel zusah, erschien eine wunderschöne goldene Hand über meiner linken Hand. Mein Schutzengel saß neben mir.

»Genießt du diesen Tag, Lorna?«, fragte er mich.

»Ja, das tue ich«, antwortete ich. »Ich hoffe, mein Vater und Arthur fangen etwas!«

»Das werden sie bestimmt, Lorna«, sagte mein Schutzengel.

»Manchmal fangen sie keinen Fisch, und dann bin ich enttäuscht.«

»Reagiert dein Vater enttäuscht, wenn er keinen Fisch fängt?«

Ich sah meinen Schutzengel angesichts dessen, was er da gesagt hatte, etwas überrascht an. »Nein, mein Vater ist offenbar nie betrübt, wenn er keinen Fisch fängt. Es macht ihm so viel Spaß zu angeln und einfach draußen in der Natur zu sein. Ich glaube, die beiden werden bald wieder zurück sein.«

»Es wird noch eine kleine Weile dauern, Lorna. Sie haben die Zeit und das Mittagessen völlig vergessen.«

»Ich bekomme allmählich Hunger«, sagte ich, » ... haben wir denn etwas Zeit, uns zu unterhalten?«

Mein Schutzengel strahlte mich an. »Ja, Lorna.«

»Es gibt etwas, das ich schon immer wissen wollte«, fuhr ich fort. »Vielleicht beantwortest du meine Frage nicht, aber ich werde sie dir trotzdem stellen. Seit ich ein kleines Kind war, ist mir etwas aufgefallen – ich weiß schon, dass ich immer noch klein bin, ich bin erst zwölf, und bald werde ich dreizehn sein. Ich habe noch nie einen Engel einen Schutzengel berühren oder einen Schutzengel einen anderen Schutzengel berühren gesehen.«

»Schau noch einmal zum Fluss, Lorna.« Das tat ich und sah dort die beiden Engel, die mich zum Lachen gebracht hatten. Sie bewegten ihre Hände überaus sanft aufeinander zu. Dann berührten sich ihre Hände gegenseitig leicht mit den Fingerspitzen. Während ich sie beobachtete, erlaubten die Engel mir plötzlich, ihre Flügel zu sehen. Ich fühlte mich wie immer sehr privilegiert. Es war eine solche Überraschung, als die beiden Engel ihre Flügel nur etwas ausbreiteten, und für den Bruchteil einer Sekunde, während der eine Engel am anderen vorbeiglitt, berührte er die Flügel des anderen Engels mit seiner Flügelspitze. Das alles wurde mir erlaubt wie in Zeitlupe zu sehen.

»Siehst du, Lorna«, sagte mein Schutzengel, »Engel berühren einander, aber nur, wenn Gott es erlaubt.«

»Wie ist es bei Schutzengeln?«, fragte ich ihn. Mein Schutzengel lächelte mich an und sagte mir, dass mein Vater und Arthur auf dem Rückweg seien, daher erhob ich mich von dem Stein, auf dem ich saß, und ging in die Richtung, aus der mein Vater kommen würde. Ein paar Sekunden später erblickte ich sie und lief ihnen winkend entgegen. Als ich sie erreicht hatte, fragte ich sie als Erstes: »Habt ihr etwas gefangen?« Mein Vater nahm eine große Forelle aus seiner Angeltasche und strahlte dabei bis über beide Ohren.

»Toll!«, rief ich.

Beim Lagerfeuerplatz sagte Arthur zu mir, dass ich meine Sache fantastisch gemacht habe. Es dauerte nur einen Moment, um das Feuer in Gang zu bringen, und innerhalb kurzer Zeit kochte das Teewasser im Kessel. Ich genoss es, auf den Steinen zu sitzen, heißen Tee zu trinken und ein Sandwich mit meinem Vater und Arthur und all den Engeln zu essen, die uns umgaben. Wir angelten den ganzen Tag und machten uns erst auf den Nachhauseweg, als es langsam dunkel wurde. Als ich dann auf dem Rücksitz im Auto saß, sprach ich ohne Worte mit meinem Schutzengel. Ich wollte wissen, warum ich noch nie einen Schutzengel einen anderen Schutzengel berühren gesehen hatte.

Mein Schutzengel flüsterte mir ins Ohr: »Schließ deine Augen und schlaf, während dein Vater euch nach Hause fährt.«

Ich habe dies auf meinem Computer im alten Farmhaus, mit dem Engel Hosus an meiner Seite geschrieben. Auch ein paar andere Engel waren mit im Raum. Es war ein kalter Morgen, aber die Sonne schien durch das Fenster.

Der Engel Hosus fragte mich: »Was geht dir durch den Kopf, Lorna? Warum hast du aufgehört zu schreiben?«

»Ich denke nur darüber nach, wann die Engel sich berühren, Hosus. Es ist etwas, das ich nur selten gesehen habe, und es kommt kaum vor. Ich erinnere mich, dass ich den Erzengel Michael gefragt habe, ob er mir etwas genauer erklären würde, warum die Engel einander offenbar nicht so berühren, wie wir Menschen es tun. Weißt du was, Engel Hosus, ich denke, ich lege eine Pause ein und mache mir unten eine Tasse Tee.«

Ich stand vom Computer auf und ging nach unten, um mir einen Tee zuzubereiten. Als ich die Treppe wieder hinaufging und dabei an dem Tee nippte, hörte ich, dass mein Name gerufen wurde. Ich sah nach oben und erblickte den Erzengel Michael am Ende der Treppe.

»Guten Morgen, Lorna«, sagte er.

»Guten Morgen, Erzengel Michael!« Als ich am Ende der Treppe angekommen war, fügte ich hinzu: »Ich bin froh, dass du gekommen bist. Es gibt etwas, worüber ich liebend gerne mit dir sprechen würde.«

»Das habe ich gehört, und deshalb bin ich hier«, antwortete der Erzengel Michael.

Ich ging in das Zimmer, in dem ich arbeitete, setzte mich und trank noch ein paar Schlückchen Tee. Die anderen Engel, die vorher im Raum gewesen waren, waren verschwunden. Nur der Engel Hosus war noch da.

Ich fragte den Erzengel Michael: »Vor all den Jahren, als ich noch ein Kind war, hattest du ein Buch in der Hand. Du hast daraus vorgelesen und mir von meinem Schutzengel erzählt. Mein Schutzengel ist nie dazu gekommen, mir mehr über die Berührungen der Engel untereinander zu erzählen. Wie viel darf ich den Menschen über die Engel erzählen?«

Der Erzengel Michael strahlte mich an und streckte mir seine Hand entgegen. Da meine Großeltern mir beigebracht haben, dass es höflich ist, diese Geste zu erwidern, streckte ich automatisch meine Hand aus, um seine zu schütteln. Es erfüllte mich mit großer Liebe und Glück. Die Hand des Erzengels Michael hielt meine umfasst. Meine Hand verlor sich in seiner.

Er sagte: »Engel geben sich nicht die Hand, Lorna.«

»Ich weiß, aber warum nicht?«, hakte ich nach.

»Weil wir Geschöpfe sind, die von Gott erschaffen wurden. Wir haben keinen Wunsch, kein Bedürfnis, einander zu berühren. Wir sind nicht wie Menschen. Wenn ein Engel einen anderen berührt, geschieht es nur, weil Gott es erlaubt hat. Das passiert bei besonderen Gelegenheiten.«

»Ja, Erzengel Michael. Ich weiß, dass es sehr selten vorkommt. Ich denke nur darüber nach. Ich erinnere mich, dass ich einmal vor sehr langer Zeit gesehen habe, wie ein Schutzengel einen anderen Engel tatsächlich berührt hat. Kann ich darüber sprechen?«, fragte ich ihn.

»Ja, Lorna, und ich werde dir helfen, dich daran zu erinnern«, antwortete der Erzengel Michael.

Es war zu der Zeit, als ich für meinen Vater in der Grosvenor-Tankstelle in Rathmines gearbeitet habe. Ich fragte meinen Vater, ob ich um zwei Uhr mit der Arbeit Schluss machen könne, und fuhr dann mit dem Bus ins Stadtzentrum von Dublin. Ich liebe es stets, im Bus zu sitzen und zu hören, wie sich all die Leute unterhalten, sowie all die Engel um sie herum zu sehen, einschließlich der Schutzengel natürlich.

Engel auf eine so physische Weise zu sehen wie Menschen ist ganz normal für mich.

Ich stieg am Ende der O’Connell Bridge aus und ging die O’Connell Street entlang. Eigentlich wollte ich zu Penneys in der Mary Street. Ich hatte etwas Geld gespart, sodass ich mir ein paar neue Kleidungsstücke – ein Top und einen Rock – kaufen konnte. Ich bog in die Henry Street ab, ging zwischen den Passanten hindurch und steuerte weiterhin auf mein Ziel zu. Auf meinem Weg kam ich an der Moore Street vorbei, in der sich ein Markt mit lauter Obst- und Gemüseständen befindet. Man hört dort die Frauen immer laut rufen: »Äpfel! Orangen! Bananen! Zu verkaufen!«

Es hat mir immer sehr gut gefallen, meinen Blick diese Straße entlangschweifen zu lassen, weil die Engel manchmal die ganze Energie aus dem Obst und Gemüse in Form von Lichtbällen überall herumhüpfen ließen.

An diesem Tag kaufte eine junge Frau direkt an der Straßenecke etwas Obst. Ich blieb stehen, weil ich sah, dass ihr Schutzengel seine Hand ausstreckte. Seine Fingerspitzen schienen die Hand eines Engels neben ihm zu berühren.

»Habe ich das richtig gesehen, Erzengel Michael?«, fragte ich. »Als der Schutzengel der jungen Frau dem anderen Engel seine Hand entgegenstreckte, schienen sich ihre Fingerspitzen fast unmerklich zu berühren, oder als berührten sie sich beinahe nicht.«

»Ja, Lorna«, antwortete der Erzengel Michael. »Du würdest fast meinen, dass sie sich nicht berührten, aber das taten sie. Es ist ein Hauch einer Berührung. Kein Engel braucht es, einen anderen Engel zu berühren. Engel haben es nicht nötig, sich gegenseitig zu umarmen.«

»Berühren Erzengel einander jemals, Erzengel Michael?«

»Nur wenn es Gott zufolge geschehen soll, und nur dann. Ich habe es nicht nötig, einen anderen Erzengel oder sonst irgendeinen Engel zu berühren. Aber Gott erlaubt uns, Menschen zu berühren: Männer, Frauen und Kinder. Wie du weißt, Lorna, ist auch das keine vollständige Berührung.«

»Ja«, sagte ich. »Als ich ein Kind war, hat mein Schutzengel seine Hand über meine gelegt. Es war das Licht der Hand meines Schutzengels, das mich berührte. Nicht die Hand selbst.«

Der Erzengel Michael sagte bestätigend: »Ja, das stimmt, Lorna.«

Ich fuhr fort: »Selbst als du mir die Hand gegeben hast und meine Hand sich in deiner verloren hat, berührten unsere Hände sich nicht richtig. Lediglich das Licht deiner Hand umgab meine Hand. Deine Wärme, deine Liebe ließen mich die Form deiner Hand und Finger erfühlen, obwohl sie meine Hand eigentlich nicht berührten.«

»Woran erinnerst du dich noch, was den Schutzengel an der Ecke zur Moore Street betraf, als seine Fingerspitzen den Engel neben ihm berührten?«, fragte mich der Erzengel Michael.

»Wie kann ich das erklären?«, antwortete ich. »In dem Moment, als die Fingerspitzen des Schutzengels den anderen Engel berührten, war es so, als ströme eine Lichtinfusion wie eine Explosion aus den Fingern des Schutzengels heraus. Es handelte sich um die linke Hand des Schutzengels der jungen Frau. Seine Hand schien heller zu strahlen als jeder Schutzengel, den ich je gesehen habe, allerdings nur seine Hand. Es war, als passiere das alles innerhalb eines kurzen Moments. Ich erinnere mich daran, dass der Schutzengel der jungen Frau zu mir herübersah, als ich dort auf der Straße stand. Er trug eine Robe, die violett, grün und golden war. Der andere Engel wurde von dem Schutzengel der jungen Frau mit Wonne durchströmt.«

»Woran erinnerst du dich noch, Lorna?«, fragte der Erzengel Michael nach.

Ich überlegte einen Moment lang und sagte dann zu Michael: »Ich erinnere mich daran, dass ich den Schutzengel fragte, warum er den anderen Engel berührt habe, aber er hat mir nicht geantwortet.«

Ich sah, wie die junge Frau ihr Obst bezahlte, sich umdrehte und sich von dem Stand entfernte. Erst in diesem Moment wurde mir bewusst, dass der andere Engel verschwunden war.

Ich sagte zum Erzengel Michael: »Scheinbar braucht ihr Engel die Umarmung, diese freundschaftliche oder liebevolle Berührung, nach der sich Männer, Frauen und Kinder an jedem Tag ihres Lebens sehnen, definitiv nicht. Manchmal kann ich die Art der Engel nicht verstehen, Erzengel Michael. Ihr Engel schenkt jedem Mann, jeder Frau und jedem Kind so viel Liebe. Die Schutzengel lieben uns bedingungslos. Ich wünschte, wir könnten einander so lieben, wie ihr Engel uns liebt, Erzengel Michael.«

Da sagte der Erzengel Michael, er müsse gehen, und damit verschwand er.

Ich wandte mich dem Engel Hosus zu. »Musst du auch gehen?«

»Nein, Lorna, ich kann bleiben.«

Sobald der Engel Hosus das gesagt hatte, kamen drei andere Engel in den Raum.

»Ich hoffe, ihr werdet mir eine Mittagspause gestatten?«, sagte ich lächelnd zu ihnen.

Die Engel antworteten gleichzeitig: »Um drei Uhr kannst du einen Spaziergang machen.«

Ich erwiderte schmunzelnd: »Ich danke euch.«

KAPITEL 3

Leid in der Vergangenheit

Wir lebten gerade in Ballymun. Mum nahm mich immer mit nach Dublin, damit ich ihr beim Einkaufen helfen konnte. Ich kümmerte mich um den kleinen Handwagen, der aus einer Einkaufstasche auf zwei Rädern und einem Griff daran bestand. Damals benutzte fast jeder in Irland solche Einkaufstrolleys. Sie waren sehr praktisch, da man sie einfach hinter sich herzog. Samstagmorgens nahmen Mum und ich den Bus nach Dublin. Mum ging dann immer in der Henry und der Mary Street zum Einkaufen, und der Einkaufswagen füllte sich mit Obst und Gemüse von den Ständen der Frauen in der Moore Street. Ich liebte es, dort herumzuschlendern und das geschäftige Treiben zu beobachten.

Bei besonderen Anlässen ging Mum ins Hauptpostamt in der O’Connell Street. Es ist ein großes Postamt und ein berühmtes historisches Gebäude in Dublin, da es eins der Hauptgebäude war, in denen die Kämpfe um die Unabhängigkeit Irlands beim Osteraufstand von 1916 stattfanden. Ich war stets etwas nervös, aber auch gespannt, wenn wir in dieses Postamt gingen, denn jedes Mal war es voller Leute. Zudem zeigten die Engel mir Dinge, die dort in der Vergangenheit passiert waren.

Meistens wollte meine Mutter nur telefonieren. Wir gingen durch die Eingangstüren – sie waren sehr groß und schwer –, und der Telefonraum lag auf der linken Seite. Dann bogen wir in einen türlosen Raum voller Telefonkabinen ab.

An diesem speziellen Tag war ich vielleicht zehn oder elf Jahre alt. Mum musste zu einem der Schalter gehen und stellte sich in der Schlange an; ich stand neben ihr. Ich erinnere mich, dass ich begann, die Leute in den Schlangen zu zählen, und manchmal schmunzelte ich, weil die Engel zwischen all den Menschen standen.

Ich sagte ohne Worte zu ihnen: Könnt ihr aus dem Weg gehen, damit ich zählen kann?«

Sie taten es nicht.

Dann wandte meine Mutter sich mir zu und sagte: »Ich glaube, ich werde noch eine ganze Weile hier stehen, Lorna. Geh und warte dort drüben in der Nähe des Schalters bei der Wand.«

Ich sagte: »Okay!«, und schon war ich fort.

Als ich dort so stand, die Leute beobachtete und all die Engel inmitten der Menge erblickte, sah ich, dass der Engel Hosus auf mich zukam.

»Hallo, Lorna«, sagte er.

Ich lächelte ihm zu.

»Ich möchte, dass du aufpasst, Lorna. Es wird dir erlaubt, einige Dinge aus der Vergangenheit zu sehen, die hier geschehen sind.«

»Ich möchte die Vergangenheit nicht sehen, besonders nicht hier oder draußen«, erwiderte ich seufzend.

Die Engel hatten mir bereits die Kämpfe vor dem Hauptpostamt gezeigt, die in der Vergangenheit stattgefunden hatten. Ich hatte Angst davor, Menschen mit Schusswaffen zu sehen, Menschen, die erschossen und verwundet wurden. Der Lärm war immer sehr furchterregend gewesen – es wurde gerufen, geschrien, und Schusswaffen wurden abgefeuert.

Der Engel Hosus versicherte mir: »Du wirst es ertragen können, Lorna. Ich bin hier bei dir.«

»In Ordnung«, seufzte ich.

Innerhalb von Sekunden veränderte sich der Raum. Es war, als würde ich die Vergangenheit und die Gegenwart zusammen sehen. Als würde ich einen Film sehen, aber mit zwei Filmen gleichzeitig, einer über den anderen gelegt, wobei die Gegenwart dominanter war als die Vergangenheit.

Im nächsten Moment veränderte sich das jedoch. Ich stand in der Vergangenheit im Hauptpostamt. Es war sehr laut, und der Ort schien voller Staub zu sein. Lautes Rufen war zu hören. Ich konnte den Engel Hosus neben mir sehen.

Als ich zu ihm aufsah, sagte er zu mir: »Pass auf, Lorna.«

Ich tat, wie er mich geheißen hatte. Ich sah eine junge Frau, die einen jungen Mann stützte, der offenbar verletzt war. Sie mühte sich sehr dabei ab, da sie ihn beinahe trug, als sie den Raum durchquerten. Ich hörte sie um Hilfe rufen, und jemand eilte hinter einem der Schalter hervor und auf sie zu. Sie sprachen miteinander, aber ich konnte nicht verstehen, was sie sagten, während sie den jungen Mann gemeinsam stützten. Ich war sehr traurig und litt mit ihm, weil ich wusste, dass er große Schmerzen hatte.

Aufgrund des ganzen Lärms und Staubs, die diese drei zu umgeben schienen, fragte ich den Engel Hosus: »Was ist los, Engel Hosus? Der junge Mann ist verwundet.«

Plötzlich sah ich die Gegenwart hervorkommen, und die Vergangenheit verblasste. Die junge Frau und der junge Mann schienen in der Menge zu verschwinden, und dann wurde alles wieder normal. Meine Mutter stand immer noch in der Schlange, aber sie befand sich nun etwas näher am Schalter. Ich war sehr traurig.

Der Engel Hosus stand vor mir und sagte: »Es war Krieg, Lorna.«

»Das verstehe ich nicht«, erwiderte ich.

»Ich weiß, dass du es nicht verstehst. Bete einfach«, wies der Engel Hosus mich an, »deine Mum wird bald wieder gehen wollen.«

Als ich aufblickte, war nur noch eine Person vor meiner Mutter.

Ein paar Minuten später verließen wir das Hauptpostamt. Der Engel Hosus begleitete uns zur Tür hinaus. Ich schmunzelte, weil ich wusste, dass meine Mutter seine Anwesenheit direkt neben uns nicht bemerkte. Sie wusste nichts über die Engel. Sie wusste nicht einmal, dass ich diese auf die gleiche physische Weise sehen konnte, wie ich meine Mutter sah. Wir gingen zur Henry Street, und Mum erledigte ihre Einkäufe. Später fuhren wir dann mit dem Bus wieder nach Hause zurück.

Die Engel zeigen mir Dinge aus der Vergangenheit, damit ich der Welt davon erzählen kann und wir damit aufhören, immer wieder Krieg zu führen. Wenn wir damit weitermachen, wird – abgesehen von Verbitterung und Hass – für die Kinder der Zukunft nichts übrig bleiben. Wir müssen uns um Frieden bemühen. In meinem Buch Engel in meinem Haar berichte ich darüber, dass der Engel Hosus Nordirland als Meilenstein des Friedens für die Welt bezeichnet hat. Nordirland hat den Frieden erst erlebt, als die Menschen der gegnerischen Seiten zusammenkamen, weil sie erkannten, dass sie aufhören mussten, sich gegenseitig zu töten, und dass sie ihren Kindern eine Chance geben mussten, ein Leben in Freiheit und Frieden zu führen.

Joes Familie war am irischen Osteraufstand von 1916 beteiligt gewesen. Seine Tante Dolly war zu einem bestimmten Zeitpunkt im Hauptpostamt. Ich erinnere mich daran, dass ich einmal mit Joe am Küchentisch saß, als Dolly uns davon berichtete, wie sie den Rebellen Proviant und Schusswaffen brachte. Sie betete die ganze Zeit über dafür, nicht erwischt zu werden, als sie sich mitten im Gefecht ins Hauptpostamt schlich.

Als sie mir die Geschichte erzählte, flüsterte mein Schutzengel mir zu: »Erinnerst du dich daran, dass du sie gesehen hast, als wir dich in diese Zeit zurückversetzt haben, Lorna?«

Sobald er das gesagt hatte, erinnerte ich mich daran. Dolly war damals eine junge Frau gewesen. Sie hatte Waffen mit Munition geladen und sie dann den jungen Männern gereicht. Ich war etwa 14 Jahre alt, als die Engel mich spirituell in diese Zeit zurückversetzten.

Es ist schrecklich, in die Vergangenheit zu blicken, vor allem, wenn Krieg ist und es so viel Leid gibt. Ich spüre stets die Emotionen und das spirituelle Leid all der beteiligten Männer und Frauen, auf allen Seiten. Es zerreißt mich dann fast.

Wie ich bereits an anderer Stelle geschrieben habe, dachte meine Familie, ich sei – wie es damals hieß – »zurückgeblieben«. Daher wurde es mir erlaubt, viele Dinge zu sehen, die andere Familienmitglieder nicht sehen durften. Sie dachten wohl, ich würde diese Dinge nie verstehen oder nicht in der Lage sein, darüber zu sprechen, aber natürlich verstand ich sie und bin nun in der Lage, darüber zu sprechen. Dabei hatte ich stets die besten Lehrer der Welt: die Engel.

Mein Vater und ich arbeiteten beide bei der Grosvenor-Tankstelle. Jeden Morgen fuhr ich mit Dad zur Arbeit, aber eines Morgens machte er einen Umweg, anstatt auf direktem Weg zur Arbeit zu fahren, und während er das tat, hörte ich, wie mein Name gerufen wurde. Ich drehte mich um und blickte zum Rücksitz. Dort saß der Engel Hosus.

Er sagte zu mir: »Während du mit deinem Vater zusammen bist, Lorna, solltest du gut aufpassen, damit du dich an alles erinnerst, was du siehst.«

Ich antwortete dem Engel Hosus ohne Worte: »Okay.«

Mein Dad fragte mich: »Brauchst du irgendetwas vom Rücksitz?«

»Nein, ich habe mich nur umgeschaut«, antwortete ich.

Ein paar Minuten später fand mein Vater einen Parkplatz bei einer Reihe von Geschäften. Ich würde Ihnen sagen, in welchem Bereich das war, aber es ist besser, das nicht zu tun, denn die Dinge, die ich dort mit meinem Vater sah, sind wahrscheinlich immer noch dort.

Wir stiegen aus dem Auto aus, überquerten die Straße und gingen an alten georgianischen Häusern entlang. Als wir uns unserem Ziel näherten, sah ich den Engel Hosus neben zwei geparkten Autos vor einem der Häuser stehen.

Er sagte zu mir: »Die Polizisten in den Autos sind bewaffnet, Lorna.« Als ich tief durchatmete, fügte er hinzu: »Hab keine Angst.«

Dann kam er zu mir und ging neben mir her.

Mein Vater bemerkte die Polizisten in den Autos nicht. Vor der Pforte zögerte er kurz und sagte: »Ich glaube, das ist das richtige Haus.«

Wir gingen durch die Pforte und stiegen die Stufen zur Eingangstür hinauf. Von außen wirkte das Haus wie ein gewöhnliches georgianisches Gebäude, aber als die Tür sich öffnete, sah ich, dass es keineswegs gewöhnlich war.

Ein bewaffneter Wachmann öffnete uns die Tür. Dad sagte seinen Namen, und der Wachmann ließ uns eintreten. Als wir durch die Tür gingen, sahen wir, dass weitere bewaffnete Wachmänner im Flur standen und dass die Tür keine normale Tür war. Sie sah nur von außen so aus. An der Innenseite der Tür war eine weitere aus Stahl befestigt.

Wir gingen den Flur entlang und geradewegs in ein Büro hinein. Es war das Büro meines Großvaters. Das wurde mir erst klar, als ich ihn dort auf seinem Stuhl hinter dem Schreibtisch sitzen sah. Es handelte sich nicht um ein normales Büro. Großvater Cruthers hatte in seinem Raum zwar einen großen Tisch und Stühle, aber seltsamerweise war sein Büro voller Waffen.

Mein Großvater begrüßte meinen Vater mit ausgebreiteten Armen. Lächelnd begrüßte er auch mich, und ich erwiderte sein Lächeln.

An meinen Vater gewandt sagte er: »Komm, Jim, ich zeige dir alles.«

Ich folgte den beiden. Der Engel Hosus erzählte mir, dass mein Vater und mein Großvater sich eines Tages über die irische Vergangenheit, über die IRA und die englische Besetzung Irlands unterhalten hatten. Mein Großvater hatte an diesem Tag auf seinen Schutzengel gehört und meinem Vater ein Geheimnis anvertraut, was dazu führte, dass er Dad seinen Arbeitsplatz zeigte.

Ich sagte, natürlich ohne Worte, zum Engel Hosus: »Das hast du nicht nur für meinen Vater so eingefädelt, sondern auch für mich, nicht wahr?«

»Ja, Lorna, es ist vor allem für dich, pass daher gut auf«, antwortete der Engel Hosus.

Wir verließen das Büro meines Großvaters und wurden die ganze Zeit von zwei Wachmännern begleitet. Ich war es nicht gewohnt, bewaffnete Wachmänner zu sehen, denn auf Dublins Straßen trug die Polizei nie Waffen. Es war beängstigend.

Als wir so von einem Zimmer zum nächsten gingen, bemerkte ich, dass jede Tür mit Stahl verstärkt war und jeder Raum eine riesige Anzahl von Schusswaffen aller Art enthielt. Die Zimmer waren dunkel. Darin befanden sich Schränke, die ebenfalls mit Schusswaffen gefüllt waren. Ich habe in meinem ganzen Leben nie mehr so viele Waffen gesehen. Während ich mit meinem Vater und Großvater durch das Haus ging, fühlte ich mich überwältigt. Es jagte mir Angst ein, da ich wusste, dass Waffen Menschen und Tiere töteten. Hin und wieder stand der Engel Hosus in einer Ecke des Raums, während ich all die Schusswaffen um mich herum betrachtete. Er lächelte mich freundlich an, und das beruhigte mich. Ich wollte nicht, dass mein Vater oder Großvater bemerkte, welche Angst ich hatte.

Wir gingen ins Büro zurück und setzten uns. Mein Großvater unterhielt sich mit meinem Vater, so als wäre ich gar nicht da. Die ganze Zeit über waren Wachmänner bei uns. Manche trugen Polizeiuniformen, die anderen waren in Zivil gekleidet. Mein Großvater erzählte meinem Vater, dass er Waffen für die IRA geschmuggelt habe. Doch als die Republik Irland unabhängig wurde und ihre eigene Regierung gründete, wurde er zum Waffenlieferanten für unser Land. Daher waren wohl das irische Militär und die Polizei vor Ort.

Ich erinnere mich noch gut daran, als mein Großvater starb. Er wurde mit der irischen Flagge und im Beisein vieler irischer Militäroffiziere begraben. Sechs irische Soldaten feuerten Salutschüsse über dem Grab meines Großvaters ab.

KAPITEL 4

Platz für Gott schaffen

Es gibt etwas, das ich Ihnen noch nie über meinen Schutzengel erzählt habe. Sie wissen bereits, dass Ihr Schutzengel Sie keine Sekunde verlässt. Ich habe Ihnen von Zeiten berichtet, in denen Gott bei mir ist und mir durch die Haare fährt. Ich habe Ihnen in Engel in meinem Haar von der Begebenheit erzählt, als Er mit mir über die Wiesen ging und wir in Mountshannon, in der Grafschaft Clare, bei dem alten Chalet saßen. Mein Schutzengel verlässt mich auch in solchen Momenten nicht, sondern befindet sich seitlich neben mir. Wenn mein Schutzengel sich seitlich neben mich stellt, spüre ich seine Anwesenheit tatsächlich auf eine physische Weise, ich nehme seine Energie und sein Wesen wahr. Es ist nicht leicht, Ihnen das zu erklären. Es ist, als würde ein Teil von mir seitlich neben mir stehen. Unser Schutzengel ist durch einen sehr dünnen Lichtfaden mit uns verbunden, und ich nehme an, dass ich es bei verschiedenen Gelegenheiten deshalb so empfand. Dies geschieht aber nur, wenn ich in der Gegenwart Gottes bin.

Wenn Gott da war, habe ich meinen Kopf häufig nach rechts gewandt und meinen Schutzengel dort stehen gesehen, nur circa einen Meter von mir entfernt, aber dennoch fühlte es sich so an, als wäre mein Schutzengel eine Million Kilometer von mir entfernt. Ich weiß, dass mein Schutzengel beiseitetreten muss, wenn Gott mich besucht, und ich danke meinem Schutzengel dafür, dass er es auf eine so sanfte Weise tut. Es ist wirklich ziemlich unglaublich, die starke Kraft des eigenen Schutzengels zu spüren, der einen Schritt zur Seite macht. Ich weiß, dass ich es nicht wirklich gut erkläre, aber es gibt noch einen weiteren Aspekt: Wenn unser Schutzengel in den Hintergrund tritt, umgibt uns seine Kraft, die uns äußerst wohlwollend durchströmt. Wir fühlen uns so erleichtert.

Manchmal, wenn ich zurückblickte, um meinen Schutzengel zu sehen, sagte Gott zu mir: »Keine Angst, Lorna. Dein Schutzengel kann dich nie verlassen.«

»Welche Frage möchtest du mir stellen, Lorna?«, fragte mich der Engel Hosus eines Tages. Er musste bemerkt haben, dass mir etwas durch den Kopf ging.

»Wann erleben die Menschen dieses Beiseitetreten?«

»Die Menschen erleben es erst, wenn sie bereits gestorben sind, Lorna. Wenn ihre Seele mit ihrem Schutzengel in den Himmel gegangen ist. Wenn sie im Himmel sind, kann der Schutzengel sich erst ab einem bestimmten Zeitpunkt von ihrer Seele entfernen, denn wenn die Seele im Himmel ist, muss ihr Schutzengel nicht die ganze Zeit bei ihr sein. Ihr Schutzengel ist in ständigem Gebet für diejenigen, die zurückgelassen wurden: ihre Angehörigen und deren Nachkommen. Ihr Schutzengel kann jedoch nie der Schutzengel irgendeines anderen Menschen sein. Er kann nur der Schutzengel der Seele sein, die Gott ihm zugeordnet hat. Und dieser Schutzengel ist auch im Himmel für immer und ewig mit dieser Seele, aber sie müssen nicht jede Sekunde beieinander sein.«

Ich trödelte häufig herum, wenn ich von der Schule nach Hause ging. Wir lebten damals in Ballymun, und es war ein gutes Stück zu laufen. Es gab zwar einen Schulbus, aber ich ging meist zu Fuß. Eines Tages lief ich über eine der Wiesen und pflückte ein paar Blumen. Dann setzte ich mich auf ein Grasbüschel und sortierte meine Blumen auf dem Boden in Sträuße aus weißen Gänseblümchen, gelben Schlüsselblumen und einer lilafarbenen Wildblumenart. Ich begann mit meinem Schutzengel zu sprechen.

Eigentlich beschwerte ich mich bei ihm: »Ich habe dich um eine Feder gebeten. Nun sind drei Tage vergangen, und ich habe nirgendwo eine Feder gefunden, nicht einmal auf dieser Wiese.« Ich wartete kurz und fragte meinen Schutzengel dann: »Sprichst du nicht mit mir?«

Ich bekam keine Antwort und fühlte mich auf einmal sehr schuldig. Ich sagte meinem Schutzengel, dass es mir leidtue, ihn wegen der Feder geschimpft zu haben.

Immer noch im Gras sitzend fügte ich hinzu: »Ich hätte wirklich sehr gerne eine passende Feder für die Blumen. Eine schwarz-weiße wäre schön, aber ich glaube, du hörst mir nicht zu.«

Ich sortierte meine Blumen, dann stand ich auf und begann zur anderen Seite der Wiese zu laufen. Es waren keine Engel bei mir. Aber natürlich wusste ich, dass mein Schutzengel da war. Ich war jedoch nicht sehr zufrieden mit ihm, weil ich die Feder, um die ich gebeten hatte, nicht bekommen hatte.

Während ich so über die Wiesen lief, pflückte ich hier und da ein paar Blumen. Ich ließ aus Versehen einige von ihnen fallen, und als ich mich bückte, um sie wieder aufzusammeln, erschien die Hand des Schutzengels über der meinen.

»Du bist hier!«, rief ich aus.

Mein Schutzengel antwortete ohne zu zögern: »Ja, natürlich bin ich hier. Möchtest du wirklich eine Feder, Lorna?«.

»Ja.«

»Du weißt aber schon, dass ich dir keine von meinen eigenen geben kann.«

»Natürlich«, erwiderte ich lachend.

»Ich werde also einen Vogel darum bitten müssen, die Feder für dich zu hinterlassen. Geh zu dem großen Baum dort drüben, Lorna.«

»Okay«, sagte ich, und kurz bevor ich bei dem Baum ankam, entdeckte ich eine Feder im Gras.

Vor lauter Freude machte ich einen Satz! Sie war schwarz-weiß.

»Wie hast du das gemacht?«, fragte ich meinen Schutzengel. »Es ist nicht leicht, eine schwarz-weiße Feder zu finden.«

»Ich weiß, Lorna, aber ich wusste, dass du mich heute noch einmal um eine schwarz-weiße Feder bitten würdest. Gestern hat eine Dohle, deren Federn zum Teil schwarz und weiß gefärbt waren, eine verloren, damit diese für dich hinterlassen werden konnte.«

»Ich danke dir!«, sagte ich zu meinem Schutzengel, aber ich hoffte, dass der Vogel nun nicht frieren musste, falls er seine Feder vorzeitig verloren hatte.

»Keine Sorge, Lorna. Eine andere Feder wächst bereits an der Stelle nach. Du musst dir keine Gedanken darüber machen, dass der Vogel friert.«

»Ich danke dir«, sagte ich, während ich meine Feder bewunderte. Ich hielt sie gegen die Sonne und pustete sie vorsichtig an.

Die Engel haben mir beigebracht, eine Feder auf diese Weise zu reinigen und sie in den Wildblumenstrauß zu stecken. Auf dem Nachhauseweg hüpfte ich fast die ganze Zeit über. Ich schenkte die Blumen meiner Mum, und sie stellte sie ins Küchenfenster. Sie sahen sehr hübsch aus. Ich liebte es, meiner Mum Blumen mit nach Hause zu bringen.

Ich sehe ständig, dass Engel den Menschen Federn schenken. Es ist eins der vielen Zeichen, die die Engel uns geben, wenn wir Hoffnung in unserem Leben brauchen. Wenn wir zum Beispiel um ein Zeichen der Hoffnung bitten, weil ein Angehöriger verstorben ist. Manchmal bitten wir um ein weiteres Zeichen, um uns zu vergewissern, dass er Frieden gefunden hat und im Himmel ist.

Ich erinnere mich gerne an die Angelwettbewerbe an verschiedenen Orten im ganzen Land, zu denen ich meinen Vater begleitet habe. Eines Tages sagten die Engel mir, einer der Angler namens Pat habe zu Gott gebetet und um ein Zeichen gebeten. Es sollte ihm Hoffnung schenken, dass die Dinge sich für ihn und seine Familie klären und alles gut werden würde.

Bei einem dieser Ausflüge angelte Dad gemeinsam mit etwa zehn anderen Anglern. Sie veränderten immer wieder ihre Position am Flussufer. Jedes Mal, wenn Pat seine Angeltasche nahm, um an einer anderen Stelle weiterzuangeln, deuteten die Engel auf ihn. Jedes Mal lag eine Feder genau unter oder neben seiner Tasche, und ich kann Ihnen versichern, dass ich mich überall umgesehen habe, um zu prüfen, ob sonst noch irgendwo andere Federn waren, aber das war nicht der Fall. Es geschah immer wieder. Aber Pat bemerkte es nicht.

Es wurde allmählich dunkel, daher sagte mein Vater: »Ich denke, wir werden bald nach Hause gehen müssen.«

Einer der Angler antwortete: »Lasst uns unsere Angeln nur noch ein paar Mal im Fluss auswerfen, dann packen wir zusammen.«

Die ganze Zeit über beobachtete ich, wie sehr die Engel sich an diesem Tag bemühten, dem Mann eine Feder zukommen zu lassen, um ihm die Hoffnung zu schenken, die er brauchte. Ich dachte, er würde es nie bemerken, aber als er gerade seine Angelausrüstung zusammenpackte und seine Tasche vom Boden hochhob, zögerte er einen Moment. Dann bückte er sich und hob die Feder auf. Er betrachtete sie, sagte aber niemandem ein Wort, sondern schob sie in seine Tasche. Im gleichen Moment sah ich, dass sein Schutzengel ihn umarmte. Ich fragte ihn, was los sei, aber ich bekam keine Antwort. Die Engel sagten mir nichts. Ich sehe häufig, dass Engel den Menschen Federn schenken, aber meistens bemerken diese sie nicht.

Die Engel bemühen sich intensiv darum, uns Zeichen zu geben, aber es ist nicht leicht für sie. Sie nutzen die Federn der Vögel in der Luft, daher müssen auch die Vögel ihren Beitrag dazu leisten. Die Engel benutzen in der Regel Federn, da diese sehr leicht sind. Einfacher ist es für die Engel, etwas gedanklich in den Köpfen der Menschen zu bewegen, als physische Objekte zu bewegen. Ich habe in meinen Büchern physische Manifestationen der Engel beschrieben – zum Beispiel, dass sie an Türen oder Fenster klopfen oder den Wind wehen lassen –, aber solche Manifestationen sind ziemlich selten.

Wenn wir um ein Zeichen in Form einer Feder bitten, finden wir sie meistens an einem ungewöhnlichen Ort, dort, wo wir keine Feder erwarten würden. Auch am Flussufer waren normalerweise keine Federn. Nur bei Pats Angeltasche lag jedes Mal eine. Für mich ist das ein Wunder. Ich weiß einfach nicht, wie die Engel das machen. Oft sind wir schwer von Begriff, wenn es darum geht, die Zeichen der Engel zu erkennen. Das trifft sogar manchmal auf mich selbst zu. Wir übersehen sie.

Eine Freundin von mir hat mir einmal gesagt, dass sie liebend gerne eine Feder von einem Engel bekommen würde. Sie hatte ihr ganzes Leben lang darum gebeten, aber nie eine erhalten. Die Engel, die sie an jenem Tag umgaben, sagten mir, sie habe bereits viele Federn bekommen, diese allerdings nie gesehen. Selbst als die Engel ihr die Federn direkt vor die Nase legten, nahm sie es nicht ernst. Sie dachte, die Federn stammten nicht wirklich von den Engeln, da sie nicht an Orten auftauchten, an denen man eigentlich nicht erwarten würde, eine Feder zu finden.

Daher bat ich im Namen meiner Freundin darum, und als ich sie etwa sechs Monate danach wieder traf, sagte sie zu mir: »Ich habe meine Feder bekommen, Lorna.«

»Das habe dir ja gesagt. Wo hast du sie gefunden?«, fragte ich sie.

»Du wirst es nicht glauben, aber ich habe sie in meinem Schuh gefunden«, antwortete sie.

»Das ist unglaublich. Bist du nun glücklich?«

»Ja, das bin ich«, sagte sie.

Wie ist es den Engeln gelungen, eine Feder in ihren Schuh zu tun? Ich weiß es wirklich nicht, aber das ist die Art der Engel. Manchmal gibt es einfach keine Erklärung dafür. Ich weiß, dass die Schutzengel noch andere Engel haben, die ihnen helfen – und dass sie darüber hinaus auf unsere Mitarbeit angewiesen sind. Wenn Ihr Schutzengel Ihnen also einen Gedanken schickt, sollten Sie darauf reagieren. Vielleicht hat jemand um ein Zeichen gebeten, und Sie sollen dabei helfen, dieser Person das Zeichen zu übermitteln. Möglicherweise werden Sie um etwas sehr Einfaches gebeten. Vielleicht geht es nur darum, jemanden anzurufen oder ihm einen Brief zu schreiben. Vielleicht werden Sie dazu angeleitet, jemandem eine Blume zu schenken, ihn anzulächeln oder ihm Ihren Stuhl anzubieten, damit er sich setzen kann. Vielleicht sollen Sie jemandem eine Tasse Tee oder Ihre Hilfe anbieten, selbst wenn es sich um einen Fremden handelt. Mein Schutzengel und all die anderen Engel haben mich etwas gelehrt, das auch meine Großmutter zu sagen pflegte.

Sie wiederholen stets die folgenden Worte für mich: »Gib mit einem reinen Herzen und erwarte nichts dafür.«

Einmal, als meine Mutter wieder im Krankenhaus war, wohnten meine Schwester und ich bei meiner Großmutter. Wir lebten damals in Ballymun, aber da meine Großmutter nicht weit von Old Kilmainham entfernt wohnte, kannte ich die Gegend. Gelegentlich schickte meine Oma mich zum Einkaufen, damit ich ihr ein paar Dinge besorgte. Ich ging gerne in die Geschäfte, weil ich auf diese Weise etwas Zeit für mich hatte. Und natürlich hörte ich unterwegs nie auf, mit meinem Engel zu sprechen.