Entflammte Herzen - Shadows of Love - Susanna Arens - E-Book

Entflammte Herzen - Shadows of Love E-Book

Susanna Arens

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Beschreibung

Helen hat es geschafft: Seit kurzem arbeitet sie als Lektorin in einem großen Buchverlag. Als Bewährungsprobe wird sie von ihrem Chef beauftragt, sich mit dem Erfolgsautor Nicolas Bergemer auf Borkum zu treffen. Im Verlag befürchtet man, dass er den Abgabetermin seines neuen Romans nicht einhalten wird. Helen soll nun persönlich nachhorchen, was los ist - zumal sich Nicolas, der eigentlich nur in Saint Tropez anzutreffen ist, schon seit einiger Zeit auf der wenig mondänen Nordseeinsel Borkum aufhalten soll. Was steckt dahinter?
Schon bei ihrer ersten Begegnung ist sie von Nicolas fasziniert. Sie kommen sich vorsichtig näher und um Helen ist es geschehen. Als sie allerdings einen heftigen Streit zwischen Nicolas und einem jüngeren Mann mitbekommt, weiß sie nicht mehr, wen sie eigentlich vor sich hat: Nicolas ist von solch einer Wut erfüllt, dass sie Angst vor ihm bekommt. Schockiert läuft Helen davon und will so schnell wie möglich die Insel verlassen ...

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Seitenzahl: 125

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Inhalt

Cover

Über diese Folge

Über die Autorin

Titel

Impressum

Entflammte Herzen

In der nächsten Folge

„Shadows of Love“ sind in sich abgeschlossene erotische Liebesgeschichten von unterschiedlichen Autoren. Die Folgen erscheinen monatlich als Romanheft und E-Book.

Über diese Folge

Helen hat es geschafft: Seit kurzem arbeitet sie als Lektorin in einem großen Buchverlag. Als Bewährungsprobe wird sie von ihrem Chef beauftragt, sich mit dem Erfolgsautor Nicolas Bergemer auf Borkum zu treffen. Im Verlag befürchtet man, dass er den Abgabetermin seines neuen Romans nicht einhalten wird. Helen soll nun persönlich nachhorchen, was los ist – zumal sich Nicolas, der eigentlich nur in Saint Tropez anzutreffen ist, schon seit einiger Zeit auf der wenig mondänen Nordseeinsel Borkum aufhalten soll. Was steckt dahinter? Schon bei ihrer ersten Begegnung ist sie von Nicolas fasziniert. Sie kommen sich vorsichtig näher und um Helen ist es geschehen. Als sie allerdings einen heftigen Streit zwischen Nicolas und einem jüngeren Mann mitbekommt, weiß sie nicht mehr, wen sie eigentlich vor sich hat: Nicolas ist von solch einer Wut erfüllt, dass sie Angst vor ihm bekommt. Schockiert läuft Helen davon und will so schnell wie möglich die Insel verlassen …

Über die Autorin

Viel Herz und eine gehörige Portion Sex – für beides hat Susanna Arens sowohl in ihren erotischen Geschichten als auch privat eine Schwäche. Seit einigen Jahren lebt sie mit ihrem Partner in München. Doch nicht nur in der bayerischen Metropole holt sich die gebürtige Kielerin Inspirationen für ihre Stories: Wann immer sie Zeit dazu hat, zieht es sie hinaus in die Natur.

Susanna Arens

Entflammte Herzen

beHEARTBEAT

Digitale Originalausgabe

»be« - Das eBook-Imprint von Bastei Entertainment.

Copyright © 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln

Titelgestaltung: Jeannine Schmelzer unter Verwendung der folgenden Motive: © shutterstock/Andrey tiyk/Reinhold Leitner/Dmitry_Tsvetkov

E-Book-Erstellung: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-1972-9

www.be-ebooks.de

www.lesejury.de

»Borkum! Ist das dein Ernst, Helen?«

Ungläubig sieht mich meine Freundin Lotta an. Während sie mir beim Packen der Reisetasche zuschaut, hat sie es sich auf einer Hälfte meines Bettes bequem gemacht, sodass mir nur wenig Platz bleibt, um meine Sachen auf der anderen Hälfte auszubreiten.

»Was ist mit der Karibik, Saint Tropez oder wenigstens Sylt? Das darf doch nicht wahr sein! Da triffst du dich mit Nicolas Bergemer – Bestsellerautor und Herzensbrecher in Personalunion –, und dann findet das Ganze ausgerechnet auf so einer schnarchigen Nordseeinsel statt? Das musst du mir jetzt aber mal erklären. Der jettet doch sonst ständig mit irgendwelchen Models in der Weltgeschichte herum, wenn man den Hochglanzmagazinen glauben darf.«

Sie dreht sich von der Seite auf den Rücken, schüttelt den Kopf und seufzt theatralisch.

Unwillkürlich muss ich lachen, als ich sie so sehe. Kurz halte ich mit dem Packen inne und zucke mit den Schultern.

»Keine Ahnung. Ehrlich.«

»Wie? Keine Ahnung. Was hat denn der Regauf gesagt?«

Der Regauf heißt eigentlich Carl-Theo Rickhauff, ist stellvertretender Verlagsleiter und damit für die persönliche Betreuung unserer Bestsellerautoren zuständig. Er ist ein echter Macher, der für den Verlag lebt, und wie sein Spitzname vermuten lässt, ist sein Naturell eher unbeherrscht. Wie unbeherrscht wird sich vermutlich erst zeigen, wenn sich einer von uns irgendwann verplappert und ihn mit »Herr Regauf« anspricht. Allein der Gedanke daran lässt mich schon wieder grinsen.

»Mensch, Helen, jetzt lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen!«

»Der Regauf weiß auch nicht, was dahintersteckt, und genau das macht ihm offenbar mächtig Angst.« Ich halte in jeder Hand ein zartes Höschen mit farblich passendem Spitzen-BH und hebe sie abwechselnd in die Höhe. »Welches Set soll ich mitnehmen – rosa oder schwarz?«

»Egal, kriegt ja doch kein Kerl zu sehen. Und jetzt erzähl schon.«

Für einen kurzen Moment bin ich versucht, auf ihre Bemerkung einzugehen, entscheide mich dann aber dagegen. Was soll ich auch sagen: Schließlich hat sie ja recht – leider. »Also gut, dann eben beide. Das bisschen Stoff braucht sowieso kaum Platz. Was wolltest du noch gleich wissen?« Soll sie ruhig noch ein paar Sekunden zappeln.

Genervt rollt Lotta die Augen.

Dann berichte ich ihr, was ich weiß, auch wenn das wenig genug ist. »Offenbar hält sich Nicolas Bergemer schon seit einiger Zeit auf Borkum auf, ist dort aber kaum zu erreichen, und auch die Arbeit an seinem neuen Roman scheint nur schleppend voranzugehen. Warum, weiß keiner. Bei Regauf schrillen jedenfalls die Alarmglocken. Schließlich ist Bergemer zurzeit sein bestes Pferd im Stall, und der Verlag will das Buch auf der Buchmesse im Oktober mit viel Tamtam vorstellen. Jetzt ist schon Juni, und wir haben noch nicht einmal eine Leseprobe. Für Oktober sehe ich echt schwarz.«

Lotte nickt mit ernster Miene. »Okay, jetzt verstehe ich, dass der Chef nervös wird.«

Ich kann ihr nur beipflichten. Schließlich ist es wirklich seltsam, wenn ein schillernder Erfolgsmensch wie Nicolas Bergemer plötzlich an einem so unerwarteten Ort abtaucht. Ich sehe zu Lotta hinüber und kann förmlich beobachten, wie es hinter ihrer Stirn arbeitet. Auch mir spukt die Sache im Kopf herum. Seit ich heute Morgen nach dem Gespräch mit Herrn Rickhauff dessen Büro verlassen habe, gehe ich in Gedanken immer wieder durch, was ich über Nicolas Bergemer weiß, und versuche, es mit den aktuellen Ereignissen in Verbindung zu bringen, sodass es einen Sinn ergibt: Nicolas Bergemer, 36, extrem talentierter und äußerst fleißiger Bestsellerautor von Krimis mit einem ordentlichen Schuss handfester Erotik. Er gilt als Frauenheld aus gutem Hause und verbringt anscheinend einen Großteil seiner Zeit mit irgendwelchen langbeinigen Schönheiten an den Hotspots der Society in aller Welt. Ein richtiger Abenteurer ist er, der nur selten in seiner Heimatstadt Düsseldorf zu finden ist. So war es jedenfalls bisher …

»Und warum schickt der Regauf dann ausgerechnet dich auf die Insel?«, will Lotta nun wissen.

»Gute Frage. Eigentlich ist das Chefsache, und er wollte selbst fahren. Doch die Angelegenheit drängt, und im Augenblick kann er sich einfach nicht loseisen. Bis zum Wochenende jagt ein wichtiger Termin den nächsten, und danach muss er mit seiner Frau nach Portugal zum Golfen. Sie besteht darauf, nachdem er seit Weihnachten so gut wie durchgearbeitet hat.«

»Verstehe … Madame macht ihm ganz schön Stress in der letzten Zeit, das ist mir auch schon aufgefallen. Da hängt der Haussegen offenbar gehörig schief. Und eine Trennung käme Regauf bestimmt noch teurer zu stehen als eine verschobene Buchveröffentlichung – selbst wenn es sich um einen Spitzentitel handelt.«

Ich nicke zögernd. Eigentlich mische ich mich grundsätzlich nicht in die Privatangelegenheiten meiner Kollegen ein und schon gar nicht in die meines Chefs, aber Lotta hat den Nagel mal wieder auf den Kopf getroffen. Die gute Lotta – frech, geradeheraus, eine geschätzte Kollegin und noch dazu meine beste Freundin hier in Köln.

Als ich vor drei Jahren in die Rheinmetropole gekommen bin, um meine erste richtige Stelle in einem bekannten Verlagshaus anzutreten, sind wir uns direkt am ersten Tag in der Kaffeelounge über den Weg gelaufen und waren uns auf Anhieb sympathisch. Inzwischen verbringen wir viel Zeit miteinander, und das nicht nur bei der Arbeit. Zwischen Lotta und mir stimmt einfach die Chemie, und das, obwohl wir eigentlich ziemlich verschieden sind, was schon bei den Äußerlichkeiten beginnt: Sie ist eher klein und sportlich. Mit ihrem kurzen braunen, immer leicht strubbeligen Haar und ihren großen dunklen Augen sieht sie aus wie ein sexy Lausejunge. Ich dagegen bin hochgewachsen und trotz meiner Leidenschaft für Nougatpralinen (schon immer) und Reibekuchen (als Wahlkölnerin neu erworben) schlank und feingliedrig. Gute Gene, wie meine Mutter immer sagt, die für ihr Alter immer noch eine tolle Figur hat.

»Der Regauf hat wirklich einen Narren an dir gefressen«, fährt Lotta fort. »Statt einen altgedienten Kollegen zu schicken, setzt er mal wieder auf dich. Aber wer könnte es ihm übel nehmen? Schließlich bist du nicht ganz unschuldig daran, dass der Verlag in den letzten Jahren so gute Zahlen schreiben konnte.« Anerkennend schüttelt sie den Kopf. »Du hast wirklich einen siebten Sinn für die richtigen Manuskripte und weißt, was die Leser wollen. Und dann schaffst du es auch noch, aus unseren Autoren das Beste herauszukitzeln. Weiß der Teufel, wie du das machst – an deiner Lebenserfahrung kann es jedenfalls nicht liegen …«

Wieder zucke ich mit den Schultern und grinse dabei fast entschuldigend. Ja, es stimmt, was sie sagt, und ich wundere mich manchmal selbst, dass es so ist. Mit meinen vierundzwanzig Jahren habe ich oft das Gefühl, bisher mehr in der Welt der Bücher als tatsächlich gelebt zu haben. Ernst zu nehmende Beziehungen oder wilde Affären? Fehlanzeige. Weltreisen und verrückte Abenteuer? Sorry, auch da muss ich passen. Natürlich sehne ich mich ab und zu danach, aber irgendwie scheine ich einfach nicht der Typ für ein solches Leben zu sein. Und so kommt es, dass ich die bisher prickelndsten Momente meines Lebens meinen Erfolgen im Verlag zu verdanken habe, wo ich inzwischen trotz meines jugendlichen Alters tatsächlich eine Ausnahmestellung einnehme.

»Und morgen früh geht’s los, hast du gesagt? Wie lange bleibt du denn?«, reißt mich Lotta aus meinen Gedanken.

»Vier Tage. Einen für die Hinfahrt, einen für die Rückfahrt und zwei auf der Insel. So bleibt Zeit für mehr als ein Gespräch, falls das nötig sein sollte.«

Ganz wohl ist mir bei dem Gedanken an die Begegnung mit Bergemer übrigens nicht. Attraktive Männer machen mich nun einmal unsicher, daran ändert auch meine fachliche Kompetenz wenig. Was ist, wenn er mir aus dem Weg geht und ich ihm quer über die Insel hinterherjagen muss, um dann doch mit leeren Händen nach Köln zurückzukehren? Allein bei der Vorstellung daran krampft sich mein Magen zusammen.

Lotta scheint meine Unsicherheit zu spüren. »Kopf hoch, Süße. Das wird schon. Du bist eine tolle und kluge junge Frau, der jeder Mann aus der Hand fressen würde, wenn du es nur zuließest. Und bei Bergemer wird das nicht anders sein.«

Dankbar lächele ich sie an. Ihr Wort in Gottes Ohr!

♡♡♡

Am frühen Nachmittag des nächsten Tages fährt mein Zug mit einiger Verspätung in Emden-Außenhafen ein. Die knapp vierstündige Fahrt dorthin habe ich damit verbracht, Bergemers letzten veröffentlichten Roman noch einmal querzulesen, um mich auf mein Treffen mit diesem Mann vorzubereiten. Bergemer versteht sein Geschäft, das muss man ihm lassen. Die Krimigeschichte ist so spannend, dass man sich die Fingernägel abkauen möchte, und auch die Sexszenen haben es in sich. Als mich der Schaffner während der Fahrt bei einer besonders leidenschaftlichen Passage störte, um meine Fahrkarte zu kontrollieren, bin ich wie ertappt zusammengezuckt und vermutlich puterrot geworden. Daraufhin ist auch er ganz verwirrt errötet, der arme Kerl. Doch im Moment habe ich vor allem Mitleid mit mir selbst, denn allmählich wird es mir angesichts der bevorstehenden Begegnung mit Bergemer ganz flau im Bauch. Sein Buch lässt keine Zweifel daran, dass er ein gestandenes Mannsbild ist, ein richtiger Kerl, der genau weiß, was er will und wie er es bekommt. Da wird er sich von einem jungen Ding wie mir bestimmt nichts sagen lassen.

»Endstation, alles aussteigen!«, meldet sich der Schaffner nun per Lautsprecher. »Die Fähre nach Borkum legt in wenigen Minuten ab, daher bitten wir alle Passagiere, sich unverzüglich an Bord zu begeben.«

Schon quietschen die Bremsen, als Nächstes öffnen sich die Türen. Heraus quillt eine muntere Schar von mit Gepäck beladenen Urlaubern, die auf direktem Weg auf den nur wenige Meter entfernten Fähranleger zuströmt, wobei sie das Gebäude, in dem sich Fahrkartenschalter, Wartebereich und Gastronomie befinden, mit schnellen Schritten durchquert.

Die Fähre ist bereits gut gefüllt, als ich sie betrete. Die Passagiere, die mit ihrem Wagen übersetzen, haben die Fahrzeuge bereits auf dem Autodeck abgestellt und es sich im Zwischen- und auf dem Oberdeck gemütlich gemacht. Kaum ist der letzte Nachzügler an Bord, fährt auch schon die Rampe der Fähre hoch, und wir legen mit dröhnenden Motoren ab.

Es ist ein strahlend schöner Tag, und so zieht es mich, nachdem ich meine Tasche in einem der Gepäckfächer verstaut habe, hinaus aufs Oberdeck. Ich stelle mich an die Reling und recke meine Nase der Sonne entgegen. Es riecht nach Meer und Salz und Freiheit, und über mir segeln Möwen durch die Lüfte und kreischen. Wow! Dieser Trip ist wirklich ein Geschenk, von dem ich gestern beim Frühstück noch nicht zu träumen wagte. Vier Tage Inselleben und viel Natur statt langer Tage im Großstadtbüro. Ich nehme mir fest vor, meine Angst vor dem Treffen mit Bergemer so gut es geht zu ignorieren und stattdessen diese kleine Flucht aus dem Alltag zu genießen, angefangen mit den rund zwei Stunden, die die Überfahrt dauert. Verlagsjob hin oder her.

♡♡♡

»Einen Latte Macchiato und einen von den Schokoriegeln, bitte«, bestelle ich etwa eine Stunde später im Bordrestaurant, um anschließend mit meinem Proviant aufs Oberdeck zurückzukehren. Diesmal wähle ich allerdings einen anderen Aufgang als bei meiner Ankunft an Bord, weil ich die Überfahrt nicht nur aus einer Perspektive erleben möchte.

Als ich die Metalltreppe hinaufsteige, taucht in meinem Blickfeld ein außergewöhnlich attraktiver Mann auf, der es sich lässig auf einer Bank bequem gemacht hat und sein Gesicht in den Wind hält, die Augen geschlossen. Ohne dass ich es will, schlägt mein Herz plötzlich schneller, und ich kann den Blick nicht von ihm abwenden, während ich ihm mit jeder Stufe näher komme.

Kurzes dunkelblondes Haar, das vom Wind zerzaust ist, und ein gepflegter Drei-Tage-Bart im gebräunten Gesicht geben dem Fremden etwas Abenteuerliches und Ungezähmtes. Sein Alter schätze ich auf Mitte dreißig.

Warum bin ich plötzlich so nervös? Ich kenne diesen Mann doch gar nicht, und er sieht nicht einmal in meine Richtung. Und trotzdem fühle ich mich auf eine seltsame Weise zu ihm hingezogen. Wie er da so sitzt – völlig entspannt und eins mit sich und der Welt –, geht eine unwiderstehliche Anziehungskraft von ihm aus. Irgendwie kommt er mir sogar seltsam vertraut vor, obwohl das natürlich Quatsch ist.

Er trägt ein lässiges Baumwollhemd mit langen Ärmeln, das an den Manschetten offen ist und ihm über eine verwaschene Jeans hängt. Seine Füße stecken in hellen Segeltuchschuhen. Zusammen sieht das nicht gestylt, sondern einfach nur sexy aus. Als ich auf dem Deck angekommen bin, sehe ich mich suchend nach einem Sitzplatz um – und stelle fest, dass nur noch zwei Plätze auf einer schmalen Bank gegenüber von dem Fremden frei sind. Zufall oder Schicksal?

Kurz zögere ich, denn eigentlich bin ich viel zu schüchtern, um mich zu einem gut aussehenden Mann zu setzen, der schon auf den ersten Blick aus den reisenden Familien, Naturfreunden und Senioren an Bord heraussticht. Mit einem Schlag werde ich mir meiner eigenen Unerfahrenheit doppelt bewusst. Ich bin nun mal nicht der Typ Frau, für den es selbstverständlich ist, in der Straßenbahn mit Leonardo DiCaprio übers Wetter zu plaudern, wobei es zugegebenermaßen auch eher unwahrscheinlich ist, Leonardo dort über den Weg zu laufen. Während ich noch unschlüssig dastehe, öffnet der Fremde die Augen, dreht den Kopf und sieht mich an.

Mir stockt der Atem. Als er bemerkt, dass sich neben ihm die offenbar einzigen noch freien Plätze befinden, lächelt er. Gerade will er etwas sagen, als …

»Hey, gib mir sofort das Eis zurück! Das ist meins!«

Direkt hinter mir höre ich die Stimme eines Jungen. Im nächsten Moment spüre ich einen heftigen Schlag gegen den Oberschenkel und verliere beinahe das Gleichgewicht.