Enzensbergers Panoptikum - Hans Magnus Enzensberger - E-Book

Enzensbergers Panoptikum E-Book

Hans Magnus Enzensberger

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Beschreibung

Ein großes Thema in einem kleinen Text zu fangen: das ist eine Herausforderung, an der sich sportlicher Ehrgeiz entzünden kann. Oder auch ein Gewitter von Geistesblitzen. Michel de Montaigne hat es vor 500 Jahren vorgemacht: »Kein Buch zu schreiben, wo eine Seite hinreicht, und kein Kapitel, wo ein Wort eben die Dienste tut«. Nichts bieten als den reinen Essay! Abhandlungen, Fußnoten und Kommentare, kurz: die ganze gelehrte (und oft genug dumme) Gründlichkeit in der Ich-Form überlisten. Mit zwanzig Mini-Essays gibt Hans Magnus Enzensberger dieser kleinen schwierigen Form einen besonderen Dreh hin zur Mythoskopie des Alltäglichen«: Okkultes wie Geld und Unwahrscheinliches wie »Sechs Millionen Experten«: nichts weniger als »Unlösbare Probleme« und »Normale Wunder« erledigen sich hier im Fünf-Seiten-Takt. Wovon die Rede ist oder doch sein sollte, darüber verfügt dieses Panoptikum der lebenden Wachsfiguren und normalen Sensationen souverän. Die Einladung aber geht an alle: »Treten Sie ein, Sie werden es nicht bereuen.«

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Seitenzahl: 171

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Enzensbergers Panoptikum

Zwanzig Zehn-Minuten-Essays

Suhrkamp

eBook Suhrkamp Verlag Berlin 2012

© Suhrkamp Verlag Berlin 2012

Originalausgabe

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung, des öffentlichen Vortrags sowie der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile.

Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Umschlag: Hans Magnus Enzensberger

eISBN 978-3-518-79460-9

www.suhrkamp.de

Inhalt

Statt eines Waschzettels

Mikroökonomie

Über unlösbare Probleme

Wie man Nationen am Schreibtisch erfindet

Rentenlust, Rentenangst und Rentenzwang

Sechs Milliarden Experten

Von den Tücken der Transparenz

Armer Orwell!

Das köstliche Unbehagen an der Kultur

Als Ob

Wohin mit der Photographie?

Normale Wunder

Ehrliche und weniger ehrliche Berufe

Warum immer alles kleckert

Geschenkt!

Zu der Frage, ob die Wissenschaft eine säkulare Religion sei

Wer wen? Alexander von Humboldt im Stammeskrieg zwischen Intelligenz und Macht

Muster ohne Wert

Muß Sex sein, und wenn ja, wie?

Vom Common sense und seinen Verächtern

Cosmic Secret

Ein paar Quellen

Notiz

Statt eines Waschzettels

Ist das seriös? Kann man, ohne Philosoph zu sein, zwischen lösbaren und unlösbaren Problemen unterscheiden, oder erklären, wie Nationen am Schreibtisch erfunden werden, ohne ein Standardwerk zu verfassen? Doch, das geht. Kleine Texte zu riesigen Themen: das ist nichts Neues, das gibt es seit fünfhundert Jahren. Der große Ahnherr des Essays, Michel de Montaigne, hat es vorgemacht: »Über die Traurigkeit«, »Über die Nachteile einer hohen Stellung«, »Über die Menschenfresser« hat er geschrieben, und zwar so, wie ihm zumute war, je nachdem, was ihm dazu eingefallen ist, und ohne sich, den Leser oder den Gegenstand zu erschöpfen.

Aber was besagt das schon, riesige Themen? Nichts war ihm zu unscheinbar; auch über die Daumen und das Schlafen, ja sogar über die Ablenkung wußte er dem Leser ein Licht aufzustecken. Dazu brauchte er meistens nur ein paar hundert Zeilen. »Ja kein Buch geschrieben, wo eine Seite hinreicht, und kein Kapitel, wo ein Wort eben die Dienste tut« -, so hat es übrigens auch Lichtenberg gehalten.

Ich gebe zu, die Gründlichkeit ist nicht meine Stärke. Wo mag plötzlich diese Ich-Form herkommen, ein Pronomen, das in Klappentexten und Waschzetteln nicht üblich ist? Das hat mit dem imaginären Ort zu tun, den ein Beobachter einnimmt, wenn er zugleich ein Teil dessen ist, was ihm auffällt, was ihn verwundert und was er zu beschreiben sucht. »Ich« muß in diesem Fall also selbst den Kopf hinhalten. Und weil es immer jemanden gibt, der es besser weiß als ich, zitiere ich, genau wie der unerreichbare Ahnherr, gern meine Nothelfer und Gewährsleute. Der Alte konnte sich Fußnoten und Kommentare sparen, weil seine Leser ihre Klassiker so gut kannten wie er selber. Sie waren nicht, wie unsereiner, auf das Internet angewiesen.

Wer weiß schon, was ein Panoptikum ist? Man braucht nur das Stichwort in die Suchmaske eingeben, schon wird man in die Irre geführt und auf einen Engländer namens Jeremy Bentham verwiesen. Das war ein furchtbarer englischer Jurist, der sich in seiner Freizeit ein ideales Gefängnis ausgedacht hat. Ein einziger Aufseher, der im Dunkeln saß, sollte möglichst viele Häftlinge überwachen. Solche Anstalten sind dann tatsächlich erbaut worden. Bald entdeckten scharf kalkulierende Unternehmer, daß diese ominöse Erfindung auch zur kostengünstigen und effizienten Organisation einer Fabrik dienen konnte.

Damit habe ich nichts im Sinn, auch wenn ich in anderer Hinsicht, soweit das möglich ist, gern den Überblick behalten möchte. Lieber möchte ich das Publikum an eine andere Wortbedeutung erinnern. Karl Valentin nannte sein Kuriositäten- und Gruselkabinett, das er 1935 eröffnete, Panoptikum. Dort konnte man, neben eigenartigen Folterinstrumenten, allerhand Abnormitäten, Sensationen und Erfindungen bewundern.

Treten Sie also bitte ein, meine Herrschaften! Sie werden es nicht bereuen.

Mikroökonomie

Was Wirtschaftswissenschaftler unter Wirtschaft verstehen, ist bestenfalls ihnen selber klar; der Rest der Welt hegt gewisse Zweifel an ihren Vorstellungen und fragt sich, ob es sich bei ihrer Beschäftigung überhaupt um eine Wissenschaft handelt. Denn sie verfügen zwar über Institute, Lehrstühle und ein gesichertes Einkommen, aber mit der Art und Weise, wie die meisten Menschen, zum Beispiel Hausfrauen, Rentner oder Kinder wirtschaften, hat ihre Tätigkeit wenig zu tun. Ökonomen befassen sich am liebsten mit großen Aggregaten und operieren mit gewaltigen Mengen von statistischen Daten. Die meisten von ihnen hängen einem seltsamen Zopf von Theorien an, die, aus welchem Grund auch immer, als neoklassisch gelten. Wer ihnen zuhört, sieht sich in eine idyllische Welt mit märchenhaften Zügen versetzt. Staunend vernimmt er, daß der Markt unvermeidlich, trotz mancher Oszillationen, stets einem Gleichgewicht zustrebt. Er ist effizient, er korrigiert und optimiert sich selbst, und alle, die an ihm teilnehmen, verhalten sich durchaus rational. Diese Annahmen werden schlicht vorausgesetzt, obwohl es sich um bloße Hypothesen handelt, die unbewiesen, wenn nicht sogar unbeweisbar sind.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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