Er hieß Gringo - G.F. Barner - E-Book

Er hieß Gringo E-Book

G. F. Barner

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Beschreibung

Nun gibt es eine exklusive Sonderausgabe – Die großen Western Classic Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). Dieser Traditionstitel ist bis heute die "Heimat" erfolgreicher Westernautoren wie G.F. Barner, H.C. Nagel, U.H. Wilken, R.S. Stone und viele mehr. Auf dem Tisch liegt ein Brief, der schon drei Wochen alt ist. Steve Malony hat ihn Gringo Lane geschickt. Dieser verdammte Bursche, es gab für Gringo nie mehr einen wie ihn, der so verrückte Späße machte, der sein letztes Essen mit mir teilte. War keiner mehr da, der wie Steve war. Wohin ich auch in den beiden Jahren geritten bin, denkt Gringo, es gab keinen Partner, der Steve glich. Wir hätten jeder dasselbe für den anderen getan. Er für mich und ich für ihn. Dann sind wir hierher zu Mammy Rowan, aber es hielt ihn nicht. Eines Morgens war er weg. Und auf dem Tisch lag ein Zettel, er wollte seinen reichen Onkel Abe besuchen und den Streit begraben, den sie vor Jahren hatten. Er schrieb in den zwei Jahren keinen Brief – und nun das hier. Schritte halten vor der Tür, es klopft. »Ja«, sagt Gringo und lehnt sich zurück, »komm nur rein, Mammy!« Da kommt sie, blinzelt ein wenig, weil er die Lampe herabgedreht hat und es fast dunkel in seinem Zimmer ist. Er sieht sie an, dieser schwarzhaarige wilde Bursche, den sie lieber hierbehalten würde, als ihn dauernd unterwegs zu wissen. Aber der Saloon liegt ihm nicht. Er braucht Luft, sagt er immer, Luft und freie Weide. Manchmal hört sie monatelang nichts von ihm und macht sich Sorgen, bis dann irgendwer kommt und ihr einen Gruß bestellt. Gringo Lane ist entweder mit einer Herde unterwegs, oder er fängt Pferde mit jemandem, den sie nicht kennt.

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Die großen Western Classic – 2 –

Er hieß Gringo

… und kam mitten in einen Weidekrieg

G.F. Barner

Auf dem Tisch liegt ein Brief, der schon drei Wochen alt ist. Steve Malony hat ihn Gringo Lane geschickt.

Dieser verdammte Bursche, es gab für Gringo nie mehr einen wie ihn, der so verrückte Späße machte, der sein letztes Essen mit mir teilte. War keiner mehr da, der wie Steve war. Wohin ich auch in den beiden Jahren geritten bin, denkt Gringo, es gab keinen Partner, der Steve glich. Wir hätten jeder dasselbe für den anderen getan. Er für mich und ich für ihn. Dann sind wir hierher zu Mammy Rowan, aber es hielt ihn nicht. Eines Morgens war er weg. Und auf dem Tisch lag ein Zettel, er wollte seinen reichen Onkel Abe besuchen und den Streit begraben, den sie vor Jahren hatten. Er schrieb in den zwei Jahren keinen Brief – und nun das hier.

Schritte halten vor der Tür, es klopft.

»Ja«, sagt Gringo und lehnt sich zurück, »komm nur rein, Mammy!«

Da kommt sie, blinzelt ein wenig, weil er die Lampe herabgedreht hat und es fast dunkel in seinem Zimmer ist. Er sieht sie an, dieser schwarzhaarige wilde Bursche, den sie lieber hierbehalten würde, als ihn dauernd unterwegs zu wissen. Aber der Saloon liegt ihm nicht. Er braucht Luft, sagt er immer, Luft und freie Weide.

Manchmal hört sie monatelang nichts von ihm und macht sich Sorgen, bis dann irgendwer kommt und ihr einen Gruß bestellt. Gringo Lane ist entweder mit einer Herde unterwegs, oder er fängt Pferde mit jemandem, den sie nicht kennt. Ab und zu kommt einer und erzählt, er hätte von Gringo gehört, da soll irgendwo eine Schießerei gewesen sein. Dann hat sie Angst um ihn, als wenn es ihr richtiger Sohn wäre. Doch das ist er nicht, nur der Sohn eines Mannes, der vor zwanzig Jahren in dieses Land kam und hier starb.

Es war niemand da, der den Jungen aufnahm, also holten ihn Mammy Rowan und ihr Mann zu sich. Schließlich starb Joe Rowan. Mammy war allein mit dem Jungen und dem Saloon. Als Gringo vierzehn Jahre alt war, da sagte er, er müßte Land sehen, Hügel und Täler. Seitdem kommt er nur ab und zu nach Hause.

»Was ist?« fragt sie, als sie sich schnaufend setzt und prüfend in sein Gesicht blickt. »Er lebt also doch noch, dein Freund Steve. Schlechte Nachrichten, Gringo? Hör mal, es geht mich nichts an, aber er hat dir gefehlt, das habe ich gemerkt, Junge. Jedesmal, wenn du kamst, hast du nach Post gefragt. Er hat nie geschrieben, obwohl er wußte, daß du über mich zu erreichen sein mußtest. Geht es ihm schlecht? Willst du zu ihm?«

»Lies, Mammy!«

»Aber das ist doch dein Brief, Junge«, wehrt sie ab.

»Lies nur, Mammy.«

Da nimmt sie den Brief, dreht die Lampe hoch, liest.

»Na, was sagst du, Mammy?«

»Jetzt werde ich verrückt auf meine alten Tage, Junge«, erklärt Mammy. »Wenn das wahr ist, dann hat es diesen reichen Onkel wirklich gegeben.«

»Ja, es hat ihn gegeben«, murmelt Gringo Lane. »Ich traf vor einem Jahr jemand aus Silver City, den fragte ich nach einem Abe Malony. Ich wußte es schon seit einem Jahr, aber ich schrieb nicht hin. Wozu sollte ich, Steve schrieb ja auch nicht.«

Er steckt sich eine Zigarre an.

»Und jetzt ist Abe Malony tot«, murmelt Mammy Rowan. »Da steht es, Steve hat alles geerbt, den ganzen Reichtum, die Ranch und drei Dutzend Häuser in Silver City. Du sollst ihn besuchen kommen, schreibt er. Und, Junge?«

»Er hat mir gefehlt«, sagt Gringo Lane leise. »Ich hatte früher eine Menge Partner, aber keiner war wie Steve.«

»Und nun reitest du zu ihm«, sagt sie unwirsch, das ist so ihre Art, wenn sie etwas verstecken will, was ihr nicht gefällt. »Kannst sofort gehen, wenn du willst. Bist ja auch gerade erst nach Hause gekommen!«

»Mammy, ich bleibe noch ein paar Tage.«

»Ja«, sagt sie verbissen, »Tage – immer nur Tage. Dies ist dein Zuhause, und wenn ich mal tot bin, dann erfährst du es vielleicht erst nach Monaten. Du kannst das alles haben, Junge, gleich morgen, wenn du nur endlich das Herumreiten aufgeben würdest. Für wen habe ich denn gearbeitet?«

Sie versteckt hinter dieser Grobheit jene Liebe, die sie für Gringo immer gehabt hat.

»Ich weiß, aber ich werde nie in einem Saloon stehen können, Mammy, müßte ersticken, weißt du? Du hast viel mehr für mich getan, als du glaubst. Aber rede nicht davon, daß ich dich beerben soll, der Gedanke ist verdammt übel. Kann mir nicht vorstellen, daß ich nach Hause komme, und du wärst nicht mehr da, damit du es endlich weißt. Ich habe Geld gespart, wird wohl bald für eine kleine Ranch reichen. Dann will ich, daß du zu mir kommst.«

»So? Du hast gespart? Und mich kannst du nicht fragen, ob ich dir Geld geben kann?«

»Nein«, sagt er. Nur das eine Wort, mehr nicht.

Da schweigt sie und denkt, daß er ein guter Junge ist und auch stolz. Er würde von ihr keinen Cent annehmen. Eine Ranch will er sich aufbauen. Sie soll zu ihm kommen, für ihn sorgen. Ob er weiß oder ahnt, daß sie manchmal müde ist und der Betrieb im Saloon zuviel für sie wird?

»Gringo Lane!«

»Ja?« fragt er und blinzelt.

»Weißt du, daß ich manchmal müde bin?«

»Ich denke so, Mammy. Und erzähl mir nicht, daß du nicht gern zu mir kommen würdest. In einem Jahr habe ich das Geld zusammen, dann kaufe ich vielleicht die alte Weston-Ranch am Trinidad River.«

»Die Weston-Ranch?« fragt sie. »Das ist der schönste Platz in diesem Land.«

»Ja«, sagt er und zwinkert. »Und jetzt habe ich Hunger. In vier Tagen reite ich los und sehe mir Steves Reichtum an. Danach komme ich wieder. Vielleicht hat er mal wieder übertrieben. Er kann das nicht lassen. Immer hat er davon geträumt, einmal viel Geld zu haben. Kann schon sein, daß er genug hat, aber das mit den drei Dutzend Häusern in Silver City… Bißchen viel, was? Mammy, in vier Tagen reite ich.«

Gringo pfeift vor sich hin, als er die Treppe runter geht. Steve wiedersehen, es wird wie früher sein.

*

Durch die Nacht kommen die Klänge von Musik. Irgendwo über der prächtigen Fassade eines Hotels hängen drei Laternen und werfen ihr Licht auf bunte Plakate.

Irgendeine Tanzgruppe mit einer Sängerin, die sich Mabelle nennt.

Gringo Lane lächelt einen Augenblick, dann nimmt er die Zügel hoch und schnalzt mit der Zunge. Das Pferd geht wieder an, vorbei an einem Mietstall.

»Abe J. Malony, Horses und Equipages«, sagt Gringo Lane. »Pferde und Wagen zu vermieten. Und da hinten war ein Sägewerk, das gehört auch Abe J. Malony. Zwei Stores bis jetzt, zwei Hotels – da, das dritte. Er hat wohl doch nicht gesponnen, der gute Steve, was?«

Das ist es, was er seit einigen Minuten weiß: Steve gehört wohl doch die halbe Stadt. Und reich muß der Onkel wirklich gewesen sein. Anständig von Steve, daß er seinen Namen nicht auf die Schilder pinseln läßt.

Na ja, denkt Gringo und hält vor dem nächsten Saloon und Hotel an, dem Silver Dollar, in dem Licht brennt und vor dem ein Wagen steht. Der hier scheint Steve nicht zu gehören.

Neben dem Saloon ist ein Store. Die Stimme eines Mädchens dringt bis zu Gringo, als er absteigt.

»Danke, Wesley, ich besorge das schon.«

»Miß Rodkin, die Stadt ist voll von seinen Männern, vielleicht ist es besser, hinten aufzuladen?«

»Haben diese Burschen schon jemals einer Frau etwas getan, Wesley?«

»Nun – bis jetzt nicht, aber vielleicht tun sie es irgendwann doch?«

Das ist es, was Gringo hört, als er die Tür des Saloons erreicht hat und sie aufstößt.

Hinter dem Tresen steht ein glatzköpfiger, schwerer Mann. In der Ecke sitzt ein alter Mann mit grauen, wirren Haaren und dem glasigen Blick eines Säufers.

»Hallo«, sagt Gringo freundlich. »Ist hier ein Zimmer zu haben, mein Freund – und ein Platz für mein Pferd?«

Der Dicke blickt erstaunt, nickt dann aber.

»Natürlich, Fremder. He, Rusty!«

Er macht die Tür hinter dem Tresen auf und schreit nach jemandem, der sich verschlafen meldet. Dann taucht der Mann auf, ein hagerer, gebeugt gehender Mister, dessen linkes Augenlid immer zuckt.

»Bring das Pferd des Gentleman in den Stall. Gepäck, Fremder? Sie können das beste Zimmer haben.«

»Nur meinen Sattel und den Packen«, antwortet Gringo. »Wenn ich noch etwas für meinen Bauch bekommen kann, dann bringe ich mein Pferd selbst in den Stall.«

»Sicher, wir haben noch Fleisch und Bohnen.«

Gringo geht hinaus, der Hagere folgt ihm.

Als sie im Stall sind, zündet er eine Laterne an. Ein sauberer Stall, aber kein Pferd in den Boxen außer zwei Gespanngäulen, die ganz hinten stehen.

»Ist das hier immer so leer, Mister?«

Der Stallhelp sieht ihn seltsam an.

»Ja, seit einigen Wochen«, antwortet er mürrisch. »Gibt noch mehr Saloons und Hotels hier, so ist das.«

»Und warum?« fragt Gringo. »Ich sah woanders viele Pferde stehen.«

Der Stallhelp streut Futter in die Raufe, kippt Wasser in den Trog.

»Das ist hier so«, sagt er kurz. »Wollen Sie lange bleiben, Mister?«

»Weiß noch nicht.«

Gringo nimmt den Sattel und den Packen, dann geht er los. Der Stallhelp folgt ihm bis in den Hof und blickt ihm nach.

»Kann man noch baden?«

»Man kann alles«, erwidert der Hagere. »Das Bad ist oben, die Treppe rauf. Man kommt aber auch vom Flur aus in das Zimmer.«

Gringo geht weiter und denkt sich sein Teil. Das Hotel hier gehört keinem Malony, der Stall ist leer, die Zimmer sicher auch. In den Hotels, die Steve gehören, herrscht Betrieb, dort sind die Boxen in den Ställen sicher besetzt.

Der Dicke wartet im Saloon auf. ihn, hat schon den Schlüssel in der Hand und deutet auf die Treppe.

»Ich gehe voraus. Soll ich den Packen nehmen, Mister?«

»Nicht nötig, zeigen Sie mir nur das Zimmer. Ich möchte noch baden.«

»Gut. Einen weiten Ritt gehabt?«

»Ziemlich.«

Gringo findet das Zimmer in Ordnung und läßt sich dann das Bad zeigen. Es liegt am Ende des oberen Flurs. Eine zweite Tür führt zur Außentreppe in den Hof. In einem Anbau unten brennt Licht. Aus dem Schornstein steigt der Rauch eines Holzfeuers. Der Schatten des Hageren ist im Anbau zu sehen.

Der Dicke, der ihm gefolgt ist, blickt auf die Laderampe an einem Schuppen rechts. Dort hantiert ein Mann hinter dem offenen Schuppentor und schleppt irgend etwas.

»Wesley!«

»Ja, Boß?«

Der Mann taucht auf, der vorhin mit der Lady gesprochen hat, und sieht nach oben.

»Wesley, konntest du den Wagen nicht in den Hof fahren? Mann, ich will keinen Ärger, mir reicht’s!«

Wesley zuckt mit den Achseln.

»Tut mir leid, Boß, sie wollte es so. Die Burschen sind doch alle in der Christal-Hall und sehen sich die Girls an.«

»Vielleicht haben wir Glück, aber mach schnell, klar?«

»Ja, Boß.«

Der Dicke geht die Treppe runter. Gringo blickt ihm nach.

Die Burschen sind alle in der Christal-Hall, denkt Gringo, sonst gäbe es Ärger. Eine Miß Rodkin ist mit dem Wagen hergekommen und kauft irgend etwas ein. Sie sagt, die Burschen hätten sich noch nie an einer Frau vergriffen. Der dicke Bursche hat Angst, sein Storekeeper auch.

Vor wem fürchten sie sich?

*

Draußen sagt ein Mann bissig:

»Jetzt schickt der alte Schurke verdammt doch seine Tochter. Prächtig ausgedacht, sage ich dir. Wer packt schon ein Girl an?«

»Wir könnten ja wieder abladen«, erklärt ein anderer und lacht hämisch. »Wollen wir?«

Gringo ißt gerade. Der Dicke hat genau wie Gringo die beiden Männer gehört und verfärbt sich, als die beiden hereinkommen.

Der eine Bursche ist groß und breit wie ein Kleiderschrank, der andere kleiner, schmal und sehnig. Sie geben der Tür einen Stoß, daß sie an die Wand donnert. Dann gehen sie ganz langsam auf den Tresen zu, hinter dem der dicke Stringer immer kleiner zu werden scheint.

Als die beiden Burschen Gringo sehen, starren sie ihn kurz an. Dann sagt der Große leise:

»Seltsames Zusammentreffen.«

»Hallo«, quält sich der Stringer ab. »Seltener Besuch, Cody.«

Der Große starrt ihn an, tritt an den Tresen und streckt die Hand aus. Er macht den Bierhahn auf. Das Bier rinnt auf den Tresen, aber Stringer tut nichts, um den Hahn wieder zu schließen. Er sieht nur ängstlich auf die vom Tresen zu Boden plätschernde Flüssigkeit.

»Zu selten, glaube ich, was?« fragt der große Cody heiser und grimmig. »Geht es dir zu gut, Stringer? Prächtig ausgedacht, Mister, sie kommt her, statt einer der Burschen des alten Brandstifters. Und du verkaufst an sie, das wird den Boß aber mächtig freuen, glaubst du nicht?«

Stringer würgt, er ist blaß geworden.

»Es ist gesagt worden, wir sollten keinem Rodkin was verkaufen, aber von einer Rodkin…«

»Mensch!« zischt Cody scharf. »Verdammte Wortklauberei von dir! Das gilt für das ganze Gesindel, verstanden? Wir sprechen uns noch, Mister! He, Jeff, was machst du denn da?«

»Sein Bier ist ganz gut«, stellt der sehnige Jeff fest. »Schmeckt nicht schlechter als unseres. Soll ich was bezahlen, Dicker?«

Der dicke Stringer schwitzt wie in einem zu heißen Bad. Er schüttelt stumm den Kopf. Daraufhin dreht Cody endlich den Bierhahn zu. Jeff aber trinkt sein Bier, stellt dann das Glas auf den Tresen und sieht sich nach Gringo um. Er stößt Cody an, der nickt kurz.

Gringo ißt ruhig weiter, als sie vor dem Tisch stehen und ihn anstarren.

»He, du«, sagt Cody grollend, »woher kommst du?«

Daß Gringo kein Minenarbeiter ist, kann jeder sehen. Und für einen gewöhnlichen Cowboy ist Gringo Lanes Kleidung zu gut. Und dann ist der schwere Revolver da, den sie schon vom Tresen aus gesehen haben müssen. Wer seinen Revolver so trägt, der kann auch mit ihm besser umgehen als andere.

Gringo Lane sieht langsam hoch. Dann legt er die rechte Hand hinter das Ohr.

»Verstehe nicht«, sagt er. »Mir hat mal jemand den Colt am Ohr abgefeuert, kann schlecht hören, Freunde. Was soll es sein?«

Die beiden sehen sich an. Stringer hinter dem Tresen macht die Augen weit auf. Von Gringo Lanes Schwerhörigkeit erfährt er erst jetzt etwas. Dabei hat Gringo vorher doch ganz gut hören können.

»Woher du kommst«, brüllt Cody und beugt sich herab. »He, hörst du jetzt vielleicht?«

»Von da«, erwidert Gringo genauso laut. »Von draußen!«

»Von draußen? Mann, daß du nicht aus der Erde gestiegen bist, das wissen wir auch. Und was willst du hier?«

»Essen«, sagt Gringo Lane unschuldig. »Ich habe Hunger, Leute, mächtigen Hunger!«

Cody wechselt einen Blick mit Jeff. Der scheint zu merken, daß Gringo sich nur dumm stellt und flucht leise.

»Hör mal, Freundchen, wenn du denkst, du kannst uns für Narren verkaufen, dann irrst du dich«, sagt er wütend. »Deine Sorte sehen wir nicht gern in dieser Stadt. Du kennst die Rodkins, was? Haben sie dich kommen lassen?«

Er tritt drohend an Gringos Seite und legt die Hand an den Revolver. Cody aber stemmt beide Hände auf die Tischplatte und sagt giftig:

»Verdammtes Zusammentreffen. Das Rodkin-Girl kommt in die Stadt und kauft im Store ein, der zu diesem Palast gehört. Und du bist auch zufällig hier, im selben Haus. Na, Mister, wie ist es? Was hast du mit Suzan Rodkin zu reden gehabt, sollst du in der Stadt spionieren?«

Gringo Lane schneidet ein Stück Fleisch ab und steckt es in den Mund. Als er bedächtig kaut und so tut, als hätte er nichts gehört, stößt Cody ein scharfes Zischen aus.

»Zum Teufel, Mann, antworte, sonst lernst du uns kennen! Was hast du mit dem Girl geredet?«

»Nichts«, murmelt Gringo, und diesmal ist seine Stimme kalt und scharf. »Ich kenne die Rodkins nicht, ich habe auch mit dem Girl nicht gesprochen. Und jetzt macht, daß ihr verschwindet! Ihr kommt herein, bedroht Stringer, laßt sein Bier auf den Boden rinnen und fangt jetzt an, mich zu ärgern. Haut ab, ihr Figuren, sonst lernt ihr mich kennen!«

Einen Moment starren ihn Cody und der sehnige Jeff verstört an. Vielleicht ist es ihnen noch nicht vorgekommen, daß jemand so mit ihnen redet. Vor ihnen duckt sich alles, auch Stringer hat es hingenommen, daß sie ihn wie einen Hund behandelt haben.

»Der wird auch noch frech, der Strolch«, stellt Jim grimmig fest. »Mensch, du frißt weiter, als sei nichts? Sofort hörst du auf, dich vollzustopfen, wenn wir mit dir reden. Dir werde ich’s zeigen!«

Er langt, als Gringo erneut ein Stück Fleisch abschneiden will, nach dem Teller und will ihn wegziehen. Im gleichen Moment aber jagt Gringo Lane die linke Hand mit der Gabel herab. Die Zinken der Gabel fahren durch Jeffs Ärmel und dringen tief in die Tischplatte ein.

»Laß mein Essen stehen, Mister, sonst…«

Und weiter kommt Lane nicht. Vielleicht hat ein Gabelzinken Jeffs Unterarm gestreift, denn Jeff stößt einen heiseren Schrei aus. Im nächsten Moment schnappt seine andere Hand nach dem Colt. Gleichzeitig versucht er, den Ärmel hochzureißen, aber die Gabel steckt zu tief in der Tischplatte.

Kaum sieht Lane, daß der sehnige Bursche nach dem Colt greift, als er auch schon beide Beine anzieht. Lane sitzt mit dem Stuhl direkt an der Wand. Der Tisch ist vor ihm. Und als Lane mit einem jähen Tritt unter die Tischplatte den Tisch nach vorn schleudert, passieren zwei Dinge zur gleichen Zeit.

Jeff strauchelt, denn der Tisch reißt ihm den festhängenden Arm in die Höhe. Cody aber, der sich mit beiden Händen auf die Platte gestützt hat, bekommt die Tischkante in den Leib. Der große, schwere Mann knickt ein und knallt mit dem Gesicht in den Teller, auf dem noch ein ganzer Berg Bohnen liegt.