Erinnerung an meine traurigen Huren - Gabriel García Márquez - E-Book

Erinnerung an meine traurigen Huren E-Book

Gabriel García Márquez

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Beschreibung

Der neue Roman von Gabriel García MárquezIn Erinnerung an meine traurigen Huren erzählt Gabriel García Márquez eine Geschichte über die Liebe, das Alter und den Sinn des Lebens: Zu seinem 90. Geburtstag schenkt sich ein alter Mann, der sein Leben lang nur käufliche Liebe gekannt hat, in einem Bordell eine Nacht mit einer Jungfrau. In dieser Nacht, der noch viele folgen sollten, betrachtet er verzaubert die schlafende Schöne und empfindet zum ersten Mal in seinem Leben Liebe. Frauen haben im Leben des alten Journalisten immer eine Rolle gespielt – seine schöne und gebildete Mutter, die ihm die klassische Musik und die Literatur nahe brachte; seine aufreizende Verlobte, die er sitzen ließ; all die vielen Huren, die er mehr nach dem Preis als nach ihren Reizen wählte, und schließlich Rosa Cabarcas, eine mit allen Wassern gewaschene Puffmutter, die ihm in der Nacht seines 90. Geburtstags Delgadina zuführt. Dieses von Rosa Cabarcas in Tiefschlaf versetzte schöne Mädchen löst in dem alten einsamen Mann, der mit dem Leben schon fast abgeschlossen hat, nie zuvor erfahrene Gefühle aus. Immer wieder zieht es ihn zu Delgadina, doch er weckt sie nie. Die Schlafende bringt ihn dazu, sich selbst besser zu verstehen; sie treibt den Liebenden in rasende Eifersucht und inspiriert den Journalisten zu hinreißenden Liebeselogen in der Lokalzeitung. Nach einem Jahr ist er ein anderer Mensch. Ein Roman voller Melancholie und Humor, voller Klugheit und Zärtlichkeit. Ein großes Thema der Weltliteratur, der alte Mann und das Mädchen, wird von García Márquez auf meisterhafte Weise karibisch variiert. Erinnerung an meine traurigen Huren ist eine Hommage an den japanischen Nobelpreisträger Yasunari Kawabata und seinen Roman Die schlafenden Schönen. Von Gabriel García Márquez erschien zuletzt vor zwei Jahren Leben, um davon zu erzählen, der erste Teil seiner Erinnerungen.

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Seitenzahl: 124

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Gabriel García Márquez

Erinnerung an meine traurigen Huren

Roman

Aus dem Spanischen von Dagmar Ploetz

Kurzübersicht

> Buch lesen

> Titelseite

> Inhaltsverzeichnis

> Über Gabriel García Márquez

> Über dieses Buch

> Impressum

> Hinweise zur Darstellung dieses E-Books

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Inhaltsverzeichnis

Motto1. Kapitel2. Kapitel3. Kapitel4. Kapitel5. Kapitel
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»Er möge sich, beschwor den alten Eguchi die Frau in dem kleinen Hotel, nur ja keine üblen Scherze erlauben; dem schlafenden Mädchen etwa mit dem Finger in den Mund zu langen gehe nicht an.«

Yasunari Kawabata, Die schlafenden Schönen

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1

In meinem neunzigsten Jahr wollte ich mir zum Geburtstag eine liebestolle Nacht mit einem unschuldigen Mädchen schenken. Mir kam Rosa Cabarcas in den Sinn, die ein heimliches Bordell betrieb und guten Kunden Bescheid zu geben pflegte, wenn sie etwas Neues zu bieten hatte. Nie war ich dieser noch sonst einer ihrer obszönen Verlockungen erlegen, sie aber glaubte nicht an die Reinheit meiner Prinzipien. Auch die Moral ist eine Frage der Zeit, sagte sie mit einem maliziösen Lächeln, du wirst schon sehen. Sie war nur etwas jünger als ich, und ich hatte seit so vielen Jahren nichts von ihr gehört, dass sie inzwischen verstorben sein mochte. Doch nach dem ersten Klingelzeichen erkannte ich ihre Stimme am Telefon und sagte ohne Umschweife:

»Heute ist es so weit.«

Sie seufzte: Ach, du trauriger Gelehrter, zwanzig Jahre lang bist du verschwunden, dann tauchst du wieder auf und verlangst Unmögliches. Sogleich besann sie sich jedoch auf ihr Handwerk und machte mir ein halbes Dutzend köstlicher Angebote, allerdings nur Gebrauchtware. Ich insistierte, nein, das Mädchen müsse Jungfrau sein, und ich wolle es für eben diese Nacht. Beunruhigt fragte sie: Was willst du dir beweisen? Nichts, erwiderte ich, dort verletzt, wo es am meisten schmerzte, ich weiß genau, was ich kann und was nicht. Gleichmütig meinte sie, Gelehrte wüssten alles, aber eben doch nicht alles: Die einzigen Jungfrauen, die es auf der Welt noch gibt, seid ihr, die im August geborenen. Warum hast du mir den Auftrag nicht früher gegeben? Die Inspiration kündigt sich nicht an, sagte ich. Aber sie wartet vielleicht, sagte sie, wie stets schlagfertiger als jeder Mann, und bat, ich solle ihr wenigstens zwei Tage geben, um den Markt zu sondieren. Ich erwiderte ernst, dass bei einem solchen Geschäft und in meinem Alter jede Stunde ein Jahr ist. Dann geht es eben nicht, sagte sie ihrer Sache gewiss, aber egal, umso aufregender das Ganze, was soll’s, in einer Stunde rufe ich dich an.

Ich brauche es nicht zu erwähnen, denn man sieht es mir meilenweit an: Ich bin hässlich, schüchtern und altmodisch. All das wollte ich nicht sein und habe deshalb das genaue Gegenteil vorgetäuscht. Bis heute, da ich aus eigenem, freien Willen beschließe, mich so zu schildern, wie ich bin, und sei es nur, um mein Gewissen zu erleichtern. An den Anfang stelle ich den unsäglichen Anruf bei Rosa Cabarcas, denn von heute aus gesehen, begann damit ein neues Leben, und das in einem Alter, in dem die meisten Sterblichen schon tot sind.

Ich wohne auf der Sonnenseite des Parks San Nicolás, in einem Haus aus der Kolonialzeit, in dem ich ohne Frau und Vermögen mein ganzes Leben verbracht habe, in dem schon meine Eltern lebten und starben und wo ich mir vorgenommen habe, allein zu sterben, in eben dem Bett, in dem ich geboren wurde, an einem Tag, den ich mir fern und schmerzfrei wünsche. Mein Vater ersteigerte das Haus gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts, vermietete das Erdgeschoss an ein italienisches Unternehmen, das dort Luxusgeschäfte eröffnete, und reservierte für sich den ersten Stock, um hier mit der Tochter von einem der Italiener glücklich zu sein. Florina de Dios Cargamantos spielte vortrefflich Mozart, beherrschte mehrere Sprachen und verehrte Garibaldi, im Übrigen war sie die schönste und begabteste Frau, die es je in der Stadt gegeben hat: meine Mutter.

Das Haus ist geräumig und hell, hat stuckverzierte Bogen, Böden aus florentinischen Fliesen, im Schachbrettmuster verlegt, und vier verglaste Türen zu einem umlaufenden Balkon, auf dem meine Mutter an Märzabenden saß und mit ihren italienischen Kusinen Liebesarien sang. Von dort aus sind der Park San Nicolás, die Kathedrale und das Denkmal für Christoph Kolumbus zu sehen und in der Ferne die Speicher am Flusshafenkai und der weite Horizont des Río Grande de la Magdalena, zwanzig Meilen vor seiner Mündung. Der einzige Nachteil des Hauses ist, dass die Sonne im Laufe des Tages von Fenster zu Fenster rückt und man sie allesamt schließen muss, um im glühenden Dämmerlicht Siesta halten zu können. Als ich mit zweiunddreißig Jahren allein zurückblieb, zog ich in das ehemalige Schlafzimmer meiner Eltern um, ließ eine Durchgangstür zur Bibliothek brechen und versteigerte nach und nach, was ich nicht zum Leben brauchte, und das war am Ende fast alles, außer den Büchern und dem Pianola mit den Notenrollen.

Vierzig Jahre lang habe ich beim Diario de la Paz Meldungen aufbereitet, eine Arbeit, die darin bestand, die verstümmelten Nachrichten aus aller Welt, die wir über Kurzwelle oder Morsezeichen im Himmelsraum abfingen, zu rekonstruieren und in der Prosa der Eingeborenen auszuschmücken. Heute ernähre ich mich mehr schlecht als recht von der Pension, die mir von diesem ausgestorbenen Beruf geblieben ist; schlechter noch von der eines Latein- und Spanischlehrers, kaum von der Sonntagsglosse, die ich über ein halbes Jahrhundert lang unverdrossen geschrieben habe, und überhaupt nicht von meinen Musik- und Theaterbesprechungen, die man aus reiner Gefälligkeit abdruckt, wenn mal wieder ein bedeutender Interpret in der Stadt weilt. Ich habe nie etwas anderes getan als zu schreiben, fühle mich aber nicht zum Erzähler berufen, die Gesetze der Dramaturgie sind mir unbekannt, und ich wage mich auch nur an dieses Unterfangen, weil ich darauf vertraue, dass all das, was ich in meinem Leben gelesen habe, mich erleuchten möge. Kurz gesagt, ich bin der Letzte eines Geschlechts, bin glanzlos und ohne Verdienste und hätte den Nachlebenden nichts zu hinterlassen, wären da nicht die Ereignisse, die, so gut es geht, zu schildern ich mich anschicke, in diesem Bericht über meine große Liebe.

Am Vortag meines neunzigsten Geburtstags war ich wie immer um fünf Uhr morgens erwacht. Es war Freitag, und meine einzige Verpflichtung bestand darin, die namentlich gezeichnete Glosse zu schreiben, die sonntags im Diario de la Paz erscheint. Die Symptome bei Tagesanbruch waren wie geschaffen, um nicht glücklich zu sein: Ich war wie gerädert, die Knochen schmerzten seit Mitternacht, der Hintern brannte, und nach drei regenlosen Monaten donnerte es bedrohlich. Ich duschte, während der Kaffee kochte, trank eine große Tasse, mit Honig gesüßt, aß dazu zwei Maniokschnitten und zog dann meinen Hausanzug aus Drillich an.

Das Thema der Glosse sollte diesmal, ganz klar, mein neunzigster Geburtstag sein. Ich habe mir das Alter nie als undichte Stelle im Dach vorgestellt, die tropfend anzeigt, wie viel Leben einem noch bleibt. Als kleiner Junge hörte ich, dass, wenn ein Mensch stirbt, sich zur Schande der Familie die Läuse, die in seinem Haar nisten, in Panik über das Kopfkissen davonmachen. Das schreckte mich derart ab, dass ich mir für die Schule den Schädel kahl scheren ließ und noch heute die paar verbliebenen Strähnen mit einer Seife für den dankbaren Hund wasche. Das heißt, sage ich mir jetzt, dass in der Kindheit mein Sinn für Peinlichkeit stärker entwickelt war als der für den Tod.

Seit Monaten stand für mich fest, dass meine Geburtstagsglosse nicht die übliche Klage über die entschwundenen Jahre, sondern genau das Gegenteil sein sollte: eine Verherrlichung des Alters. Zunächst fragte ich mich, wann ich zum ersten Mal wahrgenommen hatte, dass ich alt war, und das lag, so glaubte ich, noch gar nicht lange zurück. Mit zweiundvierzig war ich wegen Rückenschmerzen, die mich beim Atmen behinderten, zum Arzt gegangen. Er hielt es für harmlos: Die Schmerzen sind ganz natürlich in Ihrem Alter.

»In diesem Fall«, sagte ich, »ist mein Alter nicht natürlich.«

Der Arzt schenkte mir ein mitleidiges Lächeln. Ich sehe, Sie sind ein Philosoph, sagte er zu mir. Das war das erste Mal, dass ich den Begriff Alter mit mir verband, aber ich vergaß es bald. Ich gewöhnte mich daran, jeden Tag mit einem anderen Schmerz aufzuwachen, der, indes die Jahre vergingen, sich an immer neuen Stellen auf unterschiedliche Weise bemerkbar machte. Manchmal hielt ich ihn für einen Prankenschlag des Todes, am nächsten Tag verflüchtigte er sich jedoch. Zu jener Zeit hörte ich, das erste Symptom des Alters sei, dass man seinem Vater zu ähneln beginne. Ich muss zu ewiger Jugend verdammt sein, dachte ich damals, da mein Pferdeprofil niemals dem derb karibischen meines Vaters oder dem römisch imperialen meiner Mutter ähneln wird. In Wahrheit kommen die ersten Veränderungen langsam und fast unmerklich, man sieht sich von innen immer noch so wie früher, die anderen aber nehmen von außen den Verfall wahr.

Im fünften Jahrzehnt begann ich eine Vorstellung vom Alter zu bekommen, als ich die ersten Gedächtnislücken bemerkte. Auf der Suche nach der Brille schnürte ich durchs Haus, bis ich entdeckte, dass ich sie auf der Nase hatte, oder ich ging mit Brille unter die Brause oder setzte mir die Lesebrille auf, ohne die Fernbrille abzusetzen. Eines Tages frühstückte ich zweimal, weil ich das erste Mal vergessen hatte, und ich lernte die Unruhe meiner Freunde deuten, wenn sie nicht wagten, mich darauf hinzuweisen, dass ich ihnen dieselbe Geschichte vor einer Woche schon einmal erzählt hatte. Damals hatte ich eine Liste bekannter Gesichter im Gedächtnis und eine weitere Liste mit den dazugehörigen Namen, doch wenn es ans Begrüßen ging, konnte ich Gesichter und Namen nicht zur Deckung bringen.

Sexuell hat mir mein Alter nie große Sorgen gemacht, denn meine Manneskraft hing weniger von mir ab als von den Frauen, und sie wissen, worauf es ankommt, wenn sie wollen. Heute lache ich über die Jungs, die, erschrocken ob derlei Missgeschick, mit achtzig den Arzt aufsuchen und nicht wissen, dass es mit neunzig noch ärger wird, aber nicht mehr so wichtig ist: Es ist das Risiko, wenn man noch lebt. Ein Triumph des Lebens hingegen ist, dass wir Alten das Gedächtnis für unwesentliche Dinge verlieren, es uns aber nur selten im Stich lässt, wenn etwas wirklich wichtig ist. Cicero hat das mit einem Federstrich illustriert: Kein Greis vergisst, wo er seinen Schatz vergraben hat.

Aus diesen und ein paar anderen Überlegungen hatte ich einen ersten Entwurf der Glosse fertig gestellt, als die Augustsonne zwischen den Mandelbäumen im Park explodierte und der Flussdampfer mit der Post, wegen der Dürre eine Woche verspätet, tutend in den Hafenkanal einfuhr. Ich dachte: Da kommen meine neunzig Jahre. Ich werde nie wissen warum und will es auch gar nicht, aber genau in dem Augenblick und mit dem Wunsch, dieses niederschmetternde Bild zu bannen, beschloss ich, Rosa Cabarcas anzurufen, sie sollte mir dabei helfen, meinen Geburtstag mit einer libertinen Nacht zu begehen. Schon seit Jahren lebte ich in heiligem Frieden mit meinem Körper, las wahllos meine Klassiker wieder, stellte mir meine privaten Programme klassischer Musik zusammen, doch an jenem Tag war mein Begehren so drängend, dass es mir ein göttlicher Fingerzeig zu sein schien. Nach dem Anruf konnte ich nicht mehr weiterschreiben. Ich befestigte die Hängematte in einem Winkel der Bibliothek, den die Morgensonne nicht erreicht, und legte mich hinein, das Herz verkrampft in sehnsüchtigem Warten.

Ich war das verhätschelte Kind einer vielseitig begabten Mutter, die mit fünfzig von der Schwindsucht dahingerafft wurde, und eines pedantischen Vaters, dem nie ein Fehler nachgesagt werden konnte und der genau an dem Tag morgens tot in seinem Witwerbett lag, als der Vertrag von Neerlandia unterzeichnet wurde, der dem Krieg der Tausend Tage und den vielen Bürgerkriegen des letzten Jahrhunderts ein Ende setzte. Der Frieden veränderte die Stadt auf unvorhergesehene und unerwünschte Weise. Ein Schwarm freier Frauen brachte Rausch und Raserei in die alten Kneipen an der Calle Ancha, die später Camellón Abello hieß und heute Paseo Colón, in dieser Stadt meines Herzens, die von Hiesigen und Fremden wegen der Liebenswürdigkeit ihrer Menschen und der Reinheit ihres Lichts geschätzt wird.

Ich habe nie mit einer Frau geschlafen, ohne dafür zu zahlen, und die wenigen, die nicht vom Gewerbe waren, überzeugte ich kraft Vernunft oder Gewalt, das Geld anzunehmen, und sei es nur, damit sie es später in den Müll warfen. Ich war um die Zwanzig, als ich begann, ein Verzeichnis anzulegen, in dem ich Namen, Alter, Ort und eine knappe Gedächtnisstütze über die Umstände und die stilistischen Eigenarten notierte. Bis zu meinem Fünfzigsten waren es fünfhundertvierzehn Frauen, mit denen ich mindestens einmal zusammen gewesen war. Ich führte die Liste nicht weiter, als der Körper nicht mehr so viel hergab und ich nichts Schriftliches brauchte, um den Überblick zu behalten. Ich hatte meine eigene Ethik. An Gruppenspielchen oder öffentlichen Orgien beteiligte ich mich nie, ich teilte keine Geheimnisse und erzählte nie ein Abenteuer des Leibes oder der Seele weiter, weil ich schon früh merkte, dass nichts davon ungestraft bleibt.

Lediglich mit der treuen Damiana unterhielt ich über Jahre eine seltsame Beziehung. Sie war fast noch ein Kind, kräftig und wild, sie hatte Indiozüge, war kurz angebunden und entschieden, und sie bewegte sich barfuß durchs Haus, um mich nicht beim Schreiben zu stören. Ich erinnere mich daran, dass ich gerade Die schöne Andalusierin in der Hängematte im Gang las, als ich zufällig sah, wie Damiana sich über den Waschtrog beugte, wobei der kurze Rock ihre köstlichen Kniekehlen freigab. Ich hob ihn von hinten hoch, ergriffen von einem unwiderstehlichen Fieber, streifte den Schlüpfer bis zu den Waden herunter und rammte sie verkehrt herum. Ach, Señor, sagte sie mit einem düsteren Klagelaut, das ist nicht als Eingang gedacht, sondern als Ausgang. Ein tiefer Schauder ließ ihren Körper erbeben, aber sie hielt stand. Gedemütigt, weil ich sie gedemütigt hatte, wollte ich ihr das Doppelte von dem zahlen, was damals die Teuersten kosteten, aber sie nahm keinen Centavo, so dass ich ihr Gehalt erhöhen musste, dabei einen monatlichen Ritt einkalkulierte, immer beim Wäschewaschen und immer verkehrt herum.

Einst dachte ich, dass jene Aufzählung von Betten das Gerüst für eine Geschichte über die Miseren meines irregeleiteten Lebens hergeben könnte, und der Titel fiel mir in den Schoß: Erinnerung an meine traurigen Huren. Mein öffentliches Leben war vergleichsweise uninteressant: Vollwaise, Junggeselle ohne Zukunft, mittelmäßiger Journalist, der sechsmal das Finale im Dichterwettstreit der Blumenspiele von Cartagena de Indias erreichte, Liebling der Karikaturisten wegen meiner beispielhaften Hässlichkeit. Das heißt, ein verlorenes Leben, das an jenem Nachmittag einen schlechten Anfang genommen hatte, als meine Mutter mich, den Neunzehnjährigen, an die Hand nahm und beim Diario de la Paz vorsprach, damit die Zeitung eine Chronik des Schullebens veröffentlichte, die ich im Spanisch- und Rhetorikunterricht geschrieben hatte. Sie wurde am Sonntag mit einer hoffnungsvollen Einleitung des Direktors abgedruckt. Als ich nach vielen Jahren erfuhr, dass meine Mutter für diese und sieben folgende Veröffentlichungen gezahlt hatte, war es zu spät, sich zu schämen, da meine wöchentliche Kolumne inzwischen etabliert war und ich zudem die Kabelmeldungen aufbereitete und Musikkritiken verfasste.