Erinnerungen an Blackfield Hall - Sandra Binder - E-Book

Erinnerungen an Blackfield Hall E-Book

Sandra Binder

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Beschreibung

England, 1921: Lady Amelia ist es gewohnt, alles zu bekommen, wonach ihr der Sinn steht. Dementsprechend hoch trägt sie ihre Nase - zumindest bis sie vor Übermut vom Pferd fällt. Ausgerechnet Anthony, ein Landwirt, mit dem sie sich auf dem Markt ein heftiges Wortgefecht geliefert hat, findet sie am Wegesrand - jedoch ohne jegliche Erinnerung. Er nutzt die Chance, sich an ihr zu rächen, und erklärt sie zu seiner Bediensteten. Was als Streich begann, entwickelt sich zu einer Erfahrung, die Amelias Welt in ihren Grundfesten erschüttert.

USA, 2018: Lily begibt sich auf die Spuren ihrer Urgroßmutter Amelia nach England. Und sieht sich plötzlich mit den gleichen Themen konfrontiert wie jene vor fast einhundert Jahren.

Alle Romane der Familiengeheimnis-Reihe sind in sich abgeschlossen und können unabhängig voneinander gelesen werden.

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Inhalt

Cover

Grußwort des Verlags

Über dieses Buch

Titel

Widmung

2018, Nashville, USA: Die goldenen Zwanziger

Lilly

1921, Rothwell, England: Das schöne Leben

Amelia

1921, Rothwell, England: Das harte Leben

Anthony

1921, Rothwell, England: Ein feines Benehmen

Amelia

2018, Nashville, USA: Der reiche Onkel

Lilly

1921, Rothwell, England: Die Gartenparty

Amelia

2018, Nashville, USA: Eine ziemliche Überraschung

Lilly

1921, Rothwell, England: Manche Wahl ist keine Wahl

Amelia

1921, Landstraße nahe Rothwell, England: Eine feine Nase im Dreck

Anthony

2018, London, England: Der Duft des Geldes

Lilly

1921, Rothwell, England: Der Duft des Landes

Amelia

1921, Masons Hof nahe Rothwell, England: Unüberlegtes Handeln

Anthony

2018, Rothwell, England: Ein wahrer Traum

Lilly

1921, Masons Hof nahe Rothwell, England: Haus und Hof

Amelia

1921, Masons Hof nahe Rothwell, England: Eine Lüge spinnt sich weiter

Anthony

2018, Rothwell, England: Ein wahrer Albtraum

Lilly

1921, Masons Hof nahe Rothwell, England: Zwei Gesichter

Amelia

1921, Masons Hof nahe Rothwell, England: Veränderung

Anthony

2018, Rothwell, England: Kein Weg zurück

Lilly

1921, Masons Hof nahe Rothwell, England: Die Schlinge

Anthony

1921, Masons Hof nahe Rothwell, England: Ungeahnte Talente

Amelia

1921, Masons Hof nahe Rothwell, England: Das weiche Herz

Anthony

2018, Rothwell, England: Diese Engländer!

Lilly

1921, Masons Hof nahe Rothwell, England: Wunder der Natur

Amelia

1921, Masons Hof nahe Rothwell, England: Wie eine Löwin

Anthony

2018, Rothwell, England: Licht im Dunkeln

Lilly

1921, Masons Hof nahe Rothwell, England: Heimlich und heimtückisch

Amelia

2018, Rothwell, England: Ein Date mit der Vergangenheit

Lilly

1921, Rothwell, England: Seelenschmerz

Amelia

1921, Masons Hof nahe Rothwell, England: Sprachlos

Anthony

2018, Rothwell, England: Eigensinnige Frauen

Lilly

1921, Rothwell, England: Kapitulation

Amelia

2018, Rothwell, England: Unverhofft kommt oft

Lilly

1921, Rothwell, England: Ein ungewöhnlicher Antrag

Amelia

1921, Rothwell, England: Vernünftige Gründe

Anthony

1921, Rothwell, England: Entscheidungen

Amelia

2018, Rothwell, England: Der Abschied

Lilly

1935, Alabama, USA: Neue Anfänge

Amelia

2018, Nashville, USA: Alte Träume

Lilly

Über die Autorin

Weitere Titel der Autorin:

Impressum

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Über dieses Buch

England, 1921: Lady Amelia ist es gewohnt, alles zu bekommen, wonach ihr der Sinn steht. Dementsprechend hoch trägt sie ihre Nase – zumindest bis sie vor Übermut vom Pferd fällt. Ausgerechnet Anthony, ein Landwirt, mit dem sie sich auf dem Markt ein heftiges Wortgefecht geliefert hat, findet sie am Wegesrand – jedoch ohne jegliche Erinnerung. Er nutzt die Chance, sich an ihr zu rächen, und erklärt sie zu seiner Bediensteten. Was als Streich begann, entwickelt sich zu einer Erfahrung, die Amelias Welt in ihren Grundfesten erschüttert.

USA, 2018: Lily begibt sich auf die Spuren ihrer Urgroßmutter Amelia nach England. Und sieht sich plötzlich mit den gleichen Themen konfrontiert wie jene vor fast einhundert Jahren.

Sandra Binder

Erinnerungen an Blackfield Hall

Für dich.

Ich wünsche dir ein Leben, das dich erfüllt.

2018, Nashville, USA: Die goldenen Zwanziger

Lilly

Das war’s also. Mit seinem nächsten Satz würde Randy den Abend vollends ruinieren, dessen war sich Lilly sicher.

»Honey, du weißt, wir alle haben dich unheimlich gern ...«, er schob seine Melone zurecht und bedachte sie mit einem mitleidigen Hundeblick, »und wir haben deinen Vater sehr geschätzt. Er war ein Genie an der Gitarre. Aber hey, wir müssen auch von irgendwas leben.«

Randy deutete mit einer Handbewegung hinter sich auf seine drei Bandkollegen, die mit betrübten Mienen dastanden.

Seufzend musterte Lilly die Truppe – die Männer in ihren schicken schwarzen Hemden mit weißen Fliegen und Hosenträgern und die hübsche Emma in ihrem langen schwarzen Kleid mit Perlen und Federboa um den Hals. Sie sahen einfach großartig aus. Und sie passten perfekt zu der Zwanziger-Jahre-Party, die sich Lillys Kundin gewünscht hatte.

Dennoch ... Lilly konnte gut verstehen, wenn die Band nicht auftreten wollte. Bei ihrem letzten Gig in der Vince’s Good Time Bar hatte sie schon Probleme gehabt, die vier Musiker zu bezahlen. Kein Wunder, dass sie skeptisch wurden, wenn sie ihnen sagte, dass sie erst nach der Feier den nötigen Betrag zusammenhatte.

Ein Kloß formte sich in ihrer Kehle, sodass sie sich nicht mehr zutraute zu sprechen. Sie nickte lediglich. Dass Randy eine Hand auf ihre Schulter legte und ihren Blick suchte, machte es noch schlimmer. Lilly musste alle Kraft aufwenden, um nicht vor der Band in Tränen auszubrechen.

»Das wird schon«, sagte Randy sanft. »Wir glauben an dich, Honey. Aber bis dahin ... Ich hoffe, du verstehst ...«

»Natürlich«, antwortete Lilly und räusperte sich, denn es hörte sich mehr nach einem Seufzen als nach einem Wort an. Sie zwang sich zu einem Lächeln. »Macht euch keine Gedanken.«

Ihre gespielt heitere Miene hielt sie eisern aufrecht, bis die Band ihre Koffer gepackt und sich nach weiteren Entschuldigungen und lieb gemeinten Worten davongemacht hatte. Dann setzte sie sich an die Theke, nahm ihren Haarreif mit den schwarzen Federn ab, stützte den Kopf in die Hände und versuchte, nicht zu weinen.

Bald würde Claire auftauchen. Sie hatte Lillys Bar für ihren dreißigsten Geburtstag gemietet und wollte bestimmt nicht, dass die einzige Kellnerin mit roten Augen und verschmierter Mascara Drinks servierte. Nein, sie musste heute konzentriert und auf Zack sein, wenn sie schon keine Hilfe hatte. Und es würde schwer genug werden, der Jubilarin klarzumachen, dass heute Abend keine Live-Band spielte, sondern die Musik von einer Playlist auf dem Laptop kam.

Tief durchatmend hob Lilly den Kopf und richtete den Blick nach vorn, wodurch sie direkt in das Gesicht ihres Vaters schaute. Sein Abbild war auf einer großen Acrylglasfläche hinter der Theke verewigt. Und wenn sie ihn nun betrachtete, wie er da auf seinem Barhocker saß, die Gitarre in der Hand und das Whiskyglas neben sich auf dem Boden der Bühne, da hatte sie das Gefühl, seine Miene wirkte plötzlich gequält. Sie konnte allerdings nicht sagen, ob das von der Tatsache herrührte, dass seine Tochter in finanziellen Schwierigkeiten steckte oder weil sie in der Bar, die seinen Namen trug, Musik aus der Dose spielen ließ.

»Ich wollte dir so gern ein Denkmal errichten, Dad«, flüstere Lilly dem Foto ihres Vaters zu. »Aber ich versage am laufenden Band.«

Seufzend drehte sie sich dem Barraum zu und betrachtete die festliche Dekoration. Schwarz und Gold dominierten die sonst so rustikale Einrichtung. Kunststofftischdecken und Pappgeschirr verdeckten die hölzernen Tische, Federn und Lampions hingen an den Backsteinwänden, die sonst mit Gitarren und Schallplatten dekoriert waren, und Wimpelgirlanden und goldene Glitzervorhänge vernichteten jeglichen Rest des Country-Charmes.

Lilly hatte nichts gegen die Glitzerwelt à la »Der große Gatsby«, im Gegenteil. Die Aufmachung und die Musik gefielen ihr sogar. Aber es war eben nicht der Stil von Vince’s Good Time Bar.

Vince Marshall war Countrymusiker gewesen, und Lilly hatte diese Bar nach den Orten gestaltet, an denen ihr Vater am liebsten aufgetreten war. Sie hatte einen Platz schaffen wollen, an dem er sich heimisch gefühlt hätte. Außerdem, das hatte sich Lilly längst eingestanden, hatte sie einen Platz schaffen wollen, an dem sie eine Verbindung zu ihrem Vater spürte. Denn er fehlte ihr seit seinem Tod wie verrückt.

Die Beerdigung war nun schon fünf Jahre her. Aber Lillys Herz zog sich immer noch vor Sehnsucht zusammen, wenn sie an ihren Dad dachte. Er hatte so eisern gegen den Krebs gekämpft und trotzdem verloren. Ihn auf diesem Weg zu begleiten war hart gewesen und die Erinnerung war es noch. Denn zu diesem Zeitpunkt ging nicht nur ihr Lieblingsmensch von ihr, sondern auch die einzige Familie, die Lilly je gehabt hatte.

Deshalb tat es ihr so furchtbar weh, wenn sie sich jetzt in der Bar umsah. Die Umgestaltung fühlte sich wie ein Verrat an ihrem Vater an. Obwohl sie sich immer wieder sagte, dass sie die Räumlichkeiten ab und zu vermieten musste, wenn sie nach ihrer Pechsträhne im vergangenen Jahr irgendwie zu Geld kommen wollte.

»Okay, also ... ich brauche das Geld, und Musik aus der Box ist für einen Abend doch gar nicht so schlimm«, redete sie sich gut zu. »Und Selbstgespräche zu führen ist vermutlich das erste Anzeichen dafür, dass ich dringend Urlaub brauche.«

Schnaubend erhob sie sich und wollte eben hinter die Theke gehen, um die restlichen Kühlschubladen zu füllen, da öffnete sich die Eingangstür, und jemand kämpfte sich durch den Glitzervorhang ins Rauminnere.

»Was zum ... was soll denn das sein?«, schimpfte Gil, noch ehe er zu sehen war.

Lilly strich ihr schwarzes Flapper-Kleid glatt. Sie kam sich darin ein wenig albern vor, bis sie sah, dass Gil eine Stoffhose sowie eine altmodische Weste und Fliege trug.

Irritiert blinzelte Lilly ihren letzten verbliebenen Aushilfs-Kellner an. »Was tust du denn hier? Ich dachte, du machst keine Motto-Partys?«

»Weißt du, Lil’, ich saß zu Hause und kam mir wie ein Arschloch vor, weil ich dich diesen Mist hier allein durchmachen lasse. Mein Gewissen hat mich hergeführt.« Grinsend hakte er die Daumen in die Gürtelschlaufen seiner Hose. »Außerdem hab ich mir den großen Gatsby reingezogen, nachdem du mir von dieser Party erzählt hast, und ich dachte ... na ja, vielleicht wird’s ja doch ganz cool.«

»Du bist wirklich hier, um zu arbeiten?«

»Jep.«

»Und du weißt, dass ich dich erst nach der Abrechnung bezahlen kann?«

»Jep.«

Eine Wagenladung Felsbrocken fiel Lilly vom Herzen, und zum ersten Mal seit Tagen war das Lächeln in ihrem Gesicht echt. Sie eilte auf Gil zu und nahm den schlaksigen Kerl so stürmisch in die Arme, dass er beinahe nach hinten umkippte.

»Ein Hoch auf dein Gewissen!« Lilly lachte. »Oder auf den Gatsby, such es dir aus.«

Mit neu erwachter Energie klatschte sie in die Hände, dann deutete sie auf die Theke. »Lass uns anfangen, es gibt eine Menge Arbeit.«

Damit waren längst nicht alle Probleme ihres Lebens beseitigt, aber heute hatte Lilly wenigstens eine Sorge weniger. Schon ironisch, wie sehr sich ihre Welt von dem glanzvollen Ambiente in diesem Raum unterschied. Und sie fragte sich, ob das Leben damals, in den Zwanzigern, ebenfalls mehr Schein als Sein gewesen war.

1921, Rothwell, England: Das schöne Leben

Amelia

Elisabeth rümpfte die unförmige Nase und bedeutete Wilbur mit einem abfälligen Winken, ihren Frühstücksteller abzuräumen. »Was soll das sein? Speck und Toast? Ist das Ihr Ernst? Ich glaube, mich erinnern zu können, dass ich laut und deutlich den Wunsch nach einer Grapefruit geäußert habe.«

»Wir alle hörten es«, pflichtete Charlotte mit ihrer schrillen Piepsstimme bei und unterdrückte sichtlich ein Kichern.

Wilbur blinzelte die beiden Damen verdutzt an, bevor er Amelia einen hilfesuchenden Blick zuwarf. Diese nippte lediglich an ihrem Tee und ignorierte den Diener ebenso geflissentlich, wie sie es mit ihren Schwestern tat.

Wenn er sich nach Beistand sehnte, sollte er doch im Dienstbotenzimmer danach suchen, nicht bei ihr. Denn seit Amelia einmal unabsichtlich mit angehört hatte, wie das Personal über die Familie herzog, hielt sie sich mit ihrem Mitgefühl ihnen gegenüber stark zurück.

»Sagen Sie es mir, falls ich Sie langweile, Wilbur«, setzte Elisabeth nach, um seine Aufmerksamkeit wiederzuerlangen, und reckte das Kinn noch ein bisschen höher. »Wie gedenken Sie diesen Fauxpas nun gutzumachen?«

»Aber Madam ... Sie sagten ...«, stammelte er und musterte den Teller und Elisabeth im Wechsel. Offenbar war er sich sicher, dass sie zunächst nach Speck und Toast verlangt hatte. Das hatte sie auch, sie trieb nur wieder ihre albernen Scherze mit ihm.

»Wilbur«, raunte Stanton, der alte Butler, und nickte vielsagend in Richtung Tür.

»Jawohl, Mister Stanton.« Nun kam endlich Bewegung in den jungen Diener. »Verzeihen Sie mir, Madam. Ich trage Ihnen sofort Ihr Frühstück auf.« Unter einer Salve von Entschuldigungen nahm er den Teller und bewegte sich rückwärts auf die Tür zu.

Die beiden kicherten zufrieden, nachdem er verschwunden war, während Amelia seufzend mit den Augen rollte. Dieser geistlose Streich bestätigte ihr nur wieder, dass ihre älteren Schwestern die selbstbezogensten Wesen der gesamten zivilisierten Welt waren.

»Musste das sein, Elisabeth?« Amelia nippte erneut an ihrem Tee, bevor sie ihrer Schwester einen entnervten Blick zuwarf. »Bleibt nur zu hoffen, dass du einmal einen Mann findest, der sich nicht von deinen albernen Spielchen abschrecken lässt.«

Elisabeth schnappte geräuschvoll nach Luft, bemühte sich daraufhin jedoch um einen überlegenen Gesichtsausdruck. »Was weißt du schon, Schwester? Du wirst nicht ewig so aussehen wie jetzt. Besser, du entwickelst bald ebenfalls etwas Humor.«

Charlotte lachte hämisch. »Ja, bevor du alt und zerknittert bist und dich keiner mehr haben will.«

Schnaubend schüttelte Amelia den Kopf. Die beiden hatten sie nie als ihre richtige Schwester angesehen, was bereits an Elisabeths Aussprache des Wortes zu erkennen war. Hauptsächlich lag dies wohl daran, dass sie nach ihrem Vater kamen und seine langen, krummen Gesichtszüge sowie das fransige, rötliche Haar geerbt hatten. Dagegen besaß Amelia die dunklen Locken, die klaren, blauen Augen und die feinen, französischen Gesichtszüge ihrer Mutter.

Oft fragte sie sich, weshalb diese ausgerechnet ihr, als viertem und letztem Kind, vorbehalten gewesen waren. Es schien beinahe, als hätte ihre Mutter bereits bei Amelias Zeugung ihren nahenden Tod gespürt und ein letztes Vermächtnis auf dieser Welt hinterlassen wollen.

Ob es nun Neid war, der Schmerz, Mutter in der Jüngsten wiederzuerkennen, oder schlichtweg die Andersartigkeit – die anderen Montgomerys und Amelia hatten sich nie wirklich verbunden gefühlt. Und obwohl sie sich kaum an ihre Mutter erinnerte, sah sie sich mehr als deren Kind, während ihre Geschwister die Kinder des Vaters zu sein schienen.

»Ich denke«, Amelia hob einen Mundwinkel, »ich bin sehr zufrieden damit, deine Art von Humor niemals verstehen zu können.«

»Irgendwann wird dich das Schicksal von deinem hohen Ross stoßen.« Elisabeth schnaubte. »Und in genau diesem Moment werde ich da sein, um mit dem Finger auf dich zu zeigen und dich auszulachen; sei dir da sicher.«

»Wenn du meinst.« Amelia erhob sich und deutete ein Gähnen an, um ihrer Schwester zu demonstrieren, wie sehr ihr beleidigtes Gekeife sie langweilte.

Wenn doch wenigstens Richard noch da wäre. Ihr Bruder war der einzige Montgomery gewesen, mit dem sie ihre Zeit liebend gerne verbracht hatte. Weil er gutherzig und wirklich humorvoll gewesen war. Aber das Schicksal hatte ihn aus Amelias Leben und dieser Welt gerissen. Dass er im Krieg gefallen war, schmerzte Amelia immer noch jeden Tag.

Sie wandte sich an den Butler: »Stanton, lassen Sie den Wagen vorfahren und schicken Sie Rose mit dem Hut und den Handschuhen, die ich in meinem Zimmer bereitgelegt habe, in die Halle. Ich will gleich ins Dorf fahren.«

»Sehr wohl, Madam«, antwortete der beleibte grauhaarige Mann mit einer angedeuteten Verbeugung.

»Sagen Sie, haben Sie meinen Vater heute schon gesehen?«

»Er war vorhin noch in seinem Arbeitszimmer, Madam.«

Amelia nickte ihm kurz zu, ehe sie erhobenen Hauptes aus dem Raum schritt. Sie spürte Elisabeth’ und Charlottes Blicke siedend heiß und stechend wie Nadeln auf ihrer Haut, doch es war ihr gleichgültig, was die dummen Gänse dachten. Sie und ihre Schwestern waren nie Freundinnen gewesen, und Amelia hatte auch nicht vor, diesen Umstand in naher Zukunft zu ändern. Schon bald – da war sie sicher – würde sich ihr Leben ohnehin für immer verändern. Sie würde heiraten und fortziehen und nicht mehr zurückblicken. Stellte sich nur die Frage, welchen Kandidaten sie erwählen sollte. Bisher schien ihr keiner der Richtige zu sein.

Insgeheim wünschte sie sich, schon seit sie ein kleines Mädchen war, sich mit Herz und Seele zu verlieben. So wie sie es schon oft in Romanen gelesen hatte. Doch allmählich begann sie zu glauben, dass diese Art von Liebe genauso wie die vielen Geschichten nur ausgedacht war. Denn keiner der Gentlemen, denen sie bisher begegnet war, konnte ein Gefühl des Glücks in ihr auslösen.

Amelia schlenderte durch den Flur in Richtung des Arbeitszimmers ihres Vaters und blieb wie immer vor dem Gemälde eines Lavendelfeldes stehen. Ihre Mutter hatte das Kunstwerk aus ihrer Heimat Frankreich mitgebracht und hier, vor der Tür zum Arbeitszimmer, wo es niemals jemand außer der Familie zu Gesicht bekam, war der einzige Ort, an dem Amelias Vater seiner Frau Magali gestattet hatte, das Bild aufzuhängen. Denn seiner Meinung nach, war es die ›abscheuliche Ausgeburt eines talentfreien, französischen Geistes‹ und hing dort lediglich, weil Magali so ausnehmend stur sein konnte – noch etwas, was sie ihrer Tochter vermacht hatte.

Amelias Vater hatte ohnehin nicht viel für die Franzosen übrig und bezeichnete sie stets als faul und unzuverlässig. Da sich Amelia kaum an ihre Mutter erinnerte und auch nie einen ihrer Verwandten kennengelernt hatte, konnte sie das weder bestätigen noch dementieren. Dennoch befiel sie beim Gedanken an ihre Mutter das gleiche Gefühl, wie wenn sie das Gemälde des Lavendelteppichs betrachtete: eine wohlige Ruhe, die sich wärmend in ihrer Brust ausbreitete. Sie hörte beinahe die sanfte Stimme ihrer Mutter, die ihren Namen flüsterte. Oder vielmehr den Namen ›Amélie‹. So hatte sie sie wohl immer genannt.

Die vage Erinnerung an die Herzenswärme ihrer Mutter war der einzige Hauch von Liebe, den Amelia je gespürt hatte. Sie fühlte sich an wie ein zarter Sonnenstrahl, der an diesem dunklen Ort mit all seinen unfreundlichen Bewohnern zunehmend schwand. Ebenso wie die Hoffnung, jemals ein Leben voller Liebe zu führen.

Wie sehr sich Amelia wünschte, ihre Mutter wäre noch hier und könnte sie lehren, was Liebe und Glück bedeutete. Ihr beweisen, dass beides tatsächlich existierte! Doch Blackfield Hall war ohne diese Frau herzlos und kalt.

Seufzend wandte sich Amelia von dem Gemälde ab und klopfte an die Tür zum Arbeitszimmer.

»Was ist denn?«, bellte ihr Vater und grummelte undeutlich ein paar weitere Worte.

Amelia öffnete die Tür und bemühte sich, flach zu atmen, um ein Niesen zu unterdrücken. Ihr Vater erlaubte der Dienerschaft selten, sein Arbeitszimmer sauber zu machen, weshalb der Staub in dem großen Raum mit den dunklen Möbeln und den Unmengen an Büchern und Papieren sichtbar durch die Luft schwebte. Sie steuerte auf den Schreibtisch zu, blieb in einigem Abstand stehen und wartete, bis ihr Vater zu ihr aufblickte.

Lord Edward Montgomery war ein außergewöhnlich großer und dünner Mann. Seine Haut spannte sich straff über die spitzen Knochen, was seine krummen Züge noch betonte und seinem Ausdruck eine besondere Unnachgiebigkeit verlieh. Ansonsten war es allerdings das gleiche blasierte Gesicht, dem sich Amelia bereits in doppelter Ausführung am Esstisch gegenübergesehen hatte.

»Guten Morgen, Papa«, sagte sie, als er endlich die Zeit fand, sie anzusehen, und faltete die Hände vor ihrem Körper. »Ich will dich nicht lange stören, ich bitte dich nur um ein wenig Geld.«

»Hast du die zehn Pfund vom letzten Mal bereits durchgebracht?«, raunzte er mit seiner heiseren Stimme und zog die Mundwinkel nach unten. »Was willst du dir denn nun wieder kaufen?«

»Nichts Bestimmtes. Ich fahre zum Markt.«

»Was willst du denn auf einem Markt?« Er zog die buschigen, rötlichen Brauen zusammen, hob jedoch gleich darauf abwehrend eine Hand. »Sei’s drum. Ich habe weder die Zeit noch den Nerv, mich mit deinen neuesten Kindereien zu befassen.«

Brummend erhob er sich, marschierte zum Sekretär und holte ein paar Banknoten heraus, die er zweimal abzählte, ehe er sie seiner Tochter entgegenstreckte. Als sie ihm das Geld abnehmen wollte, hielt er es noch eine Sekunde lang fest, wohl damit sie seinem prüfenden Blick nicht entging.

»Ich habe den jungen Lord Edward Gibling lange nicht gesehen«, bemerkte er mit einem herausfordernden Unterton.

Amelia lächelte ihn betont unschuldig an. »Und nun fehlt er dir? Ich bin sicher, dass er dich gerne empfängt, wenn –«

»Ich applaudiere deinem Intellekt nicht, aber ich weiß, dass er existiert, also stell dich nicht dumm«, brummte er und fixierte sie streng. »Mir schien, du hättest dich endlich festgelegt. Und nun hast du das Interesse doch wieder verloren?«

»Edward ist ein Gentleman und ansehnlich dazu, aber er ist derart einschläfernd.« Amelia stöhnte auf. »Immerzu faselt er von seinen Ländereien, den Pächtern und der Landwirtschaft. Allein bei dem Gedanken, ich müsste ihm mein ganzes Leben lang zuhören, sterbe ich vor Langeweile.«

»Ha!« Ihr Vater machte ein grunzendes Geräusch, wie immer, wenn er ihre Meinung missbilligte, was so gut wie jedes Mal der Fall war, denn im Grunde missbilligte er, dass sie überhaupt eine Meinung besaß. »Das wird die Familie nicht erfreuen. Alle haben sich darauf eingestellt.«

»Nun, dann werden sich wohl alle wieder umstellen müssen.«

Noch ein Grunzen. Mit einem abfälligen Winken drehte er sich um und setzte sich wieder an den Schreibtisch. Für gewöhnlich bedeutete diese Geste, dass das Gespräch beendet war. Der Mann benötigte keine Worte, um jemanden hinauszukomplimentieren.

Amelia straffte die Schultern, faltete die Banknoten so, dass sie vor den neugierigen Blicken der Dienerschaft verborgen blieben, und wollte eben das Arbeitszimmer verlassen, als ihr Vater unerwartet weitersprach.

»Lord Edwards Großmutter, die Viscountess, hat mir kürzlich einen Besuch abgestattet.« Er sah seine Tochter nicht an, sondern griff nach seinem Füller und notierte irgendetwas auf einem Blatt Papier, als wollte er demonstrieren, dass diese Unterhaltung keinesfalls seiner gesamten Aufmerksamkeit würdig war. »Sie versicherte mir, dass sie eine Verbindung unserer Familien sehr begrüßen würde. Und ich stimme ihr zu. Eine bessere Partie wirst du kaum finden.«

Amelia hob das Kinn und die Brauen gleich mit. »So, würdet ihr das begrüßen, ja? Ich weiß nicht, ob du oder die Viscountess einen Kalender besitzt, aber ich hoffe, es ist euch nicht entgangen, dass wir kürzlich im zwanzigsten Jahrhundert angekommen sind. Außerdem weißt du, dass ich zu stur bin, um mir jemanden aufdrängen zu lassen, Papa.«

»Dass du stur bist, weiß ich nur zu gut. Es stellt sich allerdings die Frage, ob dir diese Eigenschaft als Tochter eines Mitglieds des britischen Hochadels zusteht.« Endlich blickte er zu ihr auf. Der eisige Blick aus seinen wasserblauen Augen ließ Amelia frösteln. »Wenn du glaubst, ich lasse es zu, dass mir meine jüngste Tochter auf ewig auf der Tasche liegt, irrst du. Bis jetzt warst du nach Richard mein bevorzugtes Kind, weil ich dir die besten Chancen auf eine einträgliche Partie zugerechnet hatte, doch dein Starrsinn steht uns beiden im Weg. Selbst der mächtigste Mann Englands wäre dir nicht gut genug.«

Amelia musste tief durchatmen, bevor sie ihren verkrampften Kiefer lösen und den Mund öffnen konnte. »Du sprichst von mir wie von einer Zuchtstute. Sei unbesorgt, ich werde Blackfield Hall noch früh genug verlassen. Aber nicht mit einem Mann, der mich einzig zum Einschlafen reizt.«

Überraschenderweise lachte ihr Vater herzhaft auf. »Hast du dich niemals gefragt, weshalb diese Schriftstellerin, diese Jane Austen, die dir mit ihren Romanen all die Flausen über Männer und Frauen und ihre Romanzen ins Ohr setzt, selbst nie einen Mann gefunden hat und unverheiratet starb? Ich werde es dir sagen: Weil Männer, wie sie dort beschrieben werden, nicht existieren. Reich sollen sie sein, respektabel und perfekte Gentlemen; außerdem charmant und amüsant. Und dann wollt ihr Frauen auch noch ›Liebe‹ und derlei Albernheiten.« Ein drittes missbilligendes Grunzen ertönte, bevor er sie erneut eisig fixierte. »Du wirst Abstriche machen müssen, wenn du nicht willst, dass ich dich mit diesem ... Wie heißt er noch gleich? ... verheiraten werde. Du weißt, dieser proletenhafte Cousin, der vielleicht das Erbe von Rothwell Manor antritt, falls Lady Violett keinen Sohn mehr gebären sollte.«

Amelia schnappte entsetzt nach Luft. »Mister Stevens? Mach dich nicht über mich lustig, Papa. Ich würde niemals unter meinem Stand heiraten, das weißt du. Ich könnte einen Mann, der derart weit unter mir steht, niemals respektieren.«

»Dann würde ich mich an deiner Stelle bald für einen passenderen Kandidaten entscheiden.« Ihr Vater warf ihr einen letzten strengen Blick zu, bevor er sich wieder seinen Notizen zuwandte. »Denn solange du unter meinem Dach lebst, gehorchst du meinen Befehlen. Und das bedeutet, wenn du dich nicht bald entscheidest, werde ich es für dich tun.«

Amelia widersprach ihrem Vater nicht, konnte sich jedoch ein Schmunzeln nicht verkneifen. Letztendlich war es noch immer so gewesen, dass sie ihren Willen durchsetzte, und auch wenn es ihre Schwestern bestimmt amüsant fänden, wenn sie in ein winziges Domizil im Dorf ziehen müsste, so war ihr Vater doch stets zu beschäftigt, um sich morgen überhaupt noch an seine Befehle von gestern zu erinnern.

Es war ihm schlicht lästig, mehr als fünf Minuten seiner kostbaren Zeit für das Nachdenken über eine seiner Töchter zu verschwenden. Und genau aus diesem Grund würde auch der Geldhahn niemals versiegen. Denn, für was sich der Earl keine Zeit nehmen wollte, wurde stattdessen mit Geld geregelt. Schließlich, so sagte er stets, besaß er mehr Geld als Zeit und konnte mit Ersterem daher verschwenderischer umgehen.

Ein leises Klopfen erscholl, und Amelias Vater bat den Störenfried murrend herein.

»Entschuldigen Sie, Ihre Lordschaft, Mister Pelham ist hier«, informierte Stanton, der sein faltiges Gesicht ins Zimmer streckte, ehe er sich an Amelia wandte. »Und der Wagen wartet vor der Tür, Madam.«

»Wir sind ohnehin fertig«, meinte der Earl und entließ sie ungeduldig winkend.

»Es war mir wie immer ein Vergnügen, Papa. Wir sehen uns beim Dinner.«

Amelia straffte die Schultern und marschierte aus dem Zimmer in die Eingangshalle, wo Rose bereits mit der Kleidung bereitstand. Während Amelia die Handschuhe überstreifte, schob sie die Worte ihres Vaters gewaltsam aus ihren Gedanken. Dieses Gespräch war noch eines der herzlicheren zwischen Vater und Tochter gewesen. Dass sie ein so schlechtes Verhältnis zueinander hatten, machte Amelia oft traurig, doch sie wollte sich nicht unterwerfen und all ihre Wünsche und Träume begraben, nur damit ihr Vater zufrieden mit ihr war.

Sie steckte die Banknoten in ihre Handtasche und malte sich stattdessen aus, was sie dafür auf dem Markt kaufen und beim Schneider anfertigen lassen würde. Bestimmt waren die neuen edlen Stoffe, die sie bestellt hatte, eingetroffen, und sie konnte sich endlich eines dieser modernen Kleider nach italienischem Schnitt nähen lassen. Was die Leute für Augen machen würden, wenn sie nächste Woche auf dem Gartenfest die neueste Mode präsentierte.

Unwillkürlich formte sich ein Lächeln auf Amelias Lippen. War das Leben nicht herrlich?

1921, Rothwell, England: Das harte Leben

Anthony

»Wieso darf ich nicht mitkommen, Papa?« Grace’ große blaugraue Augen blickten ihren Vater flehend an.

»Du musst doch deiner Tante Jane helfen, Liebling. Ohne dich würde sie es niemals schaffen«, erwiderte Anthony, griff seiner Tochter unter die Arme und hob sie vom Karren herunter. »An ihrem freien Tag muss sie bergeweise Wäsche waschen und Löcher stopfen.«

Das war nicht einmal gelogen. Grace konnte Jane zur Hand gehen, lernte dabei noch etwas über Haushaltsführung, und Anthony musste nicht neben den Marktgeschäften auf sie aufpassen. Sie profitierten alle davon. Oder redete er sich das bloß ein, um ein schlechtes Gewissen zu vermeiden?

Er angelte einen Korb vom Karren, nahm seine Tochter bei der Hand und ging auf das Cottage seines Schwagers zu. Noch bevor sie angekommen waren, riss Jane bereits die Tür auf.

»Oh, hallo, mein kleiner Schatz«, flötete sie, ging in die Hocke und küsste Grace stürmisch auf beide Wangen. »Du bist so süß mit deinen rosigen Bäckchen.«

Das Mädchen kicherte. »Guten Tag, Tante Jane.«

Als sich seine Schwägerin aufrichtete und Anthonys Blick erwiderte, spürte er wie jedes Mal einen kurzen, aber schmerzhaften Stich in der Brust. Jane und Mary sahen sich so ähnlich. Das blonde Haar, die fröhlichen blaugrauen Augen, das spitze Kinn, der lange Hals ... Obwohl Anthony und Mary kaum zueinander gepasst und sich andauernd gestritten hatten, vermisste er seine verstorbene Frau noch immer jeden Tag.

»Ihr seid rechtzeitig zum Frühstück gekommen«, meinte Jane lächelnd. »Es gibt Porridge.«

»Mit frisch geernteten Äpfeln«, fügte Anthony hinzu und überreichte seiner Schwägerin den Korb. Daraufhin beugte er sich hinunter und blickte seiner Tochter auffordernd in die Augen. »Und du hörst brav auf deine Tante, versprochen?«

Grace lächelte ihren Vater so nachsichtig an, dass ihre Miene kaum noch wie die einer Neunjährigen, sondern eher wie die einer Neunzigjährigen wirkte. »Natürlich, Papa.«

Er schloss sie in die Arme und drückte einen Kuss auf ihren Scheitel. »Heute Abend hole ich dich wieder ab, Liebling.«

»Gracie, geh doch schon mal rein, und hilf Charly, den Tisch zu decken«, forderte Jane das Mädchen auf und wartete, bis dieses dem Vater noch einmal zugewinkt und im Inneren des Cottages verschwunden war, ehe sie Anthony einen strengen Blick zuwarf. »Du kommst auch herein und isst mit uns. Für dich reicht es allemal.«

»Ich muss früh auf dem Markt sein, wenn ich einen guten Standplatz bekommen will.«

»Es kommt gar nicht infrage, dass ich dich hungrig weiterfahren lasse.« Sie bedeutete ihm hereinzukommen, als er jedoch stur stehen blieb, schüttelte sie seufzend den Kopf. »Ach, Anthony, du machst mir Sorgen. Du musst mehr auf dich achten. Deine Wangen sind schon ganz eingefallen, und dein Haar ist viel zu lang. Bald schon wirst du aussehen wie dein eigener Urgroßvater. Und ich meine nicht, bevor er starb.« Sie fasste nach seinem Ärmel und steckte einen Finger in das Loch am Ellbogen. »Bring mir doch wenigstens deine kaputte Kleidung zum Stopfen.«

»Ich bin keine deiner feinen Herrschaften, für die du als Hausmädchen arbeitest. Für mich ist die Jacke gut genug.« Er deutete auf den Karren, der mit vier großen Kisten beladen war. »Und es reicht mir, wenn ich auf dem Weg ein paar Äpfel esse.«

»Das solltest du vielleicht sogar reichlich tun. Das alte Gefährt sieht aus, als würde es bald unter der Last zusammenbrechen. Ich kann es beinahe bis hierher knacken hören.« Sie warf einen Blick in das Körbchen in ihrer Hand und runzelte die Stirn. »Ist es denn wirklich nötig, dass du die Äpfel auf dem Markt verkaufst? Wenn du Geldsorgen hast, kann ich Sir Charles fragen, ob –«

»Es ist alles in bester Ordnung, Jane.« Anthony hob abwehrend die Hände und versuchte sich an einem glaubhaften Lächeln. »Mary hat zu viele Äpfelbäume gepflanzt. Wir ernten jedes Jahr sehr viel mehr, als wir essen können. Warum sollte ich die Äpfel also nicht verkaufen?«

So mitleidig, wie sie ihn ansah, nahm sie ihm die Lüge nicht ab. War es denn derart offensichtlich, dass er das Geld dringend benötigte? Sei’s drum ... Zugeben würde er es jedenfalls nicht. Nicht, solange er noch Ideen und Möglichkeiten hatte, wie er seinen Hof halten konnte.

»Es gefällt mir nicht, dass du mit all dem auf dich gestellt bist«, wechselte Jane plötzlich das Thema. »Du bist schon zu lange allein und benötigst dringend eine helfende Hand.«

Anthony verschränkte seufzend die Arme vor der Brust. Er wusste genau, worauf sie anspielte. »Wen willst du mir dieses Mal aufschwatzen?«

»Ich kenne da ein Mädchen, Sarah, sie ist Küchenmädchen bei den Hendersons in Rothwell. Sie ist so ein reizendes Mädchen, ehrlich. Wenn ich euch nur bekanntmachen dürfte.« Ein breites Lächeln formte sich auf ihren Lippen, als sie seine unwillige Miene wahrnahm. »Was genau missfällt Ihrer Lordschaft denn? Warten Sie auf eine bessere Partie, eine Duchess vielleicht? Oder eine Prinzessin?«

Er konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. »Ich denke, mir fehlen die nötigen Muskeln für eine Lady. Mit denen, die ich zur Verfügung habe, schaffe ich es nicht, die Nase hoch genug zu tragen, sodass es mir in die Nasenlöcher regnet.« Schmunzelnd schüttelte er den Kopf, verlor daraufhin jedoch kurzzeitig die Kontrolle über seine Gesichtszüge, und die heitere Fassade fiel von ihm ab.

»Vergiss nicht, sie war meine Schwester«, sagte Jane sanft und legte tröstend eine Hand an seine Wange. »Ich will ihr Andenken ebenso bewahren wie du, aber glaubst du wirklich, sie würde wollen, dass du für immer allein bleibst?«

»Sie kann nichts mehr wollen, sie ist tot«, brummte er.

»Das ist sie. Du aber nicht«, beharrte Jane. »Es sind jetzt neun Jahre, Anthony. Du bist nicht einmal dreißig. Du hast noch immer die Möglichkeit, glücklich zu werden. Mary nimmt es dir bestimmt nicht übel. Wie du schon sagtest, das kann sie nicht mehr.«

Schnaubend winkte Anthony ab. Er verstand einfach nicht, wieso Jane regelrecht besessen davon war, ihn ein zweites Mal zu verheiraten. Vielleicht hatte die Qualität der Speisen auf dem Hof nachgelassen, und bestimmt waren seine Tage länger, weil er das meiste selbst erledigen musste, aber ansonsten kam er bestens zurecht. Nun, »bestens« war ein wenig übertrieben, aber er kam zurecht.

»Es erscheint mir nicht richtig, weder Mary noch einer anderen Frau gegenüber, wenn ich heirate, nur weil meine Schwägerin glaubt, ich könne meinen Alltag nicht allein bezwingen.«

Er bedachte sie mit einem entschiedenen Blick, den Jane mit gleicher Intensität zu erwidern wusste.

»Dabei geht es nicht nur um dich und den Hof. Du musst auch an Grace denken. Das Kind braucht eine Mutter.«

»Zieh sie da nicht mit hinein, Jane«, antwortete Anthony, nun ernsthaft verärgert. »Hör auf, dich einzumischen. Ich weiß selbst, was das Beste für meine Tochter ist.«

Jane ließ sich von seinem Ärger wie immer nicht beeindrucken und lächelte lediglich. »Wir sind eine Familie, und ich habe euch beide sehr lieb. Deswegen werde ich nie aufhören, das Beste für euch zu wollen. Ob dir das nun gefällt oder nicht.«

»Ich muss mich beeilen«, meinte er, um die Diskussion endlich zu beenden. »Danke, dass du auf sie aufpasst.«

»Ich habe die Kleine gerne bei mir«, erwiderte sie lächelnd, dann zeigte sie mit dem Finger auf ihn. »Ich erwarte, dass du über dieses Gespräch nachdenkst. Du wirst genügend Zeit dafür haben, während du mit deinen unförmigen Äpfeln auf dem Markt stehst.«

»Ja, ja«, murmelte er, winkte ab und drehte sich um. »Bis heute Abend.«

Er schlenderte auf den Karren zu, nahm das Pferd bei den Zügeln und machte sich auf den Weg zu Rothwells Marktplatz. Hoffentlich würden die Äpfel etwas einbringen.

1921, Rothwell, England: Ein feines Benehmen

Amelia

»Amelia! Hier bin ich!«, erklang Elizas Stimme, da war Amelia noch nicht einmal richtig aus dem Wagen gestiegen.

Auch das noch! Sie unterdrückte ein Seufzen.

Eliza winkte und kam mit rosigen Wangen und einem erwartungsvollen Lächeln auf ihre Freundin zugeeilt. Natürlich brannte sie auf den neuesten Klatsch und Tratsch von Blackfield Hall, die Aussicht darauf zog sie wieder einmal an wie ein Magnet. Der Austausch und vor allem der kreative Umgang mit Neuigkeiten war wie ein Lebenselixier für sie, etwas, was ihrem eintönigen Leben einen Sinn zu verleihen schien. Daher konnte man in Rothwell nichts tun oder sagen, ohne dass Eliza Gallaway es erfuhr. Und umdichtete.

Amelia kannte sie bereits aus Kindertagen und wusste spätestens seit einem schmerzhaften Ereignis im Sommer 1917, dass Eliza nicht immer zu trauen war. Es ging damals um einen jungen Mann, für den sie beide geschwärmt hatten. Zugegeben ... er war von niedrigerem Stand gewesen, weshalb Amelia mit ihren Gefühlen für ihn gehadert hatte. Eliza erzählte ihm allerdings, die feine Tochter des Earls mache sich lediglich über ihn lustig und treibe gemeine Spielchen mit ihm ...

Nun, er wendete sich daraufhin von beiden Damen ab. Ausgleichende Gerechtigkeit hatte es Amelia damals genannt und beschlossen, niemandem – vor allem nicht Eliza – jemals wieder Einblick in ihre Gedanken- und Gefühlswelt zu gewähren.

Allerdings war Elizas Familie seit ewigen Zeiten mit den Montgomerys verbandelt, daher lächelte Amelia schließlich höflich zurück.

»Ich wusste nicht, dass du heute ins Dorf kommen würdest!« Eliza küsste sie zur Begrüßung auf die Wange. »Schön, dich zu sehen.«

»Es war ein spontaner Einfall«, antwortete Amelia und strich ihren Mantel glatt.

Eliza musste nicht wissen, dass ihr vor Langeweile in Blackfield Hall zuweilen das Dach auf den Kopf fiel. Die immergleichen Gesichter, die immergleichen Gespräche, die immergleichen Anfeindungen – das ödete sie derart an, sie musste sich hin und wieder eine Pause von ihrem Leben gönnen. Dafür unternahm sie gern kleine Ausflüge, ohne jemandem Bescheid zu sagen. So fühlte sie sich wenigstens für ein paar gestohlene Momente frei.

»Wie lauten deine Pläne?« Eliza steckte eine blonde Locke, die sich aus ihrer Frisur gelöst hatte, unter ihren Hut und prüfte daraufhin vorsichtig mit einer Hand den Sitz ihres Haars. »Hast du einen Termin beim Schneider? Mrs Rice erzählte mir neulich von neuen Schnittmustern, die du mit ihr besprechen wolltest.«

Amelia verkniff sich ein Augenrollen. Natürlich hatte Eliza von ihren Plänen für das neue Kleid erfahren. Und sicherlich würde sie, sobald Amelia die Schnittmuster abgegeben hatte, einen Termin mit Mrs Rice vereinbaren, um sich ein ähnliches Kleid anfertigen zu lassen. Denn niemals würde sich Eliza die Blöße geben, auf einem Fest weniger modisch gekleidet zu erscheinen als Amelia.

Nun, dann soll sie sich selbst Schnittmuster besorgen, dachte Amelia und beschloss, ihre Pläne mit der Schneiderin zu verwerfen und eine andere Frau anzuheuern. Nicht einmal ihre bestellten Stoffmuster würde sie sich ansehen. Dafür aber alsbald ein ernstes Wörtchen mit Mrs Rice reden.

Amelia zwang sich zu einem Lächeln. »Tatsächlich habe ich vor, den Markt zu besuchen.«

»Den Markt?« Eliza blinzelte sie mit großen Augen an.

Gut, es war nicht unbedingt ein Event, auf dem sich Mitglieder des Hochadels trafen, aber Amelia hatte kürzlich zwei Hausmädchen darüber sprechen hören. Sie klangen, als wäre ein Marktbesuch das gesellschaftliche Highlight des Monats. Und da Amelia einen ihrer »freien Tage« genießen wollte, entschied sie, sich dieses Ereignis einmal anzusehen. Allein und in Ruhe ...

»Reine Neugierde. Ich erwarte keine großen Vergnügungen, meine Zofe meinte nur, es sei recht amüsant dort.«

»Wie aufregend! Hast du etwas dagegen, wenn ich dich begleite?« Elizas grüne Augen blitzten interessiert auf.

So viel zu allein und in Ruhe ... Allerdings fiel Amelia kein Grund ein, die Bitte abzulehnen, ohne unhöflich zu sein. Daher stimmte sie lächelnd zu.

»Bitte warten Sie hier auf mich, Wallace«, befahl sie dem Chauffeur, ehe sie Eliza die Richtung wies und beide Damen losspazierten.

Amelia war für gewöhnlich nicht gern im Dorf. Es mochte in den Augen anderer Leute hübsch anmuten mit seinen kleinen, meist aus rotem Stein erbauten Häuschen, dem ungewöhnlichen kreuzförmigen Market House und der imposanten Dreifaltigkeitskirche. Aber Amelia fühlte sich hier stets eingepfercht, fast schon erschlagen von den eng aneinandergereihten Gebäuden und den vielen Menschen, Wagen und Karren, die die Straßen belebten.

Als die Damen auf dem Marktplatz ankamen, musste Amelia zunächst ein paar Sekunden innehalten und den überwältigenden Anblick verdauen. Überall standen Tische, teilweise von Baldachinen geschützt, sowie Körbe voller Obst und Gemüse. Menschen wuselten durch die engen Gänge, und es herrschte ein Lärmpegel, bei dem Amelia ihre eigenen Gedanken kaum verstehen konnte. Männer und Frauen priesen ihre Waren mit einer Inbrunst an, die ihr eine Gänsehaut bescherte.

»Alles in Ordnung?«, fragte Eliza und blickte weniger sorgenvoll als neugierig in Amelias Gesicht.

»Natürlich«, antwortete sie. »Ich habe nur versucht, mich zu orientieren.«

Damit stapfte sie los, mitten hinein ins Getümmel. An jeder Ecke fanden sich kleine Grüppchen zusammen, größtenteils Frauen mit Körben und Kindern an den Händen. Sie redeten, lachten und schienen es überhaupt nicht eilig zu haben, als befänden sie sich tatsächlich auf einem Fest, zu dem die beiden Ladys nicht eingeladen waren, wie Amelia an den irritierten Blicken der Marktbesucher erkennen konnte. Jene wunderten sich ganz offensichtlich über die ungewohnte Gesellschaft.

Das kümmerte sie allerdings wenig. Sie drückte sich an den Leuten vorbei und konzentrierte sich auf die Waren, wenn sie auch zugeben musste, dass dieser Ausflug langweiliger war als erwartet.

Natürlich fanden die Hausmädchen Gefallen daran, sie trafen an diesem Ort zig Bekannte und konnten Neuigkeiten mit ihren Freundinnen austauschen. Amelia kannte hier niemanden, und Obst und Gemüse musste sie ebenfalls nicht selbst einkaufen. Sie fragte sich unwillkürlich, was sie sich dabei gedacht hatte, herzukommen. Was hatte sie eigentlich erwartet?

Sie blieb vor einem der Stände stehen und musterte den Inhalt eines Korbes, in dem längliche Wurzeln lagen, als eine Gruppe Frauen ihre Aufmerksamkeit erregte. Sie lachten lauthals und schnatterten so schnell, dass Amelia kaum ein Wort verstand. Das war jedoch gar nicht nötig, denn sie erkannte auch so, wie herzlich diese Frauen miteinander umgingen. Und sie beneidete sie darum. Sie schienen in einer anderen Welt zu leben als Amelia. In einer fröhlichen, nicht oberflächlichen Welt.

Die meisten Menschen, denen sie sonst begegnete, waren langweilige Herren und Damen mittleren Alters, die fast ausschließlich über Dinge sprachen, die sie besaßen oder besitzen wollten. Und das in einem zivilisierten Umgangston, der niemals wahre Gedanken oder Gefühle erahnen ließ. Denn das gehörte sich nicht. Nie hatte sie auf einem der Feste in Blackfield Hall jemanden so frei lachen hören, wie die Menschen auf diesem Markt es taten.

Was war sie froh, wenn sie nicht mehr an diesem Ort sein musste. Sie war sicher, all das lag an Blackfield und seinen kalten Bewohnern. Gleich und gleich gesellt sich gern, wie man so schön sagte. Aber ihr Leben und die grundsätzliche Stimmung würden sich verändern, sobald sie dort wegzog.

»Sieh dir nur all dieses Gemüse an.« Eliza deutete mit einer vagen Handbewegung auf die Körbe vor ihnen. »Von den meisten kenne ich nicht einmal den Namen. Ich weiß gerade so, wie sie auf meinem Teller aussehen.«

Sie kicherte, was Amelia zu einem Schmunzeln veranlasste. Denn ihr erging es ebenso. Allerdings mussten sie das Gemüse auch nicht benennen können, sie hatten Köchinnen, die ihnen das Essen zubereiteten.

»Von Gemüse habe ich keine Ahnung«, gab sie zu, grinste daraufhin jedoch schelmisch. »Aber ich kann ein Rührei zubereiten.«

Elizas Unterkiefer klappte herunter. »Das kannst du?«

»Richard und ich haben uns als Kinder manchmal in die Küche geschlichen, weil wir vor dem Dinner hungrig waren. Unsere damalige Köchin Mrs Grant hat uns dann meistens Rührei zubereitet, und irgendwann durften wir es selbst versuchen – unter ihrer Aufsicht natürlich.« Der Gedanke an die harmonische Zeit mit ihrem Bruder ließ sie lächeln und für einen Moment vergessen, dass sie ihre Gefühle laut aussprach. »Manchmal bin ich nur hinuntergegangen, weil es so schön warm und gemütlich in der Küche war. Und weil ich dort mit Richard allein sein konnte. Seit er fort ist, war ich nicht mehr im unteren Stockwerk. Ich denke, ich könnte die Erinnerungen, die dort wohnen, nicht ertragen.«

»Er fehlt dir.«

Amelia zuckte bei Elizas Worten zusammen, hob dann jedoch sofort abwehrend das Kinn. Sie hasste es, vor anderen Leuten gefühlsduselig zu wirken und damit Schwäche zu zeigen. Vor allem vor kampflustigen Tratschtanten wie Eliza. Deren mitfühlende Blicke konnten Amelia nicht über ihr wahres Wesen hinwegtäuschen.

»Was soll das nur sein?« Um abzulenken, deutete sie auf die Wurzeln.

Eliza zuckte mit den Schultern, wies dann jedoch mit einer Handbewegung auf den Nebentisch. »Na, siehst du, das erkenne ich.« Sie lächelte die Körbe an, als hätte sie eine Truhe voller Gold gefunden. »Das sind Äpfel.«

Amelias Blick wanderte über die unförmigen, schwarzfleckigen Früchte, und sie zog die Nase kraus. »Das sind keine Äpfel, das ist ein Scherz der Natur.«

Ein Räuspern ließ sie aufsehen, direkt in das Gesicht eines Mannes, dessen braune Augen sie streng musterten. Dennoch setzte er ein Lächeln auf – das wohl unglaubwürdigste, das Amelia je gesehen hatte.

»Versuchen Sie einen«, sagte er und griff nach einem Teller mit Apfelschnitzen, die schon leicht bräunlich verfärbt waren. »Ich verspreche, es sind die saftigsten Äpfel, die sie je gegessen haben.«

Mit erhobenen Brauen schob Amelia den Teller samt seiner Hand von sich. »Was erlauben Sie sich, mir einfach Ihre braunen angegammelten Früchte unter die Nase zu halten? Wie lange liegen diese Schnitze wohl schon in der Sonne?«

Der Verkäufer schnaubte. Daraufhin lehnte er sich über den Tisch, so nah zu Amelia herüber, dass sie unwillkürlich zurückwich. Sofort schalt sie sich innerlich für diese Reaktion.

»Was erlauben Sie